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ANDREW FARLEY

Das nackte Evangelium

ANDREW FARLEY

Das nackte
Evangelium

Jesus pur.
100 % natürlich.
Ohne Zusatzstoffe.

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ElbRevidierte Elberfelder Bibel © 1985, 1991, 2006,
SCM R. Brockhaus im SCM Verlag GmbH & Co. KG, Witten.
Hfa»Hoffnung für alle«®, Copyright © 1983, 1996, 2002 by Biblia, Inc.™. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Brunnen Verlags Basel.
LutLutherbibel, Revidierte Fassung von 1984,
Copyright 1985 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart.
NGÜ Neue Genfer Übersetzung – Neues Testament und Psalmen, Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft. Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung.
Alle Rechte vorbehalten.
NLBBibelübersetzung »Neues Leben«, Copyright © 2006, SCM R. Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten.

Für meinen Sohn Gavin – eine Landkarte.

Ja, es ist wirklich so gut.

Sogar noch besser, als ich es beschreiben kann.

Genieße das Neue, freu dich an ihm!

Junge, was bin ich stolz auf dich.

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Das nackte Evangelium enthüllt, welches Evangelium unser Herr und seine Apostel gepredigt haben, welche Zusätze und Veränderungen später daran vorgenommen wurden und den Nutzen und Schaden, der dadurch entstand.
 

Arthur Bury, 1691

Arthur Burys Buch The Naked Gospel (Das nackte Evangelium) wurde von der Kirche seiner Zeit verbrannt.

Warnhinweis

Das echte, nackte Evangelium ist viel besser, als uns bewusst ist. Dennoch ein Wort der Warnung: Vielleicht pfefferst du dieses Buch ärgerlich in eine Ecke; vielleicht hebst du es aber auch voller Neugier wieder auf; vielleicht schüttelst du frustriert den Kopf und fragst dich: »Wie kann das bisher alles an mir vorbeigegangen sein?« oder auch: »Spinnt der?«

Ich weiß, wenn es um den christlichen Glauben geht, begnügt man sich lieber mit allgemeinen Aussagen. Es ist riskant, Stellung zu beziehen und Diskussionen heraufzubeschwören. Aber vielleicht ist dir schon einmal aufgefallen, dass ein Großteil des Neuen Testaments geschrieben wurde, um Missverständnisse und falsche Lehren aus der Welt zu schaffen. Absolutheitsansprüche und sogar theologische Haarspaltereien gehören zu einem gesunden Gemeindeleben anscheinend dazu.

Die heutigen Christen sind dankbar für Jesus und den Himmel. Manche von uns rennen in die Kirche, sobald sich ihre Türen öffnen. Manche hören sich jedes Jahr Hunderte von Predigten an. Andere können zig Bibelstellen auswendig aufsagen. Und wieder andere haben sogar mehrere theologische Titel und Abschlüsse vorzuweisen.

Doch trotz unserem Eifer sind viele von uns dem Evangelium gegenüber immer noch eher apathisch als begeistert. Aber vielleicht gibt es eine Antwort auf unsere tiefe Sehnsucht nach mehr Leidenschaft in unserem Leben als Christ.

In vielen Gemeinden gibt es heutzutage viel zu viel oberflächliches Kauderwelsch, irreführende Begrifflichkeiten und platte Antworten.

Ist diese Art von Christsein – die aus Apathie Begeisterung macht – zu schön, um wahr zu sein? Ich denke eher, sie ist die einzige, die biblisch ist. Doch das bekommt man in der Gemeinde anscheinend so gut wie nie zu hören.

In vielen Gemeinden gibt es heutzutage viel zu viel oberflächliches Kauderwelsch, irreführende Begrifflichkeiten und platte Antworten. Egal, wie oft wir das hören oder wie unterhaltsam wir es finden, es bringt uns keine echte, bleibende Erfüllung. Meiner Meinung nach gibt es nur eine einzige Botschaft, die echte und nachhaltige Veränderung bringt: Das nackte Evangelium.

Eine Einladung

Früher dachte ich, ich wüsste alles über den christlichen Glauben, aber erst vierzehn Jahre, nachdem ich Christus angenommen hatte, begann ich zu begreifen, was wirklich Sache ist. Damit meine ich nicht eine nochmalige Errettung oder einen »zweiten Segen«. Ich spreche von einer Rückkehr zum Fuß des Kreuzes und zur Tür des Grabes, um noch einmal alles von vorne zu lernen.

Und es war für mich genauso ein Verlernen von Altem wie das Erlernen von Neuem.

Nachdem das gesagt ist, lade ich dich dazu ein, mit mir zum unerschöpflichen, starken Herzstück des christlichen Glaubens vorzustoßen. Ich habe echte Antworten gefunden, die nicht enttäuschen, und gebe sie gerne an dich weiter. Ich wette, du wirst zumindest ein-, zweimal im Verlauf dieses Buches überrascht sein.

Denn das Echte neigt dazu, uns zu überraschen.

