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Lobito´s

El Duende

Wer in Andalusien stirbt . . .

Für Carmen

Impressum:

© 2017 by Lobito

Website: www.lobito.direct

E-Mail: contact@lobito.direct

1. Auflage

Paperback: ISBN 978-3-7439-6547-8

Hardcover: ISBN 978-3-7439-6548-5

e-Book: ISBN 978-3-7439-6549-2

Umschlagfoto:

Flashon Studio, Lincolnshire, Illinois

Verlag und Vertrieb:

tredition GmbH, Hamburg

www.tredition.de

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

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Lobito’s

El Duende

Wer in Andalusien stirbt . . .

Inhalt

I. Der Meister der Inspiration

Prolog

1. Im Urgrund der Einsamkeit

2. Violinenblut

3. Flammendes Herz

4. Die Fliege und das Schweigen

5. Heimkehr

6. Die Braut des Dämons

7. Gesang aus der Tiefe

8. Reflexionen einer Gitarre

9. Der Geruch von weißen Nelken

10. Im Garten

11. Der Traum der Sierra Nevada

12. Der Rose Duft

II. Die drei Weisen des Lebens

13. Die Sprache der Welt

14. Der Maler aus Granada

15. In der Kathedrale des Herzens

16. Der Gleichklang des Universums

17. Die Oase der Zeit

18. Eine universale Liebe

19. Uhren ohne Zeiger

20. Die ewige Symphonie

21. Im Reich der Spiegel

22. Der Schlüssel zur Freiheit

23. Das Buch des Lebens

24. Die Frage aller Fragen

III. Der Prinz der Stille

25. Das letzte Paradies

26. Abschied

27. Wer in Andalusien stirbt …

28. Lama asabthani?

29. Totentanz

30. Ein ungebetener Gast

31. Die weiße Kutsche

32. Im Brunnen der Schmerzen

33. Das rohe Fleisch der Gier

34. Der Liebe Reinheit

35. Alles ist nur Übergang

36. Klang und Licht

Epilog

Anhang

Glossar

Personen

Danksagung

Autor und Werk

Teil I

Der Meister der Inspiration

Prolog

Mit einem schrillen Schrei breitete der schwarze Vogel seine Schwingen aus und erhob sich würdevoll in die Dunkelheit der Nacht.

Nicht weit davon entfernt floss das Mondlicht schimmernd über das verfilzte Fell einer geduckten Kreatur und schenkte ihr, zumindest noch in den wenigen Vollmondnächten, einen gnädigen Rest längst vergangener Anmut und Schönheit.

Das glühende Augenpaar starrte von den schneebedeckten Felsen der Sierra Nevada hinunter zum Haus und spendete mehr Licht als der Schein der kleinen Petroleumlampe, der durch das Fenster der Wohnstube in den Garten fiel, um die Schatten zweier sich stumm gegenübersitzender Frauen auf die schlafenden Blumen zu werfen. Der ausgemergelte, von zahllosen Kämpfen vernarbte Körper verharrte regungslos und still.

Als wollte er die Menschen vor dem nahenden Unheil warnen, hob der alte Wolf das schwere Haupt und öffnete das fast zahnlose Maul. Vor langer Zeit waren aus seiner Kehle Fanfaren der Freiheit und Lebenskraft ertönt. Über das gesamte Tal hinaus waren sie zu hören gewesen und hatten jeden, der sie vernahm, das Fürchten gelehrt. Doch jetzt quoll aus der einstmals stolzen Brust nur noch ein erbärmliches Jaulen hervor. So versickerte die zum kläglichen Geheul verkümmerte unheilvolle Ahnung, von den beiden Frauen ungehört, vor seinen zerschundenen Pfoten im trockenen Sand Andalusiens.

Und der Wind sang sein ewiges Lied dazu.

1. Kapitel

Im Urgrund der Einsamkeit

»Hast du´s auch gehört, Mutter?«

Erwartungsvoll horchte Juanita auf. Bedeutete das leise Klicken des Schlosses am Gartentor die inständig herbeigesehnte Erfüllung ihrer still gehegten Hoffnung oder war es doch wieder nur eine Täuschung ihrer überreizten Sinne? Viel zu lange schon wartete sie darauf, dass sich die Tür öffnen und Paquito, ihr geliebter Paquito, endlich wieder vor ihr stehen würde. Strahlend wie immer, wenn er von einer Konzertreise heimkam, würde er sie in seine starken Arme nehmen, sie wie eine Feder vom Boden heben, mit ihr übermütig durch das Zimmer wirbeln und ihren Mund mit Küssen verwöhnen. Die Tage der Dunkelheit wären vorbei, die Schatten der Angst verkröchen sich in ihre Höhlen und Kummer und Leid würden demütig vor ihm niederknien und sich seinem Willen beugen.

