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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Vorspiel

Eins

Zwei

Drei

Zwischenspiel

Vier

Fünf

Sechs

Sieben

Acht

Zwischenspiel

Neun

Zehn

Endspiel

Elf

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2516

 

Die Tauben von Thirdal

 

Einsatz auf dem Planeten der Sternenhorcher – an der Schwelle zur schwarzen Gnade

 

Leo Lukas

 

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Auf der Erde und den zahlreichen Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht in der Galaxis weitestgehend Frieden: Die Sternenreiche arbeiten zusammen daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Die Konflikte der Vergangenheit scheinen verschwunden zu sein.

Vor allem die Liga Freier Terraner, in der Perry Rhodan das Amt eines Terranischen Residenten trägt, hat sich auf Forschung und Wissenschaft konzentriert. Der aufgefundene Polyport-Hof ITHAFOR stellt eine neue, geheimnisvolle Transport-Technologie zur Verfügung. Gerade als man diese zu entschlüsseln beginnt, dringt eine Macht, die sich Frequenz-Monarchie nennt, in diesen Polyport-Hof vor. Der Angriff kann zumindest zeitweilig zurückgeschlagen werden.

Während Perry Rhodan einem Hilferuf der Terraner in das in unbekannter Weite liegende Stardust-System folgt, bricht der unsterbliche Atlan mit der JULES VERNE auf, um mehr über den geheimnisvollen Gegner herauszufinden: Er reist nach Andromeda und sucht DIE TAUBEN VON THIRDAL ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Gucky – Der Mausbiber möchte endlich wieder einmal nach Herzenslust »spielen«.

Francinn Teseus-Chan – Die Chonossonerin lernt, was es heißt, sich einen Kindheitstraum zu erfüllen.

Perme Umbrar – Dem Kamashiten wird seine Psi-Sensibilität zum Verhängnis.

Juwal Mowak – Der Oxtorner und seine verschworene Crew erleben ihre erste Feuerprobe.

Was ist Reife, wenn nicht ein Mangel an Übermut?

Genistos Befurisfagis

 

Vorspiel

Die Verheißung

 

An ihm nagten kleine, hungrige Tiere.

Er hätte sie verscheuchen können. Bloß – wozu?

Sie meinten es nicht böse. Sie folgten ihrem Instinkt, einem simplen, klaren Trieb.

Triebe ... Er hatte schon lange keine frischen Knospen mehr ausgebildet. Nicht, dass er die Anstrengung gescheut hätte. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen. Er stand noch gut im Saft.

Eben deshalb sah er keine Veranlassung, aufs Geratewohl zu sprießen. Für die Käfer und Maden in seiner Borke reichte es allemal, wie auch für die Maulwurfsgrillen, die mit ihren Scheren Splitter von seinen Wurzeln schälten, und die pickschnäbeligen Leichtgewichte in seinem Geäst.

Er ruckelte. Sturmwind hatte ihn durchgeschüttelt, ein paar Stunden kurz.

Die Zweige, die dabei abgerissen worden waren, bekümmerten ihn nicht. Er konnte sie nachwachsen lassen, wann immer er wollte.

Vermutlich würde er nicht. Er war sich und seinen kleinen, wuseligen Gästen weidlich genug.

Mehr Sorgen bereitete ihm, was er auf der anderen, ungleich interessanteren, tieferen Ebene wahrnahm. Oder eher: was nicht. Kaum noch empfing er Neues.

Die Gesänge wurden leiser und dumpfer. Misstöne schlichen sich ein, den Wohlklang störend, den Inhalt verzerrend.

Er lauschte. Aber er musste sich sehr mühen, noch etwas Bedeutsames zu erfahren.

Natürlich lag es daran, dass immer weniger von ihnen aktiv ihr Angu nach außen richteten. Thirdals mentale Glut erkaltete. Die Charandiden schwanden dahin, unwiederbringlich.

Wann hatte er sich dem zuletzt mit seinesgleichen ausgetauscht? Und sei es, um einen schalen Witz über Blattfäule weiterzugeben?

Vor Jahren.

Jahrzehnten.

Nach allem, was er wusste, war er der Jüngste. Sein Name ... Er hatte einen Eigennamen besessen, oder?