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Teil 1

Christliche Zwangsneurose

Vielleicht verbringen wir den ganzen Tag mit unseren selbst auferlegten religiösen Pflichten, halten eifrig unsere Andachten und fühlen uns immer noch elend. Nichts kann unser Herz zur Ruhe bringen als nur eine echte Begegnung mit Gott.

Hannah Whitall Smith (1832  1911)

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Medikamente, eine Therapie und eine Klinik für psychisch Kranke – das waren die Lösungen, die mir angeboten wurden. Ein Psychologe meinte, ich würde für den Rest meines Lebens in diesem Zustand bleiben und immer auf Medikamente angewiesen sein. Aber trotz meiner tiefen Verzweiflung glaubte ich das nicht. Es musste doch irgendeine andere Antwort geben. Ich hatte diverse christliche Therapeuten mit den verschiedensten Ansätzen aufgesucht, aber keiner konnte die zwanghaften Verhaltensmuster verändern, in denen ich gefangen war.

Schließlich sind zwanghaftes Bibellesen und Evangelisieren auf der Straße keine Allerweltssymptome.

Der Anfang

In der Oberstufe war ich beliebt, hatte gute Noten und wurde sogar zum Schulsprecher gewählt. Es fiel mir leicht, Freunde zu finden und sie zum Lachen zu bringen. Ich spielte gerne Theater, hatte Erfolg im Sport und bei Mädchen. Nichts von alledem war irgendwie schuld an den tief sitzenden Minderwertigkeitsgefühlen, die ich empfand.

Mein Problem war, dass ich auf einem anderen Gebiet scheinbar nicht mithalten konnte – dem geistlichen. Egal ob es die Gemeinde, meine christliche Schule, christliche Freizeiten oder sogar christliche Konzerte waren, sie alle forderten stillschweigend dasselbe: Du musst dich neu hingeben, neu entscheiden dich verändern. Du tust noch nicht genug. Sei nicht zufrieden. Bleib nicht stehen. Gönn dir keine Ruhe. Es gibt immer noch etwas mehr für Gott zu tun.

Angst. Schuldgefühle. Druck. Das waren die Kräfte, die mich am Haken hatten und fast umbrachten. Umbrachten? Ja, mehrfach sah ich dem Tod ins Auge oder kam nur mit schweren Verletzungen davon. Einmal bekam ich mit einem Kantholz eins übergebraten, als ich in einer gefährlichen Gegend auf der Straße evangelisierte. Ein anderes Mal wurde ich von einem Drogendealer zu Boden geworfen. Ich hatte versucht, ihn zu bekehren.

Obwohl ich in der U-Bahn aufstand und allen Fahrgästen im Waggon predigte, war ich innerlich dennoch leer.

Hingegeben? Und wie! Aber an was? Obwohl ich in der U-Bahn aufstand und allen Fahrgästen im Waggon predigte, war ich innerlich dennoch leer. Trotz meiner Bereitschaft, an jeder Haustür in meiner Nachbarschaft zu klingeln und das Evangelium zu verkündigen, hatte ich doch kein erfüllendes Leben anzubieten. Egal ob ich im Zug, in der Nachbarschaft oder sogar im örtlichen Gefängnis predigte, ich fühlte mich immer angespannt.

Ich bin mit dem Evangelium aufgewachsen und war überzeugt davon in den Himmel zu kommen, aber das half mir in meinem inneren Aufruhr überhaupt nicht weiter. Ich befürchtete, Gott wäre so enttäuscht von meiner Leistung, dass er mich weder gebrauchen noch wachsen lassen oder Gemeinschaft mit mir haben würde. Die Stimmen um mich herum bestätigten mir noch, dass meine Anstrengungen nicht ausreichten und ich noch mehr tun musste, um den Anforderungen zu genügen.

Keiner hatte eine Ahnung davon, was mich alles bedrückte, denn ich ließ mir nichts anmerken. Aber als ich in der Schule mehrere Jahre hintereinander nicht die begehrte Auszeichnung als »Christliche Persönlichkeit« erhielt, dämmerte es mir. Um diesen Preis zu gewinnen, musste man ruhig oder sogar schüchtern sein. Denn wer nicht viel sagte, galt als »sanftmütig«. Mein Problem war, dass meine Persönlichkeit nicht diesen Anforderungen entsprach.

Ich hatte eine persönliche Beziehung zu Jesus. Ich kannte die Bibel besser als viele andere. Und ich kümmerte mich wirklich um meine Freunde in der Schule. Aber ich war der Klassenkasper und die Stimmungskanone. Humor und christlicher Charakter waren einfach nicht unter einen Hut zu bekommen.

Die Mitte

»Auf der Uni wird alles anders«, sagte ich mir. Das war meine Chance, mich zu verändern – ein Neubeginn als unbeschriebenes Blatt in einem völlig neuen Umfeld. Von zwei Universitäten erhielt ich Zusagen. Die eine war Wheaton College, die vielleicht beste christliche Hochschule im Land, und die andere die Furman University, eine angesehene Schule im Süden. Nachdem ich meine Eltern davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass ich als Christ nicht gut genug sei, um in Wheaton zu studieren, folgte ich der Einladung nach Furman.

