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Deutsche Erstauflage (ePub) März 2014

 

© 2014 by A.C. Lelis

 

Verlagsrechte © 2014 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk, Fürstenfeldbruck

 

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

 

Umschlagillustration: Marek Purzycki

Satz Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

 

ISBN ePub: 978-3-95823-503-8

 

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de


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Klappentext:

 

Als erfolgreicher Anwalt will Henrik sich keine Blöße geben und hält seine Schwächen fest unter Verschluss. Nur beim Tanzen kann er aus den harten Grenzen seines Jobs ausbrechen. Doch was passiert, wenn er keine klaren Grenzen mehr ziehen kann? Wenn alles droht, sich zu vermischen? Denn Choreograph Julian verkörpert alles, was Henrik so strikt aus seinem Leben ausklammert: Hingabe, Leidenschaft und Gefühle, die Henrik nicht zulassen kann...

Buch 1 der »[kinky] pleasures«-Reihe

 


A.C. Lelis

 

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Widmung

 

 

 

Für meine lieben Leser, die sich dieses Buch gewünscht haben.


o n e

 

 

Es ist mein fünfter Versuch, eine vernünftige Tanzschule zu finden. Seufzend blicke ich an der alten Backsteinfassade des Gebäudes vor mir auf. Dahinter befindet sich angeblich ein gutes Studio. Nicht sehr bekannt, nicht sehr groß und nicht sehr günstig. Sie bieten keine Anfängerkurse an. Das fand ich irgendwie vielversprechend. Nur für Fortgeschrittene. Auch für Profitänzer geeignet. Ein Bekannter um drei Ecken hat es mir empfohlen. Ich habe nicht viel herausfinden können, doch ich ziehe kleine Studios in jedem Fall größeren vor. Es wäre mir unangenehm, wenn im Gerichtssaal jemand sitzt, der diese Seite von mir kennt.

Mit nicht allzu hohen Erwartungen betrete ich das alte Gebäude. Natürlich gibt es keinen Fahrstuhl und das Studio ist im obersten Stockwerk. Das fünfte. Aber ich bin ja hier, um fit zu bleiben. Habe mich schon viel zu lang nicht mehr richtig bewegt.

Im zweiten Stockwerk höre ich schon die Musik. R'n'B. Anscheinend hat der Kurs bereits angefangen. Allerdings hatte ich auch keine Angaben zu einem genauen Kursplan finden können. Meine Quelle meinte nur: »Einfach vorbeikommen und Spaß haben. Die freuen sich über jedes neue Gesicht.«

Na, da bin ich ja gespannt, ob das auch stimmt. Auf halber Strecke werde ich überholt. Die junge Frau sieht mich neugierig von der Seite an. Ihr Blick fällt kurz auf meine Sporttasche, bleibt aber an meiner Krawatte hängen. Ich komme direkt aus der Kanzlei. Ihre Augenbrauen zucken überrascht, doch dann schenkt sie mir ein breites Lächeln. Sie hat ein sehr ausdrucksstarkes Gesicht.

»Wollen Sie zu Julian?«

Sie spricht den Namen englisch aus. Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Julian tatsächlich aus dem englischsprachigen Raum stammt oder sie, denn ihre dunkle Haut deutet auf fremdländische Wurzeln hin. Außerdem habe ich keine Ahnung, wer Julian ist. Doch ich erwidere ihr Lächeln.

Sie trägt ihr Tanzoutfit bereits: bequeme Jazzpants und ein enges Trägertop. Dazu Turnschuhe und ein Stirnband. Ihre krausen schwarzen Haare sind zu einem kleinen Stummelschwänzchen zurückgebunden. Sie wirkt jünger als ich.

»Ins Tanzstudio oben«, erkläre ich.

Sie nickt, als hätte ich ihre Vermutung bestätigt. Demnach gibt dieser Julian wohl den Kurs heute Abend. »Sind Sie neu? Ich habe Sie noch gar nicht gesehen.«

»Ja, ich bin heute zum ersten Mal dabei. Wollte es mir mal ansehen«, antworte ich und füge noch hinzu: »Bin neu in der Stadt.«

»Na dann, herzlich willkommen. Wie haben Sie von Julians Studio erfahren?«

»Durch einen Bekannten«, antworte ich. »Ist er gut?«

»Oh ja, er ist ein fabelhafter Choreograph und Dozent an der Stage School…«

Ich fühle mich ein wenig dumm. Klingt so, als müsste das jeder wissen, der den Weg hierherfindet. Allerdings habe ich noch nie etwas von diesem Julian gehört. Ich interessiere mich auch nicht allzu sehr für Choreographien außerhalb meiner eigenen Kurse. Es macht mir Spaß, selbst welche zu lernen, aber ich sehe mir keine Musikvideos oder Tanzshows an, um anderen dabei zuzuschauen.

»Das klingt gut«, meine ich daher nur.

»Tanzen Sie schon lange?«

»Es geht«, antworte ich bescheiden. »Und Sie? Ich bin übrigens Henrik.«

»Viola. Ich tanze, seit ich denken kann. Auch beruflich. Bin Musical-Darstellerin.« Ihr Blick bleibt erneut an meiner Krawatte hängen. Wie oberflächlich kann man eigentlich sein? Ich habe jedoch nicht das Bedürfnis, mich zu verteidigen. Stattdessen tue ich so, als würde mir ihr Blick überhaupt nicht auffallen.

»Tatsächlich? Treten Sie... trittst du zurzeit irgendwo auf?«

»Ja, bei König der Löwen.« Sie lächelt stolz.

Ich nicke anerkennend. »Und welche Rolle? Ich hatte noch keine Gelegenheit, es mir anzusehen.«

Sie erklärt mir, dass sie eine der Hintergrundtänzerinnen ist. Also ist es wohl nicht schlimm, dass ich sie nicht kenne. Ich lenke das Thema wieder auf das Studio. Inzwischen sind wir fast oben angekommen. »Und sind viele professionelle Tänzer in diesem Studio?«

»Ja, sogar überwiegend. Es sind hauptsächlich Bekannte von Julian selbst. Er macht das ja auch nur zum Spaß nach Feierabend. Es ist sein privates Studio.« Sie lächelt wieder ein wenig merkwürdig. »Also, mach dich auf etwas gefasst. Julian testet mit uns seine neuen Choreographien, um sie auszubauen. Es geht oft sehr chaotisch zu. Und es ist anspruchsvoll, man muss die Schritte gleich nach dem ersten Mal behalten haben.«

Ich nicke. Das stellt keine Schwierigkeit für mich dar. Wobei ich noch abwarten möchte, was das für Schritte sind. Wenn sie mir völlig unbekannt sind, sollte ich mich besser nach hinten stellen.

