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Cindy Blowins

Gefangen im Lustpalast

Heißes Treiben im alten Gemäuer





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Erste Eroberung (1)

 

Ich hätte mir die Bahnlinie spektakulärer als die eingleisige und fast schon zugewachsene Strecke vorgestellt, die sie war. Doch nun stand ich auf dem Bahnsteig aus rissigem Asphalt und mit der ausgebleichten Beschilderung daneben. Der Regionalzug, mit dem ich angereist war, verabschiedete sich gerade in die Dunkelheit. Immerhin konnte ich nicht weit vom Bahnübergang bereits die ersten Häuser erahnen. Hoffentlich gab es diesen Gasthof tatsächlich, den ich schon einmal recherchiert hatte. Ich versuchte, die Aufschrift auf dem Wegweiser zu entziffern, folgte der schmalen, dunklen Straße – und bemerkte einen Lichtschein.

 

Die Temperatur war auf vielleicht 12 Grad gefallen, so dass meine zu kurze Hose nicht mehr wärmte. Dass im ersten Stock des Gebäudes nur aus einem Fenster Licht drang, konnte auf freie Zimmer hindeuten. Natürlich hätte ich eines reservieren können, doch es galt so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen. Ein Journalist, oder jemand der einen sensationellen Artikel schreiben wollte, musste eben einige Dinge aushalten. Womöglich waren die Balkone einst mit Blumen geschmückt, und auch die abgeblätterte Farbe verheimlichte die Außenbeleuchtung nicht. Immerhin stand da etwas von freien Zimmern, sogar mit Bad.

 

Ein dunkelroter Teppich und helles Licht begrüßten mich. Hatten die drinnen das ganze Geld investiert, das draußen für die Renovierung fehlte? Oder … sollte das zu viel neugierige Laufkundschaft fernhalten? Rechts neben mir befanden sich einige gepolsterte Sitzgelegenheiten und niedrige Tische, auf der linken Seite, vor einer großen Glastüre, eine Rezeption. Eine zierliche Dame in einem Anzug stand dahinter, schien beschäftigt zu sein, und ich trat näher.

 

„Guten Abend!“, begrüßte sie mich.

„Guten Abend … haben Sie noch Zimmer?“

„Ja“, antwortete sie mit direktem Blick, „Für Sie allein?“

„Äh … ja.“

„Ja, das geht“, meinte sie und legte mir ein Formular und eine kleine Karte hin.

 

Die Herren-Toilette, mit großen, strahlend weißen Fliesen ausgekleidet, erinnerte mich an … einen sonnigen Tag am Meer, oder doch frische Luft und Nadelbäume. Ein Kondom-Automat neben dem Ausgang erregte meine Aufmerksamkeit. Ich dachte an so manche Begegnung auf der Anreise und daran, dass so eine kleine Schachtel durchaus nützlich werden könnte. Etwas sagte mir, dass ich lieber noch mehr aufpassen sollte, während ich mein Zimmer suchte. Entlang der Treppe hingen historische Ansichten der Gegend. Ich erreichte das erste Stockwerk, passierte zwei Türen – die dritte war meine Zimmernummer und die Lochkarte verschaffte mir Zugang.

 

Neben dem Eingang befand sich ein Badezimmer, das größer als bei mir zuhause aussah. Das Bett konnte auch zwei Personen Platz bieten, und durch das große Fenster war in der Dunkelheit liegender Wald zu erahnen. Ich stellte meinen Rucksack ab, sah mich in den Spiegel, zog ein anderes T-Shirt an, das ich für eleganter hielt, kämmte notdürftig meine Haare, und ging wieder nach unten.

 

Im Raum nach der Glastür saßen ein Mann und eine Frau, womöglich ein Ehepaar mittleren Alters. Eine kleine Gruppe machte vermutlich auf einer Wander- oder Fahrradtour eine Zwischenstation und war am Erzählen von derben Witzen. Eine jüngere Frau, eher 25 als 30, saß allein an einem der Tische. Ihre Ecke wurde durch einige Pflanzen abgetrennt. Sie schien etwas zu lesen, und das Glas Bier konnte das auf der mit Kreide geschriebenen Tafel angepriesene sein. Ich nahm am Nebentisch Platz, ein Kellner erschien, und zwei Gesten genügten, um uns zu verständigen.

 

Eine Minute später konnte ich einen Schluck nehmen, und riskierte einen Blick zu meiner Nachbarin. Dass bald ihr Freund auftauchte, hätte mich kaum überrascht. Es passte eher in meine Gedankenwelt als eine Frau, die allein reiste und sich auch noch von mir anquatschen ließ. Nebenbei aß sie noch etwas von ihrem Teller, während mir das Personal offenbart hatte, dass die Küche leider schon geschlossen sei. Die junge Frau legte ihr Handy weg und richtete ihren Blick auf mich.

 

 

 

„Ein schöner Abend, nicht?“, entgegnete sie ruhig und redete zum ersten Mal wirklich mit mir.

„Gehen wir … nach oben?“, fragte sie einfach so und trat halb auf meinen Fuß.

Mein Puls begann sich zu erhöhen, während ich sie sehr langsam nach oben gehen sah. Als sie die zweite Stufe erklomm, dachte ich wieder an den Kondom-Automaten.

„Entschuldige mich einen Moment!“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Hmm … na ja … ja!“, bekundete sie, von einem kurzen Lachen begleitet.

 

 

„Und wo soll das sein?“

„Moment!“, unterbrach sie mich und setzte sich auf. „Möchtest du auch zu diesem …?“

„Ja, jedenfalls … kann ich dein Badezimmer benutzen?“, sprach sie und nahm ihre Hand von mir.