DIE WELT

IST EINE

BÖRSE

MARKUS GÜRNE

MIT CHRISTOPH EYDT

 

 

 

 

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Originalausgabe

1. Auflage 2016

© 2016 CBX Verlag, ein Imprint der Singer GmbH

Frankfurter Ring 150

80807 München

info@cbx-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf in keinerlei Form – auch nicht auszugsweise – ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Lektorat: Ulla Bucarey und Tamara Hell

Umschlaggestaltung: Nina Knollhuber

Illustrationen: Mithra Daryabegi-Gürne

Coverfoto: hr/Ben Knabe

Satz: Sina Georgi

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Printed in Germany

ISBN 978-3-945794-99-9

 

 

 

 

 

Für meine Mutter

 

 

1. Vorwort

2. Die Welt als Kugel

Das erwartet Sie in diesem Buch

Geschäfte an der irakisch-iranischen Grenze

Zehn Gründe, weshalb Sie sich mit Politik und Finanzen befassen sollten

3. Der Beginn des dritten Jahrtausends – eine Ära der Krisen und Konflikte

3.1 Was sind Krisen?

3.2 Krisen im größeren Zusammenhang

3.3 Checkbox

4. Reich gegen Arm: Ein neuer Klassenkampf?

4.1 Geldsystem = Verteilungssystem

4.2 Arm und Reich als Teile des Systems

4.3 Tipps für das eigene Vermögen

4.4 Geld, Zinsen und das Problem der Umverteilung

4.5 Checkbox

5. Ost gegen West

5.1 Meinungsvielfalt statt Meinungsmache

5.2 Alte Blockbildung noch aktuell?

5.3 Tipps für das eigene Vermögen

5.4 Ost und West – ein neues altes Paradigma?

5.5 Checkbox

6. Extremismus gegen Freiheit?

6.1 In den Fanatismus getrieben? – Der „heilige Krieg“ gegen Kreuzfahrer

6.2 Die Arroganz der Demokratie oder Freiheit für alle?

6.3 Tipps für das eigene Vermögen

6.4 „Freiheit“ um jeden Preis?

