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Felice Stevens

Unvergleichlich

Breakfast Club 3

 

Aus dem Englischen von Susanne Scholze

 

 

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2017

http://www.deadsoft.de

 

© the author

Titel der Originalausgabe: Second To None

(Breakfast Club 3)

 

Übersetzung: Susanne Scholze

 

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

 

Bildrechte:

© REDPIXEL – fotolia.com

© zinkevych – fotolia.com

© tverdohlib – fotolia.com

 

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-147-5

ISBN 978-3-96089-148-2 (epub)

 

 

Für meine Familie, die in meinem Herzen immer an erster Stelle stehen wird.

 

 

 

 

Inhalt:

Der Nachtclubbesitzer Marcus Feldman hat noch nie einen Mann getroffen, den er nicht geliebt hätte, zumindest für eine Nacht. Denn er ist der Ansicht, dass Monogamie und Heirat nur etwas für Narren ist, und Marcus ist alles andere als ein Narr.

 

Tyler Reiss’ Traum, Profitänzer zu sein, zerschlägt sich unerwartet und wird von einer anderen Leidenschaft abgelöst. Er tauscht seine Ballettschuhe gegen Go-Go Stiefel und verbringt seine Nächte damit, im heißesten Gay-Club der Stadt zu tanzen. Für Trinkgeld mit den Gästen zu flirten, fällt ihm leicht, aber seinem Chef Marcus zu widerstehen, wird mit jedem Tag schwerer.

 

Unvorhergesehene Umstände bringen Marcus und Tyler einander näher, doch obwohl sie der gegenseitigen Anziehungskraft nachgeben, kämpfen beide darum, ihre Herzen zu schützen.

 

3. Band der Breakfast Club Reihe

 

Kapitel Eins

 

„Was ist los, Boss? Keiner mehr da zum Spielen?“

Die letzten wohltuenden Tropfen Glenlivet rannen durch Marcus’ Kehle, ehe er seinem Sicherheitschef antwortete.

„Verschwinde, Darius. Ich bezahle dich dafür, an der Tür zu stehen und einschüchternd auszusehen, nicht dafür, wie eine lästige Fliege um mich herumzuschwirren.“ Er taxierte die breite Brust des Mannes und obwohl ihm gefiel, was er sah, hatte Darius bereits am ersten Tag klargestellt, dass er für nächtlichen Spaß und Spielchen nicht zu haben war. Marcus stellte sein leeres Glas auf der Theke ab und der niedliche, dunkelhaarige Barkeeper, den er letzte Woche eingestellt hatte, tauchte unverzüglich auf. Ohne dass er darum gebeten hatte, wurde Marcus’ Glas wieder gefüllt und ihm ein keckes Lächeln geschenkt.

„Danke, Antonio.“

„Lassen Sie mich wissen, wenn Sie sonst noch etwas brauchen.“ Antonios dunkle Augen hielten seinen Blick fest. „Ich stehe vollkommen zu ihrer Verfügung.“ Antonio zwinkerte ihm zu und ging mit einem betonten Hüftschwung zur anderen Seite der Bar, um einen Gast zu bedienen. Während er Antonios Hintern in den hautengen, roten Lederhosen betrachtete, hätte Marcus in seiner Frustration beinahe laut aufgestöhnt. Seine Finger schlossen sich um sein Glas Scotch und mit einer Bewegung seines Handgelenks kippte er die Hälfte des Getränks hinunter. Er befand sich im letzten Monat eines erzwungenen dreimonatigen Zölibats und er war so geil, dass er kaum geradeausschauen konnte. Jeden Morgen und jede Nacht verfluchte er seine beiden Freunde, die auf der Einlösung der dummen Wette bestanden, auf die er sich so sorglos mit Zach eingelassen hatte. Einen Club zu führen und von halbnackten Männerkörpern umgeben zu sein, die er jetzt nicht anfassen durfte, half seiner überdrehten Libido absolut nicht. Er lief ständig mit einem halbharten Schwanz und schmerzenden Eiern herum, die dem Flirten und den beiläufigen Berührungen geschuldet waren, die er täglich ertragen musste und auf die er nicht reagieren durfte. Wie er seinen Freund Julian kannte, hatte der sicher die Belegschaft dazu angestachelt, ihn zu quälen. Juli war ein fieser Scheißkerl. 

Marcus konnte es ihnen jedoch nicht allzu übelnehmen, denn er wusste, wären die Rollen vertauscht, würde er seine Freunde ebenso quälen. Außerdem war es kein Geheimnis, dass alle Barkeeper mit ihm schlafen wollten, Wette oder nicht. Sie dachten, das wäre ihre Möglichkeit, die Karriereleiter im Sparks hinaufzusteigen. Sie nahmen wohl an, den Manager flachzulegen würde ihnen die besten Schichten einbringen und vielleicht würden sie ihn als dauerhaften Bettpartner und Goldesel an Land ziehen können. Er nippte an seinem Drink und betrachtete nachdenklich die sich windenden Körper auf der Tanzfläche. Damit würden sie kein Glück haben. Marcus Feldman war niemandes Kasperl und niemandes Partner.

„Diesen Antonio könntest du im Handumdrehen haben. Ich bin sicher, er wartet nächsten Monat auf dich.“

Marcus schoss einen giftigen Blick in Richtung des breiten Grinsens, das Darius ihm schenkte.

„Fick dich.“

„Ich hab dir schon gesagt, dass ich nicht interessiert bin.“

Er und Darius lehnten an der Bar und beobachteten die Tanzfläche, wobei Marcus die Tänzer taxierte, die er kürzlich angeheuert hatte. Sie trugen zur Atmosphäre bei und er mochte es, den Männern in ihren Go-Go Stiefeln mit den Plateausohlen und den hautengen, goldenen Lycrashorts dabei zuzusehen, wie sie mit den Gästen tanzten und sie dazu animierten, Spaß zu haben. Und natürlich mehr Geld auszugeben.

Tyler, der neueste Tänzer, erregte seine Aufmerksamkeit. Lange, verschwitzte Strähnen seines schwarzen Haares hüpften um seine Schultern, als er vor Eduardo Ortiz, einem der besten Kunden des Clubs, herumflatterte. Tylers muskulöser, schlanker Körper bewegte sich mit der geschmeidigen Grazie eines Menschen, der nicht nur zum Spaß tanzte, sondern seinen Körper als eine Art Kunstform nutzte. Er war wunderschön anzusehen und Marcus stand wie verzaubert da, ohne seine Umgebung noch wahrzunehmen.

Wie man es von ihm kannte, hatte Ortiz die Hand voller Banknoten und ein anzügliches Grinsen auf seinen groben Gesichtszügen. Der Mann war etwa einen Meter fünfundneunzig groß und gebaut wie ein Berg; sein maßgeschneidertes italienisches Jackett spannte über seinen breiten Schultern und seine Schenkel, die an Baumstämme erinnerten, sahen aus, als könnten sie den Kopf eines Mannes wie eine überreife Traube zerquetschen. Marcus’ Augen verengten sich, als er beobachte, wie Ortiz dicke Finger unter den Bund von Tylers Shorts krochen, nur eine Haaresbreite davon entfernt, ihm in den Schritt zu fassen.

