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Westend Verlag

Ebook Edition

Walter Ötsch/Nina Horaczek

Populismus für Anfänger

Anleitung zur Volksverführung

Westend Verlag

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Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-86489-708-5

© Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2017

Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin

Satz und Datenkonvertierung: Publikations Atelier, Dreieich

Inhalt

Titel
Vorwort
Die Akteure
1 Erfinden Sie sich Ihre eigene Welt
Das Wichtigste zuerst: Wie simpel Rechtspopulisten denken
WIR und die ANDEREN
1. Die Radikalität:
2. Die Aggressivität
3. Die Ausschließlichkeit
4. Die Kriegsrhetorik
5. Die Negativität
6. Das Geschäft mit der Angst
7. Das autoritäre Element
8. Die Demokratiefeindlichkeit
WIR sind »das Volk«
»Die Elite«: Die Macht-Truppe der ANDEREN
WIR und die ANDEREN machen die Politik einfach
Die einfache Kernbotschaft
Die ANDEREN
DIE DA OBEN
DIE DA DRAUSSEN
DIE DA UNTEN
Demagogen als Sprachschöpfer
WIR GUTEN und DIE BÖSEN
Schlüsselbegriffe
Die ANDEREN besitzen keine Moral
Gutmenschen
Vorbild Trump
Morallose ANDERE
Demagogie braucht Klarheit
Starres Schema, flexible Anwendung
SUPER-WIR
SUPER-WIR ist SUPER-GUT
Super-Hero
SUPER-WIR steht außerhalb
SUPER-WIR ist unfehlbar
Super-Held, Super-Opfer
Sündenböcke braucht das Land
Grundschema
»Ausländer«: Die idealen Sündenböcke
Der Verkauf des Weltbildes
Rezept zur Konstruktion eines Privilegienfalls
Umgang mit Zahlen
Demagogiethemen
Was im Weltbild keinen Platz hat
2 Werden Sie zum Gefühlsmanager
Demagogisches Weltbild und Gefühle
Verzaubern mit Gefühlen
Die Kraft der Gefühle
Sachsprache und Gefühlssprache
Gefühlswirkungen
Der Körper des SUPER-WIR
Gefühlssprache und Weltbild
Hasssprache
Schimpfwörter
Persönliche Angriffe
Die ANDEREN haben grässliche Körper
Die ANDEREN sind Tiere
Verfestigen Sie den Hass44
Hass schüren
Gewalt ansprechen
Variante
Den ANDEREN Angst machen
Keine falschen Gefühle
Die ANDEREN begehen jedes Verbrechen
Beobachtungstraining
Sachsprache
Verteidigung des SUPER-WIR
Liebessprache
Historisches Beispiel aus Österreich
Lueger und Hitler
Anleitung zum richtigen Sprachgebrauch
Umdeuten
Sich hinter den Wählern verstecken
Den Betrachtungsrahmen ändern
Der Missbrauchsrahmen
Das Prinzip der Wiederholung
Ein historisches Beispiel
Drei erprobte Techniken manipulativer Wiederholung:107
Demagogische Trance
Suggestive Sprache
Verknüpfungen
Geschichten erzählen
Mythen
Symbole
Innere Bilder
Automatische innere Bilder
Innere Bilder und Verhalten
Sprache und innere Bilder
Die Wirkung von Hasssprache
»Gegensatzbilder«
Gegensatzbilder »sehen«
Sprache, innere Bilder und Taten
Stufe 1 – Die Verleumdung
Stufe 2 – Die Vermeidung
Stufe 3 – Die Diskriminierung
Stufe 4 – Körperliche Gewaltanwendung
Stufe 5 – Die Vernichtung
Historisches Beispiel
Kriegspropaganda
Wahrnehmungswandel
Wahrnehmungsverzerrung
3 Schaffen Sie sich eine sekten­ähnliche Organisation
Organisationsformen
Demagogie als Familienunternehmen
Trump und seine Familie
Das Familienunternehmen Le Pen
Familie FPÖ
Die Idealform der Sekte
Der innerste Machtkern einer sektenähnlichen Organisation
Phasen des Schüler-Seins
Unterwerfung
Den innersten Zirkel erkunden
Fragen zur Einschätzung einer Sekte oder einer sektenähnlichen Organisation
Parteihierarchie
Führer-Monopol
Doppeldenk
»Flugsand«
Loyalität fordern, illoyal sein
Demütigungsrituale
Merkmale einer autoritären Organisation
Parallelen zum Nationalsozialismus
Das Machtsystem der Nazi
Führer-Image und Führer-Persönlichkeit
Der Führer
Rollenspiele
1. Robin Hood, der Rächer des »kleinen Mannes«
2. Che Guevara, eine Variante von Robin Hood, eine Spur schärfer
3. Der Staatsmann
4. Der einfache Arbeiter
5. Der Kulturchrist
6. Der perfekte Schwiegersohn
7. Der attraktive Sportler
Das Prinzip Verantwortungslosigkeit
Ausgrenzung als Prinzip
»Das Volk« grenzt die Mehrheit der Bevölkerung aus
Journalisten als FEINDE
Demagogen als »Opfer von Ausgrenzung«
Der Guru hasst seine Gefolgschaft
Historische Parallele
Zynismus für die ANDEREN, Zynismus für die WIR
Die Persönlichkeit des Gurus
Paranoia
Narzissmus
Die Fallen des Gurus
4 Führen Sie
Angleichen, oder auch nicht
Die Demagogenshow
Trump, 1.6.2017
Sound Bites
Das Sprüchespiel
Tabus brechen
Nazisprüche
Vorwurf jetzt, Beweis später
Skandalmanagement
Wahlkampfplanung
Die Medien als Wahlhelfer
Medien-Freunde
Das Medienimperium der FPÖ
Das FPÖ-Fernsehen
Die FPÖ-Nachrichtenportale
Die AfD zieht nach
Demagogie und Social Media
Das Prinzip des Vertrauens
Vertrauen voraussetzen, um es brechen zu können
Provozieren
»Lügen, bis die Balken sich biegen«
Wozu »Fakten«?
Die schönsten Lügen von Brexit-Befürwortern
Das Ende des politischen Gesprächs
Dementis
Zusammenschau
Über Muster reden
Musterversprechen
5 Übernehmen Sie die Macht
Die große Verschwörung
Verschwörungsmythen der FPÖ
Demagogen glauben an Verschwörungen
Misserfolge wegen Verschwörungen
Wie Verschwörungstheorien entstehen
Die Weltverschwörung
Wozu Verschwörungsmythen gut sind20
Demagogen glauben, was sie sagen
Die demagogische Revolution
Das Projekt der Machtergreifung
Das Bild der Gesellschaft als Ziel einer neuen Gesellschaft
Angriff auf jede moralische Autorität
»Volk« und Richter
SUPER-WIR und die Justiz
Die Partei »des Volkes« und das Gesetz
Das Wahlsystem in Frage stellen
Demokratieregeln
Das Beispiel Ungarn
Die schräge Welt
Bildbeweise? Eine Fälschung!
Eskalationsdynamiken
Die Eskalationsgeschichte der AfD
Die Macht zur Eskalation
Historische Parallele
Der eine FEIND
Eskalation mit Hilfe der FEINDE
Ein Weg zum Faschismus?
Und Trump?
Befragen wir »das Volk«
Der Mega-Hype
Der Mega-Hype des vorigen Jahrhunderts
6 Widerstehen Sie den Demagogen
Was man nicht tun soll
Demagogen zu unterschätzen
Demagogen zu dämonisieren
Die Wähler zu verteufeln,
Eliten unkritisch zu verteidigen
Michael Hartmann zum Anwachsen von Demagogie6
Was man tun kann
Die Grundidee im Umgang mit den Mustern der Demagogie
Inhalt und Prozess von Kommunikation
Prozessdenken
Soll man die Muster direkt ansprechen?
Das demagogische Bild direkt hinterfragen
Ärger macht alles nur noch ärger
Zustandstraining
Vorstellungen über demagogisch agierende Menschen
Sich als guter Mensch positionieren
Prüfungsstunde
Über Ängste reden
Umgang mit Killerphrasen12
Schnelles Umdeuten
Was man noch tun kann
Eigene Inhalte in den Vordergrund stellen
Zu den eigenen Werten stehen
Sachlichkeit mit Emotion verbinden
Positivbilder gegen Negativbilder
Den Humor nicht vergessen
Geschichtsmythen
Bilder über die Zeit
Die Gegenwartswirkung von Zukunftsbildern
Die Zukunftsbilder der Gesellschaft
Danksagungen
Filmprojekt zum Buch
Liste der Muster der Demagogie
Anmerkungen
Literatur

