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Annemarie Jost, Jan V. Wirth (Hrsg.)

Mehrperspektivisches Arbeiten in der Kinder- und Jugendhilfe

„Steven M.“ – ein Junge mit FASD

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2017

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-032097-0

E-Book-Formate:

pdf:     ISBN 978-3-17-032098-7

epub:  ISBN 978-3-17-032099-4

mobi:  ISBN 978-3-17-032100-7

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Inhalt

  1. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
  2. Abbildungen
  3. Tabellen
  4. Einleitung
  5. 1   Der Fall
  6. 1.1   Chronologie (von den HerausgeberInnen erstellt)
  7. 1.2   Personalliste ,Steven M.‘ (nach Pantucek)
  8. 1.3   Genogramm-Reproduktion vom Original (J. V. Wirth)
  9. 1.4   Auszüge, chronologisch aufsteigend
  10. 2   Beitrag von Claudia M. (Oma und Pflegemutter des Jungen)
  11. 3   ,Der Fall‘ aus der Perspektive eines auf Klienten mit FASD spezialisierten freien Trägers
  12. Gela Becker
  13. 3.1   Das Problem der ortsunabhängigen Zugänge zu FASD-Diagnostik und adäquater Versorgung
  14. 3.2   Zu lange unterhalb des Radars der Hilfesysteme – warum?
  15. 3.3   Bewertung des Fallverlaufs
  16. 3.4   Positiver Verlauf – ein Blick in die Zukunft
  17. 4   Die Systemische Fallperspektive
  18. Oda Baldauf-Himmelmann
  19. 4.1   Der ,Fall Steven‘ – oder der Fall einer Großmutter im Kampf mit der Welt – oder …?
  20. 4.2   Fachliche Vogelperspektive oder eine Systemperspektive als nützliche Intervention?
  21. 4.3   Systemisches Wahrnehmen – wie und auf welcher Grundlage?
  22. 4.4   Was ist zu tun?
  23. 4.5   Ausblick
  24. 5   Die Sozialpsychiatrische Perspektive
  25. Annemarie Jost
  26. 5.1   Standortbestimmung
  27. 5.2   Wie erklärt und bewertet die Sozialpsychiatrie den Fallverlauf Steven M.?
  28. 5.3   Prognostische Einschätzung, mögliche Ziele, angemessene methodische Vorgehensweisen, die Gestaltung fachlicher Kooperation und förderliche Rahmenbedingungen
  29. 5.4   Fazit und Ausblick
  30. 6   Individuelle Förderung im Gemeinsamen Unterricht – der ,Fall Steven‘ und die Gestaltung unterstützender Lernkontexte
  31. Christian Eichfeld
  32. 6.1   Pädagogische Förderung
  33. 6.2   Sonderpädagogischer Förderbedarf
  34. 6.3   Inklusive Bildung
  35. 6.4   Besondere Problemlagen für besondere Kinder
  36. 6.5   Auf dem Weg zu verstärkter schulischer Teilhabe
  37. 6.6   Der ,Fall Steven M.‘ aus pädagogischer Sicht
  38. 6.7   Förderpädagogische Zugänge
  39. 6.8   Fazit
  40. 7   Aus der Perspektive des Verfassungs- und Familienrechts, des Kinder- und Jugendhilferechts sowie des Schwerbehindertenrechts
  41. Peter Höflich
  42. 7.1   Verfassungsrecht, Familienrecht
  43. 7.2   Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfe)
  44. 7.3   Schwerbehindertenrecht
  45. 8   Der Fall eines FASD-Betroffenen aus der Sicht eines Jugendstrafrichters
  46. Christian Grauer
  47. 8.1   Einleitung
  48. 8.2   Ermittlungs- und Zwischenverfahren
  49. 8.3   Hauptverfahren/Hauptverhandlung
  50. 8.4   Vollstreckungsverfahren
  51. 9   ,Vom Kind aus denken‘ – Anmerkungen zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe
  52. Jutta Decarli
  53. 10   Der Blick in den Spiegel – Soziologische Bemerkungen zum ,Fall Steven‘
  54. Jan V. Wirth
  55. 10.1   Allgemein soziologische Vorbemerkungen
  56. 10.2   Was zeigt sich?
  57. 10.3   Wie erklärt sich der Soziologe den Fall?
  58. 10.4   Angewandte Soziologie: Entwicklungsaufgaben
  59. 10.5   Die Wendung zum Besseren gegenbeobachtet
  60. 11   Abschlussfazit
  61. Oda Baldauf-Himmelmann, Annemarie Jost, Jan V. Wirth
  62. Vorläufige Bestimmung und Systematik mehrperspektivischen Arbeitens
  63. Jan V. Wirth
  64. Die AutorInnen

 

 

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildungen

Abb. 1.1

Genogramm, erstellt von Claudia M. und der Pyschologin (Institution unbekannt); Reproduktion von J. V. Wirth18

Abb. 1.2 Bildungsdokumentation des KiGa für Kinder ab drei Jahren28
Abb. 3.1 Langzeitstudie – Vergleich sekundäre Störungen bei Fetalem Alkoholsyndrom (FAS) und Fetalen Alkoholeffekten (FAE)74
Abb. 5.1 Exekutivfunktionen im Kontext113
Abb. 6.1 Zirkelmodell der Handlungsfelder individueller Förderung123
Abb. 6.2 Organisationsformen inklusiver Bildung126
Abb. 6.3 Bausteine inklusiver Schulentwicklung128
Abb. 10.1 Zielbausteine eines kommunalen Netzwerks176

Tabellen

Tab. 0.1

Multiperspektivische Fallarbeit nach Müller (2012)11

Tab. 1.1 Personalliste ,Steven M.‘, erstellt von J. V. Wirth auf Grundlage vorhandener Dokumente16
Tab. 1.2 Schulzeugnis Steven, 8. Schuljahr 2013/201452
Tab. 3.1 FASD-Fallmanagement, von der Geburt bis zum fünften Lebensjahr (FASD Fachzentrum 2016); psychosozialer Bedarf77
Tab. 3.2 FASD-Fallmanagement, Latenzperiode (sechstes bis elftes Lebensjahr); psychosozialer Bedarf79
Tab. 3.3 Vorgeschlagene neuropsychologische Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen79
Tab. 3.4 FASD-Fallmanagement, Adoleszenz; psychosozialer Bedarf85
Tab. 6.1 FASD-Grobraster der Förderplanung134

 

 

Einleitung

Dieses Buch rekonstruiert einen komplexen langjährigen Kinder-Jugendhilfefall aus den Blickwinkeln verschiedener Beobachter. Der rote Faden wird von dem konkreten Hilfeverlauf gebildet, der sich in Originalaktenauszügen – unter Verfremdung von Namen und Orten – spiegelt.

Was macht die fachliche Anziehungskraft dieses Falles aus?

Das Buch führt ein in die Komplexität falltypischer Konstellationen im Bereich der Sozialen Arbeit. Es zeigt, wie die verschiedenen Dimensionen des Falles unterschiedlichen Institutionen und Experten überlassen werden (müssen), deren spezifische Perspektiven verschiedene Lösungs- und Handlungswege eröffnen, aber auch verschließen. Und es will schließlich zeigen, wie sich die unterschiedlichen Beobachtungs- und Handlungsmuster der Experten so in Beziehung setzen lassen, dass in solchen Fällen Unterstützung und Hilfe für die Kinder und Familien verbessert werden können.

