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Christine Biermann / Ralph Raben



In diesem Alter
noch ein Kind?

Das Glück der späten Schwangerschaft

Originalausgabe



© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2009

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de



Umschlagkonzeption und -gestaltung:

R·M·E Eschlbeck/Hanel/Gober

Umschlagmotiv: © Mauritius Images



Datenkonvertierung eBook: le-tex publishing services GmbH, Leipzig



ISBN (E-Book) 978-3-451-33431-3

ISBN (Buch) 978-3-451-06125-7

Unseren Töchtern und Söhnen gewidmet

Benjamin, Til & Marie

Mia & Jurek

und Paul

1.Paul, ein Kind alter Eltern

Wie die Zeit vergeht!

Paul ist acht Jahre alt. In der Schule lernt er die Uhr. Der große und der kleine Zeiger laufen im Kreis, und die zwölf Ziffern teilen jeden Tag in scheinbar gleiche Zeitstückchen. Wie seine Lehrerin und seine Eltern weiß auch Paul, dass die Zeit in Wirklichkeit manchmal langsam vergeht und mitunter schnell, so schnell, dass sie einem geradezu davonrennt. Und auch Paul möchte, dass die Uhr hin und wieder stehen bleibt: Abends, wenn Mama ihm im Bett vorliest oder wenn der Papa noch eine Geschichte vom Ritter Gawain erzählt.

Paul rechnet. Das ist sein Lieblingsfach. Frau Reuter, seine freundliche, strenge Lehrerin, die kurz vor der Pension steht, unterstützt ihn dabei mit Humor. Jetzt ist Papa 57 und Mama 50. Wenn also Paul 23 Jahre alt ist, wie seine jüngsten Geschwister, Til und Marie, dann ist Mama 65 und Papa ist 72. Und wenn er selbst so alt ist wie seine ältesten Geschwister, Benjamin oder Jurek oder Mia, dann ist Papa fast so alt wie Opa, der vor drei Jahren mit 79 gestorben ist.

Paul rechnet und vergleicht und macht sich Gedanken über seine Eltern, über ihr Alter und was danach kommt.

Paul sagt: »Papa, du bist noch nicht alt.« Mama und Papa sehen nicht so alt aus. Und Paul weiß auch, warum: »Weil sie nämlich keine Zigaretten rauchen.«

Vielleicht werden sie 100 oder 120. Jedenfalls sterben sie noch nicht. Und seiner Mama hat er gesagt, dass sie schön aussieht. Daran wird sie noch lange denken.

Sein Papa hat allerdings schon bedrohlich wenige Haare auf dem Kopf. Nun, da kennt Paul welche, die jünger sind und schon eine Glatze haben: »Das ist nicht so schlimm.«

Nur neulich musste Paul schnell weghören. Als Mama ihn nachmittags aus dem Schülerladen abholt, fragt die achtjährige Nadine: »Ist das deine Oma?« Lars, der Erzieher, hört das und scheint von solcher Frage peinlich getroffen. Die Lage wird nicht besser, als er ihre Neugier tadelt: »So was sagt man aber nicht, Nadine!«

Kann man Mama wirklich für eine Oma halten?

Pauls Eltern kennen das schon. Im Kindergarten fragte vor ein paar Jahren auch eine (neue) Erzieherin: »Mama und Papa oder Oma und Opa?« Die Eltern haben ein bisschen gelacht, die Sache richtiggestellt und die Geschichte den Freunden erzählt.

Und Paul? Hat er Angst um seine Eltern? Dass sie sterben, weil sie älter sind? Hat er, wie die Psychoanalytiker das nennen, »Verlustängste«, die ihn womöglich anfällig machen für Neurosen?



Die Eltern sind gesund. Wie bei vielen älteren Eltern heutzutage ist ihr »gefühltes Alter« rund zehn Jahre niedriger. Sie freuen sich über den Kleinen, über seine Lebhaftigkeit, seine Zärtlichkeit, seine Bemerkungen über das Leben. Sie können viel über »das Paulchen« lachen. Und sie scheinen mehr Gelassenheit an den Tag zu legen als damals bei den anderen. Natürlich auch deshalb, weil sie vieles »auf der Reihe« haben, was oft mit 30 noch nicht da ist: Ein interessanter Beruf, soziale Sicherheit, Lebenserfahrung und eine gute Liebesbeziehung. Die Eltern leben zusammen. Das erleichtert vieles. Keiner muss die seelischen und organisatorischen Mühen des mehr oder weniger Alleinerziehens auf sich nehmen. Pauls Vater ist auch klar, dass er deutlich mehr als 15 Minuten pro Tag mit Kind und Haushalt zu tun hat. Pauls Mama hat durch Beharrlichkeit, Geschick und Glück für Paul einen Platz im Schülerladen ergattert, so dass die Betreuung für den Nachmittag gesichert ist. Sonst wäre die Berufstätigkeit ein größeres Problem.

