Kimmy Reeve

Dark Souls: Berührt

 

© 2019 Written Dreams Verlag

Herzogweg 21, 31275 Lehrte

kontakt@writtendreams-verlag.de

www.writtendreams-verlag.de

 

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg (www.art-for-your-book.weebly.com)

Lektorat: Rohlmann und Engels

Korrektorat: WordXcellent

 

ISBN ebook: 978-3-946726-93-7

ISBN print: 978-3-946726-94-4

 

 

Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Dieses eBook darf weder auszugsweise noch vollständig per E-Mail, Fotokopie, Fax oder jegliches anderes Kommunikationsmittel ohne die ausdrückliche Genehmigung des Verlags weitergegeben werden.

 

Widmung

 

Ich widme dieses Buch Anya!

Du bist meine Soulsister und so wird es immer bleiben.

Danke, dass es dich gibt!

 

Inhaltsverzeichnis

Widmung

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Epilog

Danksagung


Prolog

Lena

 

»Jetzt beeil dich doch!«, rief Jaqueline mir zu, woraufhin ich ihr einen bösen Blick zuwarf.

»Ich brauche noch einen Moment«, gab ich genervt zurück.

Immerhin würden wir nicht auf irgendeine Feier gehen, sondern auf die angesagteste Collegeparty des Campus.

»Du bist schön genug für deinen Jonathan«, fauchte meine Freundin. Ihrer Stimme war wie immer zu entnehmen, wie sehr sie meinen Freund verabscheute.

Seit circa sieben Monaten war ich mit Jonathan Franklin zusammen und ich fühlte mich wohl mit ihm. Von Liebe konnte noch keine Rede sein, aber ich hatte ihn wirklich gern. Vielleicht war ich verliebt, auf jeden Fall hatte ich Gefühle für ihn. Aus diesem Grunde wollte ich ihm heute etwas Wertvolles schenken: meine Jungfräulichkeit.

»Warum bist du immer so fies?«, zischte ich, weil mir ihre Spitzen mittlerweile auf die Nerven gingen.

Ja, Jacky mochte ihn nicht, dennoch erwartete ich von ihr, dass sie ihn als meinen Freund akzeptierte. Nur weil sie zur Zeit keine feste Beziehung vorweisen konnte, musste sie meine nicht schlecht machen.

»Bin ich nicht, nur ehrlich«, schoss sie zurück und ich seufzte, bevor ich mir Kajal auftrug. Darauf antwortete ich nicht, denn ich hatte keine Lust, mit ihr zu diskutieren.

Jonathan war der Captain des Footballteams und Jacky der des Cheerleader-Teams.

Obwohl ich meine Freundin gern hatte, missfielen mir manche ihrer Anwandlungen. Ständig moserte sie an anderen Leuten herum, zog verunsicherte Mädchen auf oder flirtete mit den Freunden unserer Kommilitoninnen. Das hieß ich nicht gut und mein Unbehagen darüber hatte ich ihr schon mehrfach an den Kopf geknallt. Dummerweise interessierte sie das kein Stück, stattdessen machte sie einfach so weiter, wie sie es immer tat. Manchmal war ich froh, dass sie Jonathan nicht mochte, musste ich gestehen. Demnach brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, dass sie auch ihn anbaggerte.

Im Grunde tangierte mich das alles aber recht wenig, weil ich mich voll und ganz auf mein Studium in Ingenieurwesen konzentrierte. Mein Traum war es, irgendwann einmal eine gute Ingenieurin zu werden, und ich wollte in diesem Bereich unbedingt vorankommen. Dafür musste man hart arbeiten und verdammt viel lernen. In einem Jahr hätte ich meinen Bachelor und weitere zwei Jahre darauf meinen Master. Das war mein Ziel.

»Ich bin so weit«, sagte ich und betrachtete mich ein letztes Mal im Spiegel.

Heute war ich mutig gewesen und hatte mir einen knielangen, dunklen Jeansrock mit gleichfarbigen High Heels angezogen. Dazu trug ich ein weißes, tief ausgeschnittenes Top, das gerade so meinen BH verdeckte. Meinen langen, schwarzen Haaren hatte ich mit Schaumfestiger mehr Volumen gegeben und meine braunen Augen mit dunklem Lidschatten hervorgehoben. Ich mochte mein Erscheinungsbild, und ich war davon überzeugt, dass ich heute die schönste Nacht meines Lebens haben würde.

»Wow, du siehst Hammer aus«, meinte Jacky mit einem anerkennenden Nicken, als sie mich musterte. Ich verstand ihre Reaktion, weil ich in der Regel nie so aufgedonnert herumlief.

»Das Kompliment gebe ich gerne zurück.« Lächelnd ging ich auf die rothaarige Granate zu, die mit einer hautengen, blauen Leggins, passenden Pumps und einem kurzen Top bekleidet im Türrahmen stand. Ihre grünen Augen waren so klar, dass man sie fasziniert anstarren musste. Vor allem die Kerle an unserem College taten das immerzu.

»Bereit?«, erkundigte sich Jacky, woraufhin ich nickte.

Jaqueline schwang ihren Arm um meine Schulter und wir verließen das Zimmer. Heute würde ich endlich einen Schritt weitergehen. Bis auf den tatsächlichen Sex hatten Jonathan und ich schon alles getan. Doch an diesem Abend wollte ich das erleben, wovon all meine Freundinnen sprachen. Ja, ich war ein Spätzünder, aber ich wollte diese wichtige Entscheidung nicht kopflos treffen. Jonathan war für mein erstes Mal der Richtige, weil er mich auf Händen trug und mir fast jeden Wunsch von den Augen ablas.

 

Am Verbindungshaus angekommen, stellten wir fest, dass die Party in vollem Gang war. Wir betraten es und die Musik dröhnte so laut, dass ich fast einen Hörschaden erlitt.

Sofort schaute ich mich nach Jonathan um, den ich aber nicht entdeckte.

»Ich besorge uns was zu trinken«, informierte Jacky mich.

Derweil begab ich mich auf die Suche nach meinem Freund, den ich aber leider nicht fand. Daraufhin schrieb ich ihm eine Textnachricht, die er nicht las und sich entsprechend auch nicht meldete.

Betrübt ließ ich mich auf ein Sofa fallen und verschränkte die Arme. Das durfte doch nicht wahr sein! Endlich war ich bereit, den nächsten Schritt zu wagen, und er tauchte nicht auf.

»Hier.« Jacky reichte mir einen Becher gefüllt mit Bier, den ich an mich nahm und auf ex austrank. Eigentlich mochte ich keinen Alkohol, aber jetzt hatte ich ihn bitter nötig. »Dein Traumprinz nicht anwesend?«, spottete sie, weshalb ich sie sauer musterte, doch sie hatte nur ein Schulterzucken für mich übrig. »Vielleicht kommt er ja noch, oder er vergnügt sich mit einer anderen.«

»Kannst du das mal lassen?«, zischte ich. »Warum machst du das?«

»Weil er ein Arschloch ist«, sagte sie so tonlos, dass mir die Spucke in der Kehle stecken blieb. Jacky nahm neben mir Platz und wandte sich mir zu. »Ich kann einfach nicht verstehen, warum du ihn immer so in den Himmel lobst. Meinst du wirklich, dass der Typ dir treu ist? Mensch, jetzt nimm endlich mal deine rosarote Brille von der Nase. Ihr seid wie lange zusammen? Sieben Monate? Mag ja sein, dass du ihn schon rangelassen hast, aber Jonathan ist bekannt für seine … wie soll ich es sagen … Sexsucht? Du lässt ihn die ganze Zeit über im Regen stehen. Der Kerl leidet doch längst an Samenstau.« Während ihrer Hasstirade, griff ich mir ihr noch vollen Becher, trank auch diesen leer und verschluckte mich bei dem letzten Satz.