Literatur

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Zöchling, Christa: Haider. Licht und Schatten einer Karriere. 2. Auflage, Wien 1999.

1 Erfinden Sie sich Ihre eigene Welt

Das Wichtigste zuerst: Wie simpel Rechtspopulisten denken

Rechtspopulismus ist alles andere als ein Geheimnis. Im Gegenteil: Rechtspopulismus ist leicht zu verstehen. Ganz einfach: Die Politik von Rechtspopulisten beruht auf einem einzigen Grundgedanken, einem selbst gestrickten Bild der Gesellschaft. Dieses Bild ist die Basis des Rechtspopulismus.

So sieht das Bild aus: Hier sind WIR und dort sind die ANDEREN. Diese beiden Gruppen braucht der Rechtspopulismus. Sonst nichts.

Muster 1: Erfinden Sie eine Gesellschaft, die aus nur zwei Gruppen besteht: den WIR und den ANDEREN.

Rechtspopulisten haben stets dieselbe Erzählung: jene von einer zutiefst gespaltenen Welt, in der zwei Gruppen gegeneinander kämpfen. Wer so eine Welt predigt, den bezeichnen wir als Demagogen.

Der Begriff Demagogie kommt aus dem Altgriechischen und leitet sich ab aus den Wörtern démos = das Volk und agógein = führen. Demagogie ist die Führung des Volkes in einem zweifachen Sinn: Erstens als Ver-Führung, eine unzufriedene Bevölkerung wird mit Verheißungen einer besseren Politik verführt. Dies geschieht zweitens, indem Demagogen von »dem Volk« reden: Sie schaffen damit das Kunstprodukt einer gleichartigen Bevölkerung, die durch einen gemeinsamen »Volkswillen« verbunden ist.1 Demagogie ist politische Verführung mit dem erfundenen Begriff »des Volkes«. Dieses »Volk« sind die WIR, sie stehen den ANDEREN gegenüber, zum Beispiel »der Elite«. Immer, wenn so ein Bild entworfen wird, sprechen wir von Demagogie.

