Cover

Über dieses Buch:

Es ist nicht leicht, ein waschechter Fiesling zu werden. So sehr sich das kleine Teufelchen aus Feuerland auch anstrengt: Böse sein ist echt schwer. Der oberste Höllenchef verbannt es deshalb für eine Woche in die Welt der Menschen. Hier soll Teufelchen etwas wirklich gewaltig Gemeines anstellen, wie es sich für den Höllennachwuchs gehört. Doch das ist viel komplizierter als gedacht. Denn Teufelchens neuer Freund ist nicht nur ausgerechnet ein Menschenjunge, sondern findet die meisten von seinen Ideen auch noch viel zu fies: Oh du Hölle – was nun?

Über die Autoren

Heike und Wolfgang Hohlbein sind eines der bekanntesten Autorenpaare Deutschlands – nicht nur im Fantasy-Genre. Gemeinsam schrieben sie 1982 das preisgekrönte Jugendbuch MÄRCHENMOND, mit dem sie schlagartig bekannt wurden. Wolfgang Hohlbein hat inzwischen 150 Bestseller mit einer Gesamtauflage von über 44 Millionen Büchern verfasst. Das Paar hat sechs Kinder und lebt heute in Neuss.

Bei jumpbooks erscheint von den Autoren:

Norg. Im verbotenen Land
Norg. Im Tal des Ungeheuers
Teufelchen

 

Die Autoren im Internet: www.hohlbein.de

Bei jumpbooks erscheint von Wolfgang Hohlbein:
Der weiße Ritter - Erster Roman: Wolfsnebel
Der weiße Ritter - Zweiter Roman: Schattentanz
Nach dem großen Feuer
Ithaka
Drachentöter

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eBook-Neuausgabe Mai 2016

Copyright © 2001 by K. Thienemanns Verlag in Stuttgart – Wien

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Copyright © 2016 jumpbooks Verlag. jumpbooks ist ein Imprint der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-96053-120-3

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Wolfgang Hohlbein & Heike Hohlbein

Teufelchen

jumpbooks

Kapitel 1
Der geheime Freund

Eigentlich war Justin ein ganz normaler neunjähriger Junge, der wie die meisten normalen neunjährigen Jungen mehr oder weniger (meist weniger) gerne zur Schule ging, mehr oder weniger (meist mehr) gute Noten nach Hause brachte, im Sommer gerne Fahrrad fuhr und eine Menge Freunde hatte. Kurz: Er war ein ganz durchschnittlicher Bursche. Ein Junge wie du und ich, sozusagen.

Das einzig Besondere an ihm (aber davon wusste niemand etwas) war sein Freund.

Es war kein normaler Freund, den er vielleicht in der Schule kennen gelernt hatte oder in den Ferien. Find es war auch kein Freund von der Art, mit dem er sich am Nachmittag zum Spielen getroffen hätte oder vielleicht im Sommer im Freibad oder mit dem er zu einem Fußballspiel gegangen wäre. Eben kein Junge wie du und ich.

Genau genommen war es überhaupt kein Junge.

Es war allerdings auch kein Mädchen.

Justins geheimer Freund war ein kleiner Teufel. Und das war auch einer der Gründe, weshalb er mit niemandem über ihn reden konnte. Der andere Grund war, dass außer ihm niemand Teufelchen sehen konnte.

Aber das war vielleicht auch gut so. Wahrscheinlich hätte es doch für ein bisschen Aufregung gesorgt, wenn Justin in Begleitung einer kleinen, rothäutigen Gestalt mit Hörnern, Pferdefuß und Schweif in den Bus gestiegen wäre oder einen Freund zum Essen mit nach Hause gebracht hätte, der erst einmal seine Flügel ausschütteln musste, wenn es draußen regnete.

Davon abgesehen war Teufelchen gar nicht so anders als die meisten Neunjährigen. Er war natürlich nicht wirklich neun Jahre alt, sondern hatte gerade seinen zweihundertundelften Geburtstag gefeiert, aber bei einem Teufel macht das nichts. Sie werden nämlich sehr viel älter als Menschen. Wirklich sehr viel älter.

