Impressum

© Telescope Verlag 2019

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Covergestaltung:

Manuel Richter | RED RAPTOR www.red-raptor.de

Ingolf Preu | #IngolfPreu

André Semm | RED RAPTOR www.red-raptor.de

Telescope Verlag | www.telescope-verlag.de

Ragnar Sonntag

Graphikgestaltung: RED RAPTOR

Lektorat: Dorothea Kenneweg | www.lektorat-fuer-autoren.de

Bildnachweise

Cover und Rückseite: Ingolf Preu, Bertram Beier, mojolo - Adobe Stock

Autorenfoto: Bertram Müller

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Kapitel 7

Als Simon die Erfurter Stadtbibliothek betrat, schaute ihn der Mitarbeiter am Empfang von oben bis unten irritiert an.

«Sie wünschen?» Er ging auf ihn zu.

«Entschuldigen Sie, ich habe da eine sicher etwas ungewöhnliche Frage: Können Sie mir sagen, wer mir helfen könnte, diese Schrift zu entziffern?» Der Herr stand auf und rückte seine Brille gerade.

«Welche Schrift, worum geht es denn?» Zögerlich zog Simon den Brief aus der Tasche.

«Meine Wirtin in der Ferienwohnung sagte mir, er sei in Sütterlin oder einer noch älteren Schrift geschrieben.» Der Mann kam hinter seinem Tresen hervor, um das seltsame Schriftstück anzuschauen.

«Zeigen Sie mal her, vielleicht kann ich Ihnen ja schon helfen, mal sehen, was Sie da so Geheimnisvolles haben. Ich bin selbst Ahnenforscher und beschäftige mich intensiv mit dem Altertum, dem Mittelalter zum Beispiel, und beherrsche dadurch die älteren Schriften.» Als er das Schriftstück übergab, nahm er ihn, als ob er ein außergewöhnliches und äußerst kostbares Stück in der Hand hätte. Irriteriert schaute Simon ihn an. Der hielt den Brief gegen das Licht des Fensters, drehte ihn hin und her, bis er ungläubig Oh und Ah rief. Endlich sprach er:

«Wissen Sie eigentlich, was Sie da haben? Das ist ein alterskundlich außergewöhnliches Stück Zeitgeschichte. Dieses Pergament!» Simon zog nur die Augenbrauen hoch.

«Was ist denn damit?», unterbrach er den Redeschwall.

«Was ist denn mit dem Brief, und vor allem, was steht denn da drin?» Der Herr der Stadtbibliothek konnte sich vor Entzücken und Begeisterung kaum beruhigen.

«Was damit ist, fragen Sie?» Simons Enthusiasmus hielt sich weiterhin in Grenzen.

«Entschuldigen Sie bitte, das Besondere daran ist: Er wurde nicht wie üblich auf Papier, sondern eben auf Pergament geschrieben. Sie wissen wahrscheinlich nicht, was Pergament ist, oder?» Der Mann schaute in Simons verständnisloses Gesicht, ehe er fortfuhr.

«Nein, Papier oder Pergament, das ist doch völlig egal. Ich will nur wissen, was da drinsteht.» Der Herr der Stadtbibliothek ließ sich nicht beirren.

«Geduld, Geduld. Schauen Sie: Pergament ist keine Form von Papier, wie es allgemein vermutet wird, sondern eine Tierhaut, auf die man vor sehr langer Zeit einmal geschrieben hat. Woher haben Sie denn den Brief?» Wieder betrachtete der Mann Simons merkwürdige Kleidung, die so perfekt zu dem Schreiben zu passen schien.

«Den Brief habe ich in dem Nachlass meiner Oma gefunden», erfand Simon schnell eine Ausrede. Mit zunehmender Skepsis betrachtete er das Schriftstück.

«Ich weiß, dass er alt sein soll, sie hat mir schon davon erzählt, als ich noch ein kleiner Junge war. Deshalb ist es ja so wichtig für mich, was darin steht.» Der Angestellte der Bibliothek ahnte zwar, dass da irgendetwas nicht stimmte, doch ohne weiter darauf einzugehen, begann er den Brief vorzulesen:

«Verehrter Simon.» Er drehte sich zu ihm und schaute Simon fragend an.

«Ja, ich heiße auch Simon, Simon Richter, um genau zu sein.»

«Also: Verehrter Simon,

wir gestatten uns hiermit, Euch Eure weitere Verfahrensweise kundzutun. Wir vernehmen die Entgegennahme unserer Gabe. Verfahre Er damit wohl. Finde Er die Auserwählte.» Mit kritischem Blick schaute er über seine Brille, ehe er weiterlas.

«Erkunde Er sorgsam Erfordia. Verwende Er größte Sorgfalt auf sein Studium. Der Monde werden nicht mehr viele verstreichen, eile Er sich. Hege Er keine Zweifel, es gibt kein Entrinnen.

Das Signum ist unsere Legitimation.

R

H. d. L.»

«Und diesen Brief hat Ihre Großmutter Ihnen hinterlassen?» Seine Sprache nahm eine Form an, die eher zu einem Verhör passen würde.

«Finden Sie das nicht ein bisschen sehr merkwürdig, was darin steht?» Nach einer nachdenklichen Pause legte der Bibliothekar den Brief beiseite, wobei er den sonderbar erscheinenden jungen Mann in seiner auffälligen Verkleidung fest anschaute.

«Und Sie sind sich sicher, dass dieser Brief von Ihrer Großmutter stammt? Sagten Sie nicht, dass Sie auch Simon heißen? Eine etwas zu merkwürdige Geschichte, finden Sie nicht?» Doch der starrte noch immer mit offenem Mund ins Leere.

«Ist Ihnen nicht gut? Wollen Sie sich setzen oder ein Glas Wasser?»

«Nein, nein, es ist alles in Ordnung. Kann ich den Brief bitte wiederhaben? Ich möchte ihn gern behalten», stotterte er.

«Ja, es ist ja Ihr Dokument. Aber sagen Sie: Da es sich hier um ein offensichtlich altes Pergament handelt, wäre es für Forschungszwecke äußerst nützlich. Könnten Sie…» Simon war bereits im Begriff zu gehen, als der Herr sich immer noch bemühte herauszufinden, was es damit auf sich hatte.