Wenn Paul (»Ich bin der Letzte«) zuhause ist, hat einer der Eltern Zeit für ihn. Er bekommt mit dem, was er tut und sagt und meint, viel Aufmerksamkeit.

Zu viel Aufmerksamkeit?

Wenn die Eltern abends auf dem Sofa sitzen und dem Paulchen milde lächelnd beim Spielen zusehen, kann es sein, dass sie über sich lachen müssen: Ein bisschen Oma und Opa. Wenn sie begeistert zuhören, weil Paul ihnen etwas aus der Zeitung vorliest und wenn ihr eigenes Gespräch verstummt – »Ist er nicht süß?« –, dann ahnen sie, dass er mehr Aufmerksamkeit bekommt als damals die anderen. Und wenn sie nicht aufpasst, lässt es die Mama zu, dass das Paulchen sie mitten im Satz unterbricht.

Haben Ältere womöglich die Neigung ihr Kind zu verziehen?

Als wir eine erfahrene Hamburger Kinder- und Jugendpsychotherapeutin befragen, was wohl das Problem von Kindern alter Eltern sein könnte, antwortet sie spontan: »Zu viel Aufmerksamkeit!« Sie weiß das aus ihrer Erfahrung als Therapeutin und späte Mutter:

»Wenn sie älter geworden sind, können Eltern den Kindern viel von ihrer eigenen Ausgeglichenheit, Stabilität und Warmherzigkeit geben. Sie erkennen ihr Kind und können ihm auch Grenzen setzen. Aber wenn sie selber schon ausgebrannt und lustlos sind, spielen die Eltern kaum mehr mit dem Kind. Das Kindliche wird lästig. Und wenn die Eltern selbst keine eigenen Bedürfnisse mehr haben, gerät das Kind in den Mittelpunkt ihres Lebens. Es nimmt an allem Erwachsenen teil: sitzt in vornehmen Restaurants und mit im Theater. Das Kind wird dabei nicht gefordert, sondern es wird als kleiner Erwachsener überfrachtet und überfordert. Die Alten bedrücken das Kind mit ihrer ständigen ›Aufmerksamkeit‹.«

Das gibt’s. Natürlich nicht nur bei alten Eltern.

Ein bekannter Hamburger Psychoanalytiker, der in seinem Beruf mit den Folgen von verkorkster Erziehung zu tun hat, findet: »Eine interessante Frage, ob Kinder alter Eltern anders oder auffällig sind. Darüber gibt es meines Wissens gar keine wissenschaftliche Untersuchung. Wenn ich aber an Patienten mit alten Eltern denke, fallen mir einige ein: Wenn die Eltern keine Zeit, keine Kraft und keine Lust mehr hatten, sich mit den Kindern zu beschäftigen, mit ihnen zu spielen, wird die spielerische Fantasie nicht geweckt.«

Aber gilt das nicht auch für Jüngere?

Ein wärmendes Öfchen

Über die besonderen Sorgen und Ängste bei so einem »wertvollen« Kind macht sich der »späte Peter« mit 59 Jahren (»Früher war ich einfach zu jung für ein Kind.«) schon jetzt Gedanken. Er wird demnächst das erste Mal in seinem Leben Vater: »Dieses Kind ist meine letzte Chance. Vermutlich werde ich besonders ängstlich sein, dass dem Schatz meines Lebens etwas passiert.«

Die Kinder können zum Glanz, zum Sonnenschein, zum wertvollsten Teil ihrer alten Eltern werden.

Jurek Becker, damals 56, Schriftsteller und mit 50 noch einmal liebender Vater geworden, bekannte dankbar: »Er ist ein Antidepressivum.« Die Eltern empfanden das späte Kind als »wärmendes Öfchen«.

Mit 50 sind sie Krankheit und Tod näher als mit 30. Ängste vor Verlust könnten auch die Kinder erleben. Ein Grund für Depressionen?

Werden Kinder vor lauter elterlicher Sorge ängstlich, mutlos oder hochmütig? Unsympathisch? Neurotisch?

In Gesprächen mit Therapeuten und Psychiatern bekamen wir dazu keine eindeutigen Antworten. Sie konnten bei Tests und Therapien keine deutlichen Tendenzen erkennen.

Natürlich hängt das – ob alt oder jung – vor allem von der Persönlichkeit der Eltern ab. Wenn sie selbst Freude am Leben und Freude am Kind haben, wird ihm das nicht die Entwicklung verderben.

Paul der Letzte

War Paul geplant?

Wir, die Autoren dieses Buches, könnten antworten: »Ja und nein.«

Paul, von dem wir hier erzählen, ist unser Kind, das letzte, ein gemeinsames. Als er kam, war seine Mama 42 und der Papa 49.

Wir, seine Eltern, sind beide Gynäkologen. Vor zehn Jahren haben wir schon einmal ein Buch über die Vor- und Nachteile der »späten Schwangerschaft« geschrieben. Seitdem hat sich in der Medizin und bei uns manches geändert.

