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Über dieses Buch:

Blauer Himmel, weite See, das Klirren von Eiswürfeln in Cocktailgläsern: Der perfekte Sommerjob, denkt sich Lisa, als sie spontan auf einem Kreuzfahrtschiff anheuert. Doch dann taucht ein mysteriöser und überaus attraktive VIP-Gast auf – und verwickelt sie in ein gefährlich sinnliches Spiel … Ein verruchtes Abenteuer erlebt auch Elena, als sie nach Sardinien reist, um das alte Ferienhaus ihrer Familie zu renovieren. Hilfe bietet ihr dabei der charismatische Alessandro an, der Sohn des Verwalters – aber seine glühenden Blicke scheinen ein Geheimnis zu verbergen … Einem rätselhaften Fremden begegnet auch Tatjana während des Venezianischen Karnevals: Kann es wirklich Zufall sein, dass ausgerechnet er die wunderschöne Maske angefertigt hat, die ihr am ersten Tag in der Lagunenstadt in die Hände gefallen ist?

Über die Autorin:

Sita Torasi ist das Pseudonym einer Autorin, die sich unter realem Namen mit bewegenden Liebesromanen und Kurzgeschichten in die Herzen ihrer Leser geschrieben hat. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Norddeutschland.

Sita Torasi veröffentlichte bei dotbooks auch ihren erotischen Urlaubsroman »Fever of Passion«.

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eBook-Sammelband-Neuausgabe Juni 2022

Die drei Einzelromane »Berauschend wie das Meer«, »Sardinia Dreams« und »Venice Lover« erschienen bereits 2015 als Sammelband unter den Titeln »Atemlose Begegnungen« sowie »Lustvolle Begegnungen« bei Bookshouse.

Copyright © der Sammelband-Originalausgaben 2015 Bookshouse Ltd., Villa Niki, 8722 Pano Akourdaleia, Cyprus

Copyright © der Sammelband-Neuausgabe der überarbeiteten Einzelromane 2022 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-98690-299-5

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Sita Torasi

My Sinful Summer

Drei Romane in einem eBook

dotbooks.

Berauschend wie das Meer

Kapitel 1

Auf Deck drei öffnete sich mit einem leisen Zischen die Automatiktür. Ohne aufzusehen, verließ Lisa den Fahrstuhl und wühlte stattdessen in ihrer überdimensionalen Handtasche. Verdammt, warum kaufte sie sich nicht endlich eine Tasche, in der sie ihren Kabinenschlüssel leichter finden konnte.

»Hey Lisa. Alles klar?«

Sie hob den Kopf und sah sich Benny gegenüber, dem gut aussehenden blonden Charmeur, der in jeder freien Minute mit einem der weiblichen Besatzungsmitglieder flirtete. Keine Ahnung, wo der plötzlich herkam.

»Du siehst etwas erhitzt aus.« Er grinste frech. »Hattest du grad ein außergewöhnliches Erlebnis?«

Lisa warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Das geht dich gar nichts an. Manchmal wäre es besser, wenn du einfach deine Klappe halten würdest.« Sie drückte sich an ihm vorbei und eilte den Gang entlang. Hoffentlich folgte er ihr nicht. Sie hatte erstens keinen Bock, sich weiter mit ihm zu unterhalten, beziehungsweise sich seine süffisanten Bemerkungen anzuhören, zweitens musste sie sich sputen, um rechtzeitig zum Dienstbeginn im Wellnessbereich aufzutauchen.

»Nun sei nicht so kratzbürstig. Was hab ich dir denn getan?«

»Du nervst und hältst mich außerdem auf. Ich hab keine Zeit. Mein Dienst fängt gleich an. Also tschüss.«

»Siehst heute übrigens zum Anbeißen aus. In deinem Dienstoutfit natürlich auch. Könntest mich auch mal massieren. Allerdings würde ich dann die weniger bekleidete Variante vorziehen.« Benny lachte.

Lisa biss sich auf die Unterlippe. Sie würde ihm gern noch ein paar Takte sagen für diese Frechheit, aber ihr blieb echt keine Zeit mehr. Daher entschloss sie sich, gar nicht zu reagieren. Gut, dass sie ihren Schlüssel inzwischen in der Hand hielt. Sie schloss ihre Kabinentür auf.

Plötzlich stand Benny dicht hinter ihr. Sein heißer Atem streifte ihren Nacken. »Komm schon, ein Viertelstündchen hast du doch bestimmt noch für mich übrig.«

»Lass mich in Ruhe. Ich bin nicht an dir interessiert.«

Lisa spürte seine Hand, die über ihren Rücken strich. Reflexartig schoss ihr angewinkelter Arm nach hinten. Sie traf diesen Mistkerl mit ihrem Ellenbogen. Wohin, war ihr ganz egal.

Er schnaufte, fluchte. »Bist du bescheuert?«

Glücklicherweise konnte sie in ihre Kabine flüchten, bevor er reagierte. Sie schlug die Tür hinter sich zu und lehnte sich aufatmend dagegen. Ein paar Mal atmete sie tief in ihren Bauch hinein, um ihren Puls und ihren Herzschlag zu beruhigen. Das konnte ja noch heiter werden mit dem Kerl. Als Steffi sie miteinander bekanntgemacht hatte, hatte Lisa ihn eigentlich ganz nett gefunden. Steffis Hinweis auf das Hobby dieses Kerls, jeden Rock anzubaggern, hatte sie nicht wirklich ernst genommen. Nun hatte sie es am eigenen Leib erlebt. Sie würde sich vor ihm in Acht nehmen müssen. Ausgerechnet jetzt, wo sie für mindestens eine Woche allein in der Kabine wohnte. Dumm, dass Steffi ins Krankenhaus gekommen war. Wie es ihr wohl ging? Ob sie operiert worden war?

Ein Ruck ging durch Lisas Körper. Ihr blieb keine Zeit, sie musste sich in aller Eile frisch machen und umziehen. Sie riss sich in Windeseile ihre Kleidung vom Leib und ließ sie auf den Boden fallen. Wegräumen würde sie sie später. Es war ja niemand hier, den das stören könnte. In der winzigen Nasszelle wusch und schminkte sie sich mit wenigen Handgriffen. Sie schlüpfte in ihre mintfarbene Arbeitskleidung, die aus einer langen Hose und einem kurzärmeligen Wickeloberteil bestand, das seitlich gebunden wurde. Den rosafarbenen Lipgloss, den sie überall mit hinnahm, schob sie in die Tasche des Oberteils. Fertig. Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Nur noch fünf Minuten, das war knapp. Immerhin befand sich die Wellnessabteilung auf dem dreizehnten Deck. Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt weit. Kein Benny zu sehen. Sie schaute rechts und links den Gang entlang. Gähnende Leere. Zum Glück. Sie huschte hinaus, schloss ihre Kabine ab und schob den Schlüssel in die Tasche. Hoffentlich musste sie nicht so lange auf den Lift warten wie vorhin. Und hoffentlich fuhr er ohne Unterbrechung durch nach oben.