«Nein, nein, danke, ich werde ihn behalten. Er ist zu persönlich, haben Sie vielen Dank für Ihre Hilfe.» Ohne weitere Worte wandte sich Simon dem Ausgang der Bibliothek zu, wobei er fast einen Leser zwischen den engen Regalen umgestoßen hätte. Erst, als er vor dem Domplatz stehenblieb und die vorbeifahrenden Straßenbahnen, die hupenden Autos und die sich unterhaltenden Menschen sah, kam er langsam wieder in der Realität an. ‹Das, was der Mann vorgelesen hat, würde in alles, was bisher passiert ist, genau hineinpassen. Es gibt nur eine logische Erklärung: Das kann doch kein Zufall sein, sondern ist Teil eines wie obskuren Plans. Wahnsinn! Wahrscheinlich höre ich deshalb in Gedanken immer wieder diese Weisungen.›

«Finde Sie.» ‹Wenigstens weiß ich jetzt, dass es sich um eine Frau handelt, die ich finden soll. Zum Glück gibt es in dieser Stadt, mit zweihunderttausend Einwohnern, nur eine einzige Frau. Also, kein Problem.› Er lachte auf, dann setzte Simon sich, wie viele andere Leute, auf die legendären Domstufen, um die grandiose Aussicht auf die Erfurter Altstadt zu genießen. ‹Sollte das wirklich so stimmen, wie ich es immer und immer wieder geträumt habe? Andererseits, wie viele Beweise brauche ich denn noch? Das alles ist tatsächlich passiert. Und es muss irgendjemanden oder irgendetwas geben, was diese verrückte Kiste hier steuert, beeinflusst oder kontrolliert. Das heißt, ich muss möglicherweise Teil eines Geschehens sein, welches ich zwar noch nicht kenne oder bisher nur bruchstückhaft, das aber in direktem Zusammenhang mit meinen Träumen stehen müsste.› Sofort spürte er wieder eine Veränderung in sich, die bisher nichts Gutes zu bedeuten hatte. Diese winzige Muskelbewegung, aus einem tiefsten Inneren, über das er keinerlei Kontrolle besaß. Etwas Böses, Animalisches drang in sein Bewusstsein und ergriff vollständig Besitz von ihm, während sein rechter Mundwinkel bedrohlich zu zucken begann.

Kapitel 8

Mit einer zufriedenen Miene lehnte sich Georg auf dem Stuhl im Café zurück. Seine gestellte Pause wirkte auf Maria doch ein wenig provozierend, sodass sie unruhig auf ihrem Stuhl herumzurutschen begann.

«Na, komm, lass dich jetzt nicht ewig bitten. Du solltest den Augenblick nutzen, wenn ich mich schon einmal für deine Geschichten interessiere, es könnte schnell wieder vorbei sein.» Heftig sprang er nach vorn.

«Meine Geschichten? Es sind die Geschichten der Stadt, also auch deine Geschichten. Na gut: Wir befinden uns hier auf wahrhaft historischem Grund. Die erste urkundliche Erwähnung von Erfurt geht auf das Jahr 742 zurück. Damals war der Ort bereits als Großansiedlung anzusehen. Die bei Ausgrabungen gefundenen Ansiedlungsspuren im Norden Erfurts reichen bis in die Altsteinzeit, um 100.000 v. Chr. zurück. Wie du jetzt sicher messerscharf errechnet hast, haben hier schon um die dreihundert Generationen ihren Latte Macchiato getrunken. Es ist sicher überliefert, dass hier im Mittelalter Erfurt ein wichtiger logistic point of sale war.» Maria lehnte sich lachend zurück, wobei sie ihre langen Haare zurückstreifte und dabei, unvorsichtigerweise, wieder ihren verführerischen schlanken Hals freilegte.

«Hör mit dem Unsinn auf.» Als Georg ihr entspanntes Lächeln genoss, rutschte es ihm raus:

«Weißt du eigentlich, dass deine Augen, dein Mund, dein Lächeln und deine ganze Ausstrahlung einfach unwiderstehlich sind? Einfach nur bezaubernd, Maria.» Sie zappelte aufgeregt hin und her, setzte sich gerade hin, hob den Kopf und streckte dabei ihre Brust etwas heraus.

«Georg, was ist denn in dich gefahren? Das hast du ja noch nie zu mir gesagt.» ‹Hat er das jetzt ernst gemeint? Ich meine, sowas sagt man doch nicht ohne Grund zu einer Frau. Was würde denn Melanie denken, wenn sie das hören könnte? Schließlich sind die beiden ja ein Paar und haben ein Kind. Ich habe auch ein Kind, so ist das ja nicht. Aber ich bin nicht mit jemandem zusammen, zumindest im Moment nicht. Wieso eigentlich nicht? Wenn ich so unwiderstehlich bin, wie er sagt, warum interessieren sich dann die Männer nicht für mich? Zumindest offensichtlich nicht so wie er, der dummerweise an diese Melanie vergeben ist. Wie oft er sich schon bei mir über sie beschwert hat. Ich wette, das hat er garantiert noch nicht einmal mitbekommen, was er mir da so alles über ihre Beziehung anvertraut hat. Wenn nur ein Bruchteil davon stimmen sollte, dann passt sie gar nicht zu ihm. Würde er denn zu mir passen, wir beide zusammenpassen? Na ja, ein solches Kompliment hat mir jedenfalls noch nie ein Mann gemacht, das muss man ihm schon lassen. Er ist wirklich ein toller Mann …› Während Maria weiter in ihren Gedanken versank, versuchte Georg sich wieder herauszureden.

«Na ja, wenn du so entspannt bist wie jetzt, dann hast du halt eine besondere Ausstrahlung. Wie geht es eigentlich deinen Kopfschmerzen?», kam er abermals auf das Thema zurück in der Hoffnung, sich so aus der Affäre ziehen zu können.

«Äh, die? Im Moment sind sie weg. Aber das kann natürlich nur mit deiner gedanklichen Exkursion in die Urgeschichte und das Mittelalter von Erfurt zu tun haben.» Sie lächelte ihn verschmitzt an.

«Was meinst du denn mit einer ganz besonderen Ausstrahlung?» Ihr Gesichtsausdruck verriet mehr als deutlich, was sie gern hören wollte. Er wusste, wenn er sich jetzt mit unvorsichtigen Äußerungen noch weiter aus dem Fenster lehnte, kam er aus der Nummer nicht wieder heraus. So reagierte er mit einer provokanten Gegenfrage.

«Darf ein Mann eine schöne Frau nicht schön finden, ohne sich zu diesem, zugegebenermaßen kaum definierbaren Gefühl, erklären zu müssen? Ich finde dich schön, bezaubernd, so ist es halt. Aber noch einmal zurück zum Thema, zu deinen Kopfschmerzen.» Prüfend schaute sie ihn an.

«Georg, auch wenn wir nur befreundet sind, ich bin eine Frau, und du kannst einer Frau nicht einfach mal so sagen, wie bezaubernd und unwiderstehlich sie ist, und sie dann im Regen stehen lassen. Was findest du denn an mir so besonders? Komm schon, lass dich nicht ewig bitten.» Das waren die Fragen, die alle Männer so liebten … . Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schaute sie an.

«Weißt du, du bist nicht nur bewundernswert, du bist auch sehr klug, und damit meine ich nicht nur deine Tätigkeit als Dozentin. Du weißt, wie man das Leben meistert. Du kommst mit Philipp allein zurecht und das richtig gut, sofern ich das als Außenstehender beurteilen kann. Mit dir kann ich mich über alles unterhalten. Weißt du, manchmal wünschte ich mir, mich mit Melanie so austauschen zu können wie mit dir. Du bist einfach unvergleichlich, anders kann ich das nicht sagen.» Ihre Wangen röteten sich leicht, was sie noch verführerischer machte. Maria schaute ihn lange an.

«Weißt du, Georg, das war die schönste versteckte Liebeserklärung, die ich jemals gehört habe.» Damit beugte sie sich vor, um ihm einen zarten Kuss auf die Wange zu geben.

«Unter Freunden natürlich», flüsterte sie ihm ins Ohr. Sie setzte sich wieder aufrecht hin und schaute ihn prüfend an.

