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Fußnoten

Der Untertitel Erster Teil. Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte findet sich in den ersten Auflagen von Wirtschaft und Gesellschaft noch, weil für das geplante Handbuch Grundriß der Sozialökonomik für die III. Abteilung Wirtschaft und Gesellschaft neben Webers Beitrag auch einer von Eugen von Philippovich über den »Entwicklungsgang der wirtschafts- und sozial-politischen Systeme und Ideale« vorgesehen war. Der erste Band des zwölfbändigen Handbuchs der Sozialökonomik, für das Max Weber 1909 auf Anfrage von Paul Siebeck die redaktionelle Verantwortung übernommen hatte, erschien 1914 und der letzte 1930.

Weber hat sich mit den »Altmeistern« (Weber 1988/190306, S. 1) der historischen Nationalökonomie: vor allem Roscher und Knies, aber auch mit dem Philosophen Georg Simmel, auseinandergesetzt, um elementare logisch-methodische Probleme des Faches wie das kausale Deuten (ebd., insbes. S. 89 ff., 93 ff.), zu bearbeiten. Die »Chance« als zentrales Kennzeichen kausalen Erkennens, das in Kapitel I betont wird, findet sich schon in den frühen Schriften behandelt (ebd., S. 95 ff.).

Vgl. zur schwierigen Editionsgeschichte die Ausführungen weiter unten in Abschnitt 3.

Sofern nicht anders vermerkt, bezieht sich die Kapitelzählung auf den Ersten Teil im Ersten Halbband von Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Debatte um Materie versus Ideen wird darüber hinaus weit umfassender mit Bezug auf Platon über Descartes bis zu neueren Arbeiten in der Philosophie und der Physik geführt.

Diese kritische Auseinandersetzung findet sich vor allem in den Fußnoten entwickelt.

Vgl. zu Webers Engagement hinsichtlich der Institutionalisierung der Soziologie und bei der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) die Darstellung von Rainer Lepsius (2011).

Eine ausführliche und kenntnisreiche Verortung der Weber’schen Wissenschaftslehre in den erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Debatten seiner Zeit und vor allem im Neukantianismus von Rickert findet sich bei Wagner und Härpfer 2015. Vgl. weitergehend zu den Grundlagen Tenbruck 1994 und für mögliche Lesarten der Weber’schen Methodologie als Begründung einer empirischen und erklärenden Soziologie Weiß 1992, S. 22 ff., Kalberg 2001, S. 30 ff., sowie Prewo 1979, S. 192 ff.

Weber hat sich früh mit methodologisch-theoretischen Problemen der Wirtschaftswissenschaft beschäftigt. Bekannt wurde vor allem seine Kritik an Roscher und an Knies (Weber 1988/190306). Zur Diskussion, wie viel Ökonom und wie viel Sozialökonom bzw. Soziologe Max Weber ist, vgl. Maurer 2010b.

Auch der Aufsatz Wissenschaft als Beruf (Weber 1967) ist in diesem Kontext eine wichtige Ergänzung, weil Weber dort neben dem Wertfreiheitsprinzip auch den Sinn von Wissenschaft als Mittel der Weltgestaltung und als Beruf aus Sicht der einzelnen Wissenschaftler diskutiert.

Der Textkorpus der 1. Lieferung mit den Kapiteln I bis IV kann als von Weber autorisiert eingeordnet werden. Einzig Titel und Inhaltsverzeichnis wurden von Marianne Weber anhand der existierenden Druckvorlagen teilweise ergänzt und verändert. Vor allem unterscheidet sich die Veröffentlichung der 1. Lieferung im Februar 1921 (die zweite Lieferung folgte im Oktober 1921) von der Erstauflage des »Gesamtwerkes« 1922 (vgl. Schluchter 2009, S. 101 ff.) durch eine leicht veränderte Gliederung. Die Veröffentlichung von 1921 hat eine durchgehende Paragraphenzählung (§§ 117), während in der Ausgabe von 1922 zwei Zwischenüberschriften eingefügt wurden: »I. Methodische Grundlagen« und »II. Begriff des sozialen Handelns« (§§ 217). Diese Unterteilung wurde von Johannes Winckelmann bis zur 5. Auflage von 1972 (5WuG) und in der neuen MWG I/23 von 2013 beibehalten (vgl. ausführlich Borchardt [u. a.] 2013).

Vgl. dazu auch Fußn. 1 im Text Soziologische Grundbegriffe. Kapitel I findet sich zudem in den Gesammelten Aufsätzen zur Wissenschaftslehre (GWL), als Sonderausgabe (Weber 1984/1921) bzw. neu in MWG I/23, S. 147215, abgedruckt.

Max Weber hat, während er das Kapitel I verfasste, über eine Sammlung seiner methodologischen Arbeiten nachgedacht.

Neben kleineren formalen Fehlerkorrekturen hat Marianne Weber noch das Inhaltsverzeichnis leicht abgeändert.

Vgl. zur Editionsgeschichte den Ergänzungsband MWG I/24, wo, aufgrund interner Verweise in den Kapiteln, vermutet wird, dass Max Weber für die 1. Lieferung ein V. Kapitel über Gemeinschaften und Verbände geplant hatte und dass er die frühen Texte sicher überarbeitet und nicht in dieser Form mit den neuen Arbeiten verbunden hätte (Schluchter 2009, S. 94 ff.). Zur Editionsgeschichte im angelsächsischen Sprachraum sowie zu den Schwierigkeiten von Übersetzungen vgl. Tribe 2019.

