Konstantin Wecker

Jeder Augenblick ist ewig

Die Gedichte

Deutscher Taschenbuch Verlag

 

Originalausgabe 2012

© 2012 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München

 

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Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH,

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eBook ISBN 978 - 3 - 423 - 41496 - 8 (epub)

ISBN der gedruckten Ausgabe 978 - 3 - 423 - 14153 - 6

 

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Inhalt

Vorwort

1963 bis 1979: Eine ganze Menge Leben

1980 bis 1984: Ich möchte weiterhin verwundbar sein

1985 bis 1989: Jetzt eine Insel finden

1990 bis 1999: Stürmische Zeiten, mein Schatz

2000 bis 2012: Wut und Zärtlichkeit

Quellennachweise

Verzeichnis der Gedichtüberschriften und -anfänge

Vorwort

Konstantin Wecker gehört zu den wenigen Menschen, denen die Lyrik sozusagen angeboren ist. Es kann keinen Zweifel geben, dass er bereits als (im Takt) zappelnder Säugling lyrisch nach Milch gerufen hat – das wurde ihm, zusammen mit der außergewöhnlichen Musikalität, in die Wiege gelegt. Konstantin Weckers Lyrik ist keine elitäre, keine krampfhaft erarbeitete, denn die Texte sind keine Kopfgeburten, sie sind Wecker’sches Herzblut, die Symbiose von Herz und Verstand, die Sprache seiner Seele. Das macht seine Gedichte authentisch und so glaubhaft. Konstantin Wecker ist ein lyrischer Mensch, er kann nicht anders. Egal ob ein hauchzarter Liebesgesang oder der wütende Schrei nach Gerechtigkeit: die Sprache ist stets poetisch. Poetisch zart, poetisch wild – ob er nun im Lichte steht oder durch die Finsternis wandelt. Die Gedichte von Konstantin Wecker sind geschrieben von einem wahrhaftigen Menschen für Menschen. Sie werden freigegeben von seinem Herzen, sie berühren in ihrer Zärtlichkeit und in ihrer Wut. Konstantin Wecker spricht zu den Menschen nicht von einem Sockel herab, sondern von Angesicht zu Angesicht. Was er zu sagen hat, sagen muss, wird verstanden. Daher für manchen Rezensenten ungeeignet. Einzigartigkeit kann man überheblich und weltfremd zelebrieren oder freudvoll und wohlwollend mit anderen feiern. Konstantin Wecker tut Letzteres mit unbeirrbarer Leidenschaft.

 

Konstantin Wecker ist ein Poet. Poet – das ist einer, der außerhalb der Wirklichkeit lebt – was auf Konstantin Wecker, den so ausgesprochen politischen Menschen, nicht zuzutreffen scheint. Doch außerhalb der Wirklichkeit leben heißt nicht, diese nicht zu erkennen. Im Gegenteil, denn von außerhalb bildet sich eine ganz andere und oft weit stimmigere Sicht dieser Wirklichkeit, die leider oft, zu oft, eine Unwirklichkeit ist, eine Heimsuchung und nicht selten Katastrophe, was Konstantin Wecker nur zu genau verinnerlicht hat.

Poet ist aber auch einer, der sich sehnt, der träumt, der trauert – alles, was Sehnsucht weckt, ist poetisch –, damit muss man, wenn von Konstantin Wecker die Rede ist, nicht nur die Sehnsucht nach der Nachtigall meinen, die es ja dank der Ausdünstungen unserer Zivilisation schon fast gar nicht mehr gibt, von den rauschenden Mühlrädern ganz zu schweigen. Man muss auch an die Sehnsucht nach einer besseren Welt denken, einer Welt der Gerechtigkeit, des Friedens, der – ja, man wagt es gar nicht mehr laut zu sagen – Humanität, der Menschlichkeit. Davon zu singen ist Konstantin Wecker nie müde geworden.

Doch Spitzwegs Poet im Dachstübchen – das darf nicht das Bild des Poeten Konstantin Wecker prägen. Konstantin Wecker ist ein zorniger Poet, ein Prophet, erinnert in manchen seiner Lieder an diese kompromisslosen Rufer in der Wüste, von denen die Bibel spricht, der Schrei Gottes – das ist nicht zu viel gesagt – kommt aus ihrer Kehle, und ich scheue diesen gewaltigen Vergleich nicht, auch wenn er pathetisch klingen mag: Wenn Konstantin Wecker seinen »Willy« oder »Sage nein« singt, dann kommt das Wort Gottes aus seiner Kehle, vielleicht nicht das Wort eines Gottes einer bestimmten Religion oder Konfession, viel eher eines ganz anderen Gottes (ich zitiere: eines Gottes, den es gibt, weil sonst die Welt gottlos wäre, eines Menschengottes der Menschlichkeit). Er ist ein Schreier, und er hat recht, wenn er schreit, aufschreit – es ist ja zum Aufschreien, wenn man die heutige Welt mit wachem Sinn betrachtet. Er ist ein Wacher – ein Wächter, wir tun gut daran, auf ihn zu hören.

Konstantin Wecker singt sich die Verzweiflung von der Seele und ist dadurch – ich habe das Vergnügen, ihn doch ganz gut zu kennen – auch noch dazu ein heiterer Mensch. Früh ist er mit Musik – klassischer – in Berührung gekommen. Sein Vater war Sänger, Tenor – Konstantin Wecker hat ihm eins seiner anrührendsten, seiner – ja eben – poetischsten Gedichte gewidmet. Ich kenne kein anderes Beispiel eines so herzlichen Bekenntnisses eines Sohnes zu seinem Vater. Die 68er-Bewegung riss Konstantin Wecker mit, wie nicht anders zu erwarten, sein politisches Engagement verließ ihn von da an nicht mehr.

 

Konstantin Wecker ist ein Bekenner, ein Rufer, ein – ja auch, im besten Sinn – Prediger, einer, der uns ins Gewissen redet. Und damit komme ich zum Besten, was ich von ihm sagen zu können glaube: Er ist kein Wegweiser, der stehen bleibt, nur zeigt, wo es hinzugehen hat, er geht selber mit. Er ist, und das ist der innerste Kern seines Wesens, er ist die Ehrlichkeit selbst. Was er singt und sagt, meint er ehrlich und aufrecht.

 

Bleib aufrecht, lieber Konstantin, du Poet der Ehrlichkeit, bleib aufrecht, was auch immer an dir rüttelt.

 

Herbert Rosendorfer

Eine ganze Menge Leben
1963  1979