«Schade, vielleicht hätten wir uns früher treffen sollen, aber was soll’s, jetzt ist es, wie es ist. Du bist wirklich ein guter Freund, Georg.» Von dem zarten Kuss noch ganz benommen, aber auch erleichtert, antwortete er schnell.

«Und du eine ganz wunderbare Freundin.» Sie zahlten und Maria hakte sich bei ihm unter.

«Komm, mein Lieber, zeig mir mal etwas von dieser Stadt, die dir ja offensichtlich so am Herzen liegt.» Dabei lachte Maria laut und schon war sie mit wenigen Schritten bei dem historisch ältesten Bauwerk Erfurts, der gigantisch anmutenden Krämerbrücke. Georg erzählte, dass wahrscheinlich hier das Schicksal der Stadt ihren Anfang nahm, als die Händler und Reisenden durch die flache Furt ihre Wagen und Karren schoben, um die Ost–West-Handelsroute, die einstige via regia zu nutzen.

«Auf der dann entstandenen ehemaligen Holzbrücke sollen schon seit frühester Zeit Buden von Händlern und Markttreibenden gestanden haben. Daher wurde die Brücke später mit Häusern bebaut. Um die bewohnbar zu machen, verbreiterte man sie mit dem sogenannten Sprengwerk, welches du als mächtige Balken unterhalb der Brücke neben den Steingewölben sehen kannst.» Erstaunt fragte sie:

«Wie hat man eigentlich damals die Statik berechnet?» Er lächelte.

«Eine typische Mathematikerfrage. Soviel ich weiß, gar nicht. Es war wohl mehr eine Versuch–Irrtum-Methode. Ich denke, man hat dann die Erfahrungen irgendwann genutzt und die Bauweisen dadurch immer mehr optimiert.» Nachdenklich ergänzte sie.

«Eigentlich ein Wunder, dass die trotzdem schon Jahrhunderte hier stehen, und unsere nach wissenschaftlichen Methoden und mit modernsten Materialien errichteten Bauwerke halten nicht ein Bruchteil so lange.» Bewundernd sah er zu Maria.

«Ein interessanter, eher philosophischer Aspekt, über den es sich sicher nachzudenken lohnt», neckte er sie und fuhr fort.

«Im Café zum Roten Turm, wo wir vorhin saßen und wie so viele Steinzeitmenschen vor uns den Latte Macchiato getrunken haben, lag die Durchfahrt zur Krämerbrücke von der Ostseite her. Die Kirchen auf beiden Seiten, von denen nur die Ägidienkirche mit dem sogenannten Roten Turm erhalten geblieben ist, waren die Brückenkirchen. Die Ägidienkirche gehörte bis 1525, also bis zum späteren Mittelalter, den Mönchen des Schottenklosters.» Maria stutzte.

«Warum betonst du denn das Jahr 1525 so?»

«Na ja, du hast doch in deinen Träumen immer vom Mittelalter geträumt, und das Jahr 1525 liegt in diesem Zeitalter, eher im Spätmittelalter. Aber es war eine ereignisreiche Zeit. Wenn deine Träume zufällig in der Zeit spielen sollten, dann hast du dir einen echt spannenden Zeitraum ausgesucht.» Erbost fuhr sie ihn an.

«Was heißt hier ausgesucht? Ich habe mir die Träume doch nicht ausgesucht!»

«Entschuldige bitte, Maria, so war das doch nicht gemeint. Ich meinte nur, falls deine schrecklichen Albträume tatsächlich mit der Zeit um 1525 zusammenhängen sollten, dann wäre das ein extrem ereignisreicher Zeitraum.» Sie gab ihm einen Klaps auf den Oberarm.

«Ja, sorry, Georg. Ich glaube, ich bin total angespannt und gereizt. Bei dem Thema sehe ich echt rot.»

«Ist schon gut. Möchtest du, dass ich dir mehr erzähle?» Sie gingen in Richtung Benediktsplatz weiter.

«Ja, gern. Ich wusste gar nicht, in was für einer interessanten Stadt ich lebe.» Mit einer ausladenden Armbewegung wies er auf die Umgegend.

«Wenn du dich umschaust, siehst du die vielen roten Straßenschilder. Sie markieren in etwa das ehemalige Gebiet der Altstadt von Erfurt. In dem Sinne, wie wir es heute kennen, gab es gar nicht so viele Straßennamen. Es waren vielmehr Gassen, die man mit den Handwerken oder dem Gewerbe benannte, welches in den Gassen verrichtet wurde. Pergamentergasse, Weidengasse, Kleine Gasse, Glockengasse usw. In der Rosengasse soll man übrigens einem besonderen Gewerbe nachgegangen sein.» Georg grinste dabei über das ganze Gesicht, wobei er sich köstlich über Marias leichtes Erröten amüsierte.

«Du bist unmöglich!»

«Tja, das wohl älteste Gewerbe der Welt musste halt auch seinen Platz haben. Interessant fand ich, dass die Huren zwar damals zum untersten Stand in der Stadt gehörten, dennoch soll man ihnen Respekt und Anerkennung entgegengebracht haben. So wie wir das heute immer wieder gern sehen wollen, dass Prostitution im Mittelalter ebenso verpönt war wie zu späteren Zeiten, das stimmt offensichtlich nicht.» Georg blieb stehen.

«Eins wird dich sicherlich besonders interessieren, denn an der Alten Universität gab es bereits im 13. Jahrhundert ein sogenanntes universitäres Generalstudium. Allerdings erhielt die Universität erst mit der Urkunde des römischen Papstes Urban VI. mit vom 4. Mai 1389 die Genehmigung zur Gründung einer Universität. Damit gehört sie zu den ältesten Universitäten auf deutschem Boden.» Maria war tief beeindruckt.

«Sag mal, Georg, hast du das alles auswendig gelernt, oder woher weißt du diese ganzen Daten so genau? Das hätte ich dir gar nicht zugetraut, dass du dich so für Erfurt interessierst.» Er ging eng an sie heran und flüsterte ihr ins Ohr:

«Ich verrate dir jetzt mal ein Geheimnis, liebe Maria: Vor einiger Zeit habe ich begonnen, einen Fantasy-Roman mit historischem Hintergrund über Erfurt zu schreiben. Ich liebe die Stadt und ihre Geschichte und bin langsam immer mehr in die geschichtlichen Begebenheiten Erfurts eingetaucht. Je mehr ich erfahren habe, umso spannender wurde die Sache. Es ist faszinierend, wie die Einzelgegebenheiten die Geschichte und das Schicksal dieser Stadt prägten. Zum Beispiel sind viele historische Gebäude, Straßen und Brücken erhalten geblieben. Große Teile des Altstadtkerns sind direkte Zeugen des Mittelalters, des Lebens und Wirkens dieser Zeit. Es lohnt sich also auch für dich, die Geschichte zu entdecken. Ganz besonders, wenn du durch deine Träume offensichtlich irgendwie mit ihr verbunden zu sein scheinst.» Wieder sah er Maria lange an.

