image

image

Andreas, mit einem Gerichtsfall befasst, steht vor dreieinhalb Meter Akten und soll darin die Wahrheit ausfindig machen. Fabienne und ihr Freund suchen am Samstagabend den ultimativen sexuellen Kick, um am Sonntagnachmittag bei den Eltern Kuchen zu essen. Und schließlich Philipp, Fahrradkurier, der sich sein Fahrrad – seinen Silberpfeil – klauen lässt.

Matthias Amanns Figuren, auf der Zürcher Langstrasse, vor Susan’s Tattoo-Shop, im Kosmonautenmuseum in Moskau oder in Oman unterwegs, ahnen, dass sie die Fährte verloren haben. Das Leben war einfach schneller. Wie sich der verträumte Einzelgänger im Dachstock, das junge Paar im Schrebergarten, der Fahrradkurier ohne Fahrrad langsam an eine unsichtbare Linie herantasten, sie berühren und manchmal überschreiten, davon erzählen die klug gebauten und sprachlich dichten Geschichten. Und nicht zuletzt vom Unbehagen an einer Welt, in der man Hunde im All vergisst.

Matthias Amann

Hunde im
Weltraum

Erzählungen

image

Die Arbeit am vorliegenden Buch wurde vom Kanton Zürich sowie von der Zentralschweizer Literaturförderung gefördert.

Der Rotpunktverlag wird vom Schweizer Bundesamt für Kultur mit einem Struktur-beitrag für die Jahre 2016–2020 unterstützt.

© 2018 Edition Blau im Rotpunktverlag, Zürich

Lektorat: Daniela Koch

1. Auflage

Für Barbara

Inhalt

Silberpfeil

Nicht informiert

Bobfahren

Nächste Woche Santiago

Susan’s Tattoo Shop

Mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit

Hunde im Weltraum

Arta

Katzenparadies

Silberpfeil

Es war ein Diamantstahl-Rennrahmen aus den Achtzigern mit 52/21er-Übersetzung. Er hatte ihn neu lackieren lassen, in Silber, den Rest eigenhändig zusammengebaut. Die Laufräder waren klassisch bestückt mit Speichennaben, Tiefbettfelgen, Mittelzugbremsen und Drahtreifen, der gerade Lenkbügel war auf 300 mm gestutzt. Einzig die ins große Kettenblatt gestanzten Ornamente, die verzierte Sattelstütze und der lederne Rennsattel verströmten einen Hauch von Extravaganz, der Rest war nüchterne Funktionalität. Kurierräder wie seines gehörten längst zum Stadtbild, auch wenn sich die meisten bei genauerem Hinsehen als herausgeputzte Nachahmungen aus minderwertigen Komponenten entlarvten. Die breite Masse fuhr weiterhin Mountainbikes mit Breitbereifung und Gabelfederung, Gebrauchtvelos vom Flohmarkt mit schleifenden Ketten und rostigen Schutzblechen, geschlechtslose Allzweckräder aus der Sportwarenabteilung des Großverteilers.

Ein Freund hatte ihn ins Cyclo mitgenommen, wo er Aerne kennenlernte. Das Geschäft war in einer Garage untergebracht, die auch als Werkstatt diente und in der dicht an dicht die Bahn- und Straßenräder standen, dazwischen einige exotisch anmutende Sonderanfertigungen: ein Kunstrad, ein Wüstenfahrrad, eine Zeitfahrmaschine. An der Decke hingen nackte Einzelrahmen, mit leeren Gabeln und Hinterstreben wie Skelette in der prähistorischen Abteilung des Naturkundemuseums. Aerne schaute von seinem Montageständer auf und streckte ihnen eine von der Arbeit schwarze Hand entgegen. Er trug Radsportmütze und Brille. Philipp erklärte, wonach er suchte. Aerne hörte zu, trat ein paar Schritte zurück, richtete den Blick zum Garagenhimmel und hievte eines der Skelette aus der Aufhängung. Ein Klassiker, sagte er und hielt Philipp den Rahmen hin.