6.5 Checkbox

7. Währungskriege als Mittel der Machtzementierung

7.1 Um jeden Preis Wettbewerb: Die eigene Währung schwächen

7.2 Instabile Weltwirtschaft durch Währungskriege

7.3 Tipps für das eigene Vermögen

7.4 Währungskriege als neue Kriegsform

7.5 Checkbox

8. Globale Krisen als Systemkrise

8.1 Lokale Konfliktzonen als globale Bedrohung

8.2 Globale Krisen – Man muss mit ihnen leben

8.3 Krisen als Vorboten einer neuen Weltordnung

8.4 Die alte Weltordnung – ein Überblick

8.5 Checkbox

9. Die USA – zum Niedergang einer Weltmacht

9.1 Die amerikanische Hegemonialpolitik und ihre Folgen

9.2 NSA – Die Stasi einer „freien“ Nation

9.3 BRICS-Staaten als Gefahr für die amerikanische Vormachtstellung

9.4 Tipps für das eigene Vermögen

9.5 Veränderung statt Niedergang

9.6 Checkbox

10. Die Wiege der Zivilisation in Trümmern – der Nahe Osten als Pulverfass

10.1 Die Dynamik einer Krisenregion

10.2 Die Akteure im Überblick

10.3 Der Arabische Frühling

10.4 Tipps für das eigene Vermögen

10.5 Zukunft Nahost

10.6 Checkbox

11. Staaten als Global Players – Wettrennen zwischen den Großmächten

11.1 Währungen und Rohstoffe als Mittel und Zweck

11.2 Die Großmächte USA, Russland, China und Indien

11.3 Tipps für das eigene Vermögen

11.4 Die Welt als Mikrokosmos

11.5 Checkbox

12. Quo vadis Europa?

12.1 Was ist Europa?

12.2 Die Machtachse auf dem Kontinent

12.3 Die Eurozone – ein Experiment mit Folgen

12.4 Europa im Kampf – Wie funktioniert die Sicherheitspolitik?

12.5 Eine europäische Innenpolitik

12.6 Wertegemeinschaft oder loser Staatenbund? – Europa am Scheideweg

12.7 Tipps für das eigene Vermögen

12.8 Sind Europäer europäisch?

12.9 Checkbox

13. Thesen zu einer neuen Weltordnung

14. Nachrichten statt Börsengänge

14.1 Sparstrumpf und Sparbuch waren gestern

14.2 Wer heute sparen will, muss morgen Aktien kaufen

14.3 Weltpolitik und Finanzmärkte

14.4 Nachrichten analyse und Börsenblick

14.5 Der etwas andere Ratgeber

14.6 Checkbox

15. Nachhaltiger Vermögensaufbau

15.1 Wider alle Untergangsszenarien

15.2 Die Essenz: Globales Denken

15.3 In der Ruhe liegt die Kraft – Schritt für Schritt zu mehr Vermögen

15.4 Nur Mut!

15.5 Checkbox

16. Wichtige Kapitalanlagen im Überblick

16.1 Die Aktie

16.2 Fonds

16.3 Anleihen – verzinsliche Wertpapiere

16.4 Der Genussschein

16.5 Das Termingeschäft

16.6 Das Zertifikat

16.7 Immobilien

16.8 Gold, Silber und Co. mit Seltenen Erden

16.9 Alle Kapitalanlagen auf einen Blick

17. Was wirklich wichtig ist

17.1 Grundregeln für moderne Sparer

17.2 Planung ist alles – 20 Prinzipien zum Vermögensaufbau

18. Fazit

Literatur- und Quellenverzeichnis

 

Danksagung

 

Es ist gleich zu Beginn wichtig, Dank zu sagen. Dank all denen, die dieses Buch möglich gemacht haben. Und das waren eine ganze Menge Leute. So viele, dass ich sie gar nicht alle namentlich erwähnen kann. Da sind zuerst die Kollegen aus den ARD-Studios in Kairo und Bagdad zu nennen, die mir bereits vor mehr als zehn Jahren die Idee zu so einem Buch in den Kopf gesetzt haben. Dann die großartige Crew aus dem ARD-Studio Neu-Delhi, die mir auf vielen Reisen in Südasien geholfen hat, zusätzliche Recherche über die geopolitischen Interessen der Staaten zu sammeln. Die Mitglieder der ARD-Börsenredaktion haben mir in vielen kleinen und großen Gesprächsrunden zum Teil ganz unfreiwillig wichtige Impulse geliefert, aus denen viele Überlegungen Eingang in dieses Buch gefunden haben.

Dank auch an die vielen Gesprächspartner aus der Politik, Verbänden, Banken, der Börse; Dank an Diplomaten, ehemalige Militäranghörige und an die vielen Kleinanleger, die ihre Erfahrungen mit mir geteilt haben.

Aus all den persönlichen Erlebnissen, Erkenntnissen und Recherchen konnte dieses Buch entstehen, das ohne die herausragende Arbeit von Christoph Eydt und seinen anschaulichen Satz „Wir bauen einen Kleiderschrank als Gliederungshilfe“ nicht zustande gekommen wäre.

Besonderer Dank gilt auch Mithra, die nicht nur den Umschlag gestaltet, sondern auch an vielen Tagen dafür gesorgt hat, dass aus der Idee und aus Tagebucheinträgen ein erstes Manuskript wurde, und die durch wegweisendes Nachfragen den Druck aufrecht erhalten und mir stets Mut gemacht hat.

Markus Gürne

 

1. Vorwort

 

Der DAX ist kein Tier. Tolle Neuigkeit! Für manchen Börsenneuling allerdings eine wichtige Information. Ich habe mich entschieden, das gleich zu Beginn zu erwähnen, weil diese Botschaft schon einmal für einen wahren Ansturm von Mails gesorgt hat. Einst hatte ich „die Maus” aus der gleichnamigen Sendung zu Gast an der Börse und habe ihr erklärt, dass der DAX ein Verzeichnis mit 30 börsennotierten Unternehmen sei und eben kein Tier. Viele Zuschauer schrieben damals: „Endlich!!!! Können Sie das nicht immer so machen und uns erklären, wie die Börse funktioniert?“ Puh. So weit vorne anzufangen ist schwierig. Können wir uns darauf einigen, dass Sie wissen, was der DAX ist?