»Du bist nicht hilfreich, Jaqueline«, tadelte ich, weil ich das, was sie mir gesagt hatte, nicht wahrhaben wollte. Jonathan hatte die letzten Monate Verständnis für mich aufgebracht und mir immer wieder versichert, dass er warten würde. Außerdem war es ja nicht so, als hätten wir noch gar nichts getan. Wir hatten einige schöne Stunden miteinander verbracht.

Meine Freundin wollte gerade etwas erwidern, als es um uns herum tierisch laut wurde. »Der King ist da«, hörte ich die Kerle grölen und schaute zum Eingang. Und wen sah ich? Steven McClaine.

Super!

Was zum Teufel suchte er hier? Er war viel zu alt für so eine Veranstaltung. Verdammt, er besuchte nicht mal mehr das College, sondern führte einen der renommiertesten Clubs Miamis. Mittlerweile besaß er wie viele Diskotheken? Ich wusste es nicht. Allerdings stellte sich mir gerade eine andere Frage: Wurde Steven von meinen Brüdern dazu genötigt, mich im Auge zu behalten? Zuzutrauen wäre es ihnen.

»Ist das nicht Steven McClaine?«, wollte Jacky wissen und ich musste schlucken.

Ihr war nicht bekannt, dass Steven Teil meiner Familie war, denn ich vertrat die Meinung, dass es niemanden etwas anging, warum er bei uns aufgewachsen war.

»Ja«, antwortete ich daher knapp. Ich sah nicht ein, wieso ich noch mehr dazu sagen sollte.

Stevens Alter und meins lagen einige Jahre auseinander, dennoch war ich ihm als Kind nie von der Seite gewichen. Keine Ahnung, warum er das zugelassen hatte, aber er schien sich immer zu freuen, wenn ich an seinem Rockzipfel gehangen hatte. Er war für mich nicht nur ein Familienmitglied, sondern insgeheim mein Schwarm. Gott, ich hatte damals in jedes Heft seinen Namen gekritzelt und mit einem Herzen umrandet. Für mich erschien er einfach perfekt, was ich dummerweise bis heute noch so sah. Jedes Mal, wenn er sich in meiner Nähe aufhielt, fing mein Herz wie wild an zu schlagen, meine Nervosität stieg ins Unermessliche und meine Körpertemperatur glich der in der Sahara.

»Lass Jonathan bloß nicht sehen, wie du Mr. Obercool anstarrst«, witzelte Jacky und stieß mir mit dem Ellenbogen in die Seite.

»Aua«, nörgelte ich. »Wie starre ich ihn denn an? Er ist ein guter Freund meiner Brüder. Ich kenne ihn.«

»Das mag sein, Lena«, lachte sie für meinen Geschmack viel zu laut, weil uns dadurch einige Leute ansahen. Ich hasste es, im Mittelpunkt zu stehen. »Dennoch solltest du dir die Mundwinkel abwischen. Der Typ ist hot, ich kann dich voll und ganz verstehen.«

»Ist er wirklich, oder?«, seufzte ich und beugte mich zu meiner Freundin, um ihr ins Ohr zu flüstern. »Ich schwärme bereits so lange für ihn, dass ich gar nicht weiß, ob ich da schon aus den Windeln war.« Jacky lachte erneut und dieses Mal stimmte ich mit ein.

»Vielleicht solltest du ihm deine Unschuld schenken.«

Mit aufgerissenen Augen betrachtete ich meine Freundin und konnte nicht glauben, dass sie das gerade so laut gesagt hatte.

Hatte sie einen an der Klatsche?

»Vielleicht solltest du das noch einmal rausbrüllen, da hinten haben es ein paar Leute nicht mitbekommen«, herrschte ich sie an und ließ mich trotzig zurück in die Kissen fallen.

»Sorry«, entschuldigte sich Jaqueline bei mir und ich schnaubte. Konnte diese Frau nicht mal nachdenken, bevor sie handelte? Sie war so impulsiv, dass es manchmal nicht leicht war, ihr überhaupt irgendwas zu erzählen.

»Ist schon okay«, gab ich mich versöhnlich und betrachtete Steven weiterhin, wie er sich mit den Jungs unterhielt. Immer noch fragte ich mich, was er hier zu suchen hatte.

»Mensch Lena«, hörte ich Jacky neben mir, während sie sich erhob. »Geh zu ihm, sag Hallo und verschwinde mit ihm nach oben in irgendein Zimmer. Du siehst aus wie ein verliebtes Huhn.«

Damit wandte sie sich ab und marschierte davon. Kopfschüttelnd sah ich ihr hinterher und versuchte, ihre Worte zu verdrängen.

Auf einmal wurde mir das alles hier zu viel. Auch wenn Jonathan nun vor mir stehen würde, könnte ich nicht mit ihm ins Bett gehen, wie ich es ursprünglich geplant hatte. Wenn Steven mitbekommen würde, dass ich einen Freund hatte, würde er ihn erschießen und mich danach übers Knie legen. Obwohl ich bereits zwanzig Jahre alt war, behandelten meine Brüder mich, als sei ich zwölf. Steven war genauso, wenn nicht noch schlimmer.

Deswegen erhob ich mich. Ich wollte nach Hause, und zwar sofort. Somit begab ich mich Richtung Ausgang, wo glücklicherweise von Steven nichts mehr zu sehen war.

Plötzlich wurde ich am Oberarm gepackt und rumgewirbelt. Erschrocken schaute ich hoch, direkt in ozeanblaue Augen und ich musste hart schlucken. Automatisch fing mein Herz an, wie wild zu rasen, beide Handflächen wurden auf einmal feucht. Dadurch, dass ich am ganzen Körper zitterte, kam meine Nervosität akut zum Vorschein.

Steven beugte sich zu mir herunter. »Du bist wunderschön«, flüsterte er mir ins Ohr und auf meinen Armen bildete sich eine Gänsehaut.

Hatte ich mich verhört?

Steven schob sein Gesicht wenige Zentimeter vor meines und unsere Blicke trafen sich erneut. Ohne dass ich es kommen sah, presste er seine Lippen auf meine. Ich war gefangen in seinem Bann, die Schmetterlinge in meinem Bauch rasteten vollkommen aus und tanzten nach Achtzigerjahre-Technomusik.

Was geschah hier gerade?

Darüber nachdenken wollte ich nicht, weil ich mir genau das seit so vielen Jahren gewünscht hatte.

»Komm mit mir«, wisperte er nah an meinem Mund.

