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Martina Hoblitz

Darling, du bist fabelhaft!





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Das Buch & die Autorin

Das Buch

Myriam ist Haushälterin mit Leib und Seele. Mehr als ihre Arbeit liebt sie den smarten Filmregisseur Hank Burton, ihren Arbeitgeber. Erst als Hank Konkurrenz von dem Schauspieler Jerry Lawson bekommt, wird er sich seiner Gefühle zu ihr bewusst.

 

Die Autorin Martina Hoblitz

Geboren und aufgewachsen ist Martina Hoblitz in einer beschaulichen Kleinstadt im schönen Kreis Höxter. Seit vielen Jahren ist sie glücklich verheiratet und hat eine wundervolle erwachsene Tochter.

Bereits als 16jährige Schülerin begann Sie mit dem Schreiben. Mit viel Hingabe und Gefühl schrieb sie Zeile um Zeile und genoss dabei jedes einzelne Wort.

Sie hat viel erlebt, viele schöne Augenblicke, aber auch schwere Momente betrübten ihr Herz.  So entstanden über die Jahre viele wundervolle Liebesgeschichten, die zum Teil bereits als E-Books erhältlich sind.

 

 

Das sagt die Autorin über diesen Roman:

Die Welt des Films hat mich schon immer sehr fasziniert. Ich möchte sogar soweit gehen, zu sagen, dass Filme eine meiner großen Leidenschaften sind. Da liegt es nahe, daraus einen Roman über eine fabelhafte Romanze über den Schein und das Sein in der Traumfrabrik Hollywood zu schreiben. So entstand dieser witzige und gefühlsbetonte Roman, deren Figuren und Handlungen frei erfunden sind, aber das Klischee dieser glitzernden Scheinwelt bedienen.

 

 

1. Auflage

Verfasst 1997

E-Book-Ausgabe Oktober 2015

Copyright Text und Bilder © by Martina Junker 2015

Kapitel 1

„Darling, du bist in Ass! Wie hast du das bloß wieder so schnell hin gezaubert?“
Mein Herz schlug höher bei diesem Lob. Und nicht nur deswegen. Ich bekam immer Herzklopfen, wenn er mich ansprach. Er, das war Hank Burton; als Regisseur dynamisch und erfolgreich, als Mann ausgesprochen gutaussehend, mit einem markanten Gesicht, strahlend blauen Augen und honigblonden, kurzen Haaren.

Sofort auf den 1.Blick fand ich ihn äußerst sympathisch. Doch gleichzeitig bekämpfte ich meine aufkeimenden Gefühle, denn eine Liebe zu ihm erschien mir hoffnungslos. War er doch ein leichtlebiger, flatterhafter und treuloser Charakter und somit vollkommen ungeeignet für eine dauerhafte Beziehung. Für mich jedoch bedeuteten Ehrlichkeit und Treue viel!

Zwar arbeitete ich gerade mal 2 Monate für ihn als Haushälterin, aber was hatte ich in der kurzen Zeit nicht schon alles erlebt! Allein 5 verschiedene Gespielinnen sah ich in der Villa ein, aber Gott sei Dank!, auch wieder aus gehen. Und sein besonderes Lebensmotto hieß: Keine Party ohne Hank Burton! Wenn nicht als Gast, dann als Gastgeber.

So bezog sich sein enthusiastischer Ausruf an diesem Nachmittag auf das von mir liebevoll hergerichtete kalte Buffet, für welches ich fast den ganzen Vormittag zur Vorbereitung gebraucht hatte, nachdem der gnädige Herr mir knapp nach dem Frühstück mitteilte, dass er abends 30 Gäste erwartete.

Wie schon erwähnt freute ich mich über sein Lob für meine Arbeit, weniger jedoch über die Anrede. Mit deutlichem Unmut in der Stimme erwiderte ich: „Mr. Burton! Wann gewöhnen Sie sich endlich an meinen Vornamen? Was sollen denn die Leute denken, wenn Sie mich ständig <Darling> nennen?“

Bei dieser Anrede handelte es sich nämlich keinesfalls um eine Liebesbezeugung, sondern lediglich um meinen Nachnamen. Aber Hank Burton lachte nur. „Darling, du musst doch langsam wissen, dass ich mich keinen Pfifferling um die Ansichten andrer Leute kümmre.“

Das stimmte allerdings! Zum Beispiel verging kaum eine Woche, in der nicht irgendeine Schlagzeile über ihn in der Boulevard-Presse erschien. Am Anfang unseres Arbeitsverhältnisses wagte ich einmal, ihn auf seinen ausschweifenden Lebenswandel anzusprechen. Da erklärte er mir, diese Eskapaden müssten in der Filmbranche sein, damit man im Gespräch blieb. „Wer keine Schlagzeilen macht, wird schnell vergessen.“ wollte er glatt behaupten.

