Rudi Treiber

 

 

 

 

DAS DIKTAT

DES DURCHSCHNITTS

 

 

 

 

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Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der Verlage unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, Ereignissen oder Namen sind rein zufällig und nicht beabsichtig, Autor und Verlag lehnen hierfür jegliche Haftung ab.

 

Bibliografische Information der Nationalbibliotheken:.

Die Österreichische Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Österreichischen Nationalbibliothek

 

 

 

 

 

Impressum:

 

Covergestaltung by Karina-Verlag, Karin Pfolz

 

Text: © Rudi Treiber

 

Überarbeitung, Layout, Design: Karin Pfolz, Karina-Verlag

Fotos: Karin Pfolz, Rudi Treiber, Archiv Rudi Treiber

2. Auflage, 2017, Vienna, Austria, Karina-Verlag, Vienna.

(Erstauflage: ISBN 978-3-9503862-8-8)

 

www.karinaverlag.at

 

ISBN: 9783967249941

 

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Vor dem Buch noch ein Wort

 

Es wird mir wahrscheinlich nicht viele Freunde schaffen, dieses Buch, und es wird Gräben aufreißen zwischen mir und denjenigen, die mich anders eingeschätzt haben, aber Gräben sind Zeichen des Angriffs aber auch der Verteidigung.

Mein Buch ist keine globale Verurteilung von Berufsgruppen, Religionen, Philosophien oder Ideen, aber sehr wohl ein Versuch einer Entlarvung dieser, die sich unter dem Deckmantel der Humanität, Politik, Wissenschaft oder Kunst verstecken, betrügen, sich bereichern, andere unterdrücken oder zerstören.

Mein Buch sieht sich als einen Appell an die furchtlosen und geradlinigen Menschen, die verantwortungsvollen Trendsetter, die ewigen Optimisten, die kreativen Individualisten, die Künstler und Philosophen, die Wirtschaftsformer und Idealisten.

Ich bin es mir schuldig, es allen erbarmungswürdigen Schleimern, die es allen Recht machen wollen, den rücksichtslosen Unterdrückern und feigen Opportunisten, den rückratlosen Scheinheiligen, krankhaften Wichtigtuern und ekelhaften Manipulanten, den egoistischen Umweltzerstörern und selbst ernannten Heilsbringern zu sagen, wie sehr ich sie verachte.

Ich möchte, auch wenn es mir bewusst ist, wenig zu verändern, nicht tatenlos zusehen, wie gewissenslose Macher unsere innere und äußere Welt zerstören, wie unfähige populistische Politiker, in ihrer wachsenden Dummheit und Arroganz, mit den Schicksalen der Menschen jonglieren, Menschen wie Marionetten bewegen und Illusionen zerstören.

Ich möchte dagegen aufstehen, sei es nur mit Wörtern und Sätzen, denn auch das Dulden macht schuldig. Ich sehe mein Buch als die kleinste Form einer geballten Faust, als emotionelle Explosion meiner neurotischen Leidenschaft die Gerechtigkeit zurückzugewinnen, auch wenn die Chancen gering sind.

Lasst uns nicht alleine. Steht auf und spuckt ihnen in ihre versoffenen, frustrierten Gesichter, die keine Leidenschaften auszudrücken mehr imstande sind. Sie ekeln mich an, mit ihren immer wiederkehrenden Phrasen, Worthülsen, Beteuerungen und Versprechungen, die sie nie einzuhalten gewillt sind.

Sie füllen ihre Bäuche und Bankkonten und auch die ihrer Nachkommen, verteilen ihre Pfründe und Einflussbereiche an Freunde und Erfüllungsgehilfen. Sie sind der menschgewordene Auswuchs einer Krankheit die man Gier, Macht und Egoismus nennt und sind gleichzeitig die leidvolle Erkenntnis, dass der Mensch die traurige Fehlkonstruktion des Universums ist, ein Produkt, das Gott an seinem schlechtesten Tag geschaffen hat.

