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Martina Hoblitz

Ein Sommer in Paris





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Das Buch & die Autorin

Das Buch

Der Maler Viktor Bernstein lebt in Paris und lernt die Urlauberin Doris Köpping kennen, in die er sich auf den 1.Blick verliebt. Jahre später treffen Doris’ Sohn Gregor und Viktors Tochter Viola aufeinander und verlieben sich ebenfalls.

 

Die Autorin Martina Hoblitz

Geboren und aufgewachsen ist Martina Hoblitz in einer beschaulichen Kleinstadt im schönen Kreis Höxter. Seit vielen Jahren ist sie glücklich verheiratet und hat eine wundervolle erwachsene Tochter.

Bereits als 16jährige Schülerin begann Sie mit dem Schreiben. Mit viel Hingabe und Gefühl schrieb sie Zeile um Zeile und genoss dabei jedes einzelne Wort.

Sie hat viel erlebt, viele schöne Augenblicke, aber auch schwere Momente betrübten ihr Herz.  So entstanden über die Jahre viele wundervolle Liebesgeschichten, die zum Teil bereits als E-Books erhältlich sind.

 

 

Das sagt die Autorin über diesen Roman:

Dieser besondere Roman entstand nach einer Studienfahrt nach Paris. Die überwältigenden und pulsierenden Eindrücke dieser Weltstadt mit Herz blieben mir bis heute in Erinnerung. Besonders der Montmartre im Norden dieser wundervollen Stadt hat mich tief beeindruckt.  Durch die inspirierende Atmosphäre dieses Ortes mit seinen Künstlern und Touristen entstand dieser gefühlvolle Roman, dessen Handlung und Figuren meiner stimulierten Fantasie entsprungen sind.

 

 

1. Auflage

Verfasst 1993

E-Book-Ausgabe Oktober 2015

Copyright Text und Bilder © by Martina Junker 2015

Kapitel 1

Ein älterer Herr so um die 70 mit silbergrauem Haar und einem ebensolchen Schnauzbart und bekleidet mit einem beigen Sommeranzug schlendert über den Montmartre und beobachtet die jungen Maler bei der Arbeit. Bei Einem verweilt er etwas länger. Der junge Mann scheint sich auf Portraits spezialisiert zu haben. In lockerer Art spricht er junge, meist recht hübsche Passantinnen an und bittet sie, mit vielen übertriebenen Komplimenten, ihm doch für eine Weile Modell zu sitzen.

Er skizziert recht flink und mit wenigen Strichen das Charakteristische eines jeden Gesichtes und gibt dem Bild schließlich mit Farbe den letzten Schliff. Er versteht sein Handwerk, und häufig kann er nach Fertigstellung des Portraits dieses an das jeweilige Modell zu einem günstigen Preis verkaufen. Auf diese Weise verdienen sich viele Kunststudenten etwas nebenbei.

Der ältere Herr setzt sich auf eine Bank in der Nähe und verfolgt weiter das Treiben des jungen Malers. Dabei schweifen seine Gedanken in die Vergangenheit, und er erinnert sich:

Genauso wie dieser junge Mann hatte er vor vielen, vielen Jahren auch hier am Montmartre gesessen und vorbei gehende Leute gebeten, ihm Modell zu sitzen. Und so lernte er auch seine erste große Liebe kennen; in jenem Sommer vor so vielen Jahren!

 

 

Schon am frühen Morgen strahlte die Sonne vom Himmel; es versprach ein herrlicher Tag zu werden.

Viktor frühstückte eine Tasse schwarzen Instant-Kaffee und eine Zigerette. Dann suchte er seine Malutensilien zusammen. Da erschien sein Freund und Zimmergenosse Marcel. Der sah völlig verkatert aus.