Auf die Sekunde pünktlich öffnete sich die Aufzugtür auf Deck dreizehn. Die Eingangstür des Wellnesscenters lag aus strategischen Gründen dem Fahrstuhl genau gegenüber. Das kam ihr nun sehr gelegen.

»Da bist du ja endlich«, begrüßte ihre Kollegin Dana sie. »Die Chefin hat schon nach dir gefragt.«

»Bin ja da. Wo ist die Chefin?« Schon hörte Lisa Schritte hinter sich. Sie wirbelte herum. Ihre Chefin kam direkt auf sie zu.

»Ah, auch schon anwesend? Frau Ebert, das war aber äußerst knapp.« Ramona Kuhn zog ihre perfekt nachgezogene Augenbraue hoch.

»Ich musste unterwegs rasch einer alten Dame helfen«, flunkerte Lisa. »Das hat mich einige Minuten gekostet.«

»Na gut. Passagieren zu helfen ist natürlich oberstes Gebot. Und genau deswegen habe ich einen Spezialauftrag für Sie.« Sie strich sich eine Strähne ihrer hellblonden Haare zurück, die sich aus ihrem straff gebundenen Knoten gelöst hatte.

Lisa mochte ihre Chefin nicht besonders. Sie sah zwar sehr gut aus und wirkte auf den ersten Blick wie ein Modell, das für eine Kosmetikfirma Werbung machte, aber ihre Art war das krasse Gegenteil zu ihrem Aussehen. Lisa fand sie ruppig und oft unfreundlich. »Für mich?«

»Ja, für Sie. Haben Sie ein Problem damit?«

Lisa schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, weil ich erst seit einer Woche hier bin.«

»Das spielt ja wohl keine Rolle. Da Sie fundierte Kenntnisse in Physiotherapie haben, sind Sie genau die Richtige. Wir haben einen Gast an Bord, der ein besonderes Problem hat.« Ramona Kuhn räusperte sich. »Er hat eine Abneigung gegen Wellnesszentren und gehofft, unten beim Doc gäbe es eine Physioabteilung. Außerdem scheint er kein Unbekannter zu sein.«

»Ich versteh nicht ganz.«

»Der Doc hat ihm jedenfalls angeraten, dringend ein paar krankengymnastische Übungen zu machen, weil er akute Probleme mit einer seiner Schultern hat. Und nun kommen Sie ins Spiel. Sie werden den guten Herrn in seiner Kabine behandeln.«

»Ich denke, wir behandeln nicht in Kabinen.«

»Schätzchen, Ausnahmen bestätigen die Regeln. Wenn es sich um einen Gast handelt, der eine der teuersten Suiten bewohnt, dann drücken wir schon mal ein Auge zu. Also sputen Sie sich. Ich habe Sie für halb sechs angekündigt.«

»Hat der Doktor Ihnen etwas Genaueres zu den Beschwerden mitgeteilt?«

»Er wollte seine Diagnose aufschreiben und dem Patienten mitgeben.«

Lisa nickte. Außer der Massagelotion und einem Handtuch konnte sie momentan nichts mitnehmen. Sie musste sich erst einmal Gewissheit über die Beschwerden verschaffen. »Welche Kabine?«

»Suite acht, Deck zwölf.«

Hoffentlich war das nicht so ein überheblicher Geldsack, der meinte, er könnte sich alles kaufen und jeden Untergebenen mies behandeln. Was für ein Vorurteil, schalt sie sich auf dem Weg zu ihrem neuen Patienten. Es gab bestimmt auch nette Geldsäcke.

Lisa atmete tief durch und legte noch ein wenig Lipgloss auf, schließlich wollte sie auf den ersten Blick einen guten Eindruck hinterlassen. Sie klopfte zaghaft an die Tür mit der messingfarbenen Acht. Unten auf den Besatzungsdecks klebten, im krassen Gegensatz zur Luxusklasse, nur einfache Kunststoffschildchen an den Kabinentüren. Sie wartete einen Moment, klopfte noch einmal. Nichts. Sie horchte. Von drinnen war kein Laut zu hören. War sie etwa vor der falschen Kabine? Die Chefin hatte doch eindeutig Suite acht gesagt. Also noch einmal. Kurz bevor ihre Fingerknöchel das Türblatt berührten, schwang die Tür auf. Ihr Klopfen ging ins Leere, haarscharf am Brustkorb des atemberaubendsten Mannes vorbei, der ihr je begegnet war. Sie schluckte, spürte, wie ihr Hitze ins Gesicht schoss. »Guten Tag. Herzlich willkommen an Bord der Blue Majestic. Ich bin Lisa, die Physiotherapeutin auf diesem wunderschönen Schiff und damit beauftragt, Ihren Beschwerden auf den Grund zu gehen«, sprach sie ihn auf Englisch an. Sie hatte keine Ahnung, welcher Nationalität er angehörte.

Sein Blick aus hellbraunen, nein, eher bernsteinfarbenen Augen, schien sie regelrecht durchbohren zu wollen. Sie hielt unwillkürlich den Atem an. Hatte ihr die Chefin eigentlich seinen Namen genannt? Sie konnte sich nicht erinnern, ihr Kopf war wie leer gefegt. Einen Augenblick starrten sie sich nur an. Dann trat der Mann einen Schritt beiseite.

»Kommen Sie herein.« Er sprach Deutsch.

Lisa war erleichtert. So entstanden wenigstens keine Verständigungsschwierigkeiten während der Behandlung.

Zum ersten Mal sah sie eine der Suiten von innen. Wow, die Größe der Kabine beeindruckte sie. Die Inneneinrichtung war in Braun- und Beigetönen gehalten. Unaufdringlich und doch sehr elegant. Die Außenwand der Kabine bestand aus Glas, sodass man einen wundervollen und ungehinderten Blick aufs Meer hatte. Sogar einen kleinen Balkon gab es, das Geländer ebenfalls gläsern, um den Ausblick nicht unnötig einzuschränken. Was für ein Gegensatz zu ihrem winzigen Kabuff, das sie zu zweit bewohnen mussten. Ob er hier allein wohnte? Oder mit einer Frau? Sie sah sich unauffällig um, konnte auf die Schnelle aber keine Indizien entdecken, die darauf hinwiesen, dass dieser Typ seine Kabine mit einer weiblichen Person teilte. In Lisa keimte der Wunsch auf, dass sie sich nicht irrte. Auf einem kleinen Schreibtisch stand ein Laptop, daneben ein Stapel Bücher, eines davon aufgeschlagen.

»Können wir anfangen, oder wollen Sie noch mein Schlafzimmer in Augenschein nehmen?«, hörte sie seine Stimme hinter sich, die ziemlich amüsiert klang.