---„Und außerdem kommt mir dein Nachname viel leichter über die Lippen.“ unterbrach er meine Gedanken und gab mir einen Nasenstüber.

Der Mann war einfach unmöglich! Und ich wurde aufgrund dieser neckischen Berührung rot. Obendrein fügte er noch hinzu: „Aber wenn ich dich Myriam nennen soll, lässt du in Zukunft dieses steife Mr.Burton und nennst mich einfach Hank!“ - Empört wehrte ich ab: „Ich werd mich hüten! Sie sind mein Boss!“

Wieder lachte er mich einfach aus, und ich wechselte peinlich berührt das Thema.

„Wann wollen denn nun eigentlich Ihre Gäste kommen?“

Er blickte auf seine exklusive Armbanduhr und erschrak. „Meine Güte! Schon in ´ner halben Stunde. Ich muss mich ja noch umziehn.“ - „Nur keine Hektik!“ beruhigte ich ihn. „Ihre Sachen hab ich bereit gelegt. Sei brauchen nur noch rein zu schlüpfen.“ - „Mensch, Darling, du bist ´ne Perle!“ rief er da begeistert, wirbelte mich kurz herum und eilte dann mit großen Sprüngen, immer mehrere Stufen auf einmal nehmend, die breite Treppe in der Eingangshalle hinauf und verschwand in seinem Schlafzimmer.

 

 

Ich war ja so froh, als ich endlich diesen Job gefunden hatte, nachdem ich monatelang versuchte, mich und meine kleine Schwester mit schlecht bezahlten Aushilfsjobs durchzubringen. Mein schwerer und verantwortungsvoller Weg begann schon mit 13 Jahren und wurde noch schlimmer, als Vater vor 3 Jahren starb. Natürlich gab es auch eine Mutter, aber die hatte uns schnöde verlassen, als meine jüngste Schwester Sarah noch ganz klein war. Ich begriff nie, wieso sie es überhaupt so lange bei uns ausgehalten hatte.

Fast jeder hier in Hollywood stand in irgendeiner Verbindung zur Filmbranche. Unser Vater war als Beleuchtungstechniker fest angestellt in einem Filmstudio. Und unsere Mutter war, wie konnte es auch anders sein, Schauspielerin. Ein verdammt hübsches kapriziöses Geschöpf, klein und zierlich, mit einem Puppengesicht. Wahrscheinlich weckte sie in Papa den Beschützerinstinkt, denn der war ein Bär von einem Mann; groß, breitschultrig, muskulös.

Als die 2 heirateten, weil ich unterwegs war, glaubte keiner so recht an die Beständigkeit dieser Verbindung. Trotzdem brachte Mama kurz hintereinander erst mich und dann meinen Bruder Oliver zur Welt. Dabei verlor sie jedoch nie ihr Ziel aus den Augen, als Filmschauspielerin die ganz große Karriere zu machen. Sie nahm dafür sogar den Weg über die sogenannte Besetzungscouch in Kauf. Papa wusste davon und tolerierte es. Er ging gewissenhaft seiner Arbeit nach und sorgte liebevoll für seine Familie. Und eigentlich führten wir ein glückliches Familienleben. Mama gab sich wirklich Mühe, uns eine gute Mutter zu sein. Doch plötzlich wendete sich das Blatt!

Ich war gerade 9 und mein Bruder 8 Jahre alt, da bot sich Mama die große Chance, auf die sie solange gewartet hatte. Sie bekam die Hauptrolle in einem Monumentalfilm; und das sollte für sie der große Durchbruch werden.

