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Innentitel

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Inhalt

 

Begleitwort

 

Kapitel 1 – Unheilvolle Ausfahrt

Kapitel 2 – Im Packeis gefangen

Kapitel 3 – Auf der Suche nach einem Winterquartier

Kapitel 4 – Die Landung an Kap Evans

Kapitel 5 – Einzug ins Winterquartier

Kapitel 6 – Erster Vorstoß nach Süden

Kapitel 7 – Mit den Hunden in einer Eisspalte

Kapitel 8 – Eine furchtbare Nacht

Kapitel 9 – In Sicherheit auf der Hüttenspitze

Kapitel 10 – Zurück über das Eis nach Kap Evans

Kapitel 11 – Stille Winterarbeit

Kapitel 12 – Mittwinterfest

Kapitel 13 – Abenteuer bei Kap Evans

Kapitel 14 – Rückkehr der Sonne

Kapitel 15 – Unglückswochen

Kapitel 16 – Die ersten Automobile auf der Eisbarriere

Kapitel 17 – Aufbruch zum Südpol

Kapitel 18 – Auflösung der Motorabteilung

Kapitel 19 – Zusammenbruch der Ponys

Kapitel 20 – Ein verhängnisvoller Aufenthalt

Kapitel 21 – Auf dem Beardmoregletscher

Kapitel 22 – Der Marsch über die Höhe

Kapitel 23 – Rückkehr der zweiten Abteilung

Kapitel 24 – Geradeswegs zum Pol

Kapitel 25 – Am Ziel – eine niederschmetternde Enttäuschung

Kapitel 26 – Rückkehr vom Pol

Kapitel 27 – Glücklich am Rande des Polplateaus

Kapitel 28 – Der Tod im Lager

Kapitel 29 – Die letzten Märsche

Kapitel 30 – Ein Heldenopfer

Kapitel 31 – Das Ende

 

Impressum

 


Begleitwort

Es ist das vielleicht dramatischste Tagebuch der Menschheitsgeschichte, das uns Robert Scott (1868 - 1912) hinterlassen hat. Gefunden wurde es, im November 1912, acht Monate nach seinem Tod, festgefroren auf seiner Brust – neben einem ans Herz gedrückten Foto seiner Frau und seines Sohnes. Es war das tragische Ende eines heroischen Wettstreits darum, als erster Mensch den Südpol zu erreichen.

Den unglaublich mühevollen Weg zum Pol schafften er und vier seiner Männer, doch sie waren nicht die ersten: Fünf Wochen zuvor war der Norweger Roald Amundsen mit vier Begleitern und seinen Schlittenhunden bereits dort angekommen und hatte ein Zelt und die norwegische Flagge errichtet.

Das Foto auf dem Umschlag unseres Buches zeigt dieses Zelt, dokumentiert durch die Bilder, die Scotts Männer am Pol aufnahmen.

Es war eine ungeheuer deprimierende Niederlage, eine unglaubliche Frustration, die Scott und seine Männer am Ziel ihrer Reise erlebten. Und eine Demütigung dazu. Denn Amundsen hatte in dem Zelt einen Brief hinterlassen – adressiert an seinen König Haakon VII, in dem er die Besitznahme des Südpols meldet. Amundsen tat das, weil er selber nicht genau wissen konnte, ob er den beschwerlichen Rückweg von Pol überleben würde.

Aber er degradierte damit gleichzeitig Scott zum Briefträger, der diese Botschaft an sich nehmen und zurückbringen sollte.

Der Rückweg für Scotts Gruppe war quälend – und am Ende war er mörderisch. Das Wetter wurde schlimmer und kälter, denn der Winter näherte sich. 30 Grad unter Null waren normal. Großflächige Erfrierungen plagten die Männer, Nasen und Finger wurden schwarz, das zerstörte Fleisch löste sich vom Körper. Einer starb auf der Hälfte des Weges an Erschöpfung. Sie mussten ihn begraben und zurücklassen. Mit zwei Gefährten schleppte sich Scott weiter, der rettenden Kante der Eiswüste entgegen. Irgendwann ging es nicht mehr. Ein Sturm zwang sie ins Zelt, sie mussten ausharren, sie realisierten, dass sie es nicht schaffen würden. Ihnen war klar, dass sie sterben würden.