Lisa spürte, wie ihr Hitze ins Gesicht kroch. »Entschuldigung«, stammelte sie und drehte sich zu ihm um. »Natürlich können wir sofort anfangen. Bitte beschreiben Sie mir Ihre Beschwerden möglichst detailliert. Wenn ich richtig informiert bin, hat der Doktor Ihnen die Diagnose aufgeschrieben und mitgegeben.«

»Oh. Ja, Moment.«

Lisa sah ihm nach, als er zu dem niedrigen Glastisch ging, der vor einer Sitzgarnitur stand. Ihr Patient war ein ganzes Stück größer als sie. Schlank, leicht gebräunt, als wäre er schon eine Weile in Urlaub. Mit einem Zettel in der Hand kam er wieder auf sie zu. Sie konnte den Blick nicht von ihm wenden. Irgendwie kam er ihr bekannt vor, als wäre sie ihm schon mal begegnet oder hätte ihn zumindest schon mal von Weitem gesehen. Sie schätzte ihn auf Mitte dreißig. Sein Haar war dunkelbraun, kurz geschnitten, sein Gesicht schmal. Seine Nase gerade, vielleicht einen Tick zu lang. Auf seinem markanten Kinn entdeckte sie ein Grübchen. Wie gern würde sie mit dem Finger den Schwung seiner Lippen nachzeichnen. Was für Gedanken. War sie denn total verrückt geworden?

Er blieb dicht vor ihr stehen, zog eine Augenbraue empor und schaute sie amüsiert an. »Habe ich Ihre Begutachtung bestanden?«

O nein. War das so offensichtlich gewesen? »Ich …«, sie leckte sich über die Lippen, »… ich habe mir einen ersten Eindruck verschafft, ob Ihre Bewegungen durch die Beschwerden irgendwie beeinträchtigt werden.« Puh, da hatte sie gerade noch mal die Kurve gekriegt.

»Aha.« Er reichte ihr das Schreiben des Arztes, das sie gewissenhaft durchlas. Eigentlich schien alles halb so schlimm zu sein, jedenfalls nichts Dramatisches, was sich nicht mit einigen Übungen und ein paar Massagen lindern ließ.

»Schildern Sie mir bitte, wo genau es schmerzt, was für ein Schmerz das ist und wann er am stärksten auftritt.« Sie riss sich von seinem Anblick los, um sich auf die Aufgabe zu konzentrieren, die sie zu erfüllen hatte. Sie hörte ihm genau zu, während er ihr seine Beschwerden schilderte. »Okay, dann zeige ich Ihnen als Erstes ein paar Übungen, die Sie bitte täglich und regelmäßig machen. Am besten nicht nur, solange die Schmerzen auftreten, sondern auch in Zukunft, um neue Beschwerden zu vermeiden.«

»Ich habe weder Zeit noch Lust auf so ein Rumgehampel«, wehrte er ab. »Geht es denn nicht anders?«

»Bewegung ist das Beste, was Sie tun können. Ein paar Massagen würden die Schultern für den Moment entspannen, aber nicht wirklich helfen. Sie müssen schon ein bisschen mitarbeiten, wenn ich Ihnen helfen soll.«

Sein Seufzer klang genervt. Er musterte sie. »Und Sie haben wirklich Ahnung von dem, was Sie mir raten?«

Lisa schnappte nach Luft. Das war doch nicht zu fassen. »Ich bin ausgebildete Physiotherapeutin. Diplomphysiotherapeutin mit einigen Sonderausbildungen, um genau zu sein. Aber Sie müssen sich mir nicht anvertrauen, wenn Ihnen das zuwider ist. Allerdings muss ich Sie darauf hinweisen, dass es niemand anderen an Bord gibt, der Sie behandeln kann. Ein paar Pillen lindern übrigens nur den Schmerz, ohne die Ursache zu beseitigen.«

»Nun seien Sie nicht gleich beleidigt.« Augenscheinlich versuchte er eine Kehrtwende. »Lassen Sie uns endlich anfangen. Muss ich stehen bleiben, mich setzen oder vielleicht …« er zwinkerte ihr zu, »… sogar hinlegen?«

Was sollte das nun schon wieder? Seine Ansichten schien er im Sekundentakt zu ändern. Sie räusperte sich. »Zuerst einmal im Sitzen. Gibt es hier einen Stuhl?«

»Nur den vorm Schreibtisch.«

»Okay, der ist zwar nicht ideal, aber was soll ich machen? Es wäre am besten, wenn Sie das nächste Mal zur Behandlung in unsere Wellnessräume kommen würden. Das würde alles erleichtern.«

»Nein!« Seine Antwort kam schneidend.

Lisa zuckte zusammen. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, wieso er sich so anstellte. »Also gut. Machen wir das Beste daraus.« Sie stellte den Stuhl so hin, dass zu allen Seiten genügend Bewegungsfreiheit blieb. »Setzen Sie sich.« Es wurde höchste Zeit, anzufangen. Die übliche Behandlungszeit war schon fast vorbei, ohne dass sie überhaupt etwas gemacht hatten. Die Kuhn würde sauer sein, das ahnte sie jetzt schon. Dabei war sie selbst schuld, warum hatte sie zugelassen, dass der Typ auf seiner Kabine behandelt werden wollte?

Lisa betastete Zentimeter für Zentimeter die lädierte Schulter. »Sagen Sie mir, wo es wehtut.« Trotz des Hemdes, das er trug, spürte sie die Wärme, die sein Körper ausstrahlte. Sie wünschte sich plötzlich, dieser Stoff würde nicht seinen Körper bedecken. Noch nie war ihr Derartiges während der Behandlung eines Patienten durch den Kopf gegangen. Wieso ausgerechnet bei ihm?

»Genau da«, unterbrach er ihre Gedanken.

»Okay, dann wollen wir mal.« Sie zeigte ihrem Patienten ein paar relativ einfache, aber durchaus effektive Übungen, die er nach und nach mit amüsiertem Blick ausführte. Sie war versucht, ihn zu fragen, was ihn eigentlich erheiterte, hielt sich aber zurück. Ab und an korrigierte sie seine Haltung.

»Und so ein Kinderkram soll mir helfen?«

»Dieser Kinderkram, wie Sie es nennen, ist nur ein Anfang. Ich habe durchaus noch andere Behandlungsmethoden für Sie parat. Allerdings muss ich mir erst ein Bild über Ihre Beweglichkeit beziehungsweise Ihre Einschränkungen machen.« Zu ihrem Erstaunen machte er alles, was sie ihm auftrug, brav mit. »Ich könnte Ihnen noch eine Massage anbieten, wenn Sie wollen. Dazu müssten Sie den Oberkörper frei machen.«

Er nickte. »Ist mir recht. Soll ich mich hinlegen?«

»Ich schätze, Sie haben hier nicht zufällig eine Massageliege parat. Wobei wieder mein Hinweis darauf kommt, dass Sie besser …«

»Ich sagte Ihnen bereits, dass ich hier behandelt werden möchte. Wir könnten auch auf dem Bett …«

»Ähm … ein Bett ist nicht die richtige Unterlage für eine professionelle Massage.«

»Meinen Sie? Also ich fände durchaus, dass Sie da professionell tätig werden könnten.«

Sie schnappte nach Luft. Das hörte sich beinahe so an, als sei sie eine … »Was glauben Sie eigentlich …?«, sagte sie mit gepresster Stimme. »Außerdem ist das viel zu niedrig.«

»Oh, entschuldigen Sie. Das hörte sich jetzt anders an, als ich es gemeint habe.« Er wandte ihr den Kopf zu und schien wirklich zerknirscht, wie sie zu ihrem Erstaunen feststellte.