Ich konnte nachts nicht schlafen, wenn ich am Tag nicht jemandem von Christus erzählt hatte.

Mein erstes Jahr in Furman war eine Art Übergangsphase. Ich beschloss, auf geistlichem Gebiet nicht mehr länger mittelmäßig zu sein, sondern mir Gottes Respekt zu erwerben und auch den der Menschen um mich herum. Nachdem ich über Dutzenden von christlichen Büchern gebrütet hatte, fühlte ich mich belesener als viele meiner Altersgenossen. Im Alter von neunzehn Jahren predigte ich das erste Mal im Gottesdienst. Auf Studienreisen im Ausland evangelisierte ich in den Straßen von Spanien, Griechenland und Italien. Ich strengte mich an, und jeder in meinem Umfeld wusste das.

Als ich in die Vereinigten Staaten zurückkehrte, verlor ich all meine Freunde. Wer hätte ihnen einen Vorwurf machen können? Ich hatte mich verändert. Ich erinnere mich noch, wie einer meiner besten Freunde einem anderen Freund erzählte, es sei ihm peinlich, mit mir zusammen gesehen zu werden.

Gut, es gab einige Außenseiter, die mir Beifall spendeten und mich schätzten. Aber das waren Fremde. Sie sahen nur das Ergebnis – dass einige zum Glauben an Christus kamen und andere von meiner »Jüngerschaft« zu profitieren schienen. Aber das war die Minderheit. Die meisten erkannten, dass mit mir einfach etwas nicht stimmte. Ich war getrieben, und ein Ende schien nicht in Sicht.

Meine Anspannung erreichte nachts ihren Höhepunkt, weil ich erst dann schlafen konnte, wenn ich am Tag jemandem von Christus erzählt hatte. Wenn ich meinen Kopf auf das Kissen legte, überlegte ich, was ich versäumt hatte. Und dann stand ich wieder auf, ging zum nächsten durchgehend geöffneten Laden und suchte jemanden, den ich anpredigen konnte. Sobald ich meine Zeilen heruntergeleiert hatte, konnte ich nach Hause gehen und schlafen. Die Reaktion, die ich darauf erhielt, war unwichtig. »Man hat eh keinen Einfluss auf das Ergebnis«, sagte ich mir. Ich hatte meine Pflicht erfüllt. Ich war dem Ruf gehorsam gewesen. Und jetzt konnte ich endlich schlafen.

Lächerlich? Vielleicht. Aber ich tat nur das, was nach der Meinung von anderen der Weg zu geistlichem Wachstum und Erfüllung war. Mein Wahnsinn scheint extrem, aber ich zog nur das konsequent bis zum Ende durch, was man mir als Methode vorgegeben hatte. Ich hatte immer eine Antwort parat für alle, die mich nach meinem »Wandel« fragten und »Rechenschaft« von mir forderten. Niemand konnte mich jemals für abgefallen oder ungeistlich halten. Denn das wäre für mich noch schlimmer gewesen als all diese Anstrengungen, die ich mir auflud. So dachte ich zumindest.

Das Ende

Die ganzen fruchtlosen Anstrengungen forderten bald ihren Tribut. Ich stürzte in eine tiefe Depression. Ein paar Monate später fand ich mich tränenüberströmt auf dem Boden meiner Wohnung vor: »Gott, ich mach doch schon alles, was von mir verlangt wird, und ich fühle mich immer noch so weit weg von dir. Ja, eigentlich fühle ich mich schlechter als je zuvor! Wie konnte das nur passieren? Ich kann keinen Ausweg sehen. Hilf mir doch!«

Mir blieb keine andere Wahl, als zu Hause anzurufen. Ich nahm das Telefon und schon ein paar Stunden später verließ ich die Uni mitten im Semester, um nach Virginia an der Ostküste zurückzukehren. Ich wusste nicht, was mich dort erwartete, aber in meiner momentanen Verfassung konnte ich nicht hier bleiben.

»Möchten Sie gerne Christ werden und sich so elend fühlen wie ich?«

Es gab keine schnelle Lösung. Monatelang suchte ich nach Hilfe, und ich konnte mich immer noch nicht davon lösen, wie besessen für Gott zu ackern. Mein Vater hatte von einem Mann gehört, der mir vielleicht helfen konnte, also setzten wir uns in einen Flieger nach Atlanta. Nachdem ich mit diesem Mann einen Tag im Gebet verbracht hatte, begannen sich einige meiner Gedanken zu lichten. Ich war zumindest soweit, dass ich mir eingestehen konnte, dass diese Leistungszwänge nicht von Gott kamen. Das war immerhin ein Anfang.