Aber abgesehen von seiner feuerroten Haut, den Hörnern und den großen Fledermausflügeln, die er wie einen Mantel aus dünnem schwarzem Feder um seinen Körper schlingen konnte, wenn ihm kalt war, abgesehen von dem Schweif mit der dicken Quaste und dem Pferdefuß war Teufelchen ein ganz normaler kleiner Teufelsjunge. Seine Mutter nannte ihn manchmal liebevoll Satansbraten, was er aber ehrlich gesagt nicht so ganz verstand. Er lachte gerne, war immer zu einem Streich aufgelegt, ging mehr oder weniger (meist weniger) gerne zur Teufelsschule, brachte mehr oder weniger (meist mehr) gute Noten nach Hause – und er ähnelte Justin auch noch in einem anderen Punkt:

Er hatte einen Freund, von dem niemand etwas wusste.

Justin konnte sich gar nicht mehr richtig daran erinnern, wann Teufelchen und er sich kennen gelernt hatten. Natürlich war er ganz schön erschrocken gewesen, als er ihn das erste Mal gesehen hatte – wer wäre das nicht, wenn er urplötzlich einem leibhaftigen Teufel gegenübersteht? Aber es hatte nicht sehr lange gedauert, bis er merkte, dass das Aussehen eigentlich gar keine Rolle spielte.

Und was den Charakter anging …

Nun, da war Teufelchen vielleicht doch ein bisschen aus der Art geschlagen. Er war nämlich alles andere als teuflisch.

Manchmal – zwar nicht sehr oft, aber manchmal eben doch – nahm Justin Teufelchen mit zu sich nach Hause. Aber nur dann, wenn er ganz sicher sein konnte, dass er alleine war. Einmal nämlich war seine Mutter überraschend ins Zimmer geplatzt, als Justin und sein unsichtbarer Freund gerade damit beschäftigt waren, aus Legosteinen eine gewaltige Burg zu errichten, um sie dann mit lautem Getöse wieder einzureißen. Sie hatte schon etwas irritiert geguckt, als ihr Sohn mutterseelenallein inmitten einer Tonne Legosteine saß und sich angeregt mit jemandem unterhielt, der gar nicht da war. Sie hatte nichts gesagt, aber Justin waren ihre komischen Blicke nicht entgangen und auch nicht, dass sie sich dann abends mit seinem Vater unterhalten hatte, der ihn danach auch so seltsam angeblickt hatte.

Nicht, dass Justin das etwas ausgemacht hätte. Sein Vater war Schriftsteller und in seinen Geschichten kamen nicht nur Teufel, sondern noch ganz andere Sachen vor. Der Vater hatte seine Mutter auch beruhigt und gemeint, dass zu viel Phantasie immer noch besser wäre als zu wenig.

Trotzdem – seither zog Justin es vor, Teufelchen nur noch mit nach Hause zu nehmen, wenn er ganz sicher sein konnte, dass niemand da war.

Und am liebsten hatte er es natürlich, wenn Teufelchen ihn mit zu sich nach Hause nahm. Das war wirklich aufregend. Und auch ein bisschen gefährlich, aber gerade das machte es ja so spannend.

Teufelchen wohnte zusammen mit seiner Familie in einem noch nicht ganz erloschenen Vulkan in Feuerland. Und zwar nicht dem Feuerland, das man auf der Landkarte findet und das an der Südspitze von Südamerika liegt und nur Feuerland heißt, in Wirklichkeit aber die meiste Zeit des Jahres von Schnee und Eis bedeckt ist – sondern dem echten Feuerland. Einem, das seinen Namen verdient. Hier war es immer heiß und das Wort Winter kam in der Sprache seiner Bewohner nicht einmal vor.

