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TINA DENK-DOMINIK

Rheuma ist,
was DU
draus machst!

Nutze die Chance
auf ein neues Leben

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Originalausgabe

Copyright © 2010 by Tina Denk-Dominik

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Deutsche Ausgabe:

Kontakt: Info@AmraVerlag.de

Herausgeber & Lektor

Michael Nagula

Umschlaggestaltung

Murat Karaçay

Layout & Satz

nimatypografik

Druck

CPI Moravia Books

ISBN 978-3-939373-55-1

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks der Übersetzung, vorbehalten.

Inhalt

1    »Rien ne va plus« (Nichts geht mehr!)

2    Der Beginn einer Reise oder worum es geht

3    Der tiefere Sinn von Rheuma

4    Von der heilenden Macht unseres Glaubens

5    Von der »gesunden« Wahl

6    Wer oder was heilt, hat recht

7    Von der heilenden
Kraft, sich selbst und anderen zu vergeben

8    Von der heilenden Notwendigkeit, loszulassen

9    Vom heilenden Recht, NEIN zu sagen

10    Vom heilenden Gefühl, »fünf gerade sein zu lassen«

11    Von den »gesunden« Gedanken

12    Von den »heilen« Gefühlen

13    Von der heilenden Kraft der Selbstliebe

14    Vom heilenden Fluss unseres Lebens

15    »Ich bin …«

16    Von der heilenden Kraft tiefer Dankbarkeit

Rheuma – Was ist das und woher kommt es?

Zum guten Ende

Über die Autorin

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»Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit
zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in and’re, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft zu leben.«

Aus: Die Stufen von Hermann Hesse

1

»Rien ne va plus« (Nichts geht mehr!)

Es kommt schleichend. Praktisch aus dem Nichts. Am Anfang ist es kaum mehr als ein leichtes Ziehen in den Gelenken … hin und wieder. Nicht der Rede wert! Und schon gar kein Grund, gleich zu einem Arzt zu gehen. Beim Laufen, Treppensteigen oder beim Reiten tut mir dann plötzlich auch der rechte Knöchel weh, in den ersten Wochen nur ab und zu, dann aber immer häufiger. Irgendwann ist es so massiv, dass ich, wenn ich nachts oder in den frühen Morgenstunden aufstehen und ins Bad muss, kaum noch auf diesem Fuß auftreten kann und wie eine Einbeinige durch die Wohnung humpele. Rein äußerlich ist nichts zu sehen, bis auf minimale, kaum wahrnehmbare Schwellungen um die Gelenke. Einige Zeit später spüre ich dann auch in den Handgelenken und in meinen Knien einen fiesen, brennenden Schmerz. Meist in den frühen Morgenstunden. Mit dem Aufstehen wird es jedoch besser, und im Laufe des Tages verschwindet er meist völlig.

Eine leise, sanfte Stimme in mir flüstert mir zu: »Da stimmt etwas nicht mit Deinem Körper!«

»So ein Blödsinn!« Ich will diese Stimme nicht hören! Wir haben das Jahr 2006, ich bin gerade 38 Jahre alt, verheiratet – leider ohne Kinder – und stehe mitten im Leben! Ich bin gertenschlank, treibe Sport, rauche nicht und ernähre mich gesund! Ich bin eine erfolgreiche Geschäftsfrau, singe in meiner Freizeit in einer Band, bin leidenschaftliche Reiterin und führe insgesamt ein tolles und erfülltes Leben (dachte ich bis dahin zumindest ...).

Krankheit passt in mein Leben so gar nicht rein!

Und außerdem habe ich für »so etwas« auch überhaupt keine Zeit! Krank sein ist etwas für die »anderen«, für die, die gerne zum Arzt gehen. Aber nicht für mich! Ich bin gesund, basta!

