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Nicole und Ralf Obermann sind ein erfolgreiches Fotografenpaar aus dem Norden Deutschlands. Ihre Erfahrungen geben sie in Seminaren und Workshops weiter. Neben ihren beliebten Kursen zur »Hochzeitsfotografie« führen sie inzwischen immer mehr Coachings für Fotografen durch, die den Schritt in die Selbstständigkeit planen. Mehr über die Arbeit und das Workshop-Angebot der beiden erfahren Sie unter www.ro-fotografie.de.

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Ralf und Nicole Obermann

Selbstständigkeit als Fotograf(in)

Ein Ratgeber für den Einstieg in Teil- und Vollzeit

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Ralf und Nicole Obermann

Lektorat: Boris Karnikowski

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

ISBN:

1. Auflage 2017

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

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Danksagung

Ralf: An dieser Stelle möchte ich meiner Frau danken. Sie hat mir die Flügel zur Fotografie gereicht.

Nicole: Ich möchte meinem Mann dafür danken, dass er immer mehr von mir fordert, als ich glaube schaffen zu können.

Gemeinsam wollen wir vor allem unseren Kindern Danke sagen. Denn sie leben mit uns das Leben, das wir immer leben wollten. Sie tun es mit einem Lächeln im Gesicht und mit dem Stolz, den man sich als Eltern von seinen Kindern wünscht. Gut, mittlerweile sind sie in dem Alter, in dem sich auch ab und an ein sarkastisches Lächeln einschleicht, aber das ist ein ganz anderes Thema …

Danksagen möchten wir aber auch all den vielen fleißigen Helfern, die an der Entstehung dieses Buches mitgewirkt haben: Kerstin und Axel, Anemone, Dani und Heike, die immer wieder das gesamte Buch durchgelesen haben. Sie haben kritisch korrigiert und unermüdlich auf alles aufmerksam gemacht, das ihnen fehlte und was für euch noch wichtig sein könnte. Auch lieben Dank an unsere Steuerberaterin, die für alle Fragen ein offenes Ohr hatte und uns leicht verständliche Erklärungen gegeben hat, die wir dann in dieses Buch mit aufnehmen konnten.

Ganz besonders danken möchten wir Boris, der uns zu diesem Buch animiert und uns den Rücken freigehalten hat, in den Zeiten, in denen wir nicht mehr geradeaus schauen konnten vor Arbeit. Dem wir nicht nur eine gute Struktur des Buches verdanken, sondern der als Lektor auch immer im Detail mitgedacht hat. Danke auch an die Korrektorin Kerstin, die dieses Buch sprachlich-stilistisch überarbeitet hat. Und an alle anderen des Teams, die nicht nur ein tolles Design fürs Buch gezaubert haben, sondern auch mit Geduld unsere etwas wirre Art mit Geduld hingenommen haben. Wir waren umgeben von vielen fleißigen und vor allem mitdenkenden und liebevollen Menschen. Das ist ein großer Schatz, den wir durch das Schreiben dieses Buches gewonnen haben.

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Für unsere Kunden und mit unseren Kunden machen wir alles möglich und haben immer Spaß dabei – das ist ein Garant für gute Bilder und tolle Erinnerungen.

Warum dieses Buch?

Für wen ist dieses Buch? Warum haben wir dieses Buch geschrieben, das ihr gerade in den Händen haltet? Ratgeber zur Selbstständigkeit und zur Existenzgründung sind nicht gerade selten zu finden. Viele dieser Ratgeber sind entweder sehr allgemein oder extrem speziell, nur leider nicht für Fotografen. Sind wir etwas so Besonderes als Fotografen? Eigentlich nicht, aber es gibt Besonderheiten, auf die wir in diesem Buch eingehen wollen.

Wir haben das Gleiche durchlebt, das euch bevorsteht, und wir begleiten auch immer wieder neue Kollegen auf diesem Weg. Wir führen Schulungen durch zu allen Bereichen dieses Themas. So erschien es naheliegend, alle wichtigen Informationen hierzu in einem Buch zusammenzutragen.

Ein Zauberwort, das überall steht, ist »Benchmarking«. Aber keine Sorge, ihr bekommt jetzt kein Buch, in dem ein Fachbegriff den anderen jagt. Sondern wir versuchen, die Fachbegriffe auf die Fotografie zu transportieren, also die Quintessenz zu ziehen.