»Ich glaube, das ist er«, sagte sie mit verhaltener Stimme, während sie ungeduldig auf das seit vielen Tagen und Nächten vermisste Geräusch seiner sich nähernden Schritte im Kies vor dem Haus hoffte. War es nun endlich, endlich vorbei, dieses an den Nerven zerrende Lauschen, das all ihre Kräfte nahm, manchmal sogar den Atem?

Bekümmert schüttelte ihre Schwiegermutter den Kopf. Ebenso wie Juanita sehnte auch sie die Ankunft ihres Sohnes herbei.

»Nein, mein Kind«, entgegnete sie, traurig darüber, das Mädchen, das sie liebte wie eine eigene Tochter, abermals enttäuschen zu müssen. »Das war nur der kalte Wind der Sierra Nevada, der ebenso einsam ist wie du.«

Doch die gut gemeinten Worte spendeten keinen Trost mehr, linderten nicht den Schmerz, der sich in der jungen Frau ausgebreitet hatte, um sie stets und unerbittlich daran zu erinnern, dass mit jeder Sekunde, die verging, kostbare Lebenszeit verrann. Entmutigt senkte sie den Kopf. Und zum ersten Mal spülten die Tränen der Einsamkeit auch Verzweiflung in ihre Augen.

Vom nächtelangen Warten übermüdet legte die Mutter ihre Handarbeiten zurück auf den Tisch. Sie hatte der Tätigkeit ohnehin nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt, aber durch die Ablenkung der Stickerei war es ihr möglich gewesen, viele Stunden nicht aufzusehen und den Blickkontakt mit ihrer Schwiegertochter zu meiden, vor allem aber tiefgründige Gespräche, denn selbst belanglose Unterhaltungen waren überaus mühsam und kräftezehrend geworden. Dennoch ließ es ihr mitfühlendes Herz nicht zu, die Frau ihres Sohnes hier mutterseelenallein ausharren zu lassen. Was hat eine alte Frau in solch einer Situation auch schon anderes zu geben als aufrichtige Anteilnahme? Vielleicht konnte sie ihr, wenn schon nicht mit Worten, zumindest mit ihrer Anwesenheit in dieser beschwerlichen Zeit Beistand leisten.

Das Leben hatte die Greisin gelehrt, wann es klüger war zu schweigen, denn auch aufrichtige Worte, im falschen Moment gesagt, können so schmerzhaft sein wie in offene Wunden gestreutes Salz. Heute jedenfalls schien es ihr angebracht, einfach nur für die Untröstliche da zu sein. Und während sie gemeinsam auf Paquito warteten, schlich unbemerkt die Melancholie in ihre Herzen.

Schon seit Tagen sprachen die Frauen kaum noch miteinander. Offenbar wollte Juanita keine Zeit mehr mit unwesentlichem Geplauder vertrödeln, denn Sehnsucht und Schwermut umschlossen ihr Gemüt wie unsichtbare Mauern. Die Einsamkeit wurde ihr zum Gefängnis, aus dem es aus eigener Kraft kein Entkommen mehr gab. Sich selbst zur quälenden Einzelhaft verurteilt, wartete sie auf ihren Befreier. Natürlich würde er die Vollstreckung des Urteils nicht verhindern können, aber den Schlüssel zum Eingangstor ihrer selbst gewählten Ausgeschlossenheit besitzen. Er allein besaß die Macht, sie aus der Gefangenschaft ihrer Isolation zu befreien. Nur mit ihm würde sie die Todeszelle teilen und ohne Angst auf ihren Henker warten. Aber Paquito war noch immer nicht zurück. Und der Zeitpunkt der Hinrichtung rückte unaufhörlich näher.

Der Mutter hingegen wurde fast jeder Besuch in Juanitas Gefühlskerker verwehrt. Es bedurfte viel Gespür, um noch mit der sich mehr und mehr Verschließenden ins Gespräch zu kommen. Und trotzdem war es einfacher, die schmerzliche Verlassenheit und die damit verbundene Wartezeit gemeinsam zu ertragen. Doch entfliehen konnten sie der Einsamkeit auch zu zweit nicht.

»Als ich so jung war wie du, da lauschte auch ich in ungezählten einsamen Nächten den Seufzern des Mulhacén, die der Wind über das schlafende Land weht«, nahm die alte Frau das Gespräch wieder auf, aus eigener Erfahrung wohl wissend, dass sie nicht die einzige Gemahlin eines Musikers war, die das Warten mitgeheiratet hatte. Doch welchen Wert hat schon ein Mann, auf den zu warten es nicht lohnt?

