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eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
© Copyright 2007 - Oliver Kuhn

Einleitung

Ich glaube, Surfen hilft, um das Problem mit den Frauen zu verstehen. Als ich das erste Mal mit einem Brett ins Meer gegangen bin, um auf einer Welle zu reiten, bin ich fast verzweifelt. Ich habe mich lange Zeit nicht an die wirklich großen Brecher herangetraut. Als ich dann endlich losgepaddelt bin, war ich ein bisschen zu spät gestartet. Ich wurde von der Kraft der Welle überrascht. Sie war kraftvoll und wahnsinnig brutal, sie hat mich herumgeschleudert, als wäre ich ein Stück Treibholz. Ich war froh, mit dem Leben davonzukommen.

Dennoch haben mich die Wellen fasziniert. Ich konnte nicht von ihnen lassen und bin jeden Morgen wiedergekommen mit meinem Brett. Immer und immer wieder habe ich Wasser geschluckt und fürchterlich unter der Kraft der Wellen gelitten. Wellenreiten sieht so einfach aus – und ist so kompliziert. Eine Welle ähnelt der anderen, und doch ist jede einzigartig. Letztlich habe ich es nur durch Ausdauer, Hartnäckigkeit und meine Motivation gelernt. Durch meine unsterbliche Liebe zum Meer.

Ich habe gelernt, wie faszinierend es ist, wenn man das richtige Timing hat.

Ich habe gelernt, dass ich keine Angst vor der Welle haben muss, weil sie keine Angst vor mir hat.

Ich habe gelernt, wie unglaublich das Gefühl ist, wenn ich die Kraft der Welle nutze. Wenn ich auf der Welle surfe und sie mich bis an den Strand schiebt.

Ich liebe das Gefühl, dass die Welle nur für mich da ist. Sie wurde geboren irgendwo in den Weiten des Ozeans, nur um mich zu bewegen.

*

Dieses Buch wird Ihr Leben mehr verändern als jedes andere Buch, das Sie bisher gelesen haben. Männer, die schöne Frauen verführen können, sind glückliche Männer. Und Glück ist das, wonach alle streben.

Das sagen zumindest all jene, die in Lust und Genuss den höchsten Daseinszweck sehen. Aus Sicht der Evolution ist das einzig Relevante im Leben eines Menschen die Fortpflanzung. Die Natur hat es glücklicherweise so angelegt, dass die Anbahnung der Fortpflanzung und der Akt selbst durchaus glücklich machen können.

Bei Pfauen und den meisten anderen Tieren ist es einfach, einen Partner kennenzulernen: Ein strahlender Pfauenschwanz, ein bisschen Balzen, ein großes Revier, fertig ist die Laube. Biologen haben in aufwendigen Forschungsprojekten das Liebesleben bestimmter Vögel untersucht. Das Brunftlied der Vogelmännchen wirkt auf die Vogelweibchen wie eine Droge. Bestimmte Lieder und bestimmte Reize führen bei allen Vogelweibchen zu dem unbedingten Verlangen, sich mit dem Vogelmännchen zu paaren. Wie wäre es, wenn wir auch so ein Lied kennen würden?

Beim Menschen ist das Balzverhalten jedoch ungleich komplexer. Hier ist es nicht der Pfauenschwanz, der die Weibchen beeindruckt, sondern der menschliche Geist. »Die Fähigkeiten des menschlichen Hirns sind Werkzeuge zur Partnerwerbung«, schrieb Geoffrey Miller in seinem Buch Die sexuelle Evolution. Vor allem deshalb hat unsere Gesellschaft so etwas wie Kultur, Musik, Humor, Moral, Literatur und Religion hervorgebracht.

Oder brauchen wir Humor, um zu überleben? Wozu brauchen wir Kultur, wenn wir nicht einmal mehr ein Kaninchen jagen können? Warum haben wir viel mehr Wörter und eine viel komplexere Sprache, als zum Überleben nötig wäre? Der Kampf ums Dasein kann das alles nicht erklären. All diese Fähigkeiten haben nur eine Aufgabe: das andere Geschlecht zu beeindrucken. Am Anfang unserer Zivilisation steht das Flirten.

Die Kunst der Verführung

Dies ist kein Buch mit billigen Anmachsprüchen oder simplen Flirttips. Es ist kein Buch mit lauter Machotechniken und Tips, wie man Frauen am besten anquatschen, vollquatschen und ins Bett quatschen kann.

Dieses Buch ist eine tiefgründige Beschäftigung mit zwischenmenschlicher Kommunikation. Es enthält eine präzise Analyse der emotionalen Annäherung der beiden Geschlechter. Es ist nicht nur für Männer geschrieben, die Frauen kennenlernen und erobern wollen, sondern es wendet sich an alle, die besser und emotionaler kommunizieren wollen. Es ist aber auch ein sehr machtvolles Instrument, um die Aufmerksamkeit von Frauen auf sich zu lenken.

Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, dann wissen Sie im Prinzip alles, was man braucht, um jede Welle zu reiten. Dennoch kann man das Surfen erst im Meer lernen. Ich bin seit fünfzehn Jahren Wellenreiter. Die Theorie habe ich an einem Nachmittag gelernt, aber fünfzehn Jahre waren nötig, bis ich den richtigen Bewegungsablauf mit dem richtigen Timing verinnerlicht habe.

Und dann kommen doch immer wieder Wellen, die mich einfach mit sich reißen.