Schwein. „Behalte die beiden bitte im Auge“, sagte Marcus und wies mit einer Bewegung seines Kinns auf das potentielle Problem. „Ich mag es nicht, wenn Ortiz meine Jungs antatscht.“

„Ich kümmere mich drum.“ Darius schenkte ihm ein amüsiertes Grinsen. „Du willst wohl alle Leckerbissen für dich behalten, huh?“

„Es ist immer noch ein Monat von dieser bescheuerten Wette übrig“, sagte Marcus und verzog widerwillig den Mund. Ein langer, langer Monat, während dessen er sich in der Dusche einen runterholen musste oder im Bett oder wo auch immer.

Darius grinste in sein Wasserglas.

Marcus schüttelte empört den Kopf. „Juli hat dir aufgetragen, mich zu beobachten, huh?“ Er hob die Hand. „Nein, nein, ich erwarte keine Antwort. Ich wusste, der Bastard hat Spione auf mich angesetzt, um sicherzugehen, dass ich nicht betrüge.“

„Ich muss zugeben, ich bin ziemlich beeindruckt. Ich dachte, du würdest aufgeben, sobald sie in die Flitterwochen aufgebrochen sind.“

Zugegebenermaßen hatte Marcus sich selbst überrascht. Er nahm an, es lag an der Herausforderung. Sein Blick ging wieder zu Tyler, dessen Hüften im Takt der Beats des dröhnenden Dubstep zuckten. Tyler schlang seine Arme nur einen Augenblick lang um Ortiz Nacken, seine langen, graziösen Finger geisterten über dessen faltige Hängebacken, ehe er sich umdrehte und seinen Hintern gegen Ortiz Becken presste, ihn hin und her bewegte und sich an ihm rieb. Müßig fragte Marcus sich, ob Tyler wohl heute Nacht noch in Ortiz Bett landen würde. Eine Hitzewelle überrollte ihn, als er sich Tylers verschwitzen Körper unter seinem eigenen vorstellte. Liebend gerne würde er seine Hand in dem dichten, schwarzen Schopf vergraben, während er sich in dem knackigen, runden Hintern versenkte. Tyler hatte einen außergewöhnlich hübschen Hintern.

„Verdammt, der Kerl kann sich bewegen“, sagte Darius, die Bewunderung war nicht nur in seiner Stimme zu hören, sondern auch in seinen Augen zu sehen. „Er ist viel zu gut, um nur ein Clubtänzer zu sein.“

Gedanklich stimmte Marcus dem zu, seine Augen verengten sich, während er zusah, wie sich Tylers geschmeidiger Körper wand. Die mühelosen Bewegungen seiner Arme und Beine kombiniert mit dem sinnlichen Hüftschwung deuteten auf eine klassische Tanzausbildung hin. Die Muskeln seiner kräftigen Beine und Schultern spielten unter den Lichtblitzen.

Der Tanz war zu Ende und Marcus beobachtete, wie Ortiz eine schwere Hand auf Tylers Schulter legte, ihn festhielt und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Zweifellos eine Einladung, die Nacht in seinem Bett zu verbringen. Ungewohnter Ärger breitete sich in Marcus aus – kein Stammgast sollte einen seiner Angestellten zum Sex drängen – und er stellte sein Glas auf der Theke ab, gespannt darauf, wie sich die Situation entwickeln würde. Beim Gedanken an Tyler mit Ortiz wurde ihm übel. Statt in den Eingangsbereich des Clubs zurückzukehren, blieb Darius an seiner Seite, vielleicht fühlte er dasselbe Unbehagen wegen des Geschehens wie er selbst.

Da dies Tylers erste Woche im Sparks war, konnte Marcus nicht sagen, wie er mit einer derart plumpen sexuellen Einladung, wie Ortiz sie zweifellos ausgesprochen hatte, umgehen würde. Er hielt den Atem an. Unerklärlicherweise hoffte er, Tyler würde … was? Ortiz in die Eier treten?

Ihm einen Kinnhaken verpassen? Marcus rieb seinen Nacken, Angst zog seine Eingeweide wie mit einer Schlinge zusammen. Warum kümmerte ihn das? Es war ja nicht so, als würde er mit Tyler schlafen; verdammt, er kannte den Mann kaum.

Tyler wischte sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah auf. Sein Blick traf über die Tanzfläche hinweg auf Marcus’. Es fühlte sich an, wie ein Schlag in den Magen und Marcus schnappte nach Luft. Er hatte noch nie eine derartige Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit gesehen, wie in diesem Moment in Tylers blauen Augen. Dann lachte Tyler, schüttelte den Kopf, streifte mit seinen Lippen Ortiz Wange und verschwand im Inneren des Clubs. Marcus blieb nur, sich zu fragen, ob er sich getäuscht hatte.

Ortiz rückte seinen Schwanz zurecht und sah Tyler mit einem anzüglichen Blick nach. Marcus schauderte, er war angewidert von dem, was er eben mitangesehen hatte. Etwas Abstoßendes umgab Ortiz, und es hatte nichts mit seinem Äußeren zu tun – er trug immer die feinsten Anzüge und dachte sich nichts dabei, an einem Abend tausend Dollar im Club auszugeben. Während Marcus mit ihm bislang keine schlechten Erfahrungen gemacht hatte, eilte der Ruf seines explosiven Temperaments Ortiz voraus.

„Was zum Teufel war das?“, murmelte er und zerrte an den Ärmeln seines strahlend weißen Hemdes. Ortiz zog sein Handy aus der Tasche und sprach hinein, fuchtelte ärgerlich mit seinen Fingern herum, als wolle er jemanden damit erdolchen und verließ die Stelle, an der Tyler ihn stehengelassen hatte.

„Sieht aus, als würdest du das herausfinden“, sagte Darius und stellte sein leeres Wasserglas auf der Bar ab. „Ich gehe zurück zum Eingang. Ruf, wenn du mich brauchst.“ Er ging durch den Sumpf aus tanzenden Menschen und war wie vom Erdboden verschluckt.

Irgendwie beunruhigt stand Marcus da und war sich nicht sicher, was er als nächstes tun sollte. Als Eigentümer des Sparks war er verpflichtet, für die Sicherheit seiner Angestellten zu sorgen, und das nahm er nicht auf die leichte Schulter. Diejenigen, die ihn nicht gut kannten, interpretierten seine Gewohnheit, gerne zu feiern, falsch, und hielten ihn für einen Narren.

Sie waren von seinem ausgeprägten Geschäftssinn immer überrascht. Er konnte Menschen, die mit ihrem Schwanz statt ihrem Gehirn dachten, wenn es um Geld ging, einfach nicht verstehen. Wenn er etwas daraus gelernt hatte, als Kind seinen Vater zu beobachten, dann, dass das Geschäft immer zuerst kam. Alles andere war nicht wichtig.

Tyler war erwachsen und konnte selbst auf sich aufpassen. Wer war Marcus, dass er ihn daran hindern konnte, sich von einem reichen Gast abschleppen zu lassen, wenn er das wollte? Zur Hölle, wenn es nicht wegen dieser blöden Wette wäre, würde Tyler heute Nacht in seinem Bett liegen. Außerdem sollte Tyler damit rechnen, angemacht zu werden, wenn er halbnackt vor mehr oder weniger betrunkenen Clubbesuchern tanzte.