»Hast du keine Angst, wenn der Wind an die Fensterläden klopft und Einlass verlangt?«, fragte Juanita. Nun war sie doch darüber froh, heute Nacht in diesem vom nächsten Dorf weit entfernten Haus nicht ganz allein zu sein. Sie genoss die Gesellschaft ihrer Schwiegermutter, ja, sie war der alten Dame aufrichtig dankbar für ihre Gegenwart in diesen schweren Stunden. Und endlich war auch die lähmende Stille gebrochen.

»Angst? Nein«, antwortete die Mutter erleichtert über die zarte Entwicklung der Unterhaltung, die aufrechtzuerhalten sie sich bemühen wollte. »Nun ja, als junges Mädchen vielleicht, nachdem mich Leonardo geheiratet und mit hierher in dieses Haus genommen hatte.«

Wehmütig dachte sie zurück an längst vergangene, aber nie vergessene Zeiten, die ihr mit jedem Tag glücklicher erschienen, jedoch in zunehmender Verklärung versanken.

»Am Anfang unserer Ehe habe ich mich gefürchtet, wenn der Wolf durch den dunklen Wald schlich und der Nachtvogel nach mir rief«, beschwor die Hochbetagte verblassende Erinnerungen herauf, in denen Namen wie Schall und Rauch entschwanden und sich der Mantel des Vergessens tröstend um ihr nachlassendes Gedächtnis legte, Erinnerungen, die ihr zu welkenden Rosen im Dezember wurden. »Ich fühlte mich bedrängt, geradezu bedroht, wenn die Dunkelheit durch alle Ritzen und Fugen der Wände, durch jeden noch so engen Spalt von Tür und Fenster in meine Schlafkammer drang. Und alle Geräusche lähmten mich. Doch nach und nach, je öfter Leonardo auf Konzertreise ging, wurde mir das geheimnisvolle Wesen der Nacht vertrauter. Aus unbekannten Stimmen wurden Lieder, aus leisem Geraschel Musik, aus fremden Gerüchen betörender Duft. Und schon bald vermisste ich sogar das Heulen des Wolfes, wenn es einmal ausblieb, ja, ich war regelrecht beunruhigt und wartete ungeduldig auf seinen Gesang in den folgenden Nächten. So wurde er mir zum Freund, ein Freund, den ich einst fürchtete, den ich niemals sah und dennoch stets in meiner Nähe weiß.«

Im Laufe der Jahre war ihr das wilde Tier tatsächlich ein treuer Wegbegleiter durch die Nacht geworden. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, wach im Bett gelegen und darauf gewartet zu haben, dass es seine traurige Klage erhob. Und immer verriegelten die Männer und Frauen unten im Dorf aus Angst und Schrecken ihre Häuser, während die Kinder eingeschüchtert die Bettdecken über ihre kleinen Köpfe zogen. Für die Schlaflose aber hatte sich die vertraute Elegie wie ein weiches Tuch um ihr nach Zärtlichkeit dürstendes Herz gelegt, hatte ihr Trost gespendet, ihr Mut, Kraft und Zuversicht gegeben und vor allem die Gewissheit, an diesem von der Welt vergessenen Ort nicht lebendig begraben zu sein. So war ihr das Geheul des Wolfes, das ihre Nachbarn zu Tode erschreckte, zum Wiegenlied geworden.

»Noch immer kriecht mir ein Schauer über den Rücken, wenn ich sein fernes Klagen höre, das ich vom Heulen des Windes kaum zu unterscheiden vermag«, flüsterte Juanita so zaghaft, als ob allein schon die Furcht vor dem Wolf ein Vergehen sei.

»Du brauchst dich nicht zu ängstigen«, wisperte die Mutter geheimnisvoll, als wüsste sie von Dingen, die niemand kannte außer ihr. »Die Stimme des Wolfes ist seine Seele. Sein Lied entspringt dem Urgrund der Einsamkeit.«

Ein wohlbekanntes Grauen ließ Juanita frösteln. War seine eisige Kälte zunächst nur hin und wieder unter ihre frierende Haut gekrochen, nistete sich der Vorbote des Todes nun fest in ihren wehrlosen Körper ein. Schaudernd zog sie den leidlich wärmenden Wollschal fest um ihren Hals. Sogar im Bett, das sie seit einigen Wochen aufgrund zunehmender Müdigkeit vermehrt aufsuchen musste, legte sie ihn nicht mehr ab. Doch weder Schal noch Bett vermochten ihr Verlangen nach Wärme und Zuwendung zu stillen.

›Wenn doch nur Paquito hier wäre‹, wünschte sie sich mehr als alles andere auf der Welt, während fiebrige Panik sie zu überwältigen drohte.

Sie wusste, ihr blieb nicht mehr viel Zeit.

