Psychoanalytische Pädagogik – von den Anfängen bis heute

Evelyn Heinemann & Hans Hopf

Da die Psychoanalyse in den Anfängen Interessenten verschiedenster Berufszweige offen stand, waren es psychoanalytisch ausgebildete Pädagogen, denen die Entwicklung der psychoanalytischen Pädagogik zu verdanken ist. Am Anfang steht Freuds Arbeit über die „Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben“ (1909), in der Freud mit dem Vater des Knaben Gespräche führte und dieser seine Erkenntnisse in erzieherisches Handeln umsetzte. Die Zeit von 1920 bis 1938 gilt als die Blütezeit der psychoanalytischen Pädagogik, die auch ihren Niederschlag in der Herausgabe der Zeitschrift für Psychoanalytische Pädagogik (1926–1937) fand. Die Zeit bis 1932 wird als von Optimismus gezeichnet beschrieben. In dieser Zeit glaubte man, mit Hilfe der Psychoanalyse eine den psychoanalytischen Lehren entsprechende Kindererziehung umsetzen zu können, die zu einer Befreiung des Kindes und zur Neurosenprophylaxe beitrage. 1937 setzte sich auf einem Symposium in Budapest eine kritischere Sicht in der psychoanalytischen Pädagogik durch. Jetzt wurde auch die wichtige Rolle von Versagungen für die Entwicklung des Kindes postuliert. Die pädagogische Zielsetzung verschob sich von der Befreiung des Kindes aus einer triebunterdrückenden Erziehung hin zu einer das Ich des Kindes unterstützenden Pädagogik.

Wichtige psychoanalytische Pädagogen der Anfangszeit waren:

Wera Schmidt (1923), die 1921 in Moskau ein Heim gründete für dreißig Kinder im Alter von 1–5 Jahren, die sie unter psychoanalytischen Vorgaben erzog. Darunter verstand sie vor allem keine Strafen, Triebfreiheit und die Förderung von Sublimierungen.

Siegfried Bernfeld (1921) war von August 1919 bis April 1920 Direktor des jüdischen Kinderheimes Baumgarten in Wien. In Kindergarten, Heim und Schule waren 300 Kinder beiderlei Geschlechts im Alter von 3–16 Jahren untergebracht. Bernfeld setzte in dem Heim ein reformpädagogisches Konzept um, in dem die Autorität der Pädagogen und die Machtstrukturen verändert wurden.

August Aichhorn (1971) entwickelte seine Erziehungslehre in den österreichischen Fürsorgeerziehungsanstalten von Oberhollabrunn und St. Andrä, die er von 1918 bis 1922 leitete. Bereits 1925 erschienen seine grundlegenden Gedanken in dem Buch „Verwahrloste Jugend“, das bis heute als Klassiker der psychoanalytischen Pädagogik gilt.

Hans Zulliger (1921, 1928, 1926/27; 1936) sah psychoanalytische Pädagogik als eine Erziehungsweise, die auf dem psychoanalytischen Verständnis der Kinder und der Erzieherreaktionen beruhte. Seine Arbeiten aus der Schule regten eine breite Diskussion über psychoanalytische Pädagogik in der Schule in der Zeitschrift für Psychoanalytische Pädagogik an, die auch noch heute für Lehrer und Lehrerinnen viele Anregungen geben können.

Bruno Bettelheim (1971, 1978), in Wien zum engsten Kreis Freuds gehörig, emigrierte nach einjähriger Gefangenschaft im KZ Dachau in die USA. Wie viele andere jüdische Psychoanalytiker floh er aus Nazi-Deutschland bzw. -Österreich. Er übernahm 1944 die Leitung der Orthogenic School der Universität von Chicago und blieb ihr Leiter bis 1973, einer der wenigen psychoanalytischen Erziehungsversuche der Anfangszeit, die nicht schon nach kurzer Zeit eingestellt werden mussten. Bettelheims Konzept der Milieutherapie versuchte ein therapeutisches Klima in einer Einrichtung zu gestalten, in der 34 psychisch schwerstbeeinträchtigte, psychotische, autistische und verwahrloste Kinder bis 18 Jahren untergebracht waren. Auf einzigartige Weise hat Bettelheim das räumliche und menschliche Umfeld der Kinder durchdacht und gestaltet. Sein milieutherapeutisches Konzept kann noch heute als absolutes Vorbild für eine psychoanalytische Einrichtung gelten, in der Menschen mit den verschiedensten Problemen wohnen und leben z.B. Kinderheime, Altenheime, Psychiatrien u.a.

Fritz Redl (1971, 1984) war vor seiner Emigration in die USA in Wien als Lehrer tätig. Ab 1930 war er Leiter der Wiener Erziehungsberatungsstellen und als Schulpsychologe in einem Landerziehungsheim tätig. 1941 wurde er Professor für Sozialarbeit in Detroit. Redl und sein Mitarbeiter Wineman gründeten 1946 das „Pioneer House“, in dem fünf schwerstgestörte aggressive Jungen im Alter von 8–11 Jahren von 10 Pädagogen betreut wurden. Redls psychoanalytische Pädagogik beruhte auf der Ich-Psychologie, d.h. die Ich-Unterstützung der Kinder war oberstes therapeutisches und pädagogisches Ziel. Für das Verständnis von Aggression bei Kindern und Jugendlichen sind seine Beiträge noch heute von uneingeschränkter Bedeutung für jeden, der mit aggressiven Kindern und Jugendlichen zu tun hat.

Nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte sich die Psychoanalyse in der Bundesrepublik neu. Die psychoanalytische Pädagogik wurde von der Studentenbewegung der ’68er Jahre wiederentdeckt. In der antiautoritären Bewegung knüpfte man gerade an die frühen Jahre, den Optimismus der Triebbefreiung an. Autoren wie Bernfeld und Bettelheim wurden Leitbilder einer neuen Generation von Pädagogen.

An den Universitäten waren es in den 1970er und 1980er Jahren vor allem Aloys Leber (Frankfurt a. M.) und Günther Bittner (Würzburg), die die Weiterentwicklung der psychoanalytischen Pädagogik maßgeblich vorantrieben. Aloys Leber ist es zu verdanken, dass sich die Psychoanalytische Pädagogik im Bereich der Sonderpädagogik fest etablierte. So sind fast alle Beiträge dieses Buches aus den Arbeitsfeldern der Sonderpädagogik. In der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft wurde eine Kommission für Psychoanalytische Pädagogik ins Leben gerufen, und das 1989 erstmals erschienene Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik steht in der Tradition der Zeitschrift für Psychoanalytische Pädagogik. Es gibt den Verein für Psychoanalytische Sozialarbeit in Tübingen und den Frankfurter Arbeitskreis für Psychoanalytische Pädagogik.

Zu zahlreich sind heute die Kollegen und Kolleginnen, die in den Praxisfeldern oder im Bereich der Hochschule an der Weiterentwicklung und Umsetzung der psychoanalytischen Pädagogik arbeiten, um diese alle namentlich hier zu nennen. Der vorliegende Band möchte einen Einblick in verschiedene pädagogische Praxisfelder, meist der Sonderpädagogik, geben, in denen derzeit psychoanalytisch-pädagogisch gearbeitet wird. Die Aufsätze zeigen aktuelle theoretische Reflexionen und dokumentieren an Fallbeispielen aus der Praxis die heilsame Wirkung der psychoanalytischen Pädagogik.

