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AKTIV-DYNAMISCHES SITZEN

Was Sie damit erreichen können

Fehlbelastungen durch Dauersitzen vermiden

Rückeschmerzen lindern und vobeugen

Verspannungen im ganzen Körper lösen

Den gesamten Bewegungsapparat entlasten

Muskeln, Sehnen und Gelen stärken

Tiefensensibilität und Körperbewusstsein entwickeln

Hohe Sitzbelastungen gesund und schmerzfrei bewältigen

Die eigene Sitzgewohnheit beurteilen und aktiv und dynamisch gestalten

Lebensqualität und Leistungsfähigkeit steigern

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DER SITZENDE MENSCH

Sie sitzen zu viel? Ihnen fehlt Bewegung? Gut, dass Sie dieses Buch in den Händen halten: Es enthält praktische Übungen, die den Fehlbelastungen durch Dauersitzen entgegenwirken – auch Übungen, die Sie während des Sitzens machen können! Doch erfahren Sie zunächst, was das Problem beim Sitzen ist und was Sie dagegen tun können.

WARUM DAS VIELSITZEN EIN PROBLEM IST

Ungefähr zwei Drittel seiner Zeit verbringt der Mensch im Sitzen: am Schreibtisch, im Auto, im Flugzeug, in der U-Bahn, auf Bahnreisen, in der Schule oder einfach wartend. Auch in der Freizeit: beim Fernsehen, Computerspielen, Essen und manchmal sogar beim Sport. Sitzen ist allgegenwärtig! Dass wir uns daran gewöhnt haben, löst das Problem nicht!

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Wer 10 000 Schritte pro Tag geht, hat schon viel für seine Rückengesundheit getan.

DER MENSCH IST NICHT FÜRS SITZEN GEMACHT

Unser gesamter Organismus hat sich ganz und gar nicht ans Sitzen gewöhnt. Der Grund: In rund zwei Millionen Jahren entwickelte sich der Mensch zu dem, was er heute ist. Seit der Industriellen Revolution, die uns zum Homo sedens (lat. sitzender Mensch) machte, sind jedoch weniger als 300 Jahre vergangen. Die maschinelle Produktion in großem Stil ebenso wie die Fortbewegung mittels Eisenbahn und Auto führen zu einer radikalen Abkehr von der auf harter Arbeit und viel Bewegung ausgerichteten Lebensweise unserer Vorfahren. Auf diesen Wandel konnte sich unser Organismus bis heute nicht einstellen.

Der allgemeine Bewegungsmangel und besonders das Viel- und Dauersitzen stellen eine enorme Belastung dar, verbunden mit zahlreichen Risiken. Die statistische Wahrscheinlichkeit zu erkranken ist bedrohlich groß. Und die sitzbedingten Gesundheitsgefahren betreffen den ganzen Menschen, nicht nur die Wirbelsäule! Diese meldet sich zwar oft zuerst, doch Dauersitzen wirkt sich auch auf das Herz-Kreislauf-System, die Muskeln und Organe (etwa die Lunge), aber auch Gelenke, Venen, Hände, Finger und Augen aus. Sogar bei manchen Krebserkrankungen gibt es einen Zusammenhang mit zunehmendem Bewegungsmangel und Dauersitzen.

Gesund und fit zu bleiben, trotz des für viele unumgänglichen Dauersitzens, ist das Anliegen dieses Buchs, und das ist leichter, als Sie vielleicht denken. Erstens: Sie haben die Möglichkeit, eine individuelle Sitzkultur zu entwickeln und in Ihrer täglichen Praxis zu etablieren. Zweitens: »Richtiges Sitzen« – mit anderen Worten, Sitzkultur auf aktuellem Wissensstand – vermag selbst Dauersitzen (über viele Stunden täglich) tolerabel zu machen. Voraussetzung ist allerdings, dass Sie wissen, wie das geht, und es konsequent durchführen.

Grenzen der Anpassung

Über Jahrmillionen war das tägliche Leben des Menschen durch körperliche Arbeit und viel sowie abwechslungsreiche Bewegung bestimmt. Im Zeitalter der Motorisierung und der Digitalisierung sind körperliche Arbeit und Fortbewegung durch Körperkraft im Prinzip hinfällig geworden. Vieles deutet darauf hin, dass die Evolution mit dem Anpassungsprozess an unsere moderne Lebensweise überfordert ist.