«Aber ich muss jetzt schnell los, meinen Kleinen abholen. Melanie wartet bestimmt schon. Lass uns ein andermal weiter darüber reden. Mach’s gut, bis bald.» Maria schaute ihm wehmütig nach. ‹Wie er das wohl gemeint hat: Weißt du eigentlich, dass du wunderschön bist?

***

Runa hatte Johannes erneut zu sich bestellt. Als er ihre Gemächer betrat, loderte im Kamin wieder ein helles, wärmendes Feuer, während er die Herrin, die auf einem überdimensionalen Sessel mit dem Gesicht zum Kamin saß, nur von hinten sehen konnte.

«Habt Ihr davon Kunde bekommen, hochverehrte Runa? Dr. Hewolan und Zacharias wurden im Wald von wilden Tieren angefallen, wobei er schwere Verletzungen davongetragen haben soll. Es heißt, Dr. Hewolan habe ihn bis auf die Burg getragen. Der Kranke sei noch immer in schlechtem Zustand, seine Wunden entzündet, und ob sein Bein wieder wird, weiß nur der Herrgott.» Unwirsch antwortete sie.

«Bedauerlich, dass ihm Ungemach widerfuhr. Wird Zacharias alle Heilkunde zuteil, derer er bedarf? Ihr wisst, wie wichtig er für mich ist. Sorge er für alles Nötige.» Johannes pflichtete ihr schnell bei.

«Wir tun unser Erdenklichstes, hochverehrte Runa.» Rüde unterbrach sie ihn abermals.

«Im Augenblick gibt es aber Wichtigeres: Der Mittelsmann ist auf der Suche nach der Auserwählten. Die briefliche Nachricht wurde durch die Botin überbracht und tat ihr Übriges.» Sichtlich beeindruckt antwortete er.

«Es ist also gelungen. Mich erstaunt es stets aufs Neue, wie Eure Hoheit dies bewerkstelligt.»

«Was glaubt Ihr! Auch wenn es mich abermals viel Kraft gekostet hat, die Zeitfenster zu öffnen und wieder zu verschließen. Mit dieser Kunst werde ich bald die uneingeschränkte Herrscherin sein und dem Möchtegern-Magier das Fürchten lehren.» Johannes trat einen Schritt zurück.

«Verzeiht meine Widerworte, hochverehrte Runa, immerhin sagt man ihm außergewöhnliche okkultistische Kräfte nach.» Mürrisch sprang sie auf.

«Gewiss, gewiss, habt Dank für Eure stets hilfreichen Worte.» Nach kurzem Nachdenken fuhr sie fort.

«Sagt, Johannes, wie steht es um diese Sophie, hat sie geredet, weiß man, wer sie geschickt hat?»

«Nein», erwiderte er.

«Der Verdacht, der Graf von Lehnhardt stecke dahinter, konnte nicht genährt werden. Soweit bekannt, gibt es keinerlei Verbindungen, die einen solchen Argwohn nahelegen würden. Auch zu niemandem aus der Legra sind Bezugnahmen erfahrbar. Es scheint, als habe sie aus reiner Neugier gehandelt.»

«Seid Ihr Euch sicher, dass sie nichts verbirgt oder verschweigt?»

«Seid gewiss, hochverehrte Runa, die Befragung war gründlich. Wie soll mit ihr verfahren werden? Des Verrates an Euch machte sie sich nicht schuldig.» Wütend fuhr sie ihn an.

«Unerlaubt in meine Gemächer einzudringen, um dort herumzuschnüffeln, ist Verrat genug! Lasst sie wieder frei, mag sie sich als Hure verdingen.»

«Darf sie in der Stadt bleiben, oder wünscht Ihr einen anderen Ort?»

«Sie kann von mir aus in Erfordia sein, aber achtet darauf, dass sie mir nicht wieder unter die Augen kommt.» Runa ging unruhig auf und ab.

«Wichtiger scheint mir die Frage, wie die Dinge um diese Tochter des Grafen stehen. Konnte man etwas über von Lehnhardt in Erfahrung bringen? Habt ihr Beziehungen geknüpft, die uns nützen?» Johannes zögerte ….

«Wie viel braucht Ihr? Redet nicht lange um den heißen Brei herum! Habt Ihr immer noch nicht begriffen: An Gold mangelt es nicht.» ‹Seit der Erkundung der Neuen Welt verfüge ich über Gold im Überfluss. Pah, diese Narren haben die Nachricht für wahr genommen, eines ihrer Schiffe sei vor der Küste gesunken.› Runa stimmte in ihr metallisches, widerschallendes Gelächter ein.

«Mit Verlaub, verehrte Herrin. Es gibt keinen Anhaltspunkt, der den Verdacht erhärten könnte, er sei in eine Verschwörung gegen Euch verwickelt. Zumindest weiß seine Tochter nichts darüber, falls es dennoch so sein sollte.»

«Was soll das heißen: Falls es dennoch so sein sollte? Ist er es oder nicht? Ich will Klarheit über seine Absichten und all jener, mit denen er verkehrt.»

«Ich werde es weiter erforschen, hochverehrte Runa.»