„Na, war wohl wieder ´ne furchtbar lange Nacht?“ scherzte Viktor.- „Wie kann man nur am frühen Morgen schon so schrecklich gut gelaunt sein?“ brummte Marcel und nahm sich ohne zu fragen eine Zigarette aus Viktors Schachtel, zündete sie an und sog tief den Rauch ein. - „Was gibt’s zum Frühstück?“ fragte er. - „Was der Kühlschrank hergibt.“

Marcel ging hin und öffnete ihn. Darin sah es eher traurig aus. Neben einer einsamen Tomate schimmelte ein Hüttenkäse gemütlich vor sich hin. Enttäuscht schlug er die Tür wieder zu und staunte: „Was hast du denn zu dir genommen?“ - „Heiß gemachtes Kaffeepulver, aber das ist jetzt auch alle.“ antwortete Viktor achselzuckend. - „Und wie sieht’s mit unsern Finanzen aus?“ wollte Marcel wissen. - „Eher mager. Madame Dupont hat sich auch schon wieder erkundigt, wann wir gedenken, die Miete zu zahlen.“ - „Die vom vorigen Monat, oder die von diesem?“ - „Die von 4 Monaten!“ - „Ach du Schreck! Kannst du nicht wenigstens ein paar Bilder verkaufen, damit wir unser Auskommen haben?“ - „Ich will mich bemühn! Aber sag mal, was steuerst du eigentlich zu unserm Haushalt bei?“ - „Meine unterhaltsame Gesellschaft!“ - „Na, das ist doch was!“ lachte Viktor.

Marcel beobachtete aufmerksam wie sein Kumpel Skizzenblock und Ölstifte in einen zerschlissenen Malkoffer packte und erkundigte sich: „Wo soll’s denn heut hin gehn?“

Eigentlich hatte Viktor vor gehabt, sich an die Seine zu setzen und eine Landschaftsidylle auf die Leinwand zu bannen, aber dann überlegte er sich, dass Mädchenportraits am Montmartre mehr einbrachten, zumindest geldmäßig.

„Ich will versuchen, wenigstens für 2 Monate die Miete und einen halbwegs gefüllten Kühlschrank zu verdienen!“ erklärte er deshalb. - „Dann wünsch ich dir viel Glück!“ meinte Marcel und klopfte ihm jovial auf die Schulter. „Ich würd ja auch gern aushelfen! Andre Musiker versetzen ihr Instrument wenn’s nötig ist. Aber schlepp du mal mein Klavier in die Pfandleihe!“

Viktor lachte herzlich und öffnete die Tür, um zu gehen, doch Marcel hatte noch ein Anliegen.

„Bleibst du lange aus?“ - Viktor verstand sofort. „Es könnte Abend werden. Also bring deine neue Freundin ruhig hierher! Ich werd mich taktvoll fern halten, aber nur, bis es dunkel wird!“ Er sah sich Stirn runzelnd in der Wohnung um. „Und an deiner Stelle würd ich ein wenig aufräumen, dann hast du was zu tun!“ - „Erstmal geh ich einkaufen!“ nahm sich Marcel vor. - „Prima! Wenn du einen Laden findest, bei dem wir noch Kredit haben.“ - „Hau schon ab, und verdien endlich Geld!“

Und der Musiker schob den Maler energisch zur Tür hinaus.

Viktor hatte tatsächlich einen guten Tag. Einige Damen verschiedenen Alters konnten seinem ansprechenden Charme nicht widerstehen und ließen sich gerne von ihm malen, und alle erwarben ihr Portrait auch käuflich. So hatte nach fast 2 Stunden unermüdlichen Schaffens bereits einen gut gefüllten Kühlschrank verdient. Nun fehlte ihm noch zu seiner Befriedigung und zur Beruhigung von Mme.Dupont mindestens eine Monatsmiete. Und das gelang ihm auch noch!

Er war gerade dabei eine amerikanische Touristin zu portraitieren, das Fräulein war zwar nicht besonders hübsch, aber hatte sehr ausdrucksstarke Augen, da strömte eine Gruppe Japaner, etwa ein Dutzend junger Männer in dunkler Einheitskleidung, fröhlich plaudernd und eifrig fotografierend, an ihm vorbei.

