Die Enden der alten Welten

 

Der Anfang von alledem

Teil 1

 

 

von

Marcus Wächtler

 

 

 

 

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist unzulässig und strafbar.

 

1. Auflage 2017

Printausgabe: ISBN 978-3-96111-422-1

© 2017 Verlag Edition Elbflorenz, Rothenburger Str. 30, 01099 Dresden

Distribution Service: NovaMD GmbH, Raiffeisenstr. 4, 83377 Vachendorf/Traunstein

Korrektorat: Katja Völkel, Dresden: www.lekto-rat.de

Titelgestaltung: Sarah Richter Art, Dresden

Titelbild: Sarah Richter Art, Dresden: www.Sarah-Richter-Illustration.de

Satz: Verlag Edition Elbflorenz

 

 

 

 

www.editionelbflorenz.com

 

Vorwort des Autors

 

Wollen Sie direkt die Geschichte lesen, müssen Sie ein paar Seiten weiter blättern. Diese Einleitung ist dafür gedacht, den historischen Kontext für die mannigfaltigen Ereignisse zu liefern, die in diesem Roman vorkommen. Eventuell kann es auch recht erhellend sein, das Vorwort erst nach der ersten Hälfte des Buches zu lesen.

›Die Enden der alten Welten‹ ist ein Epos, das in einer ›Was-wäre-wenn-Welt‹ spielt. Angesiedelt sowohl in einer Zeit als auch in einer Region, über die heutzutage nicht mehr sonderlich viel bekannt ist, erzählt die Geschichte von Ereignissen voller Magie, Monstern und Mysterien. Müsste man dem Kind einen Namen geben, wäre es wohl die Bezeichnung pseudohistorische Fantasy.

Kaum etwas davon ist laut Schulbüchern tatsächlich geschehen. Allerdings wäre es durchaus denkbar, dass die Lücken im Wissen der Geschichtswissenschaft mittels dieser Erzählung geschlossen werden könnten. In jedem Märchen, Volksglauben oder Mythos steckt immer auch ein Körnchen Wahrheit. Genau diese Körnchen wurden in die Geschichte eingepflanzt, um in einem fantastischen Handlungsrahmen zu erblühen.

 

Wir schreiben das letzte Viertel des elften Jahrhunderts. Die genauen Jahreszahlen spielen für die Geschehnisse keine besondere Rolle. Vor allem den einfachen Bauern und Menschen aus der Handlung war es leidlich egal, welches Jahr gerade verzeichnet wurde. Weder wurde Silvester gefeiert, noch das Geburtsjahr bei Gesprächen genannt. Allenthalben wussten einzig die Mönche und ein paar Gebildete, in welchem Jahr man momentan genau lebte.

Das bescheidene Leben auf dem Land wurde bestimmt durch die Jahreszeiten, den Tag-Nacht-Rhythmus, die kirchlichen Festtage und die Saatfolge auf den Feldern. So war ein Bauer zwanzig Sommer alt, wenn er die besagte Anzahl erlebt hatte. Viel wichtiger waren die einzelnen Tage, die vergangen waren und entsprechend gezählt wurden. Besonders bedeutsam war dies für die Abgabenentrichtung, die hohen Feiertage der Kirche und für die Pflanzzeiten sowohl zur Aussaat als auch zur Ernte.

Keinesfalls interessierten einen einfachen Menschen zu der damaligen Zeit die politischen Ereignisse und Geschehnisse im Reich. Selten genug kam es vor, dass man über die Grenzen seiner Region hinaus reiste. Ränkeschmiede, Auseinandersetzungen und Kriege der hohen Herrschaften betrafen einen Bauern erst, als sie sich direkt vor seiner Haustür abzuspielen begannen. Von Begebenheiten aus fernen Ländern hörte er, wenn überhaupt, nur von fahrenden Gauklern.

Das sogenannte dunkle Mittelalter oder auch Frühmittelalter ist zum Zeitpunkt der Handlung erst seit ein paar Jahren vorbei. Gemeinhin setzt man das Ende des ottonischen Kaiserhauses als Wendepunkt fest. Generell bezeichnet man jedoch erst die Zeit ab 1050 als Hochmittelalter. Entsprechend spielt das Buch in einer turbulenten Ära des Umbruchs. Viele Ideen, Erfindungen und gesellschaftliche Veränderungen fanden in diesen Jahrzehnten statt.

Der berühmte Heinrich IV. aus dem Geschlecht der Salier war zwar zum Zeitpunkt der Geschichte schon seit ein paar Jahren König – aber noch nicht Kaiser – des Heiligen Römischen Reiches. Allerdings war dessen Position, Einfluss und Macht mehr als nur wackelig. Besonders wegen des Investiturstreits mit der katholischen Kirche und vor allem mit dem Papst stand seine Herrschaft auf tönernen Füßen. Der Streit um die Investitur war zu jener Zeit ein politischer Konflikt um die Mitsprache bei der Einsetzung von Geistlichen in ein jeweiliges Amt. Der deutsche König wollte eigene Bischöfe ernennen, während Rom dieses Recht einzig für sich beanspruchte.

Papst Gregor VII. insistierte 1076 die Absetzung und Exkommunikation König Heinrichs IV. Dies konnte Heinrich zwar mit dem berühmten Gang nach Canossa im Jahre 1077 abwenden und dadurch seine Königswürde behalten – es schwächte aber seine Position unter den Reichsfürsten zusehends. Gemeinhin betrachtete man diese Ereignisse sogar als Höhepunkt des Streits zwischen weltlicher und geistlicher Macht. Das Reich befand sich daraufhin in hellem Aufruhr. Zu sehr hatte es sich der streitlustige Salier mit allerlei hohen Fürsten und Würdenträgern verscherzt.

Auf verschiedenen Fürstentagen wurden die Gegenkönige Rudolf von Rheinfelden und Hermann von Salm durch die Mächtigen im Reich ausgerufen. Vorangegangen waren die sogenannten Sachsenkriege, bei denen der aus dem Süden stammende Salier Heinrich IV. gegen die einflussreichsten Adligen des im Norden gelegenen Herzogtums Sachsen in die Schlacht zog. Beständig schwelte ein Konflikt im Reich zwischen den sich belauernden Machtgruppen und ihrem Einfluss auf die Reichsgeschäfte.

Das komplette Heilige Römische Reich war in einer permanenten Auseinandersetzung gefangen. Kriege, Schlachten und Intrigen für den König oder die Gegenkönige überzogen das Land. Gleichzeitig hing Heinrich die päpstliche Exkommunikation noch immer an. Beständig änderten sich Bündnisse und Gegnerschaft je nach den jeweiligen Entwicklungen.

Aus dem Grund hatte kaum einer der beteiligten Fürsten auch nur einen Gedanken übrig für Dinge, die sich außerhalb der politischen Großwetterlage abspielten. Besonders diese Konflikte, Intrigen und Auseinandersetzungen zwischen den verschiedensten Parteien bilden hierbei einen der Eckpfeiler der Handlung. Auf die eine oder andere Art musste sich ein jeder zu einer Seite bekennen. Dies erzeugte den Nährboden für andauernde Fehden und Kriege.