2. Kapitel

Violinenblut

»Ach ja, die Musik«, seufzte die Mutter gedankenverloren. »Sie ist unsere größte Rivalin. Keine Frau ist anmutig, keine weibliche List raffiniert genug, um einen Musiker diese Geliebte vergessen zu lassen.«

Mit ihr teilten zahlreiche Frauen das Los, die ewig junge, nie alternde Nebenbuhlerin ein Eheleben lang neben sich erdulden zu müssen.

»Immer wieder zog es Leonardo hinaus in die weite Welt. Nichts konnte ihn aufhalten. Seine Konzertreisen bedeuteten ihm mehr als meine Liebe. Dabei habe ich ihm alles geschenkt, was eine Frau zu geben vermag: meine Wärme, meine Unschuld, meine Jugend, meine Treue und so vieles mehr. Seine Fehler liebte ich mehr noch an ihm als seine Tugenden. Und dennoch ließ er mich allein zurück, so wie sein Sohn jetzt dich allein lässt in diesen mitleidlosen Nächten.«

Zu spät, als dass sie noch hätte innehalten können, bemerkte sie den Vorwurf in ihren Worten, der sich bei näherer Betrachtung ja doch nur als lächerliches Selbstmitleid entlarven musste. Aber noch hatte die Zeit es weder geschafft, alle Erinnerungen verwelken zu lassen, noch alle Tränen zu trocknen, die sie, nächtelang ruhelos auf ihren Mann wartend, in trostloser Verlassenheit vergossen hatte. Noch konnte sie Juanitas Nöte nachfühlen und sie litt mit ihr, denn jedes Leid, das wusste sie, war leichter zu ertragen, wenn es auch andere traf.

»Oh, diese Musik, diese Musik«, wehklagte sie, während sich ihre Verbitterung reichlich aus der tiefen Verbundenheit mit ihrer Schwiegertochter nährte.

Natürlich würde ihr Leid das Leid Juanitas nicht heilen, aber vielleicht lindern, waren beide doch gleichen Ursprungs. Und noch jetzt, so viele Jahre später, war sie über ihr Unvermögen erzürnt, nicht in der Lage gewesen zu sein, ihre Widersacherin zu verdrängen, trotz Anwendung all der ihr zur Verfügung stehender weiblichen Finesse.

»Aber ist es nicht gerade diese Rivalin, die uns unsere Männer lieben lässt?«, fragte das Mädchen, und ohne wirklich eine Antwort von der Leidensgefährtin zu erwarten, sprach sie ungewohnt wortreich weiter: »Natürlich ist es wahr, dass wir unsere Ehemänner mit der Musik teilen müssen, und sicher hast du recht damit, dass wir nur allzu oft allein zurückgelassen werden. Doch kannst du dir Paquito ohne seine Gitarre vorstellen, oder Leonardo ohne seine Violine? Wären sie ohne Musik geworden, was sie sind? Würden wir sie lieben?«

»Ja, Leonardos Herz war eine Violine«, gedachte die Greisin ihres viel zu früh verstorbenen Gatten, während sie, wie fast jeden Tag, zu der kleinen, mit feinen Schnitzereien verzierten Kommode ging. Und vorsichtig wie immer, als könne das Holz schon vom bloßen Anblick brechen, nahm sie das von Gebrauchsspuren übersäte Instrument, das mitten auf dem Schränkchen seinen ehrenvollen Platz gefunden hatte, in ihre gebrechlichen Hände. Das abgenutzte Griffbrett zeugte von den unzähligen Stunden, die der Künstler ihm über Jahrzehnte hinweg unermüdlich gewidmet hatte.

Behutsam, als hielte sie einen Säugling in ihren Händen, trug die Greisin das kostbare Andenken an ihren Mann in die Mitte des Raumes, blieb dort stehen, streckte beide Arme aus und hob es so weit empor, wie es ihre schmerzenden Glieder gerade noch erlaubten.

»Diese Violine ist das Einzige, was mir von Leonardo geblieben ist – und die Erinnerung an seine schönsten Melodien«, sagte sie ehrfurchtsvoll. Für sie hatte er in Tönen gedichtet. Wenn er spielte, mussten alle, die ihn hörten, schweigen. »Seine Musik weckte nicht nur das Gefühl der Sehnsucht, der Melancholie und der Hoffnung in den Menschen, nein, sie wurde durch ihr Erklingen in jedem einzelnen Zuhörer zur Sehnsucht, zur Melancholie, zur Hoffnung selbst.«

Die sich fast täglich wiederholende Szene erinnerte Juanita auch heute wieder an den Gottesdienst in der kleinen Kapelle unten im Ort, wenn der Herr Pfarrer die heilige Hostie kurz vor dem Abendmahl hoch über seinen Kopf erhob, damit alle sie sehen sollten und durch Christi Leib errettet würden.

