Überzeugt im Glauben
kraftvoll im Handeln

Petra Ziegler

Überzeugt im Glauben kraftvoll im Handeln

Persönlichkeiten aus dem Evangelischen Namenkalender

Inhalt

Vorwort

Fritz von Bodelschwingh

Jakob Andreä

George Fox

Traugott Hahn

Antonius

Matthias Claudius

Heinrich Seuse

Theophil Wurm

Charles Spurgeon

Philipp Jakob Spener

Friedrich Christoph Oetinger

Friedrich Schleiermacher

Johannes Daniel Falk

Martin Luther

Polykarp von Smyrna

Johann Christoph Blumhardt

John Wesley

Elsa Brandström

Perpetua und Felicitas

Thomas von Aquin

Friedrich Gottlieb Klopstock

Patrick von Irland

Benedikt von Nursia

Nikolaus von Flüe

Amalie Sieveking

Gerhard Tersteegen

Johann Hinrich Wichern

Dietrich Bonhoeffer

Petrus Valdes

Caroline Fliedner

Philipp Melanchthon

Johannes Bugenhagen

Philipp Friedrich Hiller

Katharina von Siena

Athanasius

Friedrich der Weise

Nikolaus von Zinzendorf

Johann Arndt

Samuel Hebich

Konstantin der Große

Paul Gerhardt

Johannes Calvin

Johann Friedrich Flattich

Joachim Neander

Bonifatius

Barnabas

Johannes Tauler

Albert Knapp

Ludwig Richter

Eva von Tiele-Winckler

Johann Valentin Andreä

Otto von Bamberg

Jan Hus

Tilman Riemenschneider

Nathan Söderblom

Heinrich II. und Kunigunde

Paul Schneider

Maria Magdalena

Luise Scheppler

Johann Sebastian Bach

Gustav Werner

Christoph Blumhardt

Laurentius

Klara von Assisi

Florence Nightingale

Johann der Beständige

Werner Sylten

Monnica

Augustinus

Matthias Grünewald

Katharina Zell

Johannes Brenz

Hildegard von Bingen

Heinrich Bullinger

Mauritius

Johann Peter Hebel

Paul Rabaut

Hieronymus

Rembrandt van Rijn

Theodor Fliedner

Huldrych Zwingli

Lucas Cranach der Ältere

Johann Ludwig Schneller

Elias Schrenk

Jeremias Gotthelf

Henri Dunant

Erhard Schnepf

Johann Albrecht Bengel

Gustav II. Adolf

Martin von Tours

Johannes Kepler

Elisabeth von Thüringen

John Knox

Katharina von Alexandria

Ämilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt

Barbara

Nikolaus von Myra

Ambrosius Blarer

Christian Fürchtegott Gellert

Adelheid

Katharina von Bora

Mathilda Wrede

John Wyclif

Evangelischer Namenkalender

Bildnachweis

Vorwort

Heilige gibt es in der evangelischen Kirche nicht. Aber dennoch brauchen Menschen Vorbilder im Glauben, Vorbilder, an denen sie sich orientieren können, die einem die Richtung weisen.

Der Reformator Martin Luther hat zu seiner Zeit die Heiligenverehrung scharf kritisiert. Gegen Glaubensvorbilder hatte Martin Luther natürlich nichts. Doch die Heiligen sind ihm damals zu „Götzen“ geworden. Ihnen wurden besondere Mächte zugeschrieben. Gegen diese Vorstellung hat sich Martin Luther zu Recht gewehrt. Er wollte auf keinen Fall, dass „sich die Leute gewöhnen, mehr Zuversicht auf die Heiligen zu setzen als auf Christus selbst“. Aber auch Martin Luther konnte es nicht verhindern, dass er selbst sozusagen der erste evangelische Heilige wurde. Und im 20. Jahrhundert war es dann Dietrich Bonhoeffer, dem das Heiligen-Etikett angeheftet wurde. Evangelisch ist hier übrigens nicht im konfessionellen Sinn gemeint (etwa als Gegensatz zu katholischen Heiligen), sondern evangelisch meint im Grunde nichts anderes als „im Evangelium begründet“.