Da waren sie nur noch 18 Kilometer von einem rettenden Zwischendepot entfernt.

So fand man sie, und so fand man das Tagebuch von Scott.

Roald Amundsen war inzwischen als triumphierender Erkunder des Südpols heimgekehrt und erfuhr erst in Norwegen vom Schicksal seines Konkurrenten. Doch warum war er mit seiner Mannschaft erfolgreich, warum konnte er den hin und zurück 2800 Kilometer weiten Marsch unbeschadet überleben, warum konnte er »gesund, wohlgenährt und vor Lebensfreude strotzend« zu seiner Schutzhütte am Rande der Eiswüste zurückkehren?

Es war, so erkennt man im Nachhinein aus den Aufzeichnungen der beiden Konkurrenten, auch der anderen Mentalität geschuldet, mit der die Norweger an die Sache herangingen. Die Engländer mit Scott: generalstabsmäßig planend, mit einem zusätzlichen »wissenschaftlichen« Auftrag, bauend auf die damals verfügbare modernste Technik – wie dreier motorbetriebener Schlitten.

Die Norweger: An Kälte gewöhnt, im Eismeer fast zu Hause, nicht im Kampf gegen die Elemente, sondern im Fluss mit ihnen. Amundsens entscheidender Vorteil: Er kannte die Effizienz von Husky-Gespannen, er vertraute auf seine Hunde. Er wusste, dass kein anderes Transportmittel sie schneller und effektiver zum Ziel bringen konnte. Scott dagegen lehnte dieses in Schnee und Eis seit Jahrhunderten bewährte Fortbewegungsmittel ab. Er baute auf seine Motorschlitten und auf Ponys. Beides versagte: Zuerst die Schlitten, denen die Motoren einfroren, dann die Pferde, die so schwach waren, dass die Männer sie nur noch schlachten konnten. Am Ende mussten sie ihre schweren Schlitten Hunderte von Meilen selbst über die Eiswüste ziehen.

Beide schrieben Tagebuch, Amundsen und Scott. Doch Scotts Tagebuch ist das bei weitem bewegendere Dokument. Amundsen verzeichnete lakonisch seine Fortschritte und Etappensiege auf dem Wege, es wurde das Dokument eines Sieges. Scotts Tagebuch wurde das Dokument eines dramatischen Überlebenskampfes. Ein Kampf ohne versteckten Gegner, ein Kampf, bei dem alle Gefahren und Hindernisse von Anfang an bekannt waren. Der Start der Expedition bedeutete den Gang in dieses Risiko. Das Tagebuch erzählt, wie alle Hoffnungen, alle Träume nach und nach zu nichte gemacht werden. Es ist ein Dokument des dramatischen Untergangs. Die letzten Sätze schrieb Scott, als ihm längst klar war, er würde sterben.

Es endet so:

»Freitag, 29. März

Seit dem 21. hat es unaufhörlich aus Südwest gestürmt. Jeden Tag waren wir bereit, nach unserm nur noch 20 Kilometer entfernten Depot zu marschieren, aber draußen vor der Zelttür ist die ganze Landschaft ein wirbelndes Schneegestöber. Wir können jetzt nicht mehr auf Besserung hoffen. Aber wir werden bis zum Ende aushalten; der Tod kann nicht mehr fern sein. Es ist ein Jammer, aber ich glaube nicht, daß ich noch weiter schreiben kann. R. Scott.

Und dann noch: »Um Gottes willen – sorgt für unsere Hinterbliebenen!«

Auf der ersten Seite des Tagebuchs hatte er vermerkt:

»Schickt dieses Tagebuch meiner Frau! R. Scott.«

Dann strich er das Wort »Frau« durch, und schrieb darüber: »Witwe«.

 

Redaktion eClassica, Dezember 2011, zum hundertsten Jahrestag der Terra-Nova Expedition.

 


Kapitel 1 – Unheilvolle Ausfahrt

Die »Terra Nova«, die mich bis zum Rand der dem Südpolarfestland vorgelagerten Eisbarriere bringen sollte, hatte am 1. Juni 1910 mit meiner Expedition an Bord London verlassen. Als das Schiff in Neuseeland anlangte, zeigte es ein Leck und mußte 3 Wochen ins Dock. Auch nach der Ausbesserung leckte es noch ein wenig, wie jedes alte Holzfahrzeug; täglich ¼ Stunde Arbeit an der Handpumpe reichte aus, das eindringende Wasser zu entfernen. Sonntag den 27. Nov. lief die »Terra Nova« Port Chalmers auf Neuseeland an. Dort ging auch ich an Bord, und Dienstag den 29. Nov. nachmittags 1/2 3 Uhr verließen wir bei strahlendem Sonnenschein den Hafen zur endgültigen Abfahrt nach Süden.