Der flüchtige Blick auf den Fall verleitet zur Feststellung, es handele sich zuvorderst um einen FASD-Fall, d. h. um ein Krankheitsbild: Fetale Alkohol-Spektrum-Störung. Auch, aber eben nicht nur. Man findet außerdem Merkmale von Sucht, Vernachlässigung, Misshandlung, Delinquenz, Multipler Sklerose – und nicht zuletzt eine in sich zerrissene Familie mit schwelenden und offenen Konflikten.

Eine Grundaussage des Buches ist erstens, dass in der heutigen funktional differenzierten Gesellschaft jedes Ereignis ein Mehrfachereignis ist, d. h. ein Ereignis für je verschieden beobachtende Systeme, die auch je verschieden operieren und reagieren. Jeder Einzelfall ist demnach ein Fall im Plural. Das Buch lässt demonstrativ diese verschiedenen Beobachter zur Sprache und ihre Unterscheidungen nebeneinander und gleichrangig zur Geltung kommen. So wird ein Einstieg in die Frage generiert, wie die differenzierte Gesellschaft Komplexität behandelt, und nachvollzogen, wie multiple Realitäten entstehen.

Es geht zweitens darum zu zeigen, wie sich verschiedene problemgenerierende und hilfeauslösende Beobachtungen zu einer konfliktreichen und systemrelationalen multiplen Realität verschränken können, die die Sinnverarbeitungs- und Verstehensfähigkeit der einzelnen Beteiligten und Akteure überschreitet. Es kommen dazu in dem Buch nicht nur Angehörige von Professionen zu Wort, sondern auch unmittelbar Beteiligte wie die Großmutter einer größtenteils in Verwandtenpflege befindlichen mittlerweile jugendlichen Person. Der Jugendliche Steven selbst konnte – aus verschiedenen Gründen – nicht für ein Interview oder Ähnliches gewonnen werden.

Drittens – und hierauf legen wir besonderen Wert – werden anhand des Hilfeverlaufs von den einzelnen FachautorInnen Aussagen gemacht, wie jeweils Förder- und Lernangebote, persönliche und rechtliche Unterstützung bzw. Hilfen und Therapien in typischen Fällen wie diesem persönlich, aber auch organisatorisch und gesellschaftlich, d. h. strukturell, ausgestaltet werden können. Wir zielen hierbei darauf ab, für Praktiker wie Entscheider aufzuzeigen, wie Kindern/Familien wie diesen am besten geholfen werden kann und wie Unterstützung und Hilfen verbessert werden können.

Zuletzt widmen sich die AutorInnen der vierten, möglicherweise spannendsten Frage, nämlich wie diese partizipativ, formal und/oder informal zusammengeführt werden können, um schwierige Lebenssituationen und Hilfeverläufe wie diese in für die Betroffenen weniger leidvolle, befriedigendere, mehr selbstbestimmte und positiv wahrgenommene Lebenssituationen und Hilfeverläufe zu transformieren. Es geht auch darum, wie wir uns auf gemeinsame Vorgehensweisen (Theorien, Methoden, Fähigkeiten, Haltungen) und Qualitätsstandards (Erwartungen an das Produkt) einigen können und diese auch nach außen und gegenüber Kostenträgern transparent machen und durchsetzen können.

So möchten wir mit diesem Buch Antworten auf Fragen wie diese produzieren:

•  Wie bearbeitet die differenzierte Gesellschaft Komplexität?

•  Wie entstehen multiple Realitäten?

•  Wie beobachten Institutionen und ihre Vertreter Hilfeverläufe wie diesen?

•  Wie setzt man sich jeweils mit Ambivalenzen, insbesondere Auftrags- und Zielkonflikten, konstruktiv auseinander?

•  Welche Folgen haben Diagnosen wie FASD, welche Möglichkeiten eröffnen sie aber auch?

•  Wie kann jeweils Kindern/Familien wie diesen am besten geholfen werden?

•  Wie können Unterstützung und Hilfen in Fällen wie diesem verbessert werden?

•  Wie lassen sich jeweilige Beobachtungsmuster brauchbarer miteinander in Beziehung setzen?

Den Autoren wurde die Fallvignette mit den Original-Aktenzitaten, die Sie auch in diesem Buch finden, zusammen mit Leitfragen der HerausgeberInnen zur Verfügung gestellt. Die Positionen der einzelnen Autoren wurden von den HerausgeberInnen nicht gewertet, die Beiträge wurden nur redaktionell überarbeitet. Nach Fertigstellung der Einzelbeiträge initiierten die HerausgeberInnen einen Diskussionsprozess mit den AutorInnen mit der Frage: „WIE lassen sich jeweilige Beobachtungsmuster brauchbarer miteinander in Beziehung setzen?“ Das Ergebnis ist im Abschlusskapitel zusammengeführt und dargestellt.

Unser Ansatz, mehrperspektivisches Arbeiten zu demonstrieren, hat gewisse Parallelen zum Vorgehen bei der von Müller 1993 ausgearbeiteten multiperspektivischen Fallarbeit, einer Betrachtungsweise, die betont, dass „sozialpädagogisches Handeln bewusste Perspektivenwechsel zwischen unterschiedlichen Bezugsrahmen erfordert“ (Müller 2012, S. 21). Wir haben uns jedoch entschlossen, die von Müller verwendete Matrix nicht in den Vordergrund zu stellen. Müller geht von sehr kurzen Fallvignetten aus, um Suchprozesse insbesondere auch für Studierende anzuregen.

Unser Ansatzpunkt ist ein langjähriger, realer, ausführlich von unterschiedlichen Professionen dokumentierter Fall. Dieser Fall spiegelt sich nun in diesem Buch auf doppelte Art und Weise bzw. auf zwei Ebenen: Zunächst direkt in den Originalaktenauszügen, die unterschiedliches Fachwissen, unterschiedliche Zuständigkeiten und Ausschnitte aus der konkreten Arbeit mit dem Jungen zeigen und insbesondere Hinweise zu diagnostischen Einschätzungen und Interventionen enthalten. Hier wäre es für LeserInnen, insbesondere für Studierende, die sich näher für die multiperspektivische Fallarbeit nach Müller interessieren, auch möglich, zunächst eine Zäsur zu machen und selbst mit Hilfe von Aktenausschnitten eine Analyse des Falles nach der Matrix der multiperspektivischen Fallarbeit vorzunehmen.

Tab. 0.1: Multiperspektivische Fallarbeit nach Müller (2012)

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Betreffend das Thema ,mehrperspektivisches‘ berufliches Handeln gibt es weiterhin Schnittmengen und Konvergenzen zu Beiträgen zum professionellen Handeln Sozialer Arbeit von Maja Heiner (2004), die ebenfalls die Heterogenität der Aufgabenstellungen, die Diffusität und Widersprüchlichkeit der Erwartungen konstatiert, für ein tätigkeitsübergreifendes Professionsverständnis Sozialer Arbeit plädiert und diesbezüglich interessante Orientierungen bietet.