Demagogen aller Schattierungen unterteilen die Menschen in zwei Gruppen: Die »In-Gruppe«, das sind die WIR. Die »Out-Gruppe«, das sind die ANDEREN. Angebote für eine derart simple Botschaft gibt es viele: Deutsche gegen Flüchtlinge, US-Amerikaner gegen Mexikaner, Franzosen gegen Afrikaner, Kroaten gegen Serben, Russen gegen Tschetschenen, und überhaupt: Weiße gegen Schwarze, Arier gegen Juden, Inländer gegen Ausländer – es gibt unzählige Beispiele für ein Denken, das weltweit Anerkennung genießt und in den letzten Jahren, auch als Reaktion auf ein Versagen traditioneller Politiken, massiv an Bedeutung gewonnen hat.

Das Bild einer zweigeteilten Gesellschaft ist das Wichtigste im Rechtspopulismus. Am besten ist das zu verstehen, wenn Sie sich in ein solches Bild hineinversetzen. Stellen Sie sich möglichst lebhaft vor, Sie stehen gerade auf einer großen leeren Ebene. Hier gibt es nichts außer zwei Gruppen von Menschen. Die eine Gruppe steht nahe bei Ihnen. Diese Gruppe ist hell erleuchtet und gibt Ihnen ein warmes Gefühl. Sie ist wie von einer unsichtbaren Mauer umgeben. Danach kommt ein leeres Feld und hinter diesem steht eine zweite Gruppe. Sie sehen diese Gruppe nur dunkel. Sie spüren ein Gefühl der Verunsicherung und Angst, das sich allmählich in Hass steigert, oder noch besser, Sie empfinden sogar Ekel für die ANDEREN.

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Das ist es, mehr ist es nicht. So sieht das innere Bild von Demagogen aus. Unsere wichtigste Botschaft: dieses Bild nachvollziehen zu können, zu verstehen, wie einfach und wie gefährlich es ist – und anderen davon zu erzählen. Denn Rechtspopulismus funktioniert nicht ohne ein demagogisches Gesellschaftsbild. Alle Muster, die in diesem Buch erklärt werden, lassen sich auf das demagogische Bild zurückführen.

Der Vorteil: Ein so einfaches Bild lässt sich leicht erfassen. Mit etwas Theorie, die Sie in diesem Buch finden, und ein bisschen Übung können Sie jeden Demagogen, jede Demagogin entzaubern. Wer dieses Bild verstanden hat, wer erkennt, welche Eskalationsspiralen darin eingebaut sind und wie gefährlich diese wirken können, ist in Zukunft gefeit, sich von Rechtspopulisten verführen zu lassen.

WIR und die ANDEREN

Sich zwei Gruppen vorzustellen und sich einer der beiden Gruppen gedanklich zuzuordnen, ist per se noch nichts Schlechtes. In vielen Fällen ist das durchaus berechtigt. »Wir« und »Andere« sind Alltagsbegriffe, jeder und jede verwendet sie. Um zu wissen, wer wir sind und zu wem wir gehören, benötigen wir Einteilungen: Männer und Frauen, Jung und Alt, eigene Firma oder Konkurrenz.

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Das Demagogische ist nicht die Einteilung in zwei Gruppen. Es ist die Intensität und die Ausschließlichkeit. Im vorgestellten Bild zeigt sich dies daran, wie groß die Distanz zwischen den beiden Gruppen ist und wie stark die Unterschiede gemacht werden.

Daran lassen sich Demagogen erkennen:2

1. Die Radikalität:

Sie trennen die WIR und die ANDEREN radikal. Es gibt (fast) keine verbindenden Merkmale. Die ANDEREN müssen völlig anders sein und dürfen gar keine Züge der WIR aufweisen.

2. Die Aggressivität

Sie belegen die ANDEREN mit einer aggressiven und ausgrenzenden Sprache.

3. Die Ausschließlichkeit

Sie zeichnen die WIR nur als GUT und WAHR, die ANDEREN ausschließlich als BÖSE und FALSCH.

4. Die Kriegsrhetorik

Sie dramatisieren eine tiefe Feindschaft zwischen den WIR und den ANDEREN. Zwischen den WIR und den ANDEREN tobt ein Kampf auf Leben oder Tod.

5. Die Negativität

In ihrer politischen Werbung setzen Demagogen überwiegen auf Negativthemen. Rechtspopulistische Politik ist vor allem ein Kampf gegen die ANDEREN.

6. Das Geschäft mit der Angst

Demagogen sprechen gezielt Ängste an, verstärken sie und lenken sie auf die ANDEREN um. Denn die ANDEREN sind schuld, wenn WIR Angst haben. Demagogische Politik ist Angst-Politik und Demagogen sind Angst-Experten.

7. Das autoritäre Element

Demagogische Bewegungen sind notwendig autoritär. Sie stehen unter der direkten Leitung einer Gruppe, eines Führers oder einer Führerin. Wir nennen diese Führungsspitze das SUPER-WIR.

8. Die Demokratiefeindlichkeit

Demagogische Politiker wollen nicht nur an die Macht kommen oder eine Regierung bilden. Sie drängen nach radikaler Umgestaltung des politischen Systems. Demagogen wollen die Demokratie und ihre Institutionen autoritär umbauen.