Generell steht Benchmarking für den Vergleich der Firmen im gleichen Segment, aus der ihr euch die aus eurer Sicht »stärkste« Firma heraussucht. Mithilfe dieses Vergleichs könnt ihr die eigenen Fähigkeiten und Angebote verbessern. Also, es geht im weitesten Sinne um die Analyse des Marktes und euch selbst. Dies wird einer der Schwerpunkte für euch sein auf dem Weg in die Selbstständigkeit der Fotografie.

Ein Beispiel: Soziale Medien sind kein Allheilmittel, x-Likes bringen noch keinen Erfolg oder Kunden. Wer also sagt euch, ob und wie gut ihr seid, welchen Marktwert ihr und eure Arbeit hat? Das muss für jeden individuell betrachtet werden und kann nicht über einen Kamm geschert werden. Es wird euch helfen, die Ich-Analyse vor allem ehrlich und mit dem Fokus auf eure Wünsche und Ziele vorzunehmen.

Wir richten uns, mit diesem Buch speziell an Fotografen oder jene, die es werden wollen. Ganz egal, ob Quereinsteiger, Aus-Studierter oder ambitionierter Hobby-Fotograf (mit der Überlegung, einen Nebenerwerb zu erzielen).

Wir wollen gewisse Themen rund um die Selbstständigkeit im Bereich der Fotografie überhaupt erst einmal ins Bewusstsein von all jenen rufen, die diesen Weg in Erwägung ziehen. Wir wollen Fragen und Begriffe, die immer wieder in diesem Zusammenhang auftauchen, beantworten und leicht verständlich erklären. Wir wollen auf Stolperfallen hinweisen und einige Mythen beseitigen, die einen oft in die falsche Richtung laufen lassen.

Dabei kann es keine Garantie für Vollständigkeit geben. Auch sind die geltenden Gesetze und Gesetzmäßigkeiten im steten Wandel begriffen. Wir wollten euch mit diesem Buch vielmehr in die Lage versetzen, die richtigen Fragen an den richtigen Stellen zu platzieren und vieles im Vorfeld zu planen, was später nur schwer zu ändern wäre. Ihr müsst die richtigen Fachleute finden, die euch helfen, und euch auf eure Kernkompetenzen konzentrieren. Hierbei ist es genauso wichtig, Fehler zu vermeiden wie aus gemachten Fehlern zu lernen.

Mein ehemaliger Professor aus der Immobilienwirtschaft, seines Zeichens Jurist, sagte bei unseren verwirrten Blicken angesichts eines schwer verständlichen Themas immer: »Ein Blick ins Gesetzbuch erleichtert die Rechtsfindung!« Dies ist soweit richtig, nur wenn man den gelesenen Text nicht versteht, hilft dies auch nicht weiter. Da ich das als Lehre aus der Studienzeit mitgenommen habe und mich in unseren Schulungen immer bemühe, verständliche und umschreibende Worte zu wählen, werde ich auch hier versuchen, alles leicht verständlich zu beschreiben. Daher ist dieses Buch auch so geschrieben, wie ich in meinen Vorträgen spreche und mit unseren Teilnehmern rede.

Wenn mir auch völlig klar ist, dass Gesetzestexte so verfasst sein sollen, dass möglichst kein großer Auslegungsspielraum bleibt, so finde ich es dennoch kurios (und ich denke, damit spreche ich vielen aus der Seele), dass man die Sprache eigentlich lesen kann und auch weiß, was das einzelne Wort bedeutet, aber den Satz oft dennoch nicht versteht. Da hat mir auch nie die Aussage geholfen: »Schaut einfach genau hin …«

Also, wir wollen euch gut gefilterte verständliche Informationen bieten. Die Informationen sind in unseren Worten zusammengefasst, um euch aufzuzeigen, was sich dahinter für uns verbirgt. Sollte euch unsere Art zu sprechen bzw. schreiben nicht zusagen, dann sind andere allgemeine Standardwerke vermutlich geeigneter als dieses Buch. Dann legt es einfach wieder aus den Händen oder verschenkt es an jemanden, zu dem es besser passen könnte.

Inhaltsverzeichnis

1Finde heraus, was du willst, und lerne es einzufordern

1.1Alte Regeln gelten nicht mehr

1.2Orientiere dich an den Besten deiner Branche

1.3Wer bin ich und was will ich?

1.4Was möchte ich können?

1.5Was kann ich?

2Vertrau dir, dann vertrauen dir auch andere

2.1Der richtige Zeitpunkt

3Welche Rechtsform ist die richtige für mein Vorhaben?