Keinen schönen, wenn er sich recht erinnerte. Zusammengesetzt aus nervös abgehackten Klängen, die er physisch ohnehin nicht mehr zu erzeugen vermochte. Jetzt brachte er nur noch Rascheln zustande, dazu hohl knarrendes Ächzen.

Gleichwohl. Ihm fehlte nichts, nichts von dieser Welt.

Ihnen allen war schon damals bewusst gewesen, dass mit dem Aufbruch der Munteren aus Hathorjan auch das Ende der Verholzten anbrach. Niemand hatte Bedauern empfunden. Was die Mobilen getan hatten, war und blieb richtig.

Einige Zeit standen sie noch in sporadischer Verbindung, jene lebenslüstern Pochenden dort in der Ferne und sie, die abgestumpften, knorrigen Knacker, hier. Ab und an trudelten Grußbotschaften ein, spärlich, doch umso enthusiastischer.

Die Munteren fühlten sich gut als Teil einer zu Höherem berufenen Wesenheit, welche Großes anstrebte und wohl auch erreicht haben mochte. Hoffentlich. Irgendwann waren die Nachrichten versiegt. Wie überhaupt alles matter zu erscheinen begann, träger, diffuser.

Im doppelten Sinne statischer ...

Andere Kräfte, neue Spieler traten auf den Plan und nisteten sich ein. Niemand von Thirdal scherte sich sonderlich darum. Zumindest nicht direkt; insofern freilich, als etwa zur selben Zeit die Galaxis leiser wurde. Ja, es schien fast, als verstumme der gesamte Kosmos ...

Ihn, den Jüngsten, beschlich ein lange nicht mehr gekanntes Gefühl: Angst. Vor der großen Stille, der Leere, der Finsternis.

Und vor dem, was darin lauert ...

Winterkälte umfing ihn. Schnee fiel, bog schwer seine Äste nach unten, verharschte, schmolz in der Frühlingswärme.

Im Sommer lauschte er hinaus in die Weiten, die immer endlicher wurden. Als der Herbst anbrach, stieß er, wie zufällig, auf das dunkle Feuer.

So heiß, so schwarz brannte es, dass er zurückzuckte und seine psionischen Fühler wochenlang nicht wieder auszustrecken wagte. Nachdem er, äußerst zögerlich, sich erneut dazu aufgerafft und dem Brandherd genähert hatte, verspürte er erstmals seit Äonen wieder Hoffnung.

Da war etwas, jenseits des Absterbens. Eine Verlockung, gewaltiger als jede andere, an die er sich erinnerte!

Um sich abzulenken, um keine vorschnellen Fehler zu begehen, widmete er sich näherliegenden Empfindungen. Gemächlich moderte er vor sich hin. Wortlos freundlich begrüßte er Bohrdommeln und Schlieflarven, Nesselpilze und Schmarotzerranken.

An ihm nagten kleine, hungrige Mitwesen. Gut so; sollten sie.

Das da draußen, am Rande des Tiefenhorizonts, war noch um Vieles gieriger. Jedoch versprach es, auch seinen Hunger zu stillen ...

Eins

Der Magier

 

Sie hatte erwogen, ihn zu vergiften – oder mit ihm zu schlafen und ihn danach knallhart zu erpressen. Letztlich entschied sich Francinn für eine direktere, etwas fairere Herangehensweise.

»Ich will deinen Job«, sagte sie zu Kogen Darbt.

»Weiß ich.«

»Nein, nicht generell. Also, nicht als Leiter unserer Abteilung.«

Dass er routinierter und fachlich kompetenter war, akzeptierte sie neidvoll. Im Übrigen traute sie sich den Chefposten noch nicht zu. »Aber ich möchte statt deiner an diesem Außeneinsatz teilnehmen.«

»Aha.«

Sein Phlegma hielt sie schon in der täglichen Zusammenarbeit kaum aus. Unter den gegebenen Umständen trieb es sie zur Weißglut, dass Kogen nicht nachfragte, warum.