»Ach und… du solltest dich vor Julian in Acht nehmen. Privat, mein ich. Er ist sehr leidenschaftlich, aber meint es nie ernst. Ich weiß ja nicht, ob du für so etwas empfänglich bist. Doch die Warnung bekommen alle Neuen von mir – explizit die mit blonden Haaren.« Sie zwinkert mir zu. Jetzt stehen wir oben auf dem letzten Treppenabsatz. Vor uns die geöffnete Tür des Studios. »Gebrochene Herzen sind der häufigste Ausstiegsgrund.«

»Ah, danke.« Das ist kein Ausstiegsgrund, eher ein weiterer Grund, gespannt zu sein. Nach etwas Ernstem suche ich auch nicht. Ich habe jedoch keinerlei Vorstellung von diesem Julian. Vielleicht ist er gar nicht mein Typ. Oder ich bin nicht seiner. Blondes Haar hin oder her…

»Hier kannst du dich umziehen. Das Aufwärmen hat schon angefangen.« Viola deutet auf eine Tür und weist dann zu einer offenen am Ende des Gangs. »Da geht's aufs Dach. Wir tanzen im Sommer immer dort oben, wenn es nicht regnet. Einfach durchs Wohnzimmer durch und dann auf den Balkon. Dort ist die Treppe.«

»Okay, danke.« Ich betrete den Umkleideraum. Er entpuppt sich als schmale Kammer ohne Fenster. Ich würde ihn als Wandschrank bezeichnen.

Hier liegen einige Kleidungsstücke auf provisorischen Klappstühlen. Sowohl von Männern als auch von Frauen. Sehr kleines Studio – man merkt es. Und auf dem Dach. Ich werde immer neugieriger. Ist ja beinahe abenteuerlich.

Schnell entledige ich mich des Anzugs und schlüpfe in Trainingshose und Muskelshirt. Nicht, dass ich besonders schamhaft bin, aber ich möchte nicht zu spät oben ankommen. Meine Sachen lege ich nachlässig in eine Ecke auf den Boden. Es ist kein Stuhl mehr frei. Meine Schuhe verstecke ich darunter. Die italienischen Designerstücke fallen hier doch ein wenig zu sehr auf. Und ich hänge an ihnen. Natürlich hoffe ich, dass ich mir unnötig um sie Sorgen mache, aber sicher ist sicher.

Schließlich gehe ich durch die Wohnung. Das Wohnzimmer scheint üblicherweise als Studio zu dienen. Es ist großflächig und eine Wandseite ist komplett verspiegelt. Die Möbel wirken grotesk fehl am Platz. Es gibt eine bequeme Sitzecke aus hellem Leder. In der Nähe steht ein großer Flachbildschirm. Weiter entfernt eine teure HiFi-Anlage.

Ich trete auf den Balkon. Tatsächlich führt von dort eine schmale Metalltreppe auf das Dach. Nichts für Menschen mit Höhenangst. Ganz wohl fühle ich mich auch nicht. Es gelingt mir emporzusteigen, ohne hinunterzugucken. Oben angekommen geht es dann wieder. Hier sind bereits knapp ein Dutzend Tänzer versammelt. Ich kann niemanden ausmachen, der sie anleitet. Sie scheinen sich noch aufzuwärmen. Ein wenig unschlüssig bleibe ich stehen und sehe mich nach Viola um. Sie scheint aber zu beschäftigt, um mich zu bemerken.

Plötzlich löst sich aus den Tanzenden ein Mann. Sein schwarzes Haar ist zu einem Zopf zurückgebunden. Er hat einen südländischen Teint – ein helles Ocker – und dafür umso weißere Zähne, als er mich nun freundlich angrinst. Seine attraktiven Gesichtszüge wirken exotisch, doch ich kann ihnen keine Nationalität zuordnen. Mit wenigen Schritten hat er mich erreicht und streckt eine Hand aus. »Hi, ich bin Julian.«

»Henrik«, stelle ich mich vor und erwidere sein Lächeln, als ich die angebotene Hand schüttle. Also der Tanzlehrer persönlich. »Marc Fricke hat dich mir empfohlen. Ich dachte, ich komme mal vorbei und sehe mir an, was ihr so treibt.«

»Ansehen gibt es nicht.« Er zwinkert mir zu. Ein schwacher Akzent schwingt bei seinen Worten mit, den ich jedoch auch nicht zuordnen kann. Vielleicht englisch. »Nur Mitmachen.«

»Na, das hatte ich gehofft«, versichere ich und lächle – wie ich hoffe – sympathisch.

»Gut«, meint er. Der Blick seiner überraschend hellen Augen wandert über meinen Körper.

Ich hoffe, er findet mich annähernd so attraktiv wie ich ihn. Bei seinen langen Haaren bin ich mir nicht ganz sicher, aber der Rest gefällt mir ausnehmend gut. Vor allem der athletische Körper – jeder einzelne Muskel durch jahrelanges Tanzen trainiert. Ein Zustand, den ich auch anstrebe. Mit dem Muskeltraining, das ich zusätzlich betreibe, erreiche ich zwar, dass meine Muskeln definiert hervortreten, aber ich habe nicht die konzentrierte Körperspannung, die seine Haltung ausdrückt.

»… etwas zu schnell, kannst du jeden fragen.«

Ich bekomme nur die Hälfte mit von dem, was er sagt – so vertieft habe ich seine Hände betrachtet – und nicke nur. Schöne Hände. Da bin ich ein wenig fetischistisch. Sein Handrücken ist leicht geädert. Er hat lange maskuline Finger. Definitiv gut gepflegt. Kein Ring.

»Wo hast du schon überall getanzt?«, erkundigt er sich. »Du bist doch Profi, oder?«

»Nein, kein Profi.« Ich verschränke ein wenig unruhig die Hände hinter dem Rücken. Vielleicht habe ich mich hiermit doch überschätzt. »Ich habe bis vor Kurzem in Stuttgart gewohnt.« Dann nenne ich ihm das Studio, bei dem ich bisher getanzt habe. Scheint ihm aber nichts zu sagen.

»Na, wenn dich Marc hergeschickt hat, nehme ich mal an, dass du kein blutiger Anfänger bist.« Julian zuckt lässig mit den Schultern. »Sehen wir, wie es klappt.«

»Gute Idee.« Ich beschließe dennoch, mich nach hinten zu stellen.

Doch das lässt Julian leider nicht zu. Nach dem Aufwärmen bittet er mich nach vorne, stellt mich kurz vor und meint dann, dass ich vorn stehen bleiben soll, wo er mich sehen kann. Es gefällt mir nicht wirklich. Zumal es hier auch keinen Spiegel gibt. Ich kann nicht einmal sehen, wie ich mich anstelle, und muss mich ganz auf mein Körpergefühl verlassen.