3.1Freiberufler

3.2Wichtiges für einen gemeinsamen Start

4Bin ich ein Unternehmer?

4.1Analysiert eure Stärken und Schwächen

4.2Ängste und Wünsche rund um die Selbstständigkeit

5Bin ich gut genug?

5.1Erfasst das Individuelle eurer Arbeit

6Positionierung

6.1Respekt und Vertrauen sind die Hauptschlüssel

6.2Wieso solltet ihr bei der Positionierung darauf achten, euch zu spezialisieren?

7Wer sind eure Kunden?

7.1Zielgruppen finden

7.2Zielgruppen-Analyse über den Weg der Eigenanalyse

7.3Zielgruppen-Analyse über den Weg der Zielgruppen-Eingrenzung

8Gebt euch einen guten Namen

9Wen möchte ich fotografieren?

9.1Gewerbliche oder private Kunden?

9.2Wer bin ich: Privatkunden- oder Gewerbekunden-Fotograf?

9.3Was ist der Unterschied zwischen Gewerbe- und Privatkunden?

10Mit Kunden arbeiten

10.1Lasst eure Kunden Teil eures Erfolges werden

10.2Welche Gründe hat ein Kunde, bei euch zu kaufen?

10.3Kennenlern-Phase: Die W-Fragen

10.4Bedarfs-Phase I: Verständnis-Fragen

10.5Bedarfs-Phase II: Zusammenfassende Frage

10.6Abschluss-Phase: Abschluss-Frage

10.7Einwände und der Umgang damit

10.8Angemessene Preise von Anfang an

11Gründungszuschuss & Co

11.1Gründungszuschuss

11.2Einstiegsgeld

11.3Beratungsförderung

12Welche Versicherungen braucht ihr?

12.1Krankenkasse

12.2Rentenversicherung und Altersvorsorge

12.3Betriebshaftpflichtversicherung

12.4Technische Versicherung

12.5Unfallversicherung

12.6Berufsunfähigkeitsversicherung

12.7Risikolebensversicherung

12.8Arbeitslosenversicherung

13Der Businessplan

13.1Gliederung eines Businessplans: Der Textteil

13.2Planungsrechnung: der Zahlenteil

13.3Kapitalbedarf

13.4Finanzierungsplan

13.5Umsatzplan

13.6Kostenplan/Investitionsplan

13.7Liquiditätsplan

13.8Rentabilitätsrechnung

14Die Standortwahl für meine Selbstständigkeit

15Büroworkflow: Belege und Steuer

15.1Die saubere Ablage

15.2Das leidige Thema »Steuer«

16Die Teilzeit-Selbstständigkeit

17Marketing und der Weg zur eigenen Marke

17.1Der Markt und Marketingstrategien

17.2Was kann ich tun, damit mein Produkt, meine Dienstleistung ein Highlight für die Kunden wird?

18Marke »Ich«/Branding

18.1Wie erarbeitet man ein Corporate Design?

18.2Internet: ja oder nein, wie viel, wo und warum?

19Strategie für einen Jahresplan

20Timeline/Storybook-Projektplan

20.1Ganzjährige Ansätze

20.2Aktionen zum Aufbau der Bekanntheit und des Images

21Preisgestaltung

21.1Preisgestaltung Teil 1: Hard-Facts

21.2Preisgestaltung Teil 2: Soft-Facts

21.3Von Anfang an korrekte Preise: Beispielrechnung

21.4Preise anheben

21.5Preismodelle

22Empfehlungen zu Dienstleistern

22.1Zeiterfassungs-Tool

22.2Factoring: Garantierter Zahlungseingang in 48 Stunden

22.3Buchhaltungstool

22.4Bezahlung via Kredit- und EC-Karte ermöglichen

22.5Urheberschutz zu eurer Sicherheit

22.6Fotografenportal für den Bilder-Online-Verkauf unter eurem Label

22.7Adobe-Produkte

22.8Buchgestaltungs-Tool

22.9Slide-Show-Gestaltungs-Tool

22.10Hersteller von Alben, Fotoabzügen und Accessoires

22.11Moodboard-Tools

22.12Photo-Booth/Fotobox

Glossar: Marketing-Begriffe, kurz erklärt

Wer für dieses Buch fotografiert hat

Kerstin Dudler

Antje Huck

Sarah-Rebecca Kreiner

Anja Krietenbrink

Sabine Ronge

Thomas Ruppel

Waldemar Silbermann

Svetlana Tietjen

Dorothe Willeke-Jungfermann

Index

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Fotografin: Kerstin Dudler (https://www.dudler-fotografie.de)