Im September 2006, genau zwei Tage vor unserem lang ersehnten Urlaub auf den Kanaren, wache ich in den frühen Morgenstunden auf und habe furchtbare Schmerzen in meinem linken Knie, das plötzlich doppelt so dick wie das rechte ist! Ich kann kaum noch auftreten, und es tut wirklich unerträglich weh. Mir ist echt zum Heulen zumute! Nicht nur wegen der Schmerzen, sondern weil das ausgerechnet jetzt zum Urlaub passiert, auf den ich mich so gefreut und den ich auch wirklich nötig habe.

Also auf zum Hausarzt.

»Na, was ist denn mit Ihnen los?«, fragt der mich, als ich in sein Zimmer humpele.

Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen, ohne dass ich lange darüber nachdenke. Noch heute wundere ich mich über diese »Selbstdiagnose«, die mir mein Unterbewusstsein in diesem Moment so prompt geliefert hat. Hatte ich bis dato doch wirklich noch keine Sekunde auch nur annähernd an Rheuma gedacht.

»Ich hab zwar keine Ahnung, wie sich Rheuma anfühlt, aber ich könnte mir vorstellen, dass es sich genau so anfühlt!«

Ich lache dabei und tue es als Witz ab! Ist ja auch klar! Schließlich haben nur alte Omis Rheuma, aber doch nicht ICH!

Der Doc kann da eher nicht drüber lachen.

»Liegt Rheuma in Ihrer Familie?«

Ich schüttele den Kopf, obwohl ich diese Frage eigentlich nicht definitiv beantworten kann. Statt noch mal nachzuhaken, tippt der Doc dann erst mal auf eine Entzündung im Kniegelenk und will mich kurzerhand in die Röhre schicken. Jaja, von mir aus, aber bitte alles erst nach meinem Urlaub! Auf mein Drängen hin verschreibt er mir dann starke Schmerzmittel, damit ich wenigstens meinen Urlaub irgendwie überbrücken kann.

An meinem zweiten Urlaubstag auf Fuerteventura wache ich morgens gegen fünf Uhr auf und habe am ganzen Körper so starke Schmerzen, dass ich nicht mehr weiß, wie ich mich am besten hinlegen soll. Ich nehme eine Schmerztablette und versuche doch noch ein wenig zu schlafen, was mir aber nicht wirklich gelingt. Als ich dann um neun Uhr aufstehen will, komme ich fast nicht mehr aus dem Bett. Beide Knie sind nun geschwollen, meine Handgelenke tun so weh, dass ich mich weder irgendwo abstützen noch festhalten kann. Mir ist, als hätte ich am ganzen Körper einen grauenhaften Muskelkater. Es dauert ewig, bis ich es schaffe, wenigstens auf der Bettkante zu sitzen. Ich komme mir vor wie eine alte, gebrechliche Frau. Mein damaliger Ehemann schaut mich nur mit einem hilflosen Achselzucken an. Ich hab das Gefühl, dass er denkt, ich übertreibe, als ich ihm erkläre, dass ich am ganzen Körper fürchterliche Schmerzen habe. Rein äußerlich ist – bis auf die dicken Knie – ja auch nichts zu sehen.

Zum ersten Mal, seit diese Beschwerden aufgetreten sind, kriege ich es wirklich mit der Angst zu tun. Ich möchte gerne aufstehen, mich bewegen und kann es nicht. Mit meinem Körper geschieht etwas, und ich habe keinen Einfluss darauf. Und noch nie in meinem Leben hatte ich solche wahnsinnigen Schmerzen!

Die vierzehn Tage Fuerteventura überstehe ich nur mit starken Schmerzmitteln. Meine Spaziergänge am Strand kann ich mir genauso abschminken wie die durchtanzten Nächte in der Disco, stattdessen liege ich – zugedröhnt und müde von den ganzen Tabletten – fast nur auf der Liege. Gegen Abend wird mein Zustand meist etwas erträglicher, aber die frühen Morgenstunden sind die reinste Hölle für mich, da die Schmerzen um diese Zeit am schlimmsten sind. Am liebsten würde ich erst gar nicht mehr einschlafen. Meine Hoffnung, dass »es« vielleicht von selbst besser wird oder sogar wieder ganz weggeht, schwindet mit jedem neuen Tag mehr.