Mein Buch ist keine Anleitung wie man es besser machen könnte, ich nehme mir das Recht heraus zu irren aber nicht zu verletzen, obwohl ich oft hart an der Grenze dazu bin, aber so bin ich mal. Man kann mich lieben oder hassen, dazwischen gibt’s nichts.

 

Wie ich zum Journalismus fand

 

Es ist eine kleine Weile her – damals – als der Journalismus noch Freiheiten hatte und ich jung und tatendurstig auf meine Zukunft blickte. Zumindest auf die Journalistische.

Meine Interessen lagen immer schon im Bereich der Informationsverteilung und Meinungsäußerung, was also sollte mich davor aufhalten, mich als Journalist zu versuchen? Zuvor gab ich vier Jahre ein Monatsmagazin im Burgenland heraus, das zwar finanziell interessant, für mich aber inhaltlich trivial war.

Eine große Tageszeitung suchte freischaffende Schreiberlinge. Flott und kompetent sollten die »Neuen« sein. Für mich doch kein Problem – bis zu dem Zeitpunkt, als ich die Menge an Gleichdenkenden sah, die sich ebenfalls um den Job bewarben. Durchweg Studiert mit Mag. und Doktortiteln.

Der Chef orderte alle »Jungspunde« zum Rapport und erklärte, was Sache ist. Eifrig griffelten die anderen in ihre Notizbücher – schwitzend und aufgeregt bombardierten sie den armen Mann mit ihren schwachsinnigen Fragen. Ich sah ihm an, dass er wenig Hoffnung in die Jugend setzte, denn der geforderte Artikel sollte noch in der Abendausgabe gebracht werden. Bei dem Tempo würde der nicht vor Jahresende fertig.

Ich notierte mir nicht ein Wort, drängelte zum Chefjournalisten und flüsterte ihm zu: »In zwei Stunden bin ich mit dem Artikel zurück«.

Ohne auf eine Antwort zu warten, hüpfte ich aus der Redaktion und ins nächste Taxi. Auf zum Strandbad an der alten Donau. Ein Artikel über die Sommerfrische des Wiener Volkes war gefragt.

Auf den Mund bin ich ja nie gefallen, also schlenderte ich nach meiner Ankunft durch das Areal des Bades und sprach einfach alle an, die ein wenig anders als Normalsterbliche wirkten. Menschen, für die dieser kleine Platz im Grünen und am Wasser wie eine andere Welt war, in der sie abschalten konnten und um den Alltag etwas verdrängen. Sommerresidenz Alte Donau – fast so wie ein Landsitz für die Armen.

Meine Beute an Worten war genial, obwohl es schwer war dort wegzukommen, ohne mindestens fünf bodenständige Grillmenüs und zehn Liter Sommerspritzer intus zu haben.

Knapp eineinhalb Stunden später war ich wieder in der Redaktion und schnappte mir die nächste Schreibmaschine – Computer waren zu der Zeit noch in weiter Ferne des Wunschdenkens schnellen Schreibens - und schrieb das Erlebte nieder. Genau nach den versprochenen zwei Stunden knallte ich dem Chefredakteur den Artikel vor die Nase.

Still las er meine Zeilen, dann klopfte er mir auf die Schulter und schickte mich mit dem Artikel in die Printredaktion.

Im Journalismus geht es nicht ums wichtigmachen oder Betteln um Stories. Da geht es einzig und alleine darum, dass man rasch reagiert und die Wahrheit nicht verdreht - zuhören, speichern, schreiben …

Die Geschichte über das Gänsehäufel, das Strandbad in Wien war für mich ein guter Start, ab dem Zeitpunkt war ich fixer Mitarbeiter dieser großen Tageszeitung und konnte durch meine lebensnahen Berichte so manchen Menschen erheitern oder ein wenig zum Nachdenken über die Welt und die Werte des Lebens bringen.