Wochen brauchte er, um das Rad zusammenzubauen. Auf dem asphaltierten Platz hinter dem Haus legte er die Werkteile auf einer Decke aus, überließ sich den Bewegungen seiner Hände, den Gesetzen der Mechanik, die einfach und klar waren: Entweder die Dinge verhielten sich zueinander in der ihnen zugedachten Weise oder sie taten es nicht. Wenn er sich der Montage oder dem Einstellen der Schaltung widmete, der Wahl der Anschläge am Umwerfer, der Zugspannung am Schaltwerk, der Umschlingung der Leitrolle, vergaß er alles, auch die Kälte, die ihm unter den Pullover kroch. Vom Hantieren mit Schraubenziehern, Zangen und Kettenspannern ging eine große Ruhe aus, vom Surren des Drehmomentschlüssels, dem Geruch des Gewindefetts, eine Ruhe, die er in sich aufnahm, die ihn ausfüllte und in ihm weiterklang, wenn er das Werkzeug zusammenpackte und das unfertige Rad in sein Zimmer hochtrug, sich im Badezimmer die Hände mit Kernseife wusch, sich im Baumarkt ein fehlendes Werkzeug oder bei Aerne Rat holte.

Das Studium hatte er abgebrochen. Der Schritt war längst überfällig gewesen. Auch der Wechsel im Hauptfach hatte nichts mehr gebracht. Er fühlte sich von Anfang an nicht wohl im Hochschulgebäude mit den überfüllten Hörsälen und den Mitstudierenden, die genau wussten, was sie werden wollten. Von Semester zu Semester verstärkte sich der Eindruck, dass ihnen dort im Grunde keine Einsichten, sondern bloß Fertigkeiten vermittelt wurden, wie man sich organisierte, zum Beispiel, und mit geringstem Aufwand an Leistungsnachweise herankam, wie man den Stoff danach beurteilte, was prüfungsrelevant war und was nicht. Bei den Eltern konnte er nicht auf Verständnis zählen. Als er ihnen nach einem Jahr, in dem er vorgab, weiterhin zu studieren, endlich reinen Wein einschenkte, schüttelte der Vater nur den Kopf und schaute ihn mit diesem Blick von damals an, als der Vater sonntags auf dem Fußballplatz hinter dem Haus Schuss um Schuss auf ihn abgefeuert hatte, viel zu scharf, und Philipp Ball um Ball passieren lassen musste. Was hast du die ganze Zeit bloß getrieben, wollte er wissen. Die monatlichen Überweisungen blieben seitdem aus.

Die ersten Wochen als Kurier waren hart. Philipp begann im Winter, auf Probe. Der nasse Asphalt schluckte das Licht, überall lagen Schneehaufen. Scheinwerfer blendeten, immer wieder tauchten aus dem Nichts Fußgänger auf. Die Orientierung fiel ihm schwer, er fuhr endlose Umwege. Nachts in seinem schlecht geheizten Zimmer fiel er unter einem Berg von Decken in einen oberflächlichen Schlaf, Stöpsel in den Ohren gegen den Lärm der Rosengartenstrasse. Er träumte von Autos, die ihn über den Asphalt hetzten, tiefer und tiefer in ein Labyrinth hinein, aus dem er nicht mehr herausfand. Morgens nach dem Aufstehen tat ihm alles weh: Beine, Rücken, Schultern, Hintern, sogar die Hände. In der zweiten Woche montierte er ein zweites Kettenblatt für die Aufstiege. Doch irgendwann gewöhnte er sich an die Anstrengung, begann er die Verausgabung zu genießen, die Erschöpfung und den Hunger nach überstandener Schicht, spürte, wie er an Ausdauer und Kraft gewann, fuhr immer seltener an seine Grenzen, nur wenn es regnete zum Beispiel oder wenn er angeschlagen im Sattel saß. Gegen Unfall waren sie versichert, nicht aber gegen Krankheit: Wer nicht fuhr, verdiente nichts. Reparaturen und Ersatzteile musste jeder selbst bezahlen, ein Ritzel hier, einen Bremsklotz da, einen Satz neuer Reifen, Verschleißteile, die ziemlich ins Geld gingen. Um durchzukommen, fuhr er Doppelschichten, die Morgenschicht und abends im Auslieferdienst für das Lily’s. Die Abendschicht war ruhig, auf der Straße wenig los. Für einen Spezialpreis bekam er eine warme Mahlzeit, die er am Personaltisch in der Küche einnahm, umgeben von Angestellten, die mit Messern und Töpfen hantierten, junge Thais, von denen viele schwul waren und die nach ein paar Wochen auf mysteriöse Weise wieder verschwanden.

