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Über dieses Buch:

Entdecken Sie hinter den Mauern eines ehrwürdigen Schlosses ein Paradies der Sünde …

Kira hat genug von ihrem Exfreund und will dringend auf andere Gedanken kommen. Hocherfreut nimmt sie daher das Angebot an, an einem Live-Rollenspiel im luxuriösen Ambiente teilzunehmen. Doch schnell stellt sich heraus, dass sich dort alles um die Lust an der Unterwerfung dreht – eine Spielart, vor der Kira bisher zurückgeschreckt ist. Wird sie nun einem ebenso dominanten wie charismatischen Mann erlauben, ihr die Tür zu einer neuen Welt zu öffnen?

HOT DATE – die provozierende Romanserie um drei Frauen, viele Männer und ungeahnte Höhepunkte.

Über die Autorin:

Carina Darani lebt im Südosten Deutschlands. Tagsüber geht die exzessive Leserin einem ganz normalen Beruf nach – am Feierabend widmet sie sich ihrer wahren Leidenschaft: dem Schreiben von erotischen Romanen.

Bei venusbooks erschienen die drei Romane der HOT-DATE-Serie, in deren Mittelpunkt die liebeshungrigen Freundinnen Isis, Kira und Danny stehen. Sie können auch unabhängig voneinander gelesen werden:

HOT DATE – Erster Roman: Der wilde Urlaub

HOT DATE – Zweiter Roman: Das prickelnde Spiel

HOT DATE – Dritter Roman: Das unschuldige Call-Girl

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Originalausgabe September 2015

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Copyright © 2015 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen Ausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Redaktion: Ralf Reiter

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Bildmotivs von shutterstock/Pawel Sierakowski

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95885-066-8

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Carina Darani

HOT DATE: Das prickelnde Spiel

Erotischer Roman

venusbooks

Kapitel 1

Donnerstag, kurz vor achtzehn Uhr: Das Paar arbeitete entweder bei einer Bank oder einem größeren mittelständischen Unternehmen. Nach ihrer Kleidung und so, wie sie sich gaben, zu urteilen, verdienten sie beide um einiges mehr als nur ordentlich. Die Gucci-Handtasche war echt. Außerdem standen sie schon aufgrund einer früheren Buchung in der Kunden-Datenbank, und Kira van Wenden wusste, was sie ungefähr für eine Reise auszugeben bereit waren. Das letzte Mal waren sie zum Beispiel Business Class geflogen. »Sie möchten also eine Woche Wellness und FKK. Haben Sie schon eine ungefähre Destination im Sinn?«

»Wir dachten, vielleicht Kuba. Oder Dom Rep.«

Wellness und FKK war die Standardkombination, die Don’t Tell Tours anbot, Reisen zu den schönsten Urlaubszielen der Welt: Karibik, Mauritius, Bora Bora oder Hawaii. Kira hatte natürlich auch Kunden, die tatsächlich nur jeden Sommer zum Nacktbaden an die Ostsee fuhren, oder zum Campen in den Harz. Doch bei den meisten steckte noch ein bisschen mehr dahinter als der Wunsch nach Entspannung und nahtloser Bräune. Darauf waren die Paare, die sich vor Kiras Schreibtisch niederließen, auch scharf, aber in der Regel diente die Abkürzung FKK als Code für sehr viel mehr Freizügigkeit. Das Publikum, das sie bediente, war für alle Spielarten menschlicher Sexualität aufgeschlossen und wünschte sich dafür Orte, an denen man ungestört seine Neigungen ausleben konnte.

»Wissen Sie, wir möchten gern für uns bleiben«, sagte der junge Mann mit dem supermodischen Haarschnitt, der Kira gegenübersaß. »Abgesehen von den Mahlzeiten, natürlich. Wir wollen vermeiden, auf Freaks zu treffen.«

»Die ständig Fotos machen«, ergänzte seine Freundin schnell.