Allerdings gibt sich die Nervosität recht schnell, nachdem ich Julians erste Schritte gesehen habe. Sie sind mir nicht völlig unbekannt, auch wenn ich sie noch nie in dieser Kombination gesehen habe. Sein Style ist anders als alles, was ich bisher kennengelernt habe. Er bewegt sich wundervoll. Sogar die langen Haare – sie sind wirklich sehr lang, bis über die Schulterblätter – gefallen mir dabei. Sonst stehe ich eher auf kurze Haare. Finde ich bei mir selbst auch praktischer.

Es macht Spaß. Ich passe mich rasch an und kopiere seine Schritte. Die anderen improvisieren darüber hinaus noch, aber so weit bin ich dann doch nicht. Ich will mich erst ganz hineinfinden. Bald begreife ich auch, was Viola mit chaotisch gemeint hat. Während der nächsten Stunde schmeißt Julian die Schrittfolge immer wieder um. Es kostet viel Konzentration, dem zu folgen. Aber ich bin nicht der Einzige, der sich da mal irrt.

Die ganze Zeit über ruhen Julians hellgraue Augen abschätzend auf uns. Er fügt hier und da noch etwas hinzu und übernimmt auch die Ideen der anderen Tänzer. Er lacht viel und sorgt damit für eine lockere, heitere Atmosphäre.

»Okay, dann will ich euch nicht länger quälen«, ruft Julian schließlich und klatscht in die Hände. »Ihr wart wie immer wundervoll.«

Wir stimmen in den Applaus mit ein. Es werden noch die Muskeln gedehnt. Hier und da bilden sich kleine Grüppchen. Ich bin nicht überrascht, dass ich von dem einen oder anderen in ein kurzes Gespräch verwickelt werde. Mich freut jedes Lob, das dabei ausgesprochen wird, und ich halte mich selbst nicht zurück. Das war meine beste Stunde, seit ich in Hamburg bin. Vielleicht sogar überhaupt.

Schließlich verlassen die Ersten das Dach. Ich kann mich von meinen Gesprächspartnern jedoch noch nicht lösen, ohne unhöflich zu wirken. Das Gespräch geht um andere Studios in Hamburg und die Enttäuschungen, die man dabei erlebt hat.

Je mehr ich höre, desto mehr hoffe ich, dass Julian mich weiterhin mitmachen lässt. Wobei ich ihn natürlich bezahlen werde. Solange ich den Kurs nicht störe, sollte er kaum etwas dagegenhaben, oder? Ich drehe mich suchend nach ihm um. Er steht ein wenig abseits und beobachtet mich. Als ich seinem Blick begegne, stellen sich mir unwillkürlich die Nackenhaare auf. Es gefällt mir, wie er mich ansieht. Mit diesem vagen Schmunzeln und leicht verengten Augen. Ich entschuldige mich bei meinen neuen Bekanntschaften und gehe zu ihm hinüber.

»Hey«, grüßt er lächelnd. »Wie hat es dir gefallen?«

»Sehr gut«, antworte ich ehrlich. »Ich würde gerne wiederkommen.«

»Gerne. Du tanzt gut dafür, dass du kein Profi bist«, stellt er fest und neigt den Kopf dabei leicht zur Seite. »Warum eigentlich nicht?«

»Zu spät angefangen«, erkläre ich schulterzuckend. Zudem bin ich mittlerweile wohl auch zu alt, aber das erwähne ich nicht. »Also, wie ist es mit den Formalitäten?«

»Alles recht locker.« Julian lacht leise. »Training ist an drei Abenden die Woche, wenn du einen Tag nicht kannst, ist es nicht schlimm. Montag, Mittwoch und Freitag ab acht.«

»Und was bekommst du dafür?«

»Kommt drauf an…« Er grinst anzüglich, doch dann wird er ernst. »Es gibt keine monatliche Pauschale. Jeder gibt, was er möchte, und ich nehme mir davon, was ich brauche. Letztlich zahle ich damit einen Teil der Miete. Dafür muss es ausreichen. Je mehr mitmachen, desto weniger muss der Einzelne zahlen.«

»Jetzt bin ich nicht wirklich schlauer«, stelle ich fest. »Was zahlen die anderen?«

»Sehr unterschiedlich. Jeder, was er kann. Die Miete liegt bei tausendfünfhundert Euro im Monat.«

Also müsste jeder hundertfünfundzwanzig Euro bezahlen, wenn er die Miete ganz daraus berechnet. Kaum vorstellbar, dass sich eine Hintergrundtänzerin eines Musicals so etwas leisten kann. Aber Julian wird selbst nicht schlecht verdienen. Also kann er gewiss einen Großteil allein bezahlen. Da ich mich nicht lumpen lassen will, werde ich wohl dennoch die hundertfünfundzwanzig Euro berappen. Festlegen möchte ich mich jedoch noch nicht.

»Ich werde mir etwas überlegen.«

»Mach das. Es hat Zeit.« Lächelnd sieht er mir in die Augen. Ich halte dem Blick stand und erwidere das Lächeln. Am Rande nehme ich wahr, wie seine Hand langsam auf mich zukommt. Sie streicht über meine leicht verschwitzte Brust. »War die Stunde anstrengend für dich?«

Ich glaube nicht, dass ich der Einzige bin, der während der Stunde geschwitzt hat. Daher ist es mir auch nicht unangenehm. »Es ging. Meine Kondition hat ein wenig gelitten, wegen des Umzugs habe ich eine längere Pause eingelegt, als ich wollte.«

»Woher kommst du noch mal?«

»Stuttgart.«

»Ah ja«, haucht er. »Wenn du duschen möchtest: Ich habe unten zwei Badezimmer. Wahrscheinlich sind die jetzt belegt. Du müsstest noch warten. Vielleicht magst du solange mit in die Küche kommen? Was trinken?«

»Gern.« Wenn ich seine Blicke richtig interpretiere, sollte ich mir die Chance nicht entgehen lassen, etwas mehr Zeit mit ihm zu verbringen. Ich folge ihm also die Treppe hinunter. Diesmal ist es schwieriger, nicht nach unten zu sehen. Ich bin froh, als ich den Balkon unter meinen Füßen habe und noch mehr, als ich wieder in der Wohnung stehe.

»Man gewöhnt sich dran«, versichert Julian verschmitzt.

Anscheinend habe ich es mir zu sehr anmerken lassen. Ich fühle mich ertappt und lächle verlegen. »Das ist gut. Hab's nicht so mit dem Runtergucken. Auf dem Dach ging's.«

»Ist ganz normal am Anfang.« Julian grinst und greift dann kurz nach meinem Arm, um mich weiterzuziehen, lässt ihn aber gleich wieder los, als ich mich in Bewegung setze. Dennoch gefallen mir seine unnötigen Berührungen. Wie es scheint, kann er die Finger nicht von mir lassen. Leider sind wir in der Küche nicht allein. Schade.

