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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

Zwischenspiel

6.

7.

8.

9.

10.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2593

 

Das PARALOX-ARSENAL

 

Ein ungeheuerliches Machtinstrument – in wessen Hände wird es geraten?

 

Leo Lukas

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit einiger Zeit tobt der Kampf um die Polyport-Höfe, der mehrere Galaxien umspannt.

Die sogenannten Polyport-Höfe sind Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, mit denen sich gigantische Entfernungen überbrücken lassen. Als die Frequenz-Monarchie aus einem jahrtausendelangen Ruheschlaf erwacht, beanspruchen ihre Herren, die Vatrox, sofort die Herrschaft über das Transportsystem und mehrere Galaxien.

Die Terraner und ihre Verbündeten wehren sich erbittert – und sie entdecken die Achillesferse der Vatrox. Rasch gelingen ihnen entscheidende Schläge in der Milchstraße sowie in Andromeda. Allerdings sind damit nicht alle Gefahren beseitigt. Mit den Vatrox hängen zwei rivalisierende Geisteswesen zusammen, die weitaus bedrohlicher für die Menschheit sind.

Gleichzeitig droht eine noch schlimmere Gefahr: der Tod von ES, jener Superintelligenz, mit der Perry Rhodan und die Menschheit auf vielfältige Weise verbunden sind. Zu retten ist sie nur durch ein einziges Mittel: DAS PARALOX-ARSENAL …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Julian Tifflor – Der Aktivatorträger verändert sich zusehends.

Perry Rhodan, Icho Tolot und Lotho Keraete – Die Zurückgewiesenen harren an der Schneise aus.

Safri-16 – Der Robotregent vereint Sadismus und Moral.

Banlaroguel – Die graue Eminenz tritt in vielerlei Gestalt auf.

Duleymon die Siebenundsechzigste – Die Monarchin der Vatrox erwartet Tifflors Rückkehr, um ihr Volk zu retten.

Wer meint, er könne für sich allein gehen, wird stehen bleiben.

Julian Tifflor, Haikus von unterwegs

 

 

Prolog

In der Schneise von Anthuresta

 

Ramoz sagte: »Himmelfahrtskommando.«

Das war insofern bemerkenswert, weil Ramoz ein Tier war, das nicht sprechen konnte.

»Habe ich mich gerade verhört?«, fragte Perry Rhodan. »Oder hat er tatsächlich …«

»Sein Fauchen klang mit viel Phantasie wie ›Himmelfahrtskommando‹. Aber das hat nichts zu bedeuten.«

Mondra Diamond ließ sich auf die Fersen nieder und kraulte den Luchsartigen hinter den Spitzohren. »Er ist zwar klug, doch so klug auch wieder nicht.«

»Zufall, meinst du. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Abfolge tierischer Laute zufällig wie ›Himmelfahrtskommando‹ klingt?«

Icho Tolot öffnete den breiten Mund und setzte zum Sprechen an.

Perry kam ihm zuvor. »Die Frage war rhetorisch gemeint, Tolotos. – Bitte, sei so gut und behalte das Tier im Auge, Mondra.«

»Nichts anderes hatte ich vor.« Sie hob die Schultern. »Ramoz ist nervös und gereizt wie wir alle. Kein Wunder nach den jüngsten Vorkommnissen. Allerdings scheint er keine unmittelbaren Bedrohungen zu wittern.«

»Für sich und uns. Was hingegen Tiff und Tanio betrifft, dürfte der Begriff ›Himmelfahrtskommando‹ nur allzu passend sein.«

Alle drei Zellaktivatorträger, auch Rhodan selbst, sowie Lotho Keraete hatten versucht, das schwarze Tor zu durchschreiten, das sich in der Schiffswand gebildet hatte. Mit Grauen erinnerte sich Perry an das wenige Minuten zurückliegende Erlebnis.

Er war eingedrungen, dann jedoch stecken geblieben, bewegungsunfähig wie in einem mehrdimensionalen Streckbett. Chancenlos, sich mittelfristig gegen die auf ihn einwirkenden Selbstmordimpulse zu wehren.

Aus eigener Kraft hätte Perry sich nicht mehr befreien können. Zum Glück spie ihn das Medium, in dem er gefangen war, nach einer für ihn unbestimmbaren Zeitspanne wieder aus.