Auf der anderen Seite konnte sich dadurch, sowohl vom König als auch von den Reichsständen unbemerkt, etwas Neues im Osten entwickeln und erheben. Einmal mehr erwuchs eine Bedrohung für das Reich, von der niemand etwas ahnte.

 

Die Geschichte spielt in den sogenannten neuen Grenzmarken. Das damalige Reich endete in etwa an der heutigen Grenze von Niedersachsen, Teilen Sachsen-Anhalts und der Ostgrenze von Thüringen. Weiter südlich verlief die Begrenzung entlang des jetzigen Freistaates Bayern über das Salzburger Land und Kärnten bis nach Italien hinab.

Vorgelagert zu diesem Kernland des Reiches waren nach und nach eine Reihe von Grenzmarken dem Reich einverleibt worden. Auch heute noch findet man Zeugen davon in Bezeichnungen wie Steiermark, Mark Brandenburg oder Sächsische Ostmark. Sinn dieser Grenzländer war es, das Heilige Römische Reich sowohl vor den ›Wilden‹ als auch vor den Heiden im Osten zu beschützen, die beständig kleine und große Beutezüge ins Reich unternahmen. Gewissermaßen sollten die Gebiete einen breiten Puffer bilden, um die reichen Kernländer vor etwaigen Angreifern und Überfällen zu bewahren.

Allerdings bestand diese Landnahme in vielen Bereichen nur auf dem Papier von Landkarten und Urkunden. Es wurden zwar eine Reihe von Grenzfestungen errichtet, gleichwohl blieb die tatsächliche Landnahme mangels Personals weitestgehend aus. So wurde zwar nach einem Feldzug um 930 eine Burg an der Elbe am Bach Meisa gegründet, doch verblieb das Gebiet um Meißen weiterhin unter dem Einfluss der eigentlichen slawischen Einwohner.

Das Epos ›Die Enden der alten Welten‹ spielt in den besagten Grenzländern zwischen Ostsee und dem heutigen Erzgebirge. Zur Völkerwanderungszeit verließen die germanischen Stämme ihre Siedlungsgebiete östlich der Elbe, um ins Römische Reich einzufallen und dort neue Königreiche zu gründen. Ab dem sechsten Jahrhundert wurden diese verwaisten Gebiete von den nachrückenden Slawen aus dem Osten besiedelt. Zum Zeitpunkt der Handlung lebten die Slawen wie die Sorben bereits seit 300 Jahren beidseits der Elbe in kleinen Fürstentümern.

Zu den eingesessenen slawischen Völkern zählen unter anderem Stämme wie die Daleminzer, Lendizen, Liutizen, Masowier, Milzener, Sorben oder Pomoranen. Weder waren diese Völker christianisiert, noch unterworfen oder gar zum Heiligen Römischen Reich gehörend. Vielmehr sahen sie sich als ein stolzes und freies Volk, das beständig von den westlichen Invasoren bedroht wurde. Immer wieder kam es deswegen zu Kampfhandlungen, Konflikten und Kriegen mit den Deutschen. Mehrfach erfolgten blutige Vernichtungsfeldzüge durch die deutschen Fürsten und das Reich. Im Laufe der Jahrzehnte gewann mal die eine Seite die Oberhand und mal die andere. Je nachdem, wie sehr der jeweilige deutsche König oder Kaiser und seine Fürsten mit anderen Angelegenheiten beschäftigt waren, vergrößerte oder verringerte sich der Einfluss auf die Gebiete.

Irgendwann fiel es vor allem dem Erzbischof von Magdeburg auf, wie viel Macht, Wert und Möglichkeiten in den unberührten Gegenden im Osten steckte. Neben dem Gedanken der Christianisierung der heidnischen Slawen war es vor allem die Idee des Landgewinns, die ihn dazu antrieb, die Grenzmarken mit deutschen Bauern besiedeln zu lassen. Besonders auch die Vorstellung von einer erzbischöflichen Landesherrschaft regte die Kirchenfürsten zu einem verwegenen Plan an.

Einzigartig für die damalige Zeit wurde Siedlern aus den alten Herrschaftsgebieten neues Land zur Urbarmachung in Aussicht gestellt. Losgelöst von dem engen gesellschaftlichen und politischen Korsett der Leibeigenschaft, versprachen die unberührten Gebiete ungeahnte Möglichkeiten für die Glücksritter. Ein jeder sollte die Gelegenheit erhalten, eine eigene Hufe bewirtschaften zu können.

Über neunzig Prozent der damaligen Bevölkerung lebte auf dem Land. So gut wie jeder war auf die eine oder andere Art unfrei und geknechtet. Abhängig von dem Besitzer der Ackerfläche, dem Vogt, einem Kloster, einem Leibherrn und dem Gutsherren, darbte ein einfacher Mensch in erbärmlichen Umständen. Genötigt sowohl zu Abgaben als auch zum Zehnt an Kirche, Fürst und Gutsherren, blieb kaum etwas für die eigene, oftmals recht große Familie übrig. Das harte und entbehrungsreiche Leben als Unfreier auf dem meist nicht eigenen Feld bot wenig mehr als den zeitigen Tod.

Wie eine Offenbarung muss es den Bauern damals vorgekommen sein, als der Erzbischof zu Magdeburg verkündete, dass es für jeden gottesfürchtigen Menschen Land im Überfluss gebe. Gelenkt durch das Erzbistum Magdeburg, sollten etliche neue Siedlungen im Osten entstehen. Mit weit geringeren Steuern und Abgaben musste man nur unter der Aufsicht von Prospektoren den wilden Boden urbar machen.

Trotz der Widrigkeiten eines unberührten, urwaldartigen Landes und der Bedrohung durch die heidnischen Slawen folgten viele tausend Abenteuerlustige dieser Aufforderung des Erzbischofs. Etliche Dorf- und Stadtgründungen lassen sich bis in jene Zeit zurückverfolgen. Alles war für die verarmte Landbevölkerung vorteilhafter denn der tägliche Kampf ums Überleben. Als Zweitgeborener ohne Aussicht auf einen Hof oder ein Erbe, stellte die zu erwartende Zukunft für die meisten dar, sich früher oder später als Tagelöhner verdingen zu müssen.

Ebenso erwies sich das Abenteuer in den Grenzlanden als die einzige Möglichkeit, der Leibeigenschaft, der Frondienste oder generell der brutalen Herrschaft eines Landadligen zu entkommen. In gleicher Weise nahmen es die spätgeborenen Söhne von Adligen zum Anlass, um in der Ferne für sich eine bessere Zukunft zu finden. Ähnlich der späteren Besiedelung Nordamerikas machten sich unzählige Menschen auf, das neue Land für sich, Gott und den Erzbischof in Anspruch zu nehmen.

 

Das Gebiet zwischen Ostsee und Erzgebirge kann man kaum mit dem heutigen Osten Deutschlands gleichsetzen. Im Gegensatz zum Stammland des Heiligen Römischen Reiches stand in den östlichen Marken noch der ursprünglich undurchdringliche germanische Urwald. Entstanden nach der letzten Eiszeit, hatte sich im Laufe der Jahrtausende ein urwaldartiger, flächendeckender Wald herausgebildet, der einzig von Flussläufen, Waldauen, wenigen Handelsstraßen und Tiefebenen unterbrochen wurde. Gigantische, jahrhundertealte Bäume wuchsen dicht an dicht in einem meterhohen Unterholz. Es existierten gar Gegenden, in denen noch nie zuvor ein Mensch seinen Fuß gesetzt hatte.