Alle Berge – und davon gab es eine Menge – waren Vulkane und in den Flüssen floss kein Wasser, sondern etwas, das grauenhaft nach faulen Eiern stank und ununterbrochen sprudelte und zischte. Der Himmel in Feuerland war oft schwarz vom Rauch der Vulkane und es herrschte ein nie endendes Gewitter. Es donnerte und blitzte ständig, ohne dass allerdings auch nur ein Tropfen Regen gefallen wäre.

Als Justin das erste Mal da gewesen war, hatte er geglaubt, sie wären in der Hölle. Er sprach Teufelchen darauf an, aber der schüttelte nur traurig den Kopf und irgendetwas an der Art, in der er es tat, und sein niedergeschlagener Blick hatten Justin davon abgehalten weiter zu bohren. Auch Teufel haben offensichtlich ihre Geheimnisse.

Teufelchen nahm ihn nur selten mit zu sich nach Hause und genau wie Justin hatte auch er seine Gründe dafür. Teufel konnten Menschen nämlich durchaus sehen. Und Teufelchen hatte Justin in den schwärzesten Farben ausgemalt, was ihnen beiden zustoßen würde, wenn sein Vater ihn erwischte. Dabei sah Teufelchens Vater eigentlich gar nicht so schlimm aus. Justin hatte ihn zwar nur einmal ganz kurz gesehen, bevor Teufelchen ihn hastig wegbrachte, aber er erinnerte sich gut an den großen grauhaarigen, alten Teufel, der weniger erschreckend, als vielmehr beeindruckend aussah. Er hatte das gleiche immer zu einem Schabernack aufgelegte Glitzern in den Augen, das Justin an Teufelchen so mochte. Er glaubte eigentlich nicht, dass der alte Teufel ihm etwas tun würde, wenn er ihn erwischte. Aber wahrscheinlich würde Teufelchen einen Menge Ärger bekommen, und das wollte er schließlich nicht.

Also waren sie vorsichtig und besuchten den alten Vulkan nur, wenn niemand zu Hause war und Teufelchen meinte, dass nichts passieren konnte.

Und das war der Knackpunkt: wenn Teufelchen meinte.

Auch in diesem Punkt unterschied sich Teufelchen nicht von einem ganz normalen Jungen: Er meinte immer schlauer als alle Erwachsenen zu sein. Für eine ganze Weile ging das auch gut.

Aber eben nicht für immer.

Und das war der Moment, in dem Teufelchens – und damit auch Justins – Probleme erst so richtig begannen …

Kapitel 2
Besuch aus der Hölle

Es war irgendwann im Spätherbst; so einer von diesen Tagen, an denen es noch nicht richtig kalt, aber auch schon längst nicht mehr warm war und an denen der Himmel selbst dann noch grau blieb, wenn es mal nicht wie aus Kübeln schüttete. Justin hatte Teufelchen nicht lange überreden müssen ihn zum Spielen mit zu sich nach Hause zu nehmen.

Der Vulkan, in dem Teufelchens Familie lebte, war noch nicht ganz erloschen. Deshalb brauchte man keine Heizung und es war trotzdem immer warm. Nur manchmal regte sich der Berg, mit einem dumpfen Grollen, wie ein tausend Jahre alter Drache, der im Schlaf gestört worden war. Justin fand das aufregend, auch wenn Teufelchen manchmal einen besorgten Blick zur Decke warf, als wäre er von der Standfestigkeit seines Zuhauses nicht ganz überzeugt.

An diesem Tag blieb zunächst alles ruhig. Durch die Fenster drang nur manchmal das Grollen des niemals endenden Gewitters herein und ab und zu zitterte der Fußboden ganz sacht. Sie spielten Verstecken, was in den endlosen Stollen und Gängen des Vulkans manchmal Stunden dauern konnte. Am Anfang hatte Justin ein bisschen Angst gehabt sich zu verirren und vielleicht den Rückweg nicht mehr zu finden, aber Teufelchen spürte ihn immer in erstaunlich kurzer Zeit auf, ganz egal, wie gut Justin sich auch versteckte.