Im weiteren Verlauf unseres Buches – auf der zweiten Ebene – spiegelt sich der Fall in den Perspektiven der verschiedenen AutorInnen, die aus ganz unterschiedlichen Fachgebieten stammen: Soziale Arbeit, Psychiatrie, Soziologie, Psychologie, Pädagogik und Recht. Systemisch betrachtet könnte man hier von der Beobachtung der Beobachter, von Kybernetik zweiter Ordnung sprechen. Der Blick unterschiedlicher Experten auf den dokumentierten Fall trägt dazu bei, dass die ,blinden Flecken‘, die notwendigerweise mit den jeweiligen fachlichen Fallzugängen verbunden sind, sichtbar werden. Ganz besonders spannend ist im konkreten Fall beispielsweise die Frage, was das Ein- und Ausblenden der biologischen Beeinträchtigung (FASD) im Fallverlauf bewirkt. In der anfänglichen Standortbestimmung (Theoriebildung) haben wir (als HerausgeberInnen) die AutorInnen gebeten, zunächst ihr Fachwissen und ihre fachliche Perspektive darzustellen und auf folgende Frage einzugehen:

„Was zeigt sich mir, wie beschreibe ich diesen Fall als Experte (Fall von …)?“

Weiterhin haben wir nach facheigenen Erklärungsmustern für den Fallverlauf und nach der Bewertung gefragt. Besonders interessiert hat uns darüber hinaus, von den einzelnen AutorInnen abschließend eine fachspezifisch begründete Handlungsperspektive (Methodenfindung) zu erfragen:

„Durch welche fachspezifische Vorgehensweise könnte der Fall einen für den Klienten positiveren Verlauf bekommen?“

Hierbei geht es um

•  eine hilfreiche Grundhaltung,

•  die prognostische Einschätzung,

•  mögliche Ziele,

•  angemessene methodische Vorgehensweisen,

•  die Gestaltung fachlicher Kooperation und

•  förderliche Rahmenbedingungen.

So möchten wir nicht bei dem – aus unserer Sicht verbesserungsfähigen – Umgang mit dem Jungen und seinen Angehörigen stehen bleiben, sondern insbesondere auch Weiterentwicklungen der Hilfen im institutionellen Bereich und bei den Rahmenbedingungen sowie in Bezug auf die Beziehungsarbeit und die Methoden anregen (Fall mit …). Besonders wichtig war uns dabei auch, die Perspektive der Angehörigen aus der konkreten Lebenswelt mit einzuflechten.

Das Buch richtet sich in erster Linie an Fachkräfte der Sozialen Arbeit und speziell auch an Professionelle unterschiedlicher Fachrichtungen, die mit Menschen befasst sind, die durch vorgeburtliche Alkoholbelastungen geprägt sind. Wir hoffen, einen Beitrag leisten zu können, dass Vorgehensweisen hinterfragt und Hilfesysteme insbesondere mit Blick auf Menschen mit vorgeburtlichen Alkoholbelastungen weiterentwickelt werden.

Im Einzelnen konnten wir die folgenden Buchbeiträge gewinnen:

Claudia M., die Pflegemutter und Oma des Jungen Steven schildert aus ihrer Perspektive den mühsamen Weg, bei Helfern und Institutionen Verständnis für die Probleme eines Menschen mit FASD zu wecken, und ihren aufreibenden Kampf, die dem Pflegesohn zustehenden Hilfen auch tatsächlich bewilligt zu bekommen.

Gela Becker betrachtet den Fall mit den Erfahrungen aus einem freien Träger von stationären Hilfen zur Erziehung, der eine integrative und inklusive Betreuung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit FASD entwickelt. Sie stellt insbesondere auch die Chancen einer umfassenden diagnostischen Abklärung für die Gestaltung konkreter Hilfen dar.

Oda Baldauf-Himmelmann nimmt eine systemische Perspektive ein und hinterfragt die Auftragsklärung und die im Fallverlauf gebildeten Deutungsmuster, welche sich teilweise in den Akten perpetuieren. Sie thematisiert Grundhaltungen der Fachkräfte und zeigt die Notwendigkeit von Reflexionsräumen auf, die es überhaupt erst ermöglichen, einengende Fallkonstruktionen zu Gunsten einer Offenheit für die lebensweltlichen Kontexte zu überwinden. Der Beitrag weist auf gewisse Einseitigkeiten der Perspektiven hin, denn oft – so auch in diesem Band – wird die Perspektive der Pflegemütter (in diesem Fall ist die Pflegemutter zugleich Oma) wesentlich deutlicher als die Perspektive der leiblichen Mutter (die hier nicht zur Beteiligung gewonnen werden konnte). Insgesamt ist die Gruppe der Pflegeeltern welt- und deutschlandweit sehr engagiert, sich für eine angemessene Behandlung und für die Rechte von FASD Betroffenen einzusetzen (http://fasd-deutschland.de). Die leiblichen Mütter sind nicht selten durch ihre eigenen Problemlagen wesentlich weniger in der Lage, sich öffentlich zu äußern. Diese perspektivische Einseitigkeit wird in dem Beitrag von Oda Baldauf-Himmelmann reflektiert.

Annemarie Jost thematisiert die blinden Flecken psychiatrischer Diagnostik und versucht zu zeigen, wie die mangelhafte diagnostische Abklärung im Zusammenhang steht mit einer Tendenz, die vielfältigen Folgeprobleme im Umfeld von Menschen mit FASD vornehmlich durch eine Brille zu betrachten, die persönlichen Defizite bei Fachkräften, (Pflege-)Eltern oder bei den Betroffenen selbst in den Vordergrund stellt. Sie regt an, die Anstrengungen aller Beteiligten deutlich stärker zu würdigen und zu überlegen, wie man diejenigen, die an der Alkoholisierung in unserer Gesellschaft gut verdienen, besser an den Folgen beteiligt.

Christian Eichfeld betrachtet aus der schulischen Perspektive die Gestaltungsmöglichkeiten von Lernkontexten und erläutert die Entwicklung der inklusiven Bildung mit ihrem zentralen Anliegen: „Wie müssen wir Bildungseinrichtungen gestalten, damit jede/r Lernende teilhaben kann?“ Hierbei geht es auch um eine anerkennende Beziehungsgestaltung. Zugleich problematisiert er, dass Lehrkräfte in schulischen Handlungsfeldern bei unklar und widersprüchlich dargestellten Störungsbildern – wie dies im ,Fall Steven‘ geschehen ist – an ihre Grenzen kommen. Er hebt die Bedeutung von professionell ausgestalteten individuellen Förderplänen unter Beteiligung des Schülers und seiner Sorgeberechtigten hervor.

Peter Höflich erläutert Aspekte des Verfassungs- und Familienrechts, des Kinder- und Jugendhilferechts sowie des Schwerbehindertenrechts. Er hebt hervor, dass ein Mix und eine Kumulierung verschiedener Hilfearten notwendig und zulässig sein kann und verweist auf Unterstützungsmöglichkeiten wie Prozesskostenhilfe oder Ombudschaften, wenn Leistungen nicht gewährt werden oder Aufgaben der Ämter auf Sorgeberechtigte abgewälzt werden.