»Kennt ihr euch schon?«, erkundigt sich Julian. »Das sind Ralf, Katrin und Tanja. Wollt ihr auch noch duschen?«

»Ja, es herrscht heut großer Andrang«, sagt diese Katrin und zuckt mit den Schultern. »Also hinten anstellen.«

»Kein Problem. Ich wohne ja nur hier«, spottet Julian. An mich gewendet erklärt er: »Normalerweise duschen nur zwei oder drei hier. Die anderen wohnen ganz in der Nähe und duschen dann zu Hause.«

»Aber heute gibt's einen Poetry Slam, zu dem wir jetzt direkt gehen«, erklärt die andere Frau – Tanja? »Kommt ihr auch mit?«

Ich sehe Julian kurz von der Seite an. Wenn er mitgeht, sollte ich vielleicht auch gehen. Auch wenn es nicht in meine Pläne passt. Ich will ja nicht ungesellig wirken. Allerdings fällt Julians Blick ähnlich unschlüssig aus. Er grinst, als er meinem begegnet. Das alles dauert nicht mal drei Sekunden.

»Also, ich hatte schon was anderes vor«, erklärt er dann hintergründig, ehe er eine Ausrede aus dem Hut zaubert. »Muss noch etwas für den Unterricht morgen vorbereiten. Ich wollte jetzt gleich weitermachen, nachdem ihr weg seid.«

»Ach so? Wie ist es mit dir, Henrik?«

»Ein anderes Mal«, antworte ich lächelnd. »Leider habe ich meinen Abend schon verplant.«

»Keine Spontaneität mehr«, spottet Katrin und verdreht die Augen.

Ralf grinst und nickt zustimmend. »Die wissen halt nicht, was sie verpassen.«

In der Tat: Ich weiß nicht, was ich verpassen würde, wenn ich mich ihnen anschließe. Bisher bin ich mir noch nicht ganz sicher, ob ich tatsächlich glücklich von dannen ziehe, wenn der Abend gelaufen ist, oder eher frustriert in meine leere Wohnung zurückkehre. Vielleicht bilde ich mir die gegenseitige Anziehung auch nur ein und Julian will tatsächlich noch arbeiten.

Jetzt geht er jedenfalls zum Kühlschrank und befördert zwei Flaschen Wasser hervor. Gut, ich habe meine nämlich in meiner Sporttasche vergessen und möchte nicht in den kleinen Umkleideraum. Dort ist es sicherlich recht voll.

»Danke«, sage ich, als er mir eine der Flaschen reicht.

»Gerne.« Tolles Lächeln. Tolle Zähne.

Ich nehme einen Schluck und konzentriere mich auf die Unterhaltung der anderen drei Anwesenden. Sie sprechen über ihr Vorhaben und versuchen, Julian doch noch zu überzeugen. Vielleicht inspiriert es ihn ja, meinen sie. Jedoch er wehrt höflich, wenngleich entschieden ab.

»Mir entgehen ja doch die meisten Dinge bei den Gedichten«, erklärt er entschuldigend. »Mein Deutsch ist nicht gut genug, um es zu genießen.«

»Dein Deutsch ist doch super«, entgegnet Tanja kopfschüttelnd.

»Was ist denn deine Muttersprache?«, erkundige ich mich nun interessiert. »Englisch?«

»Ja, ich bin auf Hawaii geboren und teils aufgewachsen«, erklärt Julian. »Meine Mutter stammt von dort, aber mein Vater ist Belgier. Ich spreche mehrere Sprachen, aber das Deutsch meines Vaters ist noch schlechter als meins. Das musste ich allein lernen.«

»Und was führt dich dann nach Hamburg?«

»Na ja, hier ist viel Wasser, das Meer ist nicht weit, es ist eine schöne Stadt und es gibt gute Aufträge«, erklärt Julian und grinst schief. »Ich weiß nicht, wie lange ich bleibe. Aber nachdem ich eure scheußliche Sprache nun immerhin ein wenig beherrsche…«

Ich grinse unbelastet. Deutsch muss in fremden Ohren wirklich grausam klingen, das hört man ja überall. »Ja, das sollte man ausnutzen. Welche Sprachen sprichst du außerdem?«

»Nun ja, Englisch, Französisch und ein wenig Flämisch und Hawaiianisch.« Julian verdreht abwertend die Augen, was durch sein permanentes Grinsen leicht ulkig wirkt. »Oh, und ein paar Brocken Japanisch.«

»Du hättest Dolmetscher werden sollen und nicht Tänzer«, meint Katrin spöttisch.

»Ich mag Tanzen lieber als Reden.« Er sieht wieder zu mir. Erneut begegnen sich unsere Blicke. Mit einem noch breiteren Grinsen zwinkert er mir zu. Er weiß anscheinend ganz genau, wie er auf andere wirkt, und spielt es geschickt aus. Und in mir wächst das Verlangen nach ihm. Ich würde ihn jetzt gerne anfassen.

»Der Nächste!«, ruft plötzlich jemand aus dem Flur in die Küche.

»Na endlich«, seufzt Tanja und verschwindet in Richtung der Duschen. Wir anderen bleiben in der Küche zurück.

»Wie spät ist es?«, erkundigt sich Ralf.

»Die Uhr an der Mikrowelle funktioniert«, klärt ihn Julian schelmisch auf.

»Das hatte ich befürchtet. Wir kommen viel zu spät«, meint Ralf daraufhin missmutig. Er verlässt ebenfalls die Küche. Kurz darauf hört man ihn an eine Tür poltern. »Boris! Wenn du dich nicht beeilst, komme ich zu dir rein!«

Wir in der Küche lauschen lächelnd der darauffolgenden Diskussion. Dieser Boris hätte anscheinend nichts dagegen, wenn Ralf zu ihm unter die Dusche käme. Ralf dagegen schon.

»Hast du es auch eilig?«, erkundigt sich Katrin bei mir.

Ich schüttle den Kopf. »Nein, schon okay, ich kann warten.«

»Gut.« Sie lacht mich frech an. »Ich hätte dich auch nicht vorgelassen.«

Entspannt lächle ich zurück und nehme einen weiteren Schluck von meinem Wasser. Ab jetzt geht es schneller. Boris betritt die Küche – zumindest nehme ich an, dass er es ist: Er wirkt entnervt und hat nasses Haar. Im nächsten Moment kommt auch schon Tanja zurück, sie scheint es bei einer schnellen Dusche belassen zu haben. Ihr Haar hat sie hochgesteckt.