Arne Burchartz stellt in seinem Beitrag zur Diskussion, ob im Rahmen einer psychoanalytischen Therapie mit Kindern und Jugendlichen nicht auch pädagogisches Handeln einen unverzichtbaren Platz haben muss, um bestimmte Behandlungsziele zu erreichen. Unter welchen Umständen dies geschehen kann bzw. sogar geschehen muss, damit Veränderungen erreicht werden können, zeigt er an einem Fallbeispiel auf.

Die komplizierte Verknüpfung von Psychoanalyse und Pädagogik diskutiert Evelyn Heinemann über das Verhältnis von Bindungssicherheit und Autonomie in der Therapie und Pädagogik. Sie kritisiert, dass die Psychoanalyse traditionell zu stark den Aspekt der Bindungssicherheit betont, während die Pädagogik sich auf die Förderung der Autonomie konzentriert. In der psychoanalytischen Pädagogik gehen beide Aspekte ineinander auf, was die Stärke dieses Ansatzes ausmacht.

Sevgi Meddur-Gleissner berichtet einfühlsam über die Entwicklungs- und Bindungsstörungen Frühgeborener und die Probleme ihrer Eltern. Sie beschreibt die Situation auf der Frühgeborenenstation und die Notwendigkeit, bereits hier milieutherapeutisch zu arbeiten. Aus der psychoanalytischen Behandlung eines frühgeborenen Jungen beschreibt sie dessen traumatische innere Verarbeitung des Erlebten. Das Trauma der Frühgeburt droht in den Behandlungen agiert und nicht reflektiert zu werden. Meddur-Gleissner fordert deshalb konsequent eine pädagogisch-psychoanalytische Hausfrühförderung zur Unterstützung der Familien und als Ergänzung des therapeutischen Angebotes.

In der Sonderpädagogik gibt es bereits die Institution Hausfrühförderung für die Förderung von Kindern, die von Behinderung betroffen oder bedroht sind. Doris Maass zeigt aus ihrer langjährigen Arbeit als Hausfrühförderin am Beispiel eines Kindes mit Essstörungen und Entwicklungsverzögerungen und dessen allein erziehender Mutter die speziellen Möglichkeiten eines psychoanalytisch-pädagogischen Settings mit dem Arbeitsplatz in der Wohnung der Familie. Vieles kann hier szenisch verstanden und unmittelbar bearbeitet werden.

Ein ähnliches Setting findet sich im familienentlastenden Dienst, der zwar vom Anspruch her nicht pädagogisch arbeitet, dieses de facto aber tut. Jessica Freund beschreibt ihre psychoanalytisch-pädagogische Arbeit mit einem geistigbehinderten Kind mit schweren Autoaggressionen. Über das szenische Verstehen, die Reflexion mit den Eltern und dem veränderten Verhalten der Familienmitglieder ließ die schwere Autoaggression, die nur allzu oft wegen der geistigen Behinderung als rein organisch verursacht diagnostiziert wird, erheblich nach.

Sabine Hecklau-Seibert fokussiert in ihrem Aufsatz den Zugang zum Erleben eines Kindes über die Psychomotorik. Bewegung und Körper sind die frühesten Ausdrucksformen eines Kindes. Bei nicht sprechenden Kindern bleibt der Körper zentraler Austragungsort ihrer Konflikte. Der Ansatz von Bernard Aucouturier liefert ein theoretisches Verständnis zur Analyse des Körpers. Sabine Hecklau-Seibert zeigt an einem Fallbeispiel die Veränderung des Körper-Selbst durch Interaktionserfahrungen in einer psychoanalytisch-pädagogisch geleiteten integrativen Psychomotorik-Gruppe.

Barbara Neudeckers Beitrag ist ein Plädoyer für die Professionalisierung der pädagogischen Arbeit im Kindergarten. Sie organisiert in Wien Fachberatung und Fortbildungsveranstaltungen zur Vermittlung psychoanalytisch-pädagogischer Kompetenzen. Sie leitet ihr Konzept historisch und theoretisch fundiert her und beschreibt an Vignetten deren Umsetzbarkeit.

Am Beispiel des psychotherapeutischen Kinderheims „Osterhof“ in Baiersbronn verdeutlichen Hans Hopf und Martin Schmid, wie zeitgemäße psychoanalytische Pädagogik im Heim wirken kann. Stationäre Psychotherapie, Milieutherapie und psychoanalytische Pädagogik wirken miteinander bei der Bewältigung von Strukturdefiziten, bei der Weiterentwicklung von Symbolisierung und Mentalisierung sowie insgesamt als Hilfen bei der Bewältigung von Trauma-Folgen. Im Zentrum steht die Behandlung eines zum Zeitpunkt der Aufnahme neunjährigen Mädchens mit Sexualisierungen und dissozialer Gefährdung: Intensive Beziehungserfahrungen können traumatische Erfahrungen mit den ersten Bezugspersonen erheblich abmildern, im günstigen Fall sogar kompensatorisch ausgleichen.

Am Beispiel der Elternberatung eines Schülers mit Asperger Autismus macht Wolfgang Oelsner deutlich, wie komplex und schwierig Beratungsarbeit von Eltern an einer Schule für Kranke ist, in der sowohl chronisch körperlich kranke Schüler als auch Schülerinnen und Schüler einer Kinder- und Jugendpsychiatrie unterrichtet werden. Dabei muss die Beziehungsdynamik zwischen Eltern und Pädagogen ständig reflektiert werden, um die ‚Dunkelstellen pädagogischer Aktionen zu erhellen‘ und neue Einsichten in Dynamiken zu verschaffen.

Wie psychoanalytische Pädagogik einer Schule für Erziehungshilfe auch zur Beratung anderer Schulen genutzt werden kann, zeigt Gudrun Merz auf. Dem Sonderpädagogen kommt dabei eine Vermittlerfunktion zwischen Schule – Schulleitung und Lehrer – sowie den Eltern zu. Mit zwei Fallbeispielen wird aufgezeigt, wie frühzeitige Unterstützung an den Schulen noch in wesentliche Problembereiche einwirken und Lösungen finden kann. Mit diesem Konzept können auch Kinder mit gravierenden Problemen an ihrer gewohnten Schule gehalten werden.

In ihrem Beitrag über psychoanalytische Pädagogik mit Migranten hebt Christiane Winter-Heider die Bedeutung von frühen sprachlichen Interaktionen hervor. Erst die Beherrschung der Muttersprache bildet eine notwendige Grundlage für den Erwerb weiterer Sprachen. Wurden diese Voraussetzungen geschaffen, so liefert das eine sichere Basis für den Erwerb einer weiteren Sprache. Winter-Heiders Beschreibungen machen deutlich, warum dieser Prozess bei Migranten oft misslingt und an Sonder- und Hauptschulen vor allem doppelte Halbsprachlichkeit vorgefunden wird: Missglückte Zweisprachigkeit kann jedoch zur psychischen Entwurzelung und Verletzung der sozialen Identität führen.