Na, wenigstens ist ihm bewusst geworden, was er da Blödes von sich gegeben hatte. »Bleiben Sie einfach sitzen, falls ich Sie massieren soll. Allerdings wäre es von Vorteil, wenn Sie sich das Hemd ausziehen.«

Wortlos knöpfte er sein Hemd auf, zog es aus und warf es auf die Couch. Dann straffte er seinen Rücken und setzte sich sehr aufrecht hin.

Lisa nahm die Flasche mit der Massagelotion, die sie während der Übungen auf dem Tisch abgestellt hatte, und ließ einen ordentlichen Schuss in ihre Handfläche laufen. Dann trat sie hinter den Stuhl. Großzügig verteilte sie die Lotion auf seinen Schultern. »Seien Sie nicht so verspannt«, sagte sie leise. »Das tut Ihnen nicht gut.«

Er atmete hörbar durch, aber er wurde lockerer. Schon Hunderte Male hatte sie Patienten massiert, aber noch nie hatte sie so eine eigentümliche Spannung gespürt. Oder lag es an der Umgebung, daran, dass sie diesen außergewöhnlich attraktiven Mann in seiner Suite behandelte? Er stöhnte unterdrückt auf, als sie ausgiebig die Stelle behandelte, die ihn am meisten schmerzte. »Das machen Sie ganz hervorragend«, sagte er nach einer Weile leise.

»Danke.« Ihr Herz hüpfte aufgeregt, weil er sie lobte. Sie legte besonders viel Gefühl in ihre Massage. Seinen Körper zu berühren, ohne dass er ahnte, wie sehr sie es genoss, ihre kundigen Finger über seine heiße Haut gleiten zu lassen, ohne dass er ahnte, wie sehr sie das anmachte, ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie beugte sich ein klein wenig zur Seite, um sein Profil betrachten zu können, irgendeine Reaktion in seinem Gesicht ablesen zu können. Seine Augen waren geschlossen, sein Gesicht entspannt. Er schien die Massage zu genießen. Nur, wenn sie seine Problemstelle bearbeitete, zuckten seine Lider.

Viel zu schnell war die Zeit herum. Mit ein paar letzten fließenden Bewegungen strich sie über seine Schultern, seine Oberarme. Sie trat einen Schritt zurück. »Fertig.« Sie wischte sich die restliche Lotion am Handtuch, das sie mitgebracht hatte, ab.

»Das war der eindeutig angenehmste Teil Ihrer Behandlung.« Er stand auf und griff nach dem Hemd. »Wann werden Sie wiederkommen?«

»Übermorgen. In der Zwischenzeit machen Sie bitte ein paar Mal täglich die Übungen, die ich Ihnen gezeigt habe.«

Er zog sich das Hemd über und legte den Kopf schief, während er es langsam zuknöpfte. »Wie wäre es mit morgen?«

»Wir sollten es nicht übertreiben, sonst geht der Schuss nach hinten los. Ihre Muskeln benötigen zwischendurch eine Ruhephase.«

»Schade.«

Lisa musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Gerade wirkte er wie ein kleiner Junge, der seine Süßigkeit nicht bekam. Wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass sie ihn liebend gern schon morgen wieder massieren würde. »Wenn Sie mir bitte noch Ihren Namen verraten, für die Kartei und das Behandlungsprotokoll, das ich noch ausfüllen muss.«

»Ist das nötig?«

Sie blickte ihn fragend an. »Selbstverständlich. Haben Sie ein Problem damit?« Er hatte doch hoffentlich nichts zu verbergen.

»Christoph Münch.«

»Gut, Herr Münch. Ich schau nach, wann ich übermorgen einen Termin frei habe, und lasse Ihnen eine Nachricht zukommen. Sollten Sie zu der Zeit gerade einen Ausflug machen wollen oder anderweitig verpflichtet sein, bitte ich um eine kurze Rückmeldung.«

»Morgen würde es mir lieber passen.«

Lisa sah ihn nachsichtig an. »Den morgigen Tag, Herr Münch, werden Sie zur Erholung benötigen.«

Er zog die Stirn kraus. »Sie sind aber auch unnachgiebig.«

»Und Sie uneinsichtig«, konterte sie. Sie nahm die Lotionflasche und das Handtuch. »Also dann … Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Aufenthalt an Bord.« Sie eilte zur Tür, sie war viel zu spät dran und wäre doch am liebsten noch eine Weile geblieben. Was hatte er an sich, das sie derart zu ihm hinzog, wo er doch anfangs nicht einmal besonders freundlich zu ihr gewesen war?

In Nullkommanichts stand Christoph Münch neben ihr. Er legte eine Hand auf den Türgriff, öffnete die Tür jedoch nicht. Sein Blick ruhte auf ihr, was sie ganz nervös machte. »Also dann«, sagte sie, »bis zum nächsten Mal.«

Er beugte sich vor, sein Gesicht war ihrem so nahe, dass sie seinen Atem spürte, den Duft der Lotion einatmete. »Bis bald«, murmelte er. »Warten Sie nicht zu lange.«

Lisa nickte aufgeregt. In ihrem Bauch kribbelte es.

»Auf Wiedersehen.« Sie drehte sich um und streckte ihre Hand nach dem Türgriff aus, um aus seinem Bannkreis zu flüchten. Sie hatte nicht bedacht, dass dort immer noch seine Hand lag. Als sie sie berührte, spürte sie eine merkwürdige Energie, die von seiner Hand in ihre floss. Sie konnte nicht verhindern, dass sie ihn erstaunt ansah. Ob er es auch gespürt hatte?

Er lächelte, zwinkerte ihr zu und nahm ihre Hand in seine. »Wir sehen uns. Bald.«

Dieser Blick … Es kostete Lisa fast überirdische Kräfte, sich von ihm zu lösen. Aber sie musste es tun. Bevor es zu spät war.

»Wo kommen Sie denn jetzt erst her? Waren Sie noch eine Runde sonnen?«

Oje, die Chefin war ja vielleicht drauf. Aber diese Anschuldigung konnte und wollte Lisa nicht auf sich sitzen lassen. »Wenn Sie es genau wissen wollen, ich habe die ganze Zeit gearbeitet. Der Patient wollte zusätzlich noch eine Massage. Wenn Sie nicht zugestimmt hätten, dass er in seiner Kabine behandelt wird, hätten Sie das mitbekommen können.« Sie stellte die Flasche mit der Lotion an ihren Platz und ging zum Anmeldetresen. »Wartet noch jemand auf mich?«

»Momentan ist es ruhig«, sagte die Chefin.

Lisa fragte sich, weshalb ihre Chefin so einen Aufstand gemacht hatte, wenn nicht mal ein Patient da war.

»Wer ist er denn?«, fragte Dana und kam neugierig näher, als sich Lisa Notizen von ihrem vergangenen Termin machte.