Die nächsten Jahre waren nicht einfach. Ich ging zurück zur Uni, machte meinen Abschluss und sogar noch ein Aufbaustudium, aber mein ganzes Selbstvertrauen war dahin. Mein Glaube hatte mich im Stich gelassen. Wenn ich mich getraut hätte, beim Evangelisieren ehrlich zu sein, hätte ich sagen müssen: »Möchten Sie gerne Christ werden und sich so elend fühlen wie ich?«

Ich war also in einer Zeit der Wiederherstellung. Ich war zerbrochen und mein Selbstwertgefühl war komplett verloren gegangen. Ich hatte eine Entwicklung vom Klassenkasper und Schulsprecher über einen wilden Kämpfer für die Sache Gottes hin zu einem schweigsamen, komischen Typen in der Ecke hinter mir. Psychologisch gesehen hatte ich alles durch. Ich brauchte Antworten.

Mein Neuanfang

Es ist jetzt siebzehn Jahre her, dass ich schluchzend auf dem Fußboden meiner damaligen Wohnung lag. Heute würde ich meine Beziehung zu Gott gegen nichts auf der Welt mehr eintauschen wollen. Im Gegenteil, ich wünschte, jeder hätte solch eine Beziehung zu Gott wie ich! Weil ich so verzweifelt war, mich an Gott ausgeliefert hatte, um echte Antworten zu bekommen, und weil ich bereit war, alles hinter mir zu lassen, was ich vorher für richtig gehalten hatte, lernte ich schließlich doch das nackte Evangelium kennen.

Ich war bereits Christ. Aber keiner hatte sich je die Zeit genommen, dem Evangelium all die wirren Vorstellungen und das irreführende Vokabular auszuziehen. Niemand hatte mich je mit der nackten Wahrheit bekannt gemacht. Ich brauchte eine intravenöse Infusion, die nicht mit Religiosität vergiftet war! Als ich erst einmal gemerkt hatte, dass ich auf dem falschen Weg war, half Gott mir, seinen Weg zu sehen – den Weg zur Freiheit.

Das Ergebnis dieser Reise findest du in diesem Buch. Hoffnung keimte auf, als ich begann, den wichtigen Unterschied zwischen zwei Betriebssystemen zu begreifen – eines war alt und das andere neu. Und als ich den Zugang zu dem Neuen erst einmal sehen konnte, brauchte ich nur noch hindurchzugehen.

Was ich auf der anderen Seite fand, veränderte mein Leben.

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2

Ich bin nicht der einzige, der ganz unten war. Viele Christen machen wohl die Erfahrung, dass sie anfangs begeistert sind, wenn sie Christus annehmen, aber später enttäuscht, desillusioniert oder sogar depressiv werden.

Einige amerikanische Gemeindeleiter haben versucht herauszufinden, woher diese Epidemie kommt und was man dagegen tun kann. Im Jahr 2004 entwickelte die Willow Creek Community Church in South Barrington (Illinois) die REVEAL-Studie, um das Herz – d. h. die Gefühle und Einstellungen der Menschen zu verstehen und zu erfassen, die die Willow-Creek-Gemeinde besuchen. Seitdem haben über vierhundert weitere Gemeinden aller Größen, Denominationen und Regionen des Landes diese Studie durchgeführt und ihre Mitglieder befragt.

Wir kommen noch darauf zurück, wie Christen im ganzen Land diese Fragen beantwortet haben. Aber nimm dir doch selbst einen Augenblick Zeit, um zu überlegen, wie du antworten würdest. Kreise zu jeder Frage eine Zahl zwischen 1 (niedrigster Wert) und 10 (höchster Wert) ein.

1. Wie begeistert bist du von deiner Gemeinde?

12345678910

2. Wie zufrieden bist du mit deinem Leben?

12345678910

3. Wie zufrieden bist du mit deinem geistlichen Wachstum?

12345678910

4. Wie sehr engagierst du dich in der Gemeinde?

12345678910

Die große Überraschung

Die Verfasser dieser Willow-Creek-Studie dachten, sie würden einen engen Zusammenhang feststellen können zwischen der Zeit, die mit Gemeindeaktivitäten verbracht wird, und dem Maß des geistlichen Wachstums und der Lebenserfüllung. Sie gingen davon aus, dass jeder, der der Gemeinde seine Zeit zur Verfügung stellt, spürbar wachsen und zufrieden sein müsse. Wäre doch logisch, oder?

Aber dem war nicht so.

Die Studie zeigte, dass es nicht die aktiveren Christen waren, die Wachstum und Zufriedenheit erlebten. Die Studie offenbarte auch, dass eine große Anzahl – fast 25 Prozent der Besucher, die bei Willow Creek befragt worden waren – zugaben, dass sie »unzufrieden« waren und ihr Wachstum als »stagnierend« erlebten. Auch andere Gemeinden machten bei ihren Mitgliedern ähnliche Entdeckungen.

Viele der heutigen Gemeinden scheinen alles zu haben.

Was läuft in den Gemeinden von heute also schief? Wenn wir mehr Zeit in der Gemeinde verbringen, sollten wir dann nicht erwarten können, dass wir geistlich wachsen und Erfüllung darin finden? Wird uns nicht gesagt, dass wir keinen Durst mehr haben, wenn wir von dem lebendigen Wasser trinken das Jesus uns anbietet? Wenn das stimmt, was ist dann mit so vielen Christen heute los? Was fehlt uns?