Keiner dieser Gründe war eine Erklärung dafür, dass er, nachdem er seine Runde durch den Club gedreht, einige Stammkunden begrüßt und mit ihnen etwas getrunken hatte, schließlich in dem Teil des Clubs anlangte, in dem die Garderoben der Tänzer untergebracht waren. Er hielt sich nicht mit Formalitäten auf, wie zu klopfen, bevor er die Umkleide betrat – es war sein Club und es war nicht so, als hätte er noch nie nackte Männer gesehen.

Die Rückseite eines sehr nassen und sehr nackten Tyler begrüßte Marcus, als er die Tür aufstieß. Er hatte offensichtlich geduscht und schien für diese Nacht fertig zu sein, was Marcus überraschte, da es erst halb eins war und die Schichten der Tänzer normalerweise nicht vor drei Uhr morgens endeten.

„Hallo Liebling, ich weiß, es ist spät und du schläfst schon, aber ich habe deine Nachricht eben erst erhalten.“ Tyler hatte das Handy am Ohr und schien Marcus nicht wahrzunehmen, als er eine Sprachnachricht hinterließ. „Ich kann es auch nicht erwarten, den Tag morgen mit dir zu verbringen. Ich sehe dich morgen früh.“

Marcus hielt den Atem an und hörte zu, er hatte keinerlei Bedenken, Tylers Privatgespräch zu belauschen. Er begründete es damit, dass Tyler schließlich draußen auf der Tanzfläche sein und arbeiten sollte, statt mit seiner Freundin zu telefonieren.

„Ich liebe dich. Tschüss.“

Tyler legte das Telefon auf dem Spiegeltisch ab und ließ den Kopf in die Hände sinken.

„Was für ein verdammtes Chaos. Ich wusste, dass das hier ein Fehler war.“

Marcus schloss die Tür hinter sich. „Aber ich nicht. Sagst du mir den Grund dafür?“

Tyler erstarrte, dann hob er denn Kopf und begegnete Marcus’ Blick. Etwas Seltsames regte sich in Marcus’ Brust, das sich verdächtig nach Sympathie anfühlte, und einmal mehr fiel er der Verzweiflung in Tylers Augen zum Opfer.

In seiner Welt kam die Arbeit immer vor dem Vergnügen und Marcus hatte kein Problem damit, Menschen, die nicht bereit waren zu arbeiten, zu feuern. Jemand, der seine Schicht ohne guten Grund vorzeitig verließ, hatte die besten Aussichten, fristlos entlassen zu werden.

„Was tun Sie hier?“ Das war ein anderer Tyler, als der sexy, selbstbewusste Tänzer, der sich auf der Tanzfläche gewunden hatte. Marcus erinnerte sich vage daran, Tyler vor etwa einer Woche getroffen und sich sofort von ihm angezogen gefühlt zu haben, aber er hatte das auf seinen vom Sexentzug ständig harten Schwanz geschoben. Außerdem schadete es nicht, dass der Mann hübsch anzusehen war und sich, gemessen an dem strahlenden Lächeln, das er Marcus schenkte, scheinbar gefreut hatte, den Job als Tänzer zu bekommen.

Heute Nacht zeigte sich jedoch kein freundliches Lächeln auf Tylers Gesicht. Stattdessen hatte Marcus das Gefühl, als fiele eine Eisentür hart ins Schloss und Tyler würde hinter unüberwindbaren Gittern sicher weggesperrt werden. Marcus wusste über diese Eisengitter Bescheid. Er lebte in einem verdammten Käfig. Aber, neugieriger Mistkerl, der er war und weil er sich sehr wohl um seine Angestellten sorgte – obwohl er das bis zu seinem Tod abstreiten würde –, übte er weiter Druck aus, er war entschlossen, herauszufinden, was Tyler so sehr beunruhigte.

„Ich habe dich auf der Tanzfläche mit Ortiz beobachtet.“ Marcus ließ sich neben Tyler vor einer verspiegelten Wand auf einem Stuhl nieder. „Mir ist klar, dass er sich manchmal wie ein Schwein verhält. Ich hoffe, du warst damit nicht überfordert. Hat er etwas Beleidigendes gesagt? Lass es mich wissen und ich kann ihn hinauswerfen lassen.“

Ungläubig verfinsterten sich Tylers silberblaue Augen. „Wollen Sie damit sagen, Sie waren besorgt um mich? Soll es das heißen?“

„Ist das so schwer zu glauben?“ Verärgerung mischte sich unter Marcus’ gute Absichten. Meine Güte, war der Kerl empfindlich.

Tylers skeptische Miene und die gehobene Augenbraue sprachen Bände. „Na ja. Sie scheinen nicht der Typ Mann zu sein, der sich um die Gefühle anderer Menschen schert.“

Mistkerl. Tief getroffen, schlug Marcus zurück. „Was zum Teufel weißt du schon über mich? Du bist noch nicht mal eine Woche hier.“

„Zwei Stunden haben den anderen gereicht, um mich aufzuklären. Ich weiß, dass Sie im Grunde jeden Kerl, der hier arbeitet, flachgelegt haben und ich habe keine Lust, das nächste Betthäschen der Woche zu sein.“

Marcus konnte nicht anders, als die schöne, muskulöse Gestalt des Mannes zu bewundern, einschließlich seines Schwanzes. Sein Blick traf Tylers im Spiegel.

„Genau. Sie können aufhören, mich anzustarren. Alles, was Sie interessiert, ist der Schwanz eines Mannes und wie Sie ihn bekommen können.“

Marcus verschränkte die Arme vor der Brust und gab spöttisch zurück: „Wenn du damit vor meiner Nase herumwedelst, schaue ich ihn an. Das ist nur natürlich.“

Tyler griff nach seinen Tanzshorts und zog sie an, dann drehte er sich mit in die Hüften gestemmten Fäusten zu ihm um. Zumindest hatte er vor, an die Arbeit zurückzugehen, also war er wegen Ortiz Berührungen wohl nicht zu aufgebracht, dachte Marcus. Marcus selbst gefiel der Gedanke, dass Ortiz Tyler berührte, nicht, aber das schrieb er seiner allgemeinen Abneigung dem Mann gegenüber zu. Er würde bei keinem seiner Tänzer wollen, dass Ortiz ihn berührte.

„Die angemessene Reaktion wäre wegzusehen oder sogar anzuklopfen, bevor man eine Garderobe betritt. Aber Sie wissen, dass wir hier drinnen nackt sind, also genießen Sie die kostenlose Show.“ Tyler zog eine Bürste durch sein feuchtes Haar und stieg in seine Stiefel.

Verblüfft von dieser grundlosen Anschuldigung versuchte Marcus mit Tyler zu argumentieren. „Was zum Teufel ist los mit dir? Ich bin hierhergekommen, weil du mein Angestellter bist und es mir nicht gefallen hat, wie du behandelt wurdest. Ich bin nicht an deinem Schwanz oder deinem Arsch interessiert, in dem momentan sowieso ein Stock zu stecken scheint. Keine Angst – du bist nicht mein Typ.“

„Ich dachte, alles was atmet und einen Puls hat, wäre Ihr Typ.“ Tyler drehte ihm den Rücken zu und ging zur Tür.