Es ist nicht einfach, ein erfolgreicher Verführer zu werden. In vielen Fällen widerspricht das dazu nötige Verhalten der natürlichen Intuition des Mannes und den Konditionierungen unseres Elternhauses. Wir müssen uns verändern, um der Mann zu werden, den Frauen lieben. Und wir Männer ändern uns nicht gerne.

Vielleicht doch lieber Single?

Wenn es so schwierig ist, zum perfekten Verführer zu werden, warum lassen wir es dann nicht einfach? Warum bleiben wir nicht lieber Single?

Ganz einfach. Die meisten Singles sind unzufrieden. Professor Franz Neyer, Entwicklungspsychologe an der Universität Vechta, sagt: »Der junge Single bis etwa dreißig wirkt emotional eher labil, sozial gehemmt und zurückhaltend, und sein Selbstwertgefühl ist nicht besonders hoch.« Warum? Weil er nicht genügend Frauen kennenlernt.

Umfragen haben ergeben, dass Sex für männliche Singles sehr unterschiedlich verteilt ist. Die Mehrheit der Männer lernt nur wenige Frauen kennen. Sie treffen wenige Frauen, verabreden sich mit wenigen Frauen und schlafen mit wenigen Frauen. Doch es gibt eine kleine Gruppe von Männern, die exponentiell mehr Frauen treffen. Diese Männer lernen spielend leicht Frauen kennen, sie verabreden sich mit vielen Frauen, und sie haben Sex mit vielen unterschiedlichen Frauen. Und das oft nur Stunden, nachdem sie die Frauen kennengelernt haben.

Jeder Mann kann selbst entscheiden, zu welcher der beiden Gruppen er gehören möchte.

Jeder Mann kann ein Verführer werden. Unabhängig von seinem Aussehen und seinem Beruf. Unabhängig von seinem Einkommen und seiner Herkunft. Ich möchte, dass Sie mir persönlich versprechen, all die Strategien und Techniken, die ich auf den folgenden Seiten mit Ihnen teilen werde, auch wirklich auszuprobieren. Sonst brauchen Sie dieses Buch erst gar nicht zu lesen.

Erfahrungsbericht:
Mein Training beim besten Verführungskünstler der Welt

Eines Abends am Computer landete ich auf den Seiten einer verschworenen Internetgemeinde: der »Pickup Artists« – der Künstler der Verführung oder kurz »PUA«. Das sind Männer, die an Techniken feilen, um jede Frau ins Bett zu kriegen. Minutiös analysieren sie ihre Aufreißversuche. Sie schmieden Strategien, um einen Dreier einzufädeln, und experimentieren mit Hypnosetechniken, bei denen Frauen auf Zuruf einen Orgasmus bekommen. Einer ihrer Gurus heißt Mystery. Selbst Rockstar Daniel Ryan, Gitarrist der Band The Thrills, konnte nur staunen, als er ihm in einer Bar zuschaute: »Mystery hatte ein Mädchen in vielleicht fünf Minuten auf der Toilette, während ihre Freundin brav an der Bar wartete. Es war faszinierend.«

Die Verführungskünstler sind eine schlagkräftige Armee, die nur ein Ziel verfolgt: die Invasion des anderen Geschlechts. Zehntausende Frauen wurden schon mit modernen Flirtstrategien erobert. »Letzten Monat hatte ich zweiundzwanzig Frauen im Bett«,berichtete einer namens Godstyle.

Mein Vater hat mir zwar gezeigt, wie man Auto fährt und ein Glas Bier ohne Absetzen austrinkt. Aber wie ich Frauen verzaubere, hat er mir nicht verraten. Die Kunst der Verführung ist ein Geheimwissen, das Frauenhelden gemeinhin mit ins Grab nehmen.

Mystery ist vierunddreißig Jahre alt und fast zwei Meter groß.»Er allein hat die Techniken und Sprüche ersonnen, die Männer überall auf der Welt anwenden, um Frauen aufzureißen«, rühmt die New York Times. Richtig bekannt wurde er aber erst durch seinen Freund Neil Strauss. Der schrieb ein Buch über ihn und seine Gemeinde: Die perfekte Masche. Bekenntnisse eines Aufreißers. Selbst Tom Cruise rief an und wollte alles über seine Manipulationstricks lernen.

Mystery heißt eigentlich Erik von Markovik. Erst mit einundzwanzig Jahren hat er seine Jungfräulichkeit verloren, an die Cousine seines Nachbarn. Er arbeitete als Illusionskünstler in Torontos Nachtclubs, nebenbei lernte er, die Herzen der Frauen zu verzaubern. Strategisch analysierte er Erfolge und Körbe. Wenn er weder Date noch Sex bekam, machte er dafür nicht das Mädchen verantwortlich, sondern sich selbst. Er suchte nach dem kleinen Fehler, der alles kaputtgemacht hatte.

Mystery ist der Albert Einstein des Abschleppens. Seine Lehre lautet: Jeder Mann kann Frauen verzaubern, unabhängig von seiner äußerlichen Attraktivität. Im Internet schreibt einer seiner Schüler begeistert: »Mystery saugt Frauen regelrecht in seine Realität, und das Unglaubliche ist: Man kann die Technik von ihm lernen.« Mystery gibt Workshops (mittlerweile nicht mehr). Nur zwölf Studenten dürfen teilnehmen. Drei Tage lang lernen sie tagsüber Theorie und ziehen nachts durch die Clubs. Ich melde mich an und buche einen Flug nach Philadelphia.