Viele unserer nordamerikanischen Gemeinden scheinen alles zu haben – unserer Kultur angemessene Einsätze, ansprechende Gebäude und ein breites Spektrum an Programmen für jeden Geschmack. Hinzu kommen dynamische Sprecher, professionelle Musik und einladende Kleingruppen. Wie kann es dann sein, dass Menschen, die in diesen Gemeinden sehr aktiv sind, trotzdem nicht wachsen und unzufrieden sind?

Es ist nichts falsch an qualitativ hochwertigen Gebäuden, kreativen Programmen und einem echten Gemeinschaftssinn. Aber die grundlegende Frage ist: »Welche Botschaft verkündigen wir in unseren Städten und Gemeinden durch unsere Programme?« Ich glaube, dass unsere Substanz der Grund ist für unsere Unzufriedenheit und stagnierendes Wachstum, nicht unsere Strukturen. Eine Gemeinde mag auf Hochglanz polierte Programme haben, gut ausgebildete Mitarbeiter und dynamische Sprecher.

Aber, der Inhalt ist das, was die Leute mitnehmen.

Ein Fragebogen

Um diesen Punkt zu verdeutlichen, legen wir jetzt eine Pause für einen kurzen Fragebogen ein. Weiter unten stehen zehn Gedanken zum christlichen Glauben, über die heute in vielen Gemeinden eher nicht gesprochen wird. Aber unsere Sicht zu jedem dieser Gedanken beeinflusst unsere Beziehung zu Gott, unser geistliches Wachstum und unsere Erfüllung im Leben. Entscheide bei jedem der zehn Gedanken, ob du ihn für wahr oder falsch hältst. Kreise dann entweder »wahr« oder »falsch« ein. Bitte lies erst weiter, wenn du alle Fragen beantwortet hast.

 1. Christen sollten Gott um Vergebung und Reinigung bitten, wenn sie gesündigt haben.

wahr    falsch

 2. Christen kämpfen mit der Sünde, weil sie noch ihren alten Menschen in sich haben.

wahr    falsch

 3. Wir sollten auf Gott warten, auch bevor wir Alltagsentscheidungen treffen.

wahr    falsch

 4. Wenn wir gegen Gott sündigen, haben wir keine Gemeinschaft mit ihm, bis wir wieder Buße tun.

wahr    falsch

 5. Das alttestamentliche Gesetz ist auf die Herzen von uns Christen geschrieben, damit wir es befolgen.

wahr    falsch

 6. Die Bibel sagt uns, dass auf uns Christen im Himmel viele Belohnungen warten.

wahr    falsch

 7. Christen werden vor dem großen weißen Thron für ihre Sünden Rechenschaft ablegen müssen.

wahr    falsch

 8. Christen sollten ihrer Gemeinde mindestens den Zehnten ihres Einkommens geben.

wahr    falsch

 9. Gott wird zornig auf uns, wenn wir immer wieder gegen ihn sündigen.

wahr    falsch

10. Gott sieht uns als gerecht an, auch wenn wir es in Wirklichkeit überhaupt nicht sind.

wahr    falsch

Die Auflösung

Warum die Fragen? Nun, zu Beginn dieses Kapitels habe ich von einer Studie berichtet. Du hast deine Gefühle für deine Gemeinde, deine Begeisterung für das Leben und deine Zufriedenheit mit deinem geistlichen Wachstum eingeschätzt. Unser Denken führt unweigerlich zu Gefühlen. Der einzig wirkungsvolle Weg zu Wachstum und Erfüllung, wenn wir uns unzufrieden fühlen oder unerklärlicher Stillstand eingetreten ist, ist darum der, tief im Wort Gottes zu graben, um die echten Antworten zu finden, die unser Denken verändern.

Ich durchlebte die Folgen meines Denkens und meine Wiederherstellung dauerte ein Jahrzehnt, in dem ich langsam lernte, alte Gedanken durch neue zu ersetzen. Ich weiß nicht, wie viele Geschichten es zu erzählen gibt von meinen Versuchen und meinem Scheitern, meinem Leiden unter dem Scheitern und wie ich endlich Antworten fand.

Wenn wir schon von Antworten sprechen: Die biblische Antwort auf jede der oben genannten Aussagen ist »falsch«.

Ja, falsch.

Wie hast du sie beantwortet?

Bist du bereit, dich Schicht um Schicht von der Religiosität zu befreien, um eine erfreuliche Realität zu entdecken – immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass die Wahrheit dich frei macht?

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Teil 2

Kopfschmerz-Religion

Viele Christen wandeln immer noch in alttestamentlicher Gebundenheit. Sie betrachten das Gesetz als göttliche Ordnung, deren Anweisungen wir zu befolgen haben, und sehen sich durch die Bekehrung selbst als bereit und tauglich dafür an, die Erfüllung des Gesetzes als natürliche Pflicht auf sich zu nehmen.

