MANFRED BÖCKL

VERBORGENE SCHÄTZE
IN BAYERN

Wo und wie man im Freistaat heidnische Opfergaben, Münzhorte, Waffen, Schmuckstücke und andere historische Relikte finden kann

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86646-799-6

© SüdOst-Verlag in der Battenberg Gietl Verlag GmbH, Regenstauf

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

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Titelbild:

Schatztruhe: 123RF.com, Urheber: olegdudko

Himmel: Pixabay.com

Keltengold links: Gerhard Hirsch Nachfolger, Auktion 293, 25.09.2013, Lot number: 2014

Keltengold rechts: Gorny & Mosch, Auktion 240, Nr. 8, 10.10.2016

Burgruine Weißenstein: Tourist Information Regen

Inhalt

Bernstein, Keltengold und Rittersilber
Die fünf spektakulärsten Schatzfunde in Bayern

Der Silberschatz des Kurfürsten Maximilian und der Hort des Ritters von Weichs

Achtunddreißig bayerische Sagen als Wegweiser zu verschollenen Schätzen

Schatzsagen aus Niederbayern

Schatzsagen aus der Oberpfalz

Schatzsagen aus Oberbayern

Schatzsagen aus Franken und Schwaben

Acht spezielle Ratschläge für eine – vielleicht – erfolgreiche Schatzsuche

Burgruinen, Burgställe und verlassene Klöster

Höhlen als Schatztresore aus uralter Zeit

Bronzezeitliche und keltische Grabhügel

Geheimnisvolle keltische Viereckschanzen

Die Überreste des römischen Limes

Makabre Funde auf Schlachtfeldern

Plätze, wo einst Dörfer oder Höfe standen

Uralte versteinerte Schätze im Altmühltal

Bei (fast) jeder Schatzsuche gilt: Gesetzliche Bestimmungen beachten!

Glossar

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Bernstein, Keltengold und Rittersilber
Die fünf spektakulärsten Schatzfunde in Bayern

Heinrich Schliemann vertraute auf den Wahrheitsgehalt von Homers grandioser Erzählung „Ilias“. Der deutsche Amateurforscher des 19. Jahrhunderts ließ sich von präzisen Ortsangaben in Homers Geschichte über den Trojanischen Krieg leiten – und entdeckte das historische Troja, in dessen Ruinen sich zudem Schätze von immensem Wert fanden.

Ähnliches geschah im Jahr 1988 in der Gemeinde Kranzberg im bayerischen Landkreis Freising. Dort gingen der Arzt und Amateurarchäologe Dr. Manfred Moosauer und dessen Bekannte Traudl Bachmaier einer uralten Sage nach. „Zwischen Tünzhausen, Bernstorf und Kranzberg liegt eine versunkene Stadt“, heißt es in dem Sagentext – und tatsächlich fanden die beiden Hobbyarchäologen auf einem Hügel im Kranzberger Ortsteil Bernstorf die Überreste einer mächtigen bronzezeitlichen Ansiedlung.

Die vorgeschichtliche Stadtanlage erstreckte sich vor etwa dreieinhalbtausend Jahren über ein Areal von circa 14 Hektar und war von starken Wällen geschützt. Nach ihrer Entdeckung durch die beiden Amateurarchäologen wurden umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt, und es wurde klar: Die versunkene Stadt war einstmals die wohl wichtigste bronzezeitliche Herrschafts- und Handelsmetropole nördlich der Alpen.

Diese Erkenntnis ergab sich unter anderem auch aufgrund von spektakulären Funden, die Dr. Moosauer und Traudl Bachmaier innerhalb der Wallanlagen der vorgeschichtlichen Stadt machten. Es handelte sich um einen dreieckig gestalteten Bernstein, auf dem ein menschliches Antlitz und mykenische Schriftzeichen zu erkennen sind; außerdem um ein goldenes, mit reichen Verzierungen versehenes Kronendiadem sowie um Hals- und Armringe, Gewandfibeln, Dolche und Äxte aus Edelmetall oder Bronze und schließlich um große Schmucknadeln, die aus ägyptischem Gold gefertigt wurden.