Reden war nicht mehr möglich, weil meine Kehle staubtrocken war, daher nickte ich nur. Ich wollte, dass er mich ein weiteres Mal küsste und ich ihn wiederholt schmecken durfte.

Er gab mir noch einen leichten Kuss auf die Stirn, nahm meine Hand und führte mich die Treppen nach oben. Vielleicht würden Jackys Worte wahr werden!

Steven ließ mir den Vortritt in ein leeres Zimmer, schloss die Tür hinter uns und zog mich an sich. Erneut küsste er mich so intensiv, dass mir fast schwindelig wurde. Während er mich um den Verstand küsste, krallte ich mich an ihm fest, weil ich Panik hatte, er könnte mich wieder verlassen. Das durfte er auf keinen Fall. Er sollte bei mir bleiben … für immer!

Er löste sich von mir, rieb noch zwei Mal seine Nase an meiner und schob mir das Top über den Kopf. Mein Herz klopfte, als würde es mir gleich aus der Brust springen. Allerdings hegte ich überhaupt keinen Zweifel an dem, was wir hier taten.

Vorhin war ich mir noch sicher, dass Jonathan derjenige sein würde, dem ich meine Jungfräulichkeit schenken wollte, aber ich hatte mich noch nie so sehr getäuscht. Steven sollte es sein. Er war es schon immer gewesen. Bislang war er mir nur unerreichbar erschienen. Nie hatte er Andeutungen gemacht, dass er mehr in mir sehen könnte, als ein kleines Mädchen, einen Schwester-Ersatz.

Nachdem das Top verschwunden war, entkleidete Steven mich weiter. Langsam und mit Bedacht. Wenige Augenblicke später stand ich nur noch in String, BH und High Heels vor ihm und ich fühlte mich wohl in meiner Haut. Er machte einen Schritt zurück und betrachtete mich von oben bis unten, bevor er mir tief in die Augen schaute.

»Du bist ein Traum für alle Männer, oder aber deren Untergang.« Ich wusste nicht genau, was ich damit anfangen sollte und reagierte daher nicht darauf.

Steven hob eine große, durchsichtige Flasche, die mit braunem Zeug gefüllt war, an den Mund. Der Inhalt war schon so gut wie vernichtet. Ich wusste nicht, was er da trank. Vielleicht Whiskey oder Rum. So wirklich kannte ich mich mit Alkohol nicht aus und im Moment interessierte es mich auch nicht sonderlich.

Nach einigen Sekunden stellte Steven die Flasche auf eine Kommode, riss sich förmlich das Shirt über den Kopf und die Jeanshose folgte wenige Sekunden darauf. Dabei kam er kurz ins Wanken.

Als er nur noch mit Boxershorts bekleidet auf mich zukam, streckte ich die Hand nach ihm aus und fuhr mit den Fingern über seine glatte Brust. Er war so muskulös, groß und gut gebaut, dass mir fast der Sabber aus den Mundwinkeln floss.

Steven packte meine Hände und schob mich rückwärts auf das Bett. Bevor ich mich jedoch darauf niederließ, griff ich an meinen Rücken und öffnete den BH. Ruhig und bedächtig schälte ich mich heraus und warf ihn aufreizend auf den Boden. Ich nahm auf der Matratze Platz und rutschte in die Mitte, bevor ich mich zurücklegte. Gott, ich war unglaublich nervös, aber auf eine positive Weise. Das hier fühlte sich richtig an und ich war für Steven McClaine bereit.

»Bist du dir sicher?«, wollte er wissen, als er sich die Shorts herunterzog und mich eindringlich betrachtete.

»Mehr als das«, hauchte ich.

Grinsend kniete Steven sich aufs Bett und streifte mir den Slip herunter. Dabei betrachtete er mich, als sei ich etwas ganz Besonderes für ihn. Mir gefiel der Gedanke.

Er nahm mein Höschen, roch einmal daran und warf es hinter seinen Rücken. Erst dann bemerkte ich seine Erektion und war schockiert. Der war ziemlich lang und auch ganz schön dick. Ob das normal war? Durchschnitt? Ich bekam Panik, ob das wirklich so eine gute Idee war, mich darauf einzulassen. Doch als ich Steven wieder in die Augen sah, verschwand die aufkommende Angst in mir wie von selbst. Sie schimmerten, als wäre ich alles, was er sich jemals gewünscht hatte.

Steven legte sich auf mich, schob mit seinen Knien meine Schenkel auseinander und presste seine Lippen auf meine. Das Spiel unserer Zungen war phänomenal und ich wollte es ständig und zu jeder Zeit wiederholen.

Plötzlich löste er sich von mir und ich riss die Lider auf, doch meine Sorge, er könnte mich verlassen, war unbegründet, denn er leckte mir über das Kinn hinunter bis zum Brustansatz. Immer wieder saugte er an meiner Knospe und biss sogar zu. Ich liebte dieses Gefühl und wollte, dass es für immer so weiterging. Er kümmerte sich um beide Brustwarzen, nahm sich Zeit, mich zu verwöhnen. Stöhnend ließ ich den Kopf zurück in das Kissen fallen, als Steven sich weiter hinabarbeitete. Dann war der Moment gekommen, wo ich seine Finger an meinen Schamlippen spürte und kurz darauf seine Zunge, wie sie über meine Klit fuhr. Ich krallte mich in das Laken, weil ich nicht glauben konnte, wie wunderbar diese Empfindung war, die er mir gerade bescherte. Mein Unterleib zog sich zusammen, als er einen Finger in mich schob. Es war nicht unangenehm, ganz im Gegenteil. Langsam fing er an, ihn in mir zu bewegen, und eine ungeahnte Spannung breitete sich in mir aus, als er immer weiter leckte, zustieß und saugte.

Bevor ich meinen Höhepunkt erleben konnte, hörte Steven auf einmal auf, sodass ich ihn frustriert ansah. Wieso beendete er nicht, was er begonnen hatte?

»Ich will dich sehen, wenn du kommst«, raunte er und schob sich wieder zu mir nach oben. Seine Lippen fanden den Weg zu meinen und ich kostete mich dadurch selbst. Es war verrucht, aber wunderbar. »Du bist bereit für mich, Honey.«

Langsam führte er seinen Schwanz in mich. Kurz hörte ich auf zu atmen, kniff die Augen fest zusammen und versuchte, mich an das Gefühl zu gewöhnen. Steven drängte mich nicht, sondern gab mir die Zeit, die ich brauchte.

»Verdammt, bist du eng!«, rief er aus und sah mich eindringlich an. Dann grinste er. »Das gefällt mir.«

Plötzlich spürte ich einen schrecklichen Schmerz, als Steven mit einem Mal in mich stieß. Ich biss mir auf die Lippe, um nicht laut zu kreischen, weil ich nicht wollte, dass irgendwer etwas davon mitbekam, was Steven und ich hier taten. Wobei sich das bestimmt alle denken konnten.

»Alles in Ordnung?«, wollte er schwer atmend wissen.