Und immer wieder aufs Neue schenkte die junge Frau ihrer Schwiegermutter dabei ungeteilte Aufmerksamkeit. Es war unübersehbar, dass es sich hier um das Ritual einer aufrichtigen, unsterblichen Liebe handelte, um ein Ritual, das dem in der Kirche an Feierlichkeit und Hingabe kaum in etwas nachstand.

»Unzählige Stunden lauschte ich seinen romantischen Weisen, waren sie doch wie schöne Blumen, die nur erblühten, um zu duften«, beteuerte die Greisin, ehe sie in gewohnter Manier begann, den noch immer glänzenden Lack des Tonholzes mit einem weichen Tuch zu polieren, wobei sie das Instrument liebevoll an ihren Körper drückte. Schon immer hatte sie es für ihren Mann so fürsorglich gepflegt, ebenso wie später ihn selbst, als er krank und bettlägerig geworden war. Und während ihre Schwiegertochter noch darüber nachdachte, ob diese Gabe der Aufopferung, die als so segensreich galt, nur liebenden Frauen vorbehalten war, flüsterte sie mahnend: »Juanita, den nachhaltigsten Eindruck in unserem Leben hinterlassen nicht die freudvollen Stunden, sondern die leidvollen.«

Und als suche sie einen unwiderlegbaren Beweis für Leonardos Liebe zu ihr, fügte sie mit ihrer von den vielen Jahren brüchig gewordenen, aber noch immer selbstsicher klingenden Stimme hinzu:

»Er strich den Geigenbogen so sanft über die Saiten, als wäre er aus Glas, das zerbricht, wenn man es zu unsicher oder zu fest anfasst. Für niemanden hat er so gespielt wie für mich. Seine Melodien waren die Bekenntnisse seines Innersten. Was er mit Worten nicht sagen konnte, sagte er mit Musik.«

Vergessen war die einstige Eifersucht, die ja doch nur dazu geführt hatte, ihn mehr und mehr zu lieben. Frauen wie sie machten sich eine Rivalin, die zu verdrängen unmöglich war, zur Verbündeten. Aber unterwerfen würden sie sich ihr nie, würden sie lediglich erdulden und ertragen, wussten sie doch, dass eine Frau, die von der Geliebten ihres Mannes in die Knie gezwungen wurde, den Kampf um ihn für immer verloren hatte.

»Ich küsse diese Violine«, sagte die alte Frau, bevor sie es tat. »Ohne sie wäre Leonardo nicht Leonardo gewesen, ohne sie hätte ich niemals erfahren, wie sehr ich ihn liebe, und ohne sie wäre mir von ihm nicht mehr geblieben als längst verklungene Lieder vergangener Tage.«

Als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt, legte sie das durch die tägliche Pflege absolut staubfreie Instrument behutsam auf den Tisch und hielt beide Hände schützend darüber, als wollte sie es vor Gefahren bewahren, die nur sie allein kannte, vielleicht auch vor Geistern, Kobolden und Dämonen, die nur sie allein wahrnahm.

»Diese Saiten aus Stahl sind die Adern, durch die sein Blut noch fließt«, beteuerte die Greisin, während sie die Violine zurück an ihren Platz auf der Kommode brachte. Dort würde das hölzerne Denkmal nun sicher ruhen und gleichmütig darauf warten, erneut vom andalusischen Staub befreit zu werden, der ohnehin kaum noch wagte, sich auf den wertvollen Klangkörper niederzulassen, denn schon morgen Abend würde er wieder aufgeschreckt und unnachgiebig vertrieben werden. Doch trotz der hingebungsvollen Pflege bildeten sich, ähnlich den tiefen Falten im Gesicht der Alten, zunehmend feine, aber deutlich wahrnehmbare Risse im spröden Lack, fast so, als wolle das Instrument nicht weniger altern als seine betagte Pflegerin. Wenn sie nicht mehr wäre, wer würde sich dann gebührend um die Aufrechterhaltung der Grundbedürfnisse dieser Violine sorgen und kümmern? Ginge nicht mit ihr die Erinnerung an das Wunder einer symbiotischen Liebe zugrunde, die in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit, Leidenschaft und Hingabe einzigartig war? Wer außer ihr würde sich noch an die wunderbaren Melodien erinnern, die Leonardos Finger auf dem kleinen Griffbrett zum Erklingen gebracht hatten? Denn seit dem trauervollen Tag, an dem Leonardos Hände für immer gefaltet worden waren, war auch seine Violine verstummt.

»In diesem Holz lebt sein Geist noch fort«, wusste die alte Frau. Und auch heute weinte sie, als sie das Instrument sacht auf seinen Platz zurücklegte. Aber niemals war sie so unbedacht, mit ihren salzigen Tränen den empfindlichen Lack zu benetzen. Zu groß war die Sorge um die klingende Urne, in der sie die Seele ihres Mannes wusste.

