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VORHER ER JAGT

 

(A MACKENZIE WHITE MYSTERY—BUCH 8)

 

 

 

 

B L A K E   P I E R C E

 

Blake Pierce

 

 

Blake Pierce ist Autor der Bestseller RILEY PAGE Mysterie Reihen, die elf Bücher (aufwärts) enthält. Blake Pierce ist ebenfalls Autor der MACKENZIE WHITE Mysterie Reihen, die aus sieben Büchern (aufwärts) besteht; der AVERY BLACK Mysterie Reihen, die aus sechs Büchern besteht; und der neuen KERI LOCKE Mysterie Reihen, die aus vier Büchern (aufwärts besteht).

Als treuer Leser und lebenslanger Fan des Mysterie und Thriller Genres, hört Blake gerne von Ihnen, also besuchen Sie die Seite www.blakepierceauthor.com, um mehr zu lernen und in Kontakt zu bleiben.

 

 

 

Copyright © 2017 durch Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Außer wie im US-amerikanischen Urheberrechtsgesetz von 1976 erlaubt, darf kein Teil dieser Veröffentlichung in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen werden oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem ohne die vorherige Genehmigung des Autors gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Genuss lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch für eine andere Person freigeben möchten, erwerben Sie bitte für jeden Empfänger eine zusätzliche Kopie. Wenn Sie dieses Buch lesen und es nicht gekauft haben oder es nicht für Ihre Verwendung erworben wurde, geben Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Danke, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dieses Buch ist reine Fiktion. Namen, Charaktere, Geschäfte, Organisationen, Orte, Ereignisse und Ereignisse sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen lebenden oder toten Personen ist völlig zufällig.

Buchumschlagsbild Copyright Will Amey, mit Lizenz von Shutterstock.com

 

BÜCHER VON BLAKE PIERCE

 

RILEY PAIGE KRIMI SERIE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

GEKÖDERT (Band #4)

GEJAGT (Band #5)

VERZEHRT (Band #6)

VERLASSEN (Band #7)

ERKALTET (Band #8)

 

MACKENZIE WHITE KRIMI SERIE

BEVOR ER TÖTET (Band #1)

BEVOR ER SIEHT (Band #2)

BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)

BEVOR ER NIMMT (Band #4)

BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)

EHE ER FÜHLT (Band #6)

BEVOR ER SÜNDIGT (Band #7)

BEVOR ER JAGT (Band #8)

 

AVERY BLACK KRIMI SERIE

GRUND ZU TÖTEN (Band #1)

GRUND ZU FLÜCHTEN (Band #2)

GRUND ZU VERSTECKEN (Band #3)

GRUND ZU FÜRCHTEN (Band #4)

 

KERI LOCKE KRIMI SERIE

EINE SPUR VON TOD (Band #1)

EINE SPUR VON MORD (Band #2)

EINE SPUR VON LASTER (Band #3)

 

INHALT

 

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHSZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREISSIG

KAPITEL EINUNDDREIßIG

 

 

 

KAPITEL EINS

 

Das Flugzeug flog sie nach Nebraska.

Mackenzie zwinkerte und konnte den Gedanken einfach nicht abschütteln.

Normalerweise war es kein Problem für sie im Flugzeug zu schlafen. Aber dieser Flug war anders. Es war, als wenn da irgendetwas im Westen dieses Flugzeug wie ein Magnet anzog. Sie würde nicht eher nach Washington DC zurückkehren, ehe sie nicht den aktuellen Fall gelöst hatte, der fast zwanzig Jahre in die Vergangenheit zurückging – bis zum Tod ihres Vaters.

Es war ein Fall, der sie seit Jahren anzog. Sie war weit über ihre Grenzen gegangen, um sich selbst zu beweisen und McGrath hatte sie endlich auf diesen Fall angesetzt. Es ging nicht länger nur um den ungelösten Mord an ihrem Vater vor siebzehn Jahren; ähnliche Morde traten jetzt auf, alle verbunden mit dem mysteriösen Hinweis, den noch niemand entziffert hatte. Visitenkarten, die den nicht existierenden Geschäftsnamen Barker Antiquitäten zeigten.

Mackenzie dachte über diese Visitenkarten nach, während sie aus dem Fenster schaute. Der Nachmittagshimmel war klar. Jenseits der zerstreuten weißen Wolken konnte sie gerade noch die venenartige Struktur der Straßen erspähen, die sich durch den Mittleren Westen des Gebietes schlängelten. Nebraska war jetzt nah, seine Kornfelder und flache Weiten bahnten sich fünfundvierzig Minuten vor ihnen an.

“Alles Okay?”

Sie blinzelte und schaute vom Fenster weg und drehte sich nach rechts. Ellington saß auf dem Platz neben ihr. Sie wusste, dass er ebenfalls nervös war. Er wusste, wie viel ihr dieser Fall bedeutete und setzte sich unnötig selbst unter Druck. Sogar jetzt war er nervös und fummelte an dem Deckel des Bechers, der vor zehn Minuten noch Ginger Ale enthalten hatte.

„Ja, mir geht es gut“, antwortete sie. „Wenn ich ehrlich bin, kann ich es gar nicht abwarten anzufangen.“

„Hast du schon einen Plan?“, fragte er.

„Habe ich“, sagte sie.

Während sie sich durch ihren Angriffsplan kämpfte, erkannte sie, dass dies einer der Gründe war, warum sie sich in ihn verliebte hatte. Er wusste, dass sie darüber reden musste, aber zumachen würde, wenn er direkt fragen würde. Anstatt sie also über ihren emotionalen Status zu befragen, schob er die Arbeit vor. Sie kannte seine Tricks, aber das war okay. Er wusste, wie er um ihre Abwehr herum fragen konnte, auf eine Art die gleichzeitg, charmant und fürsorglich war.