Wolfgang Neidhardt berichtet in seinem Beitrag über das Narrativ in der Psychoanalyse, in der Pädagogik sowie in der Literatur. Am Beispiel von Selbstgesprächen eines Lehrers und dessen Assoziationen zur innerlich erzählten Schulgeschichte verdeutlicht er, wie das Narrativ als eine Form der Bewältigung von Schulerfahrungen dienen und wieder einen inneren Raum schaffen kann. Der Erzählraum kann sich dann zu einem Erkenntnisraum öffnen, wenn die noch „unausgesprochenen“ und darum verborgenen Beziehungen der Personen wahrgenommen werden.

Michael Günter zufolge ist Psychoanalytische Sozialarbeit eine Anwendung der Psychoanalyse im sozialen Feld. Psychische Not und soziales Elend treten häufig gemeinsam in Erscheinung und bedingen sich oft gegenseitig. Psychoanalytische Sozialarbeit ist, wie dies Ernst Federn einmal treffend ausdrückte, nicht eine Art Psychotherapie für die weniger zahlkräftigen Bevölkerungsschichten, sondern sie sucht Hilfe und Unterstützung in der Lebenswirklichkeit der Klienten auf ein Verständnis der unbewussten Konflikt- und der Beziehungsdynamik aufzubauen. So kann der betreffende Mensch wieder Subjekt seines Handelns werden, mit anderen Worten, seine Fähigkeiten und Ressourcen neu entwickeln.

Das Erwachsenenalter von Menschen mit geistiger Behinderung ist bis heute eher ein vernachlässigtes Feld der Psychoanalytischen Pädagogik. Svenja Bender beschreibt die Sehnsüchte und Wünsche von Menschen mit geistiger Behinderung bei der Partnersuche. Sie reflektiert die Konflikte der Paarbeziehungen im Rahmen des Settings einer Partnervermittlung und Paarbegleitung. Psychoanalytische Reflexion der Reinszenierungen früher Traumata gehen bei ihr Hand in Hand mit einer realen Unterstützung durch pädagogische Angebote wie institutionelle Partnervermittlung, Paarbegleitung, Single-Partys mit Kontaktcoachs und Erwachsenenbildungsseminaren zu Themen von Sexualität und Partnerschaft.

Evelyn Heinemann betritt Neuland, indem sie ein ihrer Meinung nach in der Psychoanalyse verdrängtes Thema aufgreift: die Auseinandersetzung mit den alten und sterbenden Eltern. Ist es Abwehr, wenn wir uns in der Psychoanalyse immer und immer wieder mit der Bedeutung der Eltern in unserer Kindheit beschäftigen? Ängste, Depressionen und psychosomatische Erkrankungen sind vor allem im so genannten 4. Lebensalter ab 75–80 Jahren häufig. Die Betroffenheit von Demenz wird gar mit 30–40 % der Menschen über 80 Jahren angegeben. Evelyn Heinemann zeigt in einem Pflegeheim für alte Menschen, wie wir szenisch verstehen und psychoanalytisch-pädagogisch antworten können. Sie entwickelt ein milieutherapeutisches Konzept für diese Institution. Freud selbst hat auf die Verdrängung des Todes mehrfach hingewiesen. Evelyn Heinemann schließt mit den Worten Freuds: „Wenn du das Leben aushalten willst, richte dich auf den Tod ein“ (1915, 355). Als psychoanalytische Pädagogen müssen wir lernen, das Alter und die alten Menschen auszuhalten und ihnen einen menschenwürdigen Lebensabend ermöglichen.

Wir denken, dass mit diesem Buch deutlich wird, in wie viele Bereiche von zwischenmenschlichen Beziehungen eine ‚verstehende Pädagogik‘ hineinwirken kann, angefangen bei Frühgeburten, über die Arbeit mit geistig behinderten Menschen, in der Schule bis hin zu alten Menschen. Wie hilfreich kann es sein, wenn unbewusste Konflikte geklärt und verstanden und andere, neue Einsichten möglich werden. Gerade weil wir davon überzeugt sind, wie sehr in unserer Zeit die Beziehung im Mittelpunkt stehen sollte, ist es schmerzlich festzustellen, dass die psychoanalytische Pädagogik immer mehr an Bedeutung verloren hat und verliert. Es macht den Anschein, dass ihr emanzipatorischer Ansatz und vor allem ihre komplexen Erkenntnisse nicht mehr gefragt sind. Pragmatismus, rasche und billige Maßnahmen scheinen eher erwünscht zu sein. An einem zentralen Bereich wird evident, wie sehr sich die Pädagogik von einer falsch verstandenen ‚Wissenschaftlichkeit‘ hat vertreiben lassen.

Verhaltensstörungen, die psychische Krankheiten charakterisieren, sind immer auch Störungen der Gehirnfunktion, und zwar auch in jenen Fällen, in denen die Ursachen der Störungen ihren Ursprung eindeutig in der Umwelt haben – Geist ist immer auch Biologie. Das gilt natürlich für alle psychischen Störungen, von Depression über Angststörungen und hin zur ADHS. Umgekehrt wird jedoch aus Biologie in menschlichen Beziehungen alles zu psychischem Erleben und auch neurobiologische Niederschläge können durch Einflüsse von Pädagogik und Psychotherapie wieder verändert werden. Es besteht also ein ständiges Wechselspiel zwischen Leib und Seele sowie einer störenden oder fördernden Umwelt.

Doch bei Bewegungsunruhe, bei Aufmerksamkeitsstörungen, bei unbeherrschtem Verhalten wird eine ausschließliche „Transmitterstörung“ angenommen und seelisches Geschehen komplett ausgeblendet. Dies hat zu einer fatalen Medizinalisierung – ursprünglich originärer – erzieherischer Bereiche geführt, in der Familie sowie im gesamten sozialen Leben. Eine scheinbar objektive und emotionslose Diagnose ADHS blendet Beziehung und elterliche Verantwortung völlig aus und hat verheerende Wirkungen auf die Haltung aller Erziehenden. Wir sind überrascht, dass heute nicht selten Kindergärtnerinnen und Lehrer als erste nach Amphetaminen rufen, um vor allem Jungen zu disziplinieren. In manchen Bereichen hat sich die Pädagogik von der Medizin regelrecht entmündigen lassen.

Bei der Diagnose ADHS wird deutlich, dass ein irrealer Anspruch der Neurowissenschaften, sie würden gleichsam alle Wissenschaften „überspannen“, zu einem unangebrachten Rückzugsverhalten von Pädagogik und Psychologie geführt hat: Wir wollen mit diesem Buch versuchen, psychisches Geschehen, psychisches Verstehen, Einsicht und Veränderung wieder in den Mittelpunkt jeder Pädagogik zu rücken.