„Warum sollen nur die (selbsternannten) Börsengurus an den Aktien, Anleihen und Devisenmärkten Gewinne machen?“, lautete eine andere Frage aus den Mails. Und eine junge Frau schrieb: „Auf dem Tagesgeldkonto werden mir 0,9 Prozent als Superkonto angeboten! Das ist Mist.“ Da hat sie recht. Alle, die mir geschrieben haben, haben recht: Wir sparen unser Geld kaputt! Es rumort unter uns. Mickrige Zinsen und die gleichzeitige Angst vor der Börse stimmen uns zunehmend missmutig, wenn es um Geld und Sparen für die Zukunft, fürs Alter oder für etwas Schönes geht. Viele wissen gar nicht, wie gespart werden soll, denn so wie wir es bisher gemacht haben, das Geld brav auf die Bank bringen und auf das Konto legen, bringt nichts mehr. Schlimmer noch, dort wird es weniger! Wir sparen also kein Geld, sondern verlieren es in Wirklichkeit.

Ich habe dieses Buch geschrieben, um Sie für den richtigen Umgang mit Ihrem Ersparten fit zu machen. „Oh nein! Nicht noch ein Börsenratgeber“, denken Sie jetzt vielleicht. Ich kann Sie trösten – und muss Sie zugleich bestätigen. Doch! Noch ein Börsenratgeber. Und dennoch: Nein, kein Börsenratgeber! Verwirrend? Sie werfen zurecht ein: „Es gibt schon so viele Ratgeber rund ums Geld. Was soll es da schon Neues geben?! Nichts, stimmt! Deshalb biete ich Ihnen einen Ratgeber, der in Wirklichkeit ein Nicht-Ratgeber ist. Ich erkläre Ihnen nicht großartig, wie die Börse funktioniert oder was welche Fachbegriffe bedeuten. Das lässt sich über Google und Co. leicht herausfinden. Ich möchte Ihnen etwas anderes vermitteln, etwas, das es meines Wissens noch nicht in Buchform gibt, nämlich die Prinzipien erfolgreicher Vermögensverwaltung im Angesicht der Globalisierung. Das klingt hochtrabend – ich weiß. Es trifft aber genau das, worum es mir geht. Ich war mehrere Jahre Auslandskorrespondent und in den Krisenregionen unserer Welt unterwegs. Da sieht man einiges und lernt viel über die politischen Verwicklungen. Ich habe aber auch gelernt, wie die Dinge, die uns in den Nachrichten als getrennte Ereignisse gezeigt werden, in Wirklichkeit zusammenhängen. Diese Zusammenhänge sind es, die die Wirtschaft, unser Geldsystem und damit unser Sparen beeinflussen. Das klingt vielleicht abstrakt oder nach einer wilden Verschwörungstheorie. Aber hier liegt die Essenz für einen modernen, zeitgemäßen Umgang mit Geld. Die meisten Geld- oder Börsenratgeber beinhalten wie das Finanzsystem funktioniert, welche Anlageprodukte es gibt und wie man mit diesen Geld anlegen kann. Soweit so gut. Aber eines wird dabei vergessen: Wie kommen überhaupt die Kursentwicklungen zustande, von denen Erfolg und Misserfolg des Geldanlegens abhängen? Diese Frage ist meiner Meinung nach viel zu wichtig, um sie auf ein oder zwei Seiten zu beantworten, denn die Bedingungen, die zu den Kursentwicklungen führen, sind für effektives Anlegen viel wichtiger als die Kursentwicklungen selbst. Diese sind nur das Ergebnis vorheriger Entwicklungen – und solche können überall auftreten: weltweit, regional, lokal. Wer die Entwicklungen in der Welt beobachtet und einschätzen kann, der weiß, wie sich die Kurse verändern werden und kann viel besser sein Vermögen planen als jemand, der nur mit theoretischen Zahlen beschäftigt ist und gar nicht mitbekommt, was um ihn herum geschieht. Daher möchte ich Sie einladen und ermuntern, Sparen nicht nur aus finanzieller Sicht zu sehen, sondern auch aus einer größeren, globalen Sichtweise.