»Du kannst«, teilt sie Katrin mit.

Die lässt sich das nicht zweimal sagen und verschwindet ebenfalls. Mir fällt ein, dass ich wohl als Nächstes dran bin, und ich beschließe, meine Sachen aus dem Umkleideraum zu holen, damit es schneller geht. Zumal Julian ohnehin in eine Unterhaltung mit diesem Boris verwickelt ist.

Als ich mit meiner Tasche zurück in die Küche komme, ist Julian endlich allein. Sofort baut sich in mir eine gewisse Anspannung auf.

»Na«, sage ich. Das Wort habe ich mir schnell angewöhnt. Hier in Hamburg scheinen die meisten Unterhaltungen damit zu beginnen.

»Na«, erwidert Julian, dem das Spiel anscheinend ebenso vertraut ist.

»Also Hawaii«, sage ich, um das Thema von zuvor wieder aufzugreifen. »Hast du da auch deine Tanzausbildung bekommen?«

»Hm, teils.« Er lehnt an der Küchenzeile und sieht mich mit leicht zur Seite geneigtem Kopf an. »Meine Mutter ist Tanzlehrerin. Mein Vater ist aber im Hotelgeschäft, daher sind wir viel gereist. Ich war auf verschiedenen Schulen und manchmal auch auf – wie heißt das? –… Internaten? Aber getanzt habe ich überall… Hast du eine klassische Ausbildung?«

»Ich habe mit Ballett angefangen.«

»Wie bist du darauf gekommen?« Seine grauen Augen mustern mich durchdringend.

Ich begegne ihrem Blick ganz bewusst und mein Herz schlägt ein wenig schneller. »Meine Schwester hat Ballett getanzt… Darum wollte ich auch.«

»Ah…« Er grinst. »Also musste dich deine Mutter nicht zwingen?«

»Ich musste meine Mutter zwei Jahre lang überreden.« Ich grinse zurück.

»Wie alt warst du noch mal, als du angefangen hast? Sorry, ich bin ein wenig vergesslich, hattest du das schon erwähnt?« Wahrscheinlich interessiert es ihn auch nicht so sehr. Viola erwähnte ja, dass er nichts ernst nimmt. Mir liegt auch nichts daran, tiefere Gespräche zu führen.

»Mit zehn.«

»Was für eine Verschwendung von Talent. Sie hätte dich eher gehen lassen sollen.«

»Nun, als ich erst einmal dabei war, hat sie mich immer unterstützt«, erkläre ich lächelnd. »Ich vermute, dass sie mich auch eher gelassen hätte, wenn mein Vater sich nicht so sehr gesträubt hätte.«

»Ah ja, typisch.«

Wir lächeln uns verschwörerisch an. Erneut kommt jemand in die Küche, um sich zu verabschieden. Danach kommen wir nicht mehr dazu, unser Gespräch fortzusetzen. Ralf kommt aus einem der Badezimmer und damit ist der Weg frei für mich.

»Lass dir Zeit.« Julian lächelt wieder hintergründig. »Es wartet ja keiner mehr.«

»Okay, danke.« Ich schnappe mir meine Tasche und verlasse mit einem letzten Blick auf Julian die Küche.

Die Badezimmertür schließe ich bewusst nicht ab. Wieder spüre ich die Anspannung in meinem Bauch. Vielleicht mache ich mich mit meiner Hoffnung auch nur lächerlich. Doch ich denke, es könnte sich lohnen, nicht so schamhaft zu sein.

Gemächlich ziehe ich mich aus und steige unter den warmen Wasserstrahl der Dusche – nachdem ich die Wanne ein wenig ausgespült habe, immerhin hatte ich schon einige Vorgänger. Im Normalfall hätte ich es unter diesen Bedingungen vorgezogen, daheim zu duschen. Wer weiß, wie häufig Julian sein Bad putzt? Bei drei Kursen die Woche…

Ich verdränge den Gedanken und versuche, die Dusche auszukosten. Meine Muskeln entspannen sich auch allmählich. Die innere Anspannung bleibt. Ich lausche auf mögliche Geräusche. Als es mir bewusst wird, drehe ich mich mit dem Gesicht zur Wand. So sehe ich nichts und höre auch nur noch das Rauschen des Wassers.

Ich lasse mir Zeit, shampooniere mein Haar zweimal und wasche mich gründlich. Überall. Schließlich komme ich mir lächerlich vor. Es passiert nichts. Ich gebe mir noch zwei Minuten, um die Seife abzuspülen. Es heißt ja nicht, dass er mich nicht will. Er muss mich ja nicht gleich unter der Dusche überfallen. Mit einem unterdrückten Seufzen stelle ich das Wasser ab und drehe mich um.

Als ich außerhalb der Kabine plötzlich Julians Gestalt wahrnehme, zucke ich erschrocken zusammen. Er grinst. Was auch sonst. Den Kopf hat er wieder leicht zur Seite geneigt. Langsam wandert sein Blick über meinen Körper.

Seine unvermittelte Anwesenheit lässt mich im ersten Moment wie versteinert erstarren und mir wird sehr heiß unter seinem Blick. Doch schließlich gebe ich mir einen Ruck und öffne die gläserne Schiebetür.

»Was ist? Schaust du nur oder soll ich noch länger warten?«, erkundige ich mich spöttisch.

Er lacht leise und stößt sich vom Waschbecken ab, wo er eben noch gelehnt hat. »Es macht Spaß, dir beim Warten zuzusehen.«

Er zieht Trainingshose und Pants gleichzeitig aus, ehe er sich das Shirt über den Kopf streift. Natürlich hat er einen tollen Körper. Mein Blick wird von seiner Erektion gefangen genommen. »Wie lange stehst du da schon?«

»Lange.«

Ich weiche ein wenig zurück, um ihm Platz zu machen. Alles in mir schreit danach, das Gegenteil zu tun. Ich will ihn anfassen. Doch ich gebe mich gelassen. Er stürzt sich auch nicht sofort auf mich. Seine Hand greift an mir vorbei und stellt das Wasser wieder an. »Ich bin noch ganz verschwitzt.«

Stört mich nicht. Aber das Geständnis verkneife ich mir. »Soll ich dich einseifen?«

»Gern.« Seine Augen verengen sich von seinem breiten Grinsen. Kurz vorm Lachen, so scheint es. Irgendwie ist mir das sympathisch, auch wenn ich selbst nie so sein könnte.

Ich will ihn küssen. Aber Küssen ist so eine Sache… Nicht alle stehen darauf. Besonders, wenn es oberflächlich bleiben soll. Ich bin da anders. Sex ohne Küssen ist mir zu fad. Es macht einfach weniger Spaß.