Lisa zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Er heißt Christoph Münch. Mir ist zwar, als hätte ich ihn schon mal irgendwo gesehen, aber sein Name ist mir total unbekannt.«

»Hm, sagt mir auch nichts. Aber das will ja nichts heißen, oder? Vielleicht kriegst du noch ein bisschen mehr raus. Es könnte ja sein, dass er inkognito reist.«

»Du meinst, er benutzt einen falschen Namen?«

Dana zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Vielleicht ist er ein Filmstar oder stammt aus einer bekannten Adelsfamilie. Vielleicht ist er auch ein Geheimagent.«

Lisa lachte auf. »Dana, jetzt geht die Fantasie mit dir durch.«

»Auf jeden Fall solltest du bei deinem nächsten Termin versuchen, ein paar Einzelheiten aus deinem Patienten herauszukitzeln. Sieht er wenigstens gut aus?«

Sofort tauchte Christoph Münchs attraktives Gesicht vor ihrem inneren Auge auf. Seine nackte Haut, die sie genussvoll massiert hatte. Beinahe wäre ihr ein sehnsuchtsvoller Seufzer entschlüpft, sie konnte sich gerade noch zurückhalten. »Er sieht ganz passabel aus.« Mehr wollte sie Dana nicht verraten. Es ging Dana nichts an, wie sie sich gefühlt hatte, als sie diesen verwirrenden Mann berühren durfte. Als er so dicht vor ihr gestanden und sein Atem sie gestreichelt hatte.

Als das Schiffshorn ertönte und signalisierte, dass sie ablegten, wäre sie gern an Deck gewesen. Sie liebte diese Augenblicke ebenso wie die, wenn ein Schiff in einen Hafen einfuhr. Leider hatte sie erst in einer halben Stunde Dienstschluss. Sie schaute auf ihren Dienstplan, um nachzusehen, wann sie wieder in den Genuss kommen würde, bei An- oder Ablegemanöver dienstfrei zu haben. Gleich übermorgen, wenn sie Madeira erreichten und in den Hafen von Funchal einfahren würden, hatte sie frei. Morgen hatte sie ab Mittag Dienst und es standen eine Menge Termine an. So war es immer an den Seetagen. Viele Gäste nutzten diese Tage für Wellnessanwendungen, Sport und Shopping. An den anderen Tagen drängte sich alles auf die Spätnachmittag- und Abendtermine. Vor den Ausflügen war meistens wenig zu tun. Kaum jemand wollte während seines Urlaubs früh aufstehen.

»Kommst du noch mit auf einen Drink?«, fragte Dana, als sie zusammen im Lift hinunter zu den Besatzungsdecks fuhren.

»Nee, lass mal. Für heute habe ich genug.« Außerdem konnte es sein, dass an der Bar, die es separat für Besatzungsmitglieder gab, dieser Benny rumlungerte. Und dem wollte sie heute garantiert nicht mehr begegnen. »Ich werde nur kurz duschen und mich dann in die Koje hauen.«

»Schade. Ich dachte, wir könnten noch ein bisschen klönen. Während der Arbeit haben wir ja selten Zeit dazu.«

»Ein anderes Mal gerne.« Lisa grinste. »So viele Möglichkeiten, uns in der Freizeit nicht über den Weg zu laufen, gibt es ja auch nicht.«

»Stimmt.« Dana lachte und hakte sich auf dem Weg vom Lift zu den Kabinen bei Lisa unter. »Verschieben wir unseren Drink auf morgen oder übermorgen. Bis dahin hast du vielleicht ein bisschen mehr über deinen ominösen Fremden herausgefunden.«

»Dana, du machst Scherze. Hier sind andauernd Hunderte Fremde an Bord.«

»Aber keiner von denen will deine Spezialbehandlung in seiner Kabine.«

»Erstens hat der Doc ihm die Behandlungen verordnet und zweitens wird ihm total egal sein, wer ihm seine Schmerzen lindert. Hauptsache, es tut einer.« Sie hatten Danas Kabine erreicht. »Viel Spaß noch in der Bar. Machs gut.«

»Tschüs, Lisa. Schlaf gut.«

Lisa eilte den Gang entlang und atmete auf, als sie ohne Probleme ihre Kabine erreichte.

Kapitel 2

Lisa wischte ihre verschwitzten Hände an den Seiten ihrer Dienstkleidung ab. Rasch legte sie noch etwas Lipgloss auf und klopfte schließlich an die Tür mit der messingfarbenen Acht.

Sekunden später, als hätte er sie erwartet, was natürlich Quatsch war, öffnete sich die Tür.

»Ha…« Die Begrüßung blieb ihr im Halse stecken. Dafür spürte sie, wie flammende Röte ihre Wangen bedeckte.

Christoph Münch wirkte ebenfalls überrascht, allerdings schien ihm seine Aufmachung im Gegensatz zu ihr nichts auszumachen. Er war nackt – also fast. Lediglich ein Duschhandtuch, das er um seine Hüften geschlungen hatte, verhüllte seine intimsten Körperteile. Wassertropfen perlten von seiner gebräunten Haut. Sein Haar war nass und stand wild in alle Himmelsrichtungen. »Lisa …«

Sie wusste nicht, wo sie hinsehen sollte. Alles an ihm verwirrte sie. Seine bernsteinfarbenen Augen, in denen sie schon wieder versinken könnte. Seine Haare, die sie noch weiter verwuscheln würde. Seine vom Duschen feuchte Haut, die sie so gern berühren würde. Sie schob ihre Hände in die Taschen ihres Oberteils, um sie nicht tatsächlich auszustrecken und über seinen Brustkorb zu streichen. Nervös spielte sie mit ihrem Lipgloss. »Sorry, ich wusste nicht … also, ich komme lieber zu einem günstigeren … äh, Zeitpunkt …«

Ihre Unsicherheit schien ihn zu amüsieren. Er streckte eine Hand aus und schob mit der anderen die Kabinentür weiter auf. »Kommen Sie doch herein. Ich dachte zwar, Sie wollten erst morgen …«

»Ich bin hier, weil ich die Notizen vom Doc vergessen habe«, unterbrach sie ihn. »Die fehlen mir für die Akte.«

»Der Zettel liegt auf dem Tisch. Nun kommen Sie schon, oder wollen Sie hier Wurzeln schlagen?«

Wie hypnotisiert betrat Lisa die Kabine. »Ich bin auch gleich wieder weg.« Tatsächlich lag ein beschriebenes Blatt Papier auf dem niedrigen Glastisch, direkt neben einem Buch. Ein Thriller von Chris Winter. Sie selbst las ebenfalls gern Thriller, da hatten sie schon mal eine Gemeinsamkeit. Diesen hier kannte sie zwar noch nicht, aber sie hatte bereits zwei andere von dem Autor gelesen. Er schrieb ausgesprochen spannend.

»Wollen Sie mit mir frühstücken?«, riss Christoph Münch sie aus ihren Gedanken. Er stand dicht hinter ihr, das spürte sie mit jeder Faser ihres Körpers.