Damals war Paul noch nicht da. Wir hatten beide eine Ehescheidung hinter uns. Herr Raben hatte zwei Kinder, Sohn Jurek und Tochter Mia mitgebracht, Frau Biermann gleich drei, Benjamin und die Zwillinge Til und Marie. Wir lebten zusammen mit den Fünfen, die alle in der Pubertät waren.

Frau Biermann wollte gern noch ein Kind: »Ein kleines, eins zusammen mit Ralph.«

Herr Raben genoss gerade die Ruhe, die nach dem jahrelangen Hin und Her des Familienbruchs in das gemeinsame Leben eingekehrt war. Er jedenfalls war zögerlich. Warum? Nicht, weil er sich »in diesem Alter« zu alt fühlte. Nicht, weil er bei einer »späten Schwangerschaft« als Gynäkologe etwa gleich an Behinderung und Geburtskomplikationen denken musste.

Ganz einfach wegen der Unbequemlichkeit, die auf ihn zukäme, hatte er Bedenken: »Alles noch mal von vorn?«

Familienplanung, das wissen die Leute oft erst später, ist eine unsichere Sache. Mann und Frau können sich nicht wirklich darauf verlassen. Es kann viel schiefgehen: Sowohl bei der Planung eines Kindes als auch bei der Verhütung.

Frau Biermann befürchtete im Mai 1995 bereits verfrühte Wechseljahre bei sich selbst, als die Regel mehrere Monate wegblieb und sie sich ziemlich erschöpft fühlte. Eine Hormonanalyse bei einem bekannten Hamburger Endokrinologen schien diesen Verdacht zu bestätigen:

E2 (Östrogene) niedrig, FSH (follikelstimulierendes Hormon) erhöht, also Verdacht auf »erschöpfte Ovarien« und beginnendes Klimakterium.

Keine Regel mehr? Soll das schon alles gewesen sein? Irgendwie zu früh mit 41! Das wollte das Gynäkologenpaar so nicht hinnehmen.

Als Ärzte, deren Vorliebe seit Jahren der Behandlung mit Chinesischer Medizin galt, setzten sie auf Akupunktur. Herr Raben fing also an, zuhause seine Liebste nach den Regeln der chinesischen Heilkunst zu akupunktieren, obwohl jeder weiß, dass Ärzte die schlechtesten Therapeuten ihrer eigenen Familie sind: zwölf Sitzungen in zwölf Wochen. Wenn zufällig die älteren Kinder ins Zimmer kamen, fanden sie das albern und machten sich lustig über den Eifer. Der Frau ging es nicht wirklich besser, die Regel kam trotz chinesischer Behandlung nicht wieder. Na gut, sagte man sich im Gynäkologenhaushalt: Akupunktur ist kein Allheilmittel.

Während des anschließenden Urlaubs im Herbst 1995 auf Kreta schmeckte ihr der kleine Ouzo nach dem Essen nicht mehr. Die Freunde machten sich deswegen schon Sorgen um ihre Gesundheit. Auf dem Flughafen in Heraklion vor dem Rückflug fiel Frau Biermann in Ohnmacht. Das passierte sonst nie. Herr Raben ahnte, dass dieser Zwischenfall ein altmodisches, aber geradezu klassisches Symptom früher Schwangerschaft bedeutete.

Kaum zuhause angekommen, zeigte der Ultraschall, was wirklich passiert war: Eine Herzaktion mitten in der Gebärmutter bei einem kleinen Lebewesen, das die Form eines Gummibärchens hatte. Schwangerschaft in der achten Woche.

Die Gefühle gingen hoch bei der Frau und erst mal runter beim Mann.

»Ein Kind mit 42. Welch ein Glück!« Frau Biermann war innerlich außer sich.

Herr Raben schluckte. Er war froh, dass eine Schwangerschaft neun Monate lang dauert. So hatte er Zeit, sich auf die kommenden Lebensveränderungen geistig und seelisch vorzubereiten. Übrigens erkannte er bei sich selbst das wieder, was ihm seine Patientinnen über ihre Männer so oft erzählten: Dass Männer am liebsten immer so weiterleben wollen wie bisher und grundlegende Veränderungen als Unbequemlichkeit ablehnen.

Die Schwangerschaft verlief so gut wie bei den anderen Kindern in jungen Jahren auch. Paul wurde geboren. Die Geburt war anstrengend. Dann wurde er lange gestillt. Der chronische Schlafmangel schlauchte seine Mama mehr als früher. Herr Raben war etwas verliebt in den kleinen Sohn und bewunderte sehr seine Frau.

Der Hamburger Endokrinologe mit der enttäuschenden Diagnose von »erschöpften Eierstöcken und beginnenden Wechseljahren« schickte der Kollegin eine Flasche Champagner ins Wochenbett.

Paul war und ist gesund. Ein Kind alter Eltern. Nicht geplant: Glück gehabt.

Unser Beruf

Frau Biermann arbeitet als Frauenärztin mit einer Kollegin in einer Gemeinschaftspraxis im Hamburger Schanzenviertel. Sie betreut viele schwangere Frauen und – sehr zunehmend – auch viele jenseits der 35. Herr Raben macht das Gleiche im benachbarten Stadtteil, in Hamburg-Ottensen.