Er verengte seine Augen bei der Frage, als wüsste er nicht, warum ich mich so anstellte. Wahrscheinlich hatte er keine Ahnung, dass ich noch Jungfrau und das hier mein erstes Mal war. Durchaus im Bereich des Möglichen! Bei dem Gedanken trat ich mir innerlich vor das Schienbein. Woher sollte er es auch wissen?

»Natürlich«, flüsterte ich, was auch der Wahrheit entsprach.

Es war besser als in Ordnung.

Vorsichtig fing Steven an, sich in mir zu bewegen. Von dem Brennen war fast nichts mehr zu spüren und ihn in mir zu haben, fühlte sich einfach unglaublich an.

Es war perfekt … Er war perfekt!

Steven erhöhte das Tempo, unsere Körper passten sich dem anderen an und ich genoss jeden einzelnen Moment. Auf einmal stemmte er sich auf seine Hände, betrachtete mich und stieß unaufhörlich in mich, woraufhin sich die Spannung, die kaum auszuhalten war, erneut aufbaute. Und dann war der Augenblick da. Ich biss Steven in den Unterarm, und zwar so fest, dass er blutete, aber mehr als ein Zischen, war von ihm nicht zu hören. Mein Orgasmus überrollte mich, ließ mich in eine mir unbekannte Dimension fallen.

Das wollte ich von nun an ganz oft und immer wieder mit Steven McClaine erleben.

Der Mann, für den ich schon so viele Jahre geschwärmt hatte, schloss seine Augen, fing an zu zittern und stöhnte, als auch er seinen Höhepunkt erreichte. Schwer atmend ließ er sich auf mich sinken.

Doch der wunderbare Augenblick wehrte nicht lange. Nachdem Steven sich beruhigt und seine Atmung normalisiert hatte, zog er sich – wenn auch vorsichtig – aus mir heraus und schob sich vom Bett.

»Shit«, fluchte er, als er seinen Unterarm betrachtete, in den ich mit aller Kraft reingebissen hatte.

»Es tut mir leid«, entschuldigte ich mich und bedeckte meine Nacktheit mit einem Laken. So wie ich den weißen Stoff betrachtete, fiel mir auf, dass er sich an einigen Stellen rot gefärbt hatte.

Scheiße, ich hatte geblutet, was mir ja hätte klar sein müssen. Allerdings schien es Steven nicht zu kümmern, denn er kleidete sich komplett an. Und ich? Nun, ich wusste gerade nicht, was ich tun sollte.

Nachdem Steven fertig war, kam er um das Bett herum auf mich zu, gab mir einen hauchzarten Kuss auf den Mund und zwinkerte mir zu.

»Es war nett mit dir … äh … na ja, ist auch egal«, meinte er und ich war völlig verwirrt. Hatte er jetzt tatsächlich meinen Namen vergessen? Ich war wie erstarrt, bekam keinen einzigen Ton heraus. Was war hier los? »Vielleicht sieht man sich«, schob er noch hinterher, wandte sich ab, nahm die fast leere Flasche von der Kommode und öffnete die Tür.

Davor stand ein Junge, den ich nicht kannte. Ich hörte, wie Steven ihm sagte: »Pass auf, dass hier keiner reingeht, bevor das Mädel nicht raus ist.«

Daraufhin wurde die Tür auch schon zugezogen und Steven war somit aus meinem Sichtfeld verschwunden.

Vereinzelte Tränen lösten sich aus meinen Augenwinkeln, weil ich das alles einfach nicht verstand. Ich ließ die letzten fünfzehn Minuten Revue passieren und dabei fiel mir auf, dass er mich nicht ein einziges Mal mit meinem Namen angesprochen hatte.

Wusste er womöglich gar nicht, mit wem er geschlafen hatte? Sah ich in meinem ungewohnten Outfit, in dem Licht und unter Alkoholeinfluss für Steven vielleicht gar nicht wie Lena Slater aus?

Erschrocken über diesen Gedanken stand ich auf und zog mich komplett an. Waschen konnte ich mich im Wohnheim, hier wollte ich keine Minute länger bleiben.

Bevor ich den Raum verließ, drehte ich die Matratze um, damit bloß keiner den Blutfleck darauf zu sehen bekam und griff mir die Laken. Die Kissen drapierte ich wieder so, wie sie vorher gelegen hatten und verschwand aus dem Zimmer. Schnellen Schrittes lief ich die Treppe herunter, darauf bedacht, niemanden direkt anzusehen, der an mir vorbeiging.

Ehe ich jedoch das Haus verlassen konnte, hörte ich Jacky laut lachen, weshalb ich in die Richtung meiner Freundin schaute. Was ich dort sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.

Sie stand in einer Ecke, vor ihr Steven, den sie genau in diesem Moment heiß und innig küsste. Als er sich von ihr löste, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern, trafen sich die Blicke von Jaqueline und mir. Anstatt von ihm abzulassen, weil sie wusste, wie ich für ihn empfand, zog sie nur eine Augenbraue hoch, widmete Steven wieder ihre volle Aufmerksamkeit und presste ihre Lippen auf seine.

Miststück!

Am Boden zerstört, rannte ich aus dem Haus, über die Wiese direkt zum Wohnheim, das nur zehn Minuten zu Fuß entfernt lag. Die Laken hielt ich nach wie vor in meinen Armen, bis ich einen großen Container entdeckte, in den ich den Stoff warf. Anschließend lief ich weiter … immer weiter, bis ich das Gefühl hatte, meine Lungen würden platzen. Dennoch verlangsamte ich nicht, sondern wurde im Gegenteil noch schneller, als würde ich um mein Leben rennen.

 

***

 

Einige Wochen nach dem Desaster ging es mir nicht besser, sondern deutlich schlechter. Nicht nur seelisch, auch körperlich verspürte ich Beschwerden.

Jaqueline und ich hatten kaum noch ein Wort miteinander gesprochen, vor allem, da sie allen erzählt hatte, wie geil der Sex mit Steven McClaine gewesen war. Sie schien es zu genießen, mich damit zu verletzen. Außerdem hatte sie nichts Besseres zu tun, als Jonathan darüber in Kenntnis zu setzen, dass ich mein erstes Mal nicht mit ihm, sondern mit einem Kerl auf der Party gehabt hatte. Daraufhin hatte er mit mir Schluss gemacht, ohne dass ich ihm etwas hätte erklären können. Ich hätte ihm gerne meine Seite der Geschichte dargelegt, wozu es aber leider nie gekommen war. Mir war klar, dass ich es verdient hatte, so behandelt zu werden, immerhin war ich ihm fremdgegangen. Allerdings war es nicht von mir geplant gewesen, ihn zu hintergehen. Mein schlechtes Gewissen fraß mich förmlich auf und ich fühlte mich wegen der Sache mit Steven wirklich schlecht.

Mittlerweile war es so, dass Jacky und Jonathan viel Zeit miteinander verbrachten. Wie ich durch andere Kommilitonen mitbekommen hatte, waren die beiden seit Neuestem sogar ein Paar. Was mich wenig überraschte, denn ich beobachtete sie regelmäßig dabei, wie sie sich küssten. Somit war mir klar, was meine – ach so tolle – Mitbewohnerin von Beginn an im Schilde geführt hatte. Für sie war es nie Freundschaft gewesen, eher ein Wettstreit. Diese Erkenntnis machte mich noch trauriger. Aber das musste ich akzeptieren, es brachte nichts, diesem Dreckstück nachzutrauern.