So ließen sich die Germanen und nachfolgend die Slawen vornehmlich entlang der Flüsse nieder. In kleinem Maßstab wurden zwar bereits verschiedene Gebiete für den Ackerbau gerodet, das Verhältnis von Waldfläche zu freiem Land entsprach jedoch ungefähr dem proportionalen Gegenteil des heutigen Zustandes. Besonders in den abgeschiedenen Gegenden der Mittelgebirge, wie zum Beispiel des Erzgebirges, war von einer Besiedelung in keinem Fall zu sprechen.

Deswegen stießen die ersten Siedler auch in die schon urbar gemachten Regionen entlang der größeren Flüsse vor. Da dort allerdings bereits einheimische Slawen lebten, kam es unweigerlich zu blutigen Konflikten. Viele dieser kleinen Tragödien und Dramen, die sich damals abgespielt haben müssen, sind heutzutage im Dunkel der Geschichte verloren gegangen. Anhand der wenigen überlebenden Sorben kann man jedoch erahnen, wie es der ursprünglichen Bevölkerung ergangen sein musste.

Die Siedler aus dem alten Reichsgebiet stießen allerdings auch in unbewohntes Gebiet vor. Angeleitet von Prospektoren, wurden Siedlungszügen bestimmte Flurstücke angedacht. Nach etlichen Wochen der entbehrungsreichen Reise kamen dann vollkommen entkräftete und ausgezehrte Menschen in ihrer neuen Heimat an. Meist an einem Bach gelegen, waren die Siedler gezwungen, gänzlich neu anzufangen. Um auch nur ein einziges Getreidekorn zu ernten, galt es zuerst, Unmengen von Wald zu roden, Sträucher zu entfernen und Boden urbar zu machen.

Erst Jahrzehnte später tauchten diese Siedlungen dann namentlich in Urkunden auf. Viele Bewohner der kleineren Ansiedlungen dürften zudem die ersten harten Jahre ohne echte Ernte und Nahrungsversorgung nur schwerlich überstanden haben. Welche Tragödien sich damals abgespielt haben, kann heutzutage kein Mensch mehr sagen. Quellen zu dem Thema sind erst aus späterer Zeit vorhanden. Überlieferungen von den slawischen Einwohnern sind so gut wie nicht existent. Informationen zu den tatsächlichen Geschehnissen sind nur mangelhaft überliefert.

In dieser Epoche des Umbruchs, der Veränderung und des Neuanfangs hat sich eine Bauernfamilie aus dem nördlichen Teil des Heiligen Römischen Reich aufgemacht, um sich im wilden Osten eine bessere Zukunft aufzubauen. Die Familie besteht aus dem Siedlerpaar samt drei Töchtern (Katharina, Anna, Brid) und drei Söhnen (Stefan, Friedrich, Lucas). Verfolgt von den Ereignissen in ihrer ursprünglichen Heimat, hatten sie gar keine andere Wahl, als in die unwirkliche Grenzmark aufzubrechen. Weit entfernt von jedweder Zivilisation in einem tiefen dunklen Tal des heutigen Erzgebirges fand die Familie einen günstigen Platz, um mit Gleichgesinnten eine neue Siedlung zu errichten. Alle hofften sie darauf, dass an den Ufern des Schwarzwassers Frieden, Glück und Wohlstand auf sie warten würden.

Was die Neuankömmlinge jedoch nicht wissen konnten, war die Tatsache, dass in dem Gebiet bereits etwas schon seit vielen tausend Jahren lebte. Es ist eine uralte und mächtige Entität, von der die Menschheit längst vergessen hatte, dass sie überhaupt existierte. Diese Macht hielt nichts davon, dass immer mehr Fremde in die Länder eindrangen, die eigentlich als Tabu und heilig galten.

 

 

Prolog

 

Tausend mal tausend Winter währte bereits seine Existenz. Einige seiner Wurzeln ruhten neben diesem Tal in acht weiteren Welten. In manchen Schöpfungen waren der Stamm, die Äste und das Blattwerk wesentlich größer. In anderen wirkten sie wiederum zum Teil kleiner. Allen gemeinsam war jedoch die unfassbare Größe des gewaltigen Wesens. Ein schier gigantisches Blätterdach, gehalten von alten und knorrigen Ästen, überspannte eine weite Fläche. Dessen ungeachtet war ER überall und zugleich der ›Einzig Wahre‹.

Neben IHM erschienen ganze Sonnenzyklen wie kurze Augenblicke. Menschenleben stellten nur flüchtige Momente in seiner Existenz dar. ER hatte bereits viele kommen und gehen sehen. Durch IHN und seine Macht entstand und verging Leben. Sowohl Zivilisationen als auch Kulturen erhoben sich und verschwanden wieder im Dunkel der Geschichte.

Der Schöpfer hatte IHN einst mit einem besonderen Auftrag in die neun Welten gepflanzt. Stets hatte ER versucht, jener Bestimmung zu folgen. Allerdings verzeichnete ER bislang nur eine Reihe von Rückschlägen. Ein Großteil der Kulturen zerstörte sich selbst. Etliche Völker wiederum bekriegten ihre Nachbarn und löschten sie aus. Kaum eine der Zivilisationen schaffte es, sich zu etwas Größerem zu entwickeln.

Sein Dasein in den neun Welten würde jedoch nicht ewig währen. Bereits zu diesem Zeitpunkt spürte ER das Ende nahen. Uralte Prophezeiungen hatten sein Schicksal längst vorherbestimmt. Im Moment lag seine Hoffnung auf den Menschen. Vielleicht würden sich die Bewohner dieser Welt als etwas Besonderes erweisen. Für eine neue Schöpfung besaß ER leider keine weitere Möglichkeit mehr.

An der Flanke des riesigen Stammes saß in dem Augenblick die erste Hüterin dieser Welt. Durch seine Macht maß ihre Existenz schon weit über die Spanne eines normalen Menschenlebens hinaus. Sie war es, die IHN vor der gegenwärtigen Bedrohung schützte. Allerdings schwand die Magie in dieser Welt bereits zusehends. Deswegen benötigte ER mehr denn je Hüterinnen, die in seinem Namen handelten und die Geschehnisse lenkten.

Doch seine Zeit wurde immer knapper.

 

Der Einzig Wahre

 

Fremde Eindringlinge durchstreiften die Länder und Täler der Unberührtheit. Niemals zuvor, seitdem sie IHM diente, war so etwas Ungeheuerliches geschehen. Leider konnte die Hüterin nichts dagegen unternehmen. Stattdessen war sie gezwungen, hilflos zuzusehen, wie die Fremden immer näher heranrückten. Das Gebiet, in welchem ER stand, stellte einen heiligen Flecken Erde dar. Die Unberührtheit war ein seit Äonen bestehendes Gesetz. Ein Ordnungsprinzip, das durch ihre Schwesternschaft seit ehedem verteidigt wurde.

