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Titelseite

Inhalt

Angeliquomir

Eine Eröffnungsfeier mit Folgen

Die Klobrille der Liebe

Die Apfeltarnung

Ein erstes richtiges Date

Verliebt, verlobt, verzweifelt

Liebescoach Angelique

Ernsthaft verliebt

Heikos Plan

Der Klobrillenklau

Drei sind einer zu viel

Happy Birthday, Pauline!

Freibad mit W.C.

Die Clique

 

 

Angeliquomir

Soll ich euch was verraten? Ich werde zwar nach diesen Sommerferien bereits dreizehn Jahre alt, aber ich war noch nie verknallt. Und wenn es nach mir geht, wird das bei den kindischen und dummen Jungs im Notburga-von-Sorgenfrey-Gymnasium auch nicht so bald passieren. Immerhin sagt meine Mama immer: »Gleich und Gleich gesellt sich gern«, was so viel bedeutet wie, dass es für jeden Topf einen Deckel gibt. Wenn das stimmt, bin ich bestimmt eine Tupperdose. Für die gibt es auch keinen Deckel. Zumindest nicht bei uns zu Hause.

Was die Sache mit den Töpfen und den Deckeln betrifft, so hat Papa da eine andere Meinung. Er behauptet nämlich, dass sich Gegensätze anziehen, was bedeuten würde, dass ich mich irgendwann in einen Jungen verlieben müsste, der auf wochenlangen Hausarrest steht, gern Erbsen, Rosinen und Brokkoli isst und den Geruch mag, der sich ausbreitet, wenn Frau Kümmel im Unterricht die Schuhe auszieht. Ich glaube kaum, dass es so jemanden gibt. Und wenn doch, dann will ich bestimmt nicht mit ihm zusammen sein.

Abgesehen von mir scheinen die Mädchen in meiner Klasse so gar keine Probleme zu haben, Frühlingsgefühle zu entwickeln. Da ist einerseits Pauline, die in diesem Schuljahr neu in unsere Klasse gekommen ist und vom ersten Moment an für meinen besten Kumpel Ernst Fröhlich geschwärmt hat – und das trotz seines, wie ich finde, ziemlich dämlichen Namens. Und dann ist da noch Angelique. Meine Exerzfeindin, Einhornprinzessin und bekennende Pink-Liebhaberin ist zwar eine ziemliche Tussi, aber das hat sie trotzdem nicht davon abgehalten, sich regelmäßig mit Heiko Niemand zu treffen, dem Sohn des neuen Hausmeisters, der ein bisschen aussieht wie Dracula junior und total auf Fantasyfilme steht. Seit über fünf Monaten treffen sich die beiden nun, turteln in der Schulkantine rum und nutzen jede Gelegenheit, allen zu zeigen, wie verknallt sie ineinander sind.

»Hirnverbranntes Liebespärchen auf zehn Uhr«, murmelt Ernst und lässt den Kopf sinken, bis er mit der Nasenspitze fast den Kartoffelbrei berührt. »Schnell, duck dich, Chloé, sonst kommen sie her. Und ich hab keine Lust auf das Gesülze, da kommt mir der Nachtisch wieder hoch.«

Ich verdrehe die Augen. »Aber du hattest doch noch gar keinen Nachtisch.«

»Ich meine ja auch den von gestern.« Ernst gibt ein würgendes Geräusch von sich. »Mist. Zu spät. Sie kommen her. Du meine Güte! Chloé, bitte übergieß mich mit eiskaltem Wasser, sollte ich jemals zu einem elenden liebeskranken Hündchen mutieren wie unser Fantasyprinz Heikomir –«

»Oh, hallo, ihr beiden«, sage ich. Angelique und Heiko waren vor unserem Tisch angelangt und ich verpasste Ernst einen Stoß, woraufhin er augenblicklich verstummte.