Was mich wirklich verletzt hatte, war, dass Steven nicht nur entgangen zu sein schien, dass er mit mir geschlafen und mich danach allein gelassen hatte, sondern zu allem Überfluss auch noch mit Jacky in die Kiste gehüpft war. Verdammt, ich hatte ihm meine Jungfräulichkeit geschenkt, und er hatte das mit Füßen getreten. Dabei war es unerheblich, ob er es wusste oder nicht, er hätte mich nicht wie eine Schlampe behandeln dürfen. Das würde ich ihm niemals verzeihen. Das konnte ich einfach nicht!

Heute war ich nicht zur Uni gegangen, weil ich seit Tagen unter Fieber litt und mein Körper sich anfühlte, als würde er sich in den Ruhemodus schalten wollen. Ich war schlapp, konnte mich kaum bewegen und fühlte mich nur wohl, wenn ich im Bett lag und schlief. Kurz gesagt, ich war fertig mit den Nerven und meine Seele weinte täglich. Deswegen hatte ich mich entschlossen, für ein paar Tage zu meiner Mom zu fahren. Dort würde ich gesund werden und neue Kraft tanken.

Also schnappte ich mir meine Tasche, verließ das Wohnheim, stieg in mein Auto und machte mich auf den Weg zum Anwesen meiner Eltern. Während der Fahrt wurde mir etwas schummerig vor Augen und von der Konzentration war auch fast nichts mehr vorhanden.

Bei meinen Eltern angekommen, ging es mir etwas besser. Ich verließ den Wagen, nahm mein Gepäck und klingelte an der Tür, da ich den Schlüssel vergessen hatte. Doch plötzlich verschwamm nicht nur alles vor meinen Augen, sondern ich hatte außerdem das Gefühl, jemand würde mir den Boden unter den Füßen wegziehen.

Irgendwer griff nach mir, bevor ich für eine ganze Weile das Bewusstsein verlor.

Als ich aufwachte und das ganze Ausmaß dessen erkannte, in was ich mich durch diesen Abend gebracht hatte, zerbrach der naive, gutgläubige Teil in mir. Ich wurde in Rekordzeit und auf die harte Tour erwachsen.

Aus Zufriedenheit wurde Unglück und die Kälte machte sich in mir breit.


Kapitel 1

Lena – Drei Jahre später

 

Wie ich Silvester hasste! Einerseits diese zwanghafte Feier, andererseits war ich ein Neujahrskind, also begann um Mitternacht nicht nur ein neues Jahr, sondern auch mein Geburtstag. Das war in wenigen Augenblicken der Fall.

Ich wurde vierundzwanzig Jahre alt, fühlte mich aber wie neunzig. Nicht körperlich, aber auf jeden Fall seelisch.

Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich die Silvesterparty bei meinen Eltern sausen lassen und es mir auf der Couch mit Chips und Eis gemütlich gemacht. Geburtstage waren meiner Meinung nach vollkommen überbewertet und meinen hasste ich sowieso. Aber meine Mutter hatte mich fast auf Knien angefleht, an der Neujahrsfeier teilzunehmen, daher konnte ich es ihr nicht abschlagen. Nachdem wir sie beinahe an den Krebs verloren hätten, fiel es mir ohnehin schwer, zu irgendeinem ihrer Wünsche Nein zu sagen.

Mein Blick wanderte zu meinem älteren Bruder Logan, der mit seiner kleinen Tochter Riley auf dem Arm und seinem Sohn Noel, neben seiner Frau Jordan stand. Wenn er sie anschaute, ging mir das Herz auf. Niemals hätte ich gedacht, dass die beiden einen gemeinsamen Weg finden würden, nach alldem, was hinter ihnen lag, vor allem für Jordan. Als Familie hatten wir vieles durchgestanden und letztendlich gewonnen. Die gemeinsame Zeit mit Jordan hatte uns zusammengeschweißt und heute zählte ich sie zu meinen engsten Freundinnen.

»Was machst du hier denn so alleine?«, vernahm ich neben mir die Stimme meines Vaters, den ich daraufhin lächelnd ansah.

»Ich beobachte«, gestand ich.

Am liebsten hätte ich ihm mitgeteilt, dass ich nach einem Fluchtweg suchte, damit ich die Veranstaltung verlassen konnte. Aber ich tat es nicht, immerhin kannte er meine Einstellung zu solchen Events. Außerdem wollte ich mich für meine Eltern dieses Jahr zusammenreißen.

»Willst du nicht zu uns kommen?«, meinte er, gab mir einen Kuss auf die Stirn und nahm mich seitlich in den Arm.

»Nachher«, erwiderte ich und schaute hoch in die silbrigen Augen meines Dads.

»Ich weiß«, seufzte mein Vater, »du magst weder Veranstaltungen noch Feierlichkeiten und deinen Geburtstag erst recht nicht. Aber ich danke dir, dass du deiner Mom den Gefallen getan hast. Das bedeutet ihr viel, ihre Kinder hier zu haben.« Ich hörte ihn schnauben und wusste, dass er noch nicht fertig war. Dafür kannte ich ihn einfach zu gut. Meinen Kopf lehnte ich an seine Brust und wartete auf das, was noch kommen würde. Mit seinen Fingern streichelte er mir über den Oberarm. »Wieso sieht meine kleine Prinzessin bloß in letzter Zeit so unglücklich aus? Willst du deinem alten Herrn erzählen, was dich beschäftigt?«

Prinzessin. So hatte er mich schon als kleines Mädchen genannt und ich war davon überzeugt, dass er es auch noch im hohen Alter tun würde. Ich nahm es ihm nicht übel. Er durfte das.

»Ich bin nicht unglücklich«, schwindelte ich, denn ich war es bereits seit drei Jahren und schaffte es nicht, diesen Umstand zu ändern.

»Du weißt, dass ich immer für dich da bin, oder?«, wollte er wissen und sah mich dabei eindringlich an.

»Das weiß ich, Dad.« Es verlangte mir alles ab, nicht in Tränen auszubrechen. »Mach dir keine Sorgen. Der Unistress bringt mich einfach nur um im Moment.«

»Okay, Baby.« An dem Gesichtsausdruck meines Vaters erkannte ich, dass er mit meiner Antwort nicht einverstanden war. Aber er hakte nicht weiter nach, sondern tupfte mir erneut einen Kuss auf die Stirn und begab sich zu meiner Mom, die Riley zwischenzeitlich auf den Arm genommen hatte und bei Logan und Jordan stand.

Ich schnaubte und sah mich im Raum um. Überall nur lachende und glückliche Menschen.

Wieso konnte ich nicht so ausgelassen sein? Wieso konnte ich meine Erlebnisse nicht einfach hinter mir lassen und nach vorne sehen?

Weil ich schwach war. Ich war nicht so stark wie meine Brüder oder Eltern, obwohl ich ihnen immer etwas anderes vorgespielt hatte. Für viele Entscheidungen hasste ich mich und für manche Dinge verabscheute ich andere.