Wir mögen unseren Beruf, in dem wir seit vielen Jahren arbeiten. Unsere zunehmende Berufserfahrung hat uns sicherer und ruhiger gemacht im Umgang mit Patientinnen.

Nach und nach konnten wir jene »Katastrophenmentalität« ablegen, die fast allen Ärzten in ihren ersten zehn Berufsjahren zueigen ist.

Damit ist Folgendes gemeint: Wenn wir von der Universität kommen, lassen wir uns zu Fachärzten in Krankenhäusern ausbilden. Wir lernen unseren Beruf an kranken Menschen und lernen wenig über Gesundheit.

Obwohl die meisten Frauen eine normale Schwangerschaft haben und eine normale Geburt, finden sehr viele in ihren Mutterpässen kleine Kreuzchen, die sie von vornherein zu Risikoschwangeren stempeln. Und Geburten finden vorwiegend in Krankenhäusern statt.

Wir lernen nicht genug darüber, was alles »normal« ist und keiner Behandlung oder »verschärfter« Überwachung bedarf.

Dazu ein Beispiel aus der Schwangerenbetreuung: Fast alle schwangeren Frauen haben irgendwann einmal Leibschmerzen und fühlen, dass »der Bauch hart wird«. Solche Beschwerden sind meistens normal und bedürfen keiner Behandlung. Sie gehören zur Schwangerschaft. Es sind eben Schwangerschaftswehen.

Die Schmerzen können aber auch erste Anzeichen für »vorzeitige Wehen« sein. Das ist viel seltener und muss behandelt werden, weil es sonst zu einer Frühgeburt kommt.

Werden die Beschwerden einem Arzt vorgetragen, so muss er als erstes an die Störung denken. So hat er es gelernt. Und weil »Störung« (vorzeitige Wehen) und »Normalzustand« (Schwangerschaftswehen) nicht so leicht auseinanderzuhalten sind wie Rot und Grün, wird er lieber behandeln, um sich und die Frau zu beruhigen. Dazu kommt die Angst vor späteren Vorwürfen und Klagen mit Schadenersatzansprüchen. Schnell wird aus normalen Beschwerden eine Krankheit. So machen wir aufgrund unserer anerzogenen »Katastrophenmentalität« hin und wieder aus einer Schwangeren wohlmeinend eine Risikoschwangere.

2.Chancen und Risiken mit 40

Dass Frauen ab 35 oder 40 zu alt sind, um ein Kind zu bekommen, war eine weit verbreitete Meinung. Sie hatte sich in den Herzen und Köpfen vieler Männer und Frauen, Eltern und Großeltern, Ärzte und Ratgeber festgesetzt: Vielleicht einer der Gründe, warum immer noch manche Frau Angst hat ein Kind mit 40 zu bekommen: »Wegen der ganzen Risiken, die da auf mich zukommen.«

»Sie sind 34? Da sollten Sie sich beeilen mit dem Kinderkriegen!«

Ratschläge sind nicht immer sanft. Manchmal schaffen sie Klarheit, manchmal tun sie nur weh. Nicht immer sind die Ratschläger kompetent und oft geben sie einfach veraltetes Wissen weiter.

Nicht zu unterschätzen ist auch die Angst der Ärzte: Es könnten ihnen später, wenn es vielleicht nicht geklappt hat oder wenn es Komplikationen gegeben hat, Vorhaltungen gemacht werden: »Warum haben Sie mir das nicht früher gesagt?«

Risiken sind kalkulierbar.

Es ist kein Geheimnis, dass die Fruchtbarkeit von Frauen im Laufe des Lebens abnimmt. Mit 20 ist sie am größten und mit 50 wird kaum noch eine Frau schwanger. Und um die 40 kann es damit manchmal Probleme geben.

Das sind statistische Aussagen, die für eine einzelne Frau womöglich wenig Bedeutung haben.

Nicht nur wir kennen Frauen, die erst in späten Jahren fruchtbar waren und schwanger wurden: erst, als sie einen guten Partner gefunden hatten, ein ausgeglichenes Leben, Sicherheit im Beruf.

Vor allem kennt unsere Natur nicht diese magischen Grenzen: 30, 35, 40, 45. Wir lieben solche Zahlen, weil sie in unserem Leben eine Rolle spielen: bei Mündigkeit, Geburtstagen, Hochzeitstagen, Jubiläumsfeiern. Gern teilen wir die fließende Lebenszeit in Abschnitte mit Zäsuren ein.

Obwohl es keine wirklichen Grenzen gibt, kreuzen Ärzte im Mutterpass bei Frauen ab 35 ein Kästchen an, über dem »Risiko« steht. Was es damit auf sich hat, wollen wir im Folgenden klären.

Schwangerschaft und Geburt sind Naturereignisse, gewiss. Aber in der Natur läuft manchmal, so meinen wir jedenfalls, etwas falsch. Anders ausgedrückt: Wir akzeptieren nicht den natürlichen Verlauf der Dinge.