»Ach, sein Herz war eine Violine«, stöhnte sie kaum hörbar, nachdem sie sich wieder etwas gefasst und zu dem blassen Mädchen zurück an den Tisch gesetzt hatte, »und sein Leben eine leise Melodie.«

3. Kapitel

Flammendes Herz

»Immer, wenn du von Leonardo erzählst, kommt es mir so vor, als würdest du über Paquito reden.«

Mit einem Lächeln, hervorgerufen allein durch die Nennung des Namens ihres einzigen Sohnes, nickte die Mutter dem Mädchen beipflichtend zu.

»Manchmal glaube ich, sein Vater steht vor mir, wenn er mir freundlich ins Gesicht lacht oder mit mir über die Wunderwelt der Töne spricht, wo ich doch so wenig verstehe von der Musik.«

Stundenlang konnte Paquito über Musik, Gesang und Tanz philosophieren, vor allem aber über seine Gitarre. Dann fand er einfach kein Ende. In ihr hatte er ein Instrument gefunden, hinter dem er sich verstecken, sich aber ausdrücken und mitteilen konnte. Sowohl im engen Freundeskreis als auch im großen Konzertsaal spielte er sie nicht für alle, sondern für jeden Einzelnen. Und die Zuhörer spürten, dass da jemand war, der sie wahrhaftig mitnehmen wollte in sein Reich der Töne.

Mit mehr und mehr sich entfernendem Bezug zur allgemein akzeptierten Vorspielpraxis steigerte er sich dermaßen in seine musikalischen Vorstellungen hinein, dass alle Anwesenden von den neu gewonnenen Erkenntnissen ergriffen und in ihren bisherigen Hörgewohnheiten ebenso tief erschüttert wurden wie er selbst. Und manchmal, da tauchte er zu tief ein in das unendliche Meer der Klänge, schwamm viel zu weit hinaus, und alle, die ihm zu folgen wagten, ertranken mit ihm.

»Das ist es, was ich an ihm so mag«, rief Juanita, und eine Welle der Liebe brach über sie herein. »Seine Visionen, seine Musik, seine Entschlossenheit und Ernsthaftigkeit, aber ganz besonders sein offenes, ansteckendes Lachen.«

Mit einem Mann wie Paquito an der Seite war es nicht schwer, auf schöne Kleider, Schmuck und Spitzentücher zu verzichten. Unter vielen Bewerbern hatte sie ausgerechnet ihn erwählt, den mittellosen Gitarristen aus dem kleinen Haus am Fuße der Sierra Nevada. Da war der Schuster gewesen, der ihr weite Reisen und aufregende Abenteuer versprochen hatte, oder der Schmied, der sie beschützen und behüten wollte vor jeder ihr angeblich drohenden Gefahr. Sogar der wohlhabende Sohn des Bürgermeisters hatte ihr den Hof gemacht und wohl geglaubt, ihre Gunst mit teurem Schmuck und Kleidern aus Samt und Seide erkaufen zu können.

Doch sie schwärmte nur von dem jungen Gitarrenspieler, den sie erstmals im Café Flamenco am alten Marktplatz hatte spielen sehen. Es war zur Zeit der letzten Olivenernte, als sie eines späten Nachmittags mit zwei Freundinnen unterwegs gewesen war. Trotz mühevoller Feldarbeit hatten sich die Mädchen übermütig lachend und kichernd durch das Dorf auf den Heimweg gemacht. Da hörten sie aus dem alten Café, in dem sich hauptsächlich die in ihren Augen eigentümlichen Mitglieder einer eher kleinen, aber umso merkwürdigeren Vereinigung trafen, ganz sonderbare Musik, die nicht unbedingt ihren jugendlichen Geschmäckern entsprach, aber direkt in ihre Herzen traf.

Lange hatten die Mädchen durch den Spalt der geöffneten Eingangstür gelugt, denn sie trauten sich nicht hinein. Ehrfurchtsvoll spitzten sie die Ohren, um auch nicht nur einen einzigen Ton der wunderbaren Gitarrenklänge zu versäumen, die so ganz anders waren als alles, was sie kannten. Als habe das Spiel des jungen Mannes die Fähigkeit, die Gefühle eines jeden zu verzaubern, bewegten sich seine melancholischen Melodien, die er ausdrucksvoll und scheinbar mühelos vortrug, in dichterischer Atmosphäre und sanftmütiger Stimmung. Für Juanita wurden sie zu musikalischen Geschichten und lyrischen Träumereien im Dämmerzustand zwischen Wachen und Schlafen. Zum ersten Mal in ihrem Leben bemerkte sie, dass es die leisen Töne sind, welche die größte Wirkung auf die Sehnsüchte und geheimsten Wünsche einer Frau haben. Und ebenso wie ihre Freundinnen weinte auch sie Tränen der Rührung zu dieser magischen Gitarrenmusik, die trotz zurückhaltender Gefühlsäußerung tief in das Gemüt der drei Mädchen drang, wie feiner Regen, der nur zart nieselt, aber dennoch alles durchnässt.