So auch heute. Urplötzlich stand er vor ihm, riss die Arme hoch, zog eine fürchterliche Grimasse und Justin spielte den Erschrockenen und flitzte davon. Teufelchen rannte schnaubend hinterher und im Nu war die schönste Verfolgungsjagd im Gange.

Keiner von ihnen bemerkte, dass das Drachengrollen des Vulkans allmählich lauter wurde und der Boden immer heftiger zitterte. Dass draußen immer mehr Blitze niederzuckten und der Donner immer drohender rollte. Ab und zu fielen jetzt Steine von der Decke, denen sie im Laufen ausweichen mussten, aber das machte die Verfolgungsjagd nur noch spannender. Sie liefen, bis sie beide vollkommen außer Atem waren und selbst dann lachten und kicherten sie noch.

Plötzlich aber verstummte Teufelchen. Ein erschrockener Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. Hastig sah er sich nach allen Seiten um, dann machte er Justin ein Zeichen still zu sein.

»Was ist denn?«, gluckste Justin. Es fiel ihm schwer, nicht zu lachen.

»Still!«, zischte Teufelchen. »Irgendjemand kommt!«

Er stand auf, bedeutete Justin sich nicht von der Stelle zu rühren und lief mit raschen Schritten davon.

Justin sah ihm mit klopfendem Herzen nach. Er fühlte sich noch völlig aufgedreht und ausgelassen von der wilden Verfolgungsjagd, aber allmählich wurde ihm doch etwas mulmig. Der Vulkan grollte und rumorte mittlerweile ununterbrochen. Von der Decke fielen immer mehr Steine und kleine Felsbrocken und der Boden schwankte sanft. Hier und da hatten sich Risse aufgetan, aus denen grauer, nach Schwefel riechender Dampf quoll. Das Licht war irgendwie … röter geworden und draußen tobte das Gewitter mit einer nie dagewesenen Kraft. Und wenn er es recht bedachte, dann hatte er niemals zuvor einen so erschrockenen Ausdruck auf dem Gesicht seines gehörnten Freundes gesehen wie vorhin.

Er war sehr froh, als Teufelchen nach ein paar Minuten zurückkam.

»Was ist passiert?«, fragte er. Seine Stimme zitterte mehr, als ihm lieb war. »Kommen deine Eltern?«

»Ja«, antwortete Teufelchen. »Sei bloß leise. Wenn mein Vater dich hier erwischt, dann ist der Teufel los.«

»Weil du keine Freunde haben darfst?«, fragte Justin.

»Weil du ein Mensch bist«, antwortete Teufelchen. »Ich darf nicht mit dir –«

Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment erscholl ein gewaltiger Donnerschlag. Der ganze Vulkan wackelte und Justin hätte wahrscheinlich vor Schrecken aufgeschrien, wenn Teufelchen ihm nicht rechtzeitig mit einer Hand den Mund zugehalten und ihn mit der anderen in eine Nische gezerrt hätte.

Keine Sekunde zu früh! Kaum waren sie außer Sicht, da tauchten auch schon Teufelchens Vater und kurz darauf seine Mutter am Ende des Ganges auf.

Seine Mutter sei ein richtiges Teufelsweib, sagte Teufelchen immer, aber Justin fand auch sie eigentlich ganz nett. Sie wirkte nicht erschreckend, war noch überraschend jung, hatte feuerrotes Haar und das, was sein Vater vermutlich eine Traumfigur genannt hätte.

Dafür sah die dritte Gestalt, die zwischen ihnen einherschritt, umso erschreckender aus.

Sie war riesig – bestimmt zwei Meter groß, wenn nicht mehr – und Justin hätte um ein Haar laut aufgeschrien, als er in ihr Gesicht blickte.

»Keinen Laut!«, keuchte Teufelchen.

»Wenn Asmodis dich findet …«

Er sprach nicht weiter.