Christian Grauer zeigt, wie wenig das Jugendrecht auf die Spezifik von Menschen mit FASD eingestellt ist und wie wenig ein Jugendrichter in der Regel von einer derartigen Konstellation erfährt. Hieraus ergeben sich u. a. wichtige Anforderungen an die Jugendgerichtshilfe. Zugleich lässt der Beitrag aufhorchen, wie leicht den Betroffenen Unrecht geschehen kann.

Jutta Decarli reflektiert vor dem Hintergrund der anstehenden Novellen des SGB VIII die rechtlichen Rahmenbedingungen und plädiert für eine fachlich gut fundierte inklusive Lösung mit einer gemeinsamen Zuständigkeit für behinderte und nicht behinderte Kinder, so dass die Expertise von Jugend- und Behindertenhilfe gerade auch bei Kindern und Jugendlichen zusammengeführt werden kann, die zwar wie Steven in erster Linie seelisch behindert sind, jedoch unter einer körperlich begründbaren Störung leiden. Zugleich weist sie auf Gefahren hin, wenn fiskalische Überlegungen fachliche Anforderungen dominieren und freie Träger gegenüber den öffentlichen ins Hintertreffen geraten.

Jan V. Wirth beschreibt, was sich dem Soziologen zeigt, wie die funktional differenzierte Gesellschaft Ambivalenzen produziert und wie Familien von diesem sozialen Wandel miterfasst werden. Mit Hilfe der soziologischen Kategorien von Interaktion, Organisation und Gesellschaft und einem biopsychosozialen Verständnis von Lebensführung werden aus Strukturproblemen hervorgehende Entwicklungsaufgaben für involvierte Akteure identifiziert, die sich abschließend in mehrdimensionalen Handlungsempfehlungen niederschlagen. Deutlich wird, welche blinden Flecken und Vereinseitigungen der gegenwärtige noch zu somatisch dominierte FASD-Diskurs aufweist. Mit Hilfe des von Wirth ausgearbeiteten Ambivalenz-Theorems (2014, S. 212 f.) würden sich die beobachteten Phänomene in die Ambivalenz von Wirklichkeit und Möglichkeit einordnen lassen, die wiederum in reflexiven Prozessen gegeneinander zu konturieren sowie professionell und ethisch aufgabenorientiert zu bewerten sind und genau dadurch sozial eingebetteten Akteuren den nächsten kleinen Schritt in eine Zukunft ermöglichen, die immer auch anders sein könnte.

Allen Autorinnen und Autoren der Beiträge sei sehr gedankt dafür, dass dieses tätigkeits- und disziplinübergreifende Projekt realisiert werden konnte. Der Kohlhammer Verlag, namentlich Herr Dr. Burkarth und Frau Häge betreuten diesen Band in vorzüglicher Weise, wofür wir uns ebenfalls sehr herzlich bedanken. Wir wünschen Steven, seiner Mutter und seiner Großmutter alles Gute.

Cottbus, Düsseldorf

Annemarie Jost, Jan V. Wirth

Images  Literatur

Heiner, M. (2004). Professionalität in der sozialen Arbeit. Stuttgart: Kohlhammer.

Müller, B. (2012). Sozialpädagogisches Können. Freiburg: Lambertus.

Wirth, J. V. (2014). Die Lebensführung der Gesellschaft. Heidelberg: Springer.

 

 

1          DER FALL

1.1       Chronologie (von den HerausgeberInnen erstellt)

Steven M., geb. am 14.3.2000 als Kind einer alkohol-, medikamenten- und drogenabhängigen Mutter Katrin, Vater sei nur von Fotos bekannt:

•  lebt seit Mitte 2000 im Haushalt der Frau Claudia (Oma mütterlicherseits, 54 Jahre, geb. 1962), diese hat neben der ältesten Tochter Katrin (35 Jahre, geb. 1981) noch zwei erwachsene Töchter (Karla: 31 Jahre, geb. 1985; Tina: 27 Jahre, geb. 1989);

•  im März 2006 Geburt des ersten Halbbruders mütterlicherseits, der inzwischen in stationärer Jugendhilfe betreut wird; seither Geburt von mindestens zwei weiteren Halbgeschwistern (Geburtsdaten nicht bekannt);

•  nach erheblichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Mutter und Oma u. a. im Zusammenhang mit Umgangs- und Sorgerechtsfragen wird die Oma Sorgerechtspflegerin für Steven und erhält Hilfen zur Erziehung;

•  September 2006 Einschulung von Steven;

•  Oktober 2008 erleidet Steven eine Pfählungsverletzung des Oberschenkels rechts mit Oberschenkelphlegmone und Faszitis beim Ballspiel (mehrere Krankenhausaufenthalte in Folge gefährlicher Wundinfektionen im Anschluss an die Verletzung);

•  seit 2009 Diagnostik, Beratung und Therapie für Steven in einem Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ);

•  seit 2009 bis 2013 erhält Frau Claudia M. für Steven zusätzliche Hilfe in Form einer Erziehungsbeistandschaft gem. §§ 27, 30 SGB VIII (sechs Stunden pro Woche);

•  seit 2009/2010 ist Steven als Schwerbehinderter zu 50 % ohne Merkzeichen anerkannt;

•  eine Anerkennung als sonderpädagogische Pflegestelle erhält Frau Claudia M. erst, nachdem sie mit Hilfe eines Rechtsbeistandes Widerspruch gegen einen Ablehnungsbescheid einlegt;

•  2010 gab es schulischerseits Interventionen, da Steven erheblichen Anfeindungen seiner Mitschüler ausgesetzt war;

•  schulisch erhält Steven in dieser Zeit Nachteilsausgleiche und in 2011 zwei Stunden pro Woche Förderunterricht;

•  beantragt wird in 2011 darüber hinaus gemäß § 35a SGB VIII ein schulischer Einzelfallhelfer, auch bezüglich der Anwendung des § 35a SGB VIII gibt es einige Schriftwechsel, die jedoch aus Platzgründen nicht alle in die Falldarstellung genommen wurden;

•  in 2011 Familientherapie (Oma und Steven) im Rahmen eines Kuraufenthaltes;

•  in 2011 Umzug und Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem erforderlichen Schulwechsel;

•  in 2011 und 2013 stationäre Aufenthalte von Steven in Kinder- und Jugendpsychiatrischen Kliniken;

•  in 2011 und 2012 stationäre Behandlungen von Steven in einer Klinik für Kinder- und Jugendmedizin (aufgrund von Kopfschmerzen, Schwindel und Brustschmerzen);

•  zunehmende gesundheitliche Beeinträchtigungen der Oma Claudia M. in Folge einer Multiplen Sklerose (MS);

•  seit 2013 für Steven stationäre Jugendhilfe (Heimunterbringung in drei verschiedenen Einrichtungen; Stand Anfang 2016);

•  in 2014 medial aufgenommene dramatische Rettungsaktion in 50 Meter Höhe, nachdem Steven gemeinsam mit einem anderen Jungen bei einer Ferienmaßnahme des Heimes einen Felsen bestiegen hat;

•  seit 2013 wiederholte Anzeigen gegen Steven wegen Diebstahl, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ohne gültigen Fahrschein.