Literatur

Aichhorn, A. (1971): Verwahrloste Jugend. Die Psychoanalyse in der Fürsorgeerziehung, Bern (Erstausgabe 1925)

Bernfeld, S. (1921): Kinderheim Baumgarten – Bericht über einen ernsthaften Versuch mit neuer Erziehung. In: L. v. Werder und R. Wolff (Hrsg.): Siegfried Bernfeld. Antiautoritäre Erziehung und Psychoanalyse. Bd. 1, Frankfurt a.M. 1974

Bettelheim, B. (1971): Liebe allein genügt nicht. Die Erziehung emotional gestörter Kinder. Stuttgart

Bettelheim, B. (1978): Der Weg aus dem Labyrinth. Leben lernen als Therapie. Frankfurt/Berlin/Wien

Freud, S. (1909): Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben. GW Bd. VII, Frankfurt a.M.

Redl, F. (1971): Erziehung schwieriger Kinder. München

Redl, F.; Wineman, D. (1984): Kinder, die hassen. München

Schmidt, W. (1923): Das Kinderheim-Laboratorium. In: Schmidt, W., Klein, M., Freud, A., Wolffheim, N., Balint, A., Antiautoritäre Erziehung und Kinderanalyse. Hamburg/Berlin/Havanna 1971

Zulliger, H. (1921): Psychoanalytische Erfahrungen aus der Volksschulpraxis. Bern

Zulliger, H. (1926/27): Ein Mädchenstreit und seine tieferen Ursachen. In: Zeitschrift für psychoanalytische Pädagogik, 1, 77–89

Zulliger, H. (1928): Aus dem unbewussten Seelenleben unserer Schuljugend. Bern

Zulliger, H. (1936): Über eine Lücke in der psychoanalytischen Pädagogik. In: Zeitschrift für psychoanalytische Pädagogik, 10, 337–359

Siegfried Bernfeld – ein Wegbereiter der Psychoanalytischen Pädagogik

Rainer Paul

Einleitung

Siegfried Bernfeld (1892–1953) ist im Deutschland der 1920er Jahre bis zu seinem Weggang 1932 aus Berlin der psychoanalytische Pädagoge, der durch seine umfassende Lehr-, Dozenten- und Vortragstätigkeit die „Sache“ der psychoanalytischen Pädagogik einem breiten Fachpublikum bekannt gemacht hat, insbesondere sein „Sisyphos“ von 1925 hat mit einer 1. Auflage von 4000 Exemplaren eine herausragende Wirkung. Er war neben Aichhorn einer der ersten, der die psychoanalytische Fallanalyse in die praktische Arbeit eingeführt und in seiner Lehrtätigkeit eingeübt hat.

Bernfeld war Repräsentant der sozialistischen Jugendbewegung, war revolutionärer Sozialist, militanter Zionist, Mitbegründer der Kibbuz-Bewegung, Reformpädagoge, psychoanalytischer Pädagoge, Psychoanalytiker der ersten Generation, Experimental-Physiker der Libido, Philosoph und Wissenschaftstheoretiker, gefragter Dozent in all diesen Themenkreisen, Praktiker, Theoretiker, Wissenschaftler und Publizist auf all diesen Gebieten, bedeutender Sammler von Kinderspielzeugen, wacher Beobachter seiner Zeit, im Exil dann Gründer des Psychoanalytischen Instituts San Francisco, Reformer psychoanalytischer Ausbildung und schließlich Begründer einer wissenschaftlichen Biographik Freuds, also Historiker der Psychoanalyse. Erst im Exil war er nicht mehr als psychoanalytischer Pädagoge tätig, also erst ab 1934.

Siegfried Bernfeld ist einer der Begründer einer emanzipatorischen, kritischen Pädagogik. Lange vor Adornos Forderung, Erziehung nach Auschwitz müsse das einzige Ziel haben, Auschwitz durch Erziehung der Menschen zu selbstbestimmten, kritischen Subjekten in aller Zukunft unmöglich zu machen. Genau dieses freie, selbstbestimmte Subjekt war Bernfelds Ideal in der Erziehung, das seine wissenschaftlichen Arbeiten und sein praktisches Handeln in der Erziehungswissenschaft der 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts leitete. Bernfeld entwarf eine sozialistische Pädagogik, wir würden heute eher sagen, eine kritisch-emanzipatorische Pädagogik, die für ihn gar nicht anders zu denken war als eine psychoanalytische Pädagogik. Psychoanalyse galt ihm als Grundlagenwissenschaft der Pädagogik, Pädagogik als eine Anwendung dieser Wissenschaft. Freud selbst nennt Bernfeld neben Hermine Hugh-Hellmuth und Pfister als einen der Vorkämpfer der Anwendung der Psychoanalyse auf die Pädagogik (Freud 1925, 95).

Bernfeld ist kein Reformpädagoge wie Fröbel, Montessori oder Steiner gewesen, sondern ein sozialistischer Pädagoge. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass er in der Übersicht der Reformpädagogen, die Herman Nohl 1933 lieferte, fehlte (siehe Adam, 1992). Es ist auch nicht verwunderlich, dass es bis in die 1970er Jahre gedauert hat, bis Bernfeld in die Lehrbücher der Pädagogik aufgenommen wurde. Die Soziologie, insofern sie Sozialisationstheorie betrieb, rezipierte ihn früher und gründlicher. Auch im historischen Verlauf der Rezeption seiner Werke kommt zum Ausdruck, was Bernfeld lehrte: Die Erziehungswissenschaft ist eben auch eine politische, gesellschaftlich gebundene Wissenschaft, keine reine Grundlagenwissenschaft im Sinne einer Technik zu besserem Lernen und Erziehen, sie nimmt die sozialen Bewegungen ihrer Zeit in sich auf.

Bernfelds Verdienste in der wissenschaftlichen Begründung und Ausarbeitung einer psychoanalytischen Pädagogik bestehen in Leistungen auf den folgenden Feldern:

  1. Erkennen und Beschreiben der Grenzen der Pädagogik. Vorlegen einer sozialwissenschaftlichen Analyse auf der Basis eines kritischen Marxismus, der ihm als Sozialwissenschaft dient (Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung).
  2. Entwicklung und Anwendung praktischer Instrumente der kritischen Pädagogik: Freie Schulgemeinde, Schulparlament, Kinderheim Baumgarten, Kibbuz-Erziehung, Kinderspielzeug.
  3. Anwendung der Psychoanalyse als Grundlagenwissenschaft einer kritischen Pädagogik, Bernfeld als Psychoanalytiker: Neues Verständnis des Kindes, des Jugendlichen, der Rolle des Erziehers oder Lehrers aus der Anwendung psychoanalytischer Erkenntnisse heraus, um zwei der Determinanten der Erziehung, der persönlichen Geschichte und dem individuellem Potenzial des Kindes besser gerecht werden zu können und die persönlichen Grenzen des Erziehers auszuleuchten und dessen Möglichkeiten zu erweitern.
  4. Weiterentwicklung der Psychoanalyse in den Gebieten, in denen sie als Grundlagenwissenschaft für die praktischen Aufgaben in der Pädagogik nicht ausreichte. Dazu gehört Bernfelds Ausformulierung eines umfassenden psychoanalytischen Konzeptes der Entwicklung des Jugendlichen und die Erweiterung des psychoanalytischen Entwicklungskonzeptes der frühen Kindheit. Dazu gehört aber auch die konzeptuelle Öffnung der Psychoanalyse für die unmittelbaren sozialen Einflussfaktoren: Sein Konzept des sozialen Ortes von Neurose, Verwahrlosung und Pädagogik (1927).
  5. Die Forderung nach einem wissenschaftlichen Institut zur Erforschung des Jugendalters überhaupt, u. a. mit dem Appell, das Tagebuch als spezifisches Forschungsinstrument zu nutzen.
  6. Bernfelds permanente Vortrags- und Lehrtätigkeit in Fragen der psychoanalytischen Pädagogik, vor allem im Rahmen sozialistischer Erziehungsvereine (Wien) und in der Deutschen Hochschule für Politik (Berlin 1926–30), aber auch in den psychoanalytischen Instituten, in denen er wirkte: Wien und dann Berlin.
  7. Seine regelmäßigen Beiträge in der Zeitschrift für Psychoanalytische Pädagogik (gegr. 1926, erschien bis 1937).

