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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Zwischenspiel

11.

12.

13.

14.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2518

 

Patrouille der Haluter

 

Drangwäsche und Generationenkonflikt – sie stoßen auf Tefroder und Gaids

 

Christian Montillon

 

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Auf der Erde und den zahlreichen Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht in der Galaxis weitestgehend Frieden: Die Sternenreiche arbeiten zusammen daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Die Konflikte der Vergangenheit scheinen verschwunden zu sein.

Vor allem die Liga Freier Terraner, in der Perry Rhodan das Amt eines Terranischen Residenten trägt, hat sich auf Forschung und Wissenschaft konzentriert. Sogenannte Polyport-Höfe stellen eine neue, geheimnisvolle Transport-Technologie zur Verfügung. Gerade als man diese zu entschlüsseln beginnt, dringt eine Macht, die sich Frequenz-Monarchie nennt, über einen Polyport-Hof in die Milchstraße vor. Zum Glück kann der Angriff zumindest zeitweilig zurückgeschlagen werden.

Während Perry Rhodan einem Hilferuf der Terraner in das in unbekannter Weite liegende Stardust-System folgt, bricht der unsterbliche Atlan auf, um mehr über den geheimnisvollen Gegner herauszufinden: In Andromeda organisiert er zunächst Erkundungsvorstöße, darunter auch die PATROUILLE DER HALUTER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Lingam Tennar – Der Haluter muss sich nicht nur mit seinen gut hundertjährigen Kindern herumschlagen.

Icho Tennar – Den kleingewachsenen Erstgeborenen Lingams zieht es in die Weite des Weltraums.

Fancan Tennar – Der jüngere Nachkomme Lingams überragt seinen Vater körperlich bei Weitem.

Trascho Pesbyn – Ein Tefroder wird zum Widerstand gezwungen, wenn er seine Heimat erhalten will.

Sturben Rager – Der Andromeda-Haluter heftet sich an die Fährte der kriegerischen Gaids.

Wo keine Frage gestellt wird, kann auch keine Antwort erfolgen.

Angeblich aus: »Zheobitts Zitate«

(Aufzeichnung verschollen)

 

 

Prolog

 

Der Schwärze folgt Licht, der Kälte eine Verheißung: ein Stern.

Erwachen schimmert hinter dem Horizont, verborgen in allen, die zerbrochen und verwandelt sind.

ES GILT, hallt es psionisch durch den Abgrund.

Die Worte zerschlagen Bilder, die saftig blaues Weideland zeichnen und Kreaturen, die sich auf diesem nähren. Der Traum zersplittert, treibt davon und löst sich in der Schwärze auf. Die Wirklichkeit stülpt sich über die Fantasie und lässt diese verwehen.

Der Schwärze folgt Licht, der Kälte eine Verheißung.

Nach dem Nichts folgt nun ein Etwas, nach dem ewigen Treiben ein ...

... Aufprall.

1.

Trascho Pesbyn:

Wir sind die Guten

 

»Ein perfekter Schuss.«

In Mirla Hurtais Worten mischten sich unterkühlter Zorn, Verbitterung und eine dunkle Faszination, die Trascho Pesbyn zutiefst erschreckte. »Es wäre ein perfekter Schuss! Lass mich das Problem erledigen.«

»So nicht!« Pesbyn dachte kurz nach, überlegte, wie er seinem Begleiter verständlich machen konnte, dass er sich zurückhalten musste. »Wenn du den Gaid erschießt, werden wir unnötige Aufmerksamkeit auf uns lenken.«

Ein winziges Licht tanzte auf Mirla Hurtais Gesicht, genau zwischen den Augen – die Reflektion des Sonnenstrahls, die sich auf dem Lauf des Handstrahlers brach. »Er würde nichts spüren. Ein Schuss, das Gehirn verdampft, und ...«

»Und was? Du vergisst wohl, wer wir sind, Mirla! Wir sind die Guten! Die Gaids besetzen zwar unseren Planeten, aber das gibt uns nicht das Recht, sie ohne Notwendigkeit abzuschlachten.«

Mirla Hurtai wandte den Blick nicht von dem Gaid ab und zielte nach wie vor auf ihn. »Ach ja? Und wer entscheidet, was notwendig ist? Du?«

»Ich bin der Ortsvorsteher und ...«

»Ehemaliger Ortsvorsteher. Jetzt haben die Gaids deine Funktion übernommen, falls dir das noch nicht aufgefallen ist.«

»... und Anführer«, fuhr Trascho Pesbyn ruhig fort. Zumindest versuchte er, seiner Stimme einen ruhigen Klang zu geben.