Die meisten Fahrer waren Gestrandete wie er. Ein Ex-Junkie war dabei. Eine studierte Logopädin. Was zählte, war der Wille rauszugehen, auf die Straße, Kilometer zu fressen. Zu drücken, wie es hieß, und das nicht zu knapp. Wie ein Rennfahrer, der die Tour bereits verloren hatte und trotzdem Etappe für Etappe von Neuem angriff. Jan Ullrich gegen Lance Armstrong. Tony Rominger gegen Miguel Indurain. Gemeinsam schauten sie sich die entscheidenden Etappen im Fernsehen an, beobachteten die Fahrer, wie sie litten am Berg, sich im offenen Trikot über den Lenker beugten, wie sie ausrissen und wieder gestellt wurden, sich Wasser über den Kopf schütteten und aus dem Sattel gingen, im Aufstieg zum Tourmalet, zum Galibier, zur Alpe d’Huez mit den einundzwanzig Haarnadelkurven, zur Südwestflanke des Mont Ventoux, die Tom Simpson 1967 das Leben gekostet hatte. Am meisten mochte Philipp das Mannschaftszeitfahren: die Linien der Athleten, die im Windschatten Ablösungen fuhren, im knallengen Dress und futuristischen Helmen, ihre Hinterteile in Großaufnahme, die rasierten Schenkel zu beiden Seiten des Hinterrads, auf und ab, im runden Tritt, perfekte Symbiose von Mensch und Maschine.

Mehr als dreißig Kilometer fuhr er im Schnitt pro Schicht, sechzig pro Arbeitstag. In knapp drei Jahren als Kurier machte das über vierzigtausend Kilometer. Einmal rund um die Erde. Sein Fahrrad hatte er auf den Namen Silberpfeil getauft. Silberpfeil war der Held seiner Kindheit: der junge Indianerhäuptling aus der gleichnamigen Comicserie. Den Namen behielt er für sich; untereinander sprachen die Kuriere nur abschätzig von ihrem »Bock«, mit einer Grobheit, in der viel Zärtlichkeit lag. Es war eine Art Hassliebe: Heute stand ihnen ihr Gefährt in einem Manöver am Limit bei, morgen ließ es sie im Stich, warf sie ab, ohne Vorwarnung, einfach so.

Und nun war sein Silberpfeil verschwunden. Keine zwei Minuten war Philipp weg gewesen. Gegen seine Gewohnheit hatte er nicht abgeschlossen, hatte das stahlummantelte Kabelschloss nicht geöffnet und mit einem einzigen Handgriff um Vorderrad und Rahmen geschlossen, ein vertrautes Ritual, auf das er verzichtete, aus bloßer Bequemlichkeit. Das Geschäft für Bilderrahmen lag im Erdgeschoss eines Wohnhauses gegenüber vom Irma la Douce. Er lehnte das Rad gegen die steinerne Fassade, direkt neben dem Schaufenster zum Hochparterre. Durch die leere Mitte eines der Bilderrahmen war eine Frau zu sehen, die im Ladeninnern an einer Schneidemaschine hantierte. In einer Minute würde er zurück sein. Er trat hinein. Die Frau schaute auf und grüßte. Er reichte ihr das Versandrohr, den Auftragsblock zur Unterschrift. Sie unterzeichnete, reichte ihm Block und Stift mit einem Lächeln zurück. Er wünschte einen schönen Tag. Im Hinausgehen verstaute er den Auftragsblock in der Hüfttasche und stand vor der leeren Hauswand. Es war nicht die falsche Wand. Nach einem Moment des Innehaltens, der Stille, wie nach einem Sprung ins Wasser, wenn man auftaucht und den Kopf aus dem Wasser hebt, Luft holt, kehrten Bild und Ton mit einem Schlag zurück und damit die Gedanken, die auf einen einzigen Satz zurasten: Das Fahrrad ist weg!