Und dann wurde sie wieder schwanger! Für Mama brach eine Welt zusammen. Zu allem Unglück stürzte Papa bei der Arbeit von einem Scheinwerfergerüst und behielt als Folge dieses Unfalls ein steifes Bein, was ihn natürlich sehr in seiner weiteren Tätigkeit einschränkte. Aufgrund dessen, und weil er ständig von Schmerzen geplagt wurde, begann er zu trinken. Lange sah sich der Studioboss Papas Sauftouren mit Engelsgeduld an und drückte beide Augen zu, wenn seinetwegen irgendwelche Filmaufnahmen nicht voran kamen. Aber einmal reißt eben jeder Geduldsfaden, und er warf ihn doch raus.

Die plötzliche Arbeitslosigkeit machte Papa natürlich noch mehr zu schaffen; er griff immer öfter zur Flasche und war bald regelmäßig im Tran. Als Sarah 4 Jahre alt war, hielt Mama es nicht mehr aus. Sie verschwand über Nacht und tauchte nie wieder auf. Scheinbar war es mit ihrer tollen Filmkarriere auch nicht weit her, denn wir hörten rein gar nichts mehr von ihr.

Nun stand ich da, gerade 13 Jahre alt, mit einem pubertierenden Bruder, einer kleinen Schwester und einem Säufervater! Schon damals entwickelte ich ein starkes Verantwortungsgefühl für meine Familie. So jung wie ich war, rückte ich Papas ehemaligem Studioboss auf die Bude und verlangte eine angemessene Rente, denn schließlich war Papas folgenschwerer Unfall bei der Arbeit passiert. Der Mann, er hieß übrigens Richard Lewis, sah das tatsächlich ein und zeigte sich sehr großzügig. Außerdem bot er Oliver einen Job als Botenjunge und mir als Küchenhilfe in der Studiokantine an. Als Papa hörte, dass seine Kinder arbeiten sollten, riss er sich am Riemen und wurde ebenfalls bei Mr.Lewis vorstellig. So erhielt er den Job als Torwächter, den er bis zu seinem Tod ausübte.

Mit 17 besuchte ich die Hauswirtschaftsschule, denn ich sah von Anfang an meine Aufgabe darin, einen Haushalt zu führen und eine Familie zu versorgen. Ich hatte keinerlei künstlerische Ambitionen. Ganz im Gegensatz zu meiner Schwester Sarah. Die wurde Mama immer ähnlicher und zeigte bereits im Kindesalter großes Interesse für die Schauspielerei. Auch mein Bruder Oliver konnte gut schauspielern, allerdings in anderer Hinsicht. Er war Papa ziemlich ähnlich, groß von Statur, sportlich durchtrainiert und immer gesund wie ein Fisch im Wasser. Deswegen dauerte es auch eine ganze Weile, bis ich heraus bekam, dass er in der Drogenszene verkehrte. Es fing a noch harmlos an mit Hasch und Marihuana rauchen. Doch eines Tages musste ich entsetzt feststellen, dass er begonnen hatte Heroin zu spritzen. Damit begann dann auch sein Abstieg. Ohne alle Gewissensbisse beklaute er mich regelmäßig, weil er inzwischen täglich seinen Schuss brauchte, und die Droge war teuer.

Seit einiger Zeit arbeitete ich in der Küche eines Hotels, aber ich konnte gar nicht soviel verdienen, wie Oliver mir ständig wegnahm. Außerdem versuchte ich auch noch, die ganze Sache vor Papa geheim zu halten. Was bald aber nicht mehr möglich war. Nachdem Oliver ein paar mal bei mir im Hotel aufgetaucht war und randaliert hatte, verlor ich den Job und konnte ihn somit nicht mehr finanzieren. Da geriet er an eine Straßengang, die Autos knackte, Läden überfiel und in Villen einbrach. Olivers Rutsch ins Kriminellenmilieu war trotz all meiner Bemühungen um ihn nicht mehr aufzuhalten.

Und als Papa starb, saß er grad mal wieder im Gefängnis.

 

 

Ich war nun 24 Jahre alt und lebte zusammen mit meiner 16jährigen Schwester Sarah immer noch in der Wohnung am Rande von Beverly Hills, wo wir aufgewachsen waren.

Sarah besuchte die High School und machte sich bereits Gedanken über ihre Zukunft. Sie war eine gute Schülerin. Deshalb würde es kaum Probleme geben, wollte sie aufs College gehen. Aber andererseits zog es sie zum Film. Sie hatte eine Mannequinfigur und ein ausgesprochen hübsches Gesicht. Leider war sie sich ihrer Ausstrahlung auch voll bewusst und konnte sie manchmal zu ihren Nutzen einsetzen. Wo Sarah auftauchte, umschwärmte sie sofort eine Schar von Verehrern. Doch sie verstand es, ihre Gunst so gleichmäßig zu dosieren, dass jeder glaubte, er wäre ihr absoluter Favorit. Und dabei ließ sie trotzdem keinen näher an sich heran. Und ich war stolz auf sie und kein bisschen neidisch.