Wer heute Geld sicher anlegen will, musste gestern wissen, was übermorgen geschehen wird.

 

2. Die Welt als Kugel

 

Die Welt ist eine Kugel! Was Pythagoras (570–510 v. Chr.) schon im 6. Jahrhundert v. Chr. postulierte, wird in der gegenwärtigen Zeit vor allem auf der politischen und wirtschaftlichen Ebene deutlich. Dass unsere Erde rund ist, ist nicht nur eine wissenschaftlich anerkannte Tatsache, sondern auch ein Symbol dafür, dass alles, was geschieht, miteinander zusammenhängt. So wie man bei einer Kugel von einem beliebigen Punkt A zu einem beliebigen Punkt B gelangen kann, hängt auch ein weltpolitisches Ereignis A mit einem persönlichen Ereignis B zusammen. Meine Erfahrungen als Auslandskorrespondent und Börsenexperte haben mir dies immer wieder bestätigt. Und auch die aktuellen Krisen und die damit einhergehenden Veränderungen in der Welt zeigen dies deutlich. Die seit über einem Jahr andauernde Ukraine-Krise mag dafür ein anschauliches Beispiel geben: Der in der Ukraine ausgelöste Bürgerkrieg als politisches Ereignis A prägt dominierend die westeuropäischen Beziehungen zu Russland, deren Verschlechterung dazu führen könnte, dass Russland seine Gaslieferungen stoppt und wir alle, als persönliches Ereignis B, vor kalten Heizungen sitzen. Ein anderes Beispiel sind die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen rund um den Ölpreis. Dieser bestimmt maßgeblich die Preise für Benzin und damit das Fahr- und Tankverhalten der Menschen. Ein letztes Beispiel soll Ihnen die finanzielle Bedeutung dieser Zusammenhänge vor Augen führen: Sie möchten Geld anlegen, um Ihrem Kind später eine Ausbildung finanzieren zu können. Dabei entscheiden Sie sich für bestimmte Aktien einer großen Ölfirma, weil Sie gehört haben, dass die Nachfrage nach Öl riesig und jede Industrienation auf Öl angewiesen sei. „Gute Anlage!“, denken Sie. Doch dann passiert das Unvorhergesehene: Ihre Aktien brechen ein – fast um die Hälfte! Doch wieso? Durch neue oder erweiterte Fördermethoden des Öls in bestimmten Ländern hat sich das Angebot-Nachfrage-Verhältnis verschoben. Einstige Konsumenten sind zu Produzenten geworden. In solchen Fällen ist es üblich, dass die erdölexportierenden Länder die Fördermengen drosseln, um die Angebote zu verknappen. Doch weil diese Länder nicht nur wirtschaftliche Motive haben, sondern auch politische, gehen sie dem nicht nach, sondern akzeptieren das Überangebot an Erdöl, um unliebsame Konkurrenz, die auf Erdölexporte angewiesen ist, mit einem Preisabfall zu schwächen. Was hat das mit Ihren Aktien zu tun? Ganz einfach: Die Aktien sind Teil einer Ölfirma, die vom Preis abhängig ist, der für das Öl gezahlt wird. Je weniger für Öl gezahlt wird, desto schwächer sind Ihre Aktien! Die Entwicklung dieser Aktien hängt von den Entwicklungen der Wirtschaft im Allgemeinen sowie von politischen Motiven der beteiligten Staaten ab. So kann es passieren, dass Sie aufgrund fehlender Kenntnis über wirtschaftliche und politische Zusammenhänge hohe Verluste hinnehmen müssen – oder aber aufgrund vorhandenen Wissens enorme Gewinne. Ich möchte Ihnen mit diesem Buch dazu verhelfen, die zweite Möglichkeit zu realisieren. Um effektiv mit Ihrem Geld wirtschaften zu können, benötigen Sie nicht nur fundamentales Wissen über Finanzen und Wirtschaft, sondern auch über Politik und die Zusammenhänge dieser drei Bereiche.