Sie diskutierten also ihren Angriffsplan. Es begann mit einem Treffen bei der einheimischen Polizeistation und das kleine Team der FBI-Agenten, die an dem Fall arbeiteten. Sie hatte auch geplant Kirk Peterson mit einzubeziehen, der Privatdetektiv, der eine Weile an dem Fall gearbeitet hatte. Obwohl er in einem schlechten Zustand gewesen war, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte er den besten Einblick in die Sache.

Dann wollte sie einen Mann mit den Namen Dennis Parks finden und sprechen. Seine Fingerabdrücke waren auf Gabriel Hambry’s Leiche gefunden worden, ein Mann, der vor einer Woche strategisch als Ablenkungsmanöver aufgestellt worden war. Sie war sich bewusst, dass Parks ebenfalls ein weiteres Ablenkungsmanöver sein könnte, aber die Tatsache, dass Dennis Parks einmal ihren Vater gekannt hatte, macht es noch vielversprechender. Die Verbindung war eine kleine – ein gemeinsamer Bekannter wie Parks, hatte ein Jahr als Polizeioffizier gearbeitet, eher er aufhörte und in die Immobilienbranche ging.

Ihr Vater immerhin schien das erste Opfer in einer Reihe von anscheinend wahllosen Morden zu sein, die sich über fast zwei Jahrzehnte hinzogen.

Nach dem Treffen mit Dennis Parks wollte sie die Familie eines Mannes treffen, der vor ein paar Monaten getötet worden war – ein Mann namens Jimmy Scotts. Scotts war fast auf dieselbe identische Weise, wie ihr Vater gestorben und das war der Mord gewesen, der am Ende zum Wiederaufrollen des Falles ihres Vaters geführt hatte.

Sie beendete ihre Pläne dort, obwohl sie wusste, dass da noch mehr war. Aber sie war noch nicht bereit darüber nachzudenken – und erst recht nicht das vor Ellington auszusprechen.

An irgendeinem Punkt musste sie sich ihrer Vergangenheit stellen. Sie war schon einmal dort gewesen, war um das Haus herumgeschlichen, in dem sie aufgewachsen war. Aber das war nur flüchtig gewesen. Zu der Zeit hatte sie es nicht erkannt, aber es hatte ihr Angst gemacht. Es war so, als wenn man bereitwillig in ein Haus geht, von dem man weiß, dass es einen heimsucht, dich sich einsperren lässt und dann den Schlüssel wegwirft.

Sie musste das dieses Mal durchziehen. Es war schwer genug, das sich selbst gegenüber zuzugeben, ohne sich zu fragen, was Ellington darüber denken würde.

Er nickte an den richtigen Stellen, während sie ihn durch ihre Schritt für Schritt Annäherung leitete. Sie hatten ihre Rollen in einem Meeting mit McGrath kurz diskutiert, als sie die Reise nach Nebraska gebucht hatten. Ein Element des scheinbar vielschichtigen Falles war der jüngste Mord an Landstreichern. Die Leichen zählten jetzt vier, jede Leiche trug eine der Barker Antiquitäten Visitenkarten.

Ellington hatte sich freiwillig gemeldet, sein Bestes zu geben, um diesen Fall zu einem Ende zu bringen, während Mackenzie näher am Kern des Falles geblieben war – den Mord an ihrem Vater und Jimmy Scott und dem kürzlichen Mord an Gabriel Hambry.

 “Weisst du”, sagte Ellington, als sie fertig war, “wenn wir das hier abschließen können, dann wird deine Karriere in DC wahrscheinlich ins Ermessliche steigen. Du bist schon einer der besseren Außenmitarbeiter, die das Büro hat. Ich hoffe, es gefällt dir mit bürokratischem Bullshit zu arbeiten und hinter einem Schreibtisch zu sitzen. Denn das ist es, was dir ein stellarer Rekord im Büro bringt.”

“Ist das so?”, fragte sie. “Warum sitzt du dann noch nicht hinter einem Tisch?”

Er grinste sie an. “Das stinkt, White.”

Er nahm ihre Hand. Sie konnte die Anspannung in seinem Griff fühlen, aber da war auch immer ein wenig Beruhigung bei seiner Berührung dabei.

Sie war dankbar, dass er bei ihr war. Obwohl sie normalerweise die Dinge lieber alleine regelte, musste sogar sie zugeben, dass sie die moralische und emotionale Unterstützung, die nur Ellington bieten konnte, brauchen würde, wenn sie irgendeine Hoffnung haben wollte, diesen Fall abzuwickeln. Sie hielten sich weiter aneinander fest, während der Mittlere Westen unter ihnen auftauchte. Nebraska kam näher und näher, das Flugzeug wurde von dem Magnet angezogen, den Mackenzies Vergangenheit über sie zu haben schien.

 

 

KAPITEL ZWEI

 

Die Außenstelle in Omaha war ein netter Anblick. Sie war kleiner, als das Hauptquartier in DC, was hieß, dass es weniger Gesprächspartner gab. Es gab auch nicht die Spannung, das immer etwas am Rande des Geschehens lauerte, eine Eigenschaft, die die Büros in DC normalerweise auslösten. Der Ort fühlte sich ruhig an.

Als sie sich am Empfang gemeldet hatten, bemerkte Mackenzie einen Mann, der direkt auf sie zukam.