Heikomir grinst. »Hi, Chloé, hallo, Ernst. Habt ihr noch ein Plätzchen für Angeliquomir frei?«

Ernst gibt ein neuerliches Würgen von sich, und diesmal kann ich ihn tatsächlich verstehen. Die beiden sind sogar so ineinander verknallt, dass sie sich einen gemeinsamen Namen verpasst haben – eine Mischung aus Angelique und Heikomir. Fast so, als wären die beiden zu einer einzigen Person verschmolzen.

Gruselig.

»Ein Plätzchen? Teilt ihr euch jetzt nicht nur einen Namen, sondern auch noch einen Stuhl, oder was?«, brummt Ernst zurück.

Angelique wirft mir einen verwirrten Blick zu und schnappt sich den Stuhl neben mir. »Was ist denn mit Ernst los? Der macht ja ein Gesicht, als wäre sein YouTube-Account gehackt worden.«

»Meinem YouTube-Account geht es bestens«, knurrt Ernst. »Dreißig neue Fans in einer Woche, seit ich das Video vom neuen Jungsklo gepostet habe. Und fünfzig neue Anmeldungen fürs neue Schuljahr, hat mir Frau Hohl-Kopp verraten.« Er zwinkert uns zu. »Ausschließlich Jungs.«

Okay. Das wundert mich nicht im Geringsten. Das neue Jungsklo, das von unserem Direktor Oberhauser, den wir alle nur Oberhäusl nennen, letztes Jahr vor Weihnachten eröffnet wurde, ist wirklich gigantisch und steht unserem luxuriösen Mädchenklo in nichts nach. Es ist vollgestopft mit Dingen, die Jungs mögen – vom Comic-Klopapier über Dartscheiben und Lautsprecher an den Wänden bis zur integrierten Playstation. Es ist sogar so beliebt, dass die Jungs gelegentlich aufs Essen verzichten und stattdessen die Mittagspause im Jungsklo verbringen.

»Hallo, Leute.« Jetzt quetschen sich auch noch Pauline, Katja und Melanie zu uns an den Tisch und unsere Clique ist komplett. Während Katja ihren Schokoladenkuchen futtert und Melanie während des Essens in ihrem Mathebuch liest, hat Pauline wieder mal nur Augen für Ernst. Jetzt im Frühling scheint es, als hätte sich ihre Verliebtheit verdreifacht.

»Leute, habt ihr schon die Neuigkeit des Tages gehört?«, erzählt sie. »Die aus der Abschlussklasse haben sich gerade auf dem Klo darüber unterhalten, dass Oberhäusl heute früh die Englisch-Kümmel eingeladen hat, mit ihm zum Yogakurs zu gehen. Denkt ihr gerade an dasselbe wie ich?«

»Du meinst, die Englisch-Kümmel in Leggings? Wie sie sich die Gliedmaßen verrenkt und dabei aussieht wie eine fette Schildkröte, die auf dem Rücken liegt und nicht mehr aufstehen kann?« Ernst schüttelt sich vor Ekel und schiebt seinen Teller weg. »Vielen Dank, Pauline, jetzt hast du mir endgültig den Appetit verdorben.«

Pauline gibt ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken. »Nicht doch. Ich meinte, dass er womöglich ein Auge auf sie geworfen hat. Nachdem letztes Jahr das Gerücht die Runde gemacht hat, Frau Kümmel sei in unseren Mathelehrer Herrn Klaus verliebt, weiß der Direktor, dass die Kümmel keinen festen Freund hat.«

»Pauline«, stöhnt Ernst und vergräbt den Kopf in den Händen. »Nicht noch mehr gruselige Frühlingsgefühle. Dieses Rumgeturtle zwischen Prinz Heikomir und seiner Elfenkönigin hier ist schon mehr, als mein Magen ertragen kann.«

Heikomir macht ein säuerliches Gesicht. »Zum hundertsten Mal, es heißt Elbenkönigin. In Herr der Ringe kommen keine Elfen vor!«