WIR sind »das Volk«

Die wichtigste Bezeichnung für die WIR ist »das Volk«. Demagogie ist Politik für »das Volk«. Alles, was Demagogen tun, tun sie – so behaupten sie zumindest – für »das Volk«. US-Präsident Donald Trump hat in seiner Antrittsrede versprochen: »Wir nehmen die Macht von Washington D.C. und geben sie an euch, das Volk, zurück.« Schon Jörg Haider (geboren 1950, 2008 bei einem Autounfall verstorben), langjähriger Chef der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und einer der ersten äußerst erfolgreichen Demagogen der Nachkriegszeit, sagte zu seinen Anhängern: »Viele Bürger fürchten mit Recht, dass die Regierung das Volk austauschen will, weil es sich bei Wahlen nicht mehr gehorsam zeigt.«3 Auch der heutige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagt: »Bevor die Politiker das Volk austauschen, wird das Volk die dafür verantwortlichen Politiker austauschen.«4 Gerne ruft er auch seinen Anhängern auf Wahlveranstaltungen zu: »Ihr seid das Volk.«5

»Wir sind das Volk«, lautet auch der Kampfspruch der Alternative für Deutschland (AfD) und der Pegida-Bewegung (»Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes«). Eine derart konstruierte homogene Gemeinschaft schließt alle ANDEREN, etwa Neuankommende im Land, aus.

»Mein Volk will es.« Mit diesen Worten propagierte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdo˘gan die geplante Wiedereinführung der Todesstrafe nach dem verhinderten Militärputsch im Sommer 2016. Mit denselben Worten rechtfertigte der ungarische Premierminister Viktor Orbán die neue ungarische Verfassung.6 Der niederländische Demagoge und Parteichef der »Partei für die Freiheit« (PVV), Geert Wilders, wirbt schon lange mit dem Slogan »eigen Volk eerst«. Die französische Front-National-Chefin Marine Le Pen stellte ihren gesamten Wahlkampf 2017 unter das Motto »Au Nome du Peuple«, auf Deutsch: »Im Namen des Volkes«.

Wer ist aber »das Volk«? »Das Volk« – und das ist der zentrale Punkt – gibt es gar nicht. Es ist schlichtweg eine Erfindung. »Das Volk« ist eine rhetorische Floskel, die Demagogen nützen, um sich selbst von anderen Politikern abzugrenzen. Denn nur sie alleine, so die Behauptung, verkörpern den einen Willen des einen Volkes. So sagte etwa Matteo Salvini, Chef der italienischen Lega Nord: »Obwohl die Medienpropaganda, wie in den USA und in Großbritannien, versucht, die Stimme des Volkes als Ausdruck einer Mehrheit von Verlierern darzustellen, von minderwertigen und ungebildeten Leuten, die zu einfach sind, um die unschätzbaren Vorteile der Politik zu verstehen, die uns von den Finanzeliten auferlegt werden, entsteht ein neues Bewusstsein aus der Asche des Desasters auf7

Auch die FPÖ behauptet, als einzige die Stimme des »Volkes« zu vertreten: »Da wir aber wissen, was wir wollen, und wissen, was die Österreicher wollen, und da unser Weg immer breitere Zustimmung erfährt, werden wir weiterhin als Stimme jener auftreten, denen das regierende politische System die Stimme nimmt.«8

»Das Volk« und die WIR im demagogischen Weltbild sind aber eine reine Erfindung, ein Märchen, eine Fiktion. Die WIR sind idealisierte Menschen, die nirgendwo anzutreffen sind. Sie sind nur »brav«, »arbeitsam«, »bürgerlich«, »modern«, »tüchtig« und so fort. Innerhalb dieser WIR-Gruppe gibt es keine Konflikte, keine Spannungen, keine Probleme. Es ist die erfundene heile Welt einer frei erfundenen Gruppe.

Geert Wilders nennt seine WIR gerne auch »Henk und Ingrid« als idealisierte Vertreter eines vermeintlich einfachen Volkes.9 Der FPÖ-Chefstratege Herbert Kickl spricht wiederum von den »Normalos«, deren Interessen seine Partei als einzige vertrete: »das sind die Leut’, für die es noch einen Unterschied zwischen Mann und Frau gibt, die finden, der Staatsbürger soll noch etwas zählen, für die der Begriff ›Pflicht‹ nichts Verwerfliches ist«.10

Demagogen müssen deshalb sagen: Die ANDEREN können gar nicht für »das Volk« sprechen. Im Prinzip sind die ANDEREN Parteien »Volksverräter«. Die AfD spricht laut ihrem führenden Mitglied Björn Höcke als »die Stimme des Volkes … gegen eine, und das muss ich ganz deutlich sagen, verrückt gewordene Allparteienpolitik«.11 Alle anderen Parteien werden in einen Topf geworfen. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) zum Beispiel ist für Höcke ein »Volksverderber, anders kann ich ihn nicht nennen«.12 FPÖ-Chef Strache bezeichnete wiederum den früheren österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann als »Staatsfeind«.13 Schon Jahre zuvor hieß es in einem Wahlkampf-Comic der FPÖ zur EU-Wahl 2009: »Dann arbeiten die angeblichen Volksvertreter, sprich: ›Politiker‹, ständig als Volksverräter gegen ihren Arbeitgeber14 Für den türkischen Präsidenten Erdo˘gan gehört, so scheint es, mittlerweile beinahe die Hälfte der Bevölkerung zu den »Volksverrätern« – jedenfalls alle, die ihn nicht wählen und unterstützen. Für US-Präsident Donald Trump sind kritische Medien und unabhängige Richter »Feinde des Volkes«. In der Schweiz hat die Schweizerische Volkspartei (SVP) weit vorausblickend bereits die Wahlen für 2019 unter das Motto »Volksverächter oder Volksfreund« gestellt.15

