Wie entstehen eigentlich Märchen?
Manchmal
entstehen sie aus dem Wunsch des Menschen heraus, dass eben
unerreichbar scheinende Dinge wahr werden sollen.
Dann
wieder wollen wir, dass Menschen, die unsere Vorbilder sind, auch
übermenschliche Dinge leisten und immer edel handeln.
Für uns
heute selbstverständliche Leistungen, wie Fliegen z.b., wurden
früher in das Reich der Götter verbannt, den Wesen aus
anderen Welten zugeschrieben.
Den Tieren wurden immer schon
menschliche Züge angedichtet, sie wurden in gute und böse
Wesen eingeteilt.
In
den Wäldern vermutete man geheimnisvolle Feen und Elfen, Kobolde
und Drachen. Jedoch erst in unserer Zeit, gibt es auch liebe und
nette Drachen!
Es entstanden Sagen um Riesen, um Beherrscher der
Berge, Zwerge die in Höhlen wohnen.
Wenn
wir heute in den Wald gehen, dann ohne diese Vorstellungen. Wir
glauben einfach nicht mehr daran. Das ist wirklich sehr schade. Doch
können wir wirklich sicher sein?
Es leben doch
alle diese Tiere in einer wunderbaren Symbiose miteinander in einem
Wald. Ist es wirklich unmöglich, dass sie untereinander
Freundschaften geschlossen haben? Gibt es wirklich keine Kobolde,
oder Feen? Wo der Mensch es doch Jahrhunderte lang geglaubt hat?
Gibt
es nicht Wälder, die undurchdringlich scheinen, Geräusche
die an unser Ohr dringen, die dann aber in der Tiefe des Waldes
verklingen?
Wenn
Äste knacken, oder kleine Steinchen ganz unmotiviert auf die
Seite rollen, wer hat sie los getreten?
Es
gab immer schon Menschen, die mit dem Wald und seinen Tieren, sowie
den Kräutern und Pflanzen darin vertraut waren. Kann es nicht
sein, dass dieser oder jener mit den Tieren des Waldes spricht?
Gibt
es vielleicht doch Zauberwesen in einer Zwischenwelt, die nachts
lebendig werden, sich unter uns Menschen mischen und uns helfen? Oder
auch unsere Hilfe suchen?
Wir
sollten uns öffnen, sollten zugänglich sein für die
Zeichen die für bereite Seelen unübersehbar da sind und
ihnen folgen.
Folgen
Sie mir in die von mir entdeckte kleine Märchenwelt, rund um den
Märchenwald, lassen sie sich von mir die kleinen Geschichten
erzählen, die das Leben der Tiere und ihren Mitbewohnern darin
bestimmt.
Oder folgen
Sie der Tante Monika, die mit den Tieren sprechen kann, die ihre
Sorgen hört und dann zu helfen versucht.
VORWORT 2
Inhaltsverzeichnis 4
Die kleine Fee 13
Die kleine Hexe, die nicht böse sein wollte. 18
Die kleine Hexe bekommt einen Namen. 24
Frühlingsfest im Märchenwald 28
Die böse Hexe Bora wird besiegt. 34
Die kleine Hexe Samantha und der böse schwarze Vogel. 42
Das vermisste Häschen Haseputz. 48
Ein Fremder im Märchenwald 53
Hexlein Samantha und die Kräuter 58
Ein Unwetter im Märchenwald 64
Der geraubte Goldstaub
Die kleine
Lamis schlüpfte unter die Decke. Es war Zeit zum Schlafen gehen.
Die Mutter strich die Decke glatt und löschte die Lampe.
„So
jetzt schlaf schön", sagt sie, „und träum´
was Schönes.“
Sie geht hinaus und zieht die Türe
hinter sich zu, lässt sie aber einen kleinen Spalt offen.
Lamis schloß
ihre Augen. So lag sie nun eine Weile da, doch der Schlaf wollte
sich nicht einstellen. Sie setzte sich wieder auf.