Einer von ihnen, ein kleines Kerlchen mit starker Hornbrille, dessen überdimensionale Kamera fast größer war als er selbst, blieb stehen und beobachtete Viktor bei seiner Arbeit. Was er sah, gefiel ihm und er machte gesten- und wortreich seine Kollegen auf den Künstler aufmerksam. Der Kleine kramte seine wahrscheinlich nicht sehr großen Englischkenntnisse zusammen und sprach Viktor an: „How much for that?“

Viktor nannte seinen Durchschnittspreis, ohne von seiner Tätigkeit auf zu schauen. Das Kerlchen nickte zustimmend, stupste sich mit dem Zeigefinger an die Brust und verlangte: „You paint me!“

Da blickte Viktor hoch, betrachtete den kleinen Mann aus Fernost und überlegte. Warum eigentlich nicht? War mal was anderes, als immer nur diese durchschnittlichen Weiber! Er nickte dem Japaner zu, worauf die ganze Gruppe grinste wie ein Honigkuchenpferd und ihn begeistert umringte.

Viktor hatte das Portrait der Amerikanerin vollendet und ließ sie, nachdem sie das Bild bezahlt hatte und stolz an ihre Brust drückte, von dannen ziehen. Sofort nahm der kleine Japaner auf dem wackeligen Klappstuhl Platz, wie ein König auf seinem Thron, und setzte sich erwartungsvoll in Positur. Seine Kamera hatte er einem Kollegen anvertraut, der das nun folgende Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln aufnahm.

Und Viktor machte sich konzentriert ans Werk. Mit wenigen charakteristischen Strichen bannte er die asiatischen Gesichtszüge aufs Papier; dann kamen seine Ölstifte zum Einsatz. Nach kurzer Zeit präsentierte er seinem Modell das Ergebnis, und der Mann war hellauf begeistert. Er bezahlte und reichte das Blatt stolz wie Oskar bei seinen Kollegen rund.

Viktor ahnte Schreckliches und sollte sich nicht getäuscht haben. Einer nach dem Anderen nahm auf dem Stühlchen Platz und verlangte ein Bild von sich. Und Viktor malte sich die Finger wund!

Als endlich jeder sein Portrait hatte, und die Gruppe, schnatternd wie eine Schar Gänse, zufrieden ab zog, war er völlig erschöpft, aber überglücklich. In der rostigen Blechdose, die ihm als Geldbehälter diente, befand sich nun nicht nur ein mit sämtlichen erdenklichen Köstlichkeiten gefüllter Kühlschrank, sondern auch die Miete für ganze 3 Monate!

Meine Güte, war Viktor stolz auf sich! Was würde Marcel dazu sagen? Bestimmt würde er sich über diese Touristengruppe herrlich amüsieren, wenn er ihm heute Abend davon erzählte. Aber was sollte er nur bis abends anfangen? Hier konnte er seine Zelte abbrechen. Auf seinem Skizzenblock befand sich nur noch ein einziges leeres Blatt.

Viktor begann gerade seine Sachen zusammen zu packen, da stand plötzlich SIE vor ihm, seine Traumfrau! Ein wunderschönes Mädchen, wie aus einem Modemagazin entstiegen! Sie trug ein Schulter freies, knielanges Blümchenkleid, Ihre rotbraunen Haare fielen in Naturlocken über die Schultern und umrahmten ein ebenmäßiges, dezent geschminktes Gesicht. Und dann diese Augen! Meergrün mit kleinen goldenen Leuchtpunkten!

Als Viktor in diese Augen blickte, erstarrte er zur Salzsäule.

„Die kleine Meerjungfrau!“ entschlüpfte es ihm. - „Wie bitte?“ fragte das Zauberwesen irritiert.

Viktor erfasste gar nicht, dass sie Deutsch sprach, sondern griff nach seinem Block und skizzierte ihr Antlitz aus dem Stegreif.