Ein gelb tapezierter Konferenzraum mit Kristalleuchtern im ersten Stock eines kleinen Hotels. Mystery trägt eine Art Taucheranzug mit roten Reflektoren, ein Piratentuch auf dem Kopf, schwarz lackierte Fingernägel, einen Aufkleber mit rotem Lippenstiftabdruck auf dem Hals und einen Plastikigel als Rucksack. Er sieht aus wie ein Science-fiction-Held. Der Meister ist schlecht gelaunt. Seine Freundin Anya hat ihn vor ein paar Tagen verlassen. Sie ist ein Model der Unterwäschekampagne von Victoria’s Secret. »Ich habe sie in zwei Minuten während eines Bootcamps aufgerissen«, sagt er. Es ist schwierig für eine Frau, mit dem größten Casanova der Welt zusammenzuleben.

Mystery glaubt an Darwins Theorie. Liebe ist für ihn nichts anderes als der evolutionäre Impuls, den ein Mann und eine Frau empfinden, um ihren biologischen Zweck zu erfüllen: zu überleben und sich zu vermehren. Auf dieser Hypothese basiert sein System. Es ist der kontrollierte Prozess vom Ansprechen über das Her stellen von Vertrauen bis zur Verführung. Jedes Detail hat er optimiert.

Eine hübsche fünfundzwanzigjährige Frau ist in ihrem Leben vielleicht fünftausendmal angequatscht worden. Immer dasselbe:»Ich heiße Oliver. Ich finde dich süß. Darf ich dich auf ein Getränk einladen?« Das ist die Masche der netten Jungs. Sie ist zum Scheitern verurteilt. Nette Jungs preschen vor, bevor sie genügend Anziehungskraft aufgebaut haben.

Anziehungskraft ist aber kein Zufall. Sie ist das Resultat eines unterbewusst ablaufenden Bewertungssystems. Kaum eine Frau kann sich dem entziehen. Nur: Wie bewerten Frauen Männer? Nach dem Aussehen? Klar. Doch der Fortpflanzungswert bestimmt die Bewertung nur zu 20 Prozent. Viel wichtiger ist der Überlebenswert. Frauen suchen jemanden, der sie beschützt. Das ist im Zweifel der Führer der Gruppe – das Alphatier. Bei den Menschenaffen nimmt das dominante Alphamännchen jedes Weibchen, wann immer es will. Wir müssen beweisen, dass wir die Führer sind.

Frauen haben keine Ahnung, warum sie einen Mann attraktiv finden. Sie reflektieren ihre Auswahl nicht. Es ist wie bei Witzen. Wir lachen oder wir lachen nicht – aber wir fragen uns nicht, warum wir lachen.

Mystery hat festgestellt, dass schöne Frauen fast immer in Gruppen unterwegs sind – mit Freunden oder Freundinnen. Wir müssen sie also in diesen Gruppen ansprechen und dann isolieren. Mystery erklärt uns, wie er die Frauen mit irgendeiner Nichtigkeit anquatscht, wie er vorgibt, gleich wegzumüssen, wie er sich mit den weniger hübschen Frauen in der Gruppe anfreundet (er nennt sie »Hindernisse«) und die Schönste der Runde (sein »Opfer«) neckt und missachtet. Erst danach baut er eine emotionale Beziehung zu dem Mädchen auf und schließlich eine physische.

Das klingt einleuchtend. Aber ob das auch funktioniert? Nach ein paar Stunden im Klassenraum gehen wir endlich los, um den König der Aufreißer bei seiner Kunst zu beobachten.

Der Laden heißt Blue Martini und ist einer der besseren Clubs von Philadelphia. Der dicke Türsteher wundert sich über den Science-fiction-Held und seine Gefolgschaft. »Ein PUA muss die Ausnahme von der Regel sein«, sagt Mystery. »Wenn du aussiehst wie ein Rockstar, dann kommen auch die Groupies.«

Wir gehen in den Club und missachten all die schönen Mädchen. »Es muss klar sein, dass wir die faszinierendste Gruppe im Club sind«, predigt Mystery. Die Leute gaffen uns an, nicht wir sie.

Er zeigt nach links. Da vorn stehen zwei hübsche Blondinen. Doch die schönste Frau des Clubs lehnt mit zwei Typen rechts an der Bar. »Ich gehe zu den zwei Mädels, nehme sie links und rechts an meinen Arm und gehe zu der Dreiergruppe an der Bar. Dann schnappe ich mir die Traumfrau.«

Es dauert keine drei Sekunden, und Mystery marschiert davon. Das ist seine wichtigste Regel: Du hast nur drei Sekunden Zeit, dann musst du loslegen. Sonst kommt die analytische Lähmung. Frauen spüren die Angst, da sind sie wie Hunde. »Es ist leichter, ins kalte Wasser zu springen, als langsam hineinzusteigen.«

Er geht durch den Raum und spricht die Blondinen scheinbar im Vorbeigehen an: »Hey, Mädels, ich muss gleich weiter, ich brauch aber eine weibliche Meinung. Mein Freund hebt die Fotos von seiner Exfreundin in einer Schuhkiste unterm Bett auf. Jetzt hat seine neue Freundin die Bilder entdeckt und ist total ausgerastet …«

Ich konnte nicht hören, was genau Mystery den Blondinen erzählte, aber ich wusste, dass es die »Eifersüchtige-Freundin-Masche« war.