War
da nicht ein Geräusch? Sie horchte in die Dunkelheit hinein. Ja
da war ein Geräusch, es kam vom Fenster her und es klang wie
leises Weinen.
„Hallo
ist da wer?“ Fragte sie.
Ein
neuerliches Schluchzen war zu hören. Sie schlug die Decke zurück
und stieg leise aus dem Bett. Auf den Zehenspitzen ging sie zum
Fenster. Da saß am offenen Fenster ein kleines Männchen
mit einer roten Zipfelmütze am Kopf und weinte bitterlich.
„Ja,
Hallo, wer bist denn Du?“ fragte sie „Ach, ich bin das
Traummännchen, ich bin am Abend immer unterwegs zu allen Kindern
und bringe ihnen schöne Träume mit.“ Sagte das
Männchen und rieb sich wieder die Augen.
„Oh,
schön. Aber warum weinst Du dann?“
„Ich
kann heute keine Träume bringen, weil die böse Hexe Bora
meinen Sack mit Goldstaub geraubt hat und in ihrer Höhle hinter
den Felsen auf der Geisterinsel versteckt hat. Ohne Goldstaub kann
ich aber die Träume nicht austeilen. Die Kinder können nun
nicht mehr träumen.“
„Das
ist ja schrecklich! Was kann man denn da tun?“ Fragte Lamis
ganz traurig.
„Ich
brauche Hilfe. Ohne Hilfe kann ich mir den Goldstaub nicht
zurückholen. Ich bin viel zu klein dafür“.
„Ich
helfe Dir, was soll ich machen?“ Fragte Lamis aufgeregt.
Ganz eifrig richtet sich das Traummännchen auf.
„Das
ist ja wunderbar, dass Du mir helfen willst. Aber wir brauchen zuerst
einmal ein paar Primeln, wenn man die richtige Anzahl in der Hand
hält, dann öffnen sie die Felsen“.
„Ja
aber gibt es denn jetzt überhaupt Primeln?“ Fragte die
kleine Lamis verzagt.
„Da müssten wir in das
Zauberreich fliegen und dort die Primeln holen. Ich werde die Elfen
im nahen Märchenwald aufsuchen und mir ein weißes
Märchenpferd ausborgen. Die können fliegen, ganz hoch über
den Wolken. Ich komme zurück und hole Dich ab.“
Er
sprang leichtfüßig vom Fensterbrett und verschwand durch
den Garten.
Die kleine
Lamis schüttelte den Kopf und schlüpfte wieder unter die
Decke.
Sie glaubte sich getäuscht zu haben und schloss
wieder die Augen um zu schlafen.
Plötzlich
hört sie vom Fenster her wieder ein Geräusch.
„Pst,
pst“, machte es. Es war wieder das Traummännchen.
„Komm,
ich habe mir ein Märchenpferd ausgeborgt. Wir können jetzt
zur Geisterinsel fliegen, die liegt im Atlantik westlich von Irland,
weit weg.“
Lamis schnappte sich nur schnell ihren
Morgenmantel, damit ihr nicht kalt wird so hoch oben über den
Wolken und schwang sich auf das weiße Märchenpferd.
„Hallo,
ich bin Silja, eine Waldfee. Ich borge das Pferd nur her, wenn ich
mit- fliegen darf.“ Sagte ein kleines Wesen mit einem weißen
Schleierkleid und goldenen Flügel und goldenen Schuhen. Sie
hockte ganz oben auf dem weißen Pferd. Ihre langen goldenen
Haare flatterten im Nachtwind.
„Hallo,
ich bin Lamis“, lächelnd streckte das Mädchen die
Hand aus.
„Los
geht’s“, rief das Traummännchen und das Pferd flog
über die Wolken davon.
„Mir
ist so kalt“, klagte die kleine Elfe Silja und zog die
Schultern zusammen.