Aus dem Augenwinkel sah ich eine Bewegung, die meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Als ich dorthin schaute, erkannte ich meine Freundin Reece, die mir zuwinkte. Sie stand neben meinem anderen Bruder, Devon.

Reece Nolan war wie Jordan eine meiner engsten Freundinnen, Kommilitonin und Mitbewohnerin. Bereits in Schottland lebten wir gemeinsam in einer Wohngemeinschaft, was nach wie vor auch in den Staaten der Fall war. Sie schickte mir eine Kusshand, was ich ihr gleichtat, dann wandte sie sich wieder Devon zu.

»Noch zehn Minuten«, hörte ich Jordan sagen und erschrak, weil ich überhaupt nicht mitbekommen hatte, dass sie sich neben mich gestellt hatte. Aber ich hatte mich schnell im Griff und drehte mich zu ihr.

»Ja«, sagte ich und lachte. »Neues Jahr, neues Glück.«

»Deiner Mutter geht es ausgesprochen gut«, stellte meine Schwägerin fest und wir beide schauten zu der Frau, der ich so viel zu verdanken hatte und die ich über alles liebte. »Ich bewundere deine Mom«, wisperte Jordan, die ihren Blick weiterhin auf ihre Schwiegermutter gerichtet hielt.

»Ich auch«, stimmte ich ihr zu. »Ich gestehe, der Schock zu erfahren, dass sie an einem Hirntumor litt, sitzt immer noch ziemlich tief. Aber ich bin wirklich glücklich, dass sie die Operation so gut überstanden hat und auch keine prophylaktische Chemobehandlung mehr notwendig ist.«

»Ich kann dich gut verstehen.« Jordan nickte. »Ich finde es unglaublich, dass sie nicht einmal eine Perücke trägt und ihre Narbe nicht versteckt.«

Jetzt war ich es, die nickte. Sie war etwas ganz Besonderes. Meine Mom schämte sich nicht dafür, dass die Haare auf der einen Seite ihres Kopfes noch nicht komplett nachgewachsen waren. Sie trug keinen Hut oder verbarg es unter einem Tuch. Nein, sie zeigte sich so, wie sie war.

»Sie hat letztens zu mir gesagt, dass sie eine Designerfrisur tragen würde, die nicht jeder hat«, teilte ich Jordan mit, woraufhin wir beide uns ansahen und lachten. Okay, ich lachte, und Jordan schmunzelte. Nach wie vor hatte sich das Detail, dass sie nicht einfach losprusten konnte, nicht geändert.

»Es ist so schön, dich wieder lachen zu sehen«, wechselte Jordan abrupt das Thema, was mich kurz aus dem Gleichgewicht brachte. Ich war von ihren Gesprächssprüngen hin und wieder leicht überfordert.

»Wie geht es dir eigentlich?«, versuchte ich, von mir abzulenken, weil ich keine Lust hatte, über mich zu sprechen.

Mir war klar, dass Jordan sich Sorgen um mich machte, das hatte sie mir auch mehr als einmal deutlich zu verstehen gegeben. Obwohl ich ihr regelmäßig sagte, dass es mir gut ging, wusste ich, dass sie mir keinen Glauben schenkte. Dafür war sie eine zu aufmerksame Beobachterin.

»Glaubst du mir, wenn ich dir sage, dass ich glücklich bin?« Manchmal kam es mir so vor, als würde sie es sich selbst nicht gönnen, endlich im Leben angekommen zu sein.

»Ich glaube dir das auf jeden Fall.« Ich nahm sie in den Arm und drückte sie fest an mich. »Jordan, du hast es verdient. Und ich freue mich so sehr für dich.«

»Danke«, flüsterte meine Freundin mir ins Ohr, bevor sie sich von mir löste.

Unter ihren Lidern schimmerten Tränen, doch sie kniff die Augen zusammen und rang für einen Moment sichtlich um Fassung. So war meine Schwägerin eben, Schwäche konnte sie nur selten zulassen.

Sie gab mir noch einen Kuss auf die Wange und marschierte davon, direkt auf ihren Mann zu. Ich hätte mitgehen sollen, das wusste ich, aber ich blieb dort stehen, wo ich schon den ganzen Abend verweilte. Das passierte mittlerweile immer häufiger. Je mehr ich nachdachte, meinen schlimmen Erinnerungen nachhing und die Probleme der Gegenwart verdrängte, desto öfter hatte ich das Gefühl, vor Einsamkeit beinahe zu ersticken.

»10 … 9 … 8 …«, fingen die Leute an, den Countdown runterzuzählen, und ich griff nach einem neuen Glas Sekt, blieb aber weiterhin in meiner Ecke stehen. »3 … 2 … 1 … Happy New Year!«, schrien die Menschen in den Raum und fielen sich um den Hals.

Als der Anfall von Glückseligkeit bei den Anwesenden vorüber war, und ich mir sicher sein konnte, einer Knuddelhölle entkommen zu sein, wollte ich zu meinen Eltern gehen. Doch bevor ich auch nur einen Schritt machen konnte, wurde das Licht gedämmt und eine Geburtstagsmelodie ertönte. Gleichzeitig sah ich, wie Logan und Devon von links eine riesige Torte mit viel zu vielen Kerzen darauf auf mich zuschoben. Ich fühlte mich zwar wie neunzig, aber ich wurde es nicht, obwohl die Menge der Kerzen exakt diesen Eindruck vermittelte.

Als dann auch noch alle Anwesenden anfingen, Happy Birthday für mich zu singen, spürte ich, wie die Wärme in meine Wangen schoss. Jeder, der mich kannte, wusste, dass ich Aufmerksamkeit nicht sonderlich mochte, aber darauf wurde heute keine Rücksicht genommen.

»Happy Birthday, Schwesterchen«, beglückwünschte Logan mich als Erster und nahm mich in den Arm. Danach folgte Devon und hinterher stand meine gesamte Familie vor mir. Nach und nach wurde mir zum Geburtstag gratuliert, was ich alles stoisch lächelnd über mich ergehen ließ.

»Ich danke euch«, sagte ich in die Runde, nachdem mich wohl jeder in den Arm genommen hatte. »Das wäre doch nicht nötig gewesen.«

»Wünsch dir etwas!«, rief mein Neffe Noel mir zu und stellte sich direkt an meine Seite. Daraufhin bückte ich mich und sah den kleinen Fratz an.

»Hilfst du deiner alten Tante, die Kerzen auszupusten?«, erkundigte ich mich, woraufhin der kleine Mann heftig mit dem Kopf nickte. »Na dann, los.«

Wir beide pusteten so lange, bis die Kerzen gelöscht waren. Die Menschen applaudierten und ich war froh, dass es endlich vorbei war.

»Deine Geschenke befinden sich da hinten, meine Kleine«, informierte mich meine Mom und deutete auf einen an der Wand stehenden Tisch, der mit einer weißen Decke und Blumen dekoriert war. Darauf befanden sich bereits einige Geschenke, die mit viel Liebe eingepackt wurden. Das alles war mir wirklich unangenehm.