Er konnte gut verstehen, was seinen Begleiter – seinen Kampfgefährten – umtrieb, aber wenn sie einen Fehler begingen und impulsiv handelten, markierte das womöglich den Anfang eines Massakers. Das musste er um jeden Preis verhindern.

»Und als dein Anführer gebe ich die Befehle, ob dir das gefällt oder nicht.«

Hurtai senkte den Strahler und drehte sich in der Deckung ihres Verstecks zu Trascho. »Ich habe verstanden. Deine Rechnung ist einfach: Wir sind Tefroder. Punkt. Wir sind gut. Punkt. Die Gaids sind die Bösen. Punkt.« Bei jedem Punkt streckte er einen Finger der linken Hand aus.

»Wir befinden uns im Krieg.« Der vierte Finger. »Aber weil wir die Guten sind, töten wir sie trotzdem nicht.«

»Punkt«, ergänzte Trascho und versuchte zu lächeln. »Einen Fehler hat deine Rechnung allerdings. Wir werden sehr wohl töten, aber erst dann, wenn es nötig ist. Das ist ein kleiner, aber sehr wichtiger Unterschied!«

»Was ist jetzt?«, fragte einer der anderen. Sie waren mit einem fünfköpfigen Eingreiftrupp unterwegs. »Wollen wir hier ethische Diskussionen führen oder endlich loslegen?«

Hurtai öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder, ohne etwas zu sagen. Die wahrscheinlich abfällige Bemerkung, die ihm auf den Lippen lag, schluckte er.

Trascho Pesbyn schaute nacheinander seine Begleiter an. »Wir werden das Waffenlager zurückerobern, genau wie geplant. Deswegen sind wir hier, und daran hat sich nichts geändert.«

Es kitzelte ihn in der Nase. Er hob die Hand vors Gesicht und nieste. Für einen Augenblick wurde ihm schwindlig.

»Oder willst du dich krankmelden?«, tönte es irgendwo hinter ihm.

Erst wollte Trascho den Sprecher tadeln, doch diese halb spöttische Bemerkung kam genau zur richtigen Zeit – die Spannungen innerhalb des kleinen Einsatzteams lösten sich auf. Manchmal wirkte Humor Wunder, und gegen Wunder hatte niemand im Häuflein der fünf Verzweifelten etwas einzuwenden.

Es blieben genug äußere Spannungen, die es zu bewältigen galt. In das Waffenlager einzudringen würde alles andere als einfach werden.

Neben dem Gaid-Wächter, dem Trascho vor wenigen Augenblicken das Leben gerettet hatte, gab es drei weitere, die vor dem Gebäude patrouillierten. Außerdem warteten vermutlich Gegner im Inneren des Waffenlagers.

Trascho kannte das Gebäude gut genug, um zu wissen, dass der Zugang auch durch subplanetar gelegene Kavernen möglich war. Immerhin hatte Lager 51 D/C(H) bis vor Kurzem unter seiner Oberaufsicht gestanden, wenn er es auch nie persönlich aufgesucht hatte.

Von seiner Existenz wusste er hauptsächlich wegen einer allzu theoretischen Debatte. Kaum glaubhaft, dass er sich bis vor Kurzem noch mit der Petition auseinandergesetzt hatte, eine weniger nüchterne Bezeichnung als die Ordnungsziffer des tefrodischen Militärs als offiziellen Namen anzuerkennen: Lager 51 auf dem Planeten Donure im Sonnensystem Coromia, Galaxis Hathorjan – 51 D/C(H).

Nach dem, was seit knapp zwanzig Tagen geschah, konnte er sich wenig vorstellen, das noch unnötiger war als eine Debatte über die Nomenklatur eines Waffenlagers.

Die Gaids waren ohne Vorwarnung erschienen. Was für einen Grund konnte es geben, Donure anzugreifen und sämtliche Tefroder auf dem Planeten entweder zu verjagen oder zu versklaven? Trasco Perbyn hatte keine Ahnung, wie man ein solches Verhalten sich selbst gegenüber rechtfertigen konnte; aber er war auch kein Gaid.

Ihn hatte das Verhängnis völlig unvorbereitet getroffen. Binnen weniger Stunden war die Welt, wie er sie kannte, untergegangen und von einer grauenhaften Realität ersetzt worden. Die nächsten Tage verstrichen wie in Trance, und plötzlich war er Anführer einer kleinen Untergrundbewegung, die den Besatzern einen Nadelstich nach dem nächsten zufügte.