Er lief die Straße hoch zum Ende des Häuserblocks, ohne klare Vorstellung, wonach er Ausschau halten sollte. Vielleicht nach einem Junkie, der mit wehendem Hemd auf seinem Silberpfeil das Weite suchte, einem tamilischen Rotzbengel, der seelenruhig damit über die Straße spazierte, einem Lastwagen der städtischen Dienste mit einem Haufen verkeilter Räder auf der offenen Ladefläche. Ein Personenwagen zog aus der Kolonne geparkter Autos und fuhr davon. Eine Passantin mit Kopfhörern kam ihm entgegen. Er lief zurück, erreichte das andere Ende der Häuserzeile. Nichts. Auch kein Arbeitskollege im Kuriertrikot, der ihm aus einiger Entfernung entgegengrinste, eine Hand an der Lenkgabel: reingefallen! Die Situation entpuppte sich nicht als schlechter Scherz. Er trottete zurück, überlegte, was er tun sollte. Es war, als verließe ihn sämtliche Kraft auf einmal. Er stieg die Stufen hoch zum Atelier. Die Frau an der Schneidemaschine sah ihn an, überrascht, misstrauisch, und dann, als er sagte, mein Fahrrad ist weg, verständnislos, mitleidig. Er trat hinaus, starrte auf die nackte Wand, widerstand der Versuchung, mit voller Wucht dagegenzutreten. Atmete ein, atmete aus.

Es gab einen Mythos unter den Fahrern: der sechste Sinn. Wann immer sie zusammensaßen, sich unterhielten, im Pausenraum an der Zentrale, beim Feierabendbier in der Kneipe, immer kehrte das Gespräch früher oder später zu diesem einen Thema zurück: der sechste Sinn. Tatsächlich entwickelte man mit der Zeit ein Gespür für das Geschehen um einen herum, eine Art Vorahnung, als verfüge man über einen Vorsprung auf die Kausalverläufe. Man bremste, bevor ein Autofahrer brüsk die Spur wechselte, wich aus, bevor ein Fußgänger unvermittelt auf die Straße trat. Daran war nichts Übersinnliches, jedenfalls nicht für Philipp. Es war die geschärfte Wahrnehmung, die einen intuitiv auf unscheinbarste Zeichen reagieren ließ: eine bestimmte Körperhaltung, ein gewisses Bewegungsmuster, eine Unsicherheit, ein Zögern. Wichtig war, sich in den Verkehrsfluss einzufügen, sich aktiv zu bewegen, eins zu werden mit der amorphen Masse, der Großen Bestie, damit man nicht zum Hindernis wurde und abgeschossen vom erstbesten Automobilisten oder umgesäbelt von einer sich öffnenden Fahrzeugtür, getürt, wie es in der Kuriersprache hieß, als sei dies eine Schande, und im Grunde war es das auch. Doch hierfür hatte es keine Anzeichen gegeben.

Er zog sich den Helm vom Kopf, fuhr sich durch die verschwitzten Haare. Ihm fiel das Paket im Rucksack ein. Er meldete sich über Funk bei der Zentrale. Debbie hatte Einsatzleitung. Scheiße, sagte sie, und dann, nach einer Pause, ich schicke jemanden vorbei. Philipp stellte den Rucksack ab, setzte sich auf den Boden, lehnte sich gegen die Wand, an der sein Fahrrad gestanden hatte. Kurz darauf bog der Neue um die Ecke. Vor einem halben Jahr hatte Philipp ihn eingeführt. Der macht es nicht lange, hatte Philipp bei sich gedacht, als er sah, wie der andere beim Einspuren umständlich Zeichen gab, statt flüssig in die Lücke zu ziehen, wie er sich dem Stoß der Bordsteinkante aussetzte, mit wackelndem Helm, statt in einem Satz darüberzuspringen. Nach einigen Wochen hatte er einen Unfall. Ein Auto schnitt ihm den Weg ab. Der Neue knallte auf die Vorderachse und flog über die Motorhaube auf den Asphalt, wo er mit gebrochenem Unterarm liegen blieb, der Fahrradrahmen war zu einem U gestaucht. Der Autolenker war einfach weitergefahren. Doch der Neue war zäh. Ein paar Wochen später erschien er mit einem neuen Rad zur Arbeit. Nun hielt er vor Philipp, ohne abzusteigen. Philipp reichte ihm das Paket. Der Neue prüfte Adresse und Zustellcode, verstaute die Lieferung im Rucksack. Und jetzt, fragte er und musterte das Schloss um Philipps Hüften. Philipp zuckte mit den Schultern. Er war froh, dass der Neue den Anstand hatte, keinen Kommentar abzugeben. Halt die Augen offen, sagte Philipp. Der Neue nickte und fuhr los.