Andrew Murray (1828  1917)

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Ich kenne viele Nichtchristen, die sich bewusst dafür entschieden haben, sich nicht mit der Krankheit namens »Christsein« zu infizieren. Sie mögen sich Atheisten oder Agnostiker nennen und tragen diese Bezeichnung offensichtlich mit Stolz. Sie waren schlau genug, die schmerzhaften Symptome unnötiger Religion zu meiden.

Für viele ist Christsein eher ein Krebsgeschwür als eine Krücke.

Vielleicht sagen manche von ihnen immer noch: »Das Christentum ist eine Krücke.« Das ist eigentlich noch freundlich ausgedrückt, denn eine Krücke bewahrt uns schließlich vor dem Hinfallen. Aber das heute gängige Denken ist eher: »Warum sollte ich mich auf etwas einlassen, bei dem sich so viele doch nur schlecht fühlen?« Für viele ist Christsein eher ein Krebsgeschwür als eine Krücke.

Außenstehende sehen sehr wohl, wie viele Christen mit ihrer Gemeinde oder ihrer persönlichen Beziehung zu Gott nicht zufrieden sind. Der Glaube dieser Christen funktioniert für sie nicht mehr, weil sie ihren Teil des »Vertrages« mit Gott scheinbar nicht einhalten können. Viele Christen mögen zwar bei ihrer Errettung eine wirklich erfreuliche Erfahrung gemacht haben, und vielleicht hatten sie sogar eine Zeit des erfüllenden geistlichen Wachstums. Aber irgendwie hat sich das, was so vielversprechend und voller Kraft begann, allmählich totgelaufen.

Ein uraltes Problem

Dieses Problem ist nicht neu. Vor mehr als hundert Jahren sagte ein Nichtchrist zu seiner guten Bekannten Hannah Whitall Smith, wie er als Außenstehender das Christsein wahrnahm:

Wenn ihr Christen wollt, dass wir Agnostiker uns für eure Religion interessieren, müsst ihr versuchen, entspannter damit umzugehen. Die Christen, die ich treffe, scheinen mir die unentspanntesten Menschen um mich herum zu sein. Sie scheinen ihre Religion mit sich herumzutragen, als würde sie ihnen Kopfschmerzen bereiten. Sie wollen ihren Kopf zwar nicht loswerden, aber gleichzeitig ist es auch unbequem für sie, ihn zu behalten. Und ich persönlich mache mir nichts aus solch einer Art von Religion.
(Zitat aus Hannah Whitall Smith, The God of All Comfort)

Wenn wir uns also eingestehen, dass dieses Problem existiert, ist es nur sinnvoll, dafür auch eine Lösung zu suchen. Aber wo finden wir echte Antworten? Vielleicht sollten wir zunächst einmal versuchen, den Ursprung des Problems zu verstehen. Und dieses Problem ist in der Tat schon mehr als nur hundert Jahre alt.

Um seine Wurzel zu verstehen, müssen wir gleich mehrere Jahrtausende zurückreisen in die Zeit, als das Volk Israel zusammenkam, um zu hören, was Gott von ihnen verlangte. Achten wir einmal darauf, wie sie reagierten. Ihre Antwort war ein vollkommen hingegebenes Ja.

Und Mose kam und verkündigte dem Volk alle Worte des Herrn und alle Verordnungen. Da antwortete das Volk einstimmig und sprach: Alle Worte, die der Herr geredet hat, wollen wir tun! … Darauf nahm er [Mose] das Buch des Bundes und las es vor den Ohren des Volkes. Und sie sprachen: Alles, was der Herr gesagt hat, das wollen wir tun und darauf hören! (2 Mose 24,3.7)

Mehr als 600 Gebote waren das insgesamt – mehr als 350 Dinge, die sie lassen, und fast 250, die sie tun sollten. Oh, und nebenbei gesagt, auf einige Übertretungen des Gesetzes – wie Götzendienst und sexuelle Sünden – stand die Todesstrafe!

Wie ging es also aus mit der Hingabe der Israeliten? Nun, das weißt du wahrscheinlich schon. Die Geschichte des Volkes Israel im Alten Testament besteht aus einem Versagen nach dem andern, und eine Enttäuschung wechselte sich mit der nächsten ab.

Achterbahn

Gott übertrug dem Stamm Levi die Aufgabe, für Israel Priester zu sein. Diese Priester lehrten das Gesetz, sie brachten Tieropfer dar und beteten um Führung. Der Hohepriester verrichtete am Versöhnungstag seinen Dienst im Allerheiligsten. Er betrat es und besprengte den Deckel der Bundeslade mit Opferblut als Sühne, zuerst für seine eigenen Sünden und dann für die Sünden der Israeliten. Ein Priester war 25 Jahre lang im Amt, der Hohepriester bis zu seinem Tod. Dann ging das Vorrecht auf seinen ältesten Sohn über. Gott legte fest, dass das Priestertum im Stamm Levi bleiben sollte.

