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Über den Autor
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Peter Härtling, geboren 1933 in Chemnitz, lebt in Mörfelden-Walldorf/Hessen. Er veröffentlichte Lyrik, Erzählungen, Romane, Essays und ist einer der bedeutendsten Autoren der Kinderliteratur. Sein Werk wurde mit vielen Literaturpreisen ausgezeichnet.
Seine Kinderbücher erscheinen bei Beltz & Gelberg, darunter Sofie macht Geschichten (mit Bildern von Jutta Bauer) und so berühmte Romane wie Das war der Hirbel, Oma (Deutscher Jugendliteraturpreis), Theo haut ab, Ben liebt Anna, Alter John, Krücke und Reise gegen den Wind.
Impressum
Dieses E-Book ist auch als Printausgabe erhältlich
(ISBN 978-3-407-74580-4)
www.beltz.de
© 2013, 2015 Beltz & Gelberg
in der Verlagsgruppe Beltz · Weinheim Basel
Werderstr. 10, 69469 Weinheim
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Barbara Gelberg
Neue Rechtschreibung
Einbandillustration: Philip Waechter
Einbandgestaltung: Moni Port
E-Book: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza
ISBN 978-3-407-74555-2
Für Hannah und ihre Cousinen

Von: Mirjam
An: Opa

Hallo Opa, du warst plötzlich weg. Manchmal bist du schneller, als du kannst. Ich wollte dir noch sagen, dass du nervst, wenn du mit Mama heimlich über mein Facebook redest. Davon versteht ihr überhaupt nichts. Und wenn du behauptest, das sei gefährlich, wenn man sich so darstellt, hast du keine Ahnung. Ihr wart heimlich so laut, dass ich alles mitgekriegt habe. Mama übertreibt immer. Und du hilfst ihr auch noch dabei. In deinem Alter könntest du vernünftiger sein und dich nicht in meine Angelegenheiten einmischen.
Vielen Dank für die Datteln. Oskar und ich haben sie ratzeputz verspeist. Mein kleiner Bruder hat jetzt Bauchweh. Ich nicht.
Papa sagt, es ist nicht sicher, ob du jeden Tag deine Mails checkst. Wenn du sie gelesen hast, kannst du mir auch gleich antworten.
Tschüs, deine Mirjam

Von: Opa
An: Mirjam

Mirjam, liebe --
tatsächlich hast du nun warten müssen, da ich erst jetzt wieder an den Computer gedacht habe. Drei Tage nach deiner strengen Mail. Jetzt sitze ich noch da und tippe einen Brief in den Computer. Das geht mir gegen den Strich. Denn ich bin an Briefe auf der Schreibmaschine gewöhnt oder an den Füller. Aber da du jetzt damit angefangen hast, setze ich unseren E-Mail-Wechsel fort. Ich hoffe, ich drücke mich manchmal nicht zu »alt« aus. Außerdem versuche ich, so wie du es wünschst, vernünftig zu sein. Das heißt aber nicht, dass ich immer einer Meinung mit dir sein muss. Weißt du, ich bestehe nicht unbedingt auf meiner Erfahrung. Die schlägt leicht in Besserwissen um.
Gestern habe ich mal wieder alter Mann gespielt, so, wie du es nicht magst. Oma und ich waren auf dem Weg zum Konzert. Ich wollte abkürzen, übersah einen Poller und flog über ihn drüber. Dass ich mit dem Kopf nicht auf dem Boden aufschlug, verdanke ich Oma, die mich gerade noch am Arm erwischte. Da lag ich, mein Rücken und meine Flanke schmerzten. Ich kam nicht mehr hoch. Ein junger Türke sprang mir bei und half mir auf die Beine. Oma fragte mich, ob ich noch Lust auf das Konzert habe. Da meine Hose nicht zerrissen war, meine Jacke ebenso wenig, besuchten wir das Konzert. Zu Hause stellte ich fest, dass ich zweifarbig auftreten könnte. Die rechte Hälfe weiß, die linke tiefblau. Komisch, dass solche Unfälle nur Kindern und alten Leuten passieren. Da wirst du auch wieder nicht meiner Ansicht sein. Ehrlich gesagt, bin ich nicht sicher. Nur was es mich, als alten Leut, angeht.
Ich hörte, dass du morgen eine Mathearbeit schreibst. Da ich krottenschlecht in Mathe war, wird es kaum helfen, wenn ich die Daumen drücke. Für alle Fälle, sage ich mir, und denke mit einem lieben Gruß an dich,
dein Opa.

Von: Mirjam
An: Opa