In einem anderen und besseren Zeitalter wären die Eindringlinge schon längst beseitigt worden. Es galt für sie aber, sich einzugestehen, dass momentan dafür viel zu wenige Bewacher des ›Einzig Wahren‹ existierten. Die dürftigen Ansiedlungen im Umkreis verzeichneten seit hunderten von Wintern eine immer geringere Anzahl von Nachkommen für den Kriegerbund der Bewahrer oder die Schwesternschaft der Hüterinnen. Aus dem Grund sahen sich die verbliebenen Bewahrer als Waldläufer einer beinahe aussichtslosen Aufgabe gegenüber.

Widogard war noch gut in der Lage, sich an die Vergangenheit von vor dreihundert Sonnenzyklen zu erinnern. Damals standen ihrem Zirkel über fünftausend erfahrene Kämpfer zur Verfügung. Alles nur, um IHN zu beschützen. In jenen Tagen kamen Häuptlinge, Earls und ihre Priester aus sämtlichen Himmelsrichtungen zu IHM, um ihre Aufwartung zu machen. Zwischen seinen mächtigen Wurzeln sprachen sie mit den Göttern. Unter seinen Blättern schlossen sie Frieden oder planten Kriege. An seinem Stamm vermählten sie sich und zeugten Kinder. ER war in jenen längst vergangenen Tagen das Zentrum der spirituellen und machtpolitischen Welt.

Zu jener Zeit war sie noch ein junges, unerfahrenes Mädchen gewesen. Nicht mehr als eine einfache Novizin in den Diensten der alten weisen Frauen ihres Zirkels von Hüterinnen. Sie lebte damals in einer Welt voller Magie, seltsamer Wesen und atemberaubender Wunder. Große Schlachten, berühmte Männer und legendäre Helden stellten in jener Epoche die Begleiter ihres Lebens dar. Beowulf der Mächtige, Siegfried der Drachentöter und Hagen von Tronje waren dabei nur die berühmtesten Vertreter eines Zeitalters voller Wunder.

Heute war Widogard selbst eine der alten weisen Frauen und Inhalt mancherlei Legende. ER hatte sie auserwählt, die erste Hüterin zu sein. In der Hinsicht machte sie sich aber nur etwas vor, denn nimmt man es genau, war sie schlichtweg die einzige alte weise Frau, welche noch lebte. Keine Schwester befand sich mehr neben der Hüterin, um ihr einen Teil der schweren Last abzunehmen. Keine Priesterin folgte ihr nach, um irgendwann die heiligen Pflichten zu übernehmen. Nicht eine Novizin existierte mehr, die es in den alten Lehren zu unterweisen galt.

Außerhalb des Tals sah sich niemand mehr in der Lage, die alten Ströme so zu lenken wie sie. Keine der wenigen Kandidatinnen, die in den letzten hundertfünfzig Wintern zu ihr gekommen war, verfügte auch nur über ein Fünkchen der alten Magie. Nicht eine der Frauen war dazu geeignet, sich ihrem Zirkel anzuschließen. Wie blinde Welpen tapsten die jungen Frauen heutzutage durch die Welt. Nichts verstanden sie von den althergebrachten Lehren. Eher im Gegenteil sah sie in ihnen wegen ihrer Ignoranz eine Bedrohung für IHN.

Die Zeiten hatten sich zu sehr verändert. Mittlerweile war sie nur noch ein altes Relikt und Überbleibsel einer längst vergangenen Epoche. Zu ihrem Leidwesen verspürte sie das nahende Ende tief in ihren gebrechlichen Knochen. Wäre ER nicht gewesen, so hätte sie sich schon längst zu ihrem letzten Schlaf niedergelegt. Was danach geschah, wusste sie nicht.

Vor dem Gedanken aber, dass alles Wissen und Können mit ihrem Ableben aus der Welt verschwinden würde, graute ihr ungemein. Zu viel wusste sie von den Geheimnissen des Einzig Wahren, als dass sie dies zulassen durfte. Eigentlich waren früher nur Frauen aus den germanischen Stämmen Mitglieder des Zirkels gewesen. Das alte Blut hatte sich jedoch immer weiter verdünnt. Irgendwann waren die alten weisen Frauen dazu übergegangen, jede aufzunehmen, welche über magische Talente verfügte. Nebst Sorben fanden sich auch Römerinnen, Skythen und Pikten innerhalb der Schwesternschaft wieder.

Sie hatte bei den Göttern alles versucht, damit diese ihr wenigstens eine Nachfolgerin schickten. Selbst vor Besuchen bei den neuen Siedlern der alten Wälder war sie nicht zurückgeschreckt. Leider hatte all das kaum etwas gebracht. Sie stand als einzige des Zirkels nunmehr vor IHM und empfand deswegen Hilflosigkeit.

In ihrer derzeitigen Situation hätte sie jede in ihrem Orden aufgenommen, die noch vor zweihundert Wintern abgelehnt worden war. Die Schwachen, welche kaum die Fähigkeit besaßen, wirklich die Magie zu spüren, wären immer noch besser gewesen als niemand. Jedoch war das alte Blut bei den Wenden, Sachsen und Franken zu kümmerlich ausgeprägt. Es bestand einfach keine Aussicht mehr, bei den jungen sorbischen oder deutschen Mädchen noch irgendwelche Begabungen zu entdecken. Es war, als hätte die Magie diese Welt verlassen.

Müde suchte sie sich ihren Schlafplatz unter den gigantischen Ästen des Einzig Wahren. Egal wie sie es auch drehte und wendete: einen wirklichen Ausweg gab es leider nicht für sie. Die Gefahr, von Fremden entdeckt zu werden, war so ernst wie niemals zuvor.

 

Stefan

 

Die Sonne brach plötzlich durch das dichte Blätterdach. Trotz der schattigen Lage in dem langsam lichter werdenden Wald rann Stefan der Schweiß in Strömen von der Stirn. Versonnen betrachtete er für einen Augenblick das Spiel von Licht, Schatten und Farben, welches sich über seinem Kopf ereignete. In dem Moment suchte ein Tropfen der salzigen Flüssigkeit den Weg in das rechte Auge des jungen Mannes.

Blinzelnd genoss er die kurze Ablenkung von der schweren, ermüdenden und mühseligen Arbeit. Die Strapaze, den unebenen Waldboden zu roden, war für ihn viel zu beschwerlich, und so wurde er trotz der kalten Waldluft schweißnass. Seine Familie besaß jedoch kein anderes Land als jenes, auf dem er momentan stand. Diese wenigen Parzellen im dichten Wald stellten alles dar, was sie im Augenblick ihr Eigen nennen konnten.

Nach wie vor hielt er es für einen unverzeihlichen Fehler, in diese unwirkliche Gegend an der Grenze des Reiches gezogen zu sein. Als die Entscheidung für die Übersiedlung in die neue Grenzmark getroffen wurde, war er leider noch viel zu klein gewesen. Deswegen hatte er kein Stimmrecht im Familienrat besessen. Vater und Mutter beschlossen damals allein, was das Beste für die gesamte Familie sei. Nun stand er hier am Ende des Reiches in einer unwirklichen Wildnis und versuchte, dem Wald ein paar Klafter Ackerland abzugewinnen.