1.2       Personalliste ,Steven M.‘ (nach Pantucek)

Tab. 1.1: Personalliste ,Steven M.‘, erstellt von J. V. Wirth auf Grundlage vorhandener Dokumente

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NameAlterRolle/FunktionInstitutionKontakt

1.3       Genogramm-Reproduktion vom Original (J. V. Wirth)

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Abb. 1.1: Genogramm, erstellt von Claudia M. und der Pyschologin (Institution unbekannt); Reproduktion von J. V. Wirth

1.4       Auszüge, chronologisch aufsteigend1

Aufzeichnungen aus dem Kindergarten

05.03.2004

Spielbeobachtung 8:45–9:15 Uhr:

Steven hat heute Malschablonen mitgebracht und legt für jedes Kind eine auf den Tisch. Brian will mit Steven puzzlen, aber Steven sagt er hat noch zu tun; – er überlegt eine Weile und hilft Brian beim Puzzlen; – jetzt liegt er für jedes Kind noch ein Blatt auf die Schablone; – Steven setzt sich an den Tisch und will jetzt malen, er nimmt einen Stift und sagt der malt nicht gut, kommt mit den stiften zu mir und sagt der malt nicht mehr so gut, Sabine gibt Steven einen anderen Stift und malt eins vor; – jetzt probiert es Steven alleine; – geht zu Sabine und Brian und puzzelt mit; – schaut sich das fertige Puzzle an und rutscht darauf rum; – anschließend erzählen Steven und Brian was man auf dem Poster sieht, zwei Trecker, eine Tankstelle, Wasser; – redet auf Sabine ein aber sie hört nicht gleich; – „schau mal Biene das sind Enten, Marienkäfer“; Steven und Brian vergleichen die Trecker auf dem Puzzle und stellen fest dass sie beide gleich aussehen; – rutscht wieder auf dem Puzzle und sagt er ist wieder ausgerutscht erzählt dass das Eis platzt und wieder Wasser da ist; – geht auf das Podest und sagt er springt jetzt ins Wasser; – anschließend geht er in den Schlafraum und springt auf dem Polster herum.

Einschätzung 48 Monate:

1.  Motorik: Steven kann Roller, Dreirad und andere Fahrzeuge zielgerichtet und sicher bewegen, auch Hindernissen ausweichen; das Springen aus dem Stand bereitet ihm noch Schwierigkeiten, er muss sich viel Mühe geben dann gelingt es ihm auch (mit geschlossenen Beinen circa 30–50 cm nach vorn springen)

2.  Feinmotorik: Steven hält den Stift oder Pinsel mit der Spitze der ersten drei Finger; er malt Gegenstände und Menschen und kann seine Bilder auch erklären

3.  Sprache: Steven verwendet ,Ich‘ zur Selbstbezeichnung, er erzählt gern Erlebtes von zu Hause und Geschichten die er sinnvoll aneinandersetzen kann und bringt sie in zeitlich richtige Reihenfolge

4.  Denken: Steven beteiligt sich selten an Regelspielen (Puzzle, Memory, Würfelspiele), er ist zwar dazu auch in der Lage, aber diese Spiele dauern ihn zu lange still, sitzen mag er nicht so, Ausnahme ist hier nur ein interessantes Buch, das schaut er auch länger an, Steven liebt Bewegungsspiele, er stellt viele Fragen warum wieso waren und so weiter und ist vielseitig interessiert.

5.  Emotionen: Steven bringt seine Gefühle direkt zum Ausdruck er zeigt Freude, und anderes unmittelbar, es fällt ihm noch schwer seine Gefühle zu steuern und z. B., auch einmal auszuhalten und sich trösten zu lassen.

Mitteilung des Allgemeinen Sozialen Dienstes des zuständigen Jugendamtes an das Familiengericht

28.07.2004

Mit Schriftsatz vom 04.05.2004 wurde angefragt, ob der Grund für das Ruhen der elterlichen Sorge, gemäß Beschluss vom 27.02.2001, noch gegeben ist.

Aus diesem Grund führte ich mit der Großmutter, Frau Claudia, und dem Enkelsohn Steven, am 27.07.2004, ein Gespräch.

Der inzwischen 4-Jährige ist ein gesunder, froher, aufgeweckter Junge. Seit 12/00 besucht Steven die KiTa „Wunderland“, in der Zeit von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr. Ich erfuhr, dass der Enkelsohn von 2000 bis zum heutigen Zeitpunkt noch nie ernsthaft erkrankt war.

Steven spricht seine Oma mit „Mama“, „Mutti“ an, selten jedoch mit Oma. Ich erklärte Frau Claudia M., dass ich dies nicht so gut finde, begründete dies auch ihr gegenüber. Die Großmutter ließ mich wissen, dass Steven schon sagt, das ist meine „Bauchmama“ (leibliche Mutter) und du bist meine „Oma-Mama“!

Zwischen Frau Claudia und der Tochter Katrin bestehen sporadische Briefkontakte. Die letzte Post erreichte die Großmutter vom 11.08.2004, in der ihr mitgeteilt wurde, dass sie sich im Krankenhaus befinde.

Das sich Frau Katrin M. erneut in Haft befand, war ihrer Mutter nicht bekannt. Die Nachricht der JVA lege ich dem Schreiben als Ablichtung bei.

Im September 2003 hielt sich die Kindesmutter für eine Woche im Haushalt ihrer Mutter in B. auf. Im Dezember 2003 ein weiteres Mal. Dieser Besuch wurde jedoch von Seiten der Frau Claudia M. am 2. Weihnachtsfeiertag abgebrochen, aus Angst um ihre Wohnung und zum Schutz des Enkelsohnes. Im Kinderzimmer der jüngeren Schwester verursachte Katrin einen Brandschaden, ließ ihre Spritzen frei herumliegen, so dass Steven diese hätte nehmen können. Diese Verantwortung zu tragen, sah sich die Mutter und Großmutter nicht mehr im Stande. In dieser Zeit des Urlaubs schaffte es Katrin nicht, sich mit ihrem Sohn zu beschäftigen. Im Gegenteil. Sie versprach ihm, gemeinsam zu spielen, als sich Steven dieses Versprechen einforderte, schrie sie ihn an: „Mensch, du gehst mir auf die Nerven!“

Seit Februar 2000 lebt der Enkelsohn Steven bei Frau Claudia M. Sie sagt, dieses Leben mit ihm, erlebt sie noch einmal ganz anders, als mit ihren eigenen Kindern, da er ein lebhaftes Kind ist. Die eigenen Kinder, Tina und Karl, möchten „den Kleinen“ nicht mehr missen. Frau Claudia M. erklärt sich bereit, auch weiterhin für ihren Enkelsohn zu sorgen und ihn zu erziehen. Denn Steven in eine ungewisse Zukunft, z. B. zur leiblichen Mutter nach A., zu geben, könnte sie nie verkraften.

Aus der Sicht des Jugendamtes sehe ich auch die weitere Perspektive des Jungen bei seiner Großmutter. In regelmäßigen Abständen erscheint Frau Claudia M., mit Steven, bei mir im Jugendamt. Wir nehmen uns dann Zeit füreinander, ich erfahre Neuigkeiten über den Jungen und konnte mich bis jetzt immer von seinem Wohlbefinden überzeugen. So wie die Großmutter es praktikziert, dass sie der leiblichen Mutter/ihrer Tochter regelmäßig Post und Bilder von Steven zukommen lässt, dabei sollte es auch in der Zukunft bleiben.