Das Fatale ist, evolutionäre Veränderungen, sogenannte Mutationen, entstehen nicht im Zeitraum von wenigen Generationen. Unser Körperschema ist in Millionen von Jahren entstanden und dieser Körper funktioniert nur im Rahmen historisch etablierter Bedingungen. Eine der maßgebenden Bedingungen ist BEWEGUNG. Tatsache ist jedoch, dass der moderne Mensch mit seinem extrem sesshaften Lebensstil einem umgreifenden Bewegungsmangel ausgesetzt ist. Dieser Lebensstil hat sich trotz erheblicher Gesundheitsrisiken durchgesetzt. Während der Steinzeitmensch noch zwischen 30 und 40 Kilometer am Tag zurücklegte, liegt die durchschnittliche Wegstrecke, die ein Büroarbeiter heute geht, bei ungefähr zwei Kilometern, bei Dauersitzberufen wie etwa bei einem Rezeptionisten verringert sich die Strecke auf 0,8 Kilometer. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt jedoch sieben Kilometer pro Tag.

Dilemma Viel- und Dauersitzen

Die fortschreitende Denaturierung ist eine Zeiterscheinung. Weil der Einzelne aber auf die Arbeits- und Tätigkeitsbedingungen wenig Einfluss hat, stellt sich die Frage: Was können wir tun? Welche Möglichkeiten gibt es, Risiken zu vermeiden und Sitzbelastungen erträglich zu machen beziehungsweise zu kompensieren? Antworten und konkrete Übungen finden Sie in diesem Buch. Sie können sitzen und trotzdem fit bleiben, wenn Sie wissen, wie’s geht!

VIELSITZEN – AUSWIRKUNGEN & RISIKEN

Die Risiken des Sitzens erklären sich aus einem Ineinandergreifen vieler Faktoren. Wir betrachten hier die wichtigsten im Detail: Wirbelsäule und Bandscheiben, Herz-Kreislauf-System, Lungen und Atmung, Muskeln und Sehnen, Fuß-, Knie-, Hüft- und Fingergelenke, Beinvenen und Augen.

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Wie Puffer gleichen die Bandscheiben den Druck aus, der auf die Wirbelsäule einwirkt.

WIRBELSÄULE & BANDSCHEIBEN

Die Wirbelsäule, unser zentrales Achsenorgan, ist mehr als nur eine durch Knochen aufgestockte Säule. Sie stützt den gesamten Körper und ist Voraussetzung für unseren aufrechten Gang. In ihrem Inneren ist das Rückenmark schützend aufgehoben und an den Seiten treten die Spinalnerven aus, welche die oberen und unteren Extremitäten innervieren.

Die Wirbelsäule besteht aus 24 Wirbelkörpern, 23 dazwischenliegenden Bandscheiben und sechs Bandsystemen, die das Ganze umschließen und festigen. Man unterscheidet von unten nach oben drei Wirbelsäulenabschnitte: Die Lendenwirbelsäule (LWS) in ihrer lordotischen Krümmung, die Brustwirbelsäule (BWS) in ihrer kyphotischen Krümmung und die Halswirbelsäule (HWS), die wiederum eine lordotische Krümmung aufweist.

Da der unterste Abschnitt, die Lendenwirbelsäule, das gesamte Gewicht oberhalb des Beckens tragen muss, sind die Wirbelkörper hier am größten. Wenn Sie aufrecht stehen und gehen, steht der unterste Lendenwirbel in einem Winkel von etwa 60 Grad zur Horizontalen. Kurz gesagt: Das Becken ist beim Stehen nach vorn gekippt – und das ist gut so. Dieser Wert kann je nach Haltungstypus bis zu 14 Grad nach oben oder unten differieren.

Beim Stehen stellt sich das Becken in der Regel selbst auf den individuellen Idealwinkel ein.

Von vorn gesehen (Frontalebene) steht die Wirbelsäule senkrecht, von der Seite gesehen (Sagittalebene) weist sie eine Doppel-S-Krümmung auf. Die Wirbelsäule erlaubt Stehen, Gehen, Liegen und Sitzen sowie die Bewegungen des Vorbeugens (Inklination), des Rückwärtsbeugens (Reklination), der Drehung um die Hochachse (Rotation), der seitlichen Beugungen nach links und rechts (Seitneigungen, Lateralflexion) sowie unzähliger komplexer Torsionen (gleichzeitige Rotation, Seitneigung und Vorbeugen nach diagonal).