Seine Einstellung zu der Feldarbeit hatte sich in den letzten zwei Wintern geändert. Innerhalb weniger Monde nach Erreichen des Siedlungsplatzes wuchs er von einem Kind zu einem richtigen Mann heran. Hier und heute sah er sich den beiden jüngeren Brüdern überlegen. Für Stefan wirkten Lucas und Friedrich weiterhin wie Jünglinge, die den Großteil ihrer Kindheit noch vor sich hatten. Er hingegen übernahm die Verantwortung für die Familie und handelte dementsprechend.

Allerdings hatte er keine andere Wahl gehabt, als so schnell erwachsen zu werden. Sein Vater lag nach wie vor im Bett danieder und war nicht in der Lage, der Familie außer mit nützlichen Ratschlägen hilfreich zur Seite zu stehen. Stefan hatte auch kaum noch Hoffnung, dass sich ihre Situation in naher Zukunft ändern würde. Zu allem Unglück war auch noch sein Onkel schon während der langen Wanderschaft von der kleinen Ortschaft Lüneburg, neben der bedeutenden Handelsstadt Bardowick gelegen, zu dieser Gegend im dunkelsten und tiefsten Urwald der neuen Grenzmarken verstorben.

So sah Stefan sich gezwungen, als erstgeborener Sohn die Geschicke seiner Sippe in die eigenen Hände zu nehmen. Glücklicherweise waren für ihn seine zwei jüngeren Brüder ungeachtet ihres Alters eine große Hilfe. Daneben erwies sich sein Vater trotz der Bettlägerigkeit nach wie vor als die Stütze, welche die Familie zusammenhielt. Ohne die Ratschläge des Patriarchen wäre er schon längst an so manchem Problem verzweifelt oder gar gescheitert.

Abgesehen von all den kleinen Hilfestellungen oblag es einzig ihm, das unsägliche Unterholz zu roden, die schweren Wackersteine zu zerschlagen und den fruchtbaren Boden freizulegen. An das eigentliche Baumfällen war für ihn im Moment noch gar nicht zu denken. Seit sechs Monden galt es für Friedrich, Lucas und ihn, klaftertief verwachsene Wurzeln zu entfernen. Zudem waren sie damit beschäftigt, kindergroße Steinfindlinge und schier endlose Mengen an Buschwerk aus dem Waldboden zu graben.

Das wilde Land, auf welchem er stand, hatte vor ihnen noch kein anderer Siedler betreten, geschweige denn bearbeitet. Stefan sah sich deswegen als Vorkämpfer in einer neuen Welt. Zumindest war er der festen Überzeugung, dass dies der Wahrheit entsprach. Zu undurchdringlich gestaltete sich der Urwald, als dass hier jemals andere Menschen gesiedelt haben könnten. Einzig die wenigen Familien aus seiner Nachbarschaft zeugten von der Anwesenheit von Menschen in dem Teil der Grenzmark, in welchem sie sich befanden. Gerade dieser Umstand war es aber auch, der ihm so verhasst war.

Der junge Mann hatte zuvor gedacht, der Forst in ihrer alten Heimat im Norden des Reiches wäre dicht und dunkel. Wenn er jedoch das klafterhohe Unterholz vor sich sah, überdachte er sämtliche bisher gehörte Meinungen über Wälder und Dickichte neu. Sogar die Bäume verfügten in diesem neuen Teil des Kaiserreichs über einen gänzlich anderen Charakter als in ihrem alten Zuhause. Von ellendicken Stämmen war dabei kaum noch zu sprechen. Selbst wenn er seine fünf Geschwister um Hilfe bat, wäre es ihnen so gut wie unmöglich, einen der Baumriesen gemeinsam zu umfassen.

Stefan war sich noch nicht ganz klar darüber, wie es ihm gelingen sollte, die riesigen Bäume zu fällen. Vor allem ohne den Rückhalt des Oberhauptes ihrer Familie war er ratlos bezüglich des weiteren Vorgehens. Aus diesem Grund hatte er sich darauf festgelegt, während des Sommers zusammen mit seinen beiden Brüdern nur das gesamte Unterholz zu lichten. Nun plante er bereits, die wichtige erste Saat zwischen den Baumriesen auszubringen.

Im Frühjahr, wenn Vater genesen wäre, besaßen sie immer noch alle die Handhabe, sich den Problemen mit den Bäumen anzunehmen. Wahrscheinlich lief es auf eine gemeinsame Aktion mit den anderen Siedlerfamilien hinaus. Wenn alle im Dorf mit anfassten, war es eventuell zu schaffen, die Riesen zu Fall zu bringen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Äcker der befreundeten Siedler genauso aussahen, standen ihnen noch einige schwere Winter bevor.

Bis dahin galt es für ihn, den Boden so weit freizuräumen, dass zumindest in Ansätzen eine Landwirtschaft möglich war. Auch auf die Gefahr hin, dass die Jungpflanzen zwischen den schattigen Wipfeln der Baumriesen kaum einen Sonnenstrahl abbekamen, hatte die Familie keine andere Wahl, als die Samen auszusäen. Schließlich kam der nächste Winter mit großen Schritten näher. Selbst eine kleine Pflanze lieferte einen gewissen Ertrag ab, welcher der Familie half, die kalte Jahreszeit zu überleben.

Stefan hatte zuvor nie gedacht, dass der Neuanfang in der Fremde so schwer sein könnte. In seiner Blauäugigkeit war er stets davon ausgegangen, dass sich die hiesige Landschaft kaum von den weit gezogenen Ebenen ihrer alten Heimat unterscheiden würde. Die tiefen Schluchten, steilen Berge und engen Täler zeichneten aber einen ganz anderen Charakter nach als das flache Land um Bardowick.

Dunkel, düster und geheimnisvoll präsentierte sich das Gebirge in den neuen Reichsteilen. Dabei wirkten die Gewässer genauso schwarz und verwunschen wie auch die Bergflanken um ihn herum. Zum Teil mutete es gar so an, als wäre die Natur einem Albtraum entsprungen. Seine Schwester Anna erzählte immer des Nachts, wenn die Eltern in ihrer eigenen kleinen Schlafnische lagen, Geschichten von Gefahren, die in den tiefen Tälern und hohen Bergen der Umgebung lauerten. Teilweise weigerte sich Stefans jüngster Bruder Lucas durch die Geschichten, alleine in den Wald zu gehen. Aus dem Grund war er kaum noch von Stefans Seite zu bekommen.

Nur durch ein energisches Einschreiten der Mutter hatte Anna mit den Schauergeschichten aufgehört. Dennoch beschäftigte sich Stefan nach wie vor mit dem Gehörten, wie mit einem Echo, das in seinem Kopf von den eigenen Träumen zurückhallte. Er war sich sicher, dass irgendwo da draußen etwas lauerte und ihn beobachtete. Stets im Schatten haltend, immer genau einen Schritt, bevor es erkennbar war, lag das Böse im Unterholz versteckt. Deshalb behielt Stefan seine Brüder beständig unter Aufsicht. Gleichzeitig ließen ihn die beiden Jüngeren nie aus dem Blick. Es war für sie drei ein gegenseitiges Absichern.