Frau Katrin M. lebt in einer betreuten Wohnform, in A. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist jeglicher Kontakt zwischen dem Jugendamt und der Kindesmutter abgebrochen.

Die Vorkommnisse während der Beurlaubung sind Zeichen für mich, dass die Mutter weiterhin drogenabhängig ist und mit den Drogen unverantwortlich umgeht, was ihre Mitmenschen betrifft.

In unserem vorliegenden Fall wäre zu überlegen, ob der Beschluss vom 29.03.2001, gemäß § 1674 BGB umgewandelt werden könnte, in den § 1630 Abs. 3 BGB vorausgesetzt, die Kindesmutter Katrin gibt ihr Einverständnis.

Mitteilung des Allgemeinen Sozialen Dienstes des zuständigen Jugendamtes

17.01.2005

In obiger Sache führten wir als zuständiges Jugendamt verschiedene Gespräche mit Frau Claudia M. (Vormund) und dem Enkelsohn Steven sowie schriftlichen Kontakt zur Kindesmutter. Wie wir erfahren konnten, ist die Kindesmutter Katrin M., noch wohnhaft im Betreuten Wohnen in A., noch nicht in der Lage, ihre elterliche Sorge für Steven auszuüben, da sie nach wie vor keine Bindung zu ihrem Sohn hat und die elterlichen Pflichten nicht ernst nimmt, wie Besuche in letzter Zeit wieder zeigten.

Diesbezüglich möchte die Großmutter nun auch einen Antrag gemäß § 1630 BGB stellen.

Beabsichtigt wurde von Katrin M. auch im Oktober letzten Jahres, dass sie alle Vollmachten und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Steven auf ihre Mutter Claudia M. überträgt, was bis jetzt aber noch nicht geschehen ist. Anfang 2005 wollte sie ursprünglich auch wieder nach B. zurückziehen.

Steven äußerte nach einer persönlichen Befragung, dass er nicht mehr zur „Bauchmutti“ (Katrin M.) möchte, weil sie nur schimpft und nicht mit ihm spielt. Des Weiteren zeigt er negative Auffälligkeiten im Benehmen, wenn ein Besuch der Kindesmutter ansteht. Diesbezüglich müsste auch eine langsame Rückführung zu Katrin M. erfolgen, wenn sie wieder in B. wohnt.

Erklärung der Großmutter Frau Claudia M. für das Amtsgericht

03.03.2005

Steven wurde am 12.04.2000 geboren. Zu diesem Zeitpunkt bewohnte seine Mutter, meine Tochter Katrin M., gemeinsam mit Stevens Vater eine eigene Wohnung in F., wenige hundert Meter von meiner Wohnung entfernt. In den darauffolgenden Tagen und Wochen überließ Katrin mir wiederholt und von längerer Dauer (mehrere Tage und auch Wochen) unabgesprochen das Kind.

Im Mai 2000 erreichte ich, dass Katrin eine Wohnung direkt neben meiner anmieten konnte. Ich hoffte, dass dann ihr Verhältnis zu ihrem Baby sich intensivieren und meine Hilfe nur gelegentlich in Anspruch genommen würde. Die Situation verschlimmerte sich jedoch. Das Kind lebte fast nur noch bei mir und wurde vollständig durch mich versorgt. Das Interesse meiner Tochter an ihrem Kind war nur wenig vorhanden. Steven war kein Wunschkind und dass konnte man in den Äußerungen meiner Tochter deutlich merken.

Im November 2000 verließ Katrin dann dauerhaft ihre Wohnung und ihr Kind.

Bis September 2003 gab es außer einer SMS keinen Kontakt von Katrin zu mir oder ihrem Kind.

Fast drei Jahre kümmerte ich mich um meinen Enkel wie eine leibliche Mutter. Natürlich ist mir der Junge inzwischen sehr ans Herz gewachsen und ich bin auch für ihn die erste Bezugsperson.

Ab September 2003 gab es dann wieder gelegentliche Kontakte mit Katrin. Diese waren aber für mich und Steven nur zweimal positiv. Meine Tochter tritt anmaßend, unflätig und der jeweiligen Situation nicht angepasst auf. Katrin ist unzuverlässig und unehrlich. Mehrmals gab sie einen Besuchstermin bei ihrem Sohn und mir an, welchen sie ohne Abmeldung oder Entschuldigung dann doch nicht wahrnahm. Sie vernachlässigt auch erheblich ihre Körperpflege. Zu Steven konnte sie in den letzten Monaten kein Verhältnis aufbauen. Sie geht weder kindgerecht mit ihm um noch ist sie ihm in ihrem Verhalten und in ihrem Äußeren ein Vorbild.

Großspurig äußert sie, was sie alles tun möchte, setzt ihre Vorhaben aber nicht in die Tat um. So wollte sie zum April nach B. umziehen, um die räumliche Nähe zu ihrem Kind zu erlangen. Bis heute ist nicht mal der erste Schritt zum Anmieten einer Wohnung unternommen worden.

Katrin überschätzt sich enorm und nimmt Kritik in keiner Weise an. Die Möglichkeit einer Übertragung des Sorgerechtes gemäß § 1630 II BGB sehe ich leider nicht. Ich habe mit Katrin darüber gesprochen, auch in Beisein der Rechtspflegerin Frau B. Meine Tochter schließt diese Möglichkeit kategorisch für sich aus.

Zunächst war angedacht, das Sorgerecht nach Wegfall des Ruhens bei Katrin zu belassen und zukünftig in gemeinsamer Absprache die weitere Entwicklung des Kindes abzusichern.

Leider sehe ich diese Möglichkeit nicht mehr für gegeben. Die Beziehung zwischen Katrin und mir wird immer von Spannungen gekennzeichnet sein. Auch meine beiden weiteren Töchter Tina (15 Jahre) und Karla (19 Jahre) meiden den Kontakt zu Katrin. Ich halte meine Tochter nicht in der Lage, das Sorgerecht verantwortungsvoll auszuüben und eine positive Entwicklung des Kindes zu gewährleisten.

Für Stevens und auch meine künftige Absicherung sehe ich mich daher veranlasst, den Entzug des Sorgerechtes meiner Tochter Katrin für ihren Sohn Steven anzuregen.

Für das Amt des Vormunds stehe ich selbstverständlich bereit.

Brief von einer Sozialarbeiterin des Betreuten Gemeinschaftswohnens (der andauernden Hilfeform für Katrin) an Frau Claudia M. (Oma)

23.03.2005

Sehr geehrte Frau Claudia M.,

als Sozialarbeiterin betreue ich Ihre Tochter Katrin M. im Rahmen des Betreuten Gemeinschaftswohnens in A. Ihre Tochter bat mich Ihnen bezüglich des geplanten Umzuges von A. nach B. [ dies ist der Wohnort von Steven] diesen Brief zu schreiben.