Alle Schwangeren haben – gleich in welchem Alter – ein gewisses Risiko, dass etwas »schiefgeht«. Mit zunehmendem Alter, so haben Medizinstatistiker herausgefunden, nehmen einige Schwangerschaftsstörungen zu. Bei den Informationen darf man sich allerdings nur auf neuere Erkenntnisse verlassen.

Späte Mütter werden zum Normalfall

Die Zahl der Frauen, die erst spät und sehr spät ihr erstes Kind bekommen, hat zugenommen.

Vor 20 Jahren waren es nur drei von 100, vor zehn Jahren schon zehn von 100 und jetzt bringen 25 von 100 ihr erstes Kind mit 35 Jahren oder später zur Welt.

Die frühere Ausnahme »späte Erstgebärende« wird mehr und mehr zum Normalfall.

In den letzten Jahrzehnten hat sich vieles an unserem Lebensstil geändert:

Frauen müssen seltener körperlich schwer arbeiten, haben weniger Schwangerschaften und weniger Geburten in ihrem Leben und haben eine höhere Lebenserwartung, weil sie im Durchschnitt gesünder sind: jetzt schon 81 Jahre.

Vieles wurde auch in der Medizin, in der Schwangerenbetreuung und vor allem der Geburtsmedizin (Perinatologie) geändert und dabei verbessert.

Alle Schwangeren gehen zu Vorsorgeuntersuchungen und bereiten sich auf die Geburt vor. Gefahren werden erkannt, bevor sie zu Komplikationen werden. So werden Frauen in der Schwangerschaft und unter der Geburt medizinisch kompetenter betreut und behandelt und ihre Babys auch.

Daher ist die Chance, bei Schwangerschaft und Geburt gesund zu bleiben und ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, erheblich größer als früher.



Wo liegen die medizinischen Probleme und wo die Risiken, wenn Frauen erst nach 35 oder 40 ihr erstes Kind bekommen? Hier kommen die fünf Klippen, die ein Risiko bedeuten können.



1. Die Fruchtbarkeit

Das erste Problem liegt vor der Schwangerschaft. Die Chance, schwanger zu werden, ist mit 40 geringer als mit 30. Jede vierte Frau zwischen 35 und 39 wird damit Probleme haben, aber jede zweite, wenn sie Anfang 40 ein Kind plant. Von den jüngeren um 30 bedarf nur jede sechste einer Kinderwunschbehandlung. Mehr darüber im vierten Kapitel

2. Die Fehlgeburten (Aborte)

Wenn die Schwangerschaft zugrunde geht oder »abgeht«, bevor das Kind lebensfähig ist, hat die Frau eine so genannte Fehlgeburt, einen Abort. Lebensfähigkeit besteht erst nach der 22. Schwangerschaftswoche (im weiteren Text nur noch »Woche« genannt).

Die meisten Aborte passieren bis zur zehnten Woche. Das Risiko dafür ist mit 40 immerhin dreimal so groß wie mit 30 Jahren.

Übrigens: Bei dieser Wochen-Rechnung gehen Frauenärzte immer vom ersten Tag der letzten Regel aus. Das ist etwas unlogisch – wir wissen das – denn nach dieser Rechnung wäre eine Frau in ihrer »ersten Woche« ja noch gar nicht schwanger. Aber wir bleiben bei dieser Rechnung, weil sie so üblich geworden und selbst in Zeiten des Ultraschalls geblieben ist.

3. Behinderungen, Geburtsschäden und Fehlbildungen

Erhebliche Behinderungen und Geburtsschäden kommen heutzutage seltener als früher vor: insgesamt bei weniger als einem Prozent aller Kinder.

Die Ursachen dafür sind meistens Infektionen in der Schwangerschaft oder Komplikationen bei der Geburt. Das passiert entweder durch eine viel zu frühe Geburt (Frühgeburt vor der 32. Woche), weil dann Gehirn und Lunge des Kindes noch unreif sind, oder durch eine missglückte Geburt, weil das Kind einen lang andauernden Sauerstoffmangel durchgemacht hat. Beides kommt bei Älteren nicht häufiger vor als bei Jüngeren.

Eine amerikanische Untersuchung und eine deutsche Studie, beide aus den 90er Jahren, kommen zu dem Ergebnis, dass Kinder von älteren Müttern jenseits von 35 und auch 40 genauso sicher und gesund zur Welt kommen wie Kinder junger Mütter und nicht öfter krank oder behindert sind.

Nur Fehlbildungen und Behinderungen, die auf Chromosomenstörungen beruhen (wie z. B. Trisomie 21 = Down-Syndrom), treten bei Kindern älterer Mütter häufiger auf.

Das Risiko dafür ist mit 40 Jahren etwa zehnmal so hoch (1:80) wie mit 30 Jahren (1:800) und bei einer 35-Jährigen etwa 1:300.