 


Wenn ich einmal groß bin, möchte ich ein Lehrer werden ...

 

Wenn ich einmal groß bin, möchte ich ein Lehrer werden, denn da kann ich in der Klasse mit vielen lieben Kindern sein. Ich kann ihnen zeigen, wie man rechnet und wie man schreiben lernt. Ich kann den Kindern viele Hausaufgaben geben. Diese muss ich dann zu Hause verbessern, aber ich muss gut aufpassen, denn wenn ich einen Fehler mache, regen sich gleich die Eltern auf.

Wenn die Kinder schlimm sind, muss ich mit ihnen viel reden, und wenn mir manche nicht zuhören, dann muss ich schreien, aber das sind sowieso viele von zu Hause gewöhnt.

In den Ferien ist es am schönsten, denn da muss ich nichts tun, und die anderen sind mir das neidig. Da habe ich es gut und lache. Aber wenn die Schule wieder beginnt, da haben wir wieder viel zu tun. Ich muss mir am Abend alles aufschreiben, was ich am nächsten Tag den Kindern in der Schule sage, und manchmal kommt der Herr Direktor herein und sagt mir, wie alles noch besser geht. Ab und zu kommt der Herr Schulinspektor und geht in der Klasse herum. Er ist immer schön angezogen und schaut streng.

Wenn es heiß ist, gehe ich mit den Kindern schwimmen. Das ist wie im Urlaub, ich muss nur auf die zwanzig oder mehr Kinder aufpassen, damit sie nicht ertrinken oder raufen, aber sonst ist es lustig. Im Winter gehen wir Eislaufen oder Skifahren, das ist besonders schön. Denn da fahren wir auf Skikurs in die Berge. Da sind wir von der Früh bis um Mitternacht mit den lustigen Kindern zusammen, und sie machen so witzige Sachen, da muss ich immer lachen, auch wenn ich manchmal nur zwei Stunden schlafen kann. Es ist halt ein richtiger Urlaub, immer viele Menschen, viel Lärm, es wird gerauft und gestritten. Manchmal wird auch gestohlen, da ist es schon gut, dass ein Lehrer dabei ist und manchmal schleichen die Buben in der Nacht in die Mädchenzimmer, aber die machen dort nur Spaß und lachen. Am Tag, da geht´s auf die Skipiste. Es darf sich nur keiner einen Fuß brechen, sonst sind wir Lehrer schuld und der Herr Direktor schimpft mit uns, wenn wir nach Hause kommen.

Irgendwann später möchte ich auch Direktor werden, aber das ist nicht leicht, denn das wollen viele, und viele haben gute Freunde, die helfen ihnen dabei. Da kannst du dich Rot oder Schwarz ärgern oder du wirst dein blaues Wunder erleben, ehe du was wirst. Viele von meinen Kollegen sind dann traurig und wollen nicht mehr und werden faul. Manche beginnen zu trinken, aber das hilft wenigstens den Weinbauern. Deswegen sollen wir in Zukunft mehr arbeiten. Das sagen die Politiker. Die müssen es ja wissen, denn die müssen ja auch den ganzen Tag schwer arbeiten, mit ihren Kollegen streiten und ordentliche Gesetze für uns machen. Aber wenn die einmal einen Fehler machen, dann gehen sie einfach in Pension, nach Brüssel an die volle Schüssel oder finden einen anderen Schuldigen.

Die meisten Lehrer halten zusammen, auch wenn sie bei verschiedenen Parteien sind, denn sie wissen genau, dass die Gemeinschaft das Wichtigste ist, und auch wenn wir nicht so viel verdienen wie ein Maurer oder Mechaniker, müssen wir trotzdem dankbar sein, denn die Ferien sind schon schön und lang. Viele Menschen sind uns das neidig, aber dabei sollten alle froh sein, denn gerade in den Ferien kommen viele Fremde zu uns und bringen viel Geld. So werden alle reich, nur weil wir und die Kinder Urlaub machen.