Irgendwann trafen Paquitos Blicke die ihren. Ihr Blut begann zu kochen. Und aus Angst vor ihrem brennenden Verlangen, ihrem unschicklichen Begehren, sprang sie erschrocken auf und lief davon. Sie lief, als ginge es um ihr junges Leben. Atemlos, mit Tränen der Leidenschaft und Scham in den Augen, rannte sie die lange, staubige Hauptstraße hinunter: Vorbei am kleinen Geschäft des Schusters, der hinter seiner Theke träge vor sich hin dösend auf Kundschaft wartete und nun, mit weit aufgerissenem Mund zur Ladentür stürzte, als hätte er ein Gespenst gesehen; vorbei am neuen Rathaus, wo sie einen verdutzt durchs Fenster gaffenden Bürgermeister mit seinem Sohn hinter sich ließ, die beide nicht fassen konnten, was sie da gerade auf der Straße zu sehen bekamen; und vorbei an der alten Schmiede, in der ein muskulöser Bursche mitten in der ausholenden Bewegung erstarrte, den Schlaghammer mit einem dermaßen schwachsinnigen Gesichtsausdruck über den Kopf schwingend, dass selbst dem durch die täglich härteste Behandlung gestählten Amboss zum Lachen zumute war.

Die alten Männer, die wie jeden Tag auf den Stühlen und Bänken vor ihren Häusern gemächlich ihre Zigarren und Pfeifen schmökten, mussten annehmen, das junge Ding habe seinen Verstand verloren. Aber wie immer verzogen sie auch heute keine Miene und ließen sich nicht aus ihrer wohlverdienten Ruhe bringen, schon gar nicht von einem verrückten Mädchen.

Wie eine Piratenflagge, am höchsten Segelmast gehisst, flatterte Juanitas pechschwarzes Haar im stürmischen Wind, der sich in ihrem mit beiden Händen hochgerafften Kleid verfing, um sie schneller und immer schneller voranzutreiben. Mitten hinein in die aufgeblähten Segel peitschte der Sturm die Wellen namenloser Erregung. Ein unberechenbarer Strudel aus triebhafter Begierde und aufgezwungener Moral zog die junge Frau tief hinab auf den Grund weiblichen Verlangens, auf dem nichts anderes mehr wuchs als die Pflanze der Lust. Noch wollte sie dem drängenden Wunsch, der quälenden Sehnsucht, die sie zu verzehren drohte, mit schnellen Schritten entfliehen. Doch dazu war es längst zu spät. Nichts und niemand konnte die einmal entflammte Leidenschaft löschen, die lodernd in ihr brannte. Erst als ihre Kräfte erlahmten und sie ihre blutenden Füße bemerkte, konnte sie wieder einen klaren Gedanken fassen. Und sie schämte sich ihres Begehrens. Doch während sie im Río Darro ihre wunden Füße kühlte und ihren unberührten Körper wusch, wünschte sie, Paquitos Hände wären es, die ihre zitternden Brüste und ihre bebenden Lenden streichelten.

4. Kapitel

Die Fliege und das Schweigen

»Horch!«, wisperte Juanita erwartungsvoll. »Das wird er sein.«

In der Gewissheit, ein weiteres Mal die Hoffnung auf das Ende des gnadenlosen Wartens zu zerstören, schüttelte die Greisin erneut den Kopf.

»Nein, mein Kind, das ist wieder nur El Viento, der Wind.«

Ihre Stimme klang bekümmert. Ebenso wie ihre Schwiegertochter fühlte sie sich zermürbt vom tagelangen Warten und Hoffen. Dennoch hielt sie lauschend inne, als müsse sie sich selbst von ihren eigenen Worten überzeugen.

»Wahrscheinlich fühlt er sich oben in den Bergen ebenso verlassen wie wir uns hier unten. Und es ist kalt, bitterkalt in der Sierra Nevada bei Nacht. Und einsam. Wenn die Finsternis durch die leeren Straßen schleicht und ihn keiner sieht, steigt er herab, um uns wartenden Frauen Gesellschaft zu leisten, aber auch, weil er Unterhaltung sucht. Und immer, wenn man länger nicht über ihn spricht, ihn fast schon vergessen hat oder glaubt, er habe sich wieder in die Berge zurückgezogen, klopft er an die Tür und rüttelt an den Fensterläden, um sich in Erinnerung zu rufen.«

»Oder er heult wie der einsame Wolf oben in den Bergen«, fügte Juanita hinzu, traurig darüber, sich auch diesmal in der Annahme geirrt zu haben, die Geräusche am Gartentor könnten vom ungeduldig Ersehnten verursacht worden sein. Jede neue Enttäuschung empfand sie als weiteren Angriff auf ihre mehr und mehr erlahmende Widerstandskraft. Und sie befürchtete, weitere Schläge nicht mehr lange aushalten zu können.