»Keine Sorge, die Privatsphäre unserer Kunden ist uns wichtig. Wir arbeiten mit mehreren Ressorts zusammen, die ihren Gästen Bungalows mit eigenem Swimmingpool anbieten, zum Teil auch eigene Strände.«

»Das wäre sehr wichtig«, sagte die junge Frau. Sie konnte es sich also auf keinen Fall leisten, dass Nacktfotos von ihr zum Beispiel auf Facebook die Runde machten. Wahrscheinlich verbarg sie unter der Bluse und dem korrekten Blazer Körperschmuck irgendeiner Art. Etwas, von dem sie nicht wollte, dass die lieben Kollegen davon erfuhren, oder gar die hohe Direktion. Kira tippte darauf, dass die Kundin Ringe in den Nippeln trug oder, sogar noch intimer, in den Schamlippen. Während ihr Freund – wenn er denn so tollkühn gewesen war – einen Stab durch die Eichel haben konnte, mit kleinen Kugeln an beiden Enden. Sie war einmal beim Ficken in diesen seltenen Genuss gekommen, und die Vorstellung, was da in ihr rieb, hatte sie ziemlich geil gemacht. Der Träger selbst hatte sich aber leider nur darauf verlassen, deshalb war es auch bei dem einen Mal geblieben. Keinerlei Phantasie. Davon abgesehen, dass sie sich die Schmerzen höllisch vorstellte, bis das abgeheilt war. Ein teurer Spaß war es außerdem, und von den Piercing-Studios in München machte das keines. Damit musste Mann zu einem spezialisierten Urologen, soweit sie wusste.

Aber jeder, wie er mochte. Sie räusperte sich und lächelte ihre Kunden an. »Wir haben sowohl auf Kuba wie auch in der Dominikanischen Republik mehrere kleine, aber exklusive Ressorts unter Vertrag. Ziehen Sie ein Haus direkt am Meer vor, oder darf der auch einen kurzen Spaziergang entfernt liegen?«

»Ähm, ich glaube, ohne Umweg wäre mir lieber.«

»Gern! Nun zum Flug: Sie können First oder Business mit einer Linienmaschine fliegen, oder Touristenklasse. Sie werden am Flughafen natürlich auf alle Fälle individuell abgeholt und an Ihren Zielort gebracht.«

»Niemand erfährt unsere Adresse?«

»Die kennen nur wir.«

Ähnlich war es bereits bei der ersten Buchung des Paares durchgekaut worden, wie sich Kira jetzt erinnerte. Ein gutes Gedächtnis war für ihren Job Grundvoraussetzung. Trotzdem hätte sie sich manchmal gewünscht, dass auf ihrem Bildschirm automatisch ein rotes Lämpchen aufblinkte. Ralf, ihr Chef, besuchte heute Nachmittag wieder einmal einen Stammkunden, der ihre Rechnungen grundsätzlich ignorierte. Sie hätte ja längst die Geduld mit dem Herrn verloren und sich geweigert, noch einmal eine Reise für ihn zu arrangieren. Doch offenbar machte das Spiel mit den Mahnungen ihrem Chef und dem Kunden Spaß. Zwar musste ihm Ralf immer buchstäblich auf die Bude rücken, aber seine Augen glänzten nach solchen Hausbesuchen jedes Mal wie nach einem guten Fick. Sie hielt ihn eigentlich für straight, weil sie ab und zu miteinander schliefen, wenn es sie beide packte. Aber Ralf hatte nur sporadisch eine feste Freundin, und vielleicht lief zwischen den beiden Männern ja doch etwas. Nur … ach, im Grunde ging es sie nichts an.

»So, bitte, Herrschaften.« Sie wählte die Großansicht des ersten Angebots, legte sie auf den Bildschirm und drehte ihn, um sie den Kunden zu zeigen. »Das ist eines von mehreren Hotels und Clubanlagen, die Ihnen zusagen könnten. Jedes Haus liegt hinter hohen Mauern, Sie werden in einzeln stehenden Bungalows wohnen, jeder hat einen privaten Pool, und in zwei Fällen liegen die Strände sogar in einer eigenen Bucht. Ich kann allerdings nicht für die Seeseite garantieren.«

Darüber musste die Kundin lachen, ihre Anspannung löste sich sichtlich. »O guck, Nino, das hier sieht nett aus!« Sie deutete auf ein Ressort auf Kuba, und danach entschlossen sie sich beide ziemlich schnell.