Kapitel 1

Finde heraus, was du willst, und lerne es einzufordern

1.1Alte Regeln gelten nicht mehr

Heutzutage ist »jeder« ein Fotograf, frei nach dem Motto: »Kauft ihr euch eine Bohrmaschine, habt ihr eine Bohrmaschine, ihr seid aber noch lange kein Handwerker. Kauft ihr euch aber eine Kamera, seid ihr gleich ein Fotograf.«

In vielen Fällen ist das leider genauso. Kamera und Studiotechnik sind erschwinglich geworden. Die Technik und der Umgang damit werden in vielen häufig kostenlosen Videos erklärt. Was aber den Fotografen letztendlich ausmacht, sind aber nicht nur die Technik und das Wissen ihrer Anwendung allein.

Hinzu kommt, dass die Digitalfotografie gerade dem Einsteiger viel Scheu nimmt und ihm viele Möglichkeiten offenbart. Er kann seine Ergebnisse direkt nach der Aufnahme ansehen und sofort Einstellungen vornehmen, wenn das Ergebnis nicht passt. Oder er kann ein Foto direkt neu schießen, wenn z. B. der Ausschnitt falsch gewählt oder die Belichtung zu hell oder zu dunkel war.

All das war in der »goldenen Zeit« der Fotografie nicht möglich. Wer keine Ahnung von der Belichtung eines Filmes hatte, für den war es sehr schwer zu verstehen, was eigentlich in der Kamera passiert. Das Ergebnis konnte man erst später begutachten, und wenn etwas falsch gelaufen war, kam natürlich ein entsprechend schlechtes Foto dabei raus. Technisches Wissen war unabdingbar und das Equipment selber wirklich nicht preiswert.

Unabhängig von den generell anfallenden Kosten, wie z. B. den Filmen, die man benötigte, kamen noch die Kosten für die Abzüge (die damals nicht überall für kleines Geld zu haben waren) hinzu. Das Ganze war also erheblich teurer. Das führte natürlich auch zu den im Vergleich zu unserer heutigen Zeit recht hohen Preisen für diese Dienstleistung. Denn es gab nicht viele Fotografen und der Wunsch nach Fotos war groß und entsprechend gab es eine große Kundschaft. Somit war eben auch eine unglaubliche Gewinnspanne möglich.

Ein großes Know-how, teures Equipment und noch teurere Unterhaltskosten, all das machte das »Handwerk« der Fotografie für viele schwer zugänglich. Um als Fotograf arbeiten zu können und ein Studio zu unterhalten, musste man selber eine Ausbildung zum Fotografen haben und einen Meistertitel besitzen bzw. einen Meister angestellt haben.

Heute ist das alles komplett anders. Viele haben eine »professionelle« Ausrüstung zu Hause, um die eigene Familie zu fotografieren. Wenn man in der Nachbearbeitung etwas fit ist, lässt sich später bei den Abzügen die Qualität des Bildes, selbst bei semiprofessionellen Geräten, kaum noch differenziert erkennen. Abzüge sind unsagbar günstig und überall zu haben. Vielfach entstehen Bilder nur noch, um sie digital wiederzugeben (digitale Bilderrahmen, Computer Home-Entertainment-Geräte). Folglich sind die Preise für gutes Equipment und den Einstieg in die Fotografie recht überschaubar. Laufende Kosten wie damals für Filme, Abzüge oder eine Dunkelkammer (und deren Betrieb), teure Angestellte mit einem Meisterbrief etc. fallen nicht mehr an.

Heute darf jeder als Fotograf tätig werden, da der Meistertitel nicht mehr vorgeschrieben ist. Seit 2004 zählt die Tätigkeit als Fotograf zu den zulassungsfreien Handwerken (siehe Anlage B, Abschnitt 1, Nr. 38 zur Handwerksordnung). Eine absolvierte Ausbildung zum Fotografen oder eine Meisterprüfung sind also nicht mehr erforderlich, sodass auch die Berufsbezeichnung keines Schutzes mehr bedarf.

In diesem Zusammenhang ein Appell an eure Ehrlichkeit: Solange ihr nicht den irreführenden Eindruck erweckt, dass eine Gesellen- oder Meisterprüfung vorliegt, dürft ihr euch in Ausübung eurer Tätigkeit Fotograf nennen und damit auch werben. Sonst kann man auch heute noch einen auf die Finger bekommen − zu Recht finden wir − man sollte sich nicht mit fremden Federn schmücken.