Vom levitischen Chorleiter Asaph stammt eine der besten Schilderungen von Israels Erfahrungen unter dem Gesetz. In Psalm 78 lesen wir, dass Gott Israel immer treu blieb. Er befreite sie aus der Sklaverei in Ägypten, teilte das Rote Meer und leitete sie mit einer Wolke am Tag und einer Feuersäule bei Nacht. Er spaltete Felsen, um auf übernatürliche Weise für Wasser zu sorgen, und ließ sogar Essen vom Himmel fallen. Er erwies sich immer wieder aufs Neue als ihr gütiger und mächtiger Gott. Als Gegenleistung bat er nur um eines – dass Israel ihm die Treue hielt.

Aber Psalm 78 offenbart eine Achterbahnfahrt, ein ständiges Auf und Ab in Israels Gottesbeziehung: Auf Gehorsam folgt Versagen, auf Versagen folgt das Versprechen erneuter Hingabe und wieder das Versagen. Hier ist ein kurzer Auszug aus Asaphs Bericht:

Aber sie versuchten Gott, den Höchsten,
    und waren widerspenstig gegen ihn
    und bewahrten seine Zeugnisse nicht,
sondern sie wichen zurück und fielen ab wie ihre Väter;
    sie gingen fehl wie ein trügerischer Bogen.
Und sie reizten ihn zum Zorn durch ihre Höhen
    und zur Eifersucht durch ihre Götzenbilder.
Gott hörte es und geriet in Zorn,
    und er verabscheute Israel sehr. (Ps 78,56-59)

Es scheint, dass das Volk am Ende dumm dastand. Aber was war mit den Priestern? Vielleicht blieben die levitischen Priester ja treu, trotz des Ungehorsams des Volkes?

Und nun, ihr Priester, dieses Gebot gilt euch! Wenn ihr nicht hören wollt und ihr es euch nicht zu Herzen nehmt, meinem Namen die Ehre zu geben, spricht der Herr der Heerscharen, so schleudere ich den Fluch gegen euch und verfluche eure Segenssprüche; und ich habe sie auch schon verflucht, denn ihr nehmt es nicht zu Herzen! (Mal 2,1-2)

Die Priester waren nicht viel besser als das Volk Israel. Aber vielleicht brauchte es einfach Zeit, bis der Gehorsam des Volkes so weit war? Nein, das war es nicht. Noch lange Zeit nach dem Auszug der Israeliten aus Ägypten und auch lange nach den Tagen Maleachis hatte sogar der ergebenste jüdische Fromme noch damit zu kämpfen, nicht untreu zu werden. Einer der vielleicht hingegebensten Israeliten aller Zeiten, Saulus von Tarsus, konnte seine religiösen Verpflichtungen Gott gegenüber nicht erfüllen: »Denn ich verstehe ja selber nicht, was ich tue. Das Gute, das ich mir vornehme, tue ich nicht; aber was ich verabscheue, das tue ich« (Röm 7,15 Hfa).

Für manche schien das Gesetz eine zufriedenstellende religiöse Erfahrung und ein erfüllendes Leben zu bieten. Aber so oder so brachte es den Fluch des Versagens über jeden, der versuchte, es zu halten. Niemand konnte diesem unvermeidbaren Ergebnis entrinnen. An dem Gesetz an sich war sicher nichts falsch, aber mit einer Regel nach der anderen zeigte das Gesetz klar und deutlich, dass mit jedem in Israel etwas nicht stimmte.

Schnellvorlauf

Aber jetzt spulen wir einmal ein paar Tausend Jahre nach vorne, in die Gegenwart. Es sind nicht nur Israels ergebenste Fromme, die über ihre eigene Religion frustriert sind und sich damit miserabel fühlen.

Auch der Kampf Martin Luthers mit seiner Religion ist bestens dokumentiert. Trotz seines Eifers und seines hingegebenen Lebensstils wurde er immer wieder von seiner Schuld überwältigt. Er kasteite sich selbst und unternahm zahllose Versuche, für seine endlose Liste von Sünden zu büßen. Er geißelte sich nicht nur, bis er blutete, manchmal lag er mitten im Winter die ganze Nacht im Schnee, bis er sich schließlich in solch einem Schockzustand befand, dass seine Kollegen ihn wegtragen und in Sicherheit bringen mussten.

»War es ein Fehler, dem Ruf des Heiligsten Herzens blindlings zu folgen?«

Auf ähnliche Weise bekannte auch Mutter Teresa in ihren kürzlich veröffentlichten Schriften: »Man sagt mir, dass Gott mich liebt – und doch ist die Realität der Dunkelheit, Kälte und Leere so groß, dass nichts meine Seele berührt. Bevor das Werk begann, gab es so viel Einheit, Liebe, Glaube, Vertrauen, Gebet und Opfer. War es ein Fehler, dem Ruf des Heiligsten Herzens blindlings zu folgen?« (an Jesus gerichtete Worte, bei einem Beichtvater gesprochen, ohne Datierung).

In den mehr als vierzig Jahren ihres unermüdlichen Dienstes wurden Tausende von Menschen von Mutter Teresa beeinflusst. Sie kümmerte sich um die Kranken, Obdachlosen und Waisen in ihrer Heimat und anderswo. Und doch enthüllen ihre persönlichen Aufzeichnungen ihren Kampf um Sinn und Ziel und um eine stabile Beziehung zu Gott.

