Dunkle Seiten

präsentiert

 

 

Marc Hartkamp

 

Nachtgeflüster

 

 

 

 

 

 

 

 

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Twilight-Line Medien GbR
Obertor 4
D-98634 Wasungen

 

www.twilightline.com

 

1. Auflage, Oktober 2017
ISBN: 978-3-944315-57-7
eBook-Edition

 

© 2017 Twilight-Line Medien GbR
Alle Rechte vorbehalten.

 

Inhalt

 

Als die Kinder Schlachten spielten

 

Augenblicke

 

Das Ding unter meinem Bett

 

Amara

 

Das Gespräch im Zwielicht

 

Der Märchenerzähler

 

Der Tag, an dem mein letzter Held starb

 

Der Totenflüsterer

 

Die Geister, die er schrieb

 

Die Geschichte des Hermann H.

 

Die Grube

 

Grabenkrieg

 

Hackfleisch

 

Herbstspaziergang

 

Komposition in Moll

 

Konrad

 

Mein Ohrwurm

 

Meine Muse

 

Nachbarn

 

Pauline

 

Riesige Zähne

 

Stacys Weinen

 

Sünderpein

 

Ziemlich beste Freunde

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Als die Kinder Schlachten spielten

Nach einer Erzählung der Gebrüder Grimm

 

Missmutig zog er das gemästete Hausschwein an einer soliden Schlinge in den Hinterhof des ärmlichen Gehöfts. Der Vater wusste nur zu gut wie seine Kinder sich über die Jahre mit Gerti angefreundet und in ihr Herz geschlossen hatten. Gerti gehörte sozusagen zum Inventar. Dennoch war diese schwere Entscheidung zu treffen, und das hatte er getan. Sämtliche Vorräte waren aufgebraucht und diese Sau würde die Familie über etliche Monate sättigen. Als hätte das Tier eine böse Vorahnung, gab es sich plötzlich störrisch und bewegte sich nicht weiter vorwärts. Mit aller Kraft zerrte der Vater erfolglos an dem straffen Seil. Hilflos schaute er sich um, um sicher zu sein nicht bei seinem Tun beobachtet zu werden. Schließlich zog er ein Messer aus der Scheide am Gürtel und stieß die Klinge in das massige Hinterteil des Schweins. Dieses begann augenblicklich kläglich und ohrenbetäubend zu quieken, spurtete aber weiter voran.

Am vorbereiteten Platz angekommen, verzurrte der Vater das Ende des Seils an einem massiven Holzpfahl, der tief im Boden eingelassen war.

Um keinen weiteren Lärm beim folgenden Todeskampf des Tieres zu verursachen, griff er sich den wuchtigen Vorschlaghammer und stellte sich vor die Sau. Das Schwein blickte ihn stumm an. Der Vater glaubte in diesem Augenausdruck etwas lesen zu können: Eine beunruhigende Mischung aus Vorwurf und Hass, die ihn dennoch, so unglaublich es ihm auch schien, bis ins Mark ängstigte.

Verbissen hielt er dem Anblick stand, seine hungrige Familie im Sinn. Mit zittrigen Armen hob er den Hammer an und positionierte ihn zum Todesschlag auf den Kopf des vorwurfsvoll glotzenden Tiers. Er schloss seine Augen und schlug zu. Ein berstendes Geräusch schallte über den Hof, doch hatte der Hieb seine tödliche Wirkung wohl verfehlt. Ein jämmerliches, peinigendes Geschrei erfüllte die Umgebung. Als der Bauer vor sich blickte, sah er den halb zertrümmerten Schädel der Sau, die zuckend und kreischend am Boden vor ihm lag. Das heile Auge starrte ihn an. Wie war es nur möglich, dass dieses Tier noch lebte? Abermals schwang er den Hammer und zerschlug den Kopf endlich …

 

Marc schreckte von schlimmen Träumen heimgesucht aus dem Schlaf auf. Nach dem spärlichen Mittagessen war er wohl eingeschlafen. Ein nie gekanntes Geschrei drang in seine Ohren und seinen Verstand, dessen Ursprung wohl das Fenster vor ihm und somit der Hof war. Etwas presste sich in ihn und seine Gedanken hinein, so schien es. Dieses bedrückende und doch wohlige Gefühl streichelte sanft seine Nervenenden, liebkoste sein Innerstes und ließ ihn bebend ejakulieren. Ungläubig des gerade Geschehenen, und benommen, torkelte er zum Fenster und blickte hinaus. Vater schnitt gerade mit einer im Sonnenlicht glänzenden Klinge in den Hals von Gerti, die leblos am Boden lag. Ein enormer Schwall Blut strömte über den Estrich. Dieses Etwas in ihm regte sich erneut, milderte abrupt den gewaltigen Drang zu weinen, und zwang ihn stattdessen zuzusehen wie sein Vater das Schwein schlachtete und schließlich behände zerlegte …

 

Am folgenden Tag forderte Marc seinen älteren Bruder drängend zu einem Spiel. Er ließ nicht locker, als der Bruder ihn genervt und gelangweilt anblickte, sondern bohrte weiter in dessen Gewissen und gewann schließlich. Marc forderte ihn auf, ihn in den Hof zu begleiten. Trotzig folgte er.