Lisa nahm die Notiz vom Tisch und drehte sich zu ihm um. »Das geht nicht.« Sie starrte auf seinen Brustkorb, weil sie spürte, dass sein Blick auf ihr ruhte. Da war eine kleine Narbe neben seiner rechten Brustwarze.

»Warum nicht?«

»Weil … weil ich arbeiten muss.« Und weil sie schleunigst aus seinem Bannkreis entfliehen musste.

»Ein Patient?«

»Nein, der nächste Termin ist erst in einer Stunde.«

»Na also.« Er räusperte sich. »Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mit mir frühstücken würden.«

»Ich … also …« Sie spürte einen Finger, der sich unter ihr Kinn legte und es sanft anhob, bis ihr Blick seinem begegnete.

»Sie könnten sagen, ich bräuchte eine dringende Behandlung.« Sein Daumen strich über ihre Lippen, was sie noch mehr durcheinanderbrachte.

Mit einem Mal bekam das Wort Behandlung eine neue Bedeutung. Ob es an seinem intensiven Blick lag? Oder daran, weil sie sich gerade fragte, wie seine Lippen schmecken würden? Wie es sich anfühlen würde, wenn er zur Abwechslung sie massierte?

»Das geht wirklich nicht. Ich bekomme riesigen Ärger, wenn ich mich auf so etwas einlasse.«

»Es wird niemand erfahren«, sagte er leise.

In Lisas Kopf herrschte totales Chaos. Sie wusste, sie durfte seiner Bitte auf keinen Fall nachgeben, und doch hielt sie irgendetwas davon ab, sofort seine Kabine zu verlassen.

Es klopfte an der Kabinentür.

»Das wird mein Frühstück sein«, sagte Christoph. »Da hatte ich eben schon mit gerechnet, als ich Sie vor meiner Kabinentür fand.« Er wandte sich der Tür zu.

Oje, man durfte sie hier nicht sehen. Sie war total durch den Wind, jeder, der ihr ins Gesicht blickte, würde merken, dass es hier um mehr als eine Therapie ging. Vor allen Dingen, wo er beinahe nackt hier herumlief. »Wo kann ich mich verstecken?«, flüsterte sie mit drängender Stimme.

Er grinste, als amüsierte ihn ihre Panik. »Die nächste Tür führt ins Bad.«

Lisa schlüpfte hinein. Immer noch hingen Dunstschwaden in dem winzigen Raum. Der Spiegel war beschlagen. Ein paar Toilettenartikel standen auf dem schmalen Regal darunter. Sie zwang sich, nicht allzu neugierig zu sein und blieb hinter der Tür stehen und horchte auf etwaige Geräusche. Sie hörte Christophs Stimme, konnte allerdings nicht verstehen, was er sagte. Hoffentlich konnte sie hier schnell wieder raus. Von dem kurzen Augenblick, den sie sich hier versteckte, klebte ihr die Kleidung bereits am Körper. Plötzlich schwang die Tür auf.

Er lächelte und zwinkerte ihr zu. »Die Luft ist rein.«

»Zum Glück.« Lisa drückte sich an ihm vorbei, bemüht, seinen Körper nicht zu berühren, doch sie konnte nicht verhindern, dass ihr Arm seinen Bauch streifte. Sein warmer Atem streifte ihr Gesicht, ihren Hals. Sie ging schnell weiter, bückte sich nach dem Zettel, der der Grund ihres Besuches war.

»Bleib.« Christoph stand dicht hinter ihr, legte seine Hände auf ihre Oberarme. »Bitte.«

»Es geht nicht«, sagte sie gepresst. Warum streichelte er an ihren Armen rauf und runter? »Ich muss los.« Sie trat einen Schritt zurück, damit seine Hände sie nicht noch mehr durcheinanderbringen konnten.

»Ich habe eben im Wellnesscenter angerufen und gesagt, dass ich mir dringend noch einmal die verordneten Übungen zeigen lassen muss, damit ich durch falsche Bewegungen meine Schmerzen nicht verschlimmere.« Er grinste, als wäre er stolz über seinen Einfall.

»Warum soll ich unbedingt bleiben?«

»Ich habe dich zum Frühstück eingeladen. Immer allein frühstücken ist langweilig.«

Lisa schaute sich irritiert um. »Wo ist denn das Frühstück?«

Christoph wies in Richtung der Glasfront. »Ich sitze gern draußen und genieße die unendlichen Weiten des Meeres.«

Ja richtig, dort stand ein Teewagen mit allerlei Köstlichkeiten. Sie lächelte. Es war wahrhaftig ein wunderbarer Platz für ein Frühstück. Sie wandte sich ihm wieder zu. »Okay, ich bleibe noch einen Augenblick. Aber unter einer Bedingung.« Ihr Blick glitt über seinen nackten Oberkörper, der inzwischen getrocknet war.

»Die wäre?« Er forschte in ihrem Gesicht, das merkte sie ganz deutlich, obwohl sie immer noch auf seinen Brustkorb starrte.

»Es irritiert mich, dass Sie nichts anhaben. Könnten Sie sich bitte etwas überziehen?«

Er lachte lauthals, als hätte sie einen Witz erzählt. »Okay, kleine Lady, dein Wunsch ist mir Befehl.« Er verbeugte sich förmlich. »Du kannst gern schon draußen Platz nehmen.« Er verschwand in der Tür neben dem Bad, wo sich vermutlich sein Schlafgemach befand.

Warum in drei Teufels Namen war sie noch hier? Wenn herauskam, dass sie sich zum Privatvergnügen in einer der Passagierkabinen aufhielt, könnte das enormen Ärger bedeuten. Irgendetwas an diesem Mann zog sie an wie ein Magnet. Sie war doch sonst nicht so leicht zu ködern, was war es also? Jedenfalls nicht, weil er in einer Suite wohnte, was darauf hindeutete, dass er über ein gut gefülltes Bankkonto zu verfügen schien. Warum war er ausgerechnet an ihr interessiert? Und wieso versteckte er sich hier in der Kabine, ging weder in den Wellnessbereich noch in eines der Restaurants zum Frühstücken? Merkwürdig. Ob er doch berühmt war? Oder suchte er nur eine willige Frau für sexuelle Vergnügungen? Ihr Herz schlug schneller bei diesem Gedanken, der ihr bewusst werden ließ, dass es durchaus sein könnte, dass sie sehr willig reagierte, wenn er Annäherungsversuche wagen würde. Sie würde dahinschmelzen, wenn er sie in die Arme schließen und küssen … Ja, sie wünschte sich, er würde es tun. War sie deshalb immer noch hier?

Hinter ihr klapperte eine Tür. Christoph kam in einer hellen Jeans und einem weißen kurzärmeligen Hemd auf sie zu. »Lisa, schön, dass du nicht geflüchtet bist.«

Hatte er vermutet, dass sie genau das tun würde? Und jetzt, was hinterließ sie für einen Eindruck, weil sie immer noch hier war? Sie lächelte ihn scheu an. »Ich bekam eine Einladung. Schon vergessen?«

Er fasste nach ihrer Hand, zog sie mit sich nach draußen. »Lass uns frühstücken. Ich habe einen Bärenhunger.« Er schob ihr einen Stuhl zurecht, bevor er sich setzte, und schenkte ihr eine Tasse Kaffee ein.