Mystery kennt jedes einzelne Wort seiner Geschichte auswendig, weil er schon Hunderte Mädchen so angesprochen hat. »Die Kunst«, sagt er, »liegt darin, dass die Masche so klingt, als ob du es das erste Mal in deinem Leben sagst.«

Die Mädchen lachen. Mystery nimmt die Hand einer der Blondinen. »Das ist aber ein schöner Ring!«

Parallel zu seiner verbalen Masche läuft immer auch noch eine andere Ebene ab: die Eskalation der Berührungen. Er versucht, die Mädchen immer intensiver zu berühren. Wenn er spürt, dass sie sich unwohl fühlen, schubst er ihre Hand zuerst weg. Das ist der Schlüssel zur physischen Zuspitzung: zwei Schritte vorwärts, ein Schritt zurück.

Er liest einer der Frauen aus der Hand, macht ein paar Psychospiele. »Seid ihr beste Freundinnen? Ich teste das mal. Nehmt ihr das gleiche Shampoo?« Die beiden Mädchen schauen sich an.

Noch bevor sie antworten können, sagt Mystery: »Ihr habt den Test bestanden. Beste Freundinnen schauen sich erst mal gegenseitig an, bevor sie antworten.« Die Mädchen fühlen sich bestätigt, unterhalten, verstanden.

Seien wir ehrlich: Männer scheren sich einen Dreck um eine weibliche Meinung. Mystery gibt ihnen, was sie sich wünschen.

»Schließ die Augen und denk an den schönsten Tag in deinem Leben …«, säuselt Mystery. Er versucht, im nächsten Schritt große Gefühle zu wecken, und schenkt den Frauen dabei scheinbar tiefe Erkenntnisse.

Eines vergessen Männer oft: Nur die Interessen der Frauen sollten das Niveau und den Inhalt der Anmache bestimmen.

Die Blondinen jedenfalls hängen an Mysterys Lippen, er nimmt sie links und rechts an den Arm, spaziert durch den Raum und lässt sie auf halbem Weg stehen. Die Traumfrau hat ihn kommen sehen. Die Blondinen waren der Indikator für seinen sozialen Status. Das war ihre Aufgabe. Sie sind ein Bauernopfer. Langsam verstehe ich: Es ist ein Strategiespiel. Schach mit lebenden Figuren.

Er geht zu der Dreiergruppe, redet mit den beiden Männern. Er schlägt ein Spiel vor: »Ich lege dir eine Münze in die Hand. Wenn du die Hand schneller schließen kannst, als ich die Münze aus deiner Hand nehme, zahle ich dir ein Bier. Wenn ich schneller bin, zahlst du.«

Das Spiel ist ein billiger Trick. Der Typ kann nicht gewinnen. Mystery nimmt ihm die Münze ab. Jetzt ist er das Alphamännchen. Trotzdem bringt er die Männer zum Lachen: »Nimm die Männer für dich ein, dann kriegst du auch die Frauen.«

Mystery bewertet Frauen auf einer Skala von 0 bis 10. Ein Club besteht für ihn nur aus Zahlen. Supermodels sind 10. Die Traumfrau, die hinter Mystery steht, ist eine 9,5.

»Sind die Nägel echt?« fragt er lapidar. Eine ritualisierte Aggression, die das Selbstwertgefühl der Frau erschüttern soll. Legendär ist die abfällige Bemerkung, mit der ein Mystery-Schüler Paris Hilton aufgabelte. »Du siehst aus wie Britney Spears«, sagte er und legte nach: »Aber das liegt wahrscheinlich nur an deinen Zähnen.« Sie gab ihm ihre Telefonnummer.

Die Wirkung des Neckens ist unglaublich. Es läuft um so besser, je hübscher das Mädchen ist, denn diese Frauen sind selten mit desinteressierten Männern konfrontiert.

Die brünette Traumfrau sagt entgeistert: »Du bist gemein. Die Nägel sind nicht echt.«

»Schön sind sie trotzdem«, meint Mystery. Dann führt er sie an einen Tisch. Nach vielleicht zwanzig Minuten blickt sie ihn an wie ein bettelnder Hund.

»Würdest du mich gern küssen?« fragt er. Bei ja oder vielleicht küsst er sie.

Die Brünette sagt: »Ich küsse keine fremden Männer in Clubs.«

Mystery antwortet: »Ich habe nicht gesagt, dass ich es dir erlaubt hätte. Es sah nur so aus, als ob du solche Gedanken hättest.«

Wenig später scheint es so, als wolle ihn die Brünette unbedingt küssen. Ein paar Minuten später tut sie es.

Ich argwöhne, dass die Mädchen womöglich Statistinnen sind und alles nur inszeniert ist. Doch wir ziehen durch unzählige Clubs. Mystery landet bei jeder. Er ist das größte Wunder, seit Moses das Rote Meer geteilt hat. Es ist nicht nur die Tatsache, dass er die Mädchen verführt – es ist die unendliche Leichtigkeit, mit der er es tut.