1. Dez. [1910]

Aber Nachts wurde der Wind stärker, ich erwachte von der Bewegung. Die See geht hoch. Unter diesen Umständen bietet das Schiff einen nicht gerade erfreulichen Anblick. Sein Inneres ist dank der Geschicklichkeit unseres Proviantmeisters Leutnant Bowers so vollgepackt, wie es menschliche Geschicklichkeit nur ersinnen kann, und auf Deck ist's kaum anders. Unter der Großluke sind unsere Vorräte und ein Teil des Holzwerks für die Hütte geborgen; darüber auf dem Hauptdeck liegen der Nest des Holzwerks, die Schlitten, die Ausrüstung für die Landreise und alle Instrumente und Maschinen für unsere Wissenschaftler. Unter der Back sind Stände für 15 mandschurische Ponys; 7 auf der einen Seite, 8 auf der andern, die Köpfe einander zugewandt. Durch ein Loch im Schott sieht man die Reihe der Pferdeköpfe mit traurigen, geduldigen Augen emporschaukeln, jetzt die von der Steuerbordseite, dann die auf der Backbordseite. Die wochenlange Fahrt wird eine schlimme Probe für die armen Tiere sein. Der übrige Raum der Back ist mit 5000 Kilo Futter vollgepackt; dazwischen haust Anton, mein russischer Pferdeknecht, der arg an Seekrankheit leidet. Trotzdem rauchte er gestern abend eine Zigarre; er rauchte immer ein wenig, dann kam eine Pause, wo sich sein Magen umkehrte, darauf griff er wieder zu seiner Zigarre. »Nicht gut!« klagte er Rittmeister Oates, indem er sich den Magen rieb. Die 4 übrigen Ponys stehen außerhalb der Back auf der Leeseite der Vorluke in einem starken Holzbau, unter ihrem wasserdichten Segeltuchdach haben sie es jedenfalls besser als ihre 15 Kameraden.

Hinter der Vorluke ist das Eishaus, das 3 Tonnen Eis, 162 geschlachtete Hammel und 3 Rinder nebst einigen Büchsen Kalbsmilch und Nieren enthält. Hinter dem Eishaus stehen 2 ungeheure Packlisten, jede zu 5 x 1 1/2 x 1 ¼ Meter; sie enthalten zwei Motorschlitten. Der dritte ruht quer über der Hinterdecköffnung. Die Kisten sind mit Segeltuch überdeckt und mit schweren Ketten und Tauen festgemacht. Blechkannen und -fässer mit Petroleum für die Schlitten sind in starke Holzkisten verpackt, im ganzen 2 1/2 Tonnen Öl; weitere Behälter mit Petroleum, Paraffinöl und Alkohol stehen zwischen Großluke und Fockmast und längs der beiden Kühlgänge. Um die Packkisten herum steht das Deck voll aufgestapelter Kohlensäcke, die aber bald verschwinden werden, denn die »Terra Nova« frißt entsetzlich viel Kohlen: 8 Tonnen im Tag! Die anscheinende Verwirrung auf Deck vervollständigen unsere 33 Hunde; sie sind, 2 ausgenommen, sibirischen Ursprungs; Meares, der Führer unserer Hundeabteilung, hat sie ausgesucht und quer durch Sibirien nach Wladiwostok getrieben, von wo er sie zu Dampfer nach Neuseeland brachte. Sie sind, was bei der Wildheit der Tiere nötig ist, an Pfosten und Riegeln angekettet. Ihre Lage ist nicht eben beneidenswert; die Wellen brechen sich unaufhörlich an der Wetterseite des Schiffs, und das Spritzwasser regnet aufs Mitteldeck in dichten Wolken herunter. Die Schwänze diesem Regen zugekehrt, sitzen die Hunde trübselig umher, ihre Decken triefen, und ab und zu läßt einer ein wehmütiges Winseln hören. Ihre Nahrung, ungefähr 5 Tonnen Hundekuchen, ist allenthalben in die Lücken zwischen dem Gepäck eingekeilt.