Lisa staunte, wie sehr sie Christophs Gesellschaft genoss, wie zwanglos sie miteinander plaudern konnten. Es störte sie merkwürdigerweise nicht, dass er sie duzte, im Gegenteil. Sie scheute sich allerdings, es ebenfalls zu tun. Die Spannung, die vorhin zwischen ihnen geherrscht hatte, war hier draußen gewichen, als hätte der Seewind sie fortgepustet. Vielleicht auch, weil er jetzt nicht mehr nackt war.

»Warum ziehen Sie es vor, allein zu frühstücken?«

Er schaute einen Moment aufs Meer hinaus, bevor er antwortete. Dann nahm er seine Kaffeetasse in die Hand und trank einen Schluck. Als er die Tasse wieder abstellte, sah er sie an. »Gibt es einen schöneren Platz als diesen hier?« Er lächelte sie an und doch entdeckte sie einen winzigen Funken Traurigkeit in seinem Blick. Sie hätte gern mehr erfahren, traute sich aber nicht, weiter in ihn zu dringen.

»Außerdem arbeite ich oft nebenher. Das wäre nicht möglich, wenn ich im Restaurant sitzen würde.«

»Sie arbeiten während dieser wundervollen Reise?«

»Ja, die Kreuzfahrt ist für mich alles andere als eine Vergnügungsreise.« Mehr verriet er nicht.

Vielleicht würde sie im Laufe ihrer Behandlungstermine ein bisschen mehr über ihn und seinen Beruf herausfinden. Sie nahm sich vor, ihre Fragen behutsam und nicht allzu neugierig klingend zu stellen.

»Magst du ein Croissant oder ein Brötchen?«, fragte Christoph. »Ich kann all die leckeren Sachen unmöglich allein essen.«

»Nein danke. Aber ich nehme gern ein bisschen Obst.« Sie legte sich ein paar Trauben und ein Stück Melone auf einen Teller. »Was macht die Schulter? Haben Sie die Übungen schon gemacht?«

»Nein, Frau Doktor, heute noch nicht.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und streckte die Beine aus. »Aber ich verspreche, dass ich sie noch machen werde. Ansonsten schmerzt die Schulter noch genauso wie gestern. Vermutlich, weil der kleine Schreibtisch drinnen nicht die richtige Höhe für mich hat.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber es ist der einzige Platz, an dem ich einigermaßen vernünftig arbeiten kann. Ich habe es auch schon hier draußen versucht, aber da ist es auch nicht besser.«

»Vermutlich wäre es von Vorteil, nicht zu lange am Stück am Laptop zu arbeiten.« Sie sah ihn aufmerksam an. »Warum muss man während einer solchen Reise unbedingt arbeiten? Machen Sie keinen der Ausflüge mit?«

»Es muss sein. Es gibt Termine, die lassen sich nicht aufschieben. Außerdem arbeite ich gern. Und ob ich Zeit für einen Ausflug haben werde, weiß ich noch nicht. Wirst du dir eine der Inseln ansehen?«

»Leider ist der Wellnessbereich auch während der Ausflüge geöffnet – für die Passagiere, die an Bord bleiben wollen. Ich hoffe, dass ich mir wenigstens Lanzarote ansehen kann. Die Insel ist faszinierend. Ich war im Teenageralter mit meinen Eltern da. Und nach meinem jetzigen Dienstplan habe ich sogar frei.« Sie stellte den Teller auf den Tisch. »So, jetzt muss ich los. Es war sehr nett, und ich bedanke mich für die Einladung, aber ich kann mir keinen Ärger erlauben. Ich bin nämlich erst seit gut einer Woche auf dem Schiff.«

»Was hat dich dazu bewogen, auf einem Schiff zu arbeiten?«, fragte Christoph.

Lisa seufzte. »Ein Zeitvertrag, der nicht verlängert wurde. Der Ex, der mir laufend mit seiner Neuen über den Weg lief. Ich wollte nur noch weg. Da traf ich eine Schulfreundin, die mir von ihrem Job an Bord eines Kreuzfahrtschiffes erzählte, und wo sie überall schon gewesen ist. Das erschien mir die perfekte Lösung. Obwohl ich nicht damit gerechnet hatte, dass es klappen würde, wollte ich diesen Schritt zumindest versuchen.«

»Es wird sicher eine spannende Episode in deinem Leben.«

»Ja, das denke ich auch. Ich bin froh, dieses Wagnis eingegangen zu sein.« Denn sonst hätte ich dich nicht getroffen. Lisa stand auf. »Ich muss jetzt … Nochmals vielen Dank.«

»Warte, ich bring dich zur Tür.« Christoph folgte ihr. »Hast du noch ein paar Tipps für meine Schulter? Wann haben wir den nächsten Termin?«

»Morgen um elf Uhr, wenn das in Ordnung ist. Und eine effektive Übung habe ich tatsächlich noch. Die kann man wunderbar an der Tür oder einer Wand machen und ist ganz einfach.« Lisa stellte sich in leichter Grätsche vor die Kabinentür und legte die Handflächen gegen die Tür. »Einfach die Arme so weit wie möglich nach oben strecken und einige Sekunden verharren. Wenn Sie das mehrmals am Tag machen, werden Sie sehen, wie gut das tut.«

Plötzlich stand Christoph dicht hinter ihr, reckte seine Arme und legte die Hände auf ihre. »So?«, fragte er leise an ihrem Ohr. Er war ihr so nahe.

»Den Körper weit nach oben strecken«, sagte sie atemlos.

»Ich finde es so aber gerade richtig gut.« Sein Atem streifte ihren Nacken. Seine Lippen ebenfalls.

Ein heißes Kribbeln lief durch ihren Körper. Wenn er sie nicht sofort freiließ, war sie verloren.

»Bleib.« Seine Lippen machten sie ganz verrückt. »Ich möchte dich nicht gehen lassen«, raunte er. Seine Hände wanderten an ihren Armen hinab, die sie immer noch weit nach oben gestreckt hatte.

»Christoph, bitte …« Mit aller Macht zog sie ihre Arme nach unten und drehte sich um. Sie hatte nicht bedacht, wie nah sein Mund ihrem sein würde. Lisa drückte sich mit dem Rücken an die Tür, schloss die Augen, um diesem intensiven Blick zu entfliehen, der sie jedes Mal aufwühlte.

Seine Hände legten sich an ihre Wangen, sein Mund auf ihren. »Das wollte ich gestern schon tun«, murmelte er zwischen zarten Küssen.

O ja, das wollte sie auch schon seit gestern. Wie von selbst legten sich ihre Arme um seinen Nacken. Wie von selbst öffneten sich ihre Lippen seiner lockenden Zungenspitze. Ihr Herz klopfte wild, als ihr Kuss intensiver wurde, ihre Lippen miteinander zu verschmelzen schienen.