Erzählt euren Werdegang

Wir empfehlen euch, bei eurer Web-Präsenz im »About« euren Werdegang zu präsentieren. A) um euch »nahbar« zu machen und B) um klar zu definieren, ob ihr Quereinsteiger oder eben gelernte Fotografen seid. Ob ihr das Ganze in ein »About« packt oder in ein »Über mich« oder »Me« oder es gleich auf der Home/Start-Seite platziert, ist eurer Kreativität überlassen. Das gilt auch für Printmedien, in denen ihr euch präsentiert. Egal, welchen Einstieg ihr in die Fotografie hattet, stellt ihn positiv heraus!

Durch den sehr leichten und kostengünstigen Einstieg in die Fotografie steigt das Angebot an Fotografen am Markt. Zudem stehen jedem, der im Bereich der Fotografie einen Fuß in die Tür bekommen möchte, auch noch die zahlreichen Hobby- und Amateurfotografen als Konkurrenz gegenüber. Und diese Gruppe ist zu allem Überfluss nicht auf einen Verdienst angewiesen. Fotos oder Fotoaufträge zum Selbstkostenpreis sind hier oft an der Tagesordnung. Zu solchen Preisen kann ein selbstständiger Fotograf nicht arbeiten. Es schürt auch die Mentalität des vermeintlichen »Das kann ich doch selber machen« und untergräbt die Wertigkeit eines Fotografen.

Ist der Markt damit gestorben? Lohnt es sich noch zu überlegen, ob man sich in einem solchen Umfeld selbstständig macht? Hat das Ganze eine Zukunft und kann man hier sein Geld zum Leben erwirtschaften? Wir sind der Meinung, es funktioniert, und behaupten, dass wir viele Fotografen kennen, bei denen es sehr gut klappt. Also keine Angst: »Totgesagte leben länger«. Seid kreativ und findet euren Markt in der Fotografie!

1.2Orientiere dich an den Besten deiner Branche

Das klingt doch einfach und logisch, oder? Der Grundgedanke, der dahinter steht, ist, sich mit Mitbewerbern zu vergleichen, Unterschiede zu erkennen und Verbesserungsmöglichkeiten zu schaffen, um sich dadurch stetig »nach oben« zu entwickeln. Diese Prämisse gilt für alle Unternehmer, die ein Produkt oder eine Dienstleistung verkaufen wollen. Dabei erfasste Unterschiede müssen keine Nachteile sein, sondern können eine Chance aufzeigen, sich selbst mit den eigenen Vorlieben und Merkmalen in ein positives Licht zu rücken oder ein Nischengeschäft aufzutun.

Wir wollen euch mit diesem Buch bei eurer »Selbst-Analyse« helfen. Es vermittelt euch die Grundlagen des Gewerbes, hilft euch, eure Kernkompetenz ausfindig zu machen und die richtigen Ansprechpartner und Experten zu finden. Zudem wird es euch helfen, einzuschätzen, welchen Marktwert eure Arbeiten haben, welcher Typ ihr seid und wo eure Hauptenergie einfließen sollte (siehe Analysen im Buch ab Seite 27).

Das Wichtigste: Bleibt wachsam, folgt dem Wandel der Zeit und habt immer ein offenes Auge. Die »großen« eurer Branche zeigen euch Teile eures Weges, aber eben auch immer, wie schnell sich das Rad dreht. Ausruhen war gestern. Und keine Sorge, ob Produkt- oder People-Fotografie, ob Editorial oder Hochzeitsfotografie – in allen Bereichen wird es trotzdem immer einen Markt für professionelle Fotografen geben. Also, lasst euch von den ganzen Amateuren nicht abschrecken. Bedenkt, ihr kommt eventuell selber aus dieser Ecke oder über den Weg des Hobbys und werdet bald Profi sein.

1.3Wer bin ich und was will ich?

Wer die Fotografie nicht nur als liebgewonnenes Hobby, sondern als Geschäftsmodell umsetzen will, muss bedenken: Je länger die Anlaufzeit ist und je länger es dauert, bis Honorare hereinkommen, desto höher werden die Kosten für die Existenzgründung sein.