»Du bist das Schwein und ich der Metzger, wäre das nicht aufregend?«, fragte Marc sein Gegenüber.

»Du bist wohl nicht ganz dicht, oder was? Was soll dieser Kinderkram! Ich habe Besseres zu tun als lächerliche Kinderspielchen zu spielen!«

Marc stieß ihm das Metzgermesser bis zum Griff in den Hals. Es trat knackend im Nacken heraus. Das Opfer fiel krachend auf die Knie. Blut sprudelte aus dem entsetzt aufgerissenen Mund des Bruders und vermischte sich mit dem bereits getrockneten Lebenssaft des geschlachteten Schweins am Boden.

Zufrieden blickte Marc den noch immer zuckenden Körper an. Er sank auf alle Viere hinab und lief, lauthals quiekend wie ein Schwein, um den Sterbenden herum.

Mutter badete gerade den jüngsten ihrer Söhne in der Wanne, als sie dieses nervenreibende quieken aus dem Hof vernahm. Als sie ihren Hals streckte, um aus dem Fenster direkt vor ihr zu blicken, stockte ihr der Atem. Fassungslos starrte sie auf das verstörende Szenario, das sich ihr dort bot. Ihr ältester Sohn lag zappelnd in einer enormen Blutlache am Boden. In seinem Hals steckte ein Messer. Marc galoppierte lauthals grunzend und quiekend um den sterbenden Bruder herum. Dann machte er halt, leckte das Blut vom Boden, nahm es schlürfend in sich auf und begann lauthals zu grunzen. Von nie gekannter Panik ergriffen spurtete sie die Stufen herab.

Als sie den Hof erreichte, ergriff sie urplötzlich ein groteskes Gefühl der Freude, gepaart mit unendlicher Lust. Sie stoppte, bückte sich und krallte die Finger in die Innenseiten ihrer Oberschenkel, als ein intensiver, wallender Orgasmus sie erzittern und aufschreien ließ.

Sie fand Marc heulend und schluchzend auf den Knien vor dem getöteten Bruder vor. Gemächlich zog die Mutter das Messer aus dem Hals des ermordeten Sohnes und trat an den weinenden, offensichtlich verwirrten Marc heran. Wortlos packte sie ihn in an den Haaren und riss ihn zu Boden. Er wehrte sich nicht. Dann trieb sie das Messer bis zum Schaft in die Brust ihres, vor Schmerz aufschreienden Kindes …

Als die Mutter schließlich körperlich erschöpft und verwirrt innehielt, erblickte sie einen Stapel meisterhaft zerlegter Fleischstücke vor sich. Sie wollte schreien, doch ihrer Kehle entsprang lediglich ein tierisches Grunzen.

Auf allen Vieren erklomm sie die Treppe zum Bad und blickte über den Rand der Wanne. Das jüngste Kind trieb leblos im Wasser. Das Gesicht blau angelaufen. Die weit aufgerissenen Augen blickten sie angstvoll an. Die Glieder hilflos verkrampft. Dieser Anblick zerrte an ihrem Gemüt, doch dieses unbekannte, fordernde Gefühl in ihr ließ sie erneut, diesmal lauthals lachend, kommen.

Ein enormer Stapel zerlegten Fleisches, zierte den Hof. Ebenso ein separater Haufen Eingeweide, Füße, Hände und zwei Köpfe. Voller Vorfreude auf die ersehnte Heimkehr des Vaters, trabte die Mutter grunzend und quiekend auf allen Vieren über das Anwesen...

 

 

Augenblicke

 

Das verwaiste Tipi, das Bill erspähte, kam ihm gerade recht, um seinen Rachefeldzug fortzuführen. Der ungewöhnliche Fund dieses vereinsamten Zeltes, weit abseits der Rothaut–Kolonie, überraschte ihn zwar, aber so einen Glückstreffer konnte er sich nicht entgehen lassen. So schlich Bill, umhüllt von der schützenden Dämmerung, nah an die offensichtlich bewohnte Behausung heran. Im beleuchten Innern räkelten sich eng umschlungen zwei Schatten lautstark beim Liebesakt. Belustigt ließ sie ihr wahrscheinlich letztes Liebesspiel beenden. Er genoss diesen Anblick irgendwie und fühlte wie sich sein Ding dabei erhärtete.