Er ging zielstrebig, ein dünnes Lächeln auf dem Gesicht. Sein Gesicht kam ihr bekannt vor, aber sie konnte sich nicht an den Namen des Mannes erinnern.

 “Agentin White, es ist schön Sie wiederzusehen”, sagte der Mann, als er sich näherte. Er war fast 2 Meter groß und gut gepflegt. Er war ziemlich schlank, sah aber immer noch einschüchternd aus. Sein glattes schwarzes Haar, ließ ihn ein wenig älter aussehen, als er vermutlich war.

“Gleichfalls”, sagte sie und nahm seine ausgestreckte Hand.

Sie war dankbar, dass Ellington sich an seinen Namen erinnerte und ihn benutzte, als sich die zwei Männer begrüßten. “Agent Penbrook”, sagte er. “Nett Sie wiederzusehen.”

Dann erinnerte sie sich; Agent Darren Penbrook hatte die Leitung an dem Fall, als sie mit der Hoffnung hergeflogen war, Gabriel Hambry festzunehmen – nur um dann innerhalb von einer Stunde herauszufinden, dass er getötet wurde.   

 “Kommen Sie mit”, sagte Pennbrook. “Es gibt kein großes Meeting, aber es gibt ein paar Details, die Sie wissen müssen …. Einige sind ziemlich neu.”

“Wie neu?”, fragte Mackenzie.

“24 Stunden alt.”

Mackenzie wusste, wie die Dinge in den meisten Abteilungen innerhalb des Büros funktionierten, und nahm an, dass diese hier in Omaha auch nicht anders, als in DC waren. Es war nicht nötig in dem Moment Fragen zu stellen. Während der Fahrt im Fahrstuhl in den zweiten Stock und einem schnellen Gang durch einen Flur, der zu einem abgesperrten Konferenzraum führte, machten die drei Small Talk: Der Flug, das Wetter, wie viel es in DC zu tun gab.

Aber diese Nettigkeiten wurden zerschlagen, als Penbrook sie in den Konferenzraum geleitete.

Er schloss die Tür hinter ihnen und die Drei standen in einem großen Zimmer mit einem eleganten und fein polierten Konferenztisch. Ein Projektor war aufgestellt und bereit zum Einsatz in der Mitte des Tisches.

“Also, von welchen Updates haben Sie gesprochen?”, fragte Mackenzie.

“Naja, Sie wissen ja von dem vierten ermordeten Landstreicher, oder?”, fragte er.

“Ja. Das ist gestern passiert, oder? Irgendwann nachmittags?”

 “Das ist richtig”, sagte Penbrook. “Er wurde mit derselben Waffe getötet, mit denen auch die anderen getötet wurden. Dieses Mal hatte der Mörder die Visitenkarte zwischen die Lippen des Opfers gesteckt. Wir haben die Karte untersucht und es gab keine Fingerabdrücke. Der Landstreicher war nicht von hier. Seine letzte bekannte Adresse war in Kalifornien und das war vor vier Jahren. Die Suche nach Familienmitgliedern oder Arbeitskollegen ist erfolglos gewesen. Und das war bei den meisten der Landstreicher der Fall. Wir haben aber seinen Bruder gefunden. Er ist ebenfalls obdachlos und laut den Berichten hat er wohl leichte Wahnstörungen.”

“Gibt es noch etwas anderes?”, fragte Ellington.

 “Ja und das ist wirklich ätzend. Es wirft uns in eine Schlaufe und im Moment ist der Fall dort festgefahren. Erinnern Sie sich an die Fingerabdrücke, die wir von Gabriel Hambry’s Leiche bekommen haben?”

“Ja”, sagte Mackenzie. “Sie gehörten einem Mann namens Dennis Parks – ein Mann der eine Geschichte mit meinem Vater hat.”

“Genau. Hörte sich nach einem vielversprechenden Hinweis an, oder?”

“Ich nehme an, das heißt der Hinweis ist hinfällig?”, fragte Mackenzie.

“Er hatte nie eine Chance. Dennis Parks wurde heute Morgen tot in seinem Bett aufgefunden. Von hinten in den Kopf geschossen. Seine Frau wurde ebenfalls getötet. Soweit ich weiß, wurde sie auch im Bett getötet, aber ihre Leiche wurde auf das Sofa gelegt.”

Penbrook und Ellington schauten Mackenzie an. Sie wusste, was sie dachten. Der Mörder hat es so aussehen lassen, wie der Tatort bei Jimmy Scotts … wie beim Mord meines Vaters.

Penbrook nahm sich einen Moment Zeit, um eine Folie vom Tatort zu zeigen. Sie zeigten Dennis Parks, der mit dem Gesicht nach unten im Bett lag, sein Hinterkopf war ausgeblasen. Die Positionierung davon war schon fast zu unheimlich für Mackenzie. Wenn sie nicht die Identität des Opfers gekannt hatte, hätte sie leicht denken können, dass sie auf ein Foto vom Tatort ihres Vaters schaute.

Die Folie wechselte dann zu einem Bild der Frau. Sie lag auf dem Sofa, ihre toten Augen starrten leicht nach oben. Da war getrocknetes Blut auf der Seite ihres Gesichts.

“War da eine Visitenkarte am Tatort?”, fragte Mackenzie.

 “Ja”, antwortete Penbrook. “Auf dem Nachttisch. Und nur damit Sie einen Überblick bekommen, hier ist ein Bild von dem letzten Landstreicher Tatort.”

Er veränderte die Folie und Mackenzie schaute auf einen Mann, der auf dem Bürgersteig einer Stadt lag. Die Seite seines Kopfes war ein blutiges Durcheinander und stand fast im perfekten Kontrast zu der weißen Visitenkarte, die teilweise zwischen seine Lippen geschoben war.