Um etwas gut verkaufen zu können, braucht man Überzeugungskraft. Die Werke an sich sollten den Käufer natürlich am meisten überzeugen. Aber egal, was man verkaufen möchte, man muss auch dahinter stehen. Das heißt: Es sollte authentisch sein und ihr müsst dafür brennen, was ihr tut. Wenn ihr ein »verrückter« Taucher seid und dabei auf die Idee kommt, unter Wasser Hochzeiten zu fotografieren, ist das super und eure Passion wird sich in euren Bildern widerspiegeln. Aus dieser Begeisterung heraus werdet ihr auch die Kunden dafür anlocken können. Aber wenn ihr es nicht seid und einfach nur gerne taucht und nur eine ausgefallene Idee sucht, lasst es sein. So wie ihr es euch selbst nicht abnehmen werdet, tut es auch kein anderer. Es gibt genügend andere Bereiche der Fotografie, die Spaß machen und womit sich gutes Geld verdienen lässt.

Lieber sollte man sich »ungewöhnliches Denken« bei dem, was man tut, antrainieren. Man sollte sich also das Traditionelle genau anschauen und mal aus einem anderen Blickwinkel betrachten, es mit dem heutigen Zeitgeist und Kundenwünschen abgleichen und »um die Ecke denken« und etwas in Frage stellen.

Die Kunst ist, zu sehen, wo neue Wünsche entstehen, sei es, weil Altes nicht mehr gefällt und als verstaubt angesehen wird, oder weil neue Gegebenheiten den Konsum verändern. Auch, wenn die Technik für jedermann immer einfacher zu handhaben wird, können wir Fotografen durch besondere Kompositionen und Umsetzungen von Bildern und Licht dagegen steuern. Wir müssen also das Rad nicht neu erfinden, wir können einfach gekonnt Dinge vermengen und eine neue Symbiose schaffen. Sucht nach Möglichkeiten für solche neuen Symbiosen. Alles was »gebraucht« oder »gewünscht« wird, aber nicht mehr in der Art, wie es bisher war, ist es wert, genauer betrachtet zu werden.

Ein uns bekannter Dienstleister für »hochwertige Alben in Einzelanfertigung« ist durch Zufall zu seinem heutigen Geschäft gekommen. Er suchte für seine eigenen Hochzeitsbilder Alben, wie er sie in Amerika bei Freunden gesehen hatte. Sie waren hier aber einfach nicht zu finden. Um für sich selber eines zu bekommen, hat er weltweit gesucht und ist letztendlich fündig geworden. Er hat daraufhin einige gute Hersteller für sich verpflichtet und ein Geschäft daraus gemacht. Heute zählt Keepsakes (http://www.keepsakes.de/) zu einem der guten Albenanbieter in Deutschland. Wundervolle Menschen stehen hinter dieser Firma. Aus einem Herzenswunsch ist etwas geboren und für einen Bedarf wurde eine Lösung gefunden und diese anschließend professionalisiert.

Stellt etwas Normales oder Profanes originell da, setzt euer Produkt oder euer Motiv einmal anders in Szene als üblich. Damit hebt ihr euch von der Masse ab und zeigt, dass ihr den Lauf der Zeit nicht verschlafen habt.

Als wir damals mit der Hochzeitsfotografie begannen, lehnten wir die traditionelle Art des Standards komplett ab. Wir wollten nicht noch das 1000ste Paar vor Rhododendren gestellt fotografieren. Unser Motto »see what you feel − so wie du bist« folgt der Überzeugung, dass ein Hochzeitstag so fantastisch ist, dass es tausend Momente gibt, die es wert sind, festgehalten zu werden − nur nicht gestellt vor irgendeinem Busch oder Baum.

Unsere Brautpaare haben genau das gesucht. Das zeigte uns, dass ein Markt dafür vorhanden war. Für unsere Art der Bilder war man bereit Geld auszugeben. Im Prinzip begleiteten wir Hochzeiten, wie es vorher aus der Reportage-Fotografie bekannt war: Der Tag in seiner Gesamtheit eingefangen, das Brautpaar eingebettet in persönlichen Momenten mit sich und seinen Lieben und in der Hauptrolle seiner Fotografie-Geschichte und nicht nur in einer Stunde gestellter Posen. Wir haben also nichts Neues erfunden. Die Hochzeitsfotografie ist fast so alt wie die Fotografie selbst. Wir haben nur einen Mangel erkannt, einen Zeitgeist erspürt und diesen als neue Idee angeboten. Und siehe da, heute ist diese begleitende Fotografie eine der bekanntesten und am häufigsten gebuchte Form der Hochzeitsfotografie.

Es wird euch allerdings nicht gelingen, wenn ihr ein Hochzeitsmuffel seid. Auch hier gilt wie bei allem anderen: seid authentisch. Spielt nichts, was ihr nicht seid.

