cover
Ramona Stolle

Sternenstaub und Weihnachtswünsche


Ramona Stolle schreibt Geschichten für alle großen und kleinen Leserinnen und Leser und für jeden, der im Herzen noch an Wunder glaubt. Nach fünf Weihnachtsbüchern und einem Weihnachtsgedichteband ist "Sternenstaub und Weihnachtswünsche" ihr sechstes Weihnachtsbuch.


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Sternenstaub und Weihnachtswünsche

 

 

 

Ramona Stolle

 

Ein Adventskalenderbuch

für alle kleinen und großen

Kinder

 

 

 

 

 

 

Originalausgabe 2. Auflage Dezember 2017

Umschlaggestaltung: Ramona Stolle

Cover: Pixabay

Bilder: Pixabay

HeppiBux

Copyright©RamonaStolle

 

 

 

 

 

 

Goldgetränkt leuchten die Sterne

Kommen her aus weiter Ferne

Bringen Glanz und Glockenklang

Weihnachtslieder und Gesang

 

 

Kunterbunte Weihnachtsbäume

Kinder träumen süße Träume

Ob sie in Erfüllung geh‘n

Ist im Sternenstaub zu seh’n

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. “Omis Weihnachtsbuch”

 

Die Tage im Dezember waren einfach die schönsten im ganzen Jahr. Da waren sich Svenja und Björn einig. Zwar hatten beide ein eigenes Zimmer, doch zur Weihnachtszeit saßen sie oft gemeinsam mal in Svenjas und mal in Björns Zimmer. Sie bastelten Strohsterne für den Weihnachtsbaum und schnitten Figuren aus Papierbögen aus. Da gab es dann Wichtel und Engel, Tannenbäume und natürlich den Weihnachtsmann aus Pappe und Stanniolpapier. Die Geschwister zogen Wattebällchen auf dünne Schnüre und hängten sie ans Fenster.

„Jetzt sieht es aus, als würde es schneien“, freute sich Svenja. „Ich freu mich schon auf den Schneemann, den ich bauen werde.“

Ihr Bruder dachte beim Anblick der flauschigen Dinger an etwas ganz anderes.

„ Schneeballschlacht“, juchzte er, „ich will eine richtige Schneeballschlacht! Und Schlittenfahren!“

„Und wenn nun gar kein Schnee kommt“, sagte Svenja plötzlich, „sowas kann ja mal passieren.“

Svenja runzelte die Stirn. Es wäre ja wohl total unfair, wenn es in diesem Jahr nicht schneien würde.

„Ich glaube, sowas ist bei uns noch nie passiert“, sprach sie vor sich her, „hier schneit es doch jedes Jahr.“

„Wir sollten Omi fragen“, schlug Björn vor.

„Meinst du, sie weiß, wie das Wetter werden wird?“ Svenja guckte ihren Bruder ungläubig an. Ihre Oma war zwar eine sehr schlaue Frau, aber sie war ja keine Wahrsagerin.

„Mal schauen!“, rief der Junge und lief zur Tür.

„Warte, ich komm mit!“ Svenja griff nach ihrer kuscheligen Strickjacke mit dem Sternenmuster und folgte ihrem Bruder. Oma wohnte in der Nachbarwohnung. Sie wohnten sozusagen Tür an Tür und das möchten die Kinder sehr. Manchmal ließen sie einfach die Wohnungstüren offen stehen und dann hatten sie das Gefühl, alle zusammen in einer großen gemeinsamen Wohnung zu wohnen.

 

Erwartungsvoll blickten Svenja und Björn zum großen Lehnstuhl, der am Fenster stand. Dort saß Oma am liebsten. Auf ihm lag ein dickes Buch, auf dem mit goldenen Buchstaben in schnörkeliger Schrift „Weihnachtsgeschichten“ stand.

Oma kam aus der Küche und hielt ein Tablett in den Händen. Sie brachte Tee und Kekse für ihre Enkelkinder.

„Greift zu“, lächelte sie, „ die Kekse hab ich selbst gebacken.“

Ja, selbstgebacken schmeckten Kekse immer am besten! Die beiden ließen es sich schmecken und schlürften ihren Tee, doch sie hatten natürlich nicht vergessen, weshalb sie eigentlich gekommen waren.

„Du, Omi“, brummelte Björn mit vollem Mund, „wann fällt eigentlich der erste Schnee in diesem Jahr?“

„Wir wünschen uns so sehr weiße Weihnachten“, seufzte Svenja und sah im Gedanken schon die Schneeflocken wie weiche Tupfer vom Himmel schweben.

„Mit dem Wünschen ist das immer so eine Sache“, sagte Omi und setzte sich in den Lehnstuhl, nachdem sie das Buch in die Hände genommen hatte. „Manchmal sehnt man sich Dinge herbei, doch dann merkt man plötzlich, dass andere Dinge viel wichtiger sind.“

„Aber irgendetwas muss man sich doch wünschen“, maulte Björn, „ich weiß genau, dass ich Schnee will!“

„Ich auch!“

Omi kicherte und schlug das Buch auf.

„Schnee ist doch nicht das Wichtigste zur Weihnachtszeit. Würdet ihr in Australien leben, dann würdet ihr jetzt in der Sommerhitze schwitzen.“

„Welch ein Glück, dass wir nicht in Australien leben“, jubelte Svenja, „und hier ist es kalter Winter, wenn es so urgemütlich weihnachtet.“

Björn knabberte an einem Keks und feine Krümel rieselten auf seinen Pulli. Er wurde ungeduldig. Nun war es wirklich an der Zeit, dass er eine Antwort bekam.

Omi blickte die Kinder schmunzelnd an, dann blätterte sie die ersten Seiten des Buches um.