Kapitel 9

Maria stand gedankenversunken da, und schaute Georg nach, wie er zur Straßenbahn eilte. ‹Vielleicht denkt er ja doch über mich oder sogar über uns nach? Immerhin, wir kennen uns jetzt schon so lange und haben nie Streit miteinander gehabt. Na ja, so eng waren wir ja auch nicht zusammen, dass es ernsthaften Anlass zu Streitigkeiten hätte geben können. Wobei, der Streit ist gar nicht das Problem, mit Sebastian hatte ich in der Zeit, bis ich mich von ihm getrennt habe, auch nicht groß Streit. Worüber hätte ich auch mit Sebastian aneinandergeraten können, dem war doch ohnehin alles egal, was außerhalb seiner Interessen lag. Wie habe ich mich damals nur in ihn verlieben können? Wir passten doch ganz und gar nicht zusammen. Oder es war genau das, die Spannung der Gegensätze, die mich angezogen hat. Wenn Philipp nicht gekommen wäre, und ich nicht einen Vater für ihn haben wollte, hätte ich mich wahrscheinlich schon früher von ihm getrennt. Für Philipp war er dann leider doch nie da, ein glatter Ausfall auf der ganzen Linie. Außer im Bett, da hat er sich wirklich Mühe gegeben. Ohne ihn wüsste ich vielleicht heute noch nicht, was es bedeutet, guten Sex zu haben. Wahrscheinlich bin ich deshalb jetzt so wählerisch, was Männer betrifft. Er sollte gut mit Philipp umgehen können, das ist schon mal ganz wichtig. Ein Partner sein, auf den man sich in jeder Lebenslage verlassen kann, der versucht mich zu verstehen und mit dem ich mich vor allem intellektuell austauschen kann. Ich könnte keinen Mann ertragen, der, mal extrem ausgedrückt, dumm wäre und dann auch Dank seiner männlichen Stärke Macht ausüben wollte. Das ginge gar nicht. Schon allein die Vorstellung ist der Horror schlechthin. Ich kann sowieso nicht verstehen, warum Frauen so etwas mitmachen, es ertragen, von ihren Männern unterdrückt und gedemütigt zu werden. Wir leben in einer freien Welt, in der eine Frau es längst nicht mehr nötig hat, sich einem Mann unterzuordnen, mit dem sie nicht glücklich ist. Glücklich! Was für ein Wort. Wer ist schon glücklich? Ob ich mit Georg glücklich werden würde? Ich denke, er hat all diese Qualitäten eines guten Mannes und Partners. Er ist verständnisvoll, zartfühlend in der Art, sich auszudrücken, und stets darauf bedacht, mich nicht zu verletzen. Er schafft es immer wieder, mich zum Lachen zu bringen, wenn ich traurig bin, hat zu Philipp einen superguten Draht und wenn er im Bett nur annähernd so einfühlsam ist, wie er sonst mit mir umgeht, das wäre ja traumhaft. Ist das Liebe, was ich hier fühle?› Sie beschloss, eine Weile weiter durch Erfurt zu bummeln. Georgs kleiner Geschichtsunterricht hatte sie inspiriert, sich mehr mit ihrer Stadt zu beschäftigen. An der Michaeliskirche blieb sie stehen und betrachtete die alten Mauern. Als sie die Öffnungszeiten anschaute, konnte sie auf einmal nicht mehr weitergehen, so sehr sie es auch wollte. Ein dumpfes Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit. Atemnot und Schwindel zwangen sie, sich an der Kirchenmauer abzustützen. ‹Was ist denn jetzt schon wieder los?› Die Umgebung begann vor ihren Augen zu verschwimmen. Mit letzter Kraft fand sie an der Kirchentür Halt, die dem Druck nachgab und sich öffnete. ‹Sonst sind die Kirchen doch immer abgeschlossen.› Ehe sie weiter darüber nachsinnen konnte, wurde Maria förmlich von der Tür in das Kircheninnere gezogen. Ein kalter Kirchengeruch schlug ihr entgegen und es beschlich sie ein ungutes Gefühl. ‹Bin ich von der Sonne noch zu geblendet, dass ich fast gar nichts sehen kann? Warum sind die Fenster auf einmal so dunkel, als ob es schon Abend wäre? Oder sind nur wieder dicke Wolken aufgezogen? Komisch, auf dem ausgetretenen Fußboden stehen gar keine Bänke oder Stühle, wie es sonst in Kirchen üblich ist. Nur an den Wänden gibt es vereinzelt kleine Sitzgelegenheiten. Auch die Leuchter erstrahlen nicht im Glanz unzähliger Lampen, sondern wurden nur spärlich mit Kerzenstummeln bestückt, an denen die heruntergetropften Wachsreste hängen. Was war nur mit meinen Beinen los, habe ich heute zu wenig getrunken? Ich fühle mich furchtbar elend. Puh, was ist das nur für ein Gestank hier? Das riecht ja wie auf der Herrentoilette, nur penetranter.› Während Maria sich auf eines der rauen Holzbretter an der Wand fallen ließ, betrat jemand durch eine kleine Tür auf der linken Seite den Kirchenraum, schloss geräuschvoll die schwere Metallpforte, wandte sich dem Altar zu und schien sie nicht zu beachten. Sie drehte ihr Gesicht in Richtung eines offenen Fensters, um mit der Luft von draußen wieder frischen Atem zu schöpfen. Doch die dürftige Brise dämpfte ihre zunehmende Übelkeit nicht, im Gegenteil. Mit dem Gefühl, sich übergeben zu müssen, eilte sie zur Ausgangstür. Doch was war das? Die Tür war fest verschlossen und auch mit aller Gewalt ihrer zunehmenden Verzweiflung nicht zu öffnen. Keine Chance, sie bewegte sich nicht. Maria trommelte und trat wütend gegen die feste Eichentür, rief laut um Hilfe, bis sie eine tiefe Stimme hinter sich hörte.

«Was drängt Euch, liebe Schwester? Habt keine Furcht, tretet nur unbesorgt näher!» Maria konnte ihn in ihrer Rage nicht hören. Erst als er unmittelbar hinter ihr stand, um seine Hand auf ihre Schultern zu legen, drehte sie sich mit einem Ruck um.

«Wer sind Sie und warum geht diese verdammte Tür nicht wieder auf?» Die Person trug einen Talar aus einem voluminösen schweren Stoff, der ganz anders aussah, als sie es von ihren wenigen Kirchenbesuchen kannte.

«Drängt Euch eine Frage? Nur frisch heraus damit.» Maria glaubte, ihren Augen und Ohren nicht trauen zu können. ‹Was will der von mir? Nur frisch heraus damit. Kann der nicht normal mit mir reden?›

«Ich will hier wieder raus, raus aus dieser Dunkelheit und dem fürchterlichen Gestank.» Als ihr bewusst wurde, woher sie den Geruch kannte, wollte ihr augenblicklich das Herz stehenbleiben.

Kapitel 10

Das Glockengeläut der Michaeliskirche riss Maria in die Gegenwart zurück. Etwas benommen sah sie sich in der plötzlich hellen und freundlich erscheinenden Kirche um. ‹Habe ich geträumt? Da war doch eben noch dieser Mann, der mich etwas fragen wollte. Und dieser Geruch …› Maria sah auf die Uhr.

«Mein Gott, es ist ja schon Nachmittag, wie lange muss ich denn hier drin sein?»

«Kann ich Ihnen helfen?» Sie drehte sich erschrocken um. Ein Mann, diesmal in der üblichen Pastorenbekleidung, kam langsam auf sie zu. Offenbar musste sie doch eingenickt sein.

«Kann ich Ihnen behilflich sein? Unsere Kirche ist um diese Zeit eigentlich geschlossen. Wie sind Sie denn hier hereingekommen?» Maria schüttelte den Kopf.

«Wieso geschlossen, die Tür war doch offen».

«Nein, heute habe ich die Kirchenpforte noch nicht geöffnet. Sind Sie vielleicht durch den Hintereingang gekommen?», antwortete er verständnislos.

«Hintereingang? Ich weiß gar nicht, wo der Hintereingang sein soll. Glauben Sie mir, ich bin vorhin durch diese Tür gekommen. Wenn Sie sagen, Sie hätten die Tür heute noch nicht aufgeschlossen, dann frage ich Sie, wie kann ich denn dann hier hereingekommen sein?» Langsam wurde sie wütend.

«Beruhigen Sie sich bitte. Sicher müssen Sie hier irgendwie reingekommen sein. Hatten Sie denn ein spezielles Anliegen, warum Sie in meine Kirche kamen? Gibt es etwas, was Sie bedrückt, oder suchen Sie nur Beistand oder Ruhe?»

«Nein, mir war plötzlich schwindlig, sodass ich mich an der Tür festhalten musste. Dabei muss ich wohl auf die Klinke gekommen sein, wodurch die Tür aufging. Es sah hier auch ganz anders aus als jetzt. Die Fenster standen nur einen Spalt offen und der Fußboden war ausgetreten.» Ungläubig schaute er sie an.

«Entschuldigen Sie bitte, geht es Ihnen gut?» Mürrisch antwortete sie.

«Ja, wieso fragen Sie mich das?» Er drehte sich mit ausladenden Armbewegungen herum, um ihr die Kirche zu zeigen.