Verdammte Scheiße. „Glaub nicht, dass du mir so einen Mist ins Gesicht sagen und dich dann wie eine Dramaqueen aus dem Staub machen kannst.“ Marcus schritt zu ihm hinüber und packte ihn an der Schulter. Schmerz schoss durch seinen Kiefer und Marcus stolperte rückwärts. Er landete hart auf dem Fußboden und sah zu Tyler auf, dessen Gesicht rot angelaufen war und dessen abgehackte Atemzüge die Stille der Garderobe durchbrachen. Der Boden bebte von den gedämpften Bässen der Musik. Marcus schüttelte den Kopf, um das Klingeln in seinen Ohren loszuwerden. Verdammt. Tyler schlug einen fiesen rechten Haken.

„Sie mögen mein Boss sein und mich bezahlen, aber das ist auch schon alles. Ich muss Sie nicht mögen oder bei Ihrem Scheiß mitmachen, wie alle anderen hier.“ Die Tür knallte hinter Tyler zu und Marcus blieb verblüfft zurück, noch immer platt auf seinem Hintern sitzend.

Was zur Hölle war hier gerade passiert?

 

 

 

Kapitel Zwei

 

Tyler kehrte auf die Tanzfläche zurück, um seine Schicht fortzusetzen, aber er konnte sich kaum konzentrieren. Zum Glück musste er nicht befürchten, dass Ortiz auf ihn wartete, der Mann hatte sich bereits jemand anderem zugewandt. Marcus jedoch war kein Mann, den man so leicht vergessen konnte; durch schiere Willensanstrengung verbannte Tyler die Gedanken an seinen irritierenden Boss.

Das Hämmern der Bässe setzte sich in Tylers Kopf fest und instinktiv gab er sich der Musik hin; sein Blut strömte heiß durch seine Adern und nichts zählte mehr, außer sich zu bewegen und dem Rhythmus zu folgen. In einem Anfall von Übermut sprang er auf eine der Theken und begann ernsthaft zu tanzen, rollte mit den Hüften und warf den Kopf hin und her, dass ihm das Haar über sein Gesicht fiel. Tyler konnte das Klatschen und Pfeifen der Gäste und ihre Rufe nach weiteren Drinks hören, aber er zog sich weiterhin in die Blase aus Musik zurück – dort hatte er sich immer am sichersten gefühlt.

„Die drehen durch da draußen, Ty. Ich schwöre, jedes Mal, wenn du mit dem Arsch wackelst, kommen zehn Kerle in ihre Pants“, rief ihm Shane zu, der rothaarige Barkeeper hatte schon an Tylers erstem Tag im Club versucht, sich mit ihm anzufreunden. „Mach so weiter, und du bekommst heute Nacht mehr Trinkgeld, als ich hier in einem Monat verdient habe.“

Tyler schluckte hart, um die aufsteigende Übelkeit in den Griff zu bekommen, warf den Kopf zurück und ließ all seine Gefühle in den Tanz einfließen. All das Training, das er während der Schule und danach durchgestanden hatte, war nicht hierfür gedacht gewesen – er war nur einen Schritt vom Stripper entfernt. Er war auf dem Weg gewesen, ein Broadwaystar zu werden. Doch irgendjemand dachte, dass es Tyler Reiss zu gut ginge und hatte seine Chance auf Ruhm und alles, was damit einherging, zerstört.

Schnee von gestern, dachte er sich, als er die Augen öffnete und den Blick über die Menge schweifen ließ, die sich um ihn drängte. Egal, welche Hindernisse ihm auch in den Weg gelegt wurden, Tyler gab sein Bestes, um seine Selbstachtung zu bewahren. Das war alles, was ihm noch geblieben war. Was er tun musste, um über die Runden zu kommen, hatte nichts damit zu tun, wer er wirklich war. Während er die anzüglich grinsenden Männer und Frauen anstarrte, von denen Tyler wusste, dass sie ihn nur als heißes Stück Fleisch ansahen, fragte er sich – nicht zum ersten Mal – ob es ein Fehler gewesen war, diesen Job anzunehmen. Doch die Geldscheine, die ihm in die Shorts gesteckt und neben seinen Füßen auf die Theke geworfen wurden, machten es ihm unmöglich, aufzugeben.

Im dunklen Hintergrund des Clubs entdeckte er Marcus, der mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck an der Wand lehnte, das allgegenwärtige Glas Scotch in der Hand. Arrogant und dreist – Eigenschaften, die Tyler an Menschen hasste – blieb Marcus Feldman ihm ein Rätsel.

Seit dem Tag, an dem Tyler begonnen hatte, im Sparks zu tanzen, hörte er Geschichten über Marcus’ zuvorkommendes Verhalten gegenüber seinen Angestellten und Freunden, doch es fiel ihm schwer, diesen Marcus mit dem Genussmenschen in Einklang zu bringen, von dem er wusste, dass er sich hinter der attraktiven Fassade mit den beinahe violetten Augen verbarg. Während Tyler ihn weiter beobachtete, trank Marcus sein Glas leer und verschwand.

Von diesem Moment an verdrängte Tyler alle Gedanken an Marcus und lächelte eine Gruppe Männer an, die ihn mit offenen Mündern anstarrten und sich hart am Rand eines Vollrausches befanden. Er sprang von der Theke in ihre Mitte und tanzte um die Gruppe herum und zwischen den Männern hindurch, bis keine weiteren Scheine mehr in seine Shorts passten. Hoffentlich wäre es genug, um ihre monatlichen Ausgaben abzudecken, die ständig zu steigen schienen. Hände begrabschten seinen Hintern und er duldete es für einen Moment, lächelte den gutangezogenen Mann, dessen Hand auf seiner Taille lag, sogar an.

„Warum gehen wir nicht nach hinten?“

Der schale Geruch nach Bier streifte Tylers Gesicht und er zwang sich, das künstliche Lächeln auf seinen Lippen beizubehalten.

„Tut mir leid, aber meine Schicht ist noch nicht zu Ende.“ Tyler hoffte, seine Ablehnung und der entschuldigende Tonfall würden genügen, um den Mann abzuweisen, doch dessen Griff verstärkte sich schmerzhaft.

„Kein Problem. Wie wär’s mit einem Kuss?“

Ohne seine Antwort abzuwarten, drückte der Kerl Tyler an seine harte Brust und pflanzte nasse, nach Bier schmeckende Lippen auf seine, während er sich mit ihm in Richtung des hinteren Teils des Clubs bewegte. Tyler bemühte sich, darauf einzugehen, da er wusste, dass das Spiel so gespielt wurde, aber er konnte einen widerwilligen Schauder nicht unterdrücken, als die Lippen des Mannes über seine wanderten.

„Das gefällt dir, was?“ Der Arm des Kerls lag wie eine Fessel um seinen Rücken und Tyler begann sich ernsthaft zu wehren, als er sich mit dem Rücken zur Wand wiederfand. „Ihr Schlampen mögt das alle. Und ich habe hier genau das, was du willst.“ Er rieb die Wölbung in seiner Hose gegen den dünnen Stoff von Tylers Shorts.