Doch was zeichnet einen evangelischen Heiligen aus? Der Marburger Theologe Hans-Martin Barth definiert ihn knapp und eindeutig: „Der evangelische Heilige ist der tapfere Sünder, der sich im Vertrauen auf Gottes Vergebung in Christus auch eine falsche Entscheidung zu treffen traut. Er scheut nicht vor der Verantwortung zurück, wenn er sich gesellschaftlich auf Glatteis begeben sollte; er kann es sich leisten, risikofreudig zu sein. Der Heilige im Sinn der Reformation ist in erster Linie Zeuge für Gottes gnädige, freimachende Gegenwart.“

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gab es erste Bestrebungen, eine Liste von Glaubensvorbildern zu erstellen. Damit es zu keiner Verwechslung mit dem katholischen Heiligenkalender kommt, wurde der Kalender dann 1969 vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland als „Evangelischer Namenkalender“ offiziell freigegeben. In den 1970er Jahren wurde er dann nochmals leicht verändert.

Doch wer wurde in den Evangelischen Namenkalender aufgenommen? Es sind nicht nur Märtyrer der frühen Kirche, die ihren Glauben nicht öffentlich leben konnten, sondern auch Maler wie Ludwig Richter. Er war ein Künstler der Romantik und der Biedermeierzeit – und war zeitlebens Katholik. Aber er findet sich im Namenkalender, weil er in seinen Gemälden die tiefe Frömmigkeit der Menschen auf dem Land in Szene setzte.

Insgesamt sind in den Evangelischen Namenkalender über 400 Frauen und Männer aufgenommen worden. Sie waren Theologen, standhafte Christen oder unermüdlich im Dienste der Nächstenliebe tätig. Der Tag, dem sie zugeordnet werden, ist immer ihr Todestag. Gehören zu einzelnen Kalendertagen mehrere Namen, wurde einer auf einen benachbarten freien Tag verlegt. Die im Anhang veröffentlichte Liste wurde uns dankenswerter Weise von der Liturgischen Konferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Verfügung gestellt.

Im Evangelischen Gemeindeblatt für Württemberg wurden 110 Frauen und Männer aus dem Evangelischen Namenkalender vorgestellt. Diese Frauen und Männer finden Sie auch in dem vorliegenden Buch. Bei der Auswahl der vorgestellten Persönlichkeiten ist aufeine Mischung von berühmten und die evangelische Kirche prägenden Theologen wie Philipp Melanchthon und eher unbekannten wie den hugenottischen Theologen Paul Rabaut (18. Jahrhundert) geachtet worden.

Da Frauen in der Kirchengeschichte lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben, wurden sie bei der Auswahl bevorzugt berücksichtigt. Florence Nightingale etwa, die Begründerin der modernen Krankenpflege, gehört dazu. Aber auch Katharina Zell, eine der herausragendsten Pfarrfrauen der Reformation. Als ihr Mann Matthäus Zell, Pfarrer in Straßburg, starb, hielt Katharina sogar die Grabrede. Ganz schön mutig für eine Frau des 16. Jahrhunderts!

Der Namenkalender hat jedoch nicht nur den Zweck, die Erinnerung an Frauen und Männer aus der Vergangenheit wachzuhalten, sondern er soll auch dazu beitragen, dass sich Christen von heute überlegen, wie wir selbst unseren Glauben leben. Und wie wir als Christen in der Gesellschaft handeln und als Christen erkennbar bleiben.

Petra Ziegler

Stuttgart, im März 2012

Fritz von Bodelschwingh

(1877–1946)

In den Bodelschwinghschen Anstalten Bethel (Bielefeld) werden 20 000 Kinder, Frauen und Männer von 13 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreut: unter anderem in Krankenhäusern, Rehabilitationszentren, in der Obdachlosen-, Behinderten- und Altenhilfe.

Der Sohn von Friedrich von Bodelschwingh Fritz (auch Friedrich von Bodelschwingh der Jüngere genannt) wurde 1877 in Bethel geboren; er war das Jüngste von acht Kindern des Ehepaares Friedrich und Ida von Bodelschwingh. Fritz wurde Theologe. Ab 1904 arbeitete er bei seinem Vater in Bethel. Nach dessen Tod wurde er 1910 Leiter von Bethel. „Pastor Fritz“, wie er dort genannt wurde, wurde 1933 Reichsbischof der evangelischen Kirche in Deutschland. Einen Monat später trat er aus Protest gegen die Deutschen Christen zurück.