 “Sieht so aus, als wenn der Mörder an diesem Punkt Spaß hat”, sagte Ellington. “Das ist ein totales Durcheinander.”

Er hatte recht. Mackenzie war sich sicher, dass es schon fast von spielerischer Natur war, wie die Karte im Mund des Opfers platziert worden war. Zusätzlich zu der Tatsache, dass der Mörder anscheinend Fingerabdrücke auf den Karten und anderen Opfern hinterlassen hatte, um sie auf falsche Spuren zu führen und das bedeutete, sie hatten es mit einem entschlossenen, klugen und morbiden Mörder zu tun.

Er glaubt, er ist lustig, dachte sie, während sie sich das Foto des Opfers anschaute.

“Warum wählt er also Landstreicher zum Morden?”, fragte Mackenzie. “Wenn er nach so langer Zeit zurückkommt, um noch mehr zu morden, nachdem er meinen Vater getötet hat, warum jetzt die Landstreicher? Und gibt es irgendeine Verbindung zwischen den Landstreichern und Jimmy Scotts oder Gabriel Hambry?”

“Keine, die wir gefunden haben”, sagte Penbrook.

“Vielleicht reibt er es uns unter die Nase”, sagte Mackenzie. “Vielleicht weiß er, dass Morde von Landstreichern nicht so eine hohe Priorität haben, als wenn er jeden Tag Bürger tötet.  Und wenn das der Fall ist, dann macht er das wirklich als einen schon fast spielerischen Akt.”

 “Das über die Landstreicher Gemeinde”, sagte Ellington. “Wenn wir herumfragen, glauben Sie wir bekommen irgendeine Art von Informationen von anderen Landstreichern in der Gegend?”

“Oh, das haben wir versucht”, sagte Penbrook. “Aber sie reden nicht. Sie haben Angst, dass wer auch immer die Morde macht, sie als Nächstes dran nimmt, wenn sie reden.”

“Wir müssen mit dem Bruder des letzten Opfers sprechen”, sagte Mackenzie. “Haben Sie eine Ahnung, wo er sich aufhält? Lebt er hier irgendwo in der Nähe?”

 “So ähnlich”, sagte Penbrook. “Wie sein Bruder lebt er auf der Straße. Naja, er hat auf der Straße gelebt. Jetzt ist er in einer Justizvollzugsanstalt. Ich weiß nicht mehr wieso, aber vielleicht wegen öffentlichem Ärgernis. Sein Strafregister ist voll von kleinen Verfehlungen, die ihn für eine Woche oder zwei ins Gefängnis schicken. Das passiert oft, wissen Sie. Manche machen das auch nur, um ein paar Tage lang ein Dach über dem Kopf zu haben.”

“Gibt es ein Problem, wenn wir ihn besuchen?”, fragte Mackenzie.

 “Nein überhaupt nicht”, sagte Penbrook. “Ich lasse jemanden dort anrufen und Bescheid sagen, dass sie kommen.”

“Danke.”

“Ich sollte, Ihnen danken”, sagte Penbrook. “Wir freuen uns, dass Sie endlich hier sind und an dem Fall arbeiten.”

Endlich dachte sie. Sie sagte nichts und ließ es so stehen.

Tatsächlich war sie ebenfalls aufgeregt. Sie war aufgeregt, endlich die Möglichkeit zu haben, den wirklich bizarren Fall, der bis in ihre Kindheit zurückging und direkt zu ihrem Vater lief, aufzuklären.

 

 

KAPITEL DREI

 

Die Delcroix Justizvollzugsanstalt lag zurückgezogen an der Autobahn auf einem Stück Land, das langweilig und charakterlos aussah. Es war das einzige Gebäude auf dem Gebiet mit ungefähr fünfhundert Hektar Land – nicht ein Gefängnis per se, aber bestimmt nichts, wo eine normale Person abseits der Straße längere Zeit verbringen wollte.

 Mackenzie und Ellington wurden durch den kleinen Sicherheitsbereich am Eingang gewunken und dazu angehalten, auf dem Parkplatz für Angestellte am Ende des Grundstücks zu parken. Von dort traten sie durch die Sicherheitskontrolle und wurden in einen kleinen Wartebereich gebracht, wo bereits eine Frau auf sie wartete.

“Agenten White und Ellington?”, fragte sie.

Mackenzie schüttelte ihr zuerst die Hand, als sie sich vorstellten. Der Name der Frau war Mel Kellerman. Sie war ziemlich klein und ein wenig übergewichtig, aber hatte dennoch das Auftreten einer Frau, die schwere Zeiten hinter sich hatte und der man ins Gesicht gelacht hatte.

Während Kellerman sie aus dem Wartebereich führte, gab sie ihnen einen kurzen Überblick über den Ort.

“Ich bin Sicherheitsadministratorin”, sagte sie. “Als diese kann ich Ihnen sagen, dass der Mann wegen dem sie hier sind, keine Bedrohung darstellt. Sein Name ist Bryan Taylor. Fünfzig Jahre alt und ein ehemaliger Heroinabhängiger. Er redet manchmal mit Menschen, die nicht da sind. Sein Strafregister ist gering, aber er bleibt auf unserem Radar, weil dies das Vierzigste kleine Verbrechen ist, dass er im letzten Jahr verübt hat. Wir glauben, er macht das nur, damit er ein Zimmer und Essen bekommt.”

“Und was war sein letztes Verbrechen?”, fragte Mackenzie.