Testend lehne ich mich vor, um meine Absicht kundzutun, Julian aber die Möglichkeit zu geben mir auszuweichen. Er tut nichts dergleichen. Im Gegenteil: Er kommt mir sogar entgegen. Langsam. Genauso bedächtig wird der Kuss, während seine Hand hinter mich greift. Ich nehme aus den Augenwinkeln wahr, dass er sich das Duschgel genommen hat.

»Mein Job«, nuschle ich gegen seine Lippen und nehme ihm das Behältnis ab.

»Werde dich nicht aufhalten«, verspricht er und weicht von mir zurück.

So habe ich den Raum, den ich brauche. Ich nehme etwas von dem Gel auf die Hand und beginne, ihn damit einzureiben. Sorgsam lasse ich meine Hände über seinen Oberkörper gleiten, studiere jeden Muskel, wage mich vor bis zu seiner glattrasierten Scham, aber noch widerstehe ich dem Drang und lasse sein Geschlecht aus. Dabei spüre ich die ganze Zeit Julians lauernden Blick auf mir.

»Umdrehen«, bitte ich ihn schließlich.

Mit einem nachsichtigen Lächeln folgt er meiner Bitte und stützt sich an der Glasscheibe ab. Gewiss stellt er sich absichtlich so breitbeinig hin und lehnt sich weiter vor, als er müsste. Ich kann nicht länger widerstehen und trete dichter an ihn heran. Langsam lasse ich meine Hände über seinen Rücken wandern, während ich meine Lenden an seinen Hintern schmiege. Er zuckt mir leicht entgegen, doch dann hält er wieder still und scheint meine Hände zu genießen. Sorgsam konzentriere ich mich auf die Reinigung seines sehnigen Rückens. Schließlich lasse ich meine Hände um ihn herumgleiten und umfasse damit endlich seinen Penis.

Von einem leisen Raunen begleitet, richtet sich Julian auf, bis er an meiner Brust lehnt. Sein Hintern reibt lasziv an meinem halb erigierten Penis. Ich beginne, flacher zu atmen und schließe für einen Moment die Augen. Meine Hände umschmeicheln sein Geschlecht. Es zuckt und pulsiert in ihnen.

Schließlich dreht sich Julian in meinen Armen um und ich muss ihn widerwillig freigeben. Dafür bekomme ich seine Lippen. Seine linke Hand streicht über meine Brust und zwickt mich verspielt. Ich keuche und kneife im Gegenzug in seine Pobacke. Der Großteil meiner Aufmerksamkeit gilt immer noch seinem Arsch, auch wenn ich ihn nicht mehr an meinen Lenden spüre. Ich hätte ihn nur gerne wieder dort.

»Sauber genug?«, erkundige ich mich.

»Du hast noch etwas vergessen…« Seine Hand greift nach meiner und schiebt sie über seine Poritze.

Ich lache in unseren Kuss. »Bestimmt nicht. Ich denke an nichts anderes mehr…«

»Ach ja?« Seine Hand lässt meine frei. Dann spüre ich sie auf meinem Hintern. »Gleiches Recht für alle.«

»Du redest zu viel«, stelle ich schmunzelnd fest und schnappe wieder nach seiner Unterlippe, die es mir angetan hat.

»Du hast angefangen«, nuschelt Julian vergnügt. Seine Finger tasten über meinen Anus. Ich bin schon weiter und seiner Aufforderung nachgekommen, ihn dort zu säubern. Nun, wenn man es Säubern nennen kann…

Er haucht ein verzagtes Stöhnen in meinen Mund. Der Laut geht mir durch und durch. Sehnsüchtig drängt er seinen nackten Körper an mich. Ich halte erregt dagegen. Wir sind beinahe gleich groß, unsere Lenden daher auf einer Höhe. Unser Kuss wird fahriger, als ich behutsam mit einem Finger in ihn eindringe. Seine Hand an meinem Hintern verschwindet, stattdessen klammert er sich bebend an meinen Schultern fest. Wir geben den Kuss auf.

»Schlafzimmer?«, schlägt Julian atemlos vor.

Ich nicke nur und gebe ihm noch einen Kuss, ehe ich meinen Finger zurückziehe. Dann stolpern wir aus der Dusche. Ohne mich abzutrocknen, folge ich dem ebenso nassen Julian aus dem Bad. Zum Glück sind wir inzwischen die Einzigen in der Wohnung. Die Eingangstür ist jetzt geschlossen. Doch ich habe nur einen kurzen Blick für sie übrig, meine Aufmerksamkeit gilt dem nackten Mann, der sich im Schlafzimmer aufs Bett legt und erwartungsvoll zu mir aufblickt. Ich trete näher. Mein Blick gleitet zwischen seine Beine, wo sein Penis immer noch hart auf mich wartet. Sexy. Ohne zu zögern, steige ich über ihn.

Die fehlende Vertrautheit zwischen uns gibt mir einen zusätzlichen Kick. Ich mag es, wenn ich meinen Sexpartner kaum kenne. Es ist spannender. Seine Reaktionen nicht vorhersehbar. Zudem bin ich mir immer noch nicht sicher, was er will. Soll ich ihn nehmen oder will er mich ficken?

Langsam lecke ich über seinen noch feuchten Oberkörper und teste, wie er reagiert, wenn man an seinen Brustwarzen saugt… Es entlockt ihm ein Ächzen und er wölbt sich mir entgegen. Schmunzelnd mache ich weiter. Meine Hand gleitet über seinen Bauch und umfasst schließlich seinen Penis. Ohne sie zu bewegen, halte ich ihn fest, während ich meine Zunge um seinen Nippel kreisen lasse.

Seine Lenden rucken gegen meine Hand. Als ich zu ihm aufblicke, schaut er erhitzt zurück. Er grinst nicht mehr. Seine Unterlippe hat er zwischen die Zähne gesaugt und er atmet hastig. In seinem Blick liegt etwas Forderndes. Einen Moment bin ich geneigt, ihn zu ärgern und mir noch mehr Zeit mit seiner Brustwarze zu lassen. Doch dann sinke ich zwischen seine Beine und nehme ihn in den Mund.

»Yeah… Like that«, keucht er verlangend.

Davon angespornt, sauge ich ihn tiefer in mich. Dabei gleiten meine Hände über seine Schenkel und spreizen sie. Ich lasse ihn wieder aus meinen Mund gleiten und lecke über die Unterseite seines Schafts. Julian bebt; bereitwillig lässt er seine Beine hochdrücken. Mir gefällt, wie empfindsam er auf meine Zunge reagiert. Ich lasse sie tiefer gleiten und kitzle mit ihr seinen zuckenden Anus und erhalte ein sexy Stöhnen als Belohnung.