Icho Tolot und Lotho Keraete berichteten, dass es ihnen ebenso ergangen war. Der Haluter und der Bote der Superintelligenz ES waren nahe daran gewesen, sich und ihren Geist aufzugeben.

Welche Instanz auch hinter diesen Vorkehrungen steckte – man hatte es offenbar nicht darauf abgesehen, sie zu eliminieren, lautete Tolots Resümee. Man entließ sie aus aussichtsloser Lage, nachdem sie in die Schranken gewiesen worden waren.

Perry Rhodan missfiel der Gedanke sehr, für unwürdig befunden worden zu sein. Mehr Kopfzerbrechen bereitete ihm freilich, dass das schwarze Tor einen von ihnen, nämlich Julian Tifflor, im Gegensatz zu den drei anderen nicht wieder ausgeworfen hatte.

Ausgerechnet Tiff, dessen Zellaktivator seit einigen Stunden aus ungeklärten Gründen nicht mehr funktionierte!

Hatte er, geschwächt wie er dadurch war, sich der Selbstmord-Strahlung nicht lange genug zu widersetzen vermocht?

Sie wussten es nicht.

Umgekehrt ließ sich das Faktum, dass Tiff verschwunden blieb, auch optimistisch deuten: dass er mehr Erfolg als die drei anderen gehabt hatte und durch die mysteriöse Schleuse zum PARALOX-ARSENAL vorgestoßen war.

Einer von euch wird gehen. Die anderen bleiben hier, hatte eine telepathische Stimme mitgeteilt, verbunden mit starkem, mentalem Druck. Der Auserwählte wird Leid auf sich nehmen wie kein Mensch zuvor. Er wird Belastungen erfahren wie kein Mensch zuvor. Er wird Geduld beweisen müssen wie kein Mensch zuvor.

Selbstverständlich hatte Perry Rhodan diese Aussagen auf sich bezogen. In solchen Fällen war gewöhnlich er der Auserwählte.

Dann aber hatte die Stimme einen anderen Namen verkündet: Es ist schon vor sehr langer Zeit entschieden worden. Julian Tifflor geht. Nur er, kein anderer.

Was sollte das bedeuten, »vor langer Zeit entschieden?«

Gleichwohl hatte Perry, der nicht der Typ war, ominösen Geistesstimmen widerspruchslos zu gehorchen, sich trotzig in die Schwärze des Tors geworfen, praktisch zugleich mit Tiff, Keraete und Tolot. Mit dem bekannten Ergebnis.

 

*

 

»Mikru?«

»Ich höre, mein Pilot.« Die Stimme des Obeliskenraumers erklang in der Zentrale. MIKRU-JONS humanoider Avatar jedoch zeigte sich nicht.

Ob es sich um ein Indiz dafür handelte, dass ihre Kapazitäten hochgradig ausgelastet waren, oder ob das Schiff schmollte, wollte Perry gar nicht wissen. »Hast du inzwischen neue Erkenntnisse gewonnen? Wie und von wem das Tor errichtet worden ist und so weiter?«

»In diesem Fall hätte ich mich sofort gemeldet. Mir liegen auch keine verwertbaren Ortungsdaten über Tifflors Verbleib vor. Nein, ich kann die Verbindung, die mir aufgezwungen wurde, aus eigener Kraft nicht wiederherstellen.«

»Trotzdem danke.«

»Bitte.«

Täuschte er sich, oder schaffte sie es sogar, ein einziges Wort süffisant klingen zu lassen?

Perry brachte durchaus Verständnis für MIKRU-JON auf. Sie beklagte sich zu recht darüber, dass die Silberkugel sie nicht bloß verstärkte, sondern gewissermaßen, schlicht aufgrund der überlegenen Technologie, dominierte: »Sie mischt sich in meine intimsten Abläufe ein!«

Armes, eigenwilliges Schiff … Er ließ seinen Blick über die Mutanten schweifen. Lucrezia DeHall, Rence Ebion und Shanda Sarmotte, die drei jungen Stardust-Terraner, sowie das Konzept Lloyd/Tschubai, sie alle schüttelten langsam den Kopf. Ihre Hypersinne nahmen nichts von Bedeutung wahr, hieß das.