Mystery hat jedes Wort der Flirts schon Hunderte Male gesprochen. Er ist ein sozialer Roboter. Keine Geste ist ein Zufall. In der Formel 1 des Flirtens gibt es keinen Spielraum für Improvisation. Die Frauen wissen das nicht. Für sie ist er einfach nur der lustigste und interessanteste Mann, den sie seit langem getroffen haben. Er erzählt Geschichten, in die er unterschwellige Informationen eingebaut hat: Er hat Familiensinn, er ist stark, aber auch verletzlich. Er ist reich, aber auch großzügig, er ist begehrt, aber auch eine treue Seele. Wenn man eine interessante Sache erzählt, sagt Mystery, dann denkt die Frau: Er erzählt interessante Dinge. Aber wenn man ganz viele interessante Sachen sagt, denkt sie irgendwann: Dieser Mann ist interessant.

Jetzt dürfen auch wir Studenten ran. Da ist der New Yorker Dokumentarfilmer Tom, der süchtig nach Flirten ist. »Ich spreche jede Frau an. Ich habe sicher schon fünfzehnhundert Aufrissversuche hinter mir«, klagt er. Sein Sexleben ist ausgefüllt, aber eben nicht mit Supermodels. Durch Mysterys Hilfe will er ein wahrer Künstler der Verführung werden. Fred ist neunundzwanzig Jahre alt und noch Jungfrau. Er will es endlich wagen, Frauen anzusprechen.

Wie Hyänen stürzen sich Mysterys Vasallen auf die Frauen: »Ich muss gleich weg, aber ich brauch eine weibliche Meinung: Lügen eigentlich Frauen mehr oder Männer?« – »Wusstet ihr, dass Fische ertrinken können?« – »Die Katze meines Nachbarn ist die Reinkarnation von Mahatma Gandhi …«

Die Mädchen bekommen zu hören, dass sie Krähenfüße und falsche Haare haben oder ihre Nase wackelt, wenn sie lachen. Überall stehen Männer und lesen den Mädchen aus der Hand, und sie alle sagen – egal, wie die Handlinien aussehen: »Du hast eine besondere Beziehung zu deiner Mutter. Aber Ärger mit deinem Vater.« Und alle Frauen nicken überrascht.

Für viele Männer ist es der wichtigste Schritt, sich überhaupt zu trauen, Frauen anzusprechen. Davor schrecken die meisten zurück. Analytische Lähmung. Angst. Sie ist biologisch verankert. »Wir hatten nicht genug Zeit, uns daran zu gewöhnen, dass so viele Menschen auf der Erde leben«, sagt Mystery. Vor ein paar hundert Jahren haben wir noch in so kleinen Gruppen gewohnt, dass es nur wenige Frauen zur Auswahl gab. Da war es noch eine Katastrophe, wenn wir versagt haben.

Mir hilft diese Erklärung nicht weiter. Ich wandere herum auf der Suche nach einem Opfer.

»Wer wandert, hat einen niedrigen sozialen Status«, schimpft Mystery. »Leute, die ihr Bier mit angewinkeltem Arm auf Brusthöhe halten, sind Verlierer«, fügt er an und schiebt eine Bierflasche runter auf Hüfthöhe. PUAs trinken keinen Alkohol, weil es den strategischen Umgang erschwert.

Spontan spreche ich zwei Frauen an: »Hey, Mädels, wer lügt mehr: Männer oder Frauen?« frage ich. Ganz lässig. Im Vorbeigehen. Sie sehen mich an, als ob ich eine ansteckende Krankheit hätte, sagen herablassend: »Männer!« und drehen sich wieder weg. Ich stehe da wie der Trottel des Clubs.

Ein Korb ist nicht schlimm, denke ich mir. Es ist nichts weiter als eine Übung – ein kleiner Schritt auf meinem Weg zum größten deutschen Verführungskünstler. Mystery tröstet mich: »Du musst weiterreden. Sprich lauter. Lehne dich nicht zu den Frauen. Sie sollen zu dir kommen, weil sie interessiert sind. Sag sofort, dass du gleich weitermusst.«

Der Erfolg hängt an so vielen Details.

Bei einer kleinen, hübschen Rothaarigen nehme ich allen Mut zusammen: »Ich habe eine wichtige Frage. Es geht um mein Leben. Soll man erst Zähneputzen und dann Zahnseide benutzen oder erst Zahnseide benutzen und dann Zähneputzen?«

Sie lächelt mich an, etwas verstört. Nach einer Weile fragt sie:»Kaufst du mir einen Drink?« Auf diese Frage, habe ich gelernt, muss ich antworten: »Ist das dein bester Anmachspruch?« Frauen respektieren Männer nicht, die ihnen Getränke bezahlen.

Die Rothaarige schaut mich verschüchtert an. »Wie heißt du?« fragt sie. Ein Verführungskünstler stellt sich nie selbst vor. Er wartet, bis sie fragt. Das ist ein Signal ihres Interesses. Und wenn sie wissen will, wie alt ich bin, lasse ich sie schätzen. Egal, wie alt mich die Frau schätzt, ich sage: »Genau.« Sie will, dass ich so alt bin, wie sie mich schätzt. Das gilt auch fürs Sternzeichen. Catherine will, dass ich ein Steinbock bin. Also bin ich Steinbock. Mystery erklärt: »Das ist keine Lüge, das ist Flirten.«

Verführungskünstler verwenden nur Maschen, die garantieren, dass sie im Gespräch die Oberhand behalten. Sie wollen die totale Kontrolle der Gedanken. Mystery etwa fragt die Mädchen mitten im Gespräch beiläufig, ob sie spontan sind. Alle Mädchen antworten mit »Ja«. Irgendwann kommt er darauf zurück: Wenn es darum geht, ob sie spontan genug sind, um mit ihm noch woanders hinzugehen.