Wieder zu Hause, geht die Rennerei von Arzt zu Arzt los. Röhre, Verdacht auf Borreliose durch Zeckenstich und was weiß ich noch alles. Nichts davon ist die Ursache. Schließlich kommt doch noch mal ein Arzt auf die Idee, meine Rheumawerte im Blut zu messen. Volltreffer! Das ist es. Rheuma! Ich kann es kaum glauben. Ausgerechnet ich soll Rheuma haben? Das ist ja völlig lächerlich. Diese Krankheit passt ja nun überhaupt nicht zu mir (dachte ich bis dahin zumindest ...).

Ich werde in die Uniklinik Frankfurt geschickt und dort einen ganzen Tag lang von rechts nach links gedreht. Mir wird Blut abgenommen, ich werde untersucht, geröntgt, befragt, mein linkes Knie wird punktiert, und es wird Flüssigkeit entnommen, um zu sehen, ob es nicht vielleicht doch eine Viruserkrankung ist. Das rechte Knie soll auch noch punktiert werden, aber dagegen wehre ich mich. Eine Punktion reicht mir völlig, und zwar am besten fürs ganze Leben! Dann die Endbesprechung beim Professor persönlich.

»Sie haben ganz eindeutig Rheumatoide Arthritis.« Danach ergeht ein Schwall Ärzte-Latein über mich, von dem ich nur etwa die Hälfte verstehe. Es ist mir schleierhaft, warum der Professor ganz offensichtlich denkt, ich hätte auch Medizin studiert?

Seine Worte dringen leise, wie durch dichten Nebel, an mein Ohr.

Etwas in mir weigert sich, ihm wirklich zuzuhören. Etwas in mir möchte auch gar nicht wissen, dass ich unter einer Autoimmunerkrankung leide und mein Körper eigene Strukturen wie die Innenhaut der Gelenke angreift und bekämpft. Und erst recht nicht möchte ich hören, dass dies – wenn ich keine Medikamente einnehme – zu furchtbaren Gelenkdeformationen oder gar zur Zerstörung meiner Gelenke führen kann. Endstation Rollstuhl. Ich will das wirklich nicht wissen! Das alles hat doch gar nichts mit mir zu tun!

Anschließend klärt mich der Professor über die Medikamente auf, die ich ab sofort nehmen muss. Metex einmal die Woche und Cortison täglich. Bei Cortison zieht sich alles in mir zusammen. Schlagwörter wie »aufgedunsener Körper« und »Vollmondgesicht« etc. fallen mir ein. Metex ist mir bis dahin noch kein Begriff. Ich erfahre, dass es ein Basistherapeutikum ist, welches das Fortschreiten der Krankheit und die Zerstörung der Gelenke deutlich verlangsamen kann. Dazu verschreibt mir der Professor hoch potenzierte Vitamine, um »Mangelerscheinungen« beziehungsweise »Schäden« wie Osteoporose, die beispielsweise durch die ständige Einnahme von Cortison entstehen können, zu vermeiden. Außerdem muss ich von nun an alle zwei Wochen zum Blutabnehmen.

Ich stelle die Frage, die mir am meisten unter den Nägeln brennt.

»Wie lange muss ich denn das ganze Zeug einnehmen?«

Er macht ein Gesicht, als hätte ich ihn gefragt, ob er mir mal hunderttausend Euro leiht.

»Was meinen Sie mit ›wie lange‹?«

»Naja, reden wir hier von Wochen oder Monaten?«, antworte ich ungeduldig.