“Er hat an die Hinterräder eines Stadtbusses gepinkelt, mitten am Tag.”

Ellington kicherte. “War er betrunken?”

“Nein”, sagte Kellerman. “Er sagte nur, er musste halt wirklich mal.”

Sie führte sie eine kleine Halle herunter und dann einen noch kleineren Korridor. Am Ende kamen sie zu einer Tür, die Kellermann für sie öffnete. Das Zimmer enthielt nur einen Tisch und fünf Stühle. Ein zerzaust aussehender Mann saß auf einem der Stühle, während ein Mann in Sicherheitsuniform auf einem anderen sass. Der Wachmann drehte sich um, als sie kamen, und stand sofort auf.

“Hat Herr Taylor Ihnen irgendwelche Probleme gemacht?”, fragte Kellermann den Wachmann.

“Nein. Aber er schimpft. Die Russen und Trump wieder.”

“Ah, eines meiner Lieblinge”, erwiderte Kellermann. Sie drehte sich zu Mackenzie und Ellington. “Ich bin nebenan, wenn Sie mich brauchen. Aber ich denke, Sie kommen klar.”

Damit gingen Kellermann und der andere Wachmann aus dem Zimmer und ließen sie mit Bryan Taylor alleine zurück.

“Hallo, Herr Taylor”, sagte Mackenzie, während sie ihm gegenüber Platz nahm. “Hat man Ihnen gesagt, warum wir kommen?”

Taylor nickte traurig mit seinem Kopf. “Ja. Sie wollen etwas von meinem Bruder wissen – wie er gestorben ist.”

“Das ist richtig”, sagte Mackenzie. “Es tut mir leid für Ihren Verlust.”

Taylor zuckte nur mit den Achseln. Er trommelte mit den Fingern auf den Tisch und sah zwischen Mackenzie und Ellington hin und her.

“Naja, ich bin Agentin White und das ist mein Partner Agent Ellington”, sagte Mackenzie.

“Ja, ich weiß. Vom FBI”, sagte er und rollte dabei seine Augen.

“Herr Taylor … bitte erzählen Sie uns …hatte Ihr Bruder irgendwelche Feinde? Irgendwelche Menschen, die etwas gegen ihn hatten?”

Taylor dachte kaum darüber nach, ehe er antwortete: “Nein. Nur unsere Mutter und die ist jetzt seit sieben Jahren tot.”

“Standen Sie Ihrem Bruder nahe?”

“Wir waren nicht die besten Freunde oder so”, erwiderte Taylor. “Aber wir haben uns gut verstanden. Er hat mit ein paar zwielichtigen Idioten abgehängt. Ich war ehrlich gesagt, nicht zu überrascht, zu hören, dass er gestorben ist. Diese Illuminati Typen haben etwas gegen Obdachlose. Die Berühmten auch. Sie wissen, dass sie auch Kennedy getötet haben, oder?”

“Ich habe davon gehört”, sagte Ellington und konnte kaum sein Grinsen unterdrücken.

Mackenzie trat ihn unter dem Tisch auf den Fuß und gab sich Mühe weiter zu machen.

“Hatten Sie andere Freunde, die kürzlich ermordet worden sind?”, fragte sie.

“Ich glaube nicht. Aber ich hänge auch nicht oft mit denselben Leuten rum. Auf der Straße bedeuten mehr Leute auch mehr Menschen, die dich abzocken können.”

“Noch eine weitere Frage, Herr Taylor”, sagte Mackenzie. Haben Sie jemals von einem Geschäft namens Barker Antiquitäten gehört?”

Er brauchte auch nicht lange, um diese Frage zu beantworten. “Nein. Kann ich nicht sagen. Habe noch nie einen Fuß in Antiquitäten Läden gesetzt. Ich habe kein Geld, das ich an alte verstaubte Relikte verschwenden kann. Nur verrückte reiche Leute besitzen solche Läden. Und gehen da auch einkaufen.”

Mackenzie nickte und seufzte. “Naja, danke für Ihre Zeit und Mitarbeit, Herr Taylor. Ich würde Sie bitten, wenn Ihnen noch irgendetwas über ihren Bruder einfällt, etwas das uns helfen kann, herauszufinden, wer ihn getötet hat, lassen Sie es jemanden der hier arbeitet wissen, sodass derjenige uns die Information weiter geben kann.”

“Oh, ja, das werde ich tun. Wissen Sie … vielleicht sollten Sie nach Nevada fahren. Ich bin mir sicher, Sie finden dort einige Antworten.”

“Nevada?”, fragte Mackenzie. “Warum?”

“Bereich 51. Groom Lake. Es sind nicht die Illuminati, aber jeder kennt die geheimen Regierungsorte, die sich seit Jahren die Obdachlosen krallen. Sie machen Experimente und testen sie da draußen in der Wüste.”

Mackenzie drehte sich um, ehe Taylor ihr Grinsen sehen konnte. Basierend auf dem, was sie über ihn wusste, wusste sie, dass ihm ein paar Tassen im Schrank fehlten. Ellington dagegen war nicht in der Lage so professionell zu sein.

“Guter Tipp, Herr Taylor. Wir werden uns das bestimmt anschauen.”

Als sie den Ausgang erreichten, stupste Mackenzie ihn an und lehnte sich nah genug an ihn, um zu flüstern. “Das war grenzwertig gemein”, sagte sie.

“Wie meinst du das? Ich habe nur versucht, ihm das Gefühl zu geben, dass er rechtmäßig zu den Ermittlungen beigetragen hat.”

“Du kommst in die Hölle”, sagte sie lächelnd.