Kira druckte die Unterlagen für die Reise aus, ließ beide unterschreiben. »Bitte leisten Sie die Anzahlung pünktlich. Unsere Partner geben uns in der Regel eine 20-Tage-Option. Geht in diesem Zeitraum keine Zahlung ein, erlischt leider die Buchung. Übrigens, ich möchte Ihnen noch etwas anbieten – wir haben neuerdings ein Rundum-Sorglos-Paket im Programm. Es schließt Transfer und Koffertransport ab Ihrer Haustür ein, auf Wunsch einen persönlichen Betreuer vor Ort, und wenn Sie die Reise aus irgendeinem Grund vorzeitig beenden müssten – man möchte das natürlich nicht, aber Sie wissen es ja, wie es ist. Es kommt beruflich etwas dazwischen, Dauerregen, ein Erdbeben, wir wollen es natürlich nicht hoffen. Doch das Paket schließt alle Eventualitäten ein.«

Die Kundin sah ihren Freund an. »Das klingt gut.«

Es ist auch gut. Laut durfte sie das natürlich nicht sagen, aber solche Rettungseinsätze waren das Salz in der Suppe der täglichen Buchungsroutine. Sie hatte gerade erst für ihre Freundin Isis eine dieser mittleren Katastrophen abgewickelt. Kira wusste bisher relativ wenig über das regelrechte Drama, das sich auf Jamaika abgespielt haben musste. Doch der Manager des Ressorts hatte alle Schuld auf sich genommen und trug sogar die Kosten. Noch mehr im grünen Bereich ging kaum, auch wenn Isis es wahrscheinlich etwas anders sah. Ihre Freundin war inzwischen gut in München angekommen, aber die Ärmste war von dem langen Flug und der Zeitverschiebung vermutlich völlig platt.

Sie hoffte, dass Isis sich jetzt ausschlief. Ihrer Erfahrung nach sah die Welt am nächsten Morgen meistens besser aus. Die Kunden entschlossen sich, buchten das Sorglos-Paket dazu und verabschiedeten sich kurz darauf. Kira begleitete das Paar zum Ausgang und schloss hinter ihnen die Tür ab. Don’t Tell Tours warb mit flexiblen Öffnungszeiten, weil viele Stammkunden erst abends Zeit fanden oder von Passanten auf der Straße nicht beim Betreten der Reiseagentur gesehen werden wollten. Aber für heute erwartete sie niemanden mehr. Sie checkte den Terminkalender für morgen, fuhr den Computer herunter und schrieb Ralf eine SMS.

Alles erledigt. Kann ich für heute schließen?

Okay! Bin auf dem Weg nach Erding, hole einen Gast ab und bringe ihn ins Hotel. Hast was auf dem Zeitkonto bei mir gut, weil du heute ganz allein die Stellung gehalten hast.

Mach ich für dich doch gern, Ralf. Ciao.

Kira lächelte, als sie in ihren Mantel schlüpfte. Draußen roch es feucht, und die Autos zogen lange Sprühnebelfahnen hinter sich her. Richtiges Schmutzwetter, von Frühling keine Spur. Sie zog die Schultern hoch und eilte Richtung U-Bahn. Dass am Straßenrand ein Wagen stand, nahm sie zuerst nur aus dem Augenwinkel wahr. Sie sah auch Dirk nicht sofort, der ein paar Meter weiter an einem Laternenpfahl lehnte.

Er sagte: »Hey, Kira!«

»Lass mich in Ruhe. Es ist vorbei.«

Sie blickte stur geradeaus, ging einfach weiter und tat, als würde sie nicht bemerken, dass seine Schritte mit ihren in Rhythmus fielen. Das hatte sie als Erstes an ihm gemocht, den Gleichklang ihrer Bewegungen, er konnte wahnsinnig gut tanzen. Leider passten sie sonst überhaupt nicht zusammen. Besonders was das Thema Sex anging.

»Können wir nicht reden, Kira? Ich kapiere es nicht. Erklär es mir!«

»Dirk, da gibt es nichts mehr zu reden. Du hast dich unmöglich aufgeführt.«

Er war besoffen gewesen und hatte sie in ihrem Lieblingsclub King-Fischer vor allen anderen Gästen blamiert. Und vor ihrer Freundin Alex, was noch schwerer wog.