Dieser Schatz von Bernstorf befindet sich heute im Kranzberger Bronzezeitmuseum, das infolge des Wiederauffindens der vorgeschichtlichen Stadtanlage entstand – aber auch anderswo in Bayern können höchst wertvolle Schatzfunde bewundert werden.

So ist im Kelten-Römer-Museum in Manching bei Ingolstadt ein keltischer Goldschatz zu sehen, der 1999 auf dem Gelände eines ehemaligen latènezeitlichen Oppidums entdeckt wurde, von dem sich bis in die Gegenwart herauf Teile der Umwallung erhalten haben. Diese keltische Stadt wurde im vierten Jahrhundert v. d. Z. gegründet und blühte bis ins letzte vorchristliche Jahrhundert; dann wurde sie von ihren Bewohnern verlassen – wahrscheinlich, weil die Kelten einen militärischen Vorstoß der Römer über die Alpen befürchteten; einen Großangriff, der sodann im Jahr 15 v. d. Z. brutale Realität wurde.

Das Oppidum besaß eine Größe von 380 Hektar, war von einer sieben Kilometer langen Wehrmauer umgeben und konnte um die 10.000 Menschen – Druiden, Adelskrieger, Händler, Handwerker, Bauern und Pferdezüchter mit ihren Familien – beherbergen. Seine Lage an der Einmündung der Paar in die Donau ermöglichte weitreichende Handelsbeziehungen auf den Wasserwegen, sodass die Manchinger Kelten sehr wohlhabend wurden – und einige Generationen bevor die Stadt aufgegeben wurde, gelangte der oben erwähnte Schatz in die Erde.

Der im Jahr 1999 wiedergefundene Hort besteht aus 450 Goldmünzen und einem großen Goldklumpen; die Münzen wurden allesamt in Böhmen hergestellt, wohin die Manchinger Kelten offenbar intensive Kontakte pflegten. Aus welchem Grund der Goldschatz einige Zeit vor dem Niedergang des Oppidums vergraben wurde, ist ungeklärt – klarer ist hingegen der Hintergrund eines Fundes von Silbermünzen in Manching, der 1936 gemacht wurde. Zusammen mit diesen Münzen wurden nämlich auch Gussformen für Rohsilber und Münzprägestempel entdeckt, weshalb gesichert ist, dass es in der latènezeitlichen Keltenstadt eine Münzstätte gab.

Ebenfalls aus der späteren Keltenzeit stammt ein Schatz, der 1987 in Wallersdorf bei Landau/Isar ganz zufällig entdeckt wurde. Beim Umgraben seines Gartens stieß ein Hausbesitzer auf 368 Regenbogenschüsselchen: keltische Goldmünzen, die aufgrund ihrer Form an winzige Schüsseln erinnern. Dieser Münzhort stammt aus dem zweiten Jahrhundert v. d. Z.; er war lange im Niederbayerischen Archäologiemuseum in Landau zu besichtigen. Von dort aber wurde er im Jahr 2015 an die Archäologische Staatssammlung in München abgegeben, weil das Landauer Museum aus nicht wirklich nachvollziehbaren Gründen stark verkleinert wurde.

Im Gäubodenmuseum der niederbayerischen Stadt Straubing ist neben zahlreichen anderen Exponaten auch ein europaweit berühmter Römerschatz zu sehen. Er wurde 1950 auf dem Areal des einstigen römischen Militärlagers Sorviodurum, das im Bereich des heutigen Straubinger Petersfriedhofes lag, im Zuge einer Ausgrabung entdeckt.

Prunkstücke des Hortes sind höchst eindrucksvolle Gesichtshelme sowie kunstvoll verzierte Beinschienen von Offizieren und ähnlich aufwändig geschmückte Ross-Stirnen aus der römischen Kaiserzeit – und man nimmt an, dass dieser Schatz angesichts eines feindlichen Angriffs auf das Militärlager vergraben wurde und später, weil die Garnison unterging, nicht mehr gehoben werden konnte.