Oder es zumindest versuchte.

Ihre Erfolgsliste war bisher nicht sonderlich lang.

Nun lag der Überfall auf das Waffenlager direkt vor ihnen – ein strategisch überaus wichtiges Ziel, da die Ausstattung der kleinen Rebellengruppe alles andere als gut war. Vor allem besaßen sie keinerlei Schutzanzüge. Von energetischen Individualschirmen konnten sie nur träumen.

Genau das sollte schon bald anders werden. Dennoch konnte Trascho ein mumiges Gefühl nicht verleugnen. Wenn es ihnen gelang, wirksame Schutzanzüge zu erbeuten, hieß das auch, dass ihnen Waffen in großer Anzahl zur Verfügung standen. Und das wiederum bedeutete, dass die Wahrscheinlichkeit von Kämpfen, die in Massakern zu eskalieren drohten, sprunghaft anstieg.

Bislang hatten die Gaids von unnötigen Blutbädern abgesehen. Den meisten Tefrodern war gestattet worden, aus dem System zu fliehen. Seitdem hatte man auf Donure nichts mehr von ihnen gehört, und auch das Virthanium – das Reich der Tefroder – griff nicht ein.

Was also ging vor in dieser Galaxis?

Was trieb die Gaids dazu, einen gesamtgalaktisch gesehen unbedeutenden Planeten wie Donure zu überfallen und zu besetzen?

In seinem Hinterkopf setzte ein bohrender Schmerz ein, der sich über den Nacken bis zu den Ohren zog. Einen Moment lang schwindelte ihn, und die Welt verschwamm vor seinen Augen.

Nicht ausgerechnet jetzt!

Das durfte doch nicht wahr sein. Am Vormittag, vor ihrem Aufbruch, hatte er noch keinerlei Krankheitssymptome festgestellt. Und nun das! Er würde sich davon nicht ablenken lassen.

Zum Glück befand sich unter den Mitgliedern seiner kleinen Widerstandszelle ein Mediker, der über die grundlegend notwendige Ausrüstung und einen guten Vorrat an Arzneimitteln verfügte. Ihn würde Trascho aufsuchen, sobald das alles vorüber war.

Allerdings beschlich ihn das ungute Gefühl, dass der Mediker nach diesem Überfall anderweitig beschäftigt sein würde.

 

*

 

Der erste Schuss fiel exakt vier Minuten nach Beginn der Operation Waffenlager. Diese plakative Bezeichnung stammte von Mirla Hurtai; wie könnte es auch anders sein.

Dass der erste Schuss ausgerechnet Mirla Hurtai traf – denjenigen, den er vom Feuern abgehalten hatte, um ein Blutbad zu vermeiden –, sah Trascho schon eher als böse Ironie an. Nun war den Gaids der erste Schuss geblieben, weil sie den kleinen Trupp tefrodischer Eindringlinge früher entdeckten, als diese erhofft hatten.

Mirla schrie auf, und Trascho entdeckte den glatten Durchschuss am Oberarm schon, ehe Blut aus der Wunde floss. Der nächste Eindruck war der Vorwurf in Mirlas Augen: Das habe ich nun davon, auf dich gehört zu haben. Und dieser Blick war schlimmer als alles, was danach folgte.

Schlimmer als der zweite Schuss, der Mirlas Strahlerwaffe in dessen Hand traf und zur Explosion brachte.

Schlimmer als die Gewissheit, dass in dieser Feuerblume sein Begleiter starb.

Schlimmer als das entsetzliche Gefecht, das danach begann und das Traschos Empfinden nach eine Ewigkeit währte.

Später erfuhr er, dass es nur wenig mehr als eine Minute gedauert hatte, bis die Gaid-Wachposten tot am Boden lagen, nicht weit von dem Wenigen entfernt, was von Mirla übrig geblieben war. Eine Minute, an deren Ende er mühsam um Fassung rang und den Befehl gab, in das Waffenlager einzudringen.

Er gab am Öffnungsmechanismus des Hauptportals seinen Autorisationskode als Ortsvorsteher ein und war überrascht, als sich das Tor tatsächlich zur Seite schob. Die Gaids hatten die alten Kodes nicht gelöscht?

Sehr nachlässig.

Die Besatzer würden den Preis dafür bezahlen.

»Wir gehen rein«, sagte er zu den verbliebenen drei Gefährten. Er konnte das Gefühl nicht verleugnen, willentlich in eine Falle zu laufen.