Ich habe es bei der Rothaarigen wieder verbummelt. Ich habe sie wieder nicht geneckt und nicht gesagt, dass ich gleich wegmuss. Zwei Schritte nach vorn und keinen zurück. Es fällt mir so schwer, meine Instinkte zu unterdrücken.

Fred hingegen ist glücklich. Er ist ein ziemlich unattraktiver Typ mit Topffrisur. Dennoch steht er triumphierend mit der Telefonnummer einer Traumfrau da. Sie ist eine 8. Er hat sie zum Abschied geküsst. »Ich wünschte, ich hätte das schon gelernt, als ich noch ein Teenager war«, sagt er.

»Willst du mit mir tanzen?«, fragt Mitschüler Henry ein mittelmäßiges Mädchen (eine 6).

Sie: »Nein!«

Er: »Dann kommt Sex wohl nicht in Frage, oder?«

Beide lachen.

Sie werden die Nacht zusammen verbringen. Sie ist ein leichtes Opfer.

»Man kann ein Schachspiel in vier Zügen gewinnen. Aber nicht gegen Kasparow«, sagt Mystery. Wirkliche Traumfrauen gehen nicht direkt vom Club ins Bett.

Frauen benötigen gemeinhin sieben Stunden, um sich vertraut genug zu fühlen, um mit einem Mann zu schlafen. Das ist ein ziemlich exakter Erfahrungswert, der sich auch auf mehrere Tage verteilen kann. Selbst Mystery gelingt es selten, diese Zeitspanne zu unterbieten. »Ich arbeite natürlich daran, dass ich es in drei Minuten schaffe. Es wird um so einfacher, an je mehr unterschiedlichen Orten man gemeinsam gewesen ist. Dann fühlt sich die Zeit länger an.«

Flirten ist wie ein Videospiel. Du musst in das neunte Level kommen: Sex. Aber du hast nur ein Leben. Wenn du es einmal versaust, bekommst du keine zweite Chance.

Viel später, wir sind inzwischen in einem Szeneclub namens Denim, entdecke ich meine Traumfrau. Sie ist groß, blond, sexy. Mindestens eine 9. Sie steht mit einer großen Gruppe an der Bar.

»Wir leben nur achtundzwanzigtausend Tage«, pflegt Mystery in solchen Momenten zu sagen.

Ich mache den Münztrick mit einem der Typen in ihrer Nähe. Ich schnappe ihm die Münze aus der flachen Hand und ignoriere die Traumfrau gnadenlos. Sie mich leider auch.

»Ein Mann hat mir gerade einen Gin Tonic ausgegeben. Jetzt fühle ich mich schuldig«, sage ich. Ich mag diesen Spruch.

Sie fragt verwirrt: »Warum?«

Ich: »Vielleicht will er mich nur ins Bett kriegen. Ich muss weiter. Du bist hübsch, aber nicht mein Typ.«

Habe ich das gerade zu der blonden Göttin gesagt? Mein Herz schmerzt. Normalerweise wäre ich ohnmächtig umgefallen, wenn sie mich angesprochen hätte.

Mystery sagt: »Um eine Frau zu bekommen, muss man riskieren, sie zu verlieren.«

Ich sage zu ihr: »Denk dir eine Zahl von eins bis vier.«

Ich tue so, als ob ich mich konzentriere, und sage: »Drei.«

Sie nickt erstaunt.

Dann sage ich: »Denk dir eine Zahl von eins bis zehn.«

»Sieben«, sage ich.

Jetzt flippt sie aus. »Woher weißt du das?« kreischt sie.

»Ich kann deine Gedanken lesen.«

Tatsächlich habe ich einfach nur Glück gehabt. Die meisten Frauen sagen drei und sieben. So einfach ist das Spiel.

Ich zwinge mich, sie zu ärgern: »Du hast ein großartiges Lächeln. Aber ich suche nach einer Frau mit Persönlichkeit.«

Sie kann nicht glauben, was ich über sie weiß.

»Du bist ein offenes Buch für mich. Ich lese gern in dir.«

Sie: »Das macht mir ein bisschen angst.«

Ich blicke tief in ihre Augen, dann wandert mein Blick zu ihren Lippen.

Jamie, meine Traumfrau, schenkt mir den Hundeblick.

Ich bin ein Jedi-Ritter. Die Macht ist mit mir. Ich bin der Mann, bei dem die anderen Männer jubeln, wenn er verheiratet ist.

Am nächsten Abend erzähle ich wieder dieselben Geschichten. Wieder kreischt eine Frau, als ich sage: »Du denkst dir die Zahl sieben.«

Verführung ist eine schmutzige Kunst. Die Seele verrottet. Die Moral ist der Schutzschild der Ahnungslosen. Wer Gott gesehen hat, braucht keinen Papst mehr.

»Ich habe moralische Probleme, ich will so sein, wie ich wirklich bin«, klagt Mitstudent Frank.

Aber dann ist er ein Langweiler. Jeder Verführungskünstler muss seine Identität opfern. Will ich das?

Ich stehe erst am Anfang. Ich muss noch so viel lernen: Wie bekommt man zwei Frauen für einen Dreier ins Bett? Wie funktionieren die zweifelhaften Methoden des Neurolinguistischen Programmierens (NLP)? Werde ich je so gut sein wie der Hypnotherapeut Steve Piccus, der Frauen dazu bringt, ihm Geld dafür zu zahlen, dass sie ihm einen blasen?