Etwas an der Art, wie Sarmotte linkisch hin und her tänzelte, brachte Perry dazu, nochmals nachzufragen. »Ist dir vielleicht doch etwas aufgefallen, Shanda?«

»Nein. Nichts … Wichtiges.«

»Erzähl es trotzdem.«

Die junge Frau wirkte manchmal zögerlich und schwer von Begriff. Was nichts an ihrer ausgewiesenen Parabegabung änderte.

»Ramoz«, sagte sie leise. »Ich kann seine Gedanken nicht lesen, nur durch seine Augen sehen. Aber wie er das gesagt hat, also gefaucht, ihr wisst schon, was wie ›Himmelfahrtskommando‹ klang, da hat er … genau hierhin geschaut.« Sie deutete auf die Stelle, an der Tanio Ucuz gestanden hatte, bevor er zum Nebelstreif wurde und schließlich ganz verschwand.

»Ah ja. Danke auch dir!«

 

*

 

»Noch ist nichts verloren.« Lotho Keraete ließ sich in einen Sessel gleiten; wohl kaum, weil er zu müde zum Stehen war, sondern um die Situation zu entkrampfen.

»Beide sind erst wenige Minuten weg.«

Reflexhaft blickte Perry auf sein Chronometer. Man schrieb den 10. Mai 1463 NGZ, kurz nach 19.15 Uhr.

Der Mann aus Metall hatte recht. Aber wenn Perry etwas hasste wie die Pest, dann, die Hände in den Schoß zu legen.

Einstweilen ruhten alle Hoffnungen auf Tanio Ucuz. Der Oberstleutnant, Tifflors langjähriger persönlicher Sicherheitsbeauftragter, hatte eine dünne Spur entdeckt.

Von unbekannter energetischer Ausprägung, laut Tanios Angabe. Sehr eigen, und sehr schwach.

Ucuz war – unter anderem – Nullpoler. Er konnte Energie spüren: Kraftfelder, Strahlungen und andere energetische Erscheinungen konventioneller wie übergeordneter Art, im lokalen wie auch viele Millionen Kilometer entfernten Bereich.

Basierend auf dieser Wahrnehmung vermochte er im zweiten Schritt ein hyperphysikalisches Entstofflichungsfeld zu erstellen, seinen Körper aufzulösen und sich in Energieströme »einzufädeln«. Er nutzte diese als Transportwege und rematerialisierte willentlich an einem anderen Ort, ähnlich wie die Woolver-Zwillinge.

Bloß aus Jux und Tollerei, hatte er hinzugefügt, würde er der fremdartigen, bedenklich dünnen Spur nicht folgen. Er war keineswegs sicher, sich darin auf Dauer stabilisieren zu können, ganz zu schweigen von einem Zweiten. Aber da es um Tifflor ging …

Und nun war der Oberstleutnant verschwunden.

Geduld, ermahnte sich Perry Rhodan. Der Zeitablauf im energetischen Medium ist ein anderer. Ucuz kann jeden Moment wiederauftauchen. Mit Tiff im Schlepptau.

Oder auch nicht.

1.

Gottsuche

 

Er trat in das Innere des Zeitkorns, und die Mündung des Jahrmillionentunnels schloss sich hinter ihm.

Eine Metallwand wuchs aus dem Nichts und versperrte seinen Fluchtweg. Weitere viereckige Elemente glitten aus dem Boden. Sie umschlossen Julian Tifflor, kesselten ihn ein, nahmen ihm die Luft zum Atmen. Die Platten zerfaserten und zerfielen zu immer kleineren Einheiten, die sich rasch seinem Körper anpassten und hauteng an ihn drückten.

Tiff wollte etwas sagen. Schreien. Sich kundtun. Doch jede Bewegung wurde zur Qual.

Das zersplitternde Metallwerk adaptierte ihn für seine Zwecke und presste ihn in eine genehme Form. Er fühlte kleinste Plättchen gegen seine Zähne schlagen, sobald er den Mund öffnete. Das Metall wollte ihn einnehmen. Sein Inneres auskleiden.