Von Jahr zu Jahr entscheiden sich mehr Frauen für eine spezielle Pränataldiagnostik (vorgeburtliche Tests) mit Ultraschall oder wegen des Alters für eine Fruchtwasserpunktion mit Chromosomenanalyse. So werden zunehmend Kinder mit den Anlagen zum Down-Syndrom vor der 20. Schwangerschaftswoche erkannt und – mehr über das Problem im sechsten Kapitel – abgebrochen. Die Kinder kommen nicht zur Welt.

Auch Herzfehler kommen bei Kindern älterer Frauen etwas häufiger vor. Und auch sie werden immer öfter vorgeburtlich erkannt, damit sie gleich nach der Geburt in der richtigen Klinik optimal behandelt werden können.

Alle anderen Fehlbildungen (wie z. B. »offener Rücken«, angeborene Taubheit, Klumpfuß oder »Hasenscharte«) kommen mit 40 nicht häufiger vor als mit 20.

4. Risiken in der Schwangerschaft

Machen wir das Risikokreuzchen bei Frauen ab 35 überhaupt noch zu Recht?

Geburtsmediziner verglichen den Schwangerschafts- und Geburtsverlauf von 164 788 Frauen, die ihr erstes Kind zwischen 1990 und 1995 in Hessen zur Welt brachten und veröffentlichten ihre Ergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift »Geburtshilfe und Frauenheilkunde« (2):

Frauen zwischen 35 und 39 hatten insgesamt nicht häufiger Störungen im Schwangerschaftsverlauf als jüngere Frauen zwischen 18 und 34.

Erst bei Frauen ab 40 treten Schwangerschaftsdiabetes, ein untergewichtiges Kind, ein Bluthochdruck etwas häufiger auf.

5. Risiken bei der Geburt

Der größte Unterschied liegt in der Zahl der Schnittentbindungen: Jede zweite Frau, die ihr erstes Kind mit 40 oder später bekommt, wird in Deutschland per Kaiserschnitt entbunden.

Begründungen: 1. Das Kind soll keinen Schaden nehmen. 2. Die zukünftige Mutter hat es so entschieden. Es könnte aber auch 3. die Angst der Geburtshelfer vor dem Alter der Frau und 4. eine noch größere Sorge um das »späte Kind« (schrecklicher Ausdruck: »wertvolles Kind«) eine Rolle spielen.

Bei den 34- bis 39-Jährigen ist es jede Dritte und bei den jüngeren jede Fünfte, die ihr Kind nicht auf dem natürlichen Geburtsweg zur Welt bringt.



In weiteren Kapiteln unseres Buches werden wir medizinische Probleme und Aspekte vor, während und nach einer »späten Schwangerschaft« abhandeln. Die Frage, die wir beantworten wollen, lautet: »Was ist ab Ende 30 das Besondere an Kinderwunsch und Kinderkriegen?«

Vor allem spätes Glück

Die vorher beschriebenen fünf Punkte begründen die Sorge mancher Frauen, die sich auch schon früher fragen: »Bin ich nicht schon zu alt? Bis wann ist ein Kind überhaupt noch zu verantworten? Wann wird es zu spät sein?«

Natürlich bleiben weitere, durch Statistik gar nicht zu klärende Fragen übrig, wie: »Werde ich, werden wir, wenn wir 50 sind, genügend körperliche und seelische Kraft aufbringen, die Freude und die Gelassenheit haben, einen zehnjährigen Wirbelwind zu bändigen?«

Aus unserer täglichen Erfahrung in der Schwangerenberatung mit »Späten« wissen wir, dass nicht nur Ärzte, sondern auch Frauen selbst ihr wirkliches Risiko zu hoch einschätzen.

Wir sagen es schon mal vorweg: Die meisten Frauen können auch nach 35 ein Kind bekommen. Die meisten werden keine Fehlgeburt erleiden und keine Frühgeburt haben. Sie haben einen normalen Blutdruck und einen normalen Blutzucker. Sie erleben eine normale Geburt und haben normalgewichtige Kinder, die bei der Geburt gesund sind.

Die Erfahrung vieler Hebammen, Geburtsvorbereiterinnen und Ärzte lautet: Gerade die »Reifen« verhalten sich besonders ordentlich und stellen sich auf ihre Schwangerschaft ein. Sie geben fast alle und schnell das Rauchen auf und lassen die alkoholischen Drinks weg. Sie ernähren sich gesund, bereiten sich auf die Geburt vor und erscheinen regelmäßig in der Vorsorgesprechstunde.

Das hat mittlerweile dazu geführt, dass die, die wegen ihres Alters ein Risikokreuzchen im Mutterpass haben, genauso häufig gesunde Kinder zur Welt bringen wie alle anderen.

Gerade sie werden seit einigen Jahren medizinisch besonders sorgfältig überwacht, lassen sich gut beraten und werden vielleicht aufmerksamer behandelt. Uns scheint, dass viele Helfer, Hebammen, Schwestern, Ärzte ihnen ganz besonders zu spätem Glück verhelfen wollen. Womöglich mit dem Nebeneffekt, dass dabei häufiger (zu häufig?) ein Kaiserschnitt herauskommt.