Wie wir es fertigbringen, an unserm Kajütentisch für 24 Offiziere Platz zu finden, ist mir noch unerklärlich. Meist sind zwar einige auf Wache, aber es ist trotzdem ein heilloses Gedränge.

2. Dez.

Schon ein Unglückstag! Um 4 Uhr nachts frischte der Wind mit großer Heftigkeit auf. Das Schiff stampfte schwer und nahm über die Reling viel Wasser ein. Petroleumbehälter und Futterkisten begannen sich zu lösen, die Kohlensäcke wurden von den Sturzseen aufgehoben und drohten die Kisten zu zertrümmern; sie mußten wo anders verstaut werden, was eine ungeheure Arbeit machte. Von Stunde zu Stunde wurden Seegang und Wind stärker.

Das Schlimmste aber war die Meldung aus dem Maschinenraum: die Pumpen sind verstopft, und das Wasser steigt schon über den Feuerungsrost! Von diesem Augenblick an war der Maschinenraum der Mittelpunkt allgemeiner Aufregung. Oberheizer Lashly stand bis an den Hals in strömendem Wasser, um die Ansauger der Pumpen zu reinigen. Aber das Wasser stieg immer höher, zuletzt kam es an den Kessel und wurde bald so heiß, daß nichts übrig blieb, als das Feuer ausgehen zu lassen.

Die See ging höher als je; ein großes Stück des Geländers wurde von den Sturzwellen fortgerissen, und ein grüner Strom rollte über Reling und Achterdeck. Einige Petroleumfässer wurden über Bord geschwemmt, und im Maschinenraum strömte das Wasser beängstigend. Mitten hinein in diese Verwirrung plötzlich der furchtbare Ruf, daß durch die Ritzen des mit Kohlen gefüllten Achterraums Rauch emporsteige! Um das Feuer zu unterdrücken, wäre keine andere Hilfe gewesen, als die Luke zu öffnen, die Sturzseen hineinfluten zu lassen und so – das Schiff zum Sinken zu bringen. Es waren furchtbare Augenblicke, ehe wir die Gewißheit hatten, daß der Rauch in Wirklichkeit nur Dampf war von dem im Maschinenraum daneben befindlichen Schlagwasser.

Wir mußten nun versuchen, das Schiff auszuschöpfen. 4 Stunden lang gingen die Eimer von Hand zu Hand, vom untersten Feuerraum auf kleinen Eisenleitern zum obersten Deck hinauf, zusammen mit dem Tröpfeln der Pumpen, und wenn das Wasser auch nicht sank, so stieg es doch nur noch sehr wenig.

Unterdes kamen wir auf ein Mittel, um an das Saugwerk der Pumpen zu gelangen: wir schlagen ein Loch in das Schott des Maschinenraums, die Kohlen zwischen diesem und dem Wasserschacht der Pumpen werden entfernt und ein Loch in den Schacht gebrochen. Unsere Rettung wird ein halbes Wunder sein! Offiziere und Matrosen arbeiten verzweifelt, aber sie singen dabei, und keiner hat den Mut verloren. Ein Hund ist schon ertrunken, ein Pony ist tot und 2 andere werden auch nicht mehr lange mitmachen. Aber wenn wir nur des Wassers Herr werden, wird schon alles gut. Noch ein Hund, höre ich, ist eben über Bord geschwemmt worden – o weh! –