Selbst bei den Jagdausflügen befanden sie sich immer in einer größeren Gruppe, sodass jeder aus der Familie und der Siedlung in der Lage war, auf die jeweils anderen aufzupassen. Stefan hatte nicht vor, nach dem schweren Unfall ihres Vaters noch irgendetwas zu riskieren. In dieser Einöde gab es keinen Medikus, keinen Mönch oder Bader, welcher die Befähigung hatte, ihnen im Notfall zu Hilfe zu eilen.

Wuchtig trieb er erneut eine zur Hacke umfunktionierte Wurzel in den harten Waldboden hinein. Obwohl nur flaches Gebüsch vor ihm lag, gruben sich dessen Wurzeln tief in den Boden hinein. Es war schon mühsam genug, das abgestorbene Unterholz aus dem Dickicht herauszuziehen. Die lebenden Gewächse klammerten sich aber noch um einiges aggressiver in der Erde fest. Allem Anschein nach wehrte sich die Natur dagegen, von Menschen bearbeitet und gezähmt zu werden.

Letztendlich war es ein Kampf mit jeder Pflanze, jedem Strauch und jedem Baum. Nur durch seine Beharrlichkeit sah Stefan für sich die Chance, Herr über dieses Stück Natur zu werden. Wie einen der schweren Hämmer, die er einmal in einer großen Schmiede vor den Toren von Bardowick gesehen hatte, trieb er das Werkzeug immer wieder tief in den harten Waldboden hinein.

Das monotone Arbeiten ermüdete nicht nur seinen Körper, sondern auch den Geist. Er verspürte mit Gewissheit, dass er, sobald die Sonne unterging, todmüde auf das Nachtlager fallen würde. Eigentlich war diese Schinderei ein Raubbau an seinen Kräften. Er hatte dennoch keine andere Wahl, als den Boden so schnell wie möglich für eine Aussaat vorzubereiten.

In diesem Augenblick spürte er abermals ein bestimmtes Kribbeln zwischen den Schulterblättern. Erschöpft ließ Stefan die provisorische Hacke niedersinken. Seine Augen suchten daraufhin die Grenze ab, welche das Feld von dem dichten Wald abtrennte. So sehr er sich auch anstrengte, es gelang ihm nicht, etwas Ungewöhnliches zu erkennen. Still, dunkel und geheimnisvoll stand das schwarzgrüne Band aus Bäumen wie eh und je vor ihm.

Friedrich und Lucas befanden sich gute dreißig Klafter von ihm entfernt auf der anderen Seite des Ackers. Mit gebündelter Kraft versuchten die beiden Jungen, eine gigantische Wurzel aus dem Wald zu ziehen. Sie waren derart in ihre Arbeit vertieft, dass ihnen kaum etwas auffiel. Da Stefan sich sicher war, dass sie nicht unmittelbar in Gefahr schwebten, ließ er nochmals seine Augen die nähere Umgebung absuchen. Er spürte, dass sie nicht allein waren.

Abermals setzte er all seine Sinne ein, fand allerdings nichts Außergewöhnliches. Trotzdem war er sich darin gewiss, beobachtet zu werden. Diese beunruhigende Tatsache bescherte ihm augenblicklich eine Gänsehaut. Stefans Familie besaß die äußerste Scholle aller Siedler in dem kleinen Dorf. Hinter seinem Rücken fing das endlose grüne Meer des tiefen Waldes an. Die restlichen Pflanzer und Bauern befanden sich deswegen nicht in der Position, sich mit dem ›Unbekannten‹ und ›Fremden‹ auseinandersetzen zu müssen.

Da Stefan niemanden entdeckte, fuhr er mit seiner Tätigkeit fort. Wieder und wieder sauste die zur Hacke umfunktionierte Wurzel in den Waldboden hinein. Moos, Gras, Büsche und Bäumchen fielen dabei seinem Handeln zum Opfer. Die Arbeit zog sich schier endlos hin. Während die Sonne über das Firmament wanderte, vergrößerte er die Ackerfläche der Familie zusehends.

Nach einer Weile war Stefan gezwungen, sich erneut den Schweiß von der Stirn zu wischen. Als er sich kurz aufrichtete, um den Rücken und die Schultern zu entlasten, sah er seine Schwester Anna wild gestikulierend auf ihn zurennen. Aufgeregt rief sie etwas Unverständliches in seine Richtung. Er hatte jedoch keine Chance, sie zu verstehen. Verwirrt blickte er dem jungen Mädchen entgegen. Er fragte sich, was sie nun schon wieder von ihm wollte.

 

Anna

 

»Stefan, Friedrich, Lucas! Kommt schnell! Da sind Franken. Los, bitte! Beeilt euch doch …«, flehte Anna ihre drei Geschwister an.

Friedrich und Lucas reagierten sofort. Ihr ältester Bruder hingegen befand sich nach wie vor am gleichen Platz und starrte sie nur dumpf an. Manchmal dachte Anna, dass er in seinem Denken langsamer wäre als die beiden jüngeren Brüder. Irgendwann reagierte Stefan zum Glück doch noch. Er kämpfte sich mühsam aus dem Unterholz frei, in welchem er in dem Moment stand.

Während sie ungeduldig auf ihre Geschwister wartete, ließ Anna die letzten Monde in Gedanken Revue passieren. Von dem Enthusiasmus der ersten Zeit nach ihrer Ankunft war bei ihr nicht mehr viel übrig geblieben. So anstrengend die lange Reise aus dem Norden in jene unberührte Wildnis auch gewesen war, so sehr hatte sie den Weg in die Freiheit genossen. Weniger waren es die vielen hundert Meilen gewesen, welche ihr damals ein Lächeln auf die Lippen gezaubert hatten, sondern vielmehr der Umstand, im Mittelpunkt eines besonderen Abenteuers zu stehen.

Bevor sich ihr Vater dazu entschlossen hatte, den Aufruf des Erzbischofs von Magdeburg zu folgen und in die unwirtlichen Grenzmarken weit im Osten zu ziehen, sah sich Anna schon als Frau eines verarmten Leibeigenen enden. Viel zu sehr war die Bevölkerung in den kleinen Dörfern und Gehöften in den letzten Wintern angestiegen, als dass für jeden Sohn oder jede Tochter eine aussichtsreiche Zukunft bestanden hätte.

Oftmals kam es vor, dass nur die erstgeborenen Söhne und Töchter den Hof erbten oder eine ausreichende Mitgift für einen ›Nachkommen‹ mitbekamen. Für die anderen Kinder galt es zu sehen, wie sie ihr Überleben selbst sicherten. Entweder sie blieben auf dem Hof und arbeiteten gleichgestellt zu den normalen Tagelöhnern und Helfern, oder aber sie suchten das Glück in der Ferne, was meist allerdings ein Dasein als Wanderarbeiter bedeutete. Wenige entschieden sich hingegen für ein frommes Leben in einem Kloster. Bei ihren beiden Schwestern Brid und Katharina konnte sie sich so etwas jedenfalls kaum vorstellen.