Während er in einer quälend gemächlichen Bewegung seinen Becher hob und am längst ausgekühlten, koffein- und alkoholfreien Irish Coffee nippte, wetzte Francinn auf dem Barhocker hin und her, dass das Synthleder ihrer Hose knirschte. »Willst du den Grund dafür erfahren?«

Kogen leckte sich die Lippen – mit einer Geschwindigkeit von etwa einem Pikometer pro Minute –, dann stellte er das Getränk behutsam ab, seufzte und sagte: »Seit frühester Kindheit schwärmst du davon, einmal an einer Kommandoaktion mit ihm teilnehmen zu dürfen.«

Das traf sie unvorbereitet. Baff stammelte sie: »W... woher ...?«

»Der älteste Raumhelm der terranischen Flotte. Die häufigste ehrliche Antwort auf die Frage, wieso jemand bereit ist, Heim und Gut, Verwandtschaften und auch Liebschaften zurückzulassen und eine meistenteils langweilige Existenz unter den beengten Bedingungen an Bord eines Raumschiffs zu führen.«

»Blödsinn! Der Dienst für die Menschheit, der Ruf der Sterne ...«

»Ehrliche Antwort, habe ich gesagt. Dann kommt heraus: Wegen der Chance, und sei sie noch so gering, ein einziges Mal ein Abenteuer an der Seite eines der Unsterblichen zu erleben. Wobei er ungebrochen auf dem ersten Platz rangiert, deutlich selbst vor Perry Rhodan oder Atlan.«

Francinn bemerkte, dass sie die Thekenkante umklammerte, löste ihre Finger und lehnte sich zurück. »Wir alle sind mit den Geschichten über seine Heldentaten aufgewachsen«, verteidigte sie sich lahm. »Du vielleicht nicht?«

»Streite ich nicht ab. Obwohl mich persönlich von allen Aktivatorträgern Homer G. Adams am meisten interessieren würde, weit mehr als die zwangssanguinische Superratte.«

»Heißt das, dir liegt sowieso nichts daran? Du würdest freiwillig zu meinen Gunsten verzichten?«

Umständlich griff sich Darbt in den hochgeschlossenen Kragen seiner Bordmontur und strich die farblich exakt abgestimmte Krawatte zurecht. »Ich wurde von der Expeditionsleitung nominiert und kann mich nicht einfach so über diese Order hinwegsetzen.«

Francinn Teseus-Chan überlegte fieberhaft. Was sollte sie ihm anbieten?

Bestechlich war Kogen nicht. Selbst wenn sie all ihre Überredungskunst aufböte – ihr Vorgesetzter würde niemals ihr zuliebe lügen, etwa indem er eine Unpässlichkeit vortäuschte.

»Ich gebe zu bedenken«, sagte er steif, jedes Wort langsam und gründlich zerkauend, »dass die Erfüllung eines von Kindesbeinen an gehegten Wunsches sehr oft bittere Enttäuschung nach sich zieht. Häufig kann die schale Realität nicht einlösen, was wir uns in jugendlicher Euphorie rosarot ausgemalt haben.«

»Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte«, versetzte sie patzig, »meine Pubertät liegt auch schon einige Jährchen zurück.«

»Schau. Ich verstehe dein Anliegen. Du hast dich, zweifellos aufgrund deiner Fähigkeiten, bis hierher vorgearbeitet, hast sogar den Abgrund zwischen zwei Galaxien überwunden. Bist deinem Traum so nahe gekommen wie nie zuvor – und jetzt steht dir nur mehr eine einzige Person im Weg: nämlich ich.«

Ihr Hals war zu trocken. Sie brachte keinen Ton heraus, nickte bloß.

»An mir soll's nicht liegen«, sagte Kogen Darbt mitleidig. »Aber bitte versuch, dich in den Pelz deines Idols zu versetzen. Glaubst du, er hat es nicht längst leid, dass sich ständig Leute um ihn drängeln, die schon in der Prallfeldwiege seine Plüschfigur geknuddelt haben?«

Das ist mir egal!, wollte sie schreien, ungeachtet dessen, dass sie die Schlüssigkeit der Argumentation anerkannte. »Hhm. Bei allem Respekt, trotzdem würde ich diese Erfahrung gern selbst machen. Und ich fühle mich gefestigt genug, damit fertig zu werden.«

»Meinetwegen.« Er bedeutete dem unterleibslosen, positronisch-biologischen Roboter, der als Kellner der Bordbar fungierte, ihnen nachzuschenken. »Ich werde der Expeditionsleitung empfehlen, dich an meiner Stelle dem Außenteam zuzuteilen. Schließlich bist du, was die zu erforschenden biochemischen Substanzen betrifft, qualifizierter als ich. Übrigens seltsam, dass du das nicht selbst angeführt hast. Unter uns: Du solltest es mit der Bescheidenheit auch nicht übertreiben.«