»Aber …« Auch Pauline sieht plötzlich nicht mehr sehr glücklich aus. Im Gegenteil, sie macht ein Gesicht, als hätte Ernst ihr das Herz aus der Brust gerissen. »Was soll das denn heißen, Ernst? Meine Mama sagt immer, die Liebe ist das größte Glück auf Erden. Wie kann man sich denn nicht darüber freuen, dass der Direktor verliebt ist?«

»Also meine Mama sagt immer, Liebe macht blind, aber wer verheiratet ist, kann plötzlich wieder sehen«, erklärt Ernst. »Und deshalb werde ich mich niemals verlieben und auch niemals heiraten. Ernst den YouTube-King interessieren keine Mädchen. Und damit –«

Ernst braucht gar nicht weiterzusprechen. In diesem Moment schiebt Pauline geräuschvoll ihren Stuhl beiseite, schnappt sich ihr Tablett und verlässt den Tisch. Ich sehe ihr nach und für einen Moment will ich Ernst einfach nur eine Ohrfeige verpassen, dafür, dass er manchmal so ein unsensibler Depp ist. Er hat natürlich nicht die geringste Ahnung, wie sehr ihn Pauline mag.

»Was ist denn mit der los? Hat die schlecht geschlafen? Oder ist ihr Lieblings-Disney-Shirt aus der Altkleidersammlung eingelaufen?«, fragt Ernst in Angeliquomirs Richtung, aber auch die beiden wirken verärgert. Sie nehmen ihre Tabletts und verlassen wortlos den Tisch. Selbst Katja und Melanie schütteln den Kopf, leeren ihre Saftgläser und machen sich auf den Weg zurück in die Klasse.

Nur Ernst und ich bleiben zurück.

»Sind heute alle durchgeknallt?«, will Ernst von mir wissen.

»Du bist echt ein unsensibler Idiot!«, schimpfe ich, stehe auf und sehe mich nach Pauline um.

»Und wennschon«, murmelt Ernst. Er nimmt seine Baseballkappe ab und sieht plötzlich ein bisschen hilflos aus mit den verstrubbelten blonden Haaren und dem verunsicherten Blick. »Dann gehe ich eben dahin, wo Männer noch Männer sein dürfen. Und zwar aufs Jungsklo. Ich muss ohnehin aufs stille Örtchen, und da kann ich nebenbei auch noch Pauls Rekord bei Gran Turismo knacken. Ohne euch blöde Mädchen.«

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»So, enough is enough! Mir reicht’s langsam mit dieser elenden Klasse hier«, knurrt die Englisch-Kümmel. Als ob die Stimmung in unserem Freundeskreis nicht schon schlecht genug wäre, steht unmittelbar nach der Mittagspause auch noch Englisch auf dem Stundenplan. »Es hat vor zehn Minuten geläutet und es sind nur zwei Jungs hier. Wo steckt der Rest von euch?«

Ernst hebt die Hand. »Tut mir leid, dass wir Ihnen auf den Wecker –«

»In English please!«

Ernst seufzt. »I’m sorry, that we go you on the alarm clock. But the boys are still on the Jungsklo.«

Die Kümmel wirkt empört. Und das liegt ganz sicher nicht nur an Ernsts miesem Englisch – wie es aussieht, hat sie auch fünf Monate nach der Fertigstellung des Jungsklos immer noch nicht kapiert, dass die Jungs ständig zu spät kommen, weil sie vor lauter Begeisterung für die Toilette jedes Mal die Schulglocke überhören.

»Are you kidding me? Machst du Witze?«, herrscht sie Ernst an.

»See I so out?«, antwortet Ernst.

Die Klasse kichert.

»I’m sorry, that Ernst has one on the waffle«, melde ich mich zu Wort und muss schmunzeln. »He is a funbird and his English is under all pig.«

Die Klasse kichert noch lauter, während Ernst und ich eine Gettofaust tauschen.