Philipp schaute hinterher, schulterte den leeren Rucksack, marschierte los. An der Langstrasse nahm er den heranfahrenden Bus, ohne Zeit zu haben, eine Fahrkarte zu lösen. Sollten die Kontrolleure doch kommen. Er studierte die Werbung vor ihm an der Scheibe, ein Strichmännchen mit Doktorhut, das eine Leiter hochklettert: Machen Sie mehr aus sich! Eine ältere Dame musterte ihn, mit seinem Kuriertrikot, seinem Helm, seinem Funkgerät, ohne sein Rad. Geschieht dir recht, schien ihr Blick zu sagen. An der Kalkbreite stieg er aus. Aerne saß vor dem offenen Garagentor auf einem Stuhl und rauchte. Hast du Totalschaden, fragte er. Gestohlen, sagte Philipp und dann, nach einer Pause: Ich brauche ein Ersatzrad. Aerne deutete auf das gepanzerte Kabel um Philipps Hüften. Ein Schloss hast du ja schon. Philipp verzog den Mund zu einem Lächeln. Nur für ein paar Stunden, sagte er. Er kam sich erbärmlich vor. Aerne stopfte den Zigarettenstummel in eine mit Kippen gefüllte Blechdose, erhob sich schwerfällig, wischte die Hände an der Arbeitshose ab. Wortlos verschwand er in der Garage. Mit dem roten Triumph kam er heraus, ein Fixie, das er für den Alltag benutzte. Kommst du damit zurecht, fragte er. Du meinst ohne Bremsen, fragte Philipp. Aerne schnitt eine Kurve in die Luft. Wendig wie eine Schwalbe. Er stellte die Sattelhöhe ein. Mit dem Schlüssel klopfte er gegen Philipps Helm. Um sechs steht es wieder hier. Philipp nickte. Viel Glück, sagte Aerne. Philipp fuhr los. Und abschließen, rief Aerne hinterher.

Philipp fühlte sich unsicher auf dem fremden Rad, ohne Freilauf, ohne Bremsen. Das Tempo ließ sich nur durch Kontern mit den Pedalen drosseln. Die Kurbeln drehten in den Kurven mit. Beim Einbiegen in die Seebahnstrasse streifte er mit dem Pedal den Asphalt und wäre beinahe gestürzt, mitten auf der Kreuzung, direkt vor einem Lastwagen. Er nahm den Weg Richtung Zentrale, musterte jedes Rad, das ihm entgegenkam, das er überholte, das irgendwo an einer Hauswand, an einer Laterne, in einem Fahrradständer abgestellt war. Er hätte nie gedacht, dass es so viele silberne Fahrräder gab auf dieser Welt. Nur sein Silberpfeil war nicht darunter. Er bog in den Innenhof. Vor der Rampe stellte er Aernes Fixie ab, band Vorderrad und Rahmen mit dem Schloss zusammen und ging hinüber ins Büro. Die Abrechnung war schnell erledigt. Er bat Debbie, einen Aufruf an die Fahrer durchzugeben. Die sollen die Augen offen halten. Debbie schaute ihn zweifelnd an. Tus einfach, sagte Philipp. Dann fuhr er los.