Sozialwissenschaftliche Analyse der Erziehung. Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung: Marxismus und Psychoanalyse als Basiswissenschaften einer neuen Pädagogik

Die Aufgabe des Kinderheims Baumgarten 1920, als das „… erste Experiment zur Anwendung psychoanalytischer Erkenntnisse auf die Erziehung“ (A. Freud 1968, 7), ließ Bernfeld die Notwendigkeit einer genaueren Analyse der Probleme der Psychodynamik und der Gesellschaft erkennen. Er intensivierte seine Studien der Werke von Freud und Marx und verstand es, beide Ansätze in einer weniger ideologischen Weise zu verbinden, als es andere, beispielsweise Wilhelm Reich, taten.

Fragen der Fürsorge- und Heimerziehung blieben aber ein Schwerpunkt seiner Arbeit, insbesondere in der Berliner Zeit ab 1925. Er formulierte Grundpositionen zur Disziplin in Fürsorgeanstalten, zur psychologischen Grundlage der Gefährdetenfürsorge und eine psychische Typologie von Anstaltszöglingen. Historisch knüpfte er an Bourdons System der Anstaltserziehung an. Er forderte die Einführung kollektiver Formen der Disziplin und der Erziehung in Fürsorgeanstalten, diese solle sich als freie Schulgemeinde organisieren. Bernfeld legt mit seiner Analyse die Funktion der Fürsorgeerziehung im Kapitalismus offen: „Denn die Jugendfürsorge ist keine Erziehungs- und Heilungseinrichtung, sondern ein Teil des Auslese- und Strafapparates der kapitalistischen Gesellschaft, der sich bloß als Erziehungsunternehmen verkleidet hat“ (Bernfeld 1928, 94). Aber auch wenn die Fürsorgeerziehung hier, überhaupt jede individuelle Heilbehandlung, alle ihre Möglichkeiten zum Kampf gegen Psychopathologie und kriminelle Verwahrlosung des Proletariats unter den herrschenden Verhältnissen ausschöpfe, so sei ihre Wirkung doch begrenzt: „Die seelischen Fehlentwicklungen, die hier in Rede stehen, sind eine Massenerscheinung, die durch gesellschaftliche Kräfte, letzten Endes durch die kapitalistische Produktionsweise selbst, hervorgerufen werden und die daher nicht durch Einzelkräfte zu beheben sind“ (Bernfeld 1930b, 147). Die in seiner Analyse der Verhältnisse eingenommene klassenkämpferische Position führt bei ihm aber nicht dazu, den verwahrlosten oder neurotischen Jugendlichen für psychoanalytische Interventionen verloren zu geben. Ganz im Gegenteil: Auf der Basis seiner Analyse intensiviert er sowohl seine eigene psychoanalytische Ausbildung wie auch seine Vortragstätigkeit für Pädagogen und Fürsorger, aber all dies sozusagen illusionslos. Die Illusion, ohne gesellschaftliche Veränderung Veränderungen im Erziehungswesen mittels Psychoanalyse allein zu bewirken, hat er aufgegeben.

Anknüpfend am antiken Mythos von Sisyphos, der dazu verurteilt ist, den Felsbrocken den Berg hinauf zu rollen, wissend, er wird hinunterrollen, legt er eine genaue, auf Marxismus und Psychoanalyse gegründete Analyse der Situation der Erziehung vor. Bernfeld kritisiert insbesondere die zeitgenössische individualisierende, idealistische Erziehungswissenschaft und betont demgegenüber die Notwendigkeit, individuelle psychodynamische wie auch gesellschaftliche Strukturen zur Desillusionierung der Erzieher zu reflektieren (vgl. Dahmer 1973, 317; Bernfeld 1925b, 67). In seiner Arbeit „Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung“ (1925b) legt er eine grundlegende Kritik bürgerlicher Pädagogik und Erziehung vor, die noch heute einen nicht zu unterschätzenden analytischen Wert besitzt und nicht auf ihren außer Zweifel stehenden historischen Stellenwert reduziert werden darf. Aus seinem Vorwort zur 2. Auflage 1928: „Nicht die Pädagogik baut das Erziehungswesen, sondern die Politik. Nicht die Ethik und Philosophie bestimmt das Ziel der Erziehung nach allgemein gültigen Wertungen, sondern die herrschende Klasse nach ihren Machtzielen; die Pädagogik verschleiert bloß diesen höchst hässlichen Vorgang mit einem schönen Gespinst von Idealen“ (Bernfeld 1928b, Bd. 2, 107).

Bernfeld gelingt es, eine unabhängige, weniger ideologisierende Position zur Integration von Psychoanalyse und Marxismus zu entwickeln, die ihn deutlich von anderen Psychoanalytikern seiner Zeit, die dies Projekt vorantreiben wollen, wie Wilhelm Reich etwa, unterscheidet. Er wirbt für eine wissenschaftliche Anwendung des Marxismus zur Analyse gesellschaftlicher Phänomene, ohne die Psychoanalyse aufzugeben, und grenzt sich auf diese Weise scharf von Reich ab: „Das Verhältnis zwischen Psychoanalyse und (kommunistischen) Marxismus wird nicht richtig bestimmt durch die Reichsche Formel, die Psychoanalyse sei für die individuellen psychischen Sachverhalte, der Marxismus für die gesellschaftlichen kompetent. Vielmehr hat die Freudsche Auffassung von der Psychoanalyse sie je zu dem Gegenstand ihrer Forschung eine bedeutsame Gruppe von Erscheinungen gezählt, die nach der derzeit üblichen Einteilung der Wissenschaften auch Objekt der Soziologie und insbesondere der von Sapir beschriebenen Sozialpsychologie sind. Keinesfalls sind demnach Psychoanalyse und Soziologie scharf gegeneinander abgegrenzt und einfach nebengeordnet“ (Bernfeld zit. n. Schneider, 1984, 34). Bernfeld will also dem Marxismus nicht die Gesellschaftsanalyse allein überlassen, sondern den sozialwissenschaftlichen Gehalt der Psychoanalyse gewahrt wissen, darin nimmt er die Position der kritischen Theorie von Adorno und Horkheimer vorweg.