„Ich werde euch in die Taschen meines
Morgenmantel stecken, ihr seid ja beide so klein, da habe ich Angst
ihr fallt vom Pferd, und außerdem ist es da auch wärmer.“
Lamis
steckte das Traummännchen und die kleine Elfe in ihre beiden
Taschen rechts und links, dann flogen sie über den Nachthimmel
weiter, an den Wolken vorbei, beleuchtet von den Sternen am Himmel,
direkt ins Zauberreich.
Das Pferd landete sanft auf einer
Lichtung und Lamis hüpfte hinunter und lief über die
Wiese. Ganz am Rande wuchsen viele Primeln. Sie pflückte ein
paar und wollte schon wieder auf das Pferd steigen, als eine Stimme
rief:
„Halt,
du kannst mir doch nicht meine Primeln stehlen", vor dem Mädchen
stand plötzlich ein wütender Waldkobold mit hochrotem Kopf,
dessen Augen aufgeregt funkelten.
„Ach
entschuldige“, sagte die kleine Lamis, “ aber wir
brauchen diese Blumen um die böse Hexe auf der Geisterinsel zu
besiegen. Sie hat den Goldstaub des Traummännchens gestohlen.“
„Ach
so, wenn das so ist, dann kannst Du die Blumen mitnehmen. Aber Du
musst mir von der Geisterinsel etwas mitbringen."
„Ja
gut, aber was soll ich Dir mitbringen?“
„Bringe
mir den Edelstein aus dem Hexenstab der Hexe mit. Damit rauben wir
ihr die Zauberkraft, und alle Kobolde, Elfen und Feen, die sie
gefangen hat, sind wieder frei.“
„Ja
gut, mache ich“, sagte Lamis und hoffte sehr, dass sie das auch
schaffen wird.
„Weißt Du was", rief der Kobold,
„ich komme mit. Wenn wir mehr sind, sind wir stärker, “
sagte der Kobold und hielt sich am Schwanz des Pferdes fest.
„Los geht’s“ rief das Traummännchen wieder und sie stoben hinauf in den Nachthimmel und nahmen Kurs auf die Geisterinsel.
Es war sehr kalt da oben und die Geisterinsel war weit weg. Sie liegt im Atlantik, das ist das große Meer zwischen Amerika und Europa, westlich von Irland. Lamis lehnte sich am Hals des Pferdes fest an und hielt sich an seiner Mähne fest. Das Traummännchen und die kleine Fee Silja klammerten sich am Rande der Taschen des Morgenmantels und der kleine Kobold kletterte nun doch den Schwanz des Pferdes hinauf und schlüpfte unter den Morgenmantel, denn ihm war auch kalt. So flogen sie dahin und wären fast alle, außer dem Traummännchen eingeschlafen.
„Da vorne am Horizont sehe ich die Geisterinsel schon, ich erkenne sie an den Nebelschleiern die von der Insel aufsteigen. Wir müssen hinuntergehen, bevor uns die Hexe bemerkt und uns vorerst einmal verstecken.“ Rief er ganz aufgeregt.
Das
Traummännchen kletterte aus der Tasche des Morgenmantels, den
Hals des Pferdes hinauf und flüsterte ihm was ins Ohr. Das Pferd
wieherte leise und ging in den Sinkflug über. Ganz sanft setzte
es auf dem weichen Waldboden auf. Es war ein guter Platz, sie waren
umgeben von hohen Bäumen und dazwischen sehr viel Gebüsch.
Sie konnten sich hier gut verstecken.
Schlaftrunken
kletterte Lamis vom Rücken des Pferdes und rieb sich die Augen.
Auch die kleine Fee Silja war munter geworden und schaute neugierig
aus der Manteltasche hervor. Lamis nahm sie vorsichtig aus der Tasche
und setzte sie auf ein Gebüsch.
„Was
soll denn das, ich fürchte mich ganz und gar nicht.“