Inzwischen bin ich selbst sehr hart, ohne dass ich mich dort unten berührt habe. Ich bin aber nicht so selbstlos, dass ich mich mit dem gebenden Part allein zufriedengebe. Kurzerhand richte ich mich auf und ziehe Julian ein wenig tiefer, sodass er nicht direkt am Kopfende des Bettes liegt und ich noch hinter ihm knien kann.

Er begreift sofort, was ich vorhabe, und kommt meinem Wunsch mit einem begeisterten Raunen nach. Ehe ich mich versehe, hat er meinen Schwanz in seinen Rachen gleiten lassen. Seine Hände auf meinen Hintern halten mich in der Position. Die unvermittelte Hitze seines Mundes um mein Geschlecht macht mich reglos. Atemlos knie ich auf allen Vieren über ihm und mein Hirn wird blank. Dann gibt er mich wieder frei und ich ziehe mich behutsam zurück, damit er atmen kann.

Ich blicke zwischen unseren Körper hindurch zu seinem Gesicht. Er lächelt selbstgefällig und schnappt mit den Lippen nach meiner Eichel.

Benommen schüttle ich den Kopf und besinne mich dann wieder auf mein eigentliches Vorhaben. Ich widme mich ebenfalls seinem Geschlecht, das sich nun noch härter anfühlt. Immer wieder verliere ich meine Konzentration dabei. Er ist einfach zu gut. Seine Hände an meinem Hintern werden zielstrebiger.

Wieder weiß ich nicht, wohin es führen wird. Ich kann mich gar nicht darauf einstellen, wer von uns aktiv und wer passiv werden will. Momentan ist er eher aktiv. Definitiv. Und es gefällt mir ebenso gut wie zuvor, als ich noch meine Zunge an seinem Arsch hatte.

Ein langer, schlanker Finger wagt sich langsam in mich, während feuchte Lippen gleichzeitig an meiner Eichel saugen. Einmal mehr unfähig, ihm etwas zurückzugeben, halte ich seinen Penis wieder nur in meiner Hand und hauche meinen beschleunigten Atem auf die feuchte Eichel. Ich habe Angst, ihn in meiner Ekstase versehentlich zu beißen.

Ein zweiter Finger kommt hinzu. Um nicht ganz so undankbar zu sein, beginne ich, ihn mit meiner Hand zu massieren. Seine Beine sind locker gespreizt. Eins hat er aufgestellt, das andere seitlich auf die Matratze gelegt. Die Pose wirkt entspannt und einladend zugleich. Doch ich widerstehe. Inzwischen habe ich mehr Lust darauf, dass er mich fickt.

Als ich es kaum noch aushalte, entwinde ich ihm meinen Hintern und drehe mich herum. Ich setze mich auf seinen Bauch und rutsche mit dem Hintern zurück, bis sein Penis an meiner Spalte liegt.

Julian ächzt genüsslich und sieht unter halb gesenkten Augenlidern zu mir auf. »Du willst mich reiten?«

»Würde dir das gefallen?«, erkundige ich mich schmunzelnd und beuge mich vor.

Er kommt mir entgegen, indem er sich auf seine Unterarme stützt, und geht schmunzelnd auf meinen Kuss ein. Dann sieht er mich lüstern an. Sein Blick wandert über meinen Körper. »Yeah… Ich denke, das würde mir gefallen.«

»Kondom?«, erkundige ich mich.

»Schublade«, antwortet er und deutet zu einer Seite des Bettes. Ich folge seinem Fingerzeig und strecke mich, um sie zu erreichen. Seine Eichel fällt dabei gegen meinen Anus und reibt daran. Es macht mich beinahe verrückt. Ihn wohl nicht weniger.

Ich zögere es noch ein wenig heraus, indem ich so tue, als müsste ich ein wenig wühlen. Dabei werde ich schnell fündig. Die Eichel reibt weiter zwischen meinen Pobacken. Julians Hände greifen an meine Hüfte. Ich spüre, wie er dem Reiz entgegenzuckt. Dann lehne ich mich wieder zurück. Gleitgel und Kondom landen auf dem Laken neben uns.

»Das hast du absichtlich gemacht«, stellt Julian schmunzelnd fest.

Ich gestatte mir ein Grinsen. »Was?«

Julian schüttelt nur den Kopf. Er greift nach dem Gleitgel und drückt es mir in die Hand. »Turn around… Ich möchte es sehen.«

Er scheint immer wieder in seine Muttersprache zurückzufallen. Gefällt mir. Dennoch folge ich seinem Befehl nicht sofort. »Wieso machst du es mir nicht?«

»Ich mag gucken…«

»Na, dann will ich mal nicht so sein«, spotte ich und drehe mich wieder einmal herum. Ich stütze mich auf dem linken Arm ab, während ich nach vorn gebeugt über ihm knie. Einhändig öffne ich den Klappverschluss des Fläschchens und drücke das Zeug dann direkt in meine Spalte.

Julians Hände streicheln über meine Beine. Ich sehe, wie sein Penis unter mir erwartungsvoll zuckt. Sein Gesicht kann ich leider nicht sehen. Achtlos lege ich die Flasche wieder auf die Matratze und beginne, das Gel zu verstreichen. Schließlich nehme ich noch ein wenig mehr und führe zwei Finger ein, um es auch innerlich zu verteilen.

Die Hände an meinem Schenkel wandern höher. Eine umfasst meine Hoden und spielt mit ihnen. Die andere streichelt über meinen Hintern. Gott, das ist fast zu viel. Ich stöhne heiser und zucke ihnen entgegen. Ich ziehe meine Finger zurück, weil ich auch die Hand zum Abstützen brauche. Sie werden jedoch umgehend durch Julians ersetzt.

Verzagt beiße ich mir auf die Unterlippe und bebe unterdrückt. Schon lange her, dass mich jemand so angeturnt hat. Ich will mehr.

»Julian!«

Er lacht leise. »Just a little longer…«

»Now!«, entgegne ich so bestimmt, wie ich es noch vermag. Es klingt beinahe wie ein Flehen. Der Finger in mir reizt zielgerichtet meine Prostata, während die andere Hand immer noch meine Hoden krault. Ich komme gleich allein davon…

»'kay«, haucht Julian und die Hände verschwinden abrupt.

Die Kondomhülle knistert. Dann legt sich seine Hand auf meinen Steiß. Behutsam drückt sie mich herab. Ich blicke an mir runter und sehe, wie seine andere Hand hektisch das Kondom über seinen Schwanz rollt. Dann spüre ich auch schon seine Eichel an meinem Anus und stöhne auf. Noch lauter, als sie in mich eindringt, während ich mich zurück- und damit auf ihn setze.