Späte Kinder – langes Leben?

Die späten Kinder könnten für ihre späten Mütter noch aus anderem Grund ein spätes Glück bedeuten. Wenn wir den statistischen Analysen von Forschern der Harvard Universität glauben, leben Spätgebärende offenbar länger.

100-jährige Frauen – so die nordamerikanischen Statistiker – hatten viermal so häufig Kinder noch mit über 40 Jahren zur Welt gebracht wie Frauen, die nur 73 wurden. Späte Mutterschaft und damit späte Wechseljahre könnten ein Zeichen von langsamerem Altern oder Anzeichen für längeres Leben sein: späte Schwangerschaft sozusagen als ein Kompliment des Körpers.

Keine kleine Minderheit

In allen Medien wird über den Geburtenrückgang berichtet. In Deutschland werden relativ wenige Kinder geboren. Frauen bekommen im Durchschnitt nicht mehr zwei Kinder wie vor 40 Jahren, sondern nur noch 1,35. Mütter sind heutzutage bei der Geburt ihres ersten Kindes im Durchschnitt 31 Jahre alt, 1980 im Schnitt 25. Rund die Hälfte aller 750 000 Kinder, die jedes Jahr in Deutschland zur Welt kommen, hat eine Mutter, die 30 Jahre oder älter ist. Etwa 120 000 Kinder werden jedes Jahr von Frauen geboren, die zwischen 35 und 39 Jahre alt sind. 19 000 Kinder erblicken das Licht der Welt und sehen eine Mutter im Alter zwischen 40 und 44 und weitere 700 Kinder eine Mama zwischen 45 und 50.

Die 140 000 Kinder pro Jahr, die von Müttern im Alter zwischen 35 und 50 zur Welt gebracht werden, sind keine kleine Minderheit. Die Hälfte dieser Mütter bekommt in dem Alter ihr erstes Kind. Früher wurden tatsächlich viel mehr Kinder von Frauen jenseits der 40 geboren. Das waren damals ihre vierten, fünften oder sechsten Kinder.

Warum dieses Buch?

In den vergangenen 20 Jahren haben wir bei unserer Arbeit bewundernd beobachten können, wie gut diese späten Schwangerschaften und Geburten meistens verlaufen. Aus diesem Erstaunen heraus ist unser Buch entstanden. Und sicher hat die eigene Erfahrung mit Paul auch dazu beigetragen.

Wir haben in unserem Beruf oft miterleben können, wie gut späte Kinder bei ihren Eltern und in den Familien gediehen.

Daher haben wir das Buch auch geschrieben für Frauen, die sich schon Anfang 30 Sorgen machen, weil sie sich »immer noch nicht« entschieden haben und für die, die uns fragen: »Wie lange habe ich noch Zeit?«

Wir haben es geschrieben für die werdenden Mütter, die sich aufgrund ihres Alters Sorgen über ihr »Risiko« machen. Wir – Autorin und Autor – können ihnen mitteilen, dass wir allen Grund haben, ihnen Mut zu machen für ein spätes Kind, auch mit 40.

Wir haben es auch geschrieben für die Freundinnen und wohlmeinenden Angehörigen jener Frauen, weil sie mit dem, was sie raten und sagen, großen Einfluss nehmen.

Und natürlich für die Männer, die Freunde, Partner und Geliebten. Auch sie sind im Schnitt älter geworden bei der Geburt ihres ersten Kindes. Wenn sie die Kinderfrage noch mit 40 am liebsten auf später verschieben wollen, scheint außer dem Wunsch nach perfekter Lebensplanung viel Angst dabei zu sein.

Und wir haben das Buch auch für unsere Kollegen geschrieben, damit sie behutsam, ehrlich und freundlich sind mit ihren Ratschlägen: für Ärzte, Hebammen, Krankenschwestern und Arzthelferinnen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Bevor wir nun klugen Rat geben, wollten wir manches noch einmal genauer wissen, als wir es in der täglichen Sprechstunde erfahren. Daher haben wir mit 22 Frauen und fünf Männern ein längeres Gespräch zuhause oder an ihrem Arbeitsplatz geführt. Die Frauen waren oder sind unsere Patientinnen oder Kolleginnen. Sie haben spät Kinder bekommen oder waren zu der Zeit gerade schwanger. Und: Vier haben – wie wir als Ärztinnen – mit Frauen und Kindern zu tun, eine als Heilpraktikerin und Spezialistin für Chinesische Medizin.

Zwei haben kein Kind. Drei sind späte Väter.

Sehr bereitwillig und offen haben sie uns über ihre Gedanken und Gefühle vor, während und nach der Schwangerschaft erzählt. Zum Beispiel haben uns viele auf die Frage: »War das Kind jetzt geplant oder ist es Ihnen passiert?« ihre widersprüchlichen Gefühle beschrieben. So haben wir mehr als in der täglichen Sprechstunde von manchen Hoffnungen, Zweifeln und Befürchtungen erfahren.