Sisyphos ist die erste Publikation Bernfelds, die nach dem Kriege wieder neu aufgelegt wurde, die erste, die ihn wieder in die pädagogische Diskussion einführte – durch Fürstenau 1964. Sie ist die einzige Publikation Bernfelds, die nach dem Kriege im englischsprachigen Raum erschienen ist und zwar 1973 mit einem Vorwort von Anna Freud und einer Einführung über den Autor durch den Historiker Peter Paret (Paret 1992), Bernfelds Stiefsohn. Diese Arbeit begründete seinen inzwischen erreichten Status als Klassiker der pädagogischen Literatur, insbesondere der kritischen Pädagogik, in deren Feld sie durchaus Adornos „Erziehung nach Auschwitz“ in ihrer Bedeutung an die Seite gestellt werden kann. Im Zeitalter des Internet hat gar ein Auszug aus Sisyphos, die fiktive Rede des fiktiven Erziehungsministers Machiavelli, seinen Weg zu größter Verbreitung gefunden: http://www.bioma.de/Bernfeld/bernfeld.html.

Entwicklung und Anwendung praktischer Instrumente der kritischen Pädagogik am Beispiel des Kinderheims Baumgarten

Nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Arbeit in der Jugendkulturbewegung arbeitete Bernfeld ab 1914 am jüdischen Pädagogikum zu Wien als Leiter und Dozent. Aus der dortigen fürsorgebezogenen und pädagogischen Arbeit hatte er sein neues Erziehungskonzept gewonnen und die Grundsätze der Kibbuz-Erziehung in einem künftigen israelischen Staate formuliert. Im August 1919 beginnt er, dieses Konzept als „ernsthaften Versuch mit neuer Erziehung“ in einem Kinderheim umzusetzen.

Im Kinderheim Baumgarten wurden 240 proletarische jüdische Waisenkinder beiderlei Geschlechts, zwischen 3 und 16 Jahre alt, mit den finanziellen Mitteln eines jüdischen Komitees (American Joint Committee, Vienna Branch) in einem alten Wiener Kriegsspital im Internats- und Schulbetrieb pädagogisch betreut (Paret 1992, 23). Die durch finanzielle Abhängigkeit bedingte Kontrolle und Auseinandersetzungen zwischen Träger und pädagogischem Team führten schließlich zum Abbruch des Experiments im April 1920 durch die Erzieher selbst. Es sollten hier die Unterrichtsgrundsätze von Siegfried Bernfeld, Maria Montessori, Berthold Otto und Gustav Wyneken verwirklicht werden. Insbesondere das in der Jugendkulturbewegung entstandene Konzept der freien Schulgemeinde, die die Regeln des Zusammenlebens selbst definieren und aufrechterhalten sollte, fand hier ihre Anwendung. In der Beschreibung des Prozesses der Einführung der Schulgemeinde in Baumgarten lässt sich gut erkennen, wie die erzieherische Autorität allmählich auf die Organe der Schulgemeinde übertragen wird. Diese Schulgemeinde gewinnt dadurch an Bedeutung, der Prozess an Eigendynamik, bis schließlich die „Zöglinge“ selbst bestimmen und die demokratischen Entscheidungen der Schulgemeinde akzeptieren. So haben wir einen Prozess der Erziehung vorgeführt bekommen, der darin zum Ausdruck kommt, wie die Ordnung im Kinderheim schließlich geregelt wird (vgl. Aichhorn 1925, Neill, 1972). In den Worten eines ehemaligen Schülers lässt sich die Schulgemeinde gut beschreiben: „… schliesslich kam das ‚parlament‘ der schulgemeinde zustande u. es wurde eine art von ‚regierung‘ gewaehlt. wahlberechtigt und waehlbar waren nur kinder – die lehrerschaft hatte das recht beizuwohnen. natuerlich war nicht alles richtig und perfekt (…) aber welch himmelhoher unterschied, verglichen mit der primitiven erziehung der gewaltautoritaet der pruegelstrafe! – es wurden funktionaere ‚minister‘ gewaehlt u. gesetze beschlossen, die unser leben zu regulieren trachteten. ich selbst hatte das ‚verkehrsministerium‘ ueber, das heisst ich musste ausgangsscheine ausstellen u. fahrscheine fuer die elektrische ausgeben …“ (Wirth 1992, 88).

Der Erzieher wird in Baumgarten zum Helfer des Kindes und zum Begleiter seiner Entwicklung: „So ist des neuen Erziehers Tun viel mehr ein Nichttun, viel mehr Beobachten, Zusehen, Leben, als ein stetes Mahnen, Strafen, Lehren, Fordern, Verbieten, Anfeuern und Belohnen. Und darum ist es uns, die wir solche Erzieher sind, oder wenigstens sein möchten, nicht ganz leicht zu sagen, was wir eigentlich taten; wir würden immer mehr zu erzählen haben, was die Kinder taten“ (Bernfeld 1921, 120, kursiv: Paul).

Wir haben einen weiteren Bericht von Karl Wirth, der auch „Mitbegründer der freien Schulgemeinde als Schueler“ (Wirth 1992 S. 86 f.) in Baumgarten war, der die Haltung Bernfelds als Erzieher besonders lebendig vermittelt: „… ich erinnere mich noch gut, dass wir das erste mal in dem ehem. barackenlager auf die einteilung in die verschiedenen saele warten mussten – es dauerte zu lange u. wir wurden ungeduldig – es war herbstlich u. etwas kuehl. nicht wagend u. nicht gewoehnt zu protestieren, da sonst schelte und schlaege folgten, wagte es doch einer eine bemerkung des protestes gerade noch so laut zu machen, dass es dr. bernf., der daneben stand u. den wir noch gar nicht kannten, es hoerte. zu unserem sehr grossen erstaunen, kam dr. bernf. auf uns zu – schon fuerchten wir ein donnerwetter – u. sagte uns in freundlichem u. menschlichem ton, sich entschuldigend, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wir in unsere saele kaemen. – das erstaunen über dieses normale menschl. benehmen war ungeheuer, aber wir waren aus gewohnheit sehr misstrauisch u. glaubten dem ‚faulen‘ zauber nicht – das misstrauen gegenueber leitern u. lehrern war noch lange nicht verschwunden. (…).“ Dieser Respekt gegenüber dem Kind ist nach Bernfeld heilsam, für ihn ist es keine pädagogische Technik, kein Trick, sondern eine Grundhaltung. Er greift diese Grundposition trotz aller Skepsis gegenüber den Möglichkeiten der Erziehung unter den Bedingungen des Kapitalismus am Ende seiner Betrachtungen im Sisyphos auf: „Es ist wundervoll leicht, Kinder und Jugendliche noch zu beeinflußen und die erstaunlichsten Veränderungen an ihnen zu erreichen. Selbst tief verwahrloste, verbrecherische und verwilderte Kinder wandeln sich in einigen Monaten von Grund auf. Man muß sie nur ihrem Milieu entreißen, sie in eine wohlgefügte Kindergemeinschaft einreihen, in ihnen durch geduldiges Liebe-Erweisen, Gegenliebe wecken und sie durch konsequentes Versagen, das ihren primitiven so erwachenden Liebeszielen auferlegt wird, nötigen, sich mit dem Lehrer, den Kameraden, der Gemeinschaft zu identifizieren“ (Bernfeld 1926, 1976, 154f.). Liebe und Identifikation im Rahmen einer Grenzen setzenden, selbst erstellten Ordnung: Höchst moderne Erziehungsmittel, die Bernfeld da propagiert, freilich, für die Kinder nicht eben einfach. Dazu wieder der Augenzeuge Karl Wirth: „… es wurde uns eben nichts geschenkt, wie es die herkoemmliche erziehungsmethode tat, indem sie den zoeglingen angenehmes andichteten, um ein leichteres leben zu haben. andererseits war der umgang mit unseren lehrern wie mit geliebten u. verehrten freunden. sie assen mit uns am selben tisch dasselbe armselige knappe essen u. hungerten mit uns tapfer mit, vielleicht noch mehr, doch die freude, die uns erfuellte, liess die misere vergessen. die schule, d.h. der unterricht war eine quelle von freude u. glueck, weil von jedem zwang entbunden u. weil die selbstgewaehlten faecher unser interesse voll in anspruch nahmen“ (Wirth, 1992, S. 88).