»Genug, Ernst und Chloé!«, schimpft die Kümmel. »Bevor ich noch mehr von eurem schlechten Englisch ertragen muss, verschwindet Ernst jetzt besser mal aufs Jungsklo und holt die Bande.«

Missmutig steht Ernst auf. »Older Swede. Must that be?«

»Und wenn du den Direktor siehst, sag ihm, dass nur wegen seines blöden Jungsklos die Hälfte meiner Schülerschaft im Unterricht fehlt.« Wütend ballt sie die Fäuste, während Ernst aus dem Klassenraum schlüpft und im selben Moment ausgerechnet Direktor Oberhäusl höchstpersönlich die Klasse betritt.

»Wenn dieser nichtsnutzige, yogabesessene, kloverliebte –«

»Guten Tag, liebe Schüler!«, verkündet der Direktor und stellt sich neben die Kümmel.

Vor lauter Schreck macht die Kümmel einen Satz. »Herr Direktor … ich hab Sie gar nicht reinkommen sehen«, stottert sie und wirkt leichenblass. »Wenn ich das gewusst hätte, dann –«

»Dont’t worry. Everything is in butter«, sagt der Direktor und lächelt die Kümmel friedvoll an. »Ich habe nur eine kurze Mitteilung zu machen.«

Pauline wirft mir einen amüsierten Blick zu und ich glaube zu wissen, was sie mir damit sagen will. Vermutlich ist an dem Gerücht, das die Abschlussklasse verbreitet hat, doch etwas Wahres dran. Der Oberhäusl ist zwar auch sonst immer ein richtig netter Kerl, aber dass er auch noch ruhig und gelassen bleibt, wenn die Kümmel über ihn lästert, ist neu. Entweder der Direktor hat heute zu viel Entspannungstee getrunken oder … oder er hat wirklich etwas für unsere Englischhexe übrig.

»Wie ihr wisst, erfreut sich unser Jungsklo großer Beliebtheit«, beginnt der Direktor und sieht in die Runde.

»Yeah, unser Schulklo rockt!«, grölt Paul, der gerade gemeinsam mit den anderen Jungs die Klasse betritt. »Und ’tschuldigung für die Verspätung, Herr Direktor. Das Jungsklo ist einfach der Hammer! Der Tischfußballtisch ist einsame Spitze!«

»Merken Sie, was Sie da machen? Sie verleiten die Jungs zum Schwänzen mit Ihrem dämlichen Klospielplatz«, mischt sich die Kümmel ein und verschränkt böse die Arme. »Sie sollten das Schulklo schließen. Oder in ein stinknormales Klo umbauen lassen, mein lieber Herr Direktor Oberhauser. Dann habe ich endlich keine Anwesenheitsprobleme mehr.«

»Was?«, ruft Jonas entsetzt und lässt sich auf seinen Platz fallen. »Nicht doch! Seit es das neue Jungsklo gibt, freue ich mich jeden Tag auf die Schule. Meine Mum muss mich gar nicht mehr aus dem Bett prügeln, ich stehe sogar freiwillig auf.«

»Sehen Sie?« Direktor Oberhäusl zwinkert die Kümmel durch seine rahmenlose Brille an. »Vielleicht ist mein Schulklo doch gar nicht so schlecht, Frau Kümmel. Und deshalb habe ich auch eine kleine Überraschung für euch alle.«

»Eine Überraschung?«, tönt es aus den Reihen. Alle Jungs haben inzwischen Platz genommen und starren den Direktor mit großen Augen an.

»Etwa ein zweites Jungsklo?«, will Ernst wissen. »Jetzt, wo wir so viele Anmeldungen für das Notburga-von-Sorgenfrey-Gymnasium haben?«

»Ja!«, ruft Paul. »Manchmal bilden sich vor den Kabinen sogar Schlangen, weil es zu wenige Schüsseln gibt.«

»Aber nur, weil die Sitzungen neuerdings drei Mal so lange dauern, weil jeder auf dem Klo mit der Playstation spielt, die in der Wand gegenüber installiert ist«, mische ich mich ein.