“Oh, ich weiß. Bestimmt zusammen mit den Illuminati.”

 

***

 

Als sie zurück zum Auto gingen, hatte Mackenzie bereits begonnen, ihren nächsten Schritt zurechtzulegen. Es fühlte sich solide an und gleichzeitig konnte sie nicht verstehen, warum es ein Weg war, der noch nicht gründlich genug vom Büro untersucht worden war.

“Weisst du, Taylor hat da tatsächlich einen guten Punkt angesprochen”, sagte Mackenzie.

 “Ja?”, fragte Ellington. “Das muss mir entgangen sein.”

“Er hat davon gesprochen, wie diese Obdachlosen Gemeinden ziemlich eng miteinander verbunden sind. Ich glaube, das Büro war so besorgt darüber, wie die Landstreicher miteinander verbunden sein können, dass sie ernsthaft nicht darüber nachgedacht haben, dass Menschen wie Jimmy Scotts und Gabriel Hambry vielleicht irgendwie mit ihnen verbunden waren.”

Sie stiegen ins Auto, Ellington setzte sich dieses Mal auf den Fahrersitz. “Naja, aber das stimmt nicht. Obdachlosenunterkünfte und Suppenküchen wurden kontaktiert, um zu sehen, ob einer der Männer irgendeine Verbindung zu dieser Art von Ort hatte.”

 “Genau”, sagte Mackenzie. “Man hat angenommen, dass sie auf irgendeine Art mit den Landstreichern verbunden wären, die über den Landstreichern steht. Vielleicht ist da noch etwas anderes.”

“Was zum Beispiel? Glaubst du Scotts und Hambry waren irgendwann einmal obdachlos?”

“Keine Ahnung. Aber sagen wir mal, das waren sie. Das reicht für eine Verbindung und würde uns sagen, dass dieser Mann, aus welchem Grund auch immer, nur auf Landstreicher aus ist.

“Das lohnt sich darüber nachzudenken”, sagte Ellington. “Aber das führt mich zu einer weitaus interessanteren Frage: Warum?”

“Naja, erstens lass uns mal sichergehen, dass ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehne.”

“Wie?”

 “So wie ich in den Berichten gelesen habe, hat Gambriel Hambry keine nächsten Angehörigen. Die einzige Familie, die er hatte sind Großeltern, die in Maine leben. Aber Jimmy Scotts hatte eine Frau und zwei Kindern in Lincoln.”

“Und da willst du rausfahren?”, fragte Ellington.

“Naja, wenn man den Ort in Betracht zieht, an den ich danach gehen will und der über sechs Stunden entfernt ist … ja ich glaube, wir sollten dort starten.”

“Sechs Stunden entfernt? Wo zum Teufel willst du hin? Zur anderen Seite des Staates?”

“Ja, genau. Morrill County. Eine kleine Stadt namens Belton.”

 “Was ist da?”

Mackenzie musste einen kleinen Schauer unterdrücken und sagte: “Meine Vergangenheit.”

 

 

KAPITEL VIER

 

Sie verbrachten die Fahrt nach Lincoln damit, mögliche Theorien hin und herzuschieben. Warum tötete er Landstreicher? Warum hatte er so lange gewartet, um wieder mit dem Morden zu beginnen? Warum Ben White, Mackenzies Vater? Gab es noch andere vor Ben White, die einfach nicht entdeckt wurden?

Es gab viel zu viele Fragen und quasi keine Antworten. Und während Mackenzie es normalerweise hasste zu spekulieren, war das manchmal das einzige Werkzeug, was nützlich war, wenn die echte Welt nichts bot. Es schien sogar jetzt noch nötiger, dass sie in Nebraska war. Es war ein täuschend großer Staat und ohne solide Hinweise, war Spekulation das Einzige was sie hatten.

Es gab einen Hinweis, aber das schien ein Phantom zu sein: eine Visitenkarte mit dem Namen eines nicht existierenden Geschäfts darauf. Was ihnen nicht weiterhalf.

Mackenzie dachte weiter über die Visitenkarte nach, während sie nach Lincoln fuhren. Es musste einen Zweck daran geben, auch wenn es nichts weiter war, als ein ausgearbeitetes Rätsel, von dem der Mörder wollte, dass sie es aufdeckten. Sie wusste, dass ein paar Leute in DC beständig versuchten, solch einen Code zu knacken (wenn es einen gab, der geknackt werden musste), aber sie hatten noch keine Ergebnisse gebracht.

Die Visitenkarte auf jeder Leiche zeigte bis jetzt eine neckende Schlussfolgerung: Der Mörder wollte sie wissen lassen, dass jeder Mord sein Werk war. Er wollte die Behörden weiter zählen lassen, sie wissen lassen, für was er verantwortlich war. Das sprach für einen Mörder, der nicht nur stolz darauf war, was er tat, sondern der das FBI tatsächlich im Kreis laufen ließ, um ihn zu finden.

Dieser Frust war in Mackenzies Gedanken, während Ellington ihr Auto vor dem Haus der Scotts parkte. Sie lebten in einem Haus der oberen Mittelklasse in der Art von Nachbarschaft, wo alle Häuser ähnlich gebaut waren. Die Rasen waren perfekt getrimmt und sogar als sie aus dem Auto stiegen und zur Vordertür der Scotts gingen, entdeckte Mackenzie zwei Hunde, die von ihren Herrchen ausgeführt wurden, die damit beschäftigt waren, durch ihre Handys zu scrollen, während sie liefen.