»Na schön, ich entschuldige mich für das goldene Latexkleid. Ich dachte bloß … Herrgott, es war eine Faschingsparty! Mach es mir doch nicht so schwer, Kira.«

»Um das Kleid geht es doch gar nicht!«

Sie beschleunigte ihren Gang, aber er lief hartnäckig neben ihr her und folgte ihr sogar in die U-Bahn-Station hinunter. Meine Güte, sie war so froh, dass er Jeans und Lederjacke trug. Ein Polizist in Uniform, der sie zum Zug begleitete, das hätte ihr gerade noch gefehlt. Er war aber Gott sei Dank Zivilfahnder, sie wusste nur nicht, in welchem Dezernat. Bei der Sitte war er nicht, sonst hätte ihn einer von Alex’ Gästen am Faschingsdienstag erkannt. Sie achtete zwar streng darauf, dass ihre Partys privat blieben, doch Kira wusste, dass andere Swingerclubs offener mit dem Problem Escort-Ladys umgingen, und es gab immer eine gewisse Fluktuation zwischen ihnen. Deshalb kannte man in der Szene die meisten Zivilfahnder der Sitte, genauso wie wahrscheinlich die Junkies die vom Drogendezernat. Die beiden Jungs mit den Kapuzenshirts auf dem Bahnsteig reagierten aber nicht auf Dirk, obwohl sogar Kira mitbekam, dass ein Briefchen zwischen ihnen den Besitzer wechselte. Wenn nicht Sitte oder Drogen, wonach fahndete ihr Ex dann? Keine Ahnung. Sie lief nervös weiter, konnte ihn aber nicht abhängen.

»Herrgott, Kira! Bleib wenigstens stehen.« Er blieb mühelos auf gleicher Höhe, und als sie nicht antwortete, legte er ihr eine Hand auf den Arm. »Gib mir noch eine Chance.«

»Fass mich nicht an!« Sie entzog sich ihm. »Ich ertrage das nicht mehr. Dazu habe ich mich am Faschingsdienstag zu sehr über dich geärgert.«

Das einzig Gute an der Situation war, dass er es vor den zahlreichen Feierabendpendlern, die mit ihnen hier auf den nächsten Zug warteten, sicher nicht wagte, sie an ihn zu ziehen und wild zu küssen. Das war ihre größte Schwäche, Sex vor Zuschauern machte sie immer heiß, deshalb ging sie ja auch in Swingerclubs. Nur war Dirk leider überhaupt nicht dafür gemacht.

»Kira … bitte!«

»Also gut.« Sie zeigte zur Rolltreppe am anderen Ende des Bahnsteigs. »Oben an der Ecke ist ein Pub. Ich erkläre es dir. Aber nur, wenn du mich danach in Ruhe lässt!«

»Großes Indianer-Ehrenwort!«

Der Pub lag in einem Gründerzeitbau und war einmal eines von vielen Münchner Wirtshäusern gewesen, wo man sieben Tage die Woche gut und billig essen konnte. Sie erinnerte sich, dass sie als Kind ein paarmal mit ihren Großeltern dort gesessen hatte. Jetzt schenkten sie nur noch Guinness aus. Kira entschloss sich für einen Tisch direkt am Fenster, und der Student, der die Bestellung aufnehmen wollte, kam sehr schnell. Dirk bestellte ein Stout.

»Danke, für mich nichts. Ich will hier nur schnell etwas klären.« Sie schob den Salzstreuer und die kleine Blumenvase zu ihm hinüber. »Hör zu! Ich muss mich nicht rechtfertigen. Wenn ich mit einem Mann schlafen will, tue ich es. Und wenn ich dir sage, es ist vorbei, hast du das zu akzeptieren. Ich mag nicht mehr, Dirk! Wegen dir stand ich am Faschingsdienstag bei Alex wie eine dumme Nuss herum.«