Da schenkte sie ihm ein Lächeln, das schneeweiße Zähne entblößte und bemerkte: „Haben Sie nicht soeben genug gezeichnet? Verschwenden Sie doch kein Papier an mich!“ - Viktor hielt verblüfft inne und meinte: „Sie sind Deutsche? Das wird ja immer besser! Mein Französisch ist nämlich miserabel.“ - Interessiert betrachtete das Mädchen seine Skizze. „Sie können das aber gut! Was soll die Zeichnung kosten?“ -

Theatralisch drückte er den Block an seine Brust und rief abwehrend: „Die ist unverkäuflich!“ - „Schade, ich hätte das Bild gern mit nach Haus genommen!“ - „Und ich nehme es mit nach Haus als Beweis, dass ich nicht geträumt hab! Soviel Schönheit ist einfach überirdisch!“ - Das Mädchen lachte: „Sie sind mir ein schöner Charmeur!“ - „Ich bin nicht charmant, sondern ehrlich! Alles, was ich Ihnen sag, mein ich auch so!“ - „Dann sagen Sie mir doch vielleicht erstmal, wie Sie heißen?“ - „Mein Name ist Viktor Bernstein, und wie Sie sehn, bin ich Maler. Mal mehr mal weniger erfolgreich.“ - „Heute hatten Sie aber viel Erfolg. Diese ganzen Japaner!“ - „Sie haben das gesehn? Nun, das war fast Akkordarbeit und hatte mit Kunst wenig zu tun.“ - „Was malen Sie denn sonst so?“ - „Lachen Sie mich jetzt bitte nicht aus! Märchenmotive!“ - „Aha, drum sprachen Sie eben von der kleinen Meerjungfrau?“ - „Jawoll! Würden Sie mir vielleicht Modell dafür sitzen? Genauso wie Sie hab ich mir das Meermädchen immer vorgestellt!“ - „Und wo soll ich Modell sitzen? Etwa hier?“ - „Oh nein! Bei mir in der Wohnung.“ - „Das könnte Ihnen so passen! So Eine bin ich ganz bestimmt nicht!“

Voller Empörung wollte sich die Schöne abwenden, da rief Viktor erschrocken: „Bitte, mein Fräulein, verstehn Sie mich doch nicht falsch! Ich möchte Sie wirklich nur malen! Laufen Sie mir ja nicht davon!“ - Zögernd wandte sie sich ihm wieder zu. „Ich heiß übrigens Doris. Doris Köpping.“ - „Und von Beruf sind Sie Fotomodell oder Mannequin?“ - Doris lachte herzlich und schüttelte den Kopf. „Da liegen Sie völlig falsch! Ich bin Sprechstundenhilfe in der Zahnarztpraxis meines Vaters.“ - „Au weh!“ - „Immer die gleiche Reaktion bei den Leuten, wenn sie was von Zahnarzt hören.“ -

Viktor zuckte nur mit den Achseln und packte endgültig seine Siebensachen zusammen.

„Dürfte ich Sie vielleicht zu einem Kaffee einladen? Oder kriegen Sie das auch wieder in den falschen Hals?“ - „Sie dürfen! Ich nehm Ihre Einladung gern an!“

 

Sie mussten eine ganze Weile suchen, bis sie in einem der vielen Straßencafés 2 freie Plätze fanden. Kein Wunder bei dem Wetter und zu der Tageszeit!

Nun saßen sie sich also bei einem Kännchen Kaffee gegenüber und plauderten. Nach und nach erfuhren sie eine Menge voneinander. Doris erzählte, dass sie aus Düsseldorf kam. Dort hatte ihr Vater eine gut gehende Zahnarztpraxis mitten in der Altstadt. Eigentlich war es von klein auf für sie klar, dass sie auch Zahnärztin werden wollte, aber dann reichten die schulischen Noten nicht aus, um zu studieren. So lernte sie eben Sprechstundenhilfe.

Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und zündete sich eine Zigarette an. Doris rauchte nicht, aber es störte sie nicht, wenn Andere rauchten.

Er lachte und sie stimmte ein.

Erwartungsvoll blickte sie ihn an. Viktor schaute auf die Uhr und erklärte: „Bis zum Dunkelwerden hab ich meinem Freund eine sturmfreie Bude versprochen. Also kann ich noch nicht nach Haus.“ - „Bummeln wir doch ein wenig an der Seine entlang!“ schlug Doris vor. - „Einverstanden!“ nickte Viktor und bezahlte den Kaffee.