In der Hosentasche verkrampfte sich Francinns linke Hand um die Phiole mit dem Abführmittel, das ihren Vorgesetzten für einige Tage außer Gefecht gesetzt hätte. Die stellvertretende Chefbiologin der JULES VERNE schämte sich fast zu Tode; nicht zuletzt wegen der Reizwäsche, deren Spitzenrüschen unter ihrer Bordkombi an den Hüften scheuerten. »Danke!«

Sie prosteten einander zu und tranken. Eine Weile betrachteten sie schweigend die Flüssigkeitsspiegel in ihren Gläsern.

Dann raunte Kogen Darbt, unbeholfen am Knoten seiner Krawatte zupfend: »Ein letzter Tipp unter Kollegen. Ich verfolge seit geraumer Zeit die Statistiken von Kommando-Unternehmungen. Die Todesrate korreliert signifikant mit der Erwähnung im Logbuch.«

»Hä?«

»Soll heißen: Wer das erste Mal, ein einziges Mal, dabei ist, quasi eine entbehrliche Nebenfigur, stirbt mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit.«

»Was willst du damit andeuten?«

»Pass auf dich auf. Ich wünsche dir viel Glück«, sagte Darbt, treuherzig zwinkernd. »Ehrlich.«

 

*

 

Sie konnte es kaum erwarten und kam entsprechend früh zum Treffpunkt. Nach einem Blick aufs Chronometer verzögerte sie ihre Schritte. Erst als die Ziffern auf 22.22 Uhr sprangen, betätigte sie den Türöffner.

Zweiundzwanzig war die Zahl der Wege. Francinn beschäftigte sich gern mit Kabbalistik, obgleich sie stets betonte, als Naturwissenschaftlerin eigentlich nicht an Zahlenmystik zu glauben. Andererseits konnte es wohl kaum schaden, wenn sie dieses Abenteuer mit einer doppelten Zweiundzwanzig begann, oder?

Aus 22 Büchern bestand das Alte Testament der Bibel, ursprünglich verfasst in hebräischer Sprache, welche 22 Buchstaben besaß. 22 Wege verbanden die Sefirot, die göttlichen Kraftzentren im kabbalistischen Lebensbaum, und 22 Karten bildeten die großen Arkana des Tarots.

Dividierte man 22 durch die heilige Zahl Sieben, die für Fülle und Vollendung stand, so erhielt man Pi, den Schlüssel zur Berechnung des Kreises. Kreis oder Null wiederum waren das Symbol des Narren oder Sküs, der zweiundzwanzigsten und höchsten Trumpfkarte im Tarock ...

Francinn Teseus-Chan betrat das Konferenzzimmer. Erwartungsgemäß war sie die Erste; Atlan hatte das Briefing des Einsatzteams für halb elf Uhr abends anberaumt.

Sie zählte die Stühle ab, die den großen runden Tisch umgaben. Sechzehn! Ebenfalls eine Zahl der Vollkommenheit, wenngleich auch der Zersplitterung ...

Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, nannte 16 Wege des Verderbens. Zwar wiesen die Kuppeln sowohl der Blauen Moschee in Istanbul als auch des Petersdoms in Rom 16 Segmente auf. Aber die Trumpf-Sechzehn vieler Tarot-Decks zeigte einen Turm, dessen Krone von einem Blitz getroffen und abgeworfen wurde.

Ein schlechtes Omen?

Francinn beruhigte sich damit, dass sie in erster Linie der exakten Wissenschaft verpflichtet war und derlei Gedankenspielereien nur zum Ausgleich betrieb. Um nicht als Fachidiot zu verknöchern, wie Kogen Darbt und Konsorten.

Oder so. Außerdem hatte sie noch eine Reihe anderer Hobbys.

Ganz bewusst setzte sie sich auf irgendeinen Stuhl, ohne dessen Position im Raum Beachtung zu schenken. Freilich hätte sie nach den Regeln des Feng Shui die Energiefelder bestimmen und das Ergebnis mit dem Aayaadi-Prinzip der indischen Weisheitslehre Vaastu Shastra vergleichen können. Francinn fand jedoch, dass sie schon aufgeregt und kirre genug war.