Mich selbst würde ich eher als unscheinbar bezeichnen, nett aber nichtssagend. Für mich waren Äußerlichkeiten Nebensache!

Auch wenn Sarah behauptete: „Du könntest so verdammt hübsch aussehn, wenn du nur ein wenig mehr aus dir machen würdest!“
Vielleicht hatte sie Recht? In der Zeit seit ich für Hank Burton tätig war, beschäftigten sich meine Gedanken häufiger mit meinem Erscheinungsbild. Hanks ständig wechselnde Liebschaften waren ausnahmslos große Schönheiten!

Aber schnell verwarf ich die Idee, mir zum Beispiel eine neue Frisur zuzulegen oder mich mal zu schminken. Ich kam zu der Erkenntnis, dass das alles nur Fassade wäre und mit meinem Charakter nichts zu tun hatte. Ein Mann, den meine inneren Werte nicht ansprachen, kam für mich sowieso nicht in Frage!

Kapitel 2

Unter den Gästen, die abends den Salon bevölkerten, befand sich zu meiner Freude auch Richard Lewis, inzwischen einer der größten Filmbosse Hollywoods. Er war ein gutaussehender Mittsechziger, von schlanker, durchtrainierter Gestalt, mit vollem, silbergrauen Haar, einem gepflegten Schnauzbart und warmen rehbraunen Augen. Eine Seele von Mensch, aber als Geschäftsmann knallhart, sonst hätte er es nie soweit gebracht. Schon als Kind war er mir äußerst sympathisch, als ich damals wegen Papa bei ihm vorsprach. Denn welcher Chef hört sich schon die Wünsche und Meinungen einer 13jährigen an? Und obwohl er Papa dann den Job gab, half ich manchmal in der Studiokantine aus, wovon Papa aber nichts erfahren durfte. In all den Jahren liefen wir uns hin und wieder über den Weg, und immer hatte Mr.Lewis ein freundliches Wort für mich. Mit Papas Tod brach der Kontakt jedoch ab.

So staunte er nicht schlecht, als er mich sah, wie ich mit einem Tablett voller Cocktails und Longdrinks umherlief und die Gäste bediente. Als ich in die Küche ging, um für Nachschub zu sorgen, folgte er mir unauffällig und sprach mich freundlich lächelnd an: „Myriam, mein Mädchen, was machst du denn hier?“ - Ich lächelte zurück: „Ich bin Mr.Burtons neue Haushälterin.“ - „Seit wann?“ - „Seit ungefähr 8 Wochen.“ - „Warum hast du dich nicht an mich gewandt, wenn du einen Job suchst? Du hättest gern für mich arbeiten können. Meine gute Mrs.Morris ist nicht mehr die Jüngste. Und ich hab häufig Gäste zu bewirten.“ - Ich zeigte mich betroffen. „Tut mir leid, Mr.Lewis, das wusste ich nicht. Aber ich arbeite gern für Mr.Burton und hab nicht vor, in absehbarer Zeit die Stellung zu wechseln.“

Da schaute Hank zur Tür herein, wunderte sich zwar über Mr.Lewis’ Anwesenheit, wandte sich jedoch an mich: „Darling, bist du so lieb, in meinen Terminkalender einzutragen, dass ich morgen um 14 Uhr im Studio sein soll?“ - Ich nickte. „Und, Darling, dann kannst du mir noch das Drehbuch vom Schreibtisch im Arbeitszimmer bringen.“

Er warf Mr.Lewis noch einen Blick zu und verschwand wieder.

„Wieso nennt dich dieser Windhund Darling?“ fragte Richard Lewis mit hochgezogenen Augenbrauen. - Ich lachte: „Aber Mr.Lewis, das ist doch mein Nachname. Schon vergessen? Mr.Burton behauptet, der kommt ihm leichter über die Lippen als mein Vorname.“ - „Kann ich mir denken.“ seufzte er da, und ich starrte ihn verblüfft an. - „Ich hoffe, Sie denken nichts Falsches, Mr.Lewis! Ich bin wirklich nur seine Haushälterin.“

Und mit einem versonnenen Blick auf die Tür fügte ich in Gedanken hinzu: ‚Leider!’