 

Das erwartet Sie in diesem Buch

Ich möchte Sie an eine äußerst komplexe Sache heranführen, diese aber so einfach wie möglich halten. Ganz nach dem Motto „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ begleite ich Sie in die Welt effizienter Finanzverwaltung. Bevor es jedoch um konkrete Planungen für Ihr Vermögen gehen soll, beschreibe und erkläre ich Ihnen die großen Zusammenhänge, die hinter den einzelnen Planungsschritten stehen. Jede Investition und jede Vermögensplanung ist das Ergebnis bestimmter Strukturen und Entscheidungen. Um welche Strukturen und Entscheidungsprozesse es sich dabei handelt, werde ich Ihnen genauso verraten wie ich Ihnen etwas über die gegenwärtigen Krisenherde der Erde sagen werde. Vor allem diese sind es, die global Politik, Wirtschaft und Finanzen beeinflussen und damit unmittelbar auf die Finanzsituation jedes Einzelnen einwirken.

Da die Nachrichten gefüllt sind mit Informationen über Krisen, Probleme und Sorgen, möchte ich Sie an genau dieser Stelle abholen und zunächst auf die Krisen der Welt eingehen und Ihnen zeigen, wie diese uns alle betreffen, selbst wenn sie am entferntesten Ort der Erde stattfinden. Um das Wesen der Krisen besser zu verstehen sowie den globalen Charakter erfassen zu können, geht es auch um die Frage, ob und wie unser Gesellschaftsmodell Krisen benötigt, um so arbeiten zu können, wie es arbeitet. Die globalen Konflikte zeigen immer drastischer, dass unsere bekannte Weltordnung aus den Fugen geraten ist. Neben den USA wachsen China und Indien als Global Player heran, und auch Russland ist bereit, seine Interessen global zu vertreten. Die Terrormiliz IS kämpft mit unkonventionellen Mitteln für ihre Interessen und hat schon längst das internationale Parkett betreten. Es scheint sich eine neue Weltordnung anzukündigen. Können die USA ihre Rolle als Weltpolizei halten? Wie wird sich Europa im Angesicht der internationalen Veränderungen entwickeln? Diese und weitere Fragen inspirieren nicht nur Politiker, Diplomaten oder Wissenschaftler, sondern auch Investoren und Privatpersonen. Die Interessen von Staaten sowie deren Einflussmöglichkeiten auf globale Entwicklungen bedingen die Wirtschaft. Krisen – so meine Beobachtung – werden bewusst forciert, um eigene Interessen durchzusetzen. Krisen als Mittel der Politik, als Einflussfaktor auf die Börse? Ja! Und je besser Sie die weltweiten Krisen und gesellschaftlichen wie politischen Entwicklungen deuten können, desto besser können Sie Ihr Vermögen zukunftssicher anlegen. Darum geht es schließlich im letzten Teil dieses Buches. Ich möchte Ihnen vor dem Hintergrund der politischen und wirtschaftlichen Dimensionen entscheidendes Vermögenswissen vermitteln. Neben einigen Grundbegriffen und Typen von Kapitalanlagen erfahren Sie – und das ist meiner Erfahrung nach wesentlich wichtiger – wie die Börse funktioniert bzw. wie sie re-agiert und wie eine gelungene Strategie privater Vermögensbildung aussehen kann.

Sie sehen: Es ist nicht gerade wenig, was ich vorhabe. Umso wichtiger ist es, sich auf das Wesentliche zu beschränken und Ihnen konkrete Handlungsschritte statt trockener Theorie an die Hand zu geben. Dazu gehört auch eine ausgeprägte Deutungsfähigkeit, mit der Sie weltpolitische Ereignisse angemessen einordnen können. Wie sehr Weltpolitik, persönliche Ereignisse und Wirtschaft zusammenhängen, vermag Ihnen das folgende Fallbeispiel zu veranschaulichen.