Obwohl das erste Experiment zur Anwendung der Psychoanalyse auf die Erziehung nur wenige Monate bestand hatte, wurde es zu einer Art Initialzündung der praktischen Anwendung der Psychoanalyse auf die Erziehung, die bis heute ihre Wirkungen zeigt. Schon während der Zeit des Experimentierens 1919 kamen einflussreiche Persönlichkeiten, um sich die Umsetzung anzusehen. So soll sich – ich gebe hier eine Beobachtung Wirths wieder – der russische Kommissar für Erziehungsfragen, Anatol Lunatscharsky, der das Erziehungswesen in der Sowjetunion nach der Revolution 1917 bis etwa 1926 maßgeblich bestimmte, persönlich in Baumgarten informiert haben. Meine Kenntnisse reichen nicht hin, um zu beschreiben, was aus den Anregungen, die er dort erfahren hat, in der frühen sowjetischen Erziehung geworden ist, aber es zeigt sich doch, wie ausschlaggebend die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind, um diese freien Formen des Schulwesens implementieren zu können. Bernfeld hat seine Konsequenzen mit der Analyse der gesellschaftlichen Funktion der Erziehung im Sisyphos gezogen. In die Gegenwart reicht der Einfluss des Experiments bis in Verwirklichung der Grundprinzipien in der Kibbuz-Erziehung in Israel hinein.

Anwendung der Psychoanalyse als Grundlagenwissenschaft einer kritischen Pädagogik, Bernfeld als Psychoanalytiker

Für Bernfeld war die Psychoanalyse von Anfang an „näher dran“ an den Problemen von Kindern und Jugendlichen. Er kam von der Jugendbewegung her, deren aktives Mitglied er war (z.B. gründete er die Zeitschrift „Der Anfang“), und fand in der Psychoanalyse ein Verständnis von Kind, Jugendlichen, aber auch Erzieher vor, das er unmittelbar anwandte, auch auf sich selbst (Studium Freudscher Schriften bereits als 16-Jähriger, Selbstbeobachtung bereits als 20-Jähriger, 1913 veröffentlicht). Schon 1908 hatte Ferenczi die Anwendung der Psychoanalyse auf die Erziehungswissenschaften vorausgesagt: Die Psychoanalyse werde Pädagogik und Gesellschaft verändern, da „… die heutige Kindererziehung die verschiedenen Neurosen förmlich hochzüchtet“, müsse die Psychoanalyse „… einen großen Teil der psychischen Lasten wegräumen“ (zit. nach Kurzweil 1993, 209).

Das Interesse an einer Anwendung der Psychoanalyse auf die Erziehung war also bereits vor dem Ersten Weltkrieg groß, aber auch die Einwände gegen eine „Sexualisierung von Kindheit und Jugend“ waren groß. Freud hatte 1905 die „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ veröffentlicht. An der darin formulierten Sexualtheorie, die Freud um 1897 mit der Entdeckung des Ödipuskomplexes angenommen hatte, entzündete sich eine moralisch motivierte Gegnerschaft zur Psychoanalyse. Im Gegensatz zur traditionellen Auffassung von Pubertät als Erwachen des Sexualtriebs wird bei Freud durch Einführung der infantilen Sexualität und einer Erweiterung des Sexualbegriffs ein zweizeitiger Ansatz der Sexualentwicklung vertreten. In der frühen Kindheit wird in Auseinandersetzung mit der Umwelt eine erste Periode prägenitaler Triebäußerungen durchlebt, während in der Pubertät, als letzter Phase der Sexualentwicklung, die Integration der sexuellen Triebe unter das Genitalprimat sich vollzieht.

Diese Schrift Freuds hat in pädagogischen Kreisen, je intensiver sie rezipiert wurde, den Optimismus einer weitreichenden Neurosenprophylaxe geweckt. Konnte die Entstehung der Neurose mit früher Verdrängung von sexuellen Triebwünschen erklärt werden, musste es eine Möglichkeit der Erziehung zum psychisch gesunden Menschen geben. Die analytische Sexualpädagogik stieß aber alsbald an moralische Grenzen: In der Zeitschrift für Ärztliche Psychoanalyse findet sich 1914 eine Erklärung von etwa zwanzig, vorwiegend Schweizer Erziehern, die „Eine Verwahrung gegen irrtümliche Beurteilung der Jugend-Psychoanalyse“ (Häberlin, 1914, 12f.) aussprechen. Sie nehmen Bezug auf eine andere Erklärung von Erziehern, die vor „Übergriffen der Jugendlichenanalyse“ warnen und stellen demgegenüber heraus: „Die Pädagogik hat ein starkes Interesse an der Ausbildung der wissenschaftlichen Pädanalyse, sofern die an kranken Kindern und Jugendliche sowie an Erwachsenen gewonnene Analyse wichtige Rückschlüsse auf die psychologischen Vorgänge und die pädagogische Beeinflussung normaler Kinder zulassen“ (Häberlin, 1914, 12).

Wenn auch bei den Pädagogen Bedenken bestanden „… daß die Geistigen und ‚Ethischen‘ unter der Jugend durch die Kenntnis der Psychoanalyse ungeistig und ‚unethisch‘ werden könnten …“ (Bernfeld, 1919a, 115), haben doch schon früh einzelne Pädagogen den Wert analytischer Konzepte erkannt und in ihr erzieherisches Handeln eingeführt. Neben P. Häberlin und A. Dittrich ist es insbesondere der Züricher Pfarrer Oskar Pfister, der schon vor 1914 analytische Konzepte in der Erziehung einsetzt.