»Diese Medikamente müssen Sie für immer nehmen. Rheuma ist unheilbar! Das werden Sie nie mehr los!«

Mir verschlägt es komplett die Sprache. Wie in Trance nehme ich meine Befunde, sämtliche Rezepte und Informationsblätter sowie den guten Tipp vom Professor, ich solle mich doch gleich in einer Rheuma-Selbsthilfegruppe anmelden, entgegen und verlasse die Klinik. Draußen vor dem Eingang merke ich, wie mir die Tränen das Gesicht hinunterlaufen. Es ist mittlerweile Oktober. Ein schöner sonniger Herbsttag, das bunte Laub wird von einer kühlen Brise über den Bürgersteig geweht – und mein Leben ist plötzlich vorbei. Ich bin unheilbar krank. Wenn ich viel Glück habe, sagt der Professor, und die Medikamente gut anschlagen, kann ich mein Leben, wenn auch mit Beeinträchtigungen, vielleicht doch einigermaßen so weiterführen wie bisher, vorausgesetzt – denke ich bei mir – mein Körper wird nicht von den Nebenwirkungen all dieser Medikamente kaputtgemacht! Wenn ich kein Glück habe, lande ich irgendwann im Rollstuhl und werde zum Pflegefall. Auf jeden Fall habe ich keine Chance, jemals wieder ganz gesund zu werden. Ich spüre, wie ich direkt in ein großes schwarzes Loch falle.

Die nächsten zweieinhalb Monate sind die absolute Hölle für mich. Das Medikament Metex entfaltet erst rund zehn Wochen später seine Wirkung, und nur mit dem Cortison bekomme ich die Schmerzen nicht wirklich in den Griff. Am allerschlimmsten ist es in den Handgelenken. Allein die Morgentoilette ist die reinste Qual. Selbst einfachste Bewegungen, wie das Gesicht eincremen, einen Dosendeckel aufschrauben, eine Scheibe von einem Laib Brot abschneiden, sind mir plötzlich unmöglich. Ich muss Stützmanschetten um die Hand- und Kniegelenke tragen. Meinen Job kann ich auch nur noch bedingt ausführen, da ich kaum richtig laufen kann, geschweige denn Auto fahren, und eigentlich nicht mehr in der Lage bin, irgendetwas gescheit zu halten. Vormittags kann ich überhaupt nicht mehr arbeiten, erst gegen Mittag, wenn die Schmerzen durch die Bewegung ein wenig nachlassen, aber an manchen Tagen funktioniert nicht mal das.

Mittlerweile fürchte ich mich sogar davor, anderen Leuten die Hand zu geben, da mich schon ein etwas zu forscher Händedruck in die Knie zwingt und mir vor Schmerz unwillkürlich die Tränen in die Augen treibt. Mein Berufsleben liegt genauso brach wie mein Ehe- und Privatleben. Die Medikamente machen mich permanent müde und lustlos. Diese ständigen Schmerzen und der fehlende Schlaf gehen mir an die Substanz. Meine Nerven liegen völlig blank. Ich kann das bald nicht mehr ertragen. Habe keine Kraft und Energie mehr. Mir ist, als wäre all mein Innerstes nach außen gekehrt und würde schutzlos im Wind flattern. Ich liege nächtelang im Bett und heule vor Schmerzen und vor Verzweiflung. Manchmal würde ich am liebsten aus dem Fenster springen, damit das endlich ein Ende hat! Und dann die quälenden Fragen: Warum passiert mir das? Warum werde ausgerechnet ich krank? Warum kann ich nicht mein altes Leben wieder zurückhaben und einfach nur gesund sein? So wie früher ...

Das Rheuma zwingt mich – einen überaus aktiven Menschen – gnadenlos zur Ruhe. Ich habe plötzlich sehr viel Zeit, über mich und mein Leben nachzudenken. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Ergebnis, dass es mir in Wirklichkeit gar nicht so gut geht, wie ich immer tue. Rein äußerlich und unter materiellen Gesichtspunkten gesehen mangelt es mir zwar an nichts, aber rein emotional bin ich eigentlich kurz vorm »Verhungern«. Mein Eheleben ist die reinste »Eiswüste«, Gefühle werden unter den Teppich gekehrt oder einfach totgeschwiegen. Kein liebes Wort, keine liebevolle Berührung, nicht mal ein Lächeln. Unser Zusammenleben ist vollkommen »kopfgesteuert«. Selbst das Lachen ist verschwunden. Als wäre das Leben nicht schon ernst genug. Materielle Dinge, die Gesellschaft, die Nachbarn, der Job, alle und alles andere ist so viel wichtiger.

erstarrt