3. Dez.

Gestern abend nahm der Wind langsam ab, und die Schöpfarbeit wurde mit 2 stündiger Ablösung ununterbrochen fortgesetzt. Es war eine unheimliche Nachtarbeit, bei dem heulenden Sturm, der Dunkelheit, den alle paar Minuten über das Schiff hinrollenden Sturzseen, ohne Maschinen und Segel, die Männer der Wissenschaft, schwarz von Maschinenöl und Schlagwasser, die überlaufenden Eimer weitergebend, ohne Rücksicht auf die Köpfe der Tieferstehenden; einige zogen es vor, nackt wie chinesische Kulis zu arbeiten, die andern hantierten in Trikotjacken, Schifferhosen und Seestiefeln. Alle 2 Stunden eilten die Abgelösten in ihre Koje, um zu ruhen; nach 2 Stunden schlüpften sie wieder in das triefend nasse Zeug und eilten aufs neue an die Arbeit. Und sie blieben Sieger: das Hin- und Herrauschen der Wellen auf dem Boden des Maschinenraums beim trüben Licht zweier Petroleumlampen wurde von Stunde zu Stunde geringer. Um 10 Uhr abends war das Loch ins Schott des Maschinenraums gebrochen – Leutnant Evans kletterte über die Kohlen hinüber in den Pumpenschacht hinein. Bald hatte er den Ansauger gereinigt, und ein Freudenruf begrüßte den ersten tüchtigen Wasserstrahl aus der Pumpe. Damit waren wir gerettet. Alle Mann arbeiteten nun abwechselnd an der Pumpe; obwohl sie sich noch mehrmals verstopfte, sank das Wasser im Maschinenraum gleichmäßig, und heute morgen konnte man sich wieder darin aufhalten. Am Vormittag wurde angeheizt, und jetzt segeln und dampfen wir schon in bester Ordnung südwärts.

Unser Verlust ist nicht so groß, wie ich fürchtete, aber doch ernst genug. Abgesehen von der Zertrümmerung der Reling, haben wir 2 Ponys, nur einen Hund, 300 Liter Petroleum, 10 Tonnen Kohlen und einen Spiritusbehälter eingebüßt. Der dritte Pony hat sich wieder erholt.

5. Dez.

Der Gedanke, Kap Crozier, die Ostspitze der Roßinsel, als Hauptstation zu wählen, wird hin- und her erörtert. Wir kämen früh dorthin, die große Eisbarriere ließe sich erreichen, ohne Spalten überschreiten zu müssen, und der Weg nach dem Pol führte von Anfang an genau südlich. Das milde Klima und das Fehlen der Schneestürme am Pinguin-Brutplatz, die Gelegenheit, das Brüten der Kaiserpinguine zu studieren, das Interesse an der Geologie des Mount Terror, die Nähe brauchbarer Steine zu Schutzmauern usw., alles spricht dafür.

7. Dez.

Eissturmvögel, antarktische Sturmschwalben und Raubmöwen umflattern das Schiff, und gestern zeigten sich Delphine; dunkle, finster blickende Albatrosse und Seeschwalben begegnen uns unaufhörlich. Gestern abend trieb weit hinten im Westen der erste Eisberg vorüber und glänzte hin und wieder auf, wenn die Sonne aus den Wolken hervortrat.

9. Dez.

Heute früh 6 Uhr wurden Eisberge und Packeis gemeldet, und bald gerieten wir in einen Strom von kleinen Eisschollen. Wir steuerten deshalb nach Süden und Westen und konnten ziemlich geraden Kurs halten, obgleich wir 6 weitere Eisströme durchquerten, von denen aber keiner mehr als 300 Meter breit war. Mehrere schöne, meist tafelförmige Eisberge begegneten uns; ihre Höhe ging bis zu 25 Meter; einer kam so dicht heran, als, ob er kinematographiert werden wollte.

Wir beobachteten in diesen Tagen zahlreiche Riesenwale, die als die größten Säugetiere gelten. Zuerst sieht man einen kleinen dunkeln Höcker auftauchen; gleich darauf spritzt eine Fontäne grauen Nebels ungefähr 2 Meter hoch senkrecht auf. Nun verlängert sich der Höcker, und empor wälzt sich ein ungeheuer großer, schwarzgrauer runder Rücken mit einem schwachen Wulst längs des Rückgrats und einer kleinen hakenähnlichen Rückenflosse. Dann verschwindet das Tier wieder in der Tiefe.

Am Abend zeigt sich das Packeis in bedenklich großen Feldern. Der Abendhimmel war wundervoll; die Sonne trat von Zeit zu Zeit aus den Wolkenlücken hervor und beleuchtete mit blendendem Glanz ein Eisfeld, einen steil abfallenden Eisberg oder ein Fleckchen blauer See, und Sonnenlicht und Schatten jagten sich beständig über unsere Bahn. Sollte das Packeis dick werden, so lasse ich das Feuer unter den Kesseln ausgehen und warte, bis sich das Eis wieder öffnet; lange kann es auf diesem Breitengrad nicht geschlossen bleiben.