»Quatsch. Wir brauchen trotzdem ein zweites Klo«, fällt mir Heinz ins Wort. »Eins mit integriertem Chemielabor, Büchern, Lexika und großen Tischen zum Hausübung-Schreiben.«

»Das hättest du wohl gerne, du Streber!«, ruft Paul und lacht. »Das zweite Jungsklo wird ein Sportklo. Mit Indoor-Fußballplatz. Schwimmbecken, Springturm –«

»Please!«, unterbricht ihn die Kümmel und sieht flehend zum Direktor. »Bitte sagen Sie mir, dass Sie kein zweites Jungsklo planen. Ich habe nur noch fünf Jahre bis zur Rente, das ertrage ich nicht!«

»Nein, nein.« Der Direktor schüttelt entschieden den Kopf. »Die Neuigkeit hat zwar mit dem Jungsklo zu tun, aber ich habe mit Sicherheit nicht vor, ein zweites –«

»Wartet mal! Ich weiß es! Wir bekommen ein eigenes Klohaustier«, fällt Ernst jetzt ein und er klatscht begeistert in die Hände.

»Zieht Giovanni jetzt etwa aufs Jungsklo?«, fragt Heinz.

»Also wirklich, auf diese Fellratte Giovanni können wir verzichten«, widerspricht Ernst. »Der ist eine ziemliche Memme, ist beim Essen pingelig, hält sich für eine Prinzessin und zickt die meiste Zeit rum. Der passt viel besser zu den Mädchen.« Er steht auf und ballt die Faust. »Wir brauchen unser eigenes Klotier. Und zwar ein männliches Klotier.«

»Einen Schäferhund!«, schlägt Ernst vor.

»Einen Puma!«, ruft Jonas.

»Einen Minotaurus!«, schreit Heikomir.

»Einen was?«, fragt Ernst.

Heikomir wird rot bis an die Haarwurzeln. »Ups, das ist ja ein Fabelwesen. Ich meinte, äh … ein Puma ist schon ganz in Ordnung, glaube ich.«

»Jungs, Jungs«, beruhigt der Direktor sie. »Ich kann mir ganz bestimmt kein zweites Haustier zulegen. Ich muss das Tier ja immerhin abends zu mir nach Hause mitnehmen. Und ich habe zu wenig Platz für einen Schäferhund, einen Puma … oder einen Minotaurus.« Er runzelt die Stirn. »Was ist das noch mal?«

Heikomir lächelt schief. »Ein Wesen mit menschlichem Körper und Stierkopf.«

Der Direktor sieht verblüfft aus. »Oh. Na dann erst recht nicht. Außerdem glaube ich kaum, dass man so was im Tierheim findet.«

»Aber was dann?«, will Ernst wissen und sieht etwas enttäuscht aus. »Wenn es kein zweites Klo gibt und kein Klohaustier, was ist denn dann die Überraschung?«

»Eine Klo-Eröffnungsfeier!«, offenbart der Direktor schließlich. »Wir haben seit fünf Monaten ein neues Jungsklo und es noch gar nicht richtig eingeweiht.«

Jonas hebt den Kopf. »Also ich habe es schon des Öfteren eingeweiht. Zweimal am Tag, um genau zu sein.«

»Vielen Dank, Jonas, so genau wollten wir das gar nicht wissen«, erwidert der Direktor und verzieht angeekelt das Gesicht. »Ich meinte eine richtige Eröffnungsfeier. Inklusive Musik, Leckereien und einer Menge prominenter Gäste. Eine Party! Ist das denn etwa nichts für euch?«

Etwas zögerlich beginnen die Jungs zu nicken. »Das klingt gut. Häppchen, Musik und eine ausgelassene Stimmung am Jungsklo«, überlegt Ernst vor sich hin. »Und vor allem keine Mädchen.«

»Wie bitte?« Heikomir bleibt der Mund offen stehen. »Aber was ist dann mit Angelique? Ich gehe auf keine Party ohne meine Elbenkönigin.«

Angelique wirft ihm über die Bankreihen hinweg einen schmachtenden Blick zu. »Heiko, du bist der süßeste Junge auf der Welt.«

»Du auch«, säuselt Heikomir. »Ich … äh … meinte natürlich, du bist das süßeste Mädchen auf der Welt.«

Wie auf Knopfdruck ertönt ein genervtes Raunen in der Klasse. Offenbar ist dieses schmalzige Gerede nicht nur für Ernst eine echte Geduldsprobe.