»Du wolltest doch unbedingt in diesen Swingerclub!«

»Sag es noch ein bisschen lauter, damit es auch wirklich jeder hier hört! Der erste Grundsatz für solche Besuche lautet Diskretion.« Er holte Luft, und sie sagte: »Unterbrich mich nicht. Du hattest ja deinen Spaß …« Bis er zu betrunken gewesen war. O ja, zu viel Alkohol machte den kleinen Freund eines Mannes schlapp. »Auf jeden Fall gehört es sich einfach nicht. Was, glaubst du, haben Alex’ Freunde von mir gedacht? Weil ich nicht mitspielen konnte, war das Verhältnis Männer und Frauen nicht ausgeglichen.«

»Hättest du dich halt von einem Gast ausziehen lassen.«

»Dirk, du hast überhaupt nichts kapiert. Wenn ein Paar zusammen kommt, mischt sich ein Dritter in einem gut geführten Club nur dann ein, wenn ihn beide dazu einladen. Du hast mich klassisch kaltgestellt, wie eine Flasche Sekt.«

»Ich dachte, wir sind zusammen.«

»Das waren wir, bis Faschingsdienstag. Zum letzten Mal: Ich mag Sex, und ich bestimme, wie, mit wem und wann ich ihn will. Und wo. Ich mag es, wenn mir andere dabei zusehen. Sogar extrem! Hast du mich jetzt verstanden?«

»Ach, du spinnst ja. Du bist bloß eifersüchtig, weil ich mit ein paar von den Weibern herumgemacht habe!«

»Das sind keine Weiber. Ich verbitte mir das. Sie sind alle sehr nett.«

»Da hättest du sie mal reden hören sollen. Den Joker haben sie dich genannt.«

»Na und? Alex lädt mich immer ein, wenn ein Paar eine Mitspielerin möchte. Und glaub nur nicht, dass ich bei jedem ja sage. Ich …«

»Weißt du was?« Er beugte sich vor. »Steig doch ganz ins Geschäft ein. Jeder Zuhälter nimmt dich mit Kusshand.«

»So, jetzt ist endgültig Schluss! Beleidigen zu lassen brauche ich mich von dir nicht!« Kira sprang auf, packte ihre Tasche und rannte hinaus. Sie war viel zu wütend, um darauf zu achten, ob er ihr folgte. Sie stürmte die Treppe zur U-Bahn hinunter, zu ihrem Glück fuhr in der Station gerade ein Zug ein. Bis zum Stachus, wo sie sowieso umsteigen musste, war die Linie egal, sie sprintete und hörte schon die Durchsage: »Alles einsteigen!«

Sie schlüpfte gerade noch hinein, hinter ihr schlugen sofort die Türen zu, Dirk direkt vor der Nase. Der Zug beschleunigte, und er stand draußen mit wutverzerrtem Gesicht. Sie sah noch – und musste beinahe lachen –, dass ihm der Student aus der Kneipe gefolgt war und ihm den Kassenbon unter die Nase hielt. Sehr gut, das hielt ihn auf!

Dann fuhr der Zug in die Tunnelröhre ein, draußen wurde es finster, und Kira sah in der Fensterscheibe nur noch ihre eigene Reflexion. Sie atmete tief aus. Viel Zeit blieb ihr nicht, um wieder zu Atem zu kommen, der nächste Halt war Marienplatz, und es wurde rund um den Zug wieder hell. Sie hätte noch eine Station weiterfahren können, aber sie tat das wohl besser nicht. Endlich glitten die Türen auf, und sie drängte hinaus, hastete den Bahnsteig entlang und im Zickzack die steile Rolltreppe hoch. Sie beeilte sich dermaßen, dass sie sich, oben angekommen, gegen die Brüstung des Treppenschachts lehnen musste. Ihr zitterten die Knie, als sie hektisch Alex’ Kurzwahl eintippte. Dirk war glücklicherweise nirgends in Sicht. Wahrscheinlich suchte er sie am Stachus. Sie wünschte ihm dort viel Spaß.

Hi, Alex. Hatte gerade einen Zusammenstoß mit Dirk!

Es dauerte nur Sekunden, bis ihr Handy klingelte und die Antwort kam. »Das wird mir allmählich zu gefährlich für dich mit dem«, sagte Alex heiser.