«Sehen Sie selbst, unser Gotteshaus ist vor einigen Jahren restauriert worden, ebenso der Fußboden. Sind Sie sicher, dass Sie von der Michaeliskirche sprechen?» Er ging geradewegs zur Eingangstür, drückte die Klinke nach unten und wollte mit einem festen Ruck zeigen, dass sie zu ist.

«Schauen Sie, die Tür ist fest verschlossen, wie ich es Ihnen schon sag….» Zu seinem größten Erstaunen öffnete sich die Tür, sodass er durch das ruckartige Reißen fast umgeworfen worden wäre. Im letzten Augenblick konnte er sich an der Tür festhalten, um nicht in den Vorraum zu stürzen. Erschreckt stammelte er:

«Sollte ich sie gestern Abend doch nicht abgeschlossen haben? Das ist mir in meinen vielen Dienstjahren noch nie passiert. Ich habe die Kirche immer ordentlich verschlossen. Entschuldigen Sie bitte. Ich muss es doch vergessen haben.» Er raufte sich seine grauen Haare, schloss dann die Tür wieder, kam auf Maria zu und setzet sich zu ihr auf einen Stuhl. Nach langem Schweigen sah er sie direkt an.

«Wahrscheinlich werde ich doch langsam alt.» Er machte eine wegwerfende Handbewegung.

«Aber, wie gesagt, Sie sind ja sicher nicht aus reinem Zufall gerade in meiner Kirche gelandet. Die Wege des Herrn sind ja bekanntlich unergründlich.» Mit einem unschlüssigen Schulterzucken stand Maria auf, verabschiedete sich bei dem Mann und verlies gedankenversunken die Kirche.

***

Mit Schlägen, Tritten und wütenden Beschimpfungen wurde Sophie aus dem Haus ihrer Peiniger gejagt.

«Verschwinde, du Dirne! Komm deiner Herrin nie wieder unter die Augen. Sie hat dein Verbleiben in Erfordia verfügt. Deine Bleibe ist in der Rosengasse. Da kannst du künftig dein Tagwerk vollbringen.» Entsetzt entgegnete sie:

«In der Rosengasse? Oh nein, ich will zu meiner Familie zurück.» Flehentlich versuchte sie ihr Schicksal zu ändern, doch die Büttel kannten keine Gnade.

«Schweig, Weib! Es ist dir strengstens untersagt, deiner Familie weitere Schande zu bringen. Geh, oder du wirst wieder in den Kerker geworfen!» Sie schaute auf die offenen Türen.

«Nein, nein, ich gehe ja schon.» Mühsam bewegte Sophie sich auf einen Stock gestützt vorwärts. Sowohl die verklebten Ausscheidungen an ihrem Körper als auch der Qualm der Fackeln im Kerker verbreiteten einen fürchterlichen Gestank. Sie hatte nur einen Gedanken:

«Waschen, ich muss mich endlich irgendwo waschen.» ‹In diesen Drecklöchern stirbt man nicht nur an Folter und Hunger, sondern man verfault früher oder später, wenn einen nicht schon die Ratten bei lebendigem Leibe aufgefressen haben. Jetzt bin ich gezeichnet für den Rest meines Lebens. Welches Mannsbild wird mich jemals als Braut haben wollen, so zugerichtet, wie ich bin. Von meiner verlorenen Keuschheit ganz zu schweigen. Nicht umsonst lande ich in der Rosengasse. Das ist wahrscheinlich der einzige Ort auf Gottes Erde, an dem ich leben und mein Tagwerk vollbringen kann. Meine Mutter und meine geliebten Geschwister werde ich wohl nie mehr sehen können. Das ist die Strafe für meine Dummheit. Warum war ich so töricht, so neugierig, so dumm! Der Herr wird mich zu Recht dafür strafen, dass ich mich den Anweisungen der Herrschaft widersetzt habe. Meine Mutter hatte recht. Warum habe ich nur nicht auf sie gehört, dann könnte ich die schönen Kleider der Herrin bewundern, sie sogar heimlich an mich halten, um zu sehen, wie ich darin aussehen würde. Von ihren Launen abgesehen hatte ich eigentlich ein gutes Leben.› Sophie jammerte leise vor sich hin.

«Oh mein Gott, oh mein Gott.» Jeder Schritt schnitt wie tausend Klingen in die offenen Wunden ihrer nackten Füße. Selbst der eiskalte Boden spendete nur wenig Linderung. ‹Ich fühle mich wie eine alte Frau.› Am Breitstrom endlich angekommen, war das kalte Wasser wohltuend und brennend zugleich. Ihre Peiniger hatten kaum eine Stelle ihres Körpers unbeschadet gelassen. Die unzähligen Brand- und Schlagwunden sprachen eine deutliche Sprache. Zum Glück hatte man ihr nichts gebrochen. Da sie sich vor Schmerz kaum bewegen konnte, legte sie sich in den Fluss und ließ das Wasser über ihren zerschundenen Körper strömen. Vorsichtig reinigte sie die Wunden, so gut sie es selbst ausrichten konnte. Nachdem sie sich die verdreckten und verfilzten Haare entwirrt hatte, machte sie sich auf den Weg. ‹Diese Runa! Ich werde es ihr heimzahlen. Auch ihre Zeit wird eines Tages kommen. Es muss eine Möglichkeit geben, mich zu rächen. Ich habe zwar nicht ihr okkultistisches Wissen, doch einiges ist auch mir bekannt. Ich werde einen grausamen Schwur ablegen.› Sofort suchte sie alle erforderlichen Gegenstände zusammen und nutzte das erstrahlende Mondlicht, um ihrem unbarmherzigen Hass eine möglichst unheilvolle Wirkung zu verleihen. Obwohl ihr bewusst war, dass eine geringfügige Abweichung, ja schon eine versehentlich unkorrekte Auslegung dieses Schwures ihr selbst größten Schaden zufügen könnte, war sie dennoch fest entschlossen, es zu tun. Runa sollte für ihre Taten büßen!

«Mächte der Winde und der Meere, Wesen des Himmels und der Erde, Kräfte der Dunkelheit und der Zerstörung. Ich, Sophie, rufe euch herbei! Ich, Sophie, rufe euch, kommt herbei, euer Werk zu verrichten …»

Nach wenigen Augenblicken kam ein frischer kühler Wind auf, der mit einem unheiligen Pfeifen die Blätter, Zweige und Symbole auf dem Boden umherwirbelte, in die Luft riss und mit sich forttrug.

«Runa, ich verfluche dich. Ich verfluche dich mit allen Mächten der Finsternis, mit allem Hass. Sei verflucht bis in alle Ewigkeit!»

Sophies Rufe hallten lange in der Dunkelheit wider. Der Wind legte sich, und der Mond schien friedlich in die Stille der Nacht. Mit einer gewissen inneren Zufriedenheit setzte sie ihren langen, beschwerlichen Weg zu ihrem neuen Zuhause fort.

«Au, was ist das?» Sophie stieß einen heftigen Schmerzensschrei aus. Sie hatte das Gefühl, ein Messer in ihr linkes Knie gestochen zu bekommen. Die höllischen Schmerzen ließen sie zusammensinken.