Katrin besprach schon seit längerem (mindestens seit Dezember 2004) ihre Umzugspläne nach B. mit mir. Seit Januar 2005 bin ich darüber informiert, dass der Umzug aufgrund der rechtlichen Situation bis zum 02.04.2005 zu erfolgen hat. Katrin besprach im letzten Viertel Jahr wiederholt konkrete Schritte mit mir, welche für den Umzug erforderlich sind. So unterstützte ich sie beispielsweise im Februar 2005 beim Stellen von Anträgen auf Umzugsbeihilfe sowie auf Kostenübernahme von Kinderzimmermöbeln und von zusätzlichen Fahrkosten nach B. Für die Bewilligung des Antrages auf Umzugsbeihilfe muss Katrin noch Kostenvoranschläge einer möglichst in B. ansässigen Umzugsfirma einholen. Die Anträge auf Kostenübernahme von Kinderzimmermöbeln und von zusätzlichen Fahrkosten nach B. wurden beide abgelehnt.

Auch bei der Suche eines Substitutionsarztes unterstützte ich K. und vereinbarte mit ihr für den 09.03.2005 einem Termin bei Dr. X. in C. Leider konnte dieser Arztbesuch nicht stattfinden (er wurde auf Anfang April laut K. verschoben), über die Umstände wurden Sie von K. informiert, wie sie mir erzählte.

K. versicherte mir gegenüber, dass es ihr wichtig ist, nach B. umzuziehen und sich um ihren Sohn Steven zu kümmern. K. hat mir mehrmals von Unstimmigkeiten zwischen Ihnen und ihr bezüglich der Erziehung/des Sorgerechts des Sohnes Steven berichtet. Da Katrin mir gegenüber geäußert hat, dass es ihr wichtig ist, diese Unstimmigkeiten aus dem Weg zu räumen, möchte ich Ihnen hiermit meine Bereitschaft mitteilen, ein telefonisches oder persönliches Dreiergespräch mit Ihnen und Katrin zu dieser Angelegenheit zu führen.

Stellungnahme der Kindesmutter Katrin M. an das Jugendamt

März 2005

Seher geerhte Damen und Heeren,

Wie sie schon bemerkt haben müssen liegt diesem Brief auch eine Notiz bei die ich mir machte um den selbigen zu schreiben. Ich habe mich jetzt aber dazu entschieden die Vergangenheit nicht so genau zu schildern weil es zu lange dauern würde.

Als ich am 23.11.00 mein Kind und meine Wohnung verlies war ich auf dem Weg nach N. zur Entgiftung. Werend meines 1 1/2 stündigen Aufenthaldes in A. suchte und fand ich auch Stevens Vater Paul U. (der schon acht Wochen zuvor unsere gemeinsame Wohnung verlies, weil auch er die permanenten Streitereien in denen immer meine Mutter, die Ihn nie hat vergessen lassen das sie Ihn nicht ausstehen kann, Tehmer war). Als ich dann meinen Anschluß Zug nach N. verpasste wurde ich an diesem Tag nicht mehr in der Klinik aufgenommen und es war eine mindest wartezeit von 10 Tagen vorgesehen vor deren ablauf keine Aufnahme möglich war. Als ich darauf hin meine Mutter anrief sagte mir diese das ich überhaupt nicht nach hause kommen brauch bevor ich nicht clean bin und sie würde auch nicht zulassen das ich in die Nähe meines Babys komme. Sie drohte mir immer mit dem Jugendamt. Eine Zeitlang ca. drei Monate getraute ich mich nicht wieder Kontakt zu meiner Mutter aufzunehmen, bis ich Ihr einige SMS schrieb auf die sie auch antwortete. Sie schrieb mir das ich sowieso keine Wohnung mehr hätte und auch Steven würde ich nicht mehr wieder bekommen allso könne ich doch bleiben wo ich bin, daheim wolle ja keiner mehr was von mir wissen. (Sie holte auch bis April 2001 meine Sozialhielfe bei Frau R. ab, was Sie auch überprüfen können). Von da an vergingen fast drei Jahre bis sie entlich auf einen Brief den ich Ihr aus dem Krankenhaus schrieb antwortete. In diesen Jahren versuchte ich oft Kontakt mit Ihr aufzunehmen. Als ich im Jahr 2001/2002 Öfters über lange Zeit im Krankenhaus war wollte auch mein Ex Freund Kontakt mit Ihr aufnehmen ohne erfolg. 2002 lag ich dann für sechs Monate am Stück in der Klinik, davon lange Zeit auf der Intensivstation. In dieser Zeit gab es Wochen in denen nicht sicher war ob ich überleben werde. Aus diesem Grund nahm eine Sozialarbeiterin Kontakt mit Ihr auf und bat Sie, mich wenigstens ein mal zu besuchen, weil es mein Wunsch war meine Mutter und meinen Shon noch einmal zu sehen. Aber auch das lehnte Sie ab Sie war nicht mal bereit mir einen Brief zu schreiben. Aber gut soviel dazu. Ich weiß das ich viele Fehler gemacht habe die auch nicht weider gut zumachen sind aber ich wünsche mir es in Zukunft besser machen zu dürfen. Ich bin meiner Mutter sehr dankbar das Sie mein „Baby“ so gut großgezogen hat und ich weiß das beide sehr an einander hängen. Aber ich bin auf keinen Fall bereit das Sorgerecht freiwillig an meine Mutter abzugeben. Weil ich große Angst habe das meine Mutter mir dann noch weniger Möglichkeiten lässt eine Beziehung zu Steven aufzubauen als so schon. Ich bitte Sie hiermit inständig mir das Sorgerecht bitte nicht zu entziehen, denn es hat sich nichts geändert an meinem Vorhaben mich um Steven zu kümmern. Das noch kein Schritt getahn ist um nach B. zurück zu kommen ist nicht wahr (dazu lege ich einen Brief (Kopie) bei der an meine Mutter von meiner Betreuerin geschrieben wurde) mein Betreuerin wird Ihnen auch gerne persönlich bestätigen das wir an meinem Umzug arbeiten. Das sich ein paar Dinge als so schwierig erweisen das ich es nicht bis zum 02.05.05 schaffe um zuziehen war nicht vorraus zu sehen. Z. B. giebt es in B., C. und Umgebung nur einen Arzt (Dr. Y.) der ein Mehterdonprogram anbietet und der hat so viele Patienten das er mich nicht unbedingt aufnehmen möchte. Das nächste Problem war das die bearbeitung meines antragen auf Umzugsbeihilf sehr lange gedaurt hat, und da ich meinen Umzug nicht alleine finanzieren kann bin ich darauf angewiesen. Und so kommt eins zum anderen und das Ergebnis ist das ich es nicht geschafft habe bis zum 02.05.05 umzu ziehen. Deshalb hat sich mein Vorhaben nicht geändert. Ich liebe meinen Shon und Er fehlt mir sehr, deshalb bitte ich Sie um eine Changse bitte enziehen Sie mir nicht das Sorgerecht. Ich will meiner Mutter Steven doch nicht wegnehmen, ich will nur seine Mama sein. Natürlich giebt es mit meiner Mutter immer mal wieder Streit, aber wenn es um Stevens wohl geht würde ich immer mit Ihr Kooperieren. Und natürlich würde ich auch alle Vollmachten die sie brauch so lange verlängern wie es nötig wäre. Die Schilderungen über meine Besuche bei meiner Mutter sehe ich nicht ganz so wie meine Mutter. Ich habe das Gefühl das Steven sich immer sehr freut wenn Er mich sieht, natürlich ist Er immer sehr aufgedreht und übermütig, was sich denke ich ändern, wenn wir regelmäsig zusammen Zeit verbringen könnten. Auch fragt Er mich immer wann ich denn wieder mit Ihm spielen kömme und ob Er auch bald mal bei mir schlafen könne. Auch ist es nicht ganz richtig das immer wieder Besuchstermine von mir gemacht werden die ich dann nicht einhalte. Es ist zweimal vorgekommen das ich schlicht und einfach kein Geld hatte. Aber wenn ich Steven versprech Er muß nur so und so viel mal schlafen bis ich wieder da bin dann bin ich auch immer da gewesen. Wie gesagt ich bin meiner Mutter sehr dankbar für das, was sie getahn hat, vieleicht brauchte ich die Zeit noch um mein Leben in Ordnung zu bringen. Aber jetzt geht es mir gut, ich habe aus meinen Fehlern gelernt und ich würde das alles nicht wieder tuhen. Doch nun bitte ich Sie von Herzen, lassen Sie mich Mutter sein und für mein großes „Baby“ da zu sein. Bitte ich habe mein Drogenproblem im Griff (hab sei einem Jahr nichts mehr genommen) was Sie auch nachprüffen können. Und ich bemühe mich sehr so schnell wie möglich Umzuziehen. Bitte enziehen Sie mir nicht das Sorgerecht, meine Mutter wird alle Vollmachten, die Sie braucht auch bekommen. Ich liebe meinen Sohn sehr. Ich bitte Sie mir noch sechs allerhöchstens acht Wochen zu geben um meinen Umzug zu vollziehen. Ich bedanke mich im vorraus.