1.4Was möchte ich können?

Ganz entscheidend ist, dass ihr bei euren Ideen viel von eurem bereits vorhandenen Know-how einbringt und dass eure Ideen zu euren persönlichen Stärken passen und sie euch auch langfristig Spaß machen. Ansonsten werdet ihr schnell die Lust daran verlieren. Letztendlich müsst ihr für die Idee auch Abnehmer finden. Ihr müsst euch also in einem bestehenden Markt etablieren oder eine Nachfrage nach etwas Neuem schaffen, damit ihr davon leben könnt.

Hier ein schönes »Best-Practice«-Beispiel: Ein Fotograf hat früher sehr erfolgreich für Agenturen und deren Kunden Imagebilder erstellt. Doch nach und nach waren die Aufträge rückläufig, da sich die Agenturen und Kunden aus Stockmaterial bedienten und die »teuren« Fotografen damit Geschichte wurden. Online-Fotoagenturen schossen aus dem Boden, ebenso wie »Stockfotografen«, und damit wuchs auch das Archiv an Fotomaterial. Unser Fotograf überlegte daraufhin, wo und wie er sich zukünftig mit seinem Wissen und Können einbringen könnte. Er hörte auf zu jammern, dass früher alles besser war, als für Nutzungsrechte noch »ordentlich« bezahlt wurde, und wurde zu einem der erfolgreichsten Fotografen mit der Fertigung und Bereitstellung von Stockbildern. Er realisierte, dass der Bedarf an guten, professionellen Bildern nicht geringer wurde, sondern dass der Kunde seine Bilder nur über einen anderen Kanal sucht und findet. So kreierte er aus seiner herkömmlichen Fachkompetenz ein neues und erfolgreiches Geschäftsmodell, das dem modernen Zeitgeist angepasst war.

Viele Fotografen, die wir begleiten oder kennen, haben etwas entdeckt, was ihnen besonders viel Spaß macht und von den Mitbewerbern gar nicht oder nicht ausreichend abgedeckt wurde. Zum Beispiel die Schwangeren- und Babyfotografie, die früher den Studios vorbehalten war, bis hin zur Schwangerschaftsfotografie im neuen Gewand, wie z. B. on location. Oder die neu etablierte Newborn-Fotografie, die in letzter Zeit, ebenso wie die Hochzeitsfotografie vor 15 Jahren, einen großen Wandel erfahren hat. Newborn-Fotografie findet in den ersten 14 Tagen statt und bietet Spielraum für Bildideen, die sich von herkömmlichen Babyfotos abheben. Hier liegt auch der Übergang zur Kinder- und Familienfotografie nahe und bietet eine schöne Spielwiese, um die eigenen Ideen auszuprobieren.

Auch die Kindergarten- und Schulfotografie befinden sich im Wandel. Durch die Vielfalt der im Internet für alle sichtbaren Bildideen entstehen neue Wünsche der Eltern. Das birgt Chancen für neue Ideen und der Wandel wird zur Chance für Veränderungen.

Die Wünsche der Kunden ändern sich heutzutage unbeschreiblich schnell und neue Trends schießen aus dem Boden und verschwinden auch manchmal wieder genauso schnell. Seid Teil dieses Wandels und reagiert darauf, wie der Fotograf aus unserem Best-Practice-Beispiel.

Auch wenn wir zwei eigene Kinder haben, ist Kindergartenfotografie nicht meine Welt. Ich möchte, dass die Personen vor meiner Kamera auch von mir fotografiert werden wollen. Ich mag die Interaktion. Kindergartenkinder sind mir oft zu scheu und zu ängstlich. Auch kommt meine Einstellung, dass wer nicht fotografiert werden mag, auch nicht fotografiert werden muss, bei den Eltern nicht so gut an:). Anders ist es bei meiner Frau Nicole. Sie liebt es, Kinder spielerisch aus der Reserve zu locken und bei ihnen den Wunsch, Fotos machen zu wollen, zu wecken. Bei ihr sind auch die Ergebnisse wunderbar. Bei mir dagegen eher durchschnittlich. Wir kommen also immer wieder zu dem Punkt: Macht nichts, was euch nicht liegt, was euch keine Freude bereitet, das wird sonst frustrierend für euch und auch für andere.

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Fotografin: Kerstin Dudler (https://www.dudler-fotografie.de)

1.5Was kann ich?