»Mom, das hätte nicht sein müssen«, wisperte ich mit Tränen in den Augen, als sie mir liebevoll mit dem Finger über die Wange streichelte.

»Du bist meine Tochter und ich liebe dich«, meinte sie und nahm mich erneut in den Arm. »Du hast es verdient.«

Wenn ich hier nicht bald rauskäme, würde ich vor versammelter Mannschaft losheulen. Deswegen löste ich mich sanft von ihr und machte einen Schritt zurück. »Ich bin gleich wieder da«, war alles, was ich dazu sagte.

Daraufhin schob ich mich auch schon an ihr vorbei und steuerte die Treppen an. Sofort begab ich mich nach oben und marschierte schnellen Schrittes auf die Dachterrasse.

Ich wusste, dass hier niemand sein würde und ich mir die Ruhe gönnen konnte, die ich so dringend benötigte. Mit meinem Sektglas in der Hand stellte ich mich an das Geländer und starrte hoch zu den Sternen. Der Himmel war klar und die Luft kühl.

»Willst du dir nicht lieber eine Jacke überziehen?«, vernahm ich eine tiefe Stimme hinter mir.

Ich erschrak und war gleichzeitig sauer über die Dreistigkeit dieses Mannes. Wieso war er überhaupt hier? Auf der Party hatte ich ihn auf jeden Fall nicht gesehen und war froh gewesen, dass er nicht anwesend war. Anscheinend hatte ich ihn nur übersehen. Und wie kam der Penner eigentlich dazu, hier hochzukommen?! Ihm gehörte dieses Haus nicht.

»Mir ist nicht kalt«, antwortete ich knapp, ohne mich zu ihm umzudrehen.

Er sollte wieder verschwinden, was er aber nicht tat, denn plötzlich stand er neben mir. Sofort machte ich einen großen Schritt zur Seite, um Abstand zwischen uns zu bringen.

»Meinen Glückwunsch«, gratulierte er und überreichte mir einen kleinen Schmuckkasten.

»Was ist das?«, wollte ich eher unfreundlich wissen, weil ich von ihm nichts geschenkt haben wollte. Rein gar nichts.

»Mach es auf, dann siehst du es«, forderte er hart und ich erkannte deutlich, dass ihm meine Art auf die Nerven ging. Mir war das allerdings scheißegal.

Trotzdem nahm ich das Päckchen entgegen – ansonsten würde er mich wohl nicht in Ruhe lassen – und öffnete es. Was ich darin vorfand, schnürte mir die Kehle zu.

Mein Armband. Das, was ich bei meiner Entführung vor wenigen Monaten verloren hatte. Die ganze Zeit hatte ich angenommen, es wäre für immer verschwunden und ich würde es nie wiedersehen. Doch jetzt hielt ich es in meiner Hand. Jenes Schmuckstück, welches ich vor so langer Zeit von ihm geschenkt bekommen hatte. Das, was mir damals genauso viel wie die Person, die sich gerade neben mir befand, bedeutet hatte. Der Mann, der mir das Herz gebrochen hatte. Derjenige, der mir etwas weggenommen hatte, das ich nie wieder zurückbekommen würde.

Steven McClaine.

 

Kapitel 2

Steven

 

Im Mondschein war sie tatsächlich noch schöner, als sowieso schon. Ich hatte mit mir gehadert, ob ich ihr auf die Dachterrasse folgen sollte oder nicht. Als kleines Kind war sie regelmäßig hierhin verschwunden, wenn sie ihre Ruhe oder Abstand gebraucht hatte. Dieses Detail hatte ich nicht vergessen und genau wie damals, war ich ihr doch gefolgt. In diesem Augenblick bereute ich es allerdings. Das Päckchen hätte ich ihr auch in den Briefkasten werfen können.

Ihre zickige Art machte mich mittlerweile wahnsinnig und am liebsten hätte ich ihr ein paar Takte dazu gesagt. Aber wer war ich, das zu tun? Weder war ich ihr Bruder noch ihr Vater und Freunde waren wir schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr.

Aber sie jetzt und hier den Tränen nahe zu sehen, nur, weil sie ihr Armband in den Händen hielt, das ich ihr vor vielen Jahren geschenkt hatte, machte den Unmut in mir wett. So wollte ich sie sehen, weich, zart und emotional, so wie meine Lena von damals gewesen war.

Ich vermisste jenes Mädchen, welches mir ständig gefolgt war, die mich mit so viel Liebe betrachtet hatte, dass mir bei ihrem Anblick jedes Mal das Herz aufgegangen war. Sie war die Einzige, die ich in mein Herz gelassen hatte. Wahrscheinlich hätte ich alles für die Kleine getan. Doch dann war alles von einem auf den anderen Tag vorbei gewesen, was ich bis heute nicht verstand. Nachgefragt hatte ich allerdings nie. Sie war die kleine Schwester meiner besten Freunde und damit war die Geschichte auch schon erzählt. Wenn sie ein Problem mit mir hatte, konnte sie sich jederzeit an mich wenden. Da sie das bislang nicht getan hatte, konnte ich ihr somit auch nicht helfen.

»Du hast es gefunden«, wisperte Lena gedankenverloren mit Blick auf das Schmuckstück, über das sie immer wieder mit ihrem Zeigefinger fuhr.

»An dem Tag …« Ich beendete den Satz nicht, da Lena kurz zusammenzuckte. Sie wusste sofort, von welchem Tag ich sprach, und mich machten die Erinnerungen an die Geschehnisse nach wie vor rasend vor Wut. Das Erlebte ließ mich nicht los, vor allem die Bilder in meinem Kopf, wie Lena bei ihrer Entführung blutverschmiert auf den Steinen im Wald gesessen hatte. Wie dieses korrupte Arschloch sie betatscht hatte. »Es lag auf der Straße. Ich habe gesehen, dass der Verschluss kaputt war, deswegen habe ich ihn reparieren lassen.« Warum zum Teufel quatschte ich hier wie ein weich gekochter Softie? Ich brauchte dringend etwas zu trinken.

Lena nickte und sah zu mir hoch. »Danke.« Ihre großen braunen Augen durchdrangen mich in Sekundenbruchteilen. Wo genau befand sich der Alkohol?! »Das wäre aber nicht nötig gewesen. Habe das alte Ding nicht mal vermisst.«

Sie log, das konnte ich unzweifelhaft erkennen. Anscheinend wollte sie mich damit treffen. Allerdings ging das vollkommen daneben, denn verletzen konnte mich schon seit Ewigkeiten niemand mehr. Auch eine Lena Slater würde das nicht schaffen.

»Mach mit dem Ding, was du willst«, brummte ich und sah ihr direkt in die Augen. »Schmeiß es weg oder verkauf es.«

Damit machte ich kehrt und wollte die Terrasse wieder verlassen, als sie mich mit ihren Worten aufhielt.

»Was willst du eigentlich von mir?«, fauchte sie mich an und ich drehte mich zu ihr. »Warum gibst du es mir zurück?«

Mit langsamen Schritten ging ich auf sie zu. Zurückweichen konnte sie nicht, es sei denn, sie wollte über die Brüstung springen.