Annas Leben war praktisch schon komplett vorauszusehen gewesen. Wären sie in Bardowick geblieben, hätte ihr Werdegang genauso ausgesehen wie die Existenz der vielen anderen heranwachsenden Frauen in ihrer Nachbarschaft. Für die Mädchen versprach die Zukunft zudem noch wesentlich düsterer zu werden als für die Männer. Junge Burschen, die in der Lage waren, für eine halbwegs sichere Zukunft zu sorgen, sahen sich meistens von einem Dutzend dummer Hühner umschwärmt. Diese probierten und unternahmen für die Gelegenheit einer Eheschließung so gut wie alles.

Da die Höfe viel zu klein waren und die Abgaben sowohl an den Fürsten, an den Schultheißen als auch an die Kirche den Großteil der Ernte auffraßen, versuchte der überwiegende Teil der Eltern, ihre Töchter so schnell wie möglich unter die Haube zu bringen. Selbst umherwandernde Bettler und Tagelöhner waren gut genug, um ein gefräßiges Maul weniger im Haushalt durchfüttern zu müssen.

Niemals beabsichtige sie jedoch, ihrer Mutter ähnliche Gedanken zu unterstellen. Anna war sich dennoch der Tatsache bewusst, dass ihre Familie wesentlich besser über die Runden gekommen wäre, wenn Katharina und sie das Haus verlassen hätten. Acht Mägen satt zu bekommen, erforderte eine große Menge an Nahrungsmitteln, die nicht immer im ausreichenden Maße zur Verfügung standen. Vor allem während des Winters hatten sie oftmals mit leeren Bäuchen ins Bett gehen müssen. Dabei versuchte die Familie, den beiden kleinen Zwillingen Lucas und Brid das Leben so einfach wie möglich zu gestalten.

Im Prinzip war Anna mit ihren vierzehn Sommern schon längst in einem heiratsfähigen Alter. Einzig die Tatsache, dass ihre Schwester zwei Sommer älter war und sich noch immer im Haushalt befand, bewahrte Anna bisher davor, an irgendeinen beliebigen Bauernsohn verheiratet zu werden. Zudem war sie sich sicher, dass Vater stets versuchte, einen guten Ehemann für seine Töchter zu finden. Anders ließ sich nicht das Zusammenkommen der Ereignisse erklären, die zu ihrer ›Flucht‹ aus Moorfeld geführt hatten.

Als vollkommen unerwartet der Aufruf des Erzbischofs von Magdeburg in ihren hinteren Winkel des Reiches vorgedrungen war, freies Land im Osten des Landes besiedeln zu können, überschlugen sich die Geschehnisse plötzlich. Vater hatte sich mit dem Schultheißen ihres Dorfes in den Haaren gehabt. Ihr Hof lag zwar nicht direkt in den Grenzen der Gemeinde, dennoch unterstanden sie der Ansiedlung und damit der Gerichtsbarkeit des angrenzenden Ortes.

Moorfeld wiederum war nur ein unbedeutender Flecken am Rande des Dorfes Lüneburg und bildete mehr oder weniger einen Vorort der nahe gelegenen großen Handelsstadt Bardowick. Allerdings hatte das zur Folge, dass jede der kleinen Verwaltungen ihren Teil am geernteten Getreide, geborenen Vieh und gezüchteten Gemüse für sich beanspruchte.

So kam es dazu, dass der Schultheiß von Lüneburg, der ältere Berthold von Dahlenburg, vor zwei Wintern an die Tür des elterlichen Bauernhofs klopfte, um eine Verdopplung seines Scheffels an allen Erzeugnissen zu fordern. Als Alternative verlangte er die vor etlichen Wintern versprochene Hand der ältesten Tochter für seinen Neffen. Das war der Moment, an dem Annas Vater der Kragen platzte. Bereits seit längerem hatte er sich dagegen gesträubt, Katharina mit einem Familienmitglied der von Dahlenburgs zu verheiraten. Dass die adlige Familie es nun über Erpressung, Drohgebärden und Druck versuchte, machte die Situation nur noch schlimmer.

Ohne richtig darüber nachzudenken oder die Konsequenzen abzuwägen, prügelte Vater den Mann von seinem Hof. Im Nachhinein stellte sich dies als ein sehr großer Fehler heraus. Die Entscheidung dazu war das Schlimmste gewesen, was in der Situation als Möglichkeit zur Verfügung gestanden hatte. Zum Leid ihrer Familie war der Schultheiß ein Vetter des Stadtvogts von Bardowick. Um den Bauern in der Nachbarschaft zu zeigen, dass es nicht ratsam war, sich gegen den Dorfschulzen zu stellen, statuierte er an Annas Familie ein Exempel. Innerhalb eines Mondes saß ihr Vater im Schuldturm und der Hof befand sich unter Verwaltung von Moorfeld.

Zum Teil lag das harte Vorgehen an der Tatsache, dass ihre ältere Schwester Katharina die Aufwartung des jüngeren Berthold von Dahlenburg seit einem Winter energisch zurückgewiesen hatte. Ursprünglich war eine Vermählung mit einem befreundeten Bauern von der Nachbargemeinde geplant gewesen. Deswegen fanden sich ihre Eltern in der ausgesprochen ungewohnten Situation wieder, einen Bräutigam für Katharina aussuchen zu dürfen. Mutter und Vater entschieden sich schließlich für den erstgeborenen Sohn des befreundeten Bauern. Das brachte den Schultheißen und die gesamte Familie von Dahlenburg gegen die beiden Sippen auf. Am Ende wurde weder die Hochzeit zwischen Katharina und dem Bauernsohn noch die zwischen Katharina und dem jüngeren Berthold von Dahlenburg begangen.

Warum ihre Eltern der Ehe mit einem Adligen eine Absage erteilt hatten, verstand Anna in keiner Weise. Letztlich wäre es für Katharina die beste Lösung gewesen, um dem mühseligen und entbehrungsreichen Leben einer Bauersfrau entkommen zu können. Selten genug kam es vor, dass sich der niedere Adel eine Frau aus dem gemeinen Volk suchte, und wenn dann nur wegen einer großen Mitgift. Fast immer bewegten sich die Leute innerhalb des Standes, in welchem sie geboren wurden. Wäre sie anstelle ihrer Schwester gefragt worden, hätte sie womöglich ohne zu zögern Ja gesagt.

Auch begriff sie die Zusammenhänge mit dem gebrochenen Versprechen nicht. Angeblich war Katharina den von Dahlenburgs seit ihrer Geburt versprochen. Vieles von dem, worüber sich die Erwachsenen unterhalten und gestritten hatten, war für Anna nur schwer verständlich. Was sie jedoch mitbekommen hatte, war die Tatsache, dass sie plötzlich ohne Hof, ohne Vieh und ohne Zukunft dastanden.