Die Dunkelheit verbarg sie und Furcht überkam Tyler. Er zwang sich dazu, die Zunge des Mannes in seinem Mund zu ertragen und sich zu sagen, dass er hier sicher war. Er war an seinem Arbeitsplatz und der Sicherheitsdienst war da, um ihn zu beschützen.

„Geh auf die Knie und zeig mir, wofür ich mein Geld ausgegeben habe.“ Die Hände des Mannes legten sich schwer auf Tylers Schultern und er versuchte, Tyler zu Boden zu drücken, doch er gab nicht nach.

„Ich werde dir keinen blasen. Lass mich los.“

„Erst heiß machen und dann kneifen.“ Das attraktive Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Grimasse. „Wenn du mir keinen bläst, werde ich dafür sorgen, dass du weder hier noch sonstwo je wieder arbeiten wirst.“ Er griff zwischen sie, packte Tylers schlaffen Schwanz und seine Eier und drückte brutal zu.

„Fuck. Oh mein Gott.“ Tyler schrie auf, der Schmerz war schockierend intensiv. „Lass mich los.“

„Was zur Hölle geht hier vor?“ Eine aufgebrachte, körperlose Stimme schallte durch den Flur.

„Nichs, Mann. Wir ham nur Spaß.“ Die Hände lagen weiterhin auf Tylers Schritt, als der Mann seine Antwort lallte.

„Nein, warten Sie bitte. Er tut mir weh.“ Tyler befreite sich und taumelte vor Schmerz, da der Betrunkene noch einmal gnadenlos an seinen privatesten Teilen riss.

Ein Mann erschien und Tyler erkannte Darius, den Sicherheitschef des Sparks. Erleichterung machte sich in Tyler breit. „Darius, ich bin es, Tyler. Hilf mir bitte.“

Tyler bewunderte die Schnelligkeit und Professionalität, mit der Darius mit dem Betrunkenen fertig wurde. Nachdem er in sein Funkgerät gesprochen hatte, tauchten in weniger als einer Minute zwei weitere Männer auf, die den protestierenden Gast zu einer Seitentür und aus dem Club begleiteten. Darius drehte sich mit besorgter Miene zu ihm um.

„Geht es dir gut? Brauchst du einen Arzt?“

Tyler schüttelte den Kopf und atmete tief aus. „Nein, danke. Aber ich denke, ich muss für heute Schluss machen. Ich weiß, es ist noch früh, aber …“

„Schon gut. Ich habe Marcus gesagt, dass es hier ein Problem gab, aber du musst ihm erklären, was genau passiert ist. Er wartet in seinem Büro auf meinen Bericht. Kommst du gleich mit, oder willst du morgen mit ihm sprechen?“

Erschöpft und etwas unsicher, ob Marcus ihm glauben würde, wollte Tyler nichts mehr, als nach Hause zu gehen und zu schlafen, aber er wusste, wenn er seinen Job behalten wollte, musste er seine Seite der Geschichte erzählen. Marcus würde verstehen, dass es nicht sein Fehler gewesen war.

„Ich komme mit.“ Er brachte ein müdes Lächeln zustande. „Ich dachte, das sollte Spaß machen, weißt du.“

„Manchmal macht man seinen Job zu gut und es hat unerwartete Konsequenzen“, sagte Darius mit einem grimmigen Lächeln.

„Ja“, sagte Tyler, dankbar dafür, dass zumindest Darius es verstand. „Ich hoffe, Marcus weiß, dass es nicht mein Fehler war; ich tanze nur wegen der Trinkgelder auf diese Weise.“

Sie blieben vor einer holzvertäfelten Tür stehen, die Tyler als den Eingang zu Marcus Büro erkannte.

„Du bist gut, Mann. Zu gut, für diese Art Örtlichkeit.“ Darius tätschelte seine Schulter und klopfte an die Tür.

Seltsame Gefühle schnürten ihm die Kehle zu, als Tyler Darius in Marcus’ geräumiges Büro folgte. Marcus saß hinter einem großen Schreibtisch, auf dem lediglich ein Computer stand. Keine Fotografien, kein Krimskrams oder irgendetwas Persönliches. Sollte Marcus verschwinden, würde er in diesem Raum keine Spuren hinterlassen. Das kam Tyler komisch vor, da er wusste, welch geselliger Mensch Marcus war.

„Setz dich, Tyler. Möchtest du etwas trinken?“ Marcus nickte in Richtung der Bar hinter ihm. Tyler schüttelte den Kopf und ließ sich auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch fallen. Erst da wurde ihm das ganze Geld, das in seinen Shorts steckte, unangenehm bewusst. Scheiße. Das eng anliegende Lycra überließ nichts der Vorstellungskraft. Marcus hob eine Augenbraue.

„Mach nur, du kannst das Geld raus nehmen. Ich bin sicher, es fühlt sich nicht gut an.“

Während er seine flammend roten Wangen verfluchte, zog Tyler genügend Scheine heraus, dass er problemlos sitzen konnte. Marcus deutete auf das Geld und bemerkte, „Das ist eine ganz nette Ausbeute. Du musst dich heute Nacht gut angestellt haben.“

„Marcus, Tyler wurde heute Nacht von einem betrunkenen Gast angegriffen. Deshalb ist er hier. Um seine Seite der Geschichte dazulegen, sollte der Kerl eine falsche Beschwerde vorbringen.“

Tyler warf Darius ein dankbares Lächeln zu, fuhr aber zusammen, als Marcus auf die Tischplatte schlug.

„Wovon zum Teufel sprichst du? Du hast nur gesagt, es gab einen Vorfall; als ich Ty zuletzt gesehen habe, hat er auf der Theke getanzt, umgeben von einer Schar Bewunderern.“ Marcus’ Augen schossen Blitze und Tyler begriff, dass er jetzt die andere Seite des Partylöwen Marcus Feldman zu sehen bekam.

„Einer dieser Bewunderer hatte Ty gegen die Wand gedrängt und ihm die Eier gequetscht.“ Darius streckte seine langen Beine aus. „Ich hab es mit eigenen Augen gesehen, Boss.“

„Hör auf mit diesem Boss-Bockmist.“ Marcus sah kurz zu Darius, dann richtete sich der stählerne Blick wieder auf Tyler. „Sprich mit mir, Tyler.“ Seine Stimme wurde sanfter. „Was ist passiert?“

Die Besorgnis in Marcus’ Stimme erstaunte ihn. Beschämt rutschte Tyler auf seinem Stuhl herum und wollte diese ganze Nacht nur noch vergessen. Doch der ermutigende Klang von Marcus’ Stimme hielt ihn auf seinem Stuhl, er wiederholte seine Geschichte und sah zu, wie sich Ärger wie ein schwarzer Vorhang über Marcus’ Gesicht legte.

„Wo ist dieser Mistkerl jetzt?“

Tyler musste sich anstrengen, um Marcus’ leise Stimme zu verstehen. Er hatte noch nie einen so mörderischen Tonfall gehört.