Das Klingeln eines Telefons riss sie brutal in die Gegenwart zurück.

Christoph fluchte unterdrückt, gab sie frei und eilte zum Bordtelefon. Er warf Lisa einen bedauernden Blick zu, bevor er den Hörer abnahm. »Ja bitte?« Er horchte einen Moment. »Nein, sie ist vor wenigen Augenblicken gegangen. Vielen Dank, dass es so unproblematisch funktioniert hat. Die erneute Behandlung hat mir sehr gutgetan. Eine sehr fähige Mitarbeiterin …«

Lisa nutzte den Moment und winkte Christoph zum Abschied zu. Ehe er reagieren konnte, verließ sie seine Kabine.

Ihr Gesicht brannte immer noch, als sie die Eingangstür des Wellnessbereichs erreichte. Wo sollte das noch hinführen? Einerseits war sie froh, dass sie gegangen war, während er telefonierte, andererseits … Diesen Gedanken wollte sie jetzt lieber nicht verfolgen.

»Scheint ja ein ziemlich schwieriger Patient zu sein, den Sie da behandeln müssen«, meinte ihre Chefin. »Hätte ich bloß nicht zugestimmt, dass Sie ihn in seiner Kabine behandeln dürfen. Was ist das denn für ein komischer Kauz?«

»Komisch würde ich nicht sagen«, wandte Lisa ein. »Aber er scheint aus irgendeinem Grund eine Aversion gegen Wellnesszentren zu haben. Ich hatte ihm dringend geraten, hierherzukommen, aber er hat das strikt abgelehnt.« Sie zuckte mit den Schultern. »Also werde ich wohl weiterhin seine Kabine aufsuchen müssen.« Während sie das sagte, flatterte es aufgeregt in ihrem Bauch. Sie sehnte sich jetzt schon entgegen aller Vernunft danach, zu ihm gehen zu können.

Wann immer sie einen Augenblick Zeit hatte, dachte sie an Christoph. An den Kuss, den sie getauscht hatten. Daran, dass sie sich gestern gefragt hatte, wie sich ein Kuss von ihm anfühlen würde. Es fühlte sich gut an, das wusste sie inzwischen. Megagut sogar.

»Was grinst du denn so?«, fragte Dana.

»Ach nichts, mir fiel nur gerade etwas Witziges ein. Etwas von zu Hause.« Zum Glück fragte Dana nicht weiter.

»Was machst du heute Abend? Lust auf den Drink, den du gestern verschmäht hast?«

»Weiß ich noch nicht. Vielleicht lese ich ein bisschen.«

»Wieso willst du dich schon wieder in deiner Kabine verkriechen? So lernst du die anderen nie näher kennen.«

Lisa seufzte. »Stimmt zwar, aber ich habe keinen Bock, diesem Benny zu begegnen. Der war gestern ganz schön aufdringlich. Auf solche Typen steh ich ja nun gar nicht.«

»Ach, der Benny.« Dana lachte. »Der ist eigentlich ganz harmlos. Allerdings versucht er bei jeder Frau sein Glück. Der Arme schnallt es nur nicht, wenn er eine Abfuhr erteilt bekommt.«

»In welchem Bereich arbeitet er denn?« Nicht, dass sie das wirklich interessierte, sie fragte nur, damit sie wusste, wo die Gefahr bestand, ihm zu begegnen.

»Er bedient in einem der Restaurants und oft spät abends in einer der Bars. Sicher versucht er bei allen weiblichen Passagieren, seinen Charme spielen zu lassen.«

Die Eingangstür schwang auf, bevor Dana und Lisa das Gespräch fortsetzen konnten.

Eine ältere Dame kam hereingerauscht. Sie wandte sich an Lisa. »Ich habe um neunzehn Uhr eine Hot-Stone-Behandlung. Die muss ich leider verlegen. Geht es auch früher? Am besten gleich.«

Lisa lächelte die Dame an. »Ich sehe mal im Plan nach, ob sich etwas machen lässt.«

»Wissen Sie, ich habe eben erfahren, dass heute Abend ein bekannter Autor eine Lesung aus seinem neuen Bestseller halten wird. Da muss ich hin. Ich kenne nämlich fast alle seine Bücher, nur das Neueste noch nicht.« Sie japste nach Luft. »Ach, ich bin ja schon so aufgeregt.«

»Das kann ich mir vorstellen. Ich lese auch gern Thriller. Um welchen Autor handelt es sich denn?«

»Um Chris Winter. Kennen Sie den?«

Lisa lächelte die aufgeregte Kundin an. »Ihn nicht, aber zwei seiner Bücher habe ich auch gelesen.« Lisa wandte sich Dana zu. »Dana, was meinst du, könntest du die Dame gleich drannehmen?«

Dana schaute auf ihre Uhr, überlegte einen Moment und nickte. »Das müssten wir hinkriegen. Frau Freising, wenn ich mich recht erinnere.« Sie nickte der Kundin zu. »Wenn Sie möchten, können wir sofort zur Tat schreiten.«

»Wunderbar, Sie sind ein Schatz.« Frau Freising beugte sich zu Lisa. »Vielleicht sehen wir uns nachher. Die Lesung sollten Sie sich keinesfalls entgehen lassen.«

»Als Besatzungsmitglied bin ich eigentlich nicht …«

»Papperlapapp. Ich lade Sie einfach ein. Dann kann doch niemand etwas dagegen haben, oder?« Frau Freising zwinkerte Lisa zu. »Das wird bestimmt aufregend, meinen Sie nicht? Sie können uns natürlich auch sehr gern begleiten«, wandte sie sich an Dana.

Dana schüttelte den Kopf. »Herzlichen Dank, Frau Freising, aber Bücher sind nichts für mich. Außerdem habe ich bereits eine Verabredung. Kommen Sie, damit ich Sie für Ihren Thrillerabend fit machen kann.«

»Meine Liebe«, sagte Frau Freising zu Lisa gewandt. »Ich besorge Ihnen nachher eine Karte. Holen Sie mich doch um halb sieben ab. Kabine zehn null sieben auf Deck zehn. Ich freu mich schon.«

Lisa starrte der resoluten Kundin nach. Sollte sie die Einladung wirklich annehmen? Einerseits fühlte sie sich unwohl, andererseits … wann würde sie jemals wieder die Gelegenheit bekommen, Chris Winter live zu erleben? Ihr Herz hüpfte plötzlich aufgeregt. Sie hatte bei Christoph ja auch ein Buch dieses Autors entdeckt. Das bedeutete vielleicht, dass Christoph ebenfalls zur Lesung gehen würde. Vorausgesetzt, er würde sich dazu aufraffen, seine Kabine zu verlassen. Mit einem Mal freute sie sich auf den Abend.

Kapitel 3

Pünktlich zur verabredeten Zeit klopfte Lisa an Frau Freisings Kabine. In der Hand hielt sie Gnadenlos verfolgt, das Buch, das sie zufälligerweise mitgenommen hatte, als sie zu ihrer neuen Arbeitsstätte aufgebrochen war. Das wollte sie sich nach der Lesung von Chris Winter signieren lassen.