Dieser enorme Bewegungsreichtum wird im Zusammenspiel mit den Bandscheiben (Zwischenwirbelkörpern) erreicht. Diese wirken als Abstandhalter, als sanft nachgebende Kissen bei Bewegung und Haltung und als Puffer bei Stößen. Das Auffangen der auftretenden physikalischen Belastungen ist nur durch eine innere Druckerhöhung gegenüber dem Außendruck und durch starke Bänder und Muskeln rund um die Wirbelsäule möglich. Die Bandscheiben sind an der Ober- und Unterseite fest mit den Wirbelkörpern verwachsen. Sie bestehen aus dem äußeren elastischem Faserring und dem gallertartigen inneren Kern, der zu etwa 85 Prozent flüssig ist. In Drucksituationen wird Flüssigkeit an die Umgebung abgegeben. Bei Entspannung saugen die Bandscheiben das Wasser wie ein Schwamm wieder auf. Man nennt diesen Stoffwechselvorgang Diffusionsernährung, was besagt, dass die erforderlichen Eiweiße, Salze und Zucker aus der unmittelbaren Umgebung aufgenommen und anschließend wieder abgegeben werden. Der Austausch erfolgt also weitgehend durch den Wechsel von Druck und Entlastung. Dieser Mechanismus ist entscheidend für die Gesunderhaltung der Bandscheiben. Ohne ausreichende Be- und Entlastung werden die Bandscheiben dünner und nehmen an Elastizität ab. Das heißt auch: Die Bandscheiben werden durch Bewegung gesund erhalten. Im Lauf des Tages schrumpft die Wirbelsäule aufgrund der Flüssigkeitsabgabe und man wird zwischen 1,5 und 2 Zentimeter kleiner. In der Nacht erholt sie sich wieder (Rehydrierung) und man ist beim Aufstehen wieder 1,5 bis 2 Zentimeter größer.

Langes statisches Sitzen führt nun aber dazu, dass der Stoffwechsel der Bandscheiben ins Stocken gerät, was zur Unterernährung der besonders belasteten Segmente führt. Dadurch verlieren die betroffenen Bandscheiben nach und nach ihr Quellvermögen. Sie verschleißen infolge von Verkalkung und Flüssigkeitsabnahme, werden brüchig und schrumpfen. Die Konsequenzen reichen von der Bandscheibenvorwölbung, Ischiasbeschwerden bis hin zum Bandscheibenvorfall.

MUSKELN & SEHNEN

Muskeln kosten viel Energie. Ohne Anlass, sprich Training, baut der Körper keine Muskulatur auf. Aber auch vorhandene Muskeln, die nicht permanent benutzt werden, bleiben unversorgt. Diese Muskelatrophie beginnt bereits nach wenigen Tagen. Glücklicherweise bedeutet die Abnahme keinen endgültigen Verlust. Muskelzellkerne bleiben erhalten und das Gehirn merkt sich einmal erworbene Leistungsniveaus (Musche-Memory-Effekt). Wer also irgendwann einmal Muskeln aufgebaut hat, ist eindeutig im Vorteil.

Durch Dauerbelastung, wie sie beim Sitzen auftritt, können Muskeln leicht überbeansprucht werden. Die Folge sind Verhärtungen und Verkürzungen einzelner Muskeln sowie Sehnenprobleme, oft verbunden mit Schmerzen. Bei Vielsitzern kommt es nicht nur zu einer Abnahme der Bewegungsmuskulatur, sondern gleichzeitig zu einer Überforderung der tonischen Muskulatur aus roten Muskelfasern, der Haltemuskeln (>), und damit zu einer ungesunden Dysbalance.

Die Muskeln entlang der Wirbelsäule sind aber auch für die Stabilisierung der Einzelsegmente und der Wirbelsäule als Ganzes verantwortlich. Sie erzeugen zudem den erforderlichen Innendruck, der höher sein muss als der Außendruck. Der Innendruck im Stehen wird mit 100 Prozent angegeben, beim optimierten (aufrechten) Sitzen steigt der Druck auf 140, bei der vornübergebeugten Sitzhaltung sogar auf 200 Prozent.