Während ich ging, um Hanks Anweisungen nachzukommen, begab sich Mr.Lewis wieder zurück zur Gesellschaft und nahm ohne großes Gehabe gleich ein Tablett voller Gläser mit.

Ich stieg die Treppe hinauf und betrat Hanks Arbeitszimmer. Als ich den morgigen Termin in seinen Kalender eintragen wollte, bemerkte ich, dass um die Datenzahl ein Herz gemalt war. Das konnte nur bedeuten, dass er wieder mal eine amouröse Verabredung hatte. Wie schon so oft spürte ich einen schmerzhaften Stich der Eifersucht.

Ich trug gerade fein säuberlich den Studiotermin ein, da flog die Tür auf, und Hank stürmte herein. Vorwurfsvoll meinte er: „Darling, wo bleibst du denn mit dem Drehbuch? Richard, Louis und ich sitzen im Wohnzimmer und warten drauf.“

Ich reichte es ihm und erwiderte möglichst gelassen: „Übrigens, Mr.Burton, Sie haben für morgen schon eine Verabredung notiert.“

Ich deutete auf das Herzchen. Hank warf nur einen flüchtigen Blick darauf und grinste breit.

„Stimmt. Aber erst für morgen Abend. Da wir grad dabei sind. Richte doch bitte morgen eins der Gästezimmer her! Die Dame bleibt übers Wochenende.“

Dann nahm er das Drehbuch unter den Arm und eilte hinaus. In diesem Moment hätte ich ihn erwürgen können!

 

 

Die letzten Gäste verabschiedeten sich kurz nach Mitternacht. Zu ihnen gehörte auch Richard Lewis. Aber bevor er ging, kam er noch zu mir in die Küche und gab mir zum Abschied sogar die Hand.

„Deine Bewirtung war wie immer fabelhaft, Myriam! Aber von dir hätte ich auch nichts Anderes erwartet. Und denk an mein Angebot! Sollte es mal Ärger mit Hank geben, kannst du jederzeit zu mir kommen.“

Er sprach dies so seltsam zweideutig aus, als wüsste er von meinen Gefühlen für Hank. War es denn so offensichtlich, dass mein Herz für diesen Mann schlug? Ungewollt wurde ich rot, versuchte mich aber zu fassen. „Ich danke Ihnen, Mr.Lewis! Vielleicht komme ich zu gegebener Zeit auf Ihr Angebot zurück?“

Ich brachte ihn noch zur Tür und freute mich diebisch über Hanks verwunderten Blick, als er uns zusammen aus der Küche kommen sah. ---

Endlich waren alle fort, und ich machte mich ans Aufräumen. Seufzend blickte ich auf mein kaltes Buffet; es sah aus als hätte eine Bombe eingeschlagen. Ich nahm eine der silbernen Servierplatten und stellte die Reste darauf zusammen. Bei mir wurde so schnell nichts weg geschmissen, schon gar keine Speisen. Ich wollte die Resteplatte mit nach Hause nehmen. Sarah würde sich gewiss über die Leckerbissen freuen.

In der Küche zog ich eine Folie darüber und stellte die Platte griffbereit auf den Garderobenschrank in der Diele. Plötzlich stand Hank hinter mir und fragte neugierig: „Was willst du denn damit, Darling?“

Ich drehte mich zu ihm um und antwortete: „Ich nehm die Reste mit nach Hause, wenn Sie gestatten. Für meine Schwester und mich.“ - Worauf er achselzuckend meinte: „Von mir aus gerne. Ist noch Champagner da?“

Bedauernd schüttelte ich den Kopf.