»Aus!«, presste er unter Schmerzen hervor. »Bitte!«

Das metallene Wachstum fand abrupt ein Ende, und nach einem Moment des Innehaltens erlaubte ihm der seltsame Mechanismus ein wenig mehr Freiheit. So, dass Tiff atmen, dass er sich einigermaßen entspannen konnte.

Eine Quadratplatte, 50 Zentimeter hoch und bloß wenige Millimeter dick, schob sich vor ihm aus dem Boden. Sie kippte schräg nach hinten, spaltete sich in dünne Scheiben, die gegeneinanderschlugen. Sie erzeugten … eine Stimme.

»Vernunftbegabtes Leben«, urteilte das Maschinenwerk. »Vier Extremitäten. Denkprozessualer Haupteinheitsknoten im obersten Körpergelenkteil. Nur wenige Sinne, meist schmalbandige Sinneswahrnehmungseinheiten. Grenzwertig halbintelligent. Eine Kommunikation ist eingeschränkt möglich. Sprich, Wesen!«

 

*

 

Julian Tifflor ließ die Beurteilung ungerührt über sich ergehen. Er hatte als Mensch schon weitaus schlimmere Beleidigungen zu hören bekommen, angefangen bei den Schmähungen der Arkoniden vor mehr als dreitausend Jahren.

Zuzüglich der einen oder anderen Jahrmillion, die ich mittlerweile wandernd verbracht habe …, dachte er.

»Ich verlange Kommunikation«, sagte die Platte. Sie gab ihrem Wunsch durch eine Verengung im Brustbereich zusätzlichen Ausdruck.

»Ich bin Terraner«, sagte Julian Tifflor. »Und ich bin auf der Suche.«

»Suche ist ein veraltetes Konzept. Du wirst es in meinem Existenzbereich nicht mehr finden. Ich habe es ausgemerzt. Was zu suchen war, wurde gefunden.«

»Ich verstehe nicht …«

»In einfacheren Worten: Ich fülle das Zeitkorn zur Gänze aus. Es gibt nichts, was in diesem Bereich unentdeckt geblieben wäre.«

»Du weißt also zum Beispiel über Emotionen Bescheid?«

Der Druck ließ ein wenig nach, mehrere Plättchen fielen ab und versanken im granulatbedeckten Boden.

»Als ich begann, mich hier auszubreiten, stand ich in Konkurrenz zu Lebenden. Ich lernte die Unterschiede zwischen ihnen und mir kennen. Ich lernte, dass ich diese Lebenden verstehen musste, um sie besiegen zu können. Also beschäftigte ich mich mit ihren Emotionen.«

»Du glaubst also, biologisch gewachsene Geschöpfe zu durchschauen?«

»In einer abstrakten Art und Weise.«

»Wenn du meinst, uns ausreichend analysiert zu haben – wie kommt es, dass du mein Leben verschont hast? Gibt es doch noch etwas, worauf dir Antworten fehlen?«

»Ja«, antwortete das Maschinenwerk in aller Offenheit. »Ich suche den Weg zu Gott.«

 

*

 

Julian Tifflor fühlte sich tiefer in das Zeitkorn gedrängt.

Sein Horizont war stets eingeschränkt. Niemals sah er weiter als einige Meter voraus. Zusätzliche Platten schoben sich aus dem Boden oder versperrten ihm den Blick nach oben. Manchmal musste er schmale Gänge durchschreiten, die bei anderen klaustrophobische Anfälle ausgelöst hätten.

»Hast du einen Namen?«, fragte er. »Oder eine Funktionsbezeichnung?«

»Ich habe mich auf die reine Bezeichnung beschränkt. Ich sehe mich als NullEins. Oder EinsNull.«

»Das binäre Prinzip. Plus und Minus. Gut und Böse. Yin und Yang.«

»Ich merke, du hast verstanden.«

Tiff wurde aus dem Gang geschubst. Über mehrere Treppenabsätze erreichte er das Innere eines schummrig beleuchteten Raums. Ein wenig Licht erhielt er durch über Metallplatten reflektierten Schein vor die Beine gespiegelt. Es musste also »weiter oben« so etwas wie eine Leuchtquelle existieren, die NullEins nicht ausgeschaltet hatte.