Unmittelbar vor ihr, blieb ich stehen. »Verlangst du allen Ernstes, dass ich mich dafür rechtfertige, dir das Teil zurückgebracht zu haben?« Ich hob eine Augenbraue und betrachtete sie eindringlich. »Wenn du es nicht haben willst, verschenk es. Aber eines sage ich dir jetzt und ich werde mich nicht wiederholen …« Langsam beugte mich herunter, sodass unsere Nasenspitzen sich fast berührten. »Sprich verdammt noch mal in einem anderen Tonfall mit mir. Ich bin nicht irgendein Penner von der Straße.«

Sie schnaubte und machte einen Schritt zur Seite. Dabei ließ ich sie nicht für einen Moment aus den Augen.

»Weißt du was, Steven McClaine?« Lena schob sich an mir vorbei. »Du kannst mich mal kreuzweise.«

Bevor sie die Terrasse verlassen konnte, packte ich sie am Oberarm, drehte sie um und stieß sie mit dem Rücken gegen die Außenwand. Nicht heftig, aber auch nicht besonders sanft. Meine Handflächen stützte ich rechts und links neben ihrem Kopf ab und beugte mich so weit herunter, dass unsere Gesichter sich verflucht nah gegenüber befanden. Lena riss ihre Augen auf, ihr Atem kam stoßweise und sie versuchte, sich mit aller Gewalt noch flacher an die Wand zu drücken. Wenn sie so weitermachte, würde sie womöglich gleich in der Mauer verschwinden.

»Ich habe dir vor nicht allzu langer Zeit gesagt«, sprach ich sehr ruhig, was ihr klar zu verstehen geben sollte, dass der Punkt erreicht war, an dem sie ihr Spielchen nicht weiterführen sollte, »dass ich nicht auf Zickenterror stehe. Übertreib es nicht, Lena. Du willst keinen Kontakt zu mir? Fein. Für mich geht das völlig in Ordnung. Ich habe keine Zeit und auch keine Lust, mich mit Kinderkram auseinanderzusetzen. Wenn du erwachsen geworden bist, kannst du dich gerne an mich wenden. Du weißt ja sicherlich noch, wo du mich finden kannst.«

Eigentlich hätte ich mich jetzt von ihr lösen sollen, aber irgendetwas hinderte mich daran. Wir beide schauten uns tief in die Augen und ich hatte das Gefühl, diese Situation bereits mit ihr erlebt zu haben, was nicht sein konnte, da ich dieser Frau noch nie zuvor so nah gewesen war.

Lenas Atem ging stockend, ihre Brust hob und senkte sich in einem schnellen Tempo. Wenn sie sich nicht langsam in den Griff bekam, würde sie womöglich in wenigen Sekunden hyperventilieren. Keine Ahnung, was mit dieser Person los war oder was genau sie für ein Problem mit mir hatte, aber ich war nicht ihr Fußabtreter. Sollte sie ihre Wut an jemand anderem auslassen.

Ich stieß mich von der Wand ab, wandte mich um und verließ ohne ein weiteres Wort die Dachterrasse. Sofort steuerte ich die Treppen an, marschierte schnellen Schrittes ins Erdgeschoss, direkt auf die Bar zu. Dort bestellte ich mir einen Whiskey pur, den ich auf ex herunterkippte. Ohne dass ich einen weiteren ordern musste, stellte der Kellner mir auch schon einen neuen bereit. Anscheinend erkannte er an meinem Gesicht, dass ich Nachschub nötig hatte.

»Willst du dich volllaufen lassen, Bro?«, Logan lachte neben mir, den ich daraufhin ansah.

»Nicht wirklich«, erwiderte ich. »Aber manchmal braucht man eine Spülung gegen seinen Unmut.«

»Willst du reden?«, erkundigte sich mein Freund mit ernster Miene.

»Soll ich mich dafür auf die Couch legen, Professor Doctor?« Logan kannte mich nicht erst seit gestern, sondern fast mein ganzes Leben. Er wusste genau, dass ich nicht der Typ für offene Unterhaltungen war, sondern alles, was mich beschäftigte, eher mit mir selber ausmachte. Ob das der richtige Weg war, wusste ich nicht. Es war auf jeden Fall der beste Weg für mich. Und das sollte als Antwort reichen.

»Wenn du das Bedürfnis dazu hast?«, witzelte mein Bruder im Geiste, doch an seinen Augen erkannte ich die Ernsthaftigkeit, wie so oft, wenn er mit mir reden wollte.

»Wird nicht geschehen, Alter«, gab ich zurück und zwinkerte ihm zu, bevor ich die Menschen um mich herum beobachtete.

Mir war klar, dass es für die Familie Slater nicht sonderlich einfach war, mit mir umzugehen, aber ich hatte nicht vor, mein Verhalten zu ändern. Was sollte ich auch sagen? Sollte ich mich darüber ausheulen, dass das Verhältnis zu seiner kleinen Schwester das reinste Desaster war oder womöglich, dass ich als kleiner Junge auf einen Schlag meine Familie verloren hatte? Nein, das war nicht ich und das würde ich auch nie sein.

Bei diesen Gedanken fiel mir ein Gespräch ein, das ich vor vielen Jahren mit Lena geführt hatte. Ich wusste nicht mehr genau, wie alt sie damals gewesen war. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, um die sechzehn. In einer ruhigen Minute hatte sie mich gefragt, ob ich noch häufig an meine Eltern denken würde. Völlig unvorbereitet hatte ich ihr gesagt, dass nicht ein Tag verging, an dem ich nicht an sie dachte. Dass ich jeden Abend, bevor ich ins Bett ging, das Bild von ihnen ansah und im Geiste Gute Nacht sagte. Ich wollte meine Mom und meinen Dad nicht vergessen und so war es auch heute noch. Was mich daran so schockiert hatte, war, dass ich niemals zuvor so offen mit jemandem darüber gesprochen hatte.

Lena hatte nach dem Geständnis weder gelacht, noch mich mitleidig angesehen, sondern ihren Kopf auf meine Schulter gelegt und gemeint, wie lieb sie mich hätte und wie froh sie sei, dass ich ein Teil ihrer Familie wäre. In diesem Moment hatte ich sie in mein Herz gelassen, weil ich wusste, dass sie niemals mit irgendjemandem darüber sprechen, sondern mein Geheimnis mit ins Grab nehmen würde. Was mein Geheimnis war? Dass ich Gefühle hatte.

»Wie geht es meinem Darling?«, erkundigte ich mich bei Logan, weil ich seine Frau bislang noch nicht gesehen hatte und auch von mir ablenken wollte.

»Lass sie das bloß nicht hören.« Logan schüttelte belustigt den Kopf.

»Mir ist egal, ob sie Kosenamen leiden kann oder nicht«, konterte ich. »Ich liebe es, sie damit zu provozieren.«

»Das ist mir durchaus bewusst«, vernahm ich Jordan Stimme, die sich an Logans Seite gesellte.

Ich beugte mich zu dieser bemerkenswerten Frau hinunter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Happy New Year, Mäuschen.«

Jordan schnaubte und funkelte mich gespielt böse an. Sie mochte mich, das wusste ich, obwohl sie gelegentlich so tat, als wäre es nicht so.