„Na, macht nix. Trink ich eben noch ´n Cognac. Möchtest du auch Einen?“

Ich hatte mich bereits in Richtung Küche gewandt, sah mich jedoch verblüfft wieder um. Dann meinte ich zögernd: „Vielleicht etwas später? Ich muss erst Ordnung schaffen.“ - „Ach, Unsinn!“ winkte Hank ab. „Mach das morgen in Ruhe! Keinen stört’s, wenn alles liegen bleibt.“ - „Aber das geht doch nicht!“ empörte ich mich, in meiner Hausfrauenehre gekränkt. - „Und ob das geht! Ich als dein Arbeitgeber verlange, dass du alles ligen und stehn lässt und mit mir ´nen Drink nimmst!“

Und schon ging er voraus ins Wohnzimmer. Ich folgte ihm seufzend. Er bat mich, in einem der Sessel Platz zu nehmen und holte die Cognacflasche aus der reich bestückten Hausbar. Aus der Vitrine nahm er dann 2 Schwenkgläser und goss ein. Wortlos stießen wir miteinander an und nippten nur. Über das Glas hinweg beobachtete ich ihn und bemerkte, dass er mit sich kämpfte, mir etwas zu sagen. Gespannt wartete ich ab.

Schließlich sah er mich eindringlich an und fragte: „Darling, was hast du mit Richard Lewis zu tun?“

Hoppla! Klang das nicht in gewisser Weise nach Eifersucht? Blödsinn! Zu diesem Gefühl war Hank Burton bestimmt gar nicht fähig. Sollte ich ihn jetzt ärgern oder die Wahrheit sagen? Mein Zögern machte ihn ungeduldig.

„Ich find ja auch, er ist für sein Alter noch recht vital. Aber muss er sich deshalb gleich an ein junges Mädchen wie dich ranmachen?“

Und er war doch eifersüchtig!

Ich lächelte: „Mr.Lewis hat mich in keiner Weise angemacht! Wir kennen uns flüchtig von früher. Mein Vater hat lange für ihn gearbeitet. Und sein Verhalten mir gegenüber ist allenfalls väterlich.“ - „Ach ja?“ entgegnete er ungläubig.

Ich konnte mir kaum ein Lachen verbeißen, so ein dummes Gesicht machte er.

Schmunzelnd sagte ich: „Komisch, Mr.Lewis hat von Ihnen dieselbe Meinung, wie Sie von ihm.“ - „Wie soll ich denn das verstehn?“ - „Er nimmt an, dass ich für Sie mehr bin, als nur Haushälterin. Sie nannten mich in seinem Beisein <Darling>.“ - Schier erschrocken rief Hank da aus: „Aber wenn er dich kennt, muss er doch wissen, dass das dein Nachname ist!“

Nun lachte ich herzlich. „Ich hab ihn ja auch dran erinnert.“

Als ich sah, wie er aufatmete, fügte ich schelmisch hinzu: „Das hat ihn aber keineswegs beruhigt. Er bezeichnete Sie als Windhund und bot mir an, lieber für ihn zu arbeiten.“ - „Ach nee!“ - Schnell versicherte ich: „Aber ich hab abgelehnt. Mein Job hier bei Ihnen gefällt mir ganz gut.“

Ärgerlich merkte ich, wie ich bei diesem Geständnis errötete. Schon zeigte sich auf Hanks Gesicht das typische breite Grinsen.

„Ach, Darling, du bist fabelhaft! Glaub mir, ich weiß deine Arbeit sehr wohl zu schätzen. Seit du meinen Haushalt in die Hand genommen hast, läuft alles reibungslos. Das war vorher nie so. Ich hatte Haushälterinnen jeden Alters. Die Jungen wollten mich gleich heiraten, und die Alten dauernd bemuttern. Nur du hast deine Kompetenzen nie überschritten. Und trotzdem hast du mich voll im Griff. Durch dich vergesse ich keine Termine mehr. Du bewirtest meine Gäste so prima, dass jeder mich um dich beneidet. Bald weiß ich nicht mehr, was ich ohne dich anfangen soll.“

Meine Güte! Was für Komplimente! Ich sah ihn mit großen erstaunten Augen an. Aber nein! Seine ganze Anerkennung galt nur meiner Arbeitskraft und nicht mir als Frau. Da durfte ich mir nichts vormachen!

Leicht bedrückt meinte ich: „Ich freu mich, dass Sie mit meiner Arbeit zufrieden sind.“ - „Mehr als zufrieden, Darling!“ strahlte er mich an. „Und wenn du ausgetrunken hast, ruf ich dir ein Taxi. Mit der Servierplatte kannst du schlecht im Bus fahren. Außerdem ist es fraglich, ob um diese Zeit überhaupt noch ein Bus fährt.“

Hastig trank ich mein Glas leer und fühlte mich dabei, als hätte jemand einen Kübel Eiswasser über mich aus gegossen.