„Ich habe ihn von meinen Jungs rauswerfen und ihn auf die schwarze Liste setzen lassen.“ Darius sah auf sein Handy. „Er hat Lokalverbot.“

„Er ist total irre, wenn er glaubt, er könnte einen meiner Jungs antatschen. Weißt du, wer er ist?“

Darius nickte. „Ja, einer dieser Hedgefonds-Partylöwen. Seine Freunde sind ebenfalls gegangen.“ Er sah auf die Uhr. „Es ist immerhin beinahe zwei Uhr morgens; der Club ist noch gut gefüllt, aber es sind fast nur noch Stammgäste.“

„Okay. Danke für deine Hilfe, Mann. Du kannst wieder rausgehen. Ich möchte noch einen Moment mit Tyler unter vier Augen sprechen.“

Darius warf Marcus einen beunruhigten Blick zu, verließ aber ohne weiteres Wort den Raum.

Als sich die Tür hinter Darius schloss, wurde Tyler nervös. Das hier war anders, als das Einstellungsgespräch, bei dem er Marcus kennengelernt hatte. Verzweiflung ließ Menschen auf eine Art und Weise handeln, die sie nie für möglich gehalten hätten, und Tyler hatte seine normalerweise ruhige und introvertierte Persönlichkeit unterdrückt und sich dazu gezwungen, mit den Barkeepern und sogar mit Marcus zu flirten, als er ihn zu diesem Gespräch getroffen hatte.

Damals hatte er Marcus nicht gekannt. Nicht, dass er ihn nach den kurzen Begegnungen seither besser kennen würde, aber die Belegschaft liebte Klatsch und ihr heißer und sexuell unersättlicher Chef war die Nummer Eins der Gespräche. Er hatte erfahren, dass Marcus hübsche Jungs mochte und die Geschichten darüber gehört, dass Marcus sich durch die Angestellten arbeitete, wie durch eine Flasche Scotch.

Shane, der Barkeeper, hatte Tyler darauf hingewiesen, dass sich Marcus dem Ende eines dreimonatigen Zölibats näherte und dass er bereit wäre, mit einem beliebigen Mann in greifbarer Nähe Dampf abzulassen. Argwöhnisch beobachtete Tyler Marcus, der ihn nach wie vor unter seinen lächerlich langen Wimpern heraus studierte.

Tyler würde eher mit den Gästen gegen Trinkgeld flirten oder mit den Barkeepern, die kein Geheimnis daraus machten, dass sie in Marcus Bett wollten. Sie alle schienen ungefährlicher zu sein, als sein mysteriöser, begehrenswerter aber vergnügungssüchtiger Boss. Er schwor sich, Marcus’ nicht zu leugnender Anziehungskraft nicht zum Opfer zu fallen.

Momentan wollte er nur nach Hause. Tyler genoss das bisschen Freizeit, das ihm blieb, wenn er sich entspannen, in Jeans und Sneakers herumgammeln und einfach er selbst sein konnte. Obwohl sich Tyler nach all den Umbrüchen der letzten Jahre nicht mehr sicher sein konnte, wer er denn nun war.

„Es tut mir leid, dass du das durchmachen musstest, besonders nach dem Zwischenfall mit Ortiz. Normalerweise führe ich meine Geschäfte nicht auf diese Art.“ Die Freundlichkeit in Marcus’ Stimme überraschte Tyler, alarmierte allerdings auch seinen inneren Bockmist-Detektor. Sorgte sich Marcus tatsächlich um ihn als Person, oder nur darum, wie der Vorfall sein Geschäft beeinflussen könnte?

„Uh, ja, danke. Ich bin froh, dass Sie sich meine Seite des Geschehens angehört haben.“

„Dachtest du, das würde ich nicht tun?“ Marcus zog die Brauen zusammen und runzelte die Stirn. Tyler zuckte die Schultern. „Ich kenne Sie nicht gut genug, um zu wissen, was ich von Ihnen erwarten sollte.“ Er schluckte, schob seinen Stolz beiseite und appellierte an Marcus. „Aber ich brauche diesen Job, deshalb bin ich dankbar, dass Sie mir glauben.“

„Ich rufe ein Taxi und schicke dich nach Hause.“

„Schon in Ordnung, ich nehme die Bahn.“ Er wollte sich Marcus nicht verpflichtet fühlen.

„Nein. Du fällst in meine Verantwortung und ich kümmere mich um meine Leute.“

Ohne zu blinzeln hielt Marcus seinem Blick stand. Für einen aberwitzigen Moment fragte sich Tyler, wie es sein würde, zu Marcus zu gehören. Unerwartet schoss Lust wie ein Blitz durch ihn, leckte wie eine Flamme durch seine Blutbahn.

Es war eine Ewigkeit her, dass Tyler sexuell an jemandem interessiert gewesen war. Sein chaotisches Leben, das ihm kaum Zeit zum Atmen ließ, schloss Beziehungen und sogar einen One-Night-Stand vollkommen aus. Tyler hatte kein Recht dazu, sich Marcus nackt vorzustellen, der Schwanz steif und bereit für einen Blowjob. Sein Atem ging schwerer und sein Herz schlug schmerzhaft. Er wollte ihn schmecken. Unbedingt. Er rutschte auf seinem Stuhl herum und verbannte sein plötzliches Begehren aus seinen Gedanken.

Erkenntnis leuchtete aus Marcus’ Augen und ein leichtes Lächeln glitt über sein Gesicht. „Keine Sorge. Bei mir bist du sicher. Ich beiße nur, wenn man mich darum bittet.“ Marcus’ Blick wurde intensiver, jagte Tylers Puls in schwindelnde Höhen. „Im Übrigen bin ich mir sicher, wir werden uns in den nächsten Monaten besser kennenlernen.“

Bastard. Die Vorstellung, dass Marcus seine Gedanken lesen könnte, verunsicherte Tyler. Wenn Marcus dachte, dass Tyler irgendwann unter ihm landen würde, irrte er sich schmerzlich. Tyler hatte Prioritäten in seinem Leben, die weder jetzt noch irgendwann Marcus Feldman einschlossen.

Er stand so abrupt auf, dass sein Stuhl kippte und auf den Boden krachte. Marcus zuckte nicht einmal zusammen; er lehnte sich lediglich mit diesem unerträglichen Lächeln, das Tylers Verwirrung und Verärgerung noch verstärkte, auf seinem Stuhl zurück.

„Ich brauche Ihre Hilfe nicht, und nein, wir werden einander nicht besser kennenlernen. Sie sind mein Boss und bezahlen mich dafür, für Sie zu arbeiten. Das schließt mich zu ficken nicht ein.“

Marcus hob eine dunkle Augenbraue. „Ich war mir nicht bewusst, dass ich das gefragt hätte.“ Tylers Gesicht brannte, doch Marcus sprach unbekümmert weiter, als würde er eine höfliche Unterhaltung über das Wetter führen. „Aber ich habe dich in Aktion gesehen und ich glaube daran, dass man niemals nie sagen sollte.“ Er grinste Tyler an und lümmelte sich weiter auf seinen Stuhl.

Tyler bebte vor unterdrücktem Ärger und ballte die Fäuste. Was war nur an diesem Mann, dass er die Kontrolle über sich verlor? Doch sein Job ging vor, daher unterdrückte er seine Feindseligkeit und verkniff sich die Flüche, die er zu gerne losgeworden wäre.

„Vielen Dank für Ihre Hilfe heute Nacht. Ich weiß sie zu schätzen, ich sehe Sie morgen.“ Er spuckte die Worte aus, als wären es Reißnägel.

„Das wirst du ziemlich sicher.“

Marcus’ spöttische Stimme hatte Tyler den gesamten Heimweg über im Ohr.