»Oder er heult wie der einsame Wolf oben in den Bergen«, wiederholte die Greisin. »Wenn er niemanden antrifft und seine Einsamkeit zu groß wird, sucht der Wind den Wolf und streift mit ihm durch die dunkle Nacht. Manchmal stimmen sie gemeinsam ihr Klagelied an, und sogar dem mutigsten Mann schnürt es dann vor Angst und Grauen die Kehle zu.«

»Mutter, was redest du?«

»Doch, doch, mein Kind, glaube es mir. Ich selbst habe es gehört. Der Wind, auch er ist mir mit den Jahren ein treuer Freund geworden, nicht nur wie der Wolf in der Nacht, sondern auch am Tage. Hier in Andalusien weht ein anderer Wind als irgendwo sonst auf der Welt. Er begleitet dich an guten und an schlechten Tagen. Er ist immer da, ob du lachst oder weinst. Er tröstet dich in der Einsamkeit, er trägt dich durch den Schmerz, er …«

»Mutter …«, versuchte Juanita die alte Frau zum Innehalten zu bewegen. Die aber dachte gar nicht daran, sich in ihrer trunkenen Schwärmerei unterbrechen zu lassen, wusste sie doch nur zu genau, dass eine trauernde Seele nach Tränen lechzt wie das trockene Land nach Regen.

»Manchmal, wenn er will, streichelt mir El Viento durch das Haar und küsst mir die köstlichen Tränen vom Gesicht, die hier in Andalusien schmecken wie Sherry aus den Bodegas in Jerez de la Frontera. Dann taumelt er, leicht beschwipst, über die weiten Ebenen und neckt die Olivenbäume und die Sonnenblumen. Oder er fegt voller Übermut über das Meer und treibt mit den Wellen sein heiteres Spiel. Am Himmel formt er aus meinen und den Tränen aller lustige Wattebällchen, die er fröhlich umherpustet. Und die Sonne schaut zu und lächelt vergnügt; ja, sogar der Mond macht ein freundliches Gesicht.«

Plötzlich verließ die Weltentrückte ihre märchenhafte Fantasiewelt, um den Oberkörper weit über den Tisch zu beugen und sich schwerfällig zu erheben. Als würde sie ihrer Schwiegertochter ein wohlbehütetes Geheimnis verraten, hielt sie eine Hand seitlich an den Mund und flüsterte bedeutungsvoll: »Selbst Tränen, hier in Andalusien geweint, vergieße ich nicht ohne Sinn, denn so vermähle ich mich mit diesem Land. Die Tränen, anderswo geweint, zerplatzen auf totem Gestein.«

»Meine Tränen werden in der trockenen Erde versickern, den Boden fruchtbar machen und meinen Durst nach ewigem Leben löschen«, hielt Juanita dagegen, die, kaum dass sie ausgesprochen waren, über ihre eigenen Worte erschrak.

Die Mutter fiel ächzend auf ihren Stuhl zurück, der unter ihrem Gewicht laut aufstöhnte, als wollte er zerbrechen wie ihr Herz.

»Schweig, Kind, wirst du wohl schweigen!«

Keimte da, in ihrer Liebe tief verborgen, eine mütterliche Entrüstung darüber auf, dass Juanita ihren geliebten Paquito, wenn auch ohne es zu wollen, schon bald sehr unglücklich machen würde?

»Nicht an den Tod, an das Leben denken sollst du.«

›Nein‹, dachte Juanita widerspenstig. ›Ich habe schon viel zu lange geschwiegen.‹

Jetzt wollte sie reden, denn ihn zu verdrängen hält den Tod nicht auf. War es nicht endlich an der Zeit, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen und – vor allem – sie anzunehmen?

»Die andalusische Erde suchen all jene, die sich nach Frieden und Geborgenheit sehnen«, behauptete die Trotzköpfige anmaßend. »Und eine von ihnen bin ich!«

Bekümmert senkte die Mutter den Blick. Natürlich war ihr klar, was geschehen würde. Sie war ja nicht blind. Aber sie wollte es einfach nicht wahrhaben. Ihr Sohn würde bald zurückkommen, und während sie darauf hoffte, verschloss sie die Augen vor allen Anzeichen, um einer Verantwortung zu entgehen, die ihr niemand anderes auferlegte als sie sich selbst. Doch Paquito war noch immer nicht zurück.