Welch Unsinn dies ist, wird spätestens klar, wenn man sich vor Augen führt, woraus denn »das Volk« bestehen soll. Hunderte Beispiele zeigen: Dieses Volk-Konstrukt rechter Demagogen besteht ausschließlich aus den Guten, den Wahren, den Fleißigen und Aufrechten. Und jeder und jede dieser Aufrichtigen und Guten ist auch noch Opfer der bösen ANDEREN: »Wer in diesem Land vernunftbasierte Positionen vertritt, wird von der Politelite als ›Pack‹ beschimpft, von Medien als rechtsextrem eingeordnet und bekommt von der staatlich geförderten Antifa den privaten PKW angezündet«, sagt der AfD-Politiker Armin-Paul Hampel.16

»Die Elite«: Die Macht-Truppe der ANDEREN

Kein erfundenes »Volk« ohne seine erfundenen Gegenspieler. In Wahlkämpfen ist das meist »die Elite«, wieder in der Einzahl. Für Demagogen gibt es keine verschiedenen Eliten, die vielleicht unterschiedliche Interessen verfolgen und gegeneinander agieren. Es gibt nur eine einzige Elite, die in ihrer Gesamtheit bösartig ist. Diese Elite hat sich gegen »das Volk« verschworen: »Es ist ein politisches Kartell, das die Schalthebel der staatlichen Macht und die gesamte politische Bildung eisern im Griff hat. Nur das Volk kann diesen selbstherrlichen Gewaltinhabern die illegitime Macht wieder entreißen«, steht zum Beispiel im Parteiprogramm der AfD.17

Im gespaltenen Bild der Gesellschaft steht auf der einen Seite das moralisch saubere, ehrliche und authentische »Volk«. Auf der anderen Seite – dort drüben, weit weg – steht die feindliche »Elite«, die »Systemparteien«: ein Haufen moralisch korrupter Lügner. Für die AfD ist das »die politische Klasse«, für die FPÖ die »rot-grüne Kulturschickeria« und »die rot-grüne Medienschickeria18, für Matteo Salvini von der Lega Nord »die autoritären EU-Eliten, denen keinerlei Autorität zusteht«19 und für den Schweizer SVP-Politiker Christoph Blocher die »verfilzte classe poli­tique«20. Oder, wie der FPÖ-Politiker Norbert Hofer, immerhin Dritter Nationalratspräsident, im Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 zu seinem politischen Gegner sagte: »Sie haben die Hautevolee hinter sich und ich die Menschen!«21 oder auch: »Sie sind ein Kandidat der Schickeria. Ich bin ein Kandidat der Menschen, das ist der ganz, ganz große Unterschied

Österreich ist für die FPÖ ein »Parteienstaat, in dem gnadenlos die Interessen teilkorrumpierter Eliten regieren22 Für US-Präsident Trump ist das politische System der USA insgesamt korrupt und manipuliert. Seine Konkurrentin Hillary Clinton bezeichnete Trump als eine »reine Marionette« von Großindustriellen und Elitemedien, diese würden die »totale Kontrolle« über sie ausüben.23

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán geht noch einen Schritt weiter. Ihm scheint das konstruierte Volk zu wenig. Also schafft er ein »magyarisches Urvolk« als reines, ursprüngliches Volk, das verteidigt werden muss. 24

Die FPÖ bringt seit über 20 Jahren in vielen Wahlplakaten ihr Bild von WIR gegen DIE auf den Punkt: »Heimat statt EU-Diktat«, »Sichere Pensionen statt Asyl-Millionen«, »Sozial statt Gierig & Brutal«, »Daham statt Islam«, »Volksvertreter statt EU-Verräter« und so weiter. Das nächste Plakat können Sie sich schon selbst schreiben.

WIR und die ANDEREN machen die Politik einfach

Politik ist ein schwieriges Geschäft. Wer politisch erfolgreich sein will, muss den Überblick behalten, Kompromisse eingehen und widersprüchliche Interessen bündeln. Oder man macht es sich einfach und setzt auf die Populistenkarte. Dann kann man Widersprüche und Ambivalenzen einfach ignorieren. Demagogen können deshalb so leicht Simplizität und Klarheit predigen, wo andere Politiker sich in Erklärungen abmühen, weil ihre gesamte Politik nur auf dem einfachen Bild der zweigeteilten Gesellschaft beruht. Mit WIR und den ANDEREN gibt es nur Schwarz und Weiß, keine Grautöne.

Im Gegensatz zum tatsächlichen Leben: In einer immer undurchsichtigeren Welt kann man sich schon einmal wie im Dschungel vorkommen. Überall wuchern die seltsamsten Pflanzen in alle Richtungen. Neue Triebe drängen nach oben und alte sterben ab – ein Wirrwarr, das keiner durchschaut. So ein kunterbuntes Durcheinander kann Angst einjagen. Hinter jedem Baum könnte ein Raubtier lauern und uns verschlingen. Kein Wunder, dass man sich da fürchtet.