 

 

Kapitel Drei

 

„Also, wie geht es euch Turteltauben?“

Der vertraute rosa Hauch breitete sich auf Zachs Wangen aus, als er beim Kellner seine Bestellung aufgab, und Marcus grinste. Er liebte Zach und wünschte ihm nur das Beste, aber das hieß nicht, dass er es nicht genießen konnte, ihn wegen seiner Beziehung zu Sam zu necken.

„Uns geht es gut und wir freuen uns, dass du angerufen hast, um uns zu treffen.“ Zach gab dem Kellner die Speisekarte zurück und schmiegte sich an Sam. „Ich habe heute Morgen zu Sam gesagt, dass ich dich vermisse und dich anrufen will, nicht wahr?“

Sam lächelte auf Zach hinunter. „Ja.“

„Hast du Julians Fotos gesehen? Er und Nick sehen aus, als hätten sie Spaß an der Amalfiküste.“ Marcus tippte auf den Bildschirm seines Handys.

„Ja, sie haben eine tolle Zeit dort. Eines Tages würde ich auch gerne nach Italien fahren.“

„Ich werde dich hinbringen.“ Sam strich mit seinen Fingern an der Seite von Zachs Nacken entlang. „Wir können in unseren Flitterwochen hinfahren.“

Zachs Röte vertiefte sich und er versteckte sein Gesicht an Sams Schulter. Zum ersten Mal studierte Marcus seine Freunde, statt einen sarkastischen Kommentar abzugeben. Die beiden waren ein perfektes Paar; er könnte nicht glücklicher für Zach sein, da er wusste, wie sehr dieser sich danach gesehnt hatte, zu lieben und geliebt zu werden, doch für ihn war das Konzept von Monogamie so abwegig, wie eine Reise zum Mond. Und viel weniger erstrebenswert.

Marcus nahm seinen Mimosa vom Kellner entgegen. „Sorgen Sie bitte immer für Nachschub.“ Wenn er seinen Vormittag damit verbringen musste, Zach und Sam dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig anhimmelten, musste er sich schnell einen antrinken.

„Wie läuft es im Club? Kommen die Tänzer so gut an, wie du gehofft hast?“ Zach nahm sich eine Scheibe Sauerteigbrot und bot ihm den Korb an.

Er schüttelte den Kopf. „Danke, ich möchte nichts. Die Tänzer sind großartig. Sie ziehen an den wenig frequentierten Abenden unter der Woche viel Publikum an. Jetzt ist der Club immer gut besucht.“ Sein Blick schweifte durch den Raum und blieb an einem Paar in der Ecke hängen. Ungläubig blinzelte er mehrmals und sah genauer hin. Es konnte unmöglich sein, und doch war es so. Paul Feldman. Dort drüben, an einem kleinen, runden Tisch, saß sein verdammter Vater in seiner ganzen Herrlichkeit neben einer Frau. Die natürlich nicht seine Mutter war, aber das überraschte Marcus nicht. Sein Vater hatte eigentlich nie Zeit für seine Mutter gehabt oder gar für ihn. Arbeit und Frauen dominierten sein Leben, nicht seine Familie.

„Marcus, was ist los?“ Zachs Stimme drang durch den Nebel in seinem Kopf.

Vor allem anderen, hatte Marcus sein Privatleben immer unter Verschluss gehalten. Er und Zach waren zusammen aufgewachsen, wobei sie die meiste Zeit bei Zach zuhause verbracht hatten. Marcus’ Mutter war zu besorgt gewesen, er könnte Unordnung verursachen und damit seinen Vater aufregen, der sehr auf Ordnung und Präzision bedacht war. Und sein Vater und dessen Wünsche und Bedürfnisse waren ihr wichtigstes Anliegen im Leben.

Nicht Marcus, niemals ihr Sohn.

„Uh, nichts. Ich habe nur etwas im Auge.“ Er rieb alibihalber darüber und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Zach, Sam und ihre Unterhaltung. „Also, ja, die Tänzer. Letzte Nacht gab es einen Zwischenfall. Einer der Jungs, die ich eingestellt habe, wurde zweimal angebaggert.“

„Ist das so ungewöhnlich?“ Sam bestrich sein Brot mit Butter und biss ab. „Ich habe angenommen, die Jungs flirten, um Trinkgeld zu bekommen.“

„Ja, das stimmt schon, aber das ging über das normale Maß hinaus. Der Mann wurde mit dem Rücken an die Wand gedrängt und seine Eier wurden im Klammergriff festgehalten.“ Marcus konnte es nicht lassen, kurz zu seinem Vater hinüberzusehen, während er seinen Kaffee austrank. Er hatte ihn einige Jahre nicht gesehen, aber aus der Art zu schließen, wie die Kellner ihn umschwirrten, hatte sein stolzes, arrogantes Benehmen sich nicht geändert. Der Bastard erwartete und bekam Ehrerbietung.

„Das ist fürchterlich“, sagte Zach, eindeutig erschüttert von dem Gedanken.

„Das ist ein tätlicher Angriff“, sagte Sam, der ehemalige Polizist, und bedachte ihn mit einem knallharten Blick. „Du wirst Anzeige erstatten, richtig?“

Marcus richtete seine Aufmerksamkeit schließlich wieder auf ihre Unterhaltung. „Was? Nein. Ich habe es nicht angezeigt.“

„Warum nicht? Dein Angestellter wurde auf deinem Grund und Boden in deinem Club angegriffen. Er könnte dich genauso verklagen wie seinen Angreifer.“

Marcus nippte an seinem Mimosa, bevor er antwortete. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Tyler scheint mir nicht der Typ dafür zu sein.“

„Ach ja?“ Zach legte seine Gabel hin und sah ihn amüsiert an. „Wer ist dieser Tyler und wie gut kennst du ihn?“

„Überhaupt nicht, stell dich nicht so an.“ Marcus bedachte Zach mit einem finsteren Blick. „Er flirtet gern, auf und auch außerhalb der Tanzfläche, daher bin ich sicher, er wird ständig angebaggert“, sagte er. „Außerdem war seine größte Sorge, als ich nach dem Vorfall mit ihm gesprochen habe, sicherzugehen, dass er seinen Job nicht verliert, nicht mich zu verklagen.“

„Was meinst du damit?“

„Er wollte sichergehen, dass ich seine Version der Geschichte glaube, und nicht dem Arschloch, das ihn betatscht hat.“

„Das würdest du natürlich nicht tun. Und Sam hat recht.“

Marcus trank seinen Mimosa aus. „Womit?“ Das Lachen seines Vaters erklang über den Geräuschen der anderen Gäste und Marcus’ Kehle war plötzlich staubtrocken. Er hob sein leeres Glas, um dem Kellner zu bedeuten, einen neuen Drink zu bringen.

„Damit, dass du den Kerl wegen einem tätlichen Angriff auf deinen Angestellten melden solltest und entweder du oder Tyler sollten darüber nachdenken, Anzeige zu erstatten. Menschen können andere Menschen nicht einfach so gegen deren Willen anfassen und denken, dass sie damit durchkommen.“

Nicht nur Zachs Tonfall beunruhigte Marcus. Zachs kalkweißes, ängstliches Gesicht verursachte ein beklemmendes Gefühl in Marcus’ Magen. Mit wachsender Verärgerung und Angst, beobachtete er, wie Sam den Arm um Zach legte, um ihn zu beruhigen.