Fritz von Bodelschwingh hat sich von Anfang an gegen die Auslieferung und die damit gegen die Ermordung von Behinderten gewehrt. Aber das Archiv Bodelschwinghschen Anstalten bestätigt auch, dass nicht alle Patienten vor einer Deportation bewahrt werden konnten. Die historische Erforschung dieser Zeit habe ergeben: „Drei Männer und vier Frauen jüdischen Glaubens wurden auf-Anordnung des Reichsinnenministeriums im September 1940 in die Landes- und Pflegeanstalt Wunstorf ausgeliefert. Von dort führte der Weg wahrscheinlich direkt in die Tötungsanstalt Brandenburg.“

Fritz von Bodelschwingh starb am 4. Januar 1946 dort, wo er geboren war: in Bethel.

Gedenktag: 4. Januar

Jakob Andreä

(1528–1590)

Jakob Andreä wurde in Waiblingen geboren und sollte wie sein Vater, der Schmied war, Handwerker werden. Es kam anders: Jakobs scharfer Verstand wurde schnell erkannt, und er konnte mit einem herzoglichen Stipendium in Tübingen Theologie studieren. Dann war er erst Diakon in Stuttgart, später Katechist in Tübingen. Andreä stand dem Herzog nahe. 1550 reichte er dem sterbenden Herzog Ulrich sein letztes Abendmahl.

Der Theologieprofessor Gerhard Hennig bescheinigt Andreä ein „schier rastloses Bemühen um die Einheit des Protestantismus“. Folgerichtig wurde Andreä nicht nur Superintendent in Göppingen, sondern später auch Kanzler der Universität Tübingen. Das Bemühen von Jakob Andreä um die innerprotestantische Einigung mündete 1580 im so genannten Konkordienbuch. Es enthält die grundlegenden Bekenntnisse und Schriften der lutherischen Kirchen im deutschsprachigen Raum. Im Herzogtum Württemberg mussten weltliche und kirchliche Beamte und Angestellte auf das Konkordienbuch einen Eid leisten.

Andreä war bei allen wichtigen Religionsgesprächen als theologischer Vertreter Württembergs dabei. Aber er war im Deutschen Reich auch als guter Organisator bekannt. Deshalb beriet er als Experte für Kirchenordnungen verschiedene Herzogtümer in Deutschland.

Gedenktag: 7. Januar

George Fox

(1624–1691)

George Fox wurde in England, im heutigen Fenny Drayton, geboren. Er ist der Begründer der Quäker. Er kam aus einem frommen Elternhaus, war sich aber zunächst seines Glaubens unsicher.

Dann befahl ihm eine Stimme: Er solle ohne Menschenfurcht predigen, was ihm der Geist auftrage. Wenn ihn der Geist Gottes ergriff, überkam ihn ein krampfhaftes Zittern. Davon kommt auch der Name der „Quäker“; das heißt übersetzt „Schüttler“.

Fox predigte in Kirchen und am Hof, aber auch unter Bäumen und auf den Feldern. Der Ort spielte für ihn keine Rolle. Viele nahmen ihn nicht ernst. Manchmal wurde er misshandelt, manchmal ins Gefängnis geworfen. Dort schrieb er Bücher. 1659 ließ er sich in Swarthmoor nieder. Einige Jahre zuvor war die „Gesellschaft der Freunde“ – die Quäker – gegründet worden. Wie Menschen zu Gott kommen, damit hat sich Fox in vielen Schriften befasst. 1658 schrieb er: „Sei still und ruhig in deinem Inneren und frei von eigenem Denken; dann wirst du das Walten Gottes erfahren, wie es deine Sinne auf den Herrn lenkt, aus welchem das Leben kommt; und dann wirst du seine Kraft spüren, die dich stark macht gegen alle Stürme und Unwetter. So allein wirst du Geduld erlangen, Unschuld, Reinheit, Ruhe, Festigkeit und Frieden in Gott, in seiner allgegenwärtigen Kraft.“ Sein Grab befindet sich auf den Bunhill Fields in London.

Gedenktag: 14. Januar

Traugott Hahn

(1875–1919)

Besser bekannt als Traugott Hahn ist hierzulande sein Sohn Wilhelm. Er war von 1964 bis 1978 Kultusminister in Baden-Württemberg.

Traugott Hahn wurde in Rauge (Estland) geboren. Der Theologe war zunächst Pfarrer an der Universitätskirche in Dorpat (heute Tartu; das ist heute die zweitgrößte Stadt in Estland) und später Professor für Praktische Theologie. Die Lehre war ihm ebenso wichtig wie das Predigen in der Kirche. Seine Studenten, so wird berichtet, hatten immer den Eindruck, dass seine Vorlesungen stets „das Gepräge eines persönlichen Bekenntnisses“ hatten.