 

Geschäfte an der irakisch-iranischen Grenze

Während meiner Zeit als Auslandskorrespondent war ich im Irak unterwegs. An sich war es keine große Sache, was mein Team und ich geplant hatten: Wir wollten die Ausbildung der irakischen Polizei durch die US-Armee beobachten. Die irakische Polizei genoss nicht nur die Ausbildungen der US-Armee, sondern erhielt auch amerikanische Ausrüstung. So weit so gut! Doch dann bekam der Fall eine interessante Wendung: Als die irakischen Polizisten ihre neuen Gewehre erhielten, sah ich, wie die US-Soldaten diese aus einer Holzkiste herausnahmen. Doch was sie aus der Kiste herausholten, schien im krassen Widerspruch zu dem zu stehen, was auf der Kiste zu lesen war: „Made in Iran“. Da holten also tatsächlich US-Soldaten nagelneue Gewehre für die irakische Polizei aus einer Kiste, die irgendetwas mit dem Iran zu tun hatte. An sich kein Problem, doch war dies zu der Zeit, als der Iran zur „Achse des Bösen“ gezählt wurde und die USA besonders harsche Worte Richtung Teheran richteten. Konnte es sein, dass der Iran Waffen für die USA lieferte, die diese an den Irak weitergegeben haben? Auf diese Frage habe ich den US-Kommandeur vor Ort angesprochen. Die Antwort war so verblüffend wie einfach. Er sagte sinngemäß: „Unsere Hightech-Waffen können wir den Irakern natürlich nicht in die Hand drücken, das geht schon aus Gründen der knapp bemessenen Ausbildungszeit nicht. Da aber viele Iraker die Kalaschnikow, ein in Russland produziertes und weit verbreitetes Sturmgewehr, kennen, sollten sie damit ausgerüstet werden.“ Der eigentliche Knüller kam in der nächsten Antwort: „Wir haben kein Problem damit, das Gewehr bei den Iranern einzukaufen. Es ist in Lizenz gebaut und kostet 100 Dollar das Stück. Ein unschlagbarer Preis. Und was den Iran wegen unserer politischen Differenzen angeht: Das interessiert mich nicht. Schauen Sie, Politik ist Politik und Geschäft ist Geschäft. Und hier geht es ums Geschäft; hier ist der Iran ein guter Partner.“

Dieses Erlebnis verdeutlichte mir, wie komplex Konflikte sind und dass diese nur in den seltensten Fällen in ein klassisches Schwarz-Weiß-Schema gepresst werden können. Vor allem die Interessen von Staaten, deren Mittel zur Durchsetzung derselben und das öffentliche Auftreten der Staatsrepräsentanten, welches teils gänzlich von den eigentlichen Staatsinteressen abweicht oder ablenkt, sind Phänomene mit globaler Auswirkung. Auch wenn die iranischen Gewehre an der irakischen Grenze nicht viel mit Ihrem Leben hier in Deutschland zu tun haben, so sind sie doch ein Symbol für die geopolitischen Verwicklungen der jeweiligen Staaten – und damit betrifft es in letzter Konsequenz auch Sie!

 

Zehn Gründe, weshalb Sie sich mit Politik und Finanzen befassen sollten

1. Politik, Wirtschaft und Finanzen hängen immer zusammen und beeinflussen sich gegenseitig.

Sie sollten die großen Zusammenhänge kennen, mit denen die Welt gestaltet wird. Jede politische Entscheidung führt zu bestimmten Folgen im Wirtschafts- und Finanzbereich. Umgekehrt führen finanzielle Bedingungen oder wirtschaftliche Prozesse zu politischen Entscheidungen.

2. Finanzplanung erfordert umfassendes Wissen, welches weit über die Finanzwelt hinausreicht.

Für effektive Vermögensplanung reicht es nicht, sich mit dem Finanzbereich zu befassen. Diesem ist der politische Bereich vorangestellt – und jede politische Entscheidung bedingt finanzielle Veränderungen. Springen Sie also auf den Zug, solange er noch im Bahnhof steht!

3. Jeder Bürger ist Teil einer Gesellschaft und damit direkt oder indirekt von politischen wie wirtschaftlichen Entscheidungen betroffen.

Ob Sie Ihr Vermögen anlegen möchten oder nicht – dass Sie in ein politisches und gesellschaftliches System eingebunden sind, macht Sie zum Mitentscheidenden. Allein der Blick in die Nachrichten zeigt, von welchen politischen oder wirtschaftlichen Phänomenen Ihr Leben geprägt wird. Wissen verhilft zu Meinungsbildung und Entscheidungskraft!