Bill bezog Stellung, etwas weiter entfernt zwischen einigen Felsbrocken. Irgendwann sollte einer der Beiden das Zelt verlassen. Tatsächlich schritt nach einiger Zeit eine Gestalt aus der Wohnstätte. Den Konturen nach zu urteilen handelte es sich dabei um einen nackten Mann, der nun geradewegs in Bills Richtung marschierte. Schließlich blieb der Indianer stehen und urinierte, seinen Rücken Bill zugewandt, in den Sand.

Blitzschnell hechtete er aus seinem Versteck und schlug der Rothaut den Griff seines Colts auf dessen Hinterkopf. Sein Opfer sank augenblicklich bewusstlos zu Boden. Gelassen ging Bill zu seinem Pferd, das er in einiger Entfernung an einen Baum geleint hatte, und griff sich das Lasso von der Seite des Sattels. Mit diesem fesselte er die noch besinnungslose Rothaut an Armen und Beinen und zerrte den Mann an den Beinen gepackt in Richtung des erleuchteten Tipis. Bill lehnte den hilflosen Indianer in sitzender Haltung an einen Felsen. Wenn er aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, sollte die Rothaut dabei zusehen können, wie er die Squaw tötete. Genauso wie Bill als kleiner Junge den grausamen Mord an seinen Eltern mit ansehen musste, die beide von Rothäuten vor seinen Augen auf brutalste Weise abgeschlachtet wurden.

Entschlossen schritt Bill an das Tipi heran, riss die Plane des Eingangs beiseite und packte die schlafende Squaw an den Beinen. Bevor sie vollends erwachte, hatte er sie bereits einige Meter weit durch den Sand in die Richtung des Gefesselten geschleift. Der hilflose Indianer war bereits aus seiner Ohnmacht erwacht. Er schrie und fauchte Bill unverständliche Flüche entgegen. Der Cowboy ließ sich dadurch jedoch in keinster Weise beeindrucken und schlug der nackten, kreischenden Frau brutal ins Gesicht. Ihre Schreie verstummten abrupt und sie blieb benommen am Boden liegen. Bill blickte den fluchenden Indianer grinsend an, begann seinen Gürtel zu öffnen und ließ die Hose an seinen Beinen herabgleiten. Vor den Augen des hilflos heulenden Indianers vergewaltigte Bill die Squaw und schnitt ihr anschließend die Kehle durch. Ein enormer Schwall Blut sprudelte aus dem Hals der röchelnden Indianerin und versickerte im Sand. Dann griff Bill den gefesselten ebenfalls an den Beinen und zog ihn in Richtung des Baumes, an den er sein Pferd geleint hatte. Kühl griff der Cowboy ein zweites Seil vom Sattel des Pferdes, an dem bereits ein Galgen gewickelt war, und warf diesen über den stabilsten Ast. Nun nahm er die Schlinge und legte sie um den Hals des Flüche spuckenden, heulenden Mannes und zog diese eng zusammen. Bill fasste das Ende des Seils und begann den gefesselten gemächlich empor zu ziehen. Es bereitete ihm keine große Mühe den Körper der schmächtigen Rothaut am Baum hochzuhieven und so baumelte der noch zappelnde, gefesselte Körper schließlich einen guten Meter über dem Boden. Das Ende des Taus befestigte der Cowboy nun zufrieden am Stamm des Baums und blickte den erhängten, zappelnden Körper spöttisch an.

Doch der Aufgeknüpfte krächzte ihm noch immer böse Verwünschungen entgegen und zuckte wild umher. Er hätte längst tot sein müssen. Bill beschloss sich als zusätzlichen Ballast an die Beine des Indianers zu klammern, um den Vorgang des Sterbens zu beschleunigen, doch vergebens. Wüste Verwünschungen drangen fortlaufend aus dem Mund des Indianers, selbst nachdem dessen Genick schließlich lautstark brach.

Ungläubig trat Bill einige Schritte zurück und starrte auf den zuckenden, Flüche krächzenden Körper, der dort vor ihm am Galgen hing. Die weit aufgerissenen Augen des Erhängten fixierten den Cowboy. Die Lippen des Strangulierten formten weiterhin unverständliche Worte.