»Alex, Dirk ist Polizist. Der bellt nur. Beißen darf er mich nicht.«

»Hätte er das am Faschingsdienstag mal besser gemacht! Vorschlag: Du schläfst heute bei mir. Das Haus hat eine Überwachungskamera. Wenn er unten klingelt, lassen wir ihn einfach nicht ein.« Sie hustete und schneuzte sich. »Ich wollte dich sowieso um einen Gefallen bitten. Sekunde, bitte …«

Kira hörte einen weiteren, richtig schlimmen Hustenanfall. Sie fragte in Alex’ Bellen hinein: »Soll ich Pizza von Da Luigi mitbringen? Dann brauchst du uns nur zwei Teller hinzustellen und kannst mir beim Essen erklären, wie ich dir helfen kann.«

»Ja, gute Idee. Bis gleich.« Kira hörte ihre Freundin niesen, dann legte Alex auf.

Sie kehrte um und lief zurück ins Untergeschoss der U-Bahn-Station Marienplatz, um jetzt die U zu Alex zu nehmen. Wahrscheinlich war sie inzwischen paranoid, doch sie konnte nicht anders und musste sich immer wieder umblicken, während sie zum dritten Mal auf einer Rolltreppe in die Tiefe fuhr. Am Bahnsteig stellte sie sich zu einer Gruppe junger Muslimas mit Kopftüchern und zog den weiten Rollkragen über ihre roten Locken. Schon witzig, sie musste färben. Als Kind hatte sie pechrabenschwarzes Haar gehabt, das aber leider schon ziemlich grau war. Während ihre Freundin Isis, die eigentlich schöne fuchsrote Haare hatte, alles tat, um dunkel zu erscheinen. Außerdem – und dafür beneidete sie Isis richtig – brauchte sie im Gegensatz zu ihr nicht so lange mit dem Glätteisen. Naturlocken waren eine Plage. Kiras Haar hing sich durch die Länge zwar etwas aus, aber sie brauchte morgens mindestens eine halbe Stunde im Bad, oder sie sah wie ein Mopp aus. Mittlerweile dachte sie manchmal, sie sollte es einfach lassen. Sich eine Kurzhaarfrisur schneiden lassen und einfach eisengrau gehen. Ihre blühende Gesichtsfarbe hätte es erlaubt – sie hatte sich vor Jahren einmal die Wangen erfroren, und die waren davon ziemlich rot geblieben –, dazu ihre blauen Augen … Man übersah sie nicht leicht. Sie konnte nur hoffen, dass sie Dirk mit dem hochgezogenen Rollkragen und zwischen Frauen einer fremden Kultur nicht auffiel. Wenn er denn hier auftauchte. Er konnte genauso gut vor ihrer Wohnung stehen und dort auf sie warten.

Kira stieg mit den jungen Frauen ein, drei Stationen später wieder aus und klingelte eine Viertelstunde darauf mit zwei ziemlich heißen Pizzaschachteln in der Hand an Alex’ Haustür. Sie war wirklich dankbar, dass sie heute Nachtasyl bekam. Vielleicht machte sie sich umsonst Sorgen, doch zu Hause wäre sie Dirk wirklich nicht gern begegnet. Eigentlich wollte sie ihm überhaupt nicht mehr begegnen. Sie stieg die Treppen zum Penthouse ihrer Freundin hinauf. Die Tür stand schon einen Spalt offen, Alex wartete im Flur ihrer Wohnung und sagte heiser: »Komm mir besser nicht zu nah. Hi!«

»Auwei, du krächzt ja schlimm. Sollen wir uns lieber SMS schreiben?«

»Ja. Prima Idee.« Alex ging voraus in die riesige Küche, die beim Bau des Hauses um 1900 ein Maleratelier gewesen war und deshalb auf einer Längsseite aus einer Glasschräge bestand. Davor war bereits der Tisch gedeckt, Alex schenkte Rotwein ein, und Kira öffnete die Pizzaschachteln. Sofort duftete der ganze Raum nach Oregano und geschmolzenem Käse. Sie merkte, dass sie sehr hungrig war, und setzte sich. Doch bevor sie anfangen konnten, klingelte das Telefon.