»Nicht doch, nicht doch!«, mischt sich der Direktor ein. »Wer hat denn behauptet, dass wir zu der Einweihungsfeier keine Mädchen einladen werden?«

»Ähm … weil es ein Jungsklo ist?«, sagt Ernst, als wäre es die logischste Sache auf der Welt.

»Na und?« Der Direktor sieht aus, als duldete er bei diesem Thema keine Widerrede. »Natürlich laden wir Mädchen ein. Sonst müsste ja auch Frau Kümmel zu Hause bleiben.« Er macht einen Schritt auf sie zu. »Oder darf ich Sie Lieselotte nennen, verehrte Kollegin?«

»Für Sie immer noch Frau Kümmel!« Die Englischhexe rümpft die Nase und geht auf Abstand. »Und seien Sie versichert, Herr Direktor, ich bleibe gern zu Hause, backe einen Kuchen und gucke mir ein paar Seifenopern an.«

»Das kommt gar nicht infrage. Die Eröffnungsfeier fällt unter Lehrerarbeitszeit«, entgegnet der Direktor und hält der Kümmel seine Hand entgegen. »Ich würde mich freuen, wenn Sie mich auf die Feier begleiten würden, liebste Lieselotte … äh … Frau Kümmel.«

»Uuuhuuuuuuuuh!«, macht die Klasse und kichert.

Doch die Englisch-Kümmel verzieht nicht mal eine Miene. Nur die Warze auf ihrer Nase wackelt ganz merkwürdig, als wäre sie kurz davor, aus der Haut zu fahren. »Erst mit einem bescheuerten Schulklo dafür sorgen, dass meine Schüler den Englischunterricht schwänzen, und jetzt auch noch die Lehrerarbeitszeit in den Abend ausdehnen? Das könnte Ihnen so passen. Herr Direktor!« Verärgert greift sie nach ihrer Tasche und stapft in ihren altmodischen Tretern zur Tür. »Wenn ich abends arbeiten soll, dann können Sie ja stattdessen für mich den Englischunterricht übernehmen. Guten Tag.«

»Have a nice day, Miss Kümmel«, erklärt Ernst zufrieden, als die Kümmel die Tür hinter ihrem Rücken zuknallt. Dann zwinkert er Herrn Oberhäusl zu. »Und Herr Direktor, nehmen Sie es ihr nicht übel. Mit den meisten Mädels ist nun mal nicht gut cherry eating.«

Eine Eröffnungsfeier mit Folgen

Wenn ich auf etwas noch weniger Lust habe als auf Verliebtsein, dann ja wohl auf Liebeskummer. Denn wenn man sich ansieht, mit welcher Miene Liebeskummerkranke so durch die Schule laufen, könnte man glauben, sie hätten lebenslangen Hausarrest aufs Auge gedrückt bekommen, ihr Hamster wäre gestorben oder sie hätten gerade eine unangekündigte Mathearbeit schreiben müssen – zumindest trifft diese Beschreibung auf Pauline zu, denn die hat seit Tagen schon richtig miese Laune – und das nur wegen Ernsts blöder Aussage neulich in der Cafeteria.

»Ich habe keine Ahnung, warum wir überhaupt hier sind. Ich habe nicht die geringste Lust auf eine Party«, jammert sie, als wir das festlich dekorierte Jungsklo betreten. Weil meine Eltern heute arbeiten, haben mich Paulines Mutter und Angeliques Vater auf die Eröffnungsfeier mitgenommen. Davor hat Angelique auch noch darauf bestanden, mich für die Party zu stylen.

»Ich habe ehrlich gesagt auch keine große Lust«, gebe ich zu und blicke an mir hinab. »Immerhin sehe ich aus wie eine Kreuzung zwischen einer Primaballerina und Tinkerbell.«