„Versprechen kann ich euch nichts“, sprach sie geheimnisvoll, „aber ich weiß, dass das Weihnachtsbuch auf alle Fragen eine Antwort hat. Manchmal entdeckt man die Antwort allerdings erst ein bisschen später.“

Es war ganz still im Zimmer. Der süße Duft von Vanille und Zimt lag in der Luft. Björn und Svenja kuschelten sich in die vielen Kissen, die auf der Couch lagen und blickten Omi erwartungsvoll an. Es gab für die beiden nichts Gemütlicheres, als bei Oma auf der Couch zu liegen, Kekse zu knabbern und sich Geschichten anzuhören.

„Und wieder war es Weihnachtszeit“, begann Omi mit gedämpfter Stimme vorzulesen. Das klang sehr geheimnisvoll. „Und die Schneeflocken fielen wie watteweiche Sterne vom Himmel ...“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. “Merry Christmas”

 

Es war mächtig was los in der kleinen Stadt. Die Menschen huschten durch die Straßen, Autos hupten, ein Hund bellte laut und auf dem Marktplatz schrie eine Frau, als der riesige Weihnachtsbaum mit seinen dicken roten Kugeln in Schieflage geriet und klirrend und scheppernd umfiel.

„Oje, oje“, jammerte ein kleiner dicker Mann, der angelaufen kam. „So ein Unglück kurz vor dem Weihnachtsfest.“

„Alle Kugeln kaputt“, krächzte ein Junge, der sich neben die schreiende Frau stellte, „und der Baum sieht auch wie gerupft aus.“

Die Frau blickte auf den Kleinen herab, der eine dicke Winterjacke trug und einen blauen Schal um seinen Hals gewickelt hatte.

„Justus, du gehörst ins Bett“, sagte die Frau und presste ihre Hand auf seine Stirn. „Kein Fieber, aber deine Stimme klingt grauenvoll!“

Dem Jungen huschte ein Lächeln über die Lippen, doch blitzschnell sah er wieder ernst aus. Er hustete dreimal ganz fürchterlich, dann senkte er den Kopf. „Du hast Recht, Mama, ich glaube das Weihnachtssingen fällt für mich

flach in diesem Jahr. Der Weihnachtsbaum ist auch schon umgefallen!“

Bei diesen Worten wurde die Frau ganz bleich vor Entsetzen und für einen Moment sah es aus, als würde sie sich vor Schreck gleich neben die Tanne legen. Doch dann holte sie tief Luft und trällerte: „Oh doch, du wirst singen! Deine Halsschmerzen werden schon bald verschwunden sein und dann wirst du in der ersten Reihe vor dem Weihnachtsbaum stehen und Alle Jahre wieder singen. Tante Klara wird staunen, wenn sie dich hört!“

Justus blickte traurig zum Boden. Tante Klara aus Amerika kam in diesem Jahr zu Besuch. Eigentlich ein Grund, fröhlich zu sein, doch nicht für ihn. Zuhause stand alles Kopf! Mama putzte den ganzen Tag, bunte Girlanden hingen von den Zimmerdecken und ein Weihnachtsmann aus Plastik und mit Batteriebetrieb quietschte unentwegt: „Merry Christmas“.

 

Weihnachten war nie so, wie er es sich wünschte, aber in diesem Jahr schien es, so richtig schrecklich zu werden.

„Ach, der Herr Bürgermeister!“, juchzte Justus‘ Mutter, als sich der kleine dicke Mann neben sie stellte.

„Welches Unglück“, klagte dieser, „in diesem Jahr steht das Weihnachtsfest unter keinem guten Stern.“

„Das Bäumchen ist doch schnell wieder aufgestellt“, rief Justus‘ Mutter, „und die abgebrochenen Äste werden gar nicht auffallen, wenn der Chor erst davor steht und mein Justus singt.“

Justus verdrehte die Augen. Ging es noch peinlicher? Zum Glück war keiner seiner Freunde in der Nähe. Die hatten sowieso schon alle Reißaus genommen vor den Weihnachtsvorbereitungen im Hause Schubert. So hieß Justus nämlich. Justus Schubert. Es reichte seiner Mutter nicht, in der ganzen Wohnung amerikanischen Weihnachtsflitter zu verteilen, sie wollte auch noch, dass er sich vor seinen Freunden lächerlich machte. Er musste singen, nur weil Tante Klara kam und dass ihm das absolut keinen Spaß machte und er überhaupt kein amerikanisches Weihnachtsfest wollte, schien seine Mama überhaupt nicht zu interessieren.

„In diesem Jahr erwarten wir Besuch aus Amerika“, gurgelte Justus‘ Mutter und beobachtete den Bürgermeister. Sie betonte das Wort Amerika natürlich besonders, doch der Bürgermeister hörte ihr nicht zu. Er hatte nur Augen für den Weihnachtsbaum, der mittlerweile von einigen Menschen umringt wurde. Ein kleiner Junge hob einen krummen Tannenzweig auf, der einsam auf dem Boden lag.

„Kaputt“, jammerte er und seine Mutter musste ihn trösten, damit er nicht anfing zu weinen.

„Alles wird wieder gut“, flüsterte die Frau, während sie dem Kleinen über die Wange streichelte, „am Heiligen Abend wird der Weihnachtsbaum hier stehen und der ganze Marktplatz wird leuchten und schimmern, als wäre Goldstaub vom Himmel gefallen.“

„Ja, genauso wird es sein. Merry Christmas“, schmunzelte Justus. „Weihnachten ist die Zeit der Wünsche und der Wunder. Und ich wünsche mir ein Weihnachtswunder.“