«Das ist ja schlimmer als alle Folter. Ah, was ist nur mit meinem Bein, ich kann mein Bein gar nicht mehr bewegen!» Obwohl die stechende Plage mit der Zeit etwas nachließ, konnte sie ihr Knie nicht mehr richtig beugen. ‹Hoffentlich ist bei dem Fluch nichts misslungen, und er ist jetzt auf mich selbst zurückgefallen, das wäre ja furchtbar.› Erst mit dem Ruf der Lerche erreichte sie die Rosengasse in der Nähe des Löbertores. Der Empfang war unfreundlich, aber nicht feindlich. Was sollte sie nach all dem, was sie in der letzten Zeit erlebt hatte, auch erwarten? Alles war besser als das, was war. Ihr wurde eine Ecke in einer engen Kammer zugewiesen. Zu ihrem größten Erstaunen lag sogar etwas Brot im Korb und ein Krug frischen Wassers stand bereit. Diese äußerst karge Mahlzeit erschien Sophie als ein Geschenk des Himmels. Doch die lose geschlagenen Zähne vermochten das harte Brot nicht zu teilen. Sie musste warten, bis sie sich wieder erholt hatte. Sie hatte großes Glück gehabt, dass sie ihr nicht herausgerissen oder ausgeschlagen wurden, wie es sonst üblich war. Mit dem kommenden Morgen wurde Sophie vom Lärm der Stadt geweckt. Die zahllosen Wunden hatten ihr wenig Erholung gegönnt. Doch das Gefühl, jetzt endlich wieder aus den Fängen dieser Schlächter entkommen zu sein, erfüllte sie mit Freude. Sie erkundete den Raum und das Haus, in dem sie von nun an ihr künftiges Leben bestreiten würde. Es waren sogar Waschmöglichkeiten und Latrinen vorhanden. Sie brach ein kleines Stück Brot ab und mühte sich es vorsichtig im Mund weich zu bekommen. Vorerst schien sich niemand um sie zu kümmern, sodass sie unbehelligt umherstreifen konnte.

«He, du, steh hier nicht rum und halte Maulaffen feil. Pack dich und mach dich an die Arbeit. Untätige Fresser können wir hier nicht gebrauchen. Wie heißt du eigentlich?» Erschrocken antwortete sie.

«Sophie, ich bin Sophie.»

«Ach, du bist das. Geh zu Anna, sie leitet dieses Haus, sie wartet schon auf dich. Pack dich!» Mit einer Handbewegung wies der bullige Kerl sie in den hinteren Teil des Hauses. Sie kam an allerlei Zimmern vorbei, die des Nachts genutzt wurden. Sie wusste, was sie erwartete. Am Ende des Ganges fand sie eine Frau.

«Entschuldigt meine Störung, mein Name ist Sophie, man befahl mir, zu Euch zu kommen.» Nur etwas von ihrer Arbeit aufsehend betrachtete die Hausherrin sie eindringlich.

«Du bist Sophie. Mir kam nichts Gutes zu Ohren. Hast du aus deinen Fehlern wenigstens etwas gelernt, oder bist du eine von diesen unbelehrbaren Dingern? Antworte, wenn ich dich frage!» Von der schroffen Ansprache überrumpelt, suchte Sophie nach Worten.

«Verzeiht bitte, verehrte Anna. Ich habe grobe Vergehen begangen, wofür ich grausam büßen musste. Nun suche ich ein redlich Tagewerk, um mein Brot zu verdienen.»

«Ein redlich Tagewerk! Willst du mich verspotten? Du wirst dein Tagewerk als Hure verrichten.» Sie lachte heiser.

«Aber vorerst bist du ja zu nichts zu gebrauchen. Zieh deinen Kittel aus, ich will sehen, was aus dir zu machen ist.» Obwohl Anna sicher schon so manchen gefolterten Menschen gesehen hatte, war sie dennoch von Sophies Anblick entsetzt.

«Sie haben dich übel zugerichtet. Aber du hast großes Glück gehabt, die Wunden sind nicht tief und es werden vielleicht nur wenige Narben bleiben. Dennoch wird es eine Zeit dauern, bis mit dir etwas anzufangen ist. Mit dem Geschäft hier wirst du bestens vertraut gemacht worden sein, oder?» Sophie errötete.

«Ja, verehrte Anna.»

«Wir werden sehen, ob da bei dir alles in Ordnung ist. Aber dazu später, jetzt musst du erst einmal wieder gesund werden. Geh zu Lara, sie wird dir helfen und dir zeigen, was zu tun ist. Dann meldest du dich in der Küche und lässt dir Arbeit geben. Für Faulpelze haben wir hier keinen Platz.»

Sophie bejahte schnell, um sich auf die Suche nach Lara zu machen. Eine große schlanke Frau, auf welche die Beschreibung passen könnte, kümmerte sich gerade um eines der Mädchen, die über Schmerzen im Unterleib klagte.

«Verzeiht bitte, seid Ihr Lara? Ich bin Sophie, Anna schickt mich.» Ohne ihre Arbeit zu unterbrechen, musterte sie die Neue. Ihre Blicke waren streng, aber nicht böse, zumindest spürte Sophie keinen Argwohn.

«Anna sagte mir, Ihr könntet mir Linderung verschaffen. Ich verspüre große Schmerzen an meinem Leib.» Während Lara ihre Arbeit beendete, fragte sie Sophie:

«Welcher Vergehen hast du dich schuldig gemacht, dass dir dies widerfahren konnte?» Sophie zögerte.

«Ich habe Schuld auf mich geladen, wofür ich schwer büßen musste. Bitte verzeiht, ich möchte nicht mehr darüber sprechen. Ich beging mein Fehl aus Unbedachtheit. Seid gewiss, es wird nie wieder passieren.» Lara lachte nur.

«Ich hoffe es für dich. Zieh deinen Kittel aus und lass sehen, was ich für dich tun kann.» Sie streifte den schmutzigen groben Stoff über ihren Körper, wobei sie abermals jeden Millimeter ihres verletzten Leibes zu spüren bekam. Obwohl es Mühe und Anstrengung kostete, sich zu entkleiden, versuchte sie keine Schmerzenslaute von sich zu geben.

«Wehleidige Jammerlappen sind hier nicht willkommen! Wenn du hier überleben willst, dann musst du deine Zähne zusammenbeißen. Ich hoffe, dir ist bewusst, dass du hier bleiben wirst?» Betreten schaute Sophie nach unten.

«Ja, das ist es.»

«Dann lass mal sehen: Der Rücken ist voller blauer Flecken, Quetschungen, Schürfwunden und Spuren von Verbrennungen. An den Armen und Beinen sieht es nicht besser aus. Dreh dich herum, ich will sehen, was an dir drangelassen wurde. Na ja, dein Busen ist brauchbar, die Flecken und Abschürfen lassen sich heilen, der Wanst ebenfalls. Bück dich, ich muss sehen, inwieweit du hier brauchbar bist. Hm. Du bist genommen worden?» Sie druckste herum.