Mit freundlichen Grüßen

Katrin M.

P.S. Bitte achten Sie nicht zu sehr auf die Rechtschreibung, ich bin sehr aufgerehgt. Danke.

Noch zum Schreiben vom 03.03.2004

Obwohl ich überrascht war über das schreiben (weil wir ja eine Ihnen bekannte und auch schriftlich festegehaltene Abmachung vorest bis 02.05.2005 getroffen haben) wundert es mich nicht das Frau Claudia M. zum heutigen Zeitpunkt auf einmal so reagiert. Das ich mit dem Vater von Steven eine Wohnung nur ein paar hundert Mehter von der von Frau Claudia M. entfernd bewohnte entspricht der Wahrheit, jedoch nicht das wir unseren Sohn für Tage oder Wochen seiner Großmutter überlisen. Im Mai 2000 hatte meine Mutter mich dann soweit beeinflust und schlieslich überredet gegen den Willen meines Freundest, eine Wohnung dereckt neben Ihr zu beziehen. Und da fingen meine Sorgen erst richtig an. Auch hatte ich zu dieser Zeit ein sehr liebevolles Verhältnis zu meinem Baby. Ich leugne aber nicht das es Probleme bei der Versorgung von Steven und Haushalt gab. Aber den Grund dafür sehe ich eher darin das ich überfordert war, ich merkte erst am ende des 5. Monats, das ich schwanger war. Auch gab es immer mehr Streit zwischen mir und Stevens Vater, weil Frau Claudia M. keine gelegenheit auslies mir und Ihr zuzeigen das er unerwünscht war. Sie sprach Ihn auch selten mit seinem Namen an, für Sie war er immer nur der Zauberlärling. Vor Stevens Geburt wollte Frau Claudia Paul nicht (auch nicht aus Ärtzlicher Sicht) glauben das mein Baby ein Shon wird, erst, als sie es mit eigenen Augen sah und klopfte Sie Paul U. [ Stevens Vater] auf die Schulter und sagte „haste gut gemacht jetzt darfst Du bleiben (was andere Personen die als Besuch da waren bestätigen können/und das war für mich und Paul U. sehr verletzend und sicher auch nicht als Scherz gemeint. Das Steven kein Wunschkind war ist richtig, aber das ich Ihn nicht Liebe ist nicht war. Meine Mutter hat mir doch nie eine Changs gegeben eine tiefere Bindung zu Steven aufzubauen, für Sie war Er schon immer der Shon den sie nie hatte, auch wenn sie es leugnet. Ich habe auch am 23.11.00 mein Kind und meine Wohnung nicht einfach so verlassen, und das sollte gleich garnicht auf Dauer sein. In dem halben Jahr was wir Tür an Türs mit Frau Claudia M. wohnten, wurden die Streitereien zwischen mir und Stevens Vater immer öfter.

Informationen des KiGa zum Sozialverhalten von Steven

13.04.2005

Steven ist ein aufgeschlossenes, freundliches Kind. Er hat zu den Kindern und Erwachsenen in den Kindergarten guten Kontakt, er ist ein beliebter Spielpartner. Es fällt ihm oft noch schwer, sich in eine neue Situation zu finden, z. B. wenn er früher in den Kindergarten soll oder nachmittags nach Hause. Das führt manchmal zu Schwierigkeiten beim Abholen (er will nicht mitgehen). Wenn seine leibliche Mutter da ist, verstärken sich diese Schwierigkeiten. Auch sein Verhalten ändert sich. Er wird zappelig, ärgert die Kinder und zerstört mutwillig die Bauwerke anderer Kinder. Man merkt ihm an, dass er unzufrieden und unausgeglichen ist. Es dauert eine Weile, wenn seine Mutter wieder weg ist dann ändert sich dieses Verhalten wieder. Er hat eine feste und liebevolle Beziehung zu seiner Oma, so sagte er z. B. ich will aber mit dir rodeln gehen und nicht mit „Bauchmama“. Er erzählt oft von zu Hause und was er mit seiner Oma unternommen hat. Es macht den Eindruck, als ob er mit der bestehenden Situation zufrieden wäre (bei Oma leben, Mutter als Besuch).

Mitteilung: Allgemeiner Sozialer Dienst an das Familiengericht

05.05.2005

Familiensache Steven M.

Sehr geehrte Damen und Herren,

In obiger der Sache führten wir als zuständiges Jugendamt verschiedene Gespräche mit Claudia (Oma), Katrin (Kindesmutter) und Steven (Kind) zur Perspektivklärung durch.

Momentan kann die Kindesmutter ihre elterlichen Pflichten gegenüber Steven noch nicht ausüben, da sie sich immer noch im betreuten Wohnen in A. befindet und an einem Methadonprogramm teilnimmt. Wie sie mit zusicherte und auch dem Gericht geschrieben hat, möchte sie bis spätestens Mai 2005 den Umzug von A. nach B. vollzogen haben. Damit einher gehen auch die Wohnungssuche in B., ein Arztwechsel zu Dr. Y. in C., die Absicherung der Kostenübernahme des Umzugs sowie Negativbescheide der Drogentests. Katrin größter Wunsch ist es, dass wieder eine Annäherung zwischen Steven und ihr erfolgt. Nur deshalb möchte sie auch wieder nach B. ziehen.

Frau Claudia hat ein gespaltenes Verhältnis zu Tochter Katrin. Sie sieht Katrin noch nicht in der Lage, Steven großzuziehen, da er zum einen bei ihr aufgewachsen