Die Dunkelheit im Inneren des Waffenlagers schluckte sie wie der Rachen eines wilden Tiers.

2.

Lingam Tennar:

Immer Ärger mit dem Nachwuchs

 

Manchmal wünschte sich Lingam Tennar, die Schutzpatronin Yuba möge sich seiner Nachkommen auf ganz besondere Weise annehmen und sie zurechtstutzen.

Dann wieder sagte er sich, eine Göttin – so wunderbar und erhaben sie zwischen den Sternen auch sein mochte – könne sich kaum um das kümmern, was nun einmal die Aufgabe eines Elters war. Manche Dinge musste man persönlich erledigen.

Aber wie – bei allen Sternenlöchern – sollte man zwei junge Haluter bändigen, die vor gerade einmal gut hundert Jahren das Licht der Welt erblickt hatten? Auch wenn es in diesem speziellen Fall eher die Lichtlosigkeit des Vakuums gewesen war – an die Umstände der Geburt wollte sich Lingam Tennar lieber nicht erinnern.

Icho und Fancan stritten wieder einmal. Das war nichts Besonderes. Dass sie sich diesmal jedoch ausgerechnet die Zentrale der NAUTILUS II als Arena ausgesucht hatten, stellte sehr wohl etwas Besonderes dar. Und sie hielten sich nicht zurück, sondern schmetterten sich die Argumente in normaler halutischer Lautstärke an den Kopf. Was nichts anderes hieß, als dass niemandem in der Zentrale auch nur das kleinste Detail ihrer Meinungsverschiedenheit entgehen konnte.

»Polyport-Höfe schwirren also einfach so in Andromeda herum?« Fancan lachte dröhnend. Den nicht-halutischen Besatzungsmitgliedern musste es in den Ohren schmerzen. »Deshalb hat sie auch seit Ewigkeiten niemand gefunden, schon klar.«

Icho blieb gelassen. Schon als Kleinkind war er der Ruhigere der beiden gewesen. »Hättest du mir zugehört, wüsstest du, dass ich so etwas nie behauptet habe. Aber für dich zählt ja nur deine Meinung, deine Auffassung, deine Genialität. Für Argumente warst du nie zugänglich. In dieser Hinsicht ähnelst du den ...«

»Fang mir bloß nicht mit irgendwelchen hanebüchenen Vergleichen an! Vielleicht bist du rhetorisch geschickter als ich, aber das bedeutet nicht, dass du deshalb automatisch im Recht bist, auch wenn du mir das Wort zwischen den Zähnen herumdrehst.«

Lingam fragte sich, ob er eingreifen sollte. Schließlich musste nicht jeder an Bord mitbekommen, was seine Sprösslinge dachten. Obwohl er als Beratender Offizier außerhalb der militärischen Rangordnung einen Sonderstatus an Bord einnahm, der auch für seine Nachkommen galt, fühlte er sich verpflichtet, eine gewisse Disziplin aufrechtzuerhalten.

Eine Nachricht flackerte vor ihm auf dem Schirm der Kommunikationssäule auf und verschwand sofort wieder. Der Analyse seines Planhirns nach war sie für exakt 0,784 Sekunden zu sehen gewesen; lange genug, dass er die Botschaft Zeichen für Zeichen hatte aufnehmen können.

Beschwert sich über die Rhetorik seines Geschwisters ... aber bei denen gewinnt eh nur der Lauteste!

Welcher Witzbold auch immer diese Botschaft geschickt hatte, ihm war sofort aufgefallen, dass er Lingams Kommunikationssäule wohl besser aus der Empfängerliste herausnehmen sollte. Doch wenn ein Terraner sofort handelte, war das für ein halutisches Planhirn gleichbedeutend mit nach einer Ewigkeit.

Mit unbewegter Miene ließ Lingam Tennar den Blick seiner drei Augen durch die Zentrale schweifen. Niemand verhielt sich besonders schuldbewusst und zeigte damit Reue, jemandem zu nahe getreten zu sein.

Wieso auch? Lingam konnte dem Schuldigen nichts vorwerfen. Der Argumentationsstil seiner Nachkommen war mit diesen knappen Worten durchaus passend beschrieben.

Sie mochten ausgebildete Hyperphysiker und auf ihren jeweiligen Spezialgebieten wahre Genies sein, doch das änderte nichts daran, dass sie die Sturheit und den Überschwang der Jugend noch lange nicht hinter sich gelassen hatten. Und so würde es wohl für mindestens die nächsten hundert Jahre bleiben.