*

Nach meinem Erweckungserlebnis mit Mystery habe ich die Verführungskunst studiert. Ich habe alles gelesen, was mir im Umgang mit Frauen helfen könnte. Darunter waren Bücher wie:

Außerdem habe ich Rhetorikschulungen und einen Hypnosekurs besucht, ich habe tanzen gelernt und zaubern. Ich habe Schauspielunterricht genommen und Yoga-Kurse. Ich habe die besten Tricks und Techniken von Gurus wie Steve Piccus oder Juggler gelernt. Ich war tage- und nächtelang gemeinsam mit Meistern der Verführung wie Daniel »Badboy« Nessek oder Robert Bednarek unterwegs. Ich habe versucht, mich so gut wie irgend möglich auszubilden. Ich will alles Wissen der Verführung in mir versammeln, um zum perfekten Verführer zu werden.

1 Grundlagen – Die Wissenschaft von der Verführungskunst

Jeder ist auf der Suche. Die Sehnsucht nach Zweisamkeit ist Teil unserer Natur. Das erste Handbuch für perfekte Verführer hat der römische Dichter Ovid (43 v. Chr. – 17 n. Chr.) verfasst. Vor ziemlich genau 2008 Jahren. Es hieß Ars Amatoria, übersetzt: Liebeskunst. Schon seine These war: Liebe ist eine Technik, die man lernen kann.

Das brachte dem armen Ovid einigen Ärger: Der sittenstrenge Augustus, dem viel an Ehe und Familie lag, verbannte Ovid an einen kleinen Ort am Schwarzen Meer. Offenbar war die Zeit noch nicht bereit für die Lehren dieses ersten Verführungskünstlers.

Schon Ovid wandte sich zunächst an die innere Haltung: »Ernstlich durchdringe dein Herz die Zuversicht, du könntest alle fangen. Dann fängst du sie auch.« Er hatte auch ein paar gute Tips auf Lager, wie man sein Aussehen optimieren kann: »Aus dem Nasenloch steh niemals ein Haar hervor.« Und damit hat er zweifelsfrei recht – bis heute.

Die Flirtstudie

Die amerikanische Anthropologin Margaret Mead war vielleicht die erste moderne Wissenschaftlerin, die sich mit dem Thema Flirten beschäftigte. Während des Zweiten Weltkriegs, als Hunderttausende Amerikaner in England stationiert waren, untersuchte sie das Verhältnis von amerikanischen Soldaten und englischen Mädchen. Mead war ein erstaunliches Phänomen aufgefallen: Die Mädchen empfanden die Soldaten als ziemlich aufdringlich, während die Soldaten davon berichteten, dass die Mädchen vergleichsweise leicht zu haben waren.

In ihrer Untersuchung hatte Margaret Mead dreißig Einzelstufen herausgearbeitet, die in der Regel während der Interaktion beider Seiten durchlaufen wurden. Diese Eskalationsstufen wurden jedoch extrem unterschiedlich bewertet: »Während die Männer schnell versuchten, die Mädchen zu küssen, wurde dieser Schritt von der anderen Seite als völlig unangemessen empfunden, da er auf ihrer ›Eskalationsleiter‹ erst an 25. Stelle erfolgen konnte.« Bei den Männern hingegen stand das Küssen schon an fünfter Stelle. Hatten die Mädchen jedoch dem Küssen erst einmal zugestimmt, waren die letzten fünf Stufen dann auch kein allzu großes Hindernis mehr.

Seither hat sich eigentlich nicht viel verändert: Männer haben immer noch Schwierigkeiten, sich in das andere Geschlecht hineinzuversetzen und die Wahrnehmung der Frau zu antizipieren. Wir müssen uns dafür sensibilisieren, unser Kommunikationsverhalten der Frau gegenüber zu optimieren. Die Verführungskünstler haben dafür detaillierte Strategien entwickelt.

Die Entwicklung der modernen Verführungskunst

Die Anfänge der Pickup-Künstler gehen zurück auf Eric Webers Buch How to Pick Up Girls aus dem Jahr 1970 (deutscher Titel: Wie angelt man sich ein Mädchen?). Weber war der Urvater Abraham, der erste Theoretiker der Gemeinde, ein schüchterner Typ, der in den siebziger Jahren mit einem Kassettenrekorder durch New York latschte und wildfremden Frauen Fragen stellte wie diese: »Was muss ich tun, um dich aufzureißen?« Weber fand allerdings niemanden, der sein Buch herausbringen wollte, und veröffentlichte es schließlich im Eigenverlag. Pech für die Verlage, denn das Buch hat sich mittlerweile über drei Millionen Mal verkauft. Dabei waren Webers Ratschläge nicht gerade bahnbrechend. Im Grunde riet er, dass man möglichst viele Frauen ansprechen soll. Er hatte sich aber auch schon Gedanken darüber gemacht, wie man eine Frau in einen Zustand versetzt, in dem sie sich nach Sex sehnt. Sein Buch begründete das Genre der modernen Verführungskunst.