In wenigen Augenblicken würde sie ihm erstmals die Pfote schütteln ...

Sie wartete, Ameisen im Bauch. Selbstverständlich gab sie ihrem Vorgesetzten völlig recht: Sich wie ein unreifes Groupie zu gebärden, das eine Backstage-Karte ergattert hatte, war so ziemlich das Dümmste, was sie machen konnte.

Trotzdem. Seit dem Aufbruch der JULES VERNE nach Andromeda, seit Francinn wusste, dass er sich an Bord ihres Schiffes aufhielt, dachte sie fast pausenlos daran, wie sie reagieren sollte, falls er ihr zufällig über den Weg lief.

Bisher war es nicht dazu gekommen. Weder hatte ihr Idol die Wissenschaftssektion besucht, noch gewährte das Dienstreglement ihr unaufgefordert Zutritt zur Hauptleitzentrale.

Nun aber würden sie gemeinsam eine Erkundungsmission durchführen ... Morgen, am 22. Januar!

Immer wieder starrte Francinn die Tür an; wiewohl sie insgeheim hoffte, er käme nicht wie gewöhnliche Sterbliche herein, sondern auf jene andere, einzig ihm mögliche Weise. Als es tatsächlich so geschah, erschrak sie dennoch bis ins Mark.

Plötzlich entstanden aus dem Nichts drei Gestalten. Die Linke war unverkennbar Atlan. Rechterhand materialisierte ein dürrer Kleinwüchsiger mit goldbrauner Haut und kurz geschnittenem grasgrünem Haar: der Hyperphysiker Perme Umbrar.

Und zwischen ihnen, in der Mitte ...

»Gucky!!!«

 

*

 

Francinn spürte, dass ihr die Schamröte ins Gesicht schoss. Sie hatte sämtliche Vorsätze vergessen und seinen Namen geschrien, laut und schrill, wie eine Göre, die erstmals ihren Lieblings-Popstar leibhaftig vor sich sah.

»Ah ja«, piepste der Mausbiber. »Verstehe. Lass uns diese Phase unserer Bekanntschaft bitte flott absolvieren, okay? NEMO, aufzeichnen!« Er schwebte empor, auf sie zu, in ihre Arme. »Wenn du mich hinter dem rechten Ohr kraulst, haben wir beide etwas davon.«

Sie fühlte sich entsetzlich mies, weil sie dermaßen die Beherrschung verloren hatte und eins zu eins dem Klischee der dummen, promigeilen Tussi entsprach. Zugleich genoss ein anderer Teil ihres Ichs rückhaltlos den Moment, den der Bordrechner für Francinns potenzielle Nachkommen festhielt.

Sofern die JULES VERNE je wieder wohlbehalten in die Milchstraße heimkehrt, unkte eine dritte Francinn.

»Na sicher doch«, sagte Gucky, der ihre Gedanken gelesen hatte. »Schließlich bin ich mit von der Partie.«

Da er sich telekinetisch selbst in der Schwebe hielt, wog er praktisch nichts. So, genau so hatte sie es sich immer vorgestellt. Auch sein Fell war, wie es sein sollte: weich wie der feinste Samtflaum.

»Kraulen«, erinnerte er.

 

*

 

Dünn lächelnd nahm Atlan Platz.

»Nach dem Zwischenfall mit den Tefrodern und Gaids ist unser Flug plangemäß und störungsfrei verlaufen. Wir liegen gut in der Zeit. Bald wird die NAUTILUS I ausgeschleust. Ihr solltet also demnächst bei Juwal Mowak vorstellig werden, der den Solonium-Hypertakt-Kreuzer kommandiert.«

Der Arkonide beugte sich vor, stützte seine Ellbogen auf den Tisch und verschränkte die Finger. »Offizieller Einsatzleiter wird jedoch Gucky sein. Ich würde daher, unter uns, für ein dieser Rolle adäquateres Verhalten plädieren.«

»Hui, bist du heute wieder streng«, maulte der Ilt. Zu Francinn sagte er: »Bedaure, junge Dame, der Spaß ist vorüber. Dabei hättest du durchaus taktiles Talent.«

Er schwebte zum nächsten Stuhl und hockte sich auf dessen Rückenlehne. »Leg schon los mit den Ermahnungen, Häuptling Weißmähne.«