Der Aufruf des Erzbischofs von Magdeburg stellte für ihre Familie daraufhin die einzige Chance dar, der Misere zu entkommen. Entweder führten sie weiterhin ein Leben als Leibeigene des Schultheißen oder sie versuchten den Neuanfang in den unberührten Grenzmarken des Reiches. Innerhalb von weniger als einem Mondzyklus befand sich die gesamte Sippe mit ihren spärlichen Habseligkeiten auf dem Weg in die unbewohnte Wildnis der neuen Grenzmark.

Nicht nur, dass ihnen ein großzügiges Stück Land zur Urbarmachung in Aussicht gestellt wurde, auch die Kosten für die erste Saat und die Vorräte für den ersten Winter übernahm der Erzbischof. Es war wie ein Geschenk Gottes, das sie aus der Trostlosigkeit um den Konflikt mit dem Schultheißen herausbrachte. Erst im Nachhinein hatte Anna begriffen, dass die Familie tatsächlich geflüchtet war.

»Anna! Trödel doch nicht! Was ist jetzt mit den Franken?«, riss sie plötzlich die Stimme ihres Bruders aus den Gedanken.

Als sie merkte, dass ihre drei Geschwister bereits über ein weites Stück Vorsprung verfügten, besann sie sich. Wie ein dummes Huhn stand sie in der Gegend herum und hielt maulaffenfeil, während sich am Dorfanger Ungeheuerliches zutrug. Es waren Fremde in der Siedlung angekommen. Diesmal handelte es sich um eine komplette Gruppe von Menschen. Zudem beunruhigte es Anna, dass es sich bei den Neuankömmlingen um Franken zu handeln schien.

Egal was die Menschen auch sagten: Ihrer Meinung nach stellten die Franken ein hinterhältiges Volk dar, welches ständig darauf versessen war, seinen Vorteil aus allerlei Geschäften zu ziehen. Wann immer ein fränkischer Tagelöhner in ihrem alten Dorf zugegen gewesen war, hatte etwas bei einem der Bauern gefehlt. Viele behaupteten sogar, die Franken hätten die Absicht, die Kinder der Landbevölkerung zu stehlen. Dass nun hier in diesem abgeschiedenen Teil eine Gruppe fränkischer Siedler auftauchte, hatte mit Sicherheit nichts Gutes zu bedeuten.

»Ich komme schon!«, rief sie ihren Brüdern hinterher, während sie die Röcke raffte, um auf dem unebenen Untergrund auf die drei Jungen aufzuschließen. Obwohl es für ihr Alter nicht mehr schicklich war, rannte sie genauso schnell wie die gleichaltrigen Burschen. Früher, als sie immer mit ihren kleinen Geschwistern gespielt hatte, war sie gar die Flinkste im gesamten Dorf gewesen. Heute maßregelte sie ihre Nachbarin Frau Ottilie beständig, wenn sie zu forsch durch die Siedlung eilte.

Nach einer Weile kam Anna auf dem Dorfplatz an. Hier drängten sich zum ersten Mal, seitdem sie die Grenzmark erreicht hatten, jede Menge Siedler auf engstem Raum aneinander. Für sie stellte dies alles einen ungewohnten Anblick dar. Schon lange hatte sie keine solch große Gruppe von Menschen mehr gesehen.

Augenscheinlich waren die anwesenden Personen in zwei Lager geteilt. Zur Rechten bemerkte Anna all die bekannten Gesichter, Freunde und Verwandten der heimischen Siedlertruppe. Seit zwei Dutzend Monden waren diese Menschen ein Teil ihres Lebens. Viele von ihnen hatte sie angefangen zu mögen – einige vielleicht sogar auch mehr, als es schicklich war. Schüchtern warf sie einen Blick in Arnulfs Richtung, der in der Mitte ihrer Freunde stand. Ein kleines Stück vor ›ihrer‹ Gruppe entfernt ruhte Vater, der von Mutter gestützt werden musste. Während er kaum in der Lage war, sich auf den Beinen zu halten, sah sie ihm die Anstrengung förmlich an.

Auf der linken Seite wartete eine andere Gruppe auf die Geschehnisse, die noch folgen sollten. Die Neuankömmlinge sahen ungefähr genauso aus wie die Menschen, die wie sie vor zwei Dutzend Monden hier eingetroffen waren. Abgemagert, müde und kaum noch dazu fähig, aufrecht zustehen, entsprachen die vierzig Seelen genau dem Ebenbild ihrer damaligen Siedlergemeinschaft. Dies stellte den Moment dar, als Anna begann, Mitleid für die unbekannten Aussiedler zu empfinden.

Augenscheinlich waren sie ebenso aus den alten Reichsgebieten ausgewandert, um hier ihr Glück zu finden. Anna verstand nur nicht, was die Menschen in dieser Gegend zu suchen hatten. Alle Flurstücke in Umkreis waren auf die vierzehn Familien aufgeteilt, welche ihre kleine Gemeinschaft bildeten. Ängstlich aneinandergedrängt, fand sich niemand, der beabsichtigte, das Wort zu ergreifen.

Erneut wurde Anna bewusst, dass sie in der Gegend herumstand und Löcher in die Luft starrte. Kurzerhand entschloss sie sich, zu ihren Brüdern zu laufen. Just in dem Moment, als Anna an die Seite ihrer Familie trat, begann ihr Vater als Wortführer der kleinen Gemeinde seine Ansprache.

 

Der Einzig Wahre

 

Früher war alles ganz anders, gestand Widogard sich ein. Müde erhob sich die Hüterin von ihrem Lager. Sie kam einfach nicht zur Ruhe. Zu sehr hatte sie die Nachricht von den Fremden erregt, welche sich unerlaubt dem Einzig Wahren näherten. Sie hoffte, dass sich die Krieger darum gekümmert hatten.

Träge tropften währenddessen die Erinnerungen an die ›gute alte Zeit‹ in Widogards Gedächtnis hinein. Sie versuchte, sich zurückzuerinnern. Damals, vor über dreihundert Wintern, hatte sie als junge Novizin an der Seite ihrer Schwestern gegen Carolus Magnus gekämpft. Gegen die heranrückenden Massen der alten Franken hatten sie jedoch trotz ihrer Magie kaum eine Chance gehabt. Teilweise bestand zwischenzeitlich sogar die Befürchtung, dass ihr Volk unterzugehen drohte. Nur durch eine List Widukinds konnte sich ein Teil der alten Stämme vor Carolus Magnus verstecken.

Eine noch viel wichtigere Tat Widukinds, des größten aller Herzöge der sächsischen Geschlechter, war es, die Franken davon zu überzeugen, dass die Irminsul sich in der Nähe der Eresburg weit im Westen befände. Dabei war ER so viel mehr als nur die Irminsul. Nachdem der vermeintliche Weltenbaum den Flammen zum Opfer gefallen war und die sächsischen Krieger ihr Haupt gebeugt hatten, beendete Karl der Große seine Feldzüge im Osten. ER war dadurch gerettet – allerdings zu welchem Preis, fragte sie sich.

Es folgte die Entvölkerung der östlichen Siedlungsgebiete. Sämtliche Stämme zogen westwärts oder nach Süden. Zusätzlich bekehrten sich die Sachsen nach und nach zum christlichen Glauben. Das führte in den folgenden einhundert Wintern zu einer Entfremdung der Sachsen mit der alten Kultur und Religion.