»Moment.« Alex nahm das Gespräch an, rollte mit den Augen und formte lautlos mit den Lippen das Wort: Dirk. »Nein, ich kann dir nicht helfen. … Nein, ich bin sehr erkältet. Außerdem muss ich dir sagen, dass ich dich nach deinem Auftritt am Faschingsdienstag hier nicht mehr sehen will. Ciao.«

Sie drückte das Gespräch weg, räusperte sich die Kehle frei und sagte heiser: »Da hast es ja gehört. Er hat Hausverbot, und einen Durchsuchungsbeschluss wird er ja wohl wegen dir nicht kriegen.« Ihre Stimme versagte, und sie trank einen Schluck Wein. »Kira, ich brauche sowieso deine Hilfe …« Sie räusperte sich wieder.

»Alex, bitte schreib mir eine SMS. Du strengst dich bloß an.«

»Okay.« Sie fing an zu tippen, Kiras Handy klingelte, und dann saßen sie sich stumm gegenüber und unterhielten sich.

Was hältst du davon, für das Wochenende von der Bildfläche zu verschwinden? Ich bin ins Rote Schloss eingeladen. Aber mit dieser Erkältung kann ich leider nicht an unserem Spiel teilnehmen.

Rotes Schloss? Was ist das?

Eine alte Fabrikantenvilla im Bayerischen Wald. Dort trifft sich regelmäßig eine exklusive Runde zu heißen Rollenspielen. Das Motto lautet dieses Mal Crime Date. Unsere Grundregel kennst du ja: Alles kann, nichts muss. Aber dieses Wochenende kommt dazu noch: Ob du Täter, Opfer oder Augenzeuge sein wirst, entscheidet das Los.

Klingt spannend. Und was genau erwartet mich dort?

Lass dich überraschen. Es gibt natürlich Sauna und Whirlpool, einen Dark Room, das Turmzimmer für exklusive Folterungen, den Grünen Salon und das Blaue Boudoir, und überall hast du andere Möglichkeiten.

Wir hatten das Thema erst neulich, nach deiner Party. Ich stehe nicht auf BDSM.

Der Spielmeister wird das respektieren. Du wirst alle Mitspieler zuerst auf neutralem Terrain kennenlernen, bei einem mehrgängigen Menü. Vielleicht möchte dich der eine oder andere gern in härtere Spiele einweihen, aber es liegt ganz bei dir. Und du wärst sicher vor Dirk. Er brauchte einen Hubschrauber, um dir dorthin zu folgen.

»Ehrlich?« Sie war so überrascht, dass sie es laut sagte.

Ehrlich! Am besten rufst du auf der Stelle Ralf an. Lass dir von ihm für morgen freigeben und gönn dir auf meine Kosten einen Wellness-Tag mit Massage, Ganzkörperbehandlung, Hamam und so weiter bei Bayadere Beauty & Spa. Ich habe bei der Chefin noch etwas gut. Ihr Salon liegt etwas versteckt, in der Nähe des Sendlinger Tors. Aber der Chauffeur könnte dich direkt von dort mit seinem SUV abholen, und dann fliegen wir dich ins Rote Schloss ein.

»Wow, das klingt VIP-mäßig!«

»Das ist es, Kira! Luxuriös und exklusiv«, sagte Alex heiser und prostete ihr zu. Sie winkte mit ihrem Handy.

Weiter im Text! Du brauchst für tagsüber bequeme Kleidung und feste Schuhe, falls du rausgehen willst. Besitzt du ein Abendkleid? Schön tief dekolletiert, langer, weiter Rock?

»Nein.«

Dann pack wenigstens alles an sexy Lingerie ein, das du hast. Sekunde, ich schreibe Madame Semiramis, dass sie dich ausstattet.

»Wen kennst du eigentlich noch? Hat die nicht einen Escort-Service?«

Und die passende Garderobe für jeden Anlass. Sie hat auch ein Modehaus. Alex’ Daumen tanzte über das Tastenfeld. Sie hustete und schickte die SMS ab. »Erledigt.«

Sofort danach klingelte ihr Handy wieder, sie las und drehte das Display, damit Kira es lesen konnte. Gern, Alex, las sie, ich brauchte Konfektions- und Körbchengröße deiner Freundin sowie die ungefähre Rocklänge.