„Es ist in Ordnung, Baby. Reg dich nicht auf.“

„Zach? Was geht hier vor? Sprich mit mir.“ Marcus stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab. „Hier geht es noch um etwas anderes, nicht wahr?“

Sam öffnete den Mund, als würde er antworten wollen, doch Zach schnitt ihm das Wort ab. „Es ist in Ordnung. Ich will darüber sprechen. Es ist Zeit.“ In seinen Augen glänzte diese verdammte Ehrlichkeit, die nur Zach zu eigen war. Angst griff nach Marcus’ Herz, er ahnte, was sein Freund sagen würde.

„Erinnerst du dich an Nathan?“

Bei der Erinnerung an Zachs ehemaligen Collegefreund, den Julian und er gehasst hatten, verzog Marcus spöttisch den Mund. „Ja, was ist mit diesem Verliererarsch?“

Zach senkte den Blick auf das Tischtuch, wo er mit der scharfen Messerklinge ein Loch hineinbohrte. „Er … er hatte sich angewöhnt, mich zu verletzen. Zuerst nur verbal, später auch körperlich, aber bevor er zu weit gehen konnte, habe ich mich von ihm getrennt.“

Der Raum drehte sich um ihn, und Marcus bemerkte erst, dass er aufgestanden war und seinen Stuhl umgeworfen hatte, als er in Zachs trauriges Gesicht sah. Er atmete abgehackt und sein Sichtfeld verschwamm.

„Er hat dich verdammt nochmal angefasst, und du hast es mir nie gesagt? Warum? Du weißt, ich hätte diesen Bastard für dich umgebracht.“ Sein Hemd klebte ihm am Rücken, feucht von dem Schweiß, der ihm in Strömen herablief.

„Wegen genau dieser Reaktion. Damals hatte ich zu viel Angst und dachte, ich wäre nicht wichtig genug. Aber jetzt weiß ich, dass ich das bin. Mit der Hilfe von Dr. Landau und Sam verarbeite ich es und mache Fortschritte. Ich weiß, dass ich wichtig bin. Dass ich etwas bedeute.“

Unwirklich. Zach hatte all das durchgemacht und er hatte keine Ahnung davon gehabt. Was für ein beschissener, egoistischer Freund war er all die Jahre gewesen. Der Kellner hatte stumm seinen Stuhl wieder aufgestellt, und Marcus sackte darauf zusammen, unfähig, den Blick von Zach zu lösen.

„Du bist wichtiger, als alles andere. Und ich habe nichts von alledem bemerkt.“ Marcus blinzelte gegen die Tränen an, die ihm in den Augen brannten.

„Du hast gesehen, was ich dir zu sehen erlaubt habe. Aber es geht hier nicht um dich Marcus, das ist mein Problem und ich – tatsächlich kümmern Sam und ich uns darum.“ Zach schenkte Sam ein Lächeln. „Aber das ist der Grund, warum das, was Tyler letzte Nacht passiert ist, nicht belanglos ist. Ich denke, du solltest mit ihm darüber sprechen und ihn fragen, ob er Anzeige erstatten will.“

Jetzt, endlich, verstand Marcus, wie sehr Sam Zachs Leben verändert hatte. Er machte ihn stärker und selbstbewusster. Sam war Zachs Anker, seine Rettungsleine, an der er sich festhalten konnte, während er durch die höllischen Abschnitte seines Lebens navigierte, der ihm die Liebe und Unterstützung zukommen ließ, die er verdiente.

Zum ersten Mal regte sich Neid in Marcus, erschreckte ihn mit seiner gewaltigen Intensität. Wie würde es sich anfühlen, jemanden zu haben, der sich mehr um Marcus’ Wohlergehen sorgte, als um sein eigenes? Eine liebevolle, gleichberechtigte Beziehung zu führen, wie Zach und Sam oder Julian und Nick sie hatten?

Er unterdrückte diese Gedanken und leerte seinen Mimosa mit einem einzigen, großen Schluck. Diese Art Liebe war ihm nicht bestimmt; er hatte in niemandes Leben je an erster Stelle gestanden. Noch einmal schaute er zu seinem Vater, der sich mit seiner aktuellen Frau der Woche unterhielt und lachte, und die ständig anwesende Schwärze wickelte sich wieder um sein Herz. Sein eigener Vater kümmerte sich mehr um seine Freundinnen als um seinen Sohn oder seine Ehefrau. Und was seine Mutter anging … Marcus kam immer weit abgeschlagen an zweiter Stelle hinter dem Wohlergehen seines Vaters.

„Ich weiß nicht. Ich nehme an, ich kann heute Abend mal mit ihm sprechen, aber ich denke, es wird ihm egal sein, so lange er seinen Job behält. Das ist ihm am wichtigsten.“

„Das habt ihr wohl gemeinsam; zuerst der Job und alles andere kommt später.“ Zach nahm seine Gabel wieder auf und stach in seinen French Toast.

Abgesehen davon, dass Tyler ein wunderbarer Tänzer mit einem hinreißenden Gesicht und Körper war, wusste Marcus nichts über ihn oder einen anderen seiner Angestellten; ihr Privatleben interessierte ihn nicht. Selbst wenn er sie fickte kümmerte ihn nicht, wovon sie träumten oder wo sie hingingen, wenn sie sein Bett verließen.

Das einzige, was Marcus wusste war, dass er nie irgendjemandem wichtig gewesen war; selbst Zach, den er mehr liebte, als er je geglaubt hatte, jemand lieben zu können, hatte nicht genug an ihre Freundschaft geglaubt, um ihm sein Geheimnis anzuvertrauen. Und jetzt nahm Sam, so wie es sein sollte, die erste Stelle in Zachs Herz ein und war der Mann, dem Zach vertraute und mit dem er sein Leben teilte.

Marcus fühlte einen Stich des Bedauerns über den unabwendbaren Verlust seiner engen Freundschaft mit Zach, aber er hatte auf Julians Hochzeit die Wahrheit gesagt, als er Zach erklärte, er liebe ihn, so gut er es eben konnte. Er wusste nicht, wie er jemanden lieben sollte, nicht so, wie seine Freunde ihre Partner liebten. Er hatte gesehen, wie Julian sich vollkommen in Nicks Hände begeben hatte, genau wie Zach sich an Sam verlor, und es erschreckte ihn zu Tode, die Kontrolle zu verlieren, jemand anderen an die erste Stelle zu setzen.

Seit er die Macht von Sex und seinem Körper entdeckt hatte, hatte Marcus sein Leben auf diese Weise gelebt und seine Bedürfnisse über die aller anderen Menschen gestellt. Es war eine berauschende Erfahrung gewesen, hatte ihn von den quälenden Minderwertigkeitsgefühlen seiner Jugend befreit, die er hinter einem gewinnenden Lächeln geschickt vor seiner Umgebung versteckt hatte. Aufgewachsen in einem Heim, in dem er immer nur ein Anhängsel war, ein ungewolltes Kind, hatte er als Erwachsener sichergestellt, dass er für sich selbst immer an erster Stelle kam.