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Der Straubinger Römerschatz zählt zu den wertvollsten Funden seiner Art in Deutschland. (Foto: Gäubodenmuseum Straubing/Fotowerbung Bernhard)

Schließlich muss noch ein mittelalterlicher Schatz erwähnt werden, der im Jahreswechsel von 2007 auf 2008 in der oberbayerischen Burg Dollnstein im Landkreis Eichstätt ans Licht kam. Archäologen entdeckten in der Burganlage einen Topf, der rund 3000 Silbermünzen mit einem Gesamtgewicht von etwa zwei Kilogramm enthielt. Die Münzen stammen höchstwahrscheinlich aus dem 13. Jahrhundert und waren einst in der ehemaligen Burgstallung vergraben worden.

Das Gefäß, in dem sie sich befanden, war mit einer Axtklinge abgedeckt worden; diese wiederum hatte man mit einem großen Stein beschwert. Wann genau der Schatztopf in den Boden der Stallung gebracht wurde, ist unklar – die Wissenschaftler haben jedoch einen Verdacht: Zwischen 1250 und 1260 lagen nämlich die Hirschberger Grafen, denen die Feste Dollnstein damals gehörte, mit König Ottokar von Böhmen im bewaffneten Streit. Der böhmische Monarch ließ zu jener Zeit verschiedene Hirschberger Burgen belagern; auch Dollnstein gehörte dazu, und vermutlich wurde der Silberschatz deshalb im Stall in Sicherheit gebracht und später aus irgendeinem Grund nicht wieder geborgen.

Die fünf hier vorgestellten spektakulären Schatzfunde zeigen auf, welch immense materielle und historische Werte in bayerischer Erde entdeckt werden können. Die Schatzhorte von Kranzberg, Manching, Wallersdorf, Straubing und Dollnstein konnten mit Glück gefunden werden – andere Schätze hingegen sind zwar aus historischen Überlieferungen bekannt, doch blieben sie bis heute verschollen.

Und die beiden berühmtesten verlorenen Schätze Bayerns wollen wir nun im nächsten Kapitel kennenlernen.

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Der Silberschatz des Kurfürsten Maximilian und der Hort des Ritters von Weichs

Der bayerische Herzog und spätere Kurfürst Maximilian I. war einer der schlimmsten Kriegstreiber des 17. Jahrhunderts. Ihn, einen fanatischen Katholiken, trifft die Hauptschuld am Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1618. Der Wittelsbacher Maximilian profitierte bald darauf sogar noch vom Religionskrieg zwischen katholischen und protestantischen Heeren, weil es ihm 1623 gelang, vom Landesherzog zum Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches aufzusteigen. Anno 1648 indessen, im letzten Kriegsjahr, schlugen seine zutiefst hasserfüllten antiprotestantischen Taten auf ihn zurück.

Eine schwedische Armee, die von französischen Einheiten unterstützt wurde, fiel nach Bayern ein, dezimierte die dortigen katholischen Truppen und rückte gegen München vor. Da der Fall seiner Residenzstadt drohte, blieb dem Kurfürsten kein anderer Ausweg als die Flucht. Zusammen mit seiner Familie, seinem Hofstaat und seinen Leibwächtern zog sich Maximilian zunächst eilig nach Wasserburg zurück, und auf Fuhrwerken wurde der wittelsbachische Hausschatz mitgeführt: insbesondere schwere Lasten von wertvollem silbernen Tafelgeschirr.

Am Wasserburger Innhafen bestiegen der Kurfürst und seine Begleiter eine Reihe von Flussbooten; auch der Schatz wurde auf mehrere der Innplätten verladen. Dann legten die Boote vom Ufer ab und wurden stromabwärts gesteuert: in Richtung Mühldorf, der ersten Station des Fluchtweges nach Passau, Linz und Wien.

Schon nach wenigen Stunden jedoch, noch ehe Mühldorf erreicht wurde, kam es zu einem Unfall. Eines der Schatzboote kollidierte mit dem Tragepfeiler einer Innbrücke, zerbarst an dem Hindernis, kenterte und versank. Etliche Männer, die sich auf der Plätte befunden hatten, ertranken; jener Teil des Silberschatzes, der auf dem Boot transportiert worden war, verschwand in der Tiefe des Innflusses.