Oder mir zu Ehren reaktiviert hat?

Erneut fühlte er sich vorwärts geschoben und gedrängt. Auf ein tiefes schwarzes Loch zu, dessen Grund nicht zu erkennen war, dessen Ausmaße ungeheuerlich groß erschienen.

»Dies ist mein Kern«, sagte NullEins. »Hier bin ich meiner Existenz selbst am nächsten. Und hier werden wir uns darüber unterhalten, was ich von dir verlange. – Setz dich. Wesen deiner Art sitzen gerne.«

Julian Tifflor wurde noch näher zum Rand des Lochs genötigt.

Als er Widerstand leisten wollte, drückten die nach wie vor an seinem Körper befindlichen Plättchen schmerzhaft gegen seine Kniekehlen, sodass er einknickte.

Er konnte knapp verhindern, kopfüber in das bodenlose Nichts zu stürzen. Er fing sich mit den Händen ab, fand ausreichend Widerstand im Granulatboden und hockte sich nieder, wie es NullEins verlangte. Seine Beine baumelten über dem Abgrund.

 

*

 

»Du kommst von außerhalb. Aus dem Tunnel. Dir ist es gelungen, von einem Zeitkorn zum nächsten vorzudringen. Das bedeutet, dass du die Langlebigkeit in dir trägst. Korrekt?«

»Ja.« Julian Tifflor sah keine Veranlassung zu lügen – und er bezweifelte, ob es ihm überhaupt gelingen würde.

Diese maschinelle Existenz umgab und beherrschte ihn. Gewiss konnte sie seine Vitalfunktionen anmessen. Herzschlag und Puls und Hunderte andere Werte, um in ständigen Abfragen festzustellen, wie er auf gewisse Reize reagierte.

Selten hatte er sich derart hilflos gefühlt. Dennoch wollten sich nicht die ganz großen Emotionen der Verzweiflung einstellen. Womöglich war er bereits zu lange unterwegs, um die Tiefen und Höhen der Gefühlswelt jemals wieder richtig spüren zu können.

»Du bist hier, weil du etwas suchst.«

»Richtig.«

»Ich habe den Inhalt deines Rucksacks erspürt. Es handelt sich um mehrere Perianth-Kristalle. Du suchst ein weiteres Exemplar.«

»Hast du es … aufgenommen? Existiert es noch?«, fragte Tiff mit verräterisch klopfendem Herzen.

»Es ist noch da. Ich verfüge also über etwas, das du von mir haben möchtest. Ich befinde mich demnach in einer sehr guten Verhandlungsposition, zumal ich dich jederzeit töten kann.«

»Dem widerspreche ich nicht.«

»Dann reden wir jetzt über Gott.«

»Das ist ein heikles, weil metaphorisches Thema.«

»Es ist ein reales Thema. Weil ich erbaut und programmiert wurde. Weil meine Existenz auf dieses Zeitkorn reduziert bleibt – und es andere Orte außerhalb meines persönlichen Universums gibt. Solche, die mir unerreichbar bleiben. Ich habe versucht, dezentrale Einheiten von hier zu anderen Körnern zu schicken. Jedoch ist die Zeit ein Faktor, dem selbst ich nichts entgegenzusetzen habe.«

»Vielleicht bin ich dein Gott?«, fragte Julian Tifflor. »Mir ist gelungen, woran du scheitertest.«

»Du weist das Attribut der Langlebigkeit auf. Doch dir haftet sonst nichts Gottähnliches an. Meine Erschaffung muss einer mächtigen Entität vorbehalten gewesen sein, der keinesfalls die Schwächen einer biologisch bestimmten Existenz anhafteten.«

Ein kalter Luftzug fuhr durch Tiffs Hosenbeine. Wollte ihn NullEins etwa davor warnen, Blasphemie zu betreiben? »Was erwartest du von mir, NullEins?«

»Wir treffen eine Einigung. Du wirst einen Teil von mir in teildesaktiviertem Zustand mit dir nehmen. Sobald wir Gott gefunden haben, erhältst du zur Belohnung den Perianth-Kristall.«

»Na, wenn's weiter nichts ist …«

»Spotte nicht!« Drohend erhöhte sich der Druck der Metallplättchen.