Traugott Hahn war ein Märtyrer – ein Blutzeuge – im wahrsten Sinne des Wortes. „Wenn wir nicht bereit sind, um des Zeugnisses des Evangeliums willen unser Leben zu opfern, so beweisen wir, dass es für uns nicht den nötigen vollen Wert gehabt“, schrieb er an seinen Bruder.

Als die Bolschewisten 1918 die Macht in Dorpat übernommen hatten, durfte Hahn keine Gottesdienste mehr halten. Freunde rieten ihm dringend zu Flucht, doch er blieb.

Zusammen mit einem katholischen und einem orthodoxen Priester wurde Hahn am 3. Januar 1919 verhaftet. Als estnische Truppen Dorpat am 14. Januar befreiten, war das auch eine Befreiung für 300 Gefangene. Für Traugott Hahn und 22 weitere Gefangene war dies zu spät. Sie waren kurz vorher ermordet worden.

Gedenktag: 15. Januar

Antonius

(um 251–356)

Antonius wurde in Ägypten geboren. Er erhielt später auch den Beinamen „der Einsiedler“. Sein Leben – der Sohn reicher Eltern, der sich für ein bettelarmes Leben entschieden hat – eignete sich für eine reiche Legendenbildung.

Ausschlaggebend für sein Leben in Armut und Abgeschiedenheit war ein Satz aus dem Matthäusevangelium (19,21): „Wenn du vollkommen sein willst, dann verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen.“

Antonius wird gerne als der Vater der Mönchsbewegung bezeichnet. Er gründete jedoch kein Kloster wie später Benedikt von Nursia, sondern seine Schüler lebten in ähnlichen Einsiedeleien wie er selbst. Um von nichts Weltlichem abgelenkt zu werden, zog er sich in die Wüste zurück. Seinen Schülern empfahl er: „Nie soll der Gedanke der Ewigkeit eurem Geist entfliehn. Verrichtet jede Handlung mit Andacht, als ob sie die letzte eures Lebens wäre.“ Antonius war davon überzeugt, dass die Selbsterkenntnis der einzige Weg zur wahren Gotteserkenntnis sei.

Noch im hohen Alter reiste Antonius nach Alexandrien zu der Auseinandersetzung um einen theologischen Streit. Er war dort Vertreter der Trinitätslehre. Sein Leben lang stand Antonius außerdem mit dem römischen Kaiser Konstantin in Briefkontakt. In seinem Heimatland Ägypten, in seiner Klause am Berg Kolzim ist Antonius gestorben.

Gedenktag: 17. Januar

Matthias Claudius

(1740–1815)

Sein Abendlied „Der Mond ist aufgegangen“ (Evangelisches Gesangbuch, Nummer 482) gehört mit zu den schönsten Abendliedern. Für viele ist es sogar das Abendlied schlechthin.

Matthias Claudius ist in Reinfeld (Holstein) geboren. Sein Vater war dort Pfarrer. Matthias studierte dann zunächst Theologie in Jena, später Rechtsund Verwaltungswissenschaften. Nicht so ganz geklärt ist, ob er jemals einen Abschluss in einem seiner Studienfächer gemacht hat.

Entscheidend für das Leben von Matthias Claudius war seine Bekanntschaft mit Friedrich Gottlieb Klopstock, den er in Kopenhagen kennen gelernt hatte. Von 1771 an war Claudius Redakteur bei der Zeitung „Der Wandsbecker Bothe“. Jetzt begann er auch verstärkt, selbst zu schreiben.

In dieser Zeit heirateten er und Rebekka Behn. Das Paar bekam zwölf Kinder. Claudius schrieb Gedichte und Erzählungen. Zunehmend verstand er sich als zutiefst christlicher Dichter. Von der Aufklärung distanzierte er sich. Zwischen 1775 und 1812 veröffentlichte er seine Werke in sieben Bänden. Er lebte über 40 Jahre in Wandsbek.

In seinen letzten Lebensjahren musste er aufgrund der Kriegsereignisse fliehen und lebte dann bis zu seinem Tod bei seinem Schwiegersohn in Hamburg. Begraben ist er auf dem ehemaligen Friedhof in Wandsbek.

Gedenktag: 21. Januar

Heinrich Seuse

(vermutlich 1295–1366)