Angesichts der Bedrohung durch die feindlichen Truppen versuchten die Begleiter Maximilians gar nicht erst, das verlorene Tafelgeschirr wieder aus dem Inn zu bergen. Notgedrungen setzten die Münchner ihre hastige Flucht fort; der Silberschatz blieb auf dem Flussgrund liegen und sollte auch später nicht mehr aufgefunden werden. Lediglich einige wenige Einzelstücke des Silbergeschirrs wurden im Lauf der folgenden Jahrhunderte zufällig von Berufsfischern oder Freizeitanglern aus dem Innwasser gezogen; das Gros des Kurfürstenschatzes aber ist bis auf den heutigen Tag verschollen.

Aufgrund moderner Recherchen kann gesagt werden, dass der Wert des im Inn versunkenen Silberschatzes – Prachtkelche, Prunkteller, große Servierplatten, Tafelbecher und anderes Luxusgeschirr – immens ist. Das Gesamtgewicht der verlorenen Bootsladung wird auf mehr als vier Zentner geschätzt, und die silbernen Antiquitäten würden auf dem derzeitigen Markt ungefähr zweieinhalb Millionen Euro einbringen.

Daher ist es kein Wunder, dass es immer wieder Schatzsucher gab, die auf dem Inngrund zwischen Wasserburg und Mühldorf ihr Glück versuchten. Doch alle diese Unternehmungen blieben, von den paar Zufallsfunden abgesehen, erfolglos – und der Grund dafür ist folgender: Die Brücke, an welcher die Schatzplätte scheiterte, existiert schon lange nicht mehr, weshalb der exakte Unfallort seit vielen Generationen nicht bestimmt werden kann. Zudem verteilten sich die wenigen Funde, die von Fischern oder Anglern gemacht wurden, auf einen relativ langen Flussabschnitt, was bedeutet: Zumindest einzelne Teile des verlorenen Schatzes müssen im Lauf der Zeit von der Innströmung vom Unfallort weggeschwemmt worden sein.

Wollte man den Silberschatz, respektive sein Gros bergen, so müsste man wissen, wo die Flussbrücke einst gestanden hat. Topographische Angaben darüber sind aber aus der Zeit Maximilians nicht erhalten; auch sonst fehlen eindeutige Aufzeichnungen. Deshalb bleibt nur eine Möglichkeit, den Brückenplatz mit einigermaßen reeller Wahrscheinlichkeit zu bestimmen – mit Hilfe alter Landkarten.

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Die drei Flussabschnitte des Inn zwischen Wasserburg und Mühldorf, wo die Brücke gestanden haben könnte, an welcher das Schatzboot des Kurfürsten Maximilian verunglückte. (Bildquellen: Kartenviewer des Freistaates Bayern; Uraufnahme 1808 – 1864)

Die drei hier vorgestellten Kartenausschnitte zeigen den Fluss so, wie er in früherer Zeit aussah. Zu finden sind diese Landkarten im Internet unter dem Suchbegriff „BayernAtlas – der Kartenviewer des Freistaates Bayern“.

Dieses leicht zu bedienende elektronische Kartenwerk zeigt die von 1808 bis 1864 entstandenen geographischen Uraufnahmen der bayerischen Landesteile. Über das Suchfeld kann zum damals noch unregulierten Inn zwischen Wasserburg und Mühldorf navigiert werden, und wenn man dies tut, wird man im Bereich zwischen den Ortschaften Jettenbach und Oberflossing (sehr viel näher bei Mühldorf als bei Wasserburg gelegen) auf die drei hochinteressanten Flussabschnitte stoßen, wo der Silberschatz des Kurfürsten Maximilian auf seine Entdeckung warten könnte. Denn in jedem dieser Innabschnitte gab es einstmals Inselgruppen oder größere Inseln, die einen relativ einfachen Brückenschlag über den Strom ermöglicht hätten, und daher könnte die Schatzplätte im einen oder anderen dieser Flussabschnitte versunken sein.

Die erste dieser Stellen lag etwas nordöstlich von Jettenbach auf der Höhe von Kraiburg. Ziemlich genau nördlich des Dorfes Maximilian (vielleicht ein Omen?) zeigt die Karte zwei umfangreiche Eilande mit vorgelagerten Sandbänken im Inn, die einen in der Frühen Neuzeit vermutlich hölzernen Brückenbau sehr erleichtert hätten.