«Ja, mehrmals am Tag. Manchmal sogar von beiden zugleich, es war furchtbar.» Lara ignorierte ihre Klagen und fuhr fort:

«Sieht böse aus, aber daran wirst du dich hier gewöhnen müssen. Unsere Kundschaft ist nicht zimperlich. Mit Blutungen, Entzündungen und allem, was damit zusammenhängt, habe ich täglich zu tun. Man hat dich übel zugerichtet. Ich will sehen, inwieweit meine Heilkünste dir helfen können. Was ist mit deinem Bein, es ist keine Verletzung da, warum humpelst du hier herum?» Ertappt zuckte sie zusammen und antwortete ausweichend. «Ich weiß es nicht. Es ist auf dem Weg hierher passiert, ich konnte es plötzlich nicht mehr bewegen.» Lara nahm keine große Notiz davon und begann mit ihren Belehrungen.

«Ich zeige dir erst einmal, wie man die äußeren Wunden behandelt. Pass genau auf, ich habe keine Zeit, es dir nochmal zu erklären. Das Wichtigste ist der täglich zuzubereitende Tee, den alle Frauen trinken müssen, um vor den Männern geschützt zu sein.» Sie begann mit dem Zerstampfen von Pflanzen, Wurzeln und allerlei Kräutern, um sie zu lehren, ihre Medizin selbst herzustellen. Lara zeigte ihr nicht nur, wie sie die Tinkturen, Salben und Verbände auf die Wunden aufzutragen hatte, sondern vor allem, welche Wunden wie behandelt werden mussten. Auch wenn ihre Mutter ihr schon viel über Heilungen beigebracht hatte, so war Sophie über das außergewöhnliche Wissen und Können von Lara über alle Maßen erstaunt. Sie erfuhr sofort Linderung ihrer Schmerzen. Dennoch war sie besorgt: ‹Wenn ich jemals wieder gesund werde, wer soll mich denn noch anschauen?› Je länger die beiden Frauen sich unterhielten, umso freundlicher wurde ihr Umgang miteinander. Lara riet Sophie, gut daran zu tun, fleißig alle Arbeiten zu verrichten.

Kapitel 11

Seit mehreren Wochen streifte Simon schon durch die Erfurter Altstadt. Je mehr historische und thematisch geführte Stadtführungen er miterlebte, umso größer wurde sein Wissensdurst. Mittlerweile schien es kein Zufall mehr zu sein, dass die Jahreszahl 1525 in seinen Recherchen immer wieder auftauchte. Simon überlegte: ‹Beim genaueren Betrachten war diese Jahreszahl etwas Besonderes. Die Reformation war in vollem Gange, der Bauernkrieg fand mit seiner Schlacht bei Bad Frankenhausen einen grausamen Höhepunkt. Adam Ries hatte vor nicht allzu langer Zeit sein berühmtes Rechenbuch in Erfurt drucken lassen und durch die Entdeckung der Neuen Welt und die Erfindung des Buchdruckes durch Gutenberg taten sich neue Kommunikationswege auf. In der Zeit um 1525 lebten viele berühmte Persönlichkeiten der Zeit-, Kultur- und Wissenschaftsgeschichte, die das heutiges Leben, Denken und unser Weltbild wesentlich mitgeprägt haben: Nicolaus Kopernikus, Lucas Cranach der Ältere, Albrecht Dürer, Michelangelo, Paracelsus, Nostradamus und viele andere. Auch wenn nicht all die Personen in unmittelbarem Zusammenhang mit Erfurt standen, waren sie doch wichtige Wegzeugen dieser Zeit. Ich muss noch einmal in die Stadtbibliothek. Vielleicht konnte mir der nette Herr, der mir den Brief übersetzt hatte, helfen, weitere wichtige Informationen zu bekommen.› Als er in die Bibliothek kam, zeigte sich der Bibliothekar tatsächlich erfreut, Simon wiederzusehen.

«Na, haben Sie es sich etwa doch dazu durchgerungen, das Pergament der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen?», empfing ihn der Mann. Simon war die Sache mit dem Brief immer noch peinlich.

«Herzlichen Dank für Ihre Auskünfte zu dem Brief, Sie haben mir damit sehr geholfen.» Wissbegierig erkundigte sich der Herr:

«Als Sie das letzte Mal gingen, schienen Sie ziemlich verwirrt zu sein. Es geht mich natürlich nichts an, aber der Inhalt war schon mystisch, finden Sie nicht?» Simon nickte.

«Sie sagten doch, dass Sie sich mit der Geschichte des Altertums beschäftigten, können Sie mir sagen, wo ich etwas über den Zeitraum um 1525 finden kann? Ich weiß, da waren die Reformation und der Bauernkrieg. Aber was mich interessiert, ist das alltägliche Leben der damaligen Zeit. Wie lebten die Menschen, was arbeiteten sie, welche Stellung hatten die jeweiligen gesellschaftlichen Schichten, wie waren die sanitäre und die medizinische Situation? Also, es geht mir darum, mir ein möglichst genaues Bild von dem Alltag der damaligen Zeit zu verschaffen. Soweit das aus der heutigen Perspektive noch geht. Können Sie mir dabei behilflich sein?» Der Herr schaute Simon ungläubig an.

«Warum wollen Sie denn das alles so genau wissen? Wir haben zwar Indizien, die wir zu einem mehr oder weniger vollständigen Puzzle zusammensetzen können. Aber wie die Menschen damals wirklich gelebt und gefühlt haben.» Unsicher, wie er sich ausdrücken sollte, fragte Simon weiter.

«Vielleicht hat ja dieser Brief doch mehr mit mir zu tun, als ich es bisher gedacht hatte. Wer weiß?» Der Bibliothekar schaute ihn an:

«Na, dann kommen Sie mal mit, ich werde Ihnen etwas überaus Interessantes zeigen.»

Kapitel 12

Heike wachte nach einer wieder durchwachten Nacht sorgenvoll auf. Sie zog die Vorhänge zurück, als sich ihr Mann umdrehte, um die letzten Sekunden vor dem neuen Tag zu genießen. Doch ehe er die Augen aufhatte, bestürmte sie ihn mit ihren Sorgen, die sie wieder die ganze Nacht gequält hatten.

«Ich kann einfach nicht glauben, dass unser Simon sich auf einmal nicht mehr meldet. Findest du nicht, dass wir langsam etwas unternehmen sollten? Ich meine, selbst Eyleen hat jetzt schon dreimal angerufen und nachgefragt, ob wir etwas von ihm wüssten.»

«Was? Ich verstehe kein Wort. Können wir nicht erstmal aufstehen und Kaffee trinken, ehe wir hier schon am frühen Morgen Probleme wälzen? Ich bin noch gar nicht richtig wach.» Gekränkt entgegnete sie:

«Na, hör mal, es ist auch dein Sohn. Und wenn ich schon die ganze Nacht nicht mit dir reden kann, dann muss ich es eben jetzt tun. Wann soll ich denn sonst meine Sorgen mit dir teilen?» Mühsam wälzte Thomas sich aus dem warmen Bett.

«Na, nach dem Kaffee zum Beispiel. Außerdem, was ist eigentlich los mit dir? Ich habe dir doch schon x-Mal gesagt, dass mein Sohn ein erwachsener Mann ist, der sich bei seinen Eltern nicht abmelden muss. Wer weiß, vielleicht hat er jemanden kennengelernt, ist mit einer Frau durchgebrannt, oder was weiß ich.» Schlaftrunken torkelte er ins Bad, während Heike ihn weiter bedrängte.