In so einem Dschungel wächst die Sehnsucht nach einem einfachen, überschaubaren Garten: ein paar Gemüsebeete, einige Blumen und Bäume und rundherum ein großer Zaun, der unser Reich schützt. Demagogen sind Meister darin, zuerst einen lebensbedrohlichen Dschungel herbeizureden und den Leuten im gleichen Atemzug als Erlösung den umzäunten Garten als Paradiesgarten zu verheißen.

Die einfache Kernbotschaft

Demagogen, die uns das Bild einer streng zweigeteilten Gesellschaft vorgaukeln, erfinden eine Welt, die von FEINDEN bevölkert ist. Denn die ANDEREN sind immer FEINDE, die UNS unterdrücken. Die ANDEREN verfügen über eine gewaltige Macht. Die ANDEREN sind übermächtig. SIE bedrohen UNS. Und WIR müssen Angst vor IHNEN haben. Deshalb bleibt UNS nur ein Ausweg: WIR müssen UNS gegen die ANDEREN wehren.

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Dieses Schema beschreibt die Grunddynamik im demagogischen Bild der Gesellschaft. Es ist eine Welt voller Schrecken und damit die perfekte Vorlage für die Aktivierung von Ängsten – ideal für eine Bevölkerung, die von Ängsten geplagt ist, und ideal für Personen, die selbst in einer Welt voller Ängste leben. In diesem Schema reduziert sich die politische Propaganda auf eine Kernbotschaft.

Muster 2: Reduzieren Sie alles auf Ihre Kernbotschaft.

Jede Demagogin, jeder Demagoge braucht eine zentrale Botschaft. Diese muss drei Aussagen beinhalten:

»Wir brauchen die Ängstlichen, um Mehrheiten zu bewegen«, sagte die Parteichefin der AfD, Frauke Petry.26

Die ANDEREN

»Die Elite« ist die Macht-Truppe der ANDEREN. Aber auch von anderen Gruppen gehen Angst und Bedrohung aus. Insgesamt umfassen die ANDEREN drei Gruppen:

Stets ist Folgendes zu beachten: Es handelt es sich in jedem Fall um eine gleichartige Gruppe von Menschen. Alle drei Gruppen formen zusammen wiederum eine einzige gleichartige Gruppe: Das sind die ANDEREN, die UNS in ihrer Gesamtheit bedrohen.

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DIE DA OBEN

Das sind die Leute, denen Macht zugesprochen wird:

  1. die Politiker schlechthin

  2. die Elite

  3. die Altparteien

  4. das System

  5. die Schickeria

  6. die »Raubritter-Regierung, die uns permanent aussackelt«28

  7. die Medien, das Lügenkartell

  8. die Diktatur der EU

  9. namentlich genannte Wissenschaftler, Literaten, Künstler, Journalisten, Richter oder Politiker: Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble gehört laut AfD ins »Land Absurdistan«.29

DIE DA DRAUSSEN

Dann gibt es natürlich noch die BÖSEN im Ausland, die UNS bedrohen. Denn ohne einen FEIND von außen geht bei Demagogen gar nichts.

Der AfD-Politiker Nicolaus Fest bezeichnete in einem Blogeintrag auf seiner Webseite »Gruppen von arabischen, türkischen oder afrikanischen Jugendlichen« als »primitiv und bösartig«. Fest schrieb, man müsse den Satz von Max Frisch, »dem zufolge wir Gastarbeiter riefen, aber Menschen bekamen, vielleicht korrigieren: Wir riefen Gastarbeiter, bekamen aber Gesindel.«30

Bei den von uns besprochenen Akteuren gilt folgende Besonderheit: DIE DA OBEN sind schuld, dass DIE DA DRAUSSEN (die Asylanten, die Einwanderer in den Sozialstaat, die Wirtschaftsflüchtlinge, die Islamisten, …) so zahlreich bei UNS sind und als DIE DA UNTEN von UNS finanziert werden.

Ein Beispiel: Der ungarische Ministerpräsident Orbán sah im Flüchtlingszustrom des Jahres 2015 eine »orchestrierte Kampagne« mit dem Ziel, die »religiöse und kulturelle Landkarte zu verändern, seine ethnischen Grundlagen umzubauen und dadurch die Nationalstaaten zu vernichten, die das letzte Hindernis für die internationale Bewegung sind«. Da sind »verborgene, gesichtslose Mächte« am Werk.31 Auch der AfD-Politiker Höcke spricht im Zusammenhang mit der Einwanderung von Flüchtlingen vom »wahrscheinlich größten Trojanischen Pferd«, das die »Deutschlandabschaffer« ins Land gelassen hätten.32 US-Präsident Donald Trump bringt in einem Tweet vom 5. August 2016 die Bedrohung durch »die Elite« auf den Punkt: »Das Establishment und Spezialinteressen töten unser Land absolut. Wir müssen Amerika an die erste Stelle stellen33 Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdo˘gan sieht einen westlichen »Kulturimperialismus«, der die kulturellen Werte seines Landes gefährde. »Ein Kulturverständnis ohne Moral führt uns höchstens in die Entartung«, erklärte der türkische Präsident. »Wenn man heute bei einer Person auf Istanbuls Straßen nicht mehr anhand der Körpersprache, der Kopfbedeckung, der Schuhe und der Kleidung erkennt, welcher Kultur sie angehört, dann bedeutet dies, dass wir uns im Würgegriff kultureller Dürre befinden34

DIE DA UNTEN

Das sind sozial verachtenswerte Leute, die sich Rechte und Privilegien herausnehmen, die IHNEN nicht zustehen. Damit bedrohen sie UNS.