Was also haben Saulus von Tarsus, Martin Luther und Mutter Teresa gemein? Anscheinend rangen sie alle mit einem religiösen System, das ihnen keine bleibende Zufriedenheit oder Erfüllung brachte, sondern nur Elend. Ihre Methoden, Gott zu besänftigen und sich ihm zu nähern, führten schließlich zu einem tiefen Gefühl des Versagens. Sie nahmen mehr Anstrengungen auf sich als wir es je tun würden –, und mussten sich am Ende doch fragen: »Wie viel ist genug? Wann wird es reichen? Warum ist Gott immer noch nicht zufrieden? Wann komme ich endlich dazu, mich zu entspannen und zu genießen? Es muss einen anderen Weg geben.«

Der andere Weg

Und wenn es wirklich einen anderen Weg gibt? Wenn wir tatsächlich die ganzen religiösen Schuldgefühle hinter uns lassen und ein Leben der Freude führen könnten? Wenn wir mit Gott eine so enge Gemeinschaft haben könnten, als würde er mit uns unter einer Haut stecken? Wenn wir einfach so leben könnten, als wären wir wir selbst, und dabei würde auch noch Christus durch uns leben? Und das alles, ohne dass es uns etwas kostet? Es würde bedeuten, dass sich das Thema Religion erledigt hat. Es würde bedeuten, dass wir uns nicht mehr ständig selbst analysieren und unsere Geistlichkeit messen müssten.

Der alte Weg führt immer zur Enttäuschung, egal wie »heilig« unsere Anstrengungen auch sein mögen. Der neue Weg kostet uns nichts, aber er verändert alles. Und doch gibt es noch eine dritte Option – und diese Mischform aus Alt und Neu hat sich in viele Gemeinden eingeschlichen.

Dieses Buch will zeigen, dass das Alte nutzlos ist, und wie viel Spaß das Neue macht. Aber das wichtigste Thema ist, dass wir dem Elend unserer heutigen religiösen Mischform entrinnen und die Unverfälschtheit des Neuen erleben. Das war und ist Gottes Plan für alle, die es im Lauf der Geschichte ernst meinten und doch unglücklich waren.

Was Gott für dich gedacht hat? Das Neue!

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4

Schlüpf einmal für einen kurzen Augenblick in die Rolle deiner Lieblingsperson aus dem Alten Testament. Stell dir vor, wie es wäre, wie er oder sie zu sein. Vielleicht David oder Esther oder Daniel.

Wie nahe sie Gott doch waren! Wie lebten sie mit ihm zusammen und wurden von ihm gebraucht! Wäre es nicht toll, einer von ihnen zu sein? Wärst du vielleicht sogar bereit, deine eigene Gottesbeziehung gegen ihre einzutauschen? Wenn ja, dann wäre ich ganz und gar nicht deiner Meinung.

Ganz und gar nicht?

Genau.

Nicht eine Sekunde lang wäre ich bereit, Davids Gottesbeziehung meiner eigenen vorzuziehen. Auch nicht die von Esther. Oder die von Daniel. Oder von irgendjemand anderem im Alten Testament. Was ich jetzt habe, ist mir viel lieber.

Wie überheblich!

Wie kühn!

Ich hab dich jetzt hoffentlich überrascht und vielleicht auch ein wenig verärgert, denn genau das ist meine Absicht. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass die Gemeinde aufwacht und sich bewusst wird, wie gut wir es heute auf dieser Seite des Kreuzes haben.

Vielleicht kennst du die berühmten Glaubenshelden aus Hebräer 11 – Abraham, Isaak, Jakob, Josef und Mose. Durch den Schreiber des Hebräerbriefs erzählt Gott von ihrer Hingabe und Opferbereitschaft und ihrem Gehorsam gegenüber seinen Wegen. Diese Helden wurden wegen ihres Glaubens verspottet, eingesperrt und sogar zu Tode gesteinigt.

Bist du schon einmal solchen Prüfungen unterzogen worden? Hast du dich als genauso hingegeben erwiesen? Die Antwort lautet wahrscheinlich Nein. Wie kannst du dann überhaupt eine bessere Gottesbeziehung haben als sie?

Gott ist und bleibt derselbe.

Bevor wir die Frage des Wie beantworten, lass uns sicher sein, dass das wirklich der Fall ist. Über diese alttestamentlichen Gläubigen schreibt der Verfasser des Hebräerbriefs: »Und diese alle, obgleich sie durch den Glauben ein gutes Zeugnis empfingen, haben das Verheißene nicht erlangt, weil Gott für uns etwas Besseres vorgesehen hat, damit sie nicht ohne uns vollendet würden« (Hebr 11,39-40).

Solch eine Hingabe, solch ein Engagement – doch was lernen wir über diese alten Helden? Sie empfingen nicht das, was ihnen verheißen wurde. Wir dagegen, nachdem