Wenn ich einmal groß bin, dann möchte ich ein guter Lehrer werden. Ich mache immer meine Vorbereitungen, lese alle Verordnungen, besuche hochinteressante Kurse und gehe auf alle Tagungen, wo man uns erklärt, wo man was zu sagen und wie man was zu tun hat. Man muss schon cool und flexibel sein, denn was heute Rot ist, ist morgen Schwarz und übermorgen Blau.

Ich freue mich schon auf die Schüler, auf die netten Kollegen und auf den Herrn Direktor, auf das Klassenbuch, die lustigen Skikurse, die lustigen und spannenden Konferenzen, die hochinteressanten Tagungen, die objektiven Hearings, auf die schlimmen Schüler, die Elternsprechtage mit den vielen freundlichen und verständnisvollen Eltern und auf das Zeugnisschreiben.

Weil das eben alles so schön ist, möchte ich einmal Lehrer werden.

Und wenn all die vielen alten und müden Lehrer irgendwann mal in Pension gehen, dann erwische ich sicher auch eine Stelle. Mein Papa kennt da jemand in der Partei und der hat gesagt, er wird´s schon richten für mich ...

 

Die unbequemen Alten

 

Sie sitzen zitternd oder schlafend im Rollstuhl oder am Sessel. Schauen apathisch und kennen weder Tag oder Nacht, nicht Sommer oder Winter. Man zwingt sie zu schlafen, obwohl sie nicht müde sind, sie sitzen vor dem Fernseher, obwohl sie nicht hören, man füttert sie, auch wenn sie keinen Hunger haben und machen sie Probleme, werden sie „ruhig gestellt“ - das schafft Ruhe im System.

Die Unbequemen kommen heutzutage nicht mehr ins Gitterbett wie früher, sondern werden mit Tabletten ruhig gestellt. Beruhigungsmittel werden oft höher dosiert, als in der Krankenakte vermerkt ist, besonders dann, wenn der Patient als „Störenfried“ empfunden wird. Es findet kaum Kommunikation statt und wenn, dann wird in der „Kindssprache“ geredet. „Na, Herr Huber, warn´s schon am Topferl, hams schon Gaggi gmacht?“ oder „Soll ich ihnen ein Windi wechseln, Frau Maier, damit sie dann Lullu können?“ Manche „Pfleger“ kontrollieren durch einen gekonnten „Arschkneifer“, ob das Winderl schon voll ist oder nicht. Das Essen wird oft stumm serviert und vom fachunkundigen Personal nicht mundgerecht zerkleinert, was bei manchen Patienten jedoch nötig ist. Hat der Patient nach einer halben Stunde nicht gegessen, wird einfach abserviert und dokumentiert: „Herr oder Frau XY hat sein Essen nicht zu sich genommen.“

Wenn ein Patient auf die Toilette muss, kommt es vor, dass dieser bis zu 5 x bitten muss, ehe er die Antwort des Pflegers: „Ich komme gleich“, erhält.

Das engagierte Personal verfällt schnell dem Trott des Alltags und wird statt sensibilisiert, desensibilisiert; es gewöhnt sich an das Leid der alten Menschen.

Verwandtenbesuche sind eine Art Garantie dafür, dass die Betroffenen „vorsichtiger“ behandelt werden als solche, die keine Verwandten mehr haben. Nach dem Motto: Wo kein Kläger, da kein Richter, oder Dementen fehlen die Argumente.

Da leuchten die Augen der Politiker vor den Wahlen, und so mancher Mandatar streichelt mediengerecht ausgemergelte Mütterhände bei der Muttertagsfeier der Ortspartei und überbringt den unvermeidlichen Geschenkskorb, vor den Augen der Bezirksjournalisten, die jeden Pfurz des Bezirkskaisers bringen müssen.