Kaum habe ich mich an ihn gewöhnt und entspannt, beginne ich, mich zu bewegen. Ich verlagere das Gewicht auf meine Füße, die ich aufstelle, und lehne mich zurück, um den Winkel zu verbessern. Julians Hände streicheln über meinen Rücken. Nach einer Weile beginnt er, gegen mich zu arbeiten.

Ich lege genüsslich den Kopf in den Nacken und stütze mich nur noch mit der rechten Hand nach hinten ab. Mit der linken streichle ich mich selbst. Das letzte Mal ist zu lange her… Viel zu lang. Ich spüre schon jetzt, dass ich es nicht lange aushalte. Um es noch ein wenig hinauszuzögern, lasse ich ihn aus mir gleiten und wechsle die Position.

»Hmmm…«, brummt Julian zufrieden, als ich mich zu ihm herumdrehe und rittlings auf ihn setze. Seine Hand streichelt über mein sehr hartes Geschlecht. Noch begeisterter scheint er, als ihn wieder meine Enge umfängt. Er schließt berauscht die Augen und zuckt mir entgegen. Seine Muskeln arbeiten unter seiner Haut, als er beginnt, in mich zu stoßen.

Der Anblick gibt mir den Rest. Keuchend ergieße ich mich in seine Hand, die mich zu dem Ganzen immer noch streichelt.

Julian öffnet überrascht die Augen. Er stöhnt leise und schiebt sich tief in mich, um das Krampfen meiner Muskeln auszukosten. Auch sein Körper zuckt angespannt, doch er kommt noch nicht. Als ich mich erholt habe, lasse ich ihn wieder aus mir gleiten.

»Wie möchtest du kommen?«, erkundige ich mich leise.

»Leg dich auf den Rücken«, weist mich Julian rau an.

Als ich der Forderung nachkomme, nimmt er mich von vorn. Seine Augen ruhen dabei hungrig auf meinem nassen Geschlecht, das noch ein paar Fäden meines Samens über meinen Bauch zieht. Es scheint ihm den entscheidenden Ansporn zu geben. Abgesehen davon, dass er mich nun recht hart fickt. Es gefällt mir, auch wenn ich nicht noch einmal abspritzen kann. Nicht lange, dann kommt er mit einem befriedigten Grunzen und letzten harten Stoß in mein Inneres.

Anschließend zieht er sich zurück, streift das Kondom ab und macht einen Knoten in das obere Ende, ehe er es achtlos aus dem Bett fallen lässt. Er selbst fällt neben mich. Sein Grinsen wirkt aufgeräumt und zufrieden. Auch ich bin entspannt. Behaglich strecke ich mich aus und verschränke die Arme hinter dem Kopf.

»Du warst schnell«, stellt Julian jetzt fest und streicht über meinen nackten, klebrigen Bauch. »Hat dir mein Schwanz so sehr gefallen?«

»Das letzte Mal war zu lange her…«, gestehe ich schmunzelnd. »Du solltest dir nicht zu viel darauf einbilden.«

»Wie lange?«, erkundigt er sich neugierig.

»Einen Monat?«

»Wow… Warum?«

»Wegen des Umzugs. Keine Gelegenheit«, erkläre ich schulterzuckend.

»Ah, okay.«

»Wieso fragst du?«

»Na ja, mit deinem Aussehen sollte es dir ja nicht schwerfallen, jemanden fürs Bett zu finden«, stellt er nonchalant fest. »Und zimperlich scheinst du auch nicht zu sein.«

»Nein, normalerweise nicht«, gebe ich lächelnd zu.

»Wir sollten das mal wiederholen«, stellt er fest.

Ich interpretiere diese Floskel in diesem Kontext als Hinweis, dass ich nicht hier schlafen darf. Das sagt man doch üblicherweise, wenn man auseinandergeht. Nachgiebig richte ich mich auf. Er könnte mir wenigstens eine halbe Stunde gönnen. Aber vielleicht muss er tatsächlich noch arbeiten. Und ich will auch lieber zu Hause schlafen. In meinem eigenen Bett.

»Ich benutze noch einmal deine Dusche.«

»Klar. Lass dir Zeit.«

Diesmal tue ich das nicht. Ich springe nur noch einmal schnell unter den Strahl und wasche mir das Gleitgel vom Hintern. Dann trockne ich mich ab und schlüpfe wieder in meine Sachen. Die Krawatte lasse ich in meiner Sporttasche verschwinden, aber Jackett und Hose ziehe ich lieber an, damit sie nicht zerknittern.

Ein wenig unschlüssig, ob ich einfach gehen soll oder mich verabschieden, entscheide ich mich für Letzteres. Zunächst werfe ich einen Blick ins Studio, doch als er dort nicht ist, gehe ich zurück ins Schlafzimmer. Tatsächlich liegt er immer noch nackt und breitbeinig im Bett. Er ist wach. Seine Augen starren selbstvergessen an die Zimmerdecke.

»Also, ich hau dann ab. Bis Freitag vermutlich.«

Ein wenig abrupt richtet er sich auf und starrt mich an. »Ähm, klar.«

Anscheinend hat er nicht damit gerechnet, dass ich mich verabschiede. Also falsche Entscheidung. Egal. Ich zucke mit den Schultern und wende mich zum Gehen.

»Hm, Henrik?« Klingt so, als müsste er sich erst auf meinen Namen besinnen.

Ich versuche, nicht gekränkt zu sein. Es ist drei Stunden her, dass er ihn gehört hat. »Was?«

Das Bett quietscht und kurz darauf lehnt er neugierig an der Tür. »Warum trägst du… ähm a suit

»Bin direkt von der Arbeit gekommen. Hatte keine Zeit, mich vorher umzuziehen.«

Er betrachtet mich eingehend. »Was arbeitest du?«

»Ich bin Anwalt.«

»Oh«, haucht er. »Hätte ich nicht gedacht.«

»So.« Mich würde nun schon interessieren, was er dann gedacht hat. Aber ich verkneife mir die Frage. »Also dann…«

»Ja, bye«, sagt er. »Ich wollte dich übrigens nicht vertreiben. Nur…«

»Schon okay, ich schlafe lieber daheim«, versichere ich ihm. Wahrscheinlich wollte er nur sichergehen, dass ich kapiert habe, dass es nur Sex ist. Das wusste ich jedoch von Anfang an. »Viola hatte mich schon aufgeklärt, dass du es selten ernst meinst. Kein Ding. Ich ticke da ähnlich.«

»Viola?« Für einen kurzen Moment scheint er verstört, doch dann grinst er schon wieder unbefangen. »Okay, dann ist ja alles klar.«

Ich nicke und lehne mich vor, um ihm zum Abschied einen Kuss auf den Mund zu hauchen. Damit wäre das Abenteuer wohl abgehakt. »Bis Freitag.«