Damit sollte deutlich sein, dass es Max Weber – im Unterschied zu späteren Debatten, in denen das Deuten subjektiven Sinns gegen (positivistisches) Erklären gesetzt wird – darum ging, eine Erklärungsform auszuarbeiten, die er verstehende oder empirische Soziologie nennt. Sie gibt objektive Chancen dafür an, dass sich reale soziale Phänomene als Folge von typischen Handlungsabläufen unter bestimmten und im Modell klar benannten Bedingungen immer wieder einstellen (vgl. dazu Weiß 1992, S. 82 ff.; Maurer 2017, S. 59 ff.).

Daher auch der Hinweis von Weber , dass die Grundbegriffe eine systematisierte Form des früher verfaßten Kategorien-Aufsatzes (1988/1913) seien. Beide Fassungen unterscheiden sich jedoch auch. Der Kategorien-Aufsatz hebt auf die Bestandschancen sozialer Ordnung ab und der Begriff der Vergesellschaftung auf das Vorliegen einer sozialen Ordnung. In Kapitel I ist hingegen die Rationalität des sozialen Handelns bzw. sozialer Beziehungen das Leitkriterium (vgl. für einen ausführlichen Vergleich Lichtblau 2000).

Wir würden heute dafür eher den Begriff »Methodologische Grundlagen« verwenden, da »Methode« inzwischen für die konkreten Verfahren der empirischen Datenerhebung und -auswertung verwendet wird.

Den Markttausch behandelt Weber ausführlich im direkt folgenden Kapitel II und die Entstehung sowie die Formen und Folgen des Nationalstaats ausführlich in Kapitel III. Es scheint also durchaus berechtigt zu sein, anzunehmen, dass Weber die in § 17 gegebene Definition des hierokratischen Verbandes auch in einem weiteren Kapitel dargelegt hätte.

Die Weber’sche Begriffsanlage und die vorgenommenen Definitionen haben vielfältige und unterschiedliche Auslegungen erfahren (vgl. dazu insbes. Weiß 1992 und Wagner 2018).

Für die Rezeption Webers und insbesondere von Kapitel I aus Wirtschaft und Gesellschaft im englischsprachigen Raum ist die Bedeutung von Talcott Parsons und der deutschen Emigranten Paul Honigsheim (18851963), Guenther Roth (geb. 1931) und Reinhard Bendix (19161991) nicht zu überschätzen (vgl. etwa Whimster 2001; Scaff 2014). Frank H. Knight, ein bekannter amerikanischer Ökonom, hatte die Wirtschaftsgeschichte von Weber (1991/1923) bereits 1927 ins Englische übersetzt.

Für ausführlichere Darstellungen der Rezeption Webers als dritter Erklärungsweg vgl. insbesondere Kalberg 2001 und Hernes 1989 sowie kritisch, mit Hinweis auf eine fehlende Handlungstheorie, Albert 2003 und erweiternd Norkus 2000.

Soziologische Grundbegriffe

Aus: Wirtschaft und Gesellschaft (1922)

Kapitel I

Vorbemerkung. Die Methode dieser einleitenden, nicht gut zu entbehrenden, aber unvermeidlich abstrakt und wirklichkeitsfremd wirkenden Begriffsdefinition beansprucht in keiner Art: neu zu sein. Im Gegenteil wünscht sie nur in – wie gehofft wird – zweckmäßigerer und etwas korrekterer (eben deshalb freilich vielleicht pedantisch wirkender) Ausdrucksweise zu formulieren, was jede empirische Soziologie tatsächlich meint, wenn sie von den gleichen Dingen spricht. Dies auch da, wo scheinbar ungewohnte oder neue Ausdrücke verwendet werden. Gegenüber dem Aufsatz im Logos IV (1913, S. 253 ff.) ist die Terminologie tunlichst vereinfacht und daher auch mehrfach verändert, um möglichst leicht verständlich zu sein. Das Bedürfnis nach unbedingter Popularisierung freilich wäre mit dem Bedürfnis nach größtmöglichster Begriffsschärfe nicht immer vereinbar und muß diesem gegebenenfalls weichen.

Über »Verstehen« vgl. die »Allgemeine Psychopathologie« von K. Jaspers (auch einige Bemerkungen von Rickert in der 2. Aufl. der »Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung« und namentlich von Simmel in den »Problemen der Geschichtsphilosophie« gehören dahin). Methodisch weise ich auch hier, wie schon öfter, auf den Vorgang von F. Gottl in der freilich etwas schwer verständlich geschriebenen und wohl nicht überall ganz zu Ende gedanklich durchgeformten Schrift: »Die Herrschaft des Worts« hin. Sachlich vor allem auf das schöne Werk von F. Tönnies, »Gemeinschaft und Gesellschaft«. Ferner auf das stark irreführende Buch von R. Stammler, »Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung« und meine Kritik dazu im Archiv f. Sozialwissensch. XXIV (1907), welche die Grundlagen des Nachfolgenden vielfach schon enthielt. Von Simmels Methode (in der »Soziologie« und in »Philos. des Geldes«) weiche ich durch tunlichste Scheidung des gemeinten von dem objektiv gültigen »Sinn« ab, die beide Simmel nicht nur nicht immer scheidet, sondern oft absichtsvoll ineinander fließen läßt.

 

§ 1. Soziologie (im hier verstandenen Sinn dieses sehr vieldeutig gebrauchten Wortes) soll heißen: eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will. »Handeln« soll dabei ein menschliches Verhalten (einerlei ob äußeres oder innerliches Tun, Unterlassen oder Dulden) heißen, wenn und insofern als der oder die Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbinden. »Soziales« Handeln aber soll ein solches Handeln heißen, welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist.

I. Methodische Grundlagen.