Dann dauerte es einige Jahre, bis ein Autor die blühende amerikanische Flirtliteratur komplett umkrempelte. Der Mann hieß Ross Jeffries und sein Werk vollmundig How to Get the Women You Desire into Bed: A Down and Dirty Guide to Dating and Seduction for the Man Who’s Fed Up with Being Mr. Nice Guy. Um das Titelversprechen seines »skrupellosen Verführungsratgebers für Männer, die es leid sind, immer nur der nette Kerl zu sein«, einzulösen und »die Frauen, die man haben will, ins Bett zu kriegen«, hatte Jeffries Webers frühe Strategien der emotionalen Beeinflussung weiterentwickelt und die Technik der »Speed Seduction« entwickelt. Seine Methoden waren so machtvoll, dass er auf der Titelseite des Buches vorsichtshalber eine Warnung anbrachte: »Einige der Techniken in diesem Buch können zu juristischen Problemen oder strafrechtlicher Verfolgung führen. Sie benutzen dieses Buch auf eigenes Risiko.«

Jeffries ist ein Schüler des Mitbegründers des Neurolinguistischen Programmierens (NLP), Richard Bandler. Er war der erste, der die NLP-Techniken zur Betörung von Frauen einsetzte. Jeffries arbeitete mit Trancewörtern, hypnotischen Mustern und unterbewussten Kommandos und brachte damit einen völlig neuen Ansatz in die Kommunikation der Geschlechter. Keck behauptet er: »Speed seduction wird das Rendezvous ersetzen. Rendezvous sind etwas für Frauen, mit denen man schon geschlafen hat.« Das mag man glauben oder nicht, aber der enorme Erfolg seiner Methoden ist unbestreitbar.

Jeffries orientiert sich an dem wunderbaren Zitat Voltaires: »Gib mir zehn Minuten, um mein hässliches Gesicht wegzuquatschen, und ich werde die Königin von Frankreich verführen.« Richtig: Das Wort ist bis heute die mächtigste Waffe der Verführung.

Jeffries’ Einfluss war so groß, dass insbesondere unter amerikanischen Verführungskünstlern das Ausgehen, um schöne Frauen aufzureißen, noch heute »sargen« genannt wird. Jeffries hatte den Begriff geprägt, weil sein Kater Sarge ein echter Casanova war. Übrigens war Jeffries auch das Vorbild für die Rolle des Flirtgurus, den Tom Cruise in dem Film Magnolia spielt.

Bewegung kam in die Aufreißergemeinde, als Lewis de Payne 1994 das Forum »alt.seduction.fast« begründete (www.gatago.com/alt/seduction/fast/) und Männer aus aller Welt damit begannen, sich per Internet über Verführungsstrategien auszutauschen.Damit wurde ein gigantischer globaler Versuchsaufbau gestartet,eine geheime Uni, an der Zigtausende Männer studieren, die gleichzeitig Lehrer und Schüler sind. Sie alle vereint der Glaube,dass Männer mittels bestimmter Techniken und Strategien ihre Chancen beim anderen Geschlecht signifikant erhöhen, und sie alle haben sich einem einzigen Ziel verschrieben: der perfekten Verführung.

Die Verführungskünstler entwickelten für ihre innovativen Methoden und Konzepte eine eigene Terminologie mit Begriffen wie AFC (»average frustrated chump«) für einen in Frauenfragen inkompetenten Mann oder AMOG (»alpha male other guy«) für einen konkurrierenden Mann, der den Flirt stört. Die meisten der Techniken, die sie für sich nutzbar gemacht haben, sind unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen wie der Psychologie, der Kommunikationswissenschaft oder der Soziologie entlehnt. Die Verführungskünstler folgen in der Regel einer standardisierten Vorgehensweise. Besonderes Augenmerk wird auf das richtige Ansprechen gelegt. Hier gibt es eine ganze Reihe unterschiedlicher Strategien (direkt, indirekt oder situationsbezogen), mit denen man die Aufmerksamkeit von Frauen erregen und sie in ein Gespräch verwickeln kann. Manche Flirtkünstler haben einen geradezu sportlichen Ehrgeiz entwickelt und sprechen bis zu 125 Frauen an einem Tag an.

Hat man die Frau erst einmal angesprochen, folgt die Entwicklung eines präzise strukturierten Gesprächs. Ziel ist es, das Interesse der Frau zu wecken und ein hohes Maß an Attraktivität aufzubauen. Den entscheidenden Moment, an dem sich eine Frau an einem weiteren Kennenlernen interessiert zeigt, hat der amerikanische Verführungskünstler Neil »Style« Strauss als »hook point« (to hook, engl.: fangen, angeln) bezeichnet.

Daran schließt sich der Aufbau einer emotionalen Beziehung an. Denn nur, wenn man die Frau in eine besondere Gefühlslage versetzt hat, wird sie ein sexuelles Interesse an ihrem Gesprächspartner entwickeln. Viele der dabei verwendeten Strategien haben ihre Wurzeln in NLP- und Hypnosetechniken – und das heißt, die Fähigkeit, eine Frau in die gewünschte Gefühlslage zu versetzen, ist lernbar! Zu diesen Strategien und Techniken gehören unter anderem neckende Bemerkungen, gezielte, aber scheinbar zufällige Berührungen, eingeübte Gesprächsstrategien und suggestive Gesprächselemente, mit deren Hilfe man die Gefühle der Frau steuern kann. Es geht aber auch um praktische Tips und Hilfestellungen, etwa wie man männliche Konkurrenz in einer Gruppe abschütteln oder eine Gruppe mit mehreren Frauen ansprechen kann.