4. Die aktuellen Krisen zeigen, dass nichts mehr so sicher ist wie einst geglaubt.

Viele Deutsche vertrauen noch immer auf das gute alte Sparbuch oder das Sparen „unterm Kopfkissen“. Nichts könnte kontraproduktiver sein! Geld vermehrt sich nur, wenn es nicht gespart, sondern investiert wird! Die Euro-Krise der letzten Jahre zeigt dies mehr als deutlich.

5. Die Globalisierung hat zu einer Beschleunigung gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Umgestaltungsprozesse geführt.

In der jetzigen Zeit kann von heute auf morgen vieles anders sein. Nur wer wachen Auges und flexibel genug ist, kann diese Zeit ruhig überstehen – das betrifft vor allem die private Vermögensbildung.

6. Der Einzelne hat heute mehr Möglichkeiten als je zuvor – diese muss er kennen und einschätzen.

Es gibt eine Fülle an Finanzprodukten. Doch welches ist das richtige für Sie? Das richtige Produkt gibt es nicht – höchstens das beste für eine ganz genau definierte Situation. Je besser Sie die einzelnen Produkte kennen, desto besser können Sie diese in Ihre Planungen aufnehmen.

7. Unsere Systeme in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft werden von großen Konzernen maßgeblich beeinflusst – doch auch der „kleine Bürger“ kann teilhaben.

Unternehmen wie Versicherungen oder Banken verdienen sehr gut am „Spiel der Interessensdurchsetzung“. Doch warum sollten die „kleinen Leute“ die Zeche zahlen, wenn die Großen mal falsch gesetzt haben?

8. Wer Vermögen aufbauen will, muss langfristig planen – lieber Nachrichten schauen als Aktienkurse beobachten!

Vermögen entsteht nicht von jetzt auf gleich, sondern langfristig und mit viel Geduld. Anpassungen oder Änderungen sind immer notwendig. Darum ist es wichtig, gesellschaftliche und politische Veränderungen genau zu beobachten und in der Investitionsstrategie zu berücksichtigen.

9. Nur wer sich mit den Hintergründen befasst, kann im Vordergrund Ziele definieren.

Im Falle von Griechenland und Zypern haben wir gelernt, dass schlechte Kompromisse in der Politik die Wirtschaft eines Landes in Gefahr bringen und den Wohlstand des Einzelnen bedrohen. Sie können Ihren Wohlstand sichern, wenn Sie konkrete Ziele definieren, die im Einklang mit politischen Veränderungen stehen.

10. Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!

Wir leben in relativ stabilen politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen. Wirtschaftliche Gesundung ist der Schlüssel zu Frieden und Wohlstand. Vertrauen Sie daher Ihrem eigenen Verstand und nutzen Sie selbst den Schlüssel zu Frieden und Wohlstand.

 

3. Der Beginn des dritten Jahrtausends – eine Ära der Krisen und Konflikte

 

Als am 11. September 2001 in New York das World Trade Center zum Ziel terroristischer Anschläge wurde, rief die Presse eine Zeitenwende aus. In der Tat veränderte sich seit diesem Datum nicht nur die US-amerikanische Innenpolitik, sondern global kam es zu einer Fülle an Umgestaltungen. Seither hat das Wort „Terror“ eine völlig neue Dimension erreicht. Religion und Politik wurden neu gewertet – ja, man könnte von einem Paradigmenwechsel der internationalen Gemeinschaft sprechen. 2009 folgte die Euro-Krise, die bis in die Gegenwart hinein andauert und die Länder der Eurozone mit einer Währung herausfordert, die einheitsstiftend sein sollte, aber immer wieder zur politischen Zerreißprobe wird. Hinzu kommen Ebola-Ausbrüche und Hungersnöte in Afrika, nukleare Katastrophen wie Fukushima und Naturkatastrophen wie der Tsunami in Thailand 2004. Eingefrorene geopolitische Konflikte, akute Kriegsgefahren, religiöse Verfolgung, Kinderhandel, Umweltzerstörung und viele weitere Krisen gefährden das menschliche Leben und sind brandaktuell. Doch was ist das gemeinsame Merkmal all dieser Bedrohungen? Was ist das Wesen der Krise(n)?