Es sind die sogenannten »Sozialschmarotzer«, ein Begriff, der ursprünglich von den Nationalsozialisten verwendet wurde. Schon 1987 meinte Jörg Haider im österreichischen Parlament: »Viel zu viel Arbeitsunwillige und Sozialschmarotzer würden unterstützt, bzw. geschützt werden, während Arbeitswillige und Fleißige bestraft würden.«35 Später sprach FPÖ-Chef Strache vom »Sozialschmarotzertum«, das »beseitigt« gehöre.36

Oder es ist ein vermeintliches »Negerkonglomerat«, das die Europäische Union beherrsche, wie es 2014 der damalige EU-Abgeordnete Andreas Mölzer behauptete – ein Ausdruck, für den er sich später entschuldigte.37 Oder die »Erd- und Höhlenmenschen«, wie der FPÖ-Abgeordnete Christian Höbart Asylbewerber in einem Facebook-Posting nannte. Im Wahlkampf in Österreichs zweitgrößter Stadt Graz zu Jahresbeginn 2017 sah die FPÖ sogar unsere eigenen Kinder von den ANDEREN bedroht. »Fremd in der eigenen Schule«, lautete einer der Slogans auf den FPÖ-Wahlplakaten, die zum Teil auch noch in der Nähe von Schulen angebracht wurden.38

Donald Trump hielt wiederum im Wahlkampf mit seiner Meinung über Mexikaner auch nicht hinter dem Berg: »Sie bringen Drogen, sie bringen Kriminalität, sie sind Vergewaltiger.«39

Demagogen als Sprachschöpfer

Ein erfundenes Gesellschaftsbild ist ein kunstvolles Produkt. Es funktioniert nur durch eine eigene Sprache. Demagogen sind äußerst kreative Sprachschöpfer. Sie bereichern die politische Diskussion mit Begriffen, die man vorher nicht kannte oder die nicht verwendet wurden. Vor allem aber gilt es, neue Begriffe für die ANDEREN zu erfinden.

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sagte als Redner beim rechtsextremen Kongress »Verteidiger Europas« in Linz am 29. Oktober 2016: Der »frustrierte, dauerbetroffene linke Flügel« im Parlament, »wo es nur mehr mieselsüchtige Gestalten gibt«, könne nicht die Zukunft Europas sein, ebenso wenig die »Mainstreammedien«, die »mediale Stalinorgel« und die »Gesinnungs-Stasi«.40 Der »Gesinnungsfaschismus« habe den »Kongress der ganz normalen Leute« nicht verhindern können. Der unabhängige Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen? Der »Last-Minute-Patriot« sei der »Kulminationspunkt politischer Heuchelei«, aber als »Tagespolitiker« werde man eben »ins Rechtfertigungseck verbannt«.41

Muster 3: Erfinden Sie Kose- und Hassnamen für die ANDEREN.

Warum Sie das machen sollen? So können Sie sich wahlweise über Ihre Gegner lustig machen, sie ins Lächerliche ziehen, Minderheiten systematisch abwerten – und sollte sich jemand über dieses geschmacklose Spiel aufregen, können Sie sich aussuchen, was sie tun: entweder behaupten, Sie hätten das so nie gesagt, oder einfach den Störer als Spaßbremse oder PC-Keule diffamieren. Ganz nach dem Motto: War doch alles nur ein Scherz!

Eine kleine Auswahl, wie kreativ Demagogen die ANDEREN ins Rampenlicht stellen:

In jedem Land erfinden Demagogen ihre eigenen Ausdrücke für die FEINDE. In Polen wird jeder Andersdenkende als »Komuch« bezeichnet, das bedeutet so etwas wie »Kommunistenschwein«; die heutige Regierung zu kritisieren, ist Ausdruck von »Lewactwto«, eine abfällige Bezeichnung für »Linksradikalismus«.61

WIR GUTEN und DIE BÖSEN

Im sozialen Dschungel ist nichts eindeutig. Alles geht durcheinander. Die Bevölkerung ist ein bunter Haufen. Menschen haben viele Eigenschaften und verhalten sich manchmal auf diese und manchmal auf jene Weise. Und manchmal empfinden wir unsere Mitmenschen als äußerst unberechenbar.

Demagogen beenden dieses Durcheinander und schaffen Ordnung. Wenn Sie Demagoge werden wollen: Ordnen Sie die Menschen in jeweils zwei Lager ein, mit einer eindeutigen Grenze. Glauben Sie an diese Einteilung mit voller Kraft und blenden Sie alle Gegenbefunde heroisch aus. Ihre Zuhörer sollen genau wissen, welche Art von Menschen die WIR und die ANDEREN sind und wer wohin gehört.

So können Sie ihrer eigenen Gruppe, den WIR, schmeicheln und dabei gleichzeitig die ANDEREN abwerten. Ihrer Kreativität können Sie dabei freien Lauf lassen, solange Sie sich an drei Punkte halten:

Muster 4: Machen Sie die WIR schön und die ANDEREN hässlich.

