Saga
Schokolade für den Staatsanwalt – Kurzkrimi
Copyright © 2011, 2019 Mischa Bach und SAGA Egmont
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ISBN: 9788726086768
1. Ebook-Auflage, 2019
Format: EPUB 2.0
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Samtenes Dunkelblau verlieh der flachen Schachtel ungeheure Anziehungskraft. Fast unanständig schlang sich das blutrote Band, das in einer voluminösen Schleife gipfelte, darum. Kurz an der richtigen Stelle gezogen, und das kleine Kunstwerk glitt auseinander. Vorsichtig hob Staatsanwalt Gregor Benzenberg den Deckel. Der aromatische Geruch feinster, dunkler Schokolade kitzelte seine Nase. Einen tiefen Atemzug gönnte er sich, bevor er den Deckel schloss und mit der Schachtel unterm Arm sein Büro verließ. Das ging jetzt wirklich zu weit.
Seit Wochen bekam er anonym Schokolade ins Büro geliefert. Angefangen hatte es mit belgischen Pralinen in den hellen, süßen Varianten, die seine Mutter Annemarie geliebt hatte, bevor sie zuckerkrank geworden war, und die er verabscheute. Später kamen Marzipan- und Nougatpralinés hinzu. Auch sie waren nicht sein Fall. Solang es bei verschrobene Pröbchen blieb – zwei Weinbrandbohnen in einer umfunktionierten Zahnstocherschachtel, ein süßes Trio leicht zerdrückt im Cellophantütchen oder, wie gestern, in einer Minitupperdose, hatte er sich keine Gedanken gemacht, wie all das den Weg auf seinen Schreibtisch fand. Vielleicht war der edle Spender ein Mitarbeiter der Behörde, gar eine heimliche Verehrerin? Jedes Mal, wenn er die süßen Funde auf seinem oder einem anderen Gang des Hauses unter die Leute brachte, hatte er sich umgehört, ohne dass sich ein Anfangsverdacht ergeben hätte.
Doch mit der Luxusversion in Edelbitter bekam das Schokoladendilemma eine neue Qualität: herrliche, tiefschwarze Kakaospezialitäten mit außergewöhnlichen, scharfen Füllungen – Ingwer, Chili, Rosenpfeffer – wie sollte er darauf reagieren? Lieblingssorten hin oder her, das halbe Pfund handgemachter Pralinen war mit Sicherheit sündhaft teuer gewesen und stellte somit einen Bestechungsversuch dar. Aber wer wollte ihn in Schokoladenpapier einwickeln und warum rückte dieser Jemand nicht mit seiner Identität raus? Wollte man ihn heimlich ködern, um ihm dann im Gerichtssaal Befangenheit und Bestechlichkeit vorzuwerfen?