Eines der führenden Markt- und Meinungsforschungsinstitute, die Gallup-Organization, hat in 80.000 Interviews 34 Talent-Leitmotive ermittelt. Das Institut kommt zu dem Schluss, dass jeder über ein bestimmtes Maß an Stärken verfügt und dass er am erfolgreichsten ist, wenn er die Möglichkeit hat, das zu tun, was er am besten kann.

Das heißt speziell für euch: Erkennt eure Stärken! Wir sind durch unsere Erziehung, unser Elternhaus, später durch die Schule, sehr auf unsere Fehler konditioniert. Das heißt wir kennen unsere Fehler und Schwächen besser als unsere Stärken. Uns wird immer gesagt, wo wir etwas besser machen können und was wir falsch machen oder nicht können. Aber kaum einer von uns weiß auf Anhieb, was er besonders gut kann.

Dazu kommt, dass wir in allem meist mittelmäßig gut sind, statt inspiriert und wirklich glücklich. Oft verlieren wir uns im Alltag, schwimmen mit dem Strom und verlieren dabei leider den Blick für unsere eigenen Begabungen und Neigungen. Deswegen kann es hilfreich sein, seine Schwächen und Stärken und Wünsche einmal tabellarisch aufzuschreiben. Hat man diese schwarz auf weiß vor Augen, geht man gedanklich noch einmal ganz anders an die Thematik heran.

Viele unserer Workshop-Teilnehmer kommen ursprünglich aus ganz anderen Bereichen, die nichts mit Fotografie zu tun haben. Ich erinnere mich an eine Krankenschwester, die sich ihrer eigenen Stärken gar nicht bewusst war. Aber gerade jemand, der viel mit Menschen zusammenarbeitet, hat in der Fotografie den Vorteil Personen gut einschätzen zu können, mit ihnen leicht interagieren zu können und sie gut lenken zu können. Andere Menschen, ohne diese Erfahrung, müssen das erst erlernen. Mittlerweile ist diese Krankenschwester eine sehr gute und erfolgreiche Fotografin, die ich sehr schätze. Ihre Art mit Menschen umzugehen und ihr Einfühlungsvermögen sind grandios und das spiegelt sich im Ergebnis ihrer wunderbaren Bilder wieder.

Letztlich lebt ihr euren Traum dann, wenn ihr eure Arbeit so gerne macht, dass ihr sie gar nicht wirklich als Arbeit und Aufwand empfindet. Es geht also darum, dass ihr euch auf die Sachen konzentriert, die ihr gerne und gut erledigt. Und die Arbeiten, die ihr nicht gut und gerne macht, möglichst weiter delegiert oder an die übertragt, die damit kein Problem haben bzw. es als ihre Kernkompetenz betrachten. Also versucht nicht mit aller Kraft, in allen Bereichen eure vorhandenen oder vermeintlichen Schwächen zu eliminieren oder zu überwinden, sondern erkennt, wo der Aufwand sich lohnt und Früchte tragen wird und wo er verschwendete Energie und Lebenszeit ist und nur zur Mittelmäßigkeit führt.

Ein Paradebeispiel für meine Person ist die Buchführung sowie alles rund um die Steuer. Was für mich ein Buch mit sieben Siegeln ist, erscheint meinem Steuerberater eher als Spaß oder sagen wir als Herausforderung, die er gerne meistert. Das Thema rund um die Steuer und das Finanzamt ist etwas Essentielles, hier kann ich viel Geld und Zeit verlieren, wenn ich mich gar nicht bis nur sehr wenig auskenne. Daher würde ich, neben einem guten Halbwissen, das man sich aneignen sollte, immer zu einem Steuerberater raten. Andere notwendige Arbeiten, wie z. B. die Buchführung, sind eher eine Fleißarbeit. Hier hat es sich bewährt, dafür möglichst täglich feste Zeiten einzuplanen. Dies macht die Arbeit nicht leichter und nicht schöner, aber etwas erträglicher.

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Fotografin: Antje Huck (http://www.bildgefaehrten.de)

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Fotografin: Anja Krietenbrink (http://www.aks-foto-design.de)

Kapitel 2

Vertrau dir, dann vertrauen dir auch andere

»Nichts ist so beständig wie der Wandel«
(Heraklit von Ephesus, etwa 540–480 v. Chr.)

Als Selbstständige braucht ihr Selbstvertrauen. Nur wer hundertprozentig von sich und seinen Leistungen überzeugt ist, schafft es auch, andere zu begeistern. Selbstvertrauen schafft Vertrauen im Gegenüber und das ist letztlich die Voraussetzung für einen Auftrag.