Dem „Wegräumen von psychischen Lasten der überkommenen Kindererziehung“, wie Ferenczi das nannte, widmete Bernfeld ab ca. 1919 seinen ganzen beruflichen Einsatz. Das theoretische und praktische Interesse gruppierte sich vor allem um die Aussagen Freuds zur Sexualtheorie, die ansonsten auf allgemeinen Widerstand gestoßen waren. Obwohl die Sexualität des Jugendlichen als Erwachen des Sexualtriebes theoretisches Dogma der Allgemeinheit war, wurden die Jugendlichen als asexuelle Wesen behandelt (Bernfeld 1919a, 108f.). Angesichts der Vielfalt der Symptome und der Konfliktdynamik in der Jugendzeit konnte aber ein so einfaches Konzept nicht zutreffen. Bernfeld beklagte: „Die Psychoanalyse aber, die auch hier der Wahrheit näher kommt, indem sie die Pubertät als die lange andauernde, konfliktreiche Zeit auffaßt, in der die infantilen Partialtriebe schubweise zur Einheit, Verdrängung oder Sublimierung gelangen, ein reiches Geistesleben und quälende, meist vorübergehende neurotische Züge erzeugen, blieb aus vielen Gründen über Gebühr lange völlig unbeachtet“ (Bernfeld, 1919a, 110, kursiv: Paul).

Allerdings gab es anfangs auch sozusagen denunziatorische Anwendungen der Psychoanalyse auf die Jugend, die nicht unwidersprochen blieben: Blüher (1913) sah unbewusste homosexuelle Bedürfnisse als die triebdynamischen Grundlagen einiger Jugendgemeinschaften. Die Bedenken, das Wissen um die triebdynamischen Grundlagen kultureller Werte und eigenen Handelns könnte dazu führen, „… die geistigen und ‚ethischen‘ ungeistig und ‚unethisch‘ …“ (Bernfeld, 1919a, 115) werden zu lassen, zerstreut dagegen Bernfeld. Er plädiert für eine „sexuelle Entharmlosung“ der Jugend.

War von pädagogischer Seite eine Hilfe im Prozess der Erziehung von der Psychoanalyse erwartet worden, so bestand von der Psychoanalyse die Erwartung, mit Hilfe der Pädagogik eine weitreichende Neurosenprophylaxe betreiben zu können. Diese ‚optimistische Phase‘ (A. Freud, 1954, 10) der Pädagogikdiskussion ist gekennzeichnet durch enthusiastische Umsetzung analytischer Erkenntnisse. So wurde zum Beispiel, um die Erhöhung der Neuroserisiken abzuwenden, dem Erzieher abgeraten, Onanieverbote in der frühen Kindheit und Pubertät aufrechtzuerhalten. Aus der Kontroverse über die Schädlichkeit der Onanie entwickelte sich in der Folgezeit der Onaniediskussion von 1912 eine eigenständige analytische Sexualpädagogik, vertreten insbesondere durch W. Reich.

Neben der Anwendung einzelner Erkenntnisse aus der analytischen Klinik sollte vor allem durch die Veränderung des Erzieherverhaltens (der Eltern) eine Verbesserung der Situation des Kindes erreicht werden. Die Erziehung verwahrloster Jugendlicher, aber auch, in der Nachkriegssituation, die Erziehung von Kriegswaisen waren das Praxisfeld der psychoanalytischen Pädagogik.

In der Auseinandersetzung mit analytischer Denkweise ist Bernfeld in der Arbeit „Die Psychoanalyse in der Jugendbewegung“ schließlich zu einem aktiven Verfechter der Psychoanalyse geworden (vgl. Hug-Hellmuth 1921, 253). Seine Rezeption der Psychoanalyse bleibt bis ca. 1920 zunächst durch die aktive Teilnahme an der Jugendkulturbewegung und der zionistischen Bewegung gefärbt. „Der Kampf der Jugendbewegung prägt auch sein lebenslängliches Interesse an der antiautoritären Erziehung und Emanzipation der Jugend“ (v. Werder, Wolff 1974, 272), danach wird er mit seiner Arbeit „Zum dichterischen Schaffen der Jugend“ (1924) zum Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung gewählt. Ab 1922 ist er Dozent an der WPV.

Die Psychoanalyse war im Erziehungswesen schließlich so erfolgreich geworden, dass angewandte Psychoanalyse in der Zwischenkriegszeit überwiegend mit psychoanalytischer Pädagogik gleichzusetzen war, so Kurzweil (1993, 210).

Der soziale Ort – Ein Begriff zur Verbesserung der Anwendbarkeit der Psychoanalyse in den Erziehungswissenschaften

Zur allgemeinen Erfassung des sozialen Einflusses auf psychische Strukturen hat Bernfeld das Konzept des sozialen Ortes (1929) gebildet. Der Gesichtspunkt des sozialen Ortes fasst, ganz allgemein, sowohl den ‚historischen Aspekt‘ pathologischer Mechanismen als auch die ‚Milieuprägung eines seelischen Vorgangs‘ in sich. Das Konzept des sozialen Ortes, angewandt auf die Verwahrlosung, führt Bernfeld – in der Einschätzung psychologischer Faktoren noch gleicher Meinung mit A. Aichhorn – zu einer anderen Wertung als dieser: Es sind Folgen, die sich an dem sozialen Ort des Großstadtproletariats zeigen. Bernfeld untersuchte in seinen Arbeiten Verwahrlosung, Neurose, Kriminalität, Über-Ich und Pubertät hinsichtlich ihres sozialen Gehaltes. Auch der Krankheitsbegriff der Neurose wird durch das subjektive Krankheitserlebnis ganz entscheidend qualitativ und quantitativ vom sozialen Ort bestimmt.

Bernfeld beklagt den Mangel an Einsicht in die soziale Bedingtheit individueller pathogener Mechanismen bei der analytischen Pädagogik. Die ‚Erziehung zur Realität‘ (Freud) erhält, da der Erzieher an seinen Auftraggeber Gesellschaft gebunden ist, repressiven Charakter: „… ‚Erziehung zur Realität‘ wird unerbittlich Erziehung zur heutigen sozialen Realität, dies Ziel führt also zur konservativen Erziehung, und ist für alle jene nicht akzeptabel, die – in welcher Weise immer – diese heutige soziale Realität ablehnen und bekämpfen“ (Bernfeld 1929, 218). Demgegenüber hebt er die Möglichkeit zu ‚grundsätzlicher Toleranz‘ des Analytikers hervor. Geleitet durch die Aufgabe, die Symptome aufzulösen, bleibt es dem Patienten überlassen, welcher Realität er angepasst ist.

Der Analytiker kann diese Möglichkeit zur Toleranz gegenüber der Art Realität des Patienten aber nur wahrnehmen, wenn die eigene Befangenheit in sozialen Normen überwunden wird. „Der psychoanalytische Therapeut ist theoretisch dem sozialen Ort gegenüber neutral. Praktisch freilich wird es von seiner eigenen Lebenseinsicht, Welterfahrung, von seiner politisch-weltanschaulichen Bildung abhängen, wie weit er selbst die ‚Realität‘ eines bestimmten sozialen Orts versteht und dessen Realbedingungen gegenüber neurotischen Verzeichnungen richtig abzuschätzen weiß“ (Bernfeld 1929, 215).