Basierend auf den Akten des Falles kannte Mackenzie einige Eckdaten über die Frau von Jimmy Scotts. Sie arbeitete von zu Hause aus, als eine technische Schreiberin für eine Software Firma und ihre Kinder waren jeden Tag bis 15:45 Uhr in der Schule. Sie war einen Monat nach Jimmys Tod nach Lincoln gezogen, weil sie sagte, das alles in Morrill County nichts weiter als eine zerstörende Erinnerung an das Leben war, dass sie einmal mit ihrem Mann gelebt hatte.

Es war 15:07 Uhr, als Mackenzie an die Tür klopfte. Sie würde das gerne erledigen, ohne die Kinder in Gespräche und Erinnerungen an ihren verstorbenen Vater zu ziehen. Laut den Berichten hatte das älteste der beiden Mädchen, eine vielversprechende Juniorin in der High School, den Tod besonders schwer aufgenommen.

Eine auffallend schöne Frau im mittleren Alter öffnete die Tür. Sie sah zuerst ein wenig überrascht aus, aber dann, vielleicht nachdem sie ihre Kleidung gesehen hatte, schien sie zu verstehen, wer auf ihrer Türschwelle stand und warum sie da waren.

Sie runzelte ein wenig die Stirn, ehe sie fragte: “Kann ich Ihnen helfen?”

“Ich bin Agentin White und das ist Agent Ellington vom FBI”, sagte Mackenzie. “Ich muss mich entschuldigen, aber ich hoffte, Sie könnten uns ein paar Fragen über Ihren Ehemann beantworten.”

“Im Ernst?”, fragte Kim Scott. “Ich habe das hinter mir gelassen. Und meine Töchter auch. Ich möchte nicht noch einmal darüber sprechen, wenn es irgendwie geht. Also danke, aber nein.”

Sie wollte die Tür schließen, aber Mackenzie hielt eine Hand dazwischen. Sie hielt die Tür vom schließen ab, mit nur wenig Kraftaufwand.

 “Ich verstehe, dass Sie sich Mühe geben, das alles hinter sich zu lassen”, sagte sie. “Leider macht der Mörder das nicht. Er hat, seitdem Ihr Mann getötet wurde, noch mindestens fünf weitere Menschen getötet.” Fast schloss sie die Tatsache, dass er auch ihren Vater vor fast 20 Jahren getötet hatte, mit ein, aber dann entschied sie sich, dass für sich zu behalten.

Kim Scotts öffnete die Tür wieder. Statt sie einzuladen, kam sie aber auf die Veranda. Mackenzie hatte diese Herangehensweise schon vorher gesehen. Kim hatte gewählt, jedes Gespräch über ihren toten Mann außerhalb ihrer vier Wände zu führen.

“Wie kann ich Ihnen helfen?”, fragte Kim. “Ich hab das mindestens drei Mal durchgemacht, nachdem Jimmy gestorben ist. Ich habe keine neue Information.”

 “Das Büro aber”, erwiderte Mackenzie. “Nach Ihrem Mann und einem weiteren, scheint es, dass der Mörder sein Interesse auf Landstreicher gelegt hat. Er hat vier getötet, wie wir bis jetzt wissen. Wissen Sie, ob Jimmy vielleicht irgendwelche Verbindungen zur Obdachlosengemeinde hatte?”

Diese Frage schien sie ehrlich zu verblüffen. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht war verwirrt und verärgert. “Nein. Das Nächste was man in Verbindung mit Obdachlosen bringen kann, war dass er seine Kleidung, die er nicht mehr mochte, der Heilsarmee übergeben hat. Wir machen das zwei Mal im Jahr, um Platz im Kleiderschrank zu schaffen.

“Was ist mit den Menschen, mit denen er gearbeitet hat? Wissen Sie, ob irgendeiner von ihnen vielleicht Verbindungen mit obdachlosen Menschen hatte oder vielleicht mit welchen, die bedürftigt sind?”

 “Ich bezweifel das. Es waren nur er und der andere Mann, die die kleine Marketing Firma betrieben haben. Verstehen Sie mich nicht falsch … Jimmy war immer ein teilnahmsvoller Mann aber er – wir beide, wenn man es so sieht, haben uns nie gesellschaftlich engagiert.

Mackenzie suchte und suchte nach einer neuen Frage, aber ihr fiel nichts ein. Sie war jetzt ziemlich sicher, dass Jimmy Scotts zufällig ausgewählt wurde. Kein Grund, kein Motiv, nur das Pech, vom Mörder gesehen und anscheinend verfolgt zu werden. So nahm sie an, dass vielleicht die Morde von Gabriel Hambry, Dennis Parks und ihrem Vater ebenso zufällig waren.

Naja vielleicht auch nicht. Es gibt eine Verbindung zwischen meinem Vater und Dennis Parks. Wenn sie also nicht zufällig sind, warum sollten es die anderen sein?

“Was ist mit Ihren Töchtern?”, fragte Ellington und nahm den Faden wieder auf. “Sind sie vielleicht in irgendeiner Art Gemeinde Projekt in der Schule oder so involviert?”

“Nein”, erwiderte Kim. Der Blick auf ihrem Gesicht machte klar, dass es ihr nicht gefiel, ihre Töchter in dem Licht des Mörders zu sehen.

“Sie haben erwähnt, dass Ihr Mann mit ein paar Freunden in einer Marketing Firma gearbeitet hat. Wissen Sie, ob sie jemals Kunden hatten, die vielleicht mit einer Art Gemeindearbeit verbunden waren?”