Lingam hatte nie viel mit jungen Halutern anfangen können. Dennoch hatte er sich im Zuge der notwendigen Aufstockung der Bevölkerungszahl nach dem TRAITOR-Desaster um die Negasphäre Hangay für Nachkommen entschieden. Dieser Entschluss war bereits während seiner Zeit im Kombi-Trans-Geschwader in Hangay gefallen. Nach seiner Rückkehr in die Milchstraße hatte er 1353 NGZ Icho und nur fünf Jahre später Fancan geboren.

Seitdem hatte er es tausend Mal bereut.

Und zehntausend Mal gespürt, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Um keinen Preis würde er auf seine Kleinen verzichten wollen.

»Die Polyport-Höfe sind sehr wohl an bedeutenden Stellen angesiedelt«, dröhnte Ichos Stimme durch die Zentrale der NAUTILUS II. »Aber doch nicht ...«

»Doch nicht – was? Ich sage dir, wir müssen an natürlichen Fünf-D-Strahlern suchen, bei Schwarzen Löchern oder Neutronensternen, bei kosmischen Ausnahmeerscheinungen.« Fancan hob die Handlungsarme und streckte sie seinem Geschwister entgegen. »Ist doch klar! Hyperphysikalische Grundsätze müssen ...«

Icho ignorierte die wedelnden Hände seines Geschwisters. »Wenn du schon von Hyperphysik sprichst, solltest du den Zeitfaktor nicht vergessen. Höherdimensionalität – ja! Aber nicht heute, sondern vor langer Zeit! Die Höfe und das ganze Polyport-Netz sind alt, Kleiner! Der Kosmos verwandelt sich, vergessen? Die maßgeblichen Zivilisationen sind längst untergegangen. Wir müssen also in der Historie dieser Galaxis suchen. Besondere Konstellationen im Kosmos werden allerdings auch in der Vergangenheit längst nicht ...«

Eine aufsirrende energetische Trennwand schnitt ihm das Wort ab. Zumindest drang keine weitere Silbe mehr zu Lingam durch.

»Entschuldigung!«, rief der Sicherheitsoffizier in der Zentrale, ein glatzköpfiger Terraner mit dunkel pigmentierter Kopfhaut. Lingam hatte mit ihm bisher kein Wort gewechselt. »Ich habe die Felder nur zum Schutz der sensiblen Bordtechnologie aktiviert.«

Großes Gelächter belohnte ihn für diesen Kommentar.

Es wurde Zeit, dass die NAUTILUS, ein Beiboot der JULES VERNE, ihr Ziel endlich erreichte: den Planeten Halpat im Leerraum zwischen Andromeda und Andro-Beta. Die Tatenlosigkeit während des Flugs verzehrte allmählich die geradezu vorbildliche Disziplin der Mannschaft. An Bord der ATLANTIS hingegen wäre der gegenwärtige Status schon beinahe als humorlos durchgegangen. Menschen waren und blieben merkwürdige Wesen, ob sie nun der arkonoiden oder terranischen Seite zuneigten, fand Lingam Tennar.

Aber weil er nur Gast an Bord der NAUTILUS II war, schwieg er. Er hatte sich vor etwas mehr als fünfzig Jahren Atlan angeschlossen und damit akzeptiert, sich unterzuordnen und als Teil einer Mannschaft zu funktionieren, auch wenn dies alles andere als typisch für einen Haluter war.

Auf Halpat wollten sie Kontakt mit den nach Andromeda ausgewanderten Halutern aufnehmen, ehe sie sich wie vereinbart wieder mit der JULES VERNE im Chemtenz-System trafen; dort würden alle Parteien hoffentlich zusammenfinden. Für den 15. Februar 1463 NGZ war die Ankunft eines ersten Kontingents der Galaktikums über Situationstransmitter angekündigt.

Ein Gutes hatte die spontane Aktion des Sicherheitsoffiziers allerdings, das musste Lingam anerkennen. Seine Kinder schwiegen inzwischen und nahmen per Funk mit der Zentrale-Besatzung Kontakt auf.

Icho entschuldigte sich wortreich und im Flüsterton.

»Desaktivieren Sie bitte das Feld«, sagte Lingam. »Meine Nachkommen wollen die Zentrale verlassen.«

Vielleicht, dachte er, hat die Schutzgöttin Yuba mein Flehen doch erhört, wenn auch auf andere Weise als erwartet.

 

*