Diese Einteilungen gilt es streng zu beachten. In Texten und Reden von Demagogen werden Sie dazu kaum eine Abweichung finden. Und immer gilt: Ja keine Zwischentöne. Jedes »Ja, aber« ist der große Feind der Demagogie.

Sie glauben nicht, dass das alles so simpel ist? Hier einige Beispiele:

Haider sagte über die EU bereits im Jahr 2000: »In Wirklichkeit ist diese ganze Vereinigung genauso unmoralisch und politisch dekadent wie das alte Rom.«62

Strache meinte über die anderen Parteien in Österreich: »Wenn’s um die Lügen geht, dann ist man besser bei der SPÖ, bei der ÖVP und bei den Grünen aufgehoben, liebe Freunde. Wir sagen die Wahrheit, wir lassen uns den Mund nicht verbieten.«63

Auch der AfD-Politiker Björn Höcke beherrscht das Spiel »Das Volk ist GUT, die Politik ist BÖSE«: »Die Menschen haben Roman Herzog damals geglaubt, so wie viele Menschen sehr lange Angela Merkel geglaubt haben; beide haben sie unser gutmütiges Volk heimtückisch hinters Licht geführt64

Der niederländische Politiker Geert Wilders meint überhaupt: »Die Menschen haben das politisch Korrekte von den Eliten satt. Wir haben diejenigen satt, die ihnen eine schöne, heile Welt vorhalten, in der alle Kulturen moralisch gleichwertig sind.«65

Besonders schwülstig formuliert es Front-National-Chefin Marine Le Pen. Nach dem Attentat auf einen Polizisten in Paris im April 2017 erklärte sie: »Ich rufe zum Erwachen der tausendjährigen Seele unseres Volkes auf, die in der Lage ist, der blutigen Barbarei eine Entschlossenheit entgegenzustellen, die durch nichts eingeschüchtert wird.«66

Der ungarische Ministerpräsident Orbán beschwor bei einer Denkmaleinweihung auch gleich den »Blut- und Heimatboden« Ungarns: »Wir, die Magyaren des nationalen Zusammenhalts, müssten […] mit unserer Liebe, unserem Dienst und unserer Heiterkeit alles Böse und alle Zwietracht aus dem ungarischen Leben austreiben.«67

Schlüsselbegriffe

Ein demagogisches Weltbild baut sich in der Regel nicht von heute auf morgen auf. So etwas braucht Jahre. Zuerst müssen die Demagogen systematisch neue Begriffe prägen und um sie herum Assoziationsketten aufbauen. Dazu sind viele hundert Wiederholungen notwendig – gerade wenn die Behauptung schon beim ersten Mal falsch war. Was oft genug wiederholt wird, setzt sich irgendwann als wahr in den Köpfen der Menschen fest. Ein guter Demagoge kann eine automatische und unbewusste Verbindung beim Zuhörer herstellen. Nennt er dann einen zentralen Begriff, aktiviert dieser im Kopf der Zuhörer wie von selbst ein ganzes Begriffsfeld. Sagt ein Demagoge zum Beispiel »Elite«, ruft das Gehirn der vorgeprägten Zuhörer auch gleich die Begriffe »Korruption«, »Privilegien«, »arrogant«, »bestechlich« … auf. Sagt er »Medien«, dann hören seine Fans »Fake News«, »Lügenpresse«, »von oben verordnete Manipulation«. Sagt er »Linke«, dann werden die Begriffe »Gutmenschen« oder »Chaoten« aktiviert. Sagt er »Asylanten«, dann hört die demagogengläubige Bevölkerung wie von selbst »Wirtschaftsflüchtlinge«, »Einwanderer in den Sozialstaat« oder gar »Kriminelle«, »Vergewaltiger« und »Terroristen«.68

Die ANDEREN besitzen keine Moral

Die moralische Einteilung von WIR und den ANDEREN steht im Zentrum der Demagogie. Geschickte Demagogen passen hier ungemein auf und gehen ganz exakt vor: Die ANDEREN dürfen nicht mit einer Moral, die vielleicht unverständlich ist und nicht geteilt werden kann, sondern mit gar keiner Moral behaftet erscheinen. Demagogen müssen demnach so tun, als ob die ANDEREN völlig frei von moralischen Gefühlen seien.

Norbert Hofer hat dies im österreichischen Wahlkampf um das Amt des Bundespräsidenten 2016 in einer Anzeige auf den Punkt gebracht: »Für einen EHRLICHEN und GLAUBWÜRDIGEN Bundespräsidenten*«, heißt es da, und eine Zeile darunter in kleinerer Schrift in Kritik seines Konkurrenten »*statt eines Bundespräsidenten, der verschleiern, vernebeln und die Unwahrheit sagen will, wenn es ihm nutzt«.69 In verschiedenen TV-Auseinandersetzungen sagte er zu seinem Konkurrenten: »Mir ist es immer wichtig, ehrlich zu sein.« »Sie sind einfach nicht ehrlich! Sie sind nicht ehrlich!« »Ich gebe ehrliche Antworten, wenn ich gefragt werde.« »Damit will ich wieder aufzeigen, dass der Weg, den Sie gehen, kein geradliniger ist.« Während andere Menschen Sonntagszeitungen aus den Verkaufskästen stehlen würden, »werfe ich immer den Betrag ein, der höher istSie waren Mitglied bei der und haben den Mitgliedsbeitrag nicht gezahlt. Das ist eine Schande.70