 

3.1 Was sind Krisen?

Das Wort „Krise“ wird heutzutage inflationär verwendet. Nicht jede als Gefahr gedeutete Situation ist eine Krise. Und doch wird der Begriff sowohl in der Öffentlichkeit als auch im privaten Bereich häufig genutzt. Gibt es Streit mit dem Partner, spricht man von einer Ehe-, Paar- oder Beziehungskrise, ist die gesamte Familie belastet, so hört man von einer Familienkrise. Im Bildungssektor gibt es Bildungskrisen und im Gesundheitssektor Gesundheitskrisen. Bei Jugendlichen kommt es zu Jugendkrisen oder speziell zu Identitätskrisen. In den Medien ist dann davon zu lesen, dass Krisen als Chance wahrgenommen werden sollten und nicht zwangsläufig etwas Negatives seien. Sie würden Gefahr und Möglichkeit, Risiko und Sicherheit verbinden.

 

Krise kommt von Entscheidung

Das griechische Ur-Wort für „Krise“ lautet „krisis“ und wird mit „Meinung“, „Beurteilung“, „Entscheidung“ oder „Zuspitzung“ übersetzt. Im Allgemeinen herrscht eine Krise dann vor, wenn es eine Entscheidungssituation gibt, die problembelastet ist und als Wendepunkt wahrgenommen wird. Der Wendepunkt ist ganz im Sinne der klassischen Dramatheorie die notwendige Bedingung, um von einer Krise zu sprechen. Es muss ein plötzlicher Umschlag, ein unerwartetes Glück oder Unglück vorliegen. Wenn Sie beispielsweise unerwartet einen Schicksalsschlag erleiden und eine damit zusammenhängende Entscheidung treffen müssen, befinden Sie sich in einer Krise. Wenn trotz der Entscheidung die Entwicklung weiterhin negativ bleibt, entwickelt sich aus einer Krise eine Katastrophe. Das Wort „Katastrophe“ kommt vom griechischen „katastrophe“ und bedeutet so viel wie „Wendung zum Niedergang“.

Damit kann das Wort „Krise“ auf alle Entscheidungsmomente angelegt werden, in denen es um ein „tragisches“ Entweder-Oder geht. Dies ist vor allem im privaten Kontext leicht zu sehen: Wenn es in einer Paarbeziehung längere Zeit schlecht läuft und sich der Zeitpunkt anbahnt, in welchem beide Partner eine Entscheidung über ihre gemeinsame Zukunft treffen müssen, spitzt sich die Lage zu einer Situation zu, in der der Wendepunkt positiv wie negativ ausfallen kann. Doch wie sieht es im öffentlichen Bereich aus? Können gewalttätige Konflikte als Krisen bezeichnet werden? Wenn es bereits Krieg gibt und sich kein Wendepunkt abzeichnet, herrscht ein dauerhaft negativer Verlauf der Ereignisse vor, was eher als Katastrophe und nicht als Krise gewertet werden kann. Bei Kriegen oder anderen extrem negativen Situationen ist von dem eher allgemeinen Krisenverständnis abzuweichen.

 

Krise als massive Störung des öffentlichen Lebens

Klaus Schubert und Martina Klein (2011) definieren in ihrem Politiklexikon die Krise als „eine über einen gewissen (längeren) Zeitraum anhaltende massive Störung des gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Systems. Krisen bergen gleichzeitig auch die Chance zur (aktiv zu suchenden qualitativen) Verbesserung.“1 Im politisch-gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Kontext ist die Krise also keine Zuspitzung von Ereignissen zum Wendepunkt, sondern eine länger anhaltende Störung mit dem Potential zur positiven Veränderung. Gerade der Aspekt der „massiven Störung“ zeichnet die Krise als besonders schweren Umstand aus, von dem letztlich alle Gesellschaftsteilnehmer betroffen sind. Dies können Sie beispielhaft an der Ukraine-Krise sehen, in der die gesamte Ukraine in nahezu allen Bereichen des Lebens betroffen ist. Diese Krise wirkt sogar über die nationalen Grenzen hinaus. Was Schubert und Klein als Krisendefinition vorgeben, ermöglicht eine Einordnung und Bewertung sämtlicher Probleme, bei denen spürbar das öffentliche Leben beeinträchtigt ist.