Dafür sind wir ihnen dankbar. Wir danken: Marianne, Andrea, Angela, Anna, Astrid, Anita, Anke, Barbara, Marlies, Marion, Sybille, Ute, Waltraut und Waltraud, Daniela, Gesine, Katrin, Carola, Cornelia, Linda, Ilona, Paul, Carl und Werner, Peter und Paul für die Mitarbeit an diesem Buch.

3.Warum so spät?

»Ob ich ein Kind will oder nicht, habe ich mir noch nicht überlegt. Jetzt will ich jedenfalls noch keins«, sagt Anita, 38 Jahre. Sie hat eine neue Partnerschaft (»vielleicht der Richtige«) und will erst einmal sicher verhüten, »weil jetzt noch nicht der Zeitpunkt für Kinder da ist«. Anita verschiebt die Kinderfrage auf später. Sie möchte von uns wissen, wie viel Zeit sie noch hat.

Waltraut war bis zu ihrem 40. Geburtstag noch kinderlos. Jetzt, mit 44, hat sie Sohn und Tochter.

»Ich hatte zwei Abtreibungen. Beim ersten Mal studierte ich noch. Da kam ein Kind für mich überhaupt noch nicht in Frage. Beim zweiten Mal konnte ich mir den Mann, mit dem es passierte, nicht als Lebensgefährten und schon gar nicht als Vater meiner Kinder vorstellen.

Mit 37 lernte ich Andreas kennen. Mit ihm war das anders. Vor allem aber hatte ich mich verändert. Wir beide bekamen Augen für Kinder und hatten Gespräche darüber und Gedanken. Irgendwann wollte ich eines. Und wenn es was werden soll, dachte ich, muss ich mich anstrengen; sonst fährt der Zug ab. Über 40 ein Kind? Da geh ich ja auf die Rente zu.«

40 war Waltraut dann schließlich, als sie ihren Sohn bekam. Und sie war fast 45, als sie ihre Tochter zur Welt brachte. Ihr Mann Andreas ist 13 Jahre jünger.

Statistik: 1,3 statt 2,2

Die meisten Frauen wünschen sich ein Kind. Nach wie vor. 80 Prozent aller Studentinnen – so eine Studie der Universität Hamburg – will mit eigenen Kindern leben. Fragt man junge Frauen genauer nach der später gewünschten Kinderzahl, erhoffen sie sich heute im Schnitt sogar mehr als zwei Kinder (statistisch: 2,2). Jede vierte Frau träumt von dreien.

Der Wunsch nach Kindern ist da. Aber die Wirklichkeit sieht – ein paar Jahre später im Leben – bei vielen Frauen anders aus. Sie bekommen im Durchschnitt 1,3 Kinder in unserem Land; also weniger Kinder, und der Wunsch danach verschiebt sich in ein höheres Lebensalter. Fast ein Drittel aller Frauen bleibt im Leben ohne Kind und bei den Akademikerinnen sind es noch mehr. Die meisten von ihnen hatten sich – wie gesagt – in jüngeren Jahren sehr wohl ein Leben mit Kindern vorgestellt.



Was hindert Frauen, ihre Vorstellungen von einem Leben mit Kindern zu verwirklichen? Warum gehen Wunsch und Wirklichkeit so sehr auseinander? Und warum bekommen immer mehr Frauen erst so spät ihr erstes Kind?

Bei unseren Gesprächen wurden vier Gründe immer wieder genannt:

  1. »Es ist so schwer, den Richtigen (Mann) zu finden.«
  2. »Arbeit und Kinder? Eigentlich passt das nie.«
  3. »Vielleicht irgendwann. Jetzt traue ich mich noch nicht.«
  4. »Es dauerte so lange bis ich schwanger wurde.«



Über diese vier Gründe wollen wir ausführlich berichten.

1. … den Richtigen finden

Heike ist 27 und hat drei Kinder. Sie und Werner, 28, waren vor neun Jahren, als ihr erstes kam, selbst noch halbe Kinder.

»Ich war 18, und wir waren verliebt. Dann ist es passiert. Abtreiben wollte ich nicht. Jessica kam. Wir sind zusammengeblieben und haben geheiratet.«

Statistisch gesehen waren ihre Aussichten für ein dauerhaftes Zusammenleben ungünstig. Die meisten solcher frühen Ehen mit derartigen Belastungen sind nach dem siebten Jahr geschieden. Beispiele dafür kennt jeder und möchte sie nicht an sich selbst erfahren.

Heike hat sich die Frage, ob Werner wirklich der richtige Mann fürs Leben ist, damals nicht gestellt.

»Die folgenden neun Jahre waren ganz schwer«, erzählt uns Heike, »wenig Geld, viel Alkohol.«

»Erst jetzt weiß sie, dass ich der Richtige bin«, meint Werner, der seinen alten Humor wiedergefunden hat. »Ich hab mich auch mächtig geändert.«

Also: Gerade noch einmal gut gegangen! Denn selten wird aus der ersten großen Liebe der »Mann fürs Leben«.