 “Das weiß ich nicht. Wenn, dann wäre das ein kleines Projekt gewesen. Jimmy hat nur über die großen Projekte gesprochen. Aber wenn Sie wollen, ich habe Kopien von all ihren Rechnungen. Das ist irgendwie alles an mir hängen geblieben, als er gestorben ist. Ich kann sie holen, wenn Sie wollen.”

“Das wäre hilfreich”, sagte Mackenzie.

“Einen Moment, bitte”, sagte Kim. Sie ging hinein und schloss die Tür hinter sich und bat sie immer noch nicht herein.

“Guter Einfall mit den Kunden”, sagte Ellington. “Glaubst du, da kommt was bei raus?”

Sie zuckte mit den Schultern. “Das kann nicht schaden.”

“Das kann aber viel Arbeit bedeuten”, wies er darauf hin.

“Ja. Aber so haben wir auf der sechstündigen Fahrt nach Morrill County etwas zu tun.”

“Witzig.”

Kim kam wieder auf die Veranda, fünf große Ordner, alle zusammen gestapelt und mit Bindemitteln und einem riesigen Gummiband an Ort und Stelle gehalten. “Um ehrlich zu sein”, sagte sie, “bin ich froh die loszuwerden. Aber wenn das nicht zu viel ist, könnten Sie mir Bescheid sagen, wenn Sie etwas finden? Ich habe zwar versucht seinen Tod hinter mir zulassen, aber das heißt nicht, dass das ganze Geheimnis darüber mich manchmal nicht verrückt macht.”

“Natürlich”, sagte Mackenzie. “Frau Scotts, vielen Dank für Ihre Zeit und Mitarbeit.”

Kim nickte ihnen beiden zu und stand da, während sie die Stufen nach unten gingen und in Richtung Auto liefen. Mackenzie konnte die Augen der Witwe auf sich fühlen, die sichergehen wollte, dass ihr verstorbener Ehemann nicht in ihrem Haus erwähnt wurde. Kim entspannte ihre Haltung nicht, ehe Mackenzie und Ellington wieder im Auto saßen.

 “Arme Frau”, sagte Ellington. “Glaubst du, sie schaut wirklich nach vorne?”

“Vielleicht. Sie sagt, sie macht weiter, aber sie wollte uns nicht in ihr Haus lassen. Sie wollte seinen Tod dort nicht erwähnt haben.”

“Aber gleichzeitig”, sagte er, und hob die Ordner hoch, die sie bekommen hatten, “schien sie froh, die loszuwerden.”

“Vielleicht wollte sie auch die Erinnerung von ihm aus dem Haus haben”, antwortete sie.

Sie fuhren vom Haus weg, das Auto fuhr in Richtung Interstate. Sie waren beide ruhig, schon fast in respektvoller Ruhe der trauernden Witwe gegenüber, mit der sie gerade gesprochen hatten.

 

***

 

 

Sie kamen gerade wieder im Büro an, als die neun bis fünf Uhr Mitarbeiter Feierabend machten. Mackenzie fragte sich, wie es wohl war, wenn eine Uhr die Zeit bestimmte, anstelle der drückenden Sorgen, die mit den traurigen Fällen, mit denen sie oft genug zu tun hatte, kamen. Sie glaubte nicht, dass sie damit umgehen könnte.

Sie und Ellington trafen sich mit Penbrook in demselben Konferenzraum, den sie am Morgen genutzt hatten. Es war ein langer Tag gewesen, der frühe Flug von DC hatte viel dazu beigetragen. Aber da sie den nächsten Schritt in ihrem Vorgehen kannte, war Mackenzie voller Energie und bereit wieder loszufahren.

Sie berichteten Penbrook über ihr Gespräch mit Kim Scotts und nahmen sich Zeit die Rechnungen durchzulesen, die sie bekommen hatten. Das war schnell erledigt, fast schon eine verpflichtende Art von Übung.

“Was war hier los?”, fragte Ellington. “Irgendwelche Entwicklungen?”

“Nein”, sagte Penbrook. “Um ehrlich zu sein, ich würde gerne hören, was Sie haben. Ich verstehe, dass ihnen der Fall sehr nah ist, Agentin White. Was ist Ihr nächster Schritt?”

“Ich will nach Morrill County fahren. Dort wurden mein Vater und Jimmy Scotts getötet. Und da der Tod meines Vaters anscheinend der Erste in der Reihe war, glaube ich, ist das der beste Ort zum Anfangen.”

 “Und nach was suchen Sie genau?”, fragte Penbrook.

“Ich weiß noch nicht.”

“Aber lassen Sie sich davon nicht täuschen”, sagte Ellington zu ihm. “Sie bringt immer die besten Ergebnisse, wenn sie keine Ahnung hat, wonach sie sucht.”

Sie warf ihm ein verschlagenes Lächeln zu und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Penbrook zu. “Ich bin in einer Stadt aufgewachsen, die Belton heißt. Dort werde ich anfangen. Ich werde den nächsten Schritt kennen, wenn er sich zeigt.”

“Wenn Sie das tun wollen, werde ich Sie nicht davon abbringen”, meinte Penbrook. “Aber Morrill County ist naja …. Sechs Stunden entfernt?”

“Es macht mir nichts zu fahren”, sagte sie. “Das ist in Ordnung.”

“Wann werden Sie fahren?”

“Schon bald. Wenn ich hier um sechs draußen bin, dann bin ich um Mitternacht in Belton.”

 “Na dann, gute Fahrt”, sagte Penbrook. Er schien enttäuscht und ein wenig sauer. Mackenzie nahm an, dass er anscheinend den Eindruck hatte, dass sie und Ellington an seiner Seite bleiben würden, bis dieser Fall aufgeklärt war.

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