Andreas Neeser

Nüüt und anders Züüg

Andreas Neeser

Nüüt und
anders Züüg

Mundartprosa

Mit Bildern von Marianne Büttiker

Der Autor und der Verlag danken herzlich für die Unterstützung:

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© 2017 Zytglogge Verlag

Alle Rechte vorbehalten

Illustrationen: Marianne Büttiker

Lektorat: Angelia Schwaller

Korrektorat: Jakob Salzmann

Herstellung und Druck: Schwabe AG, Druckerei, Muttenz/Basel

ISBN: 978-3-7296-0955-6

eISBN (ePUB): 978-3-7296-2154-1

eISBN (mobi): 978-3-7296-2155-8

E-Book: Schwabe AG, www.schwabe.ch

www.zytglogge.ch

Inhalt

Moser, Hirt und Imparfait

Amerika

Em Hektoliter sini Jüngscht

D Brugg vo Budapest

Nüüt und anders Züüg

Für e Stups

Chüngel und Chüechli

Höger

S Traumvelo

Wiehnachtswegge

Gfroorni Blueme

Schmöckiwasser

No wäg de Chüe

Zu den Bildern von Marianne Büttiker

Glossar

CD-Titel

Über den Autor

 

Weisch was, tänk i ame.

Weisch was – tänk au!

Aber was.

Moser, Hirt und Imparfait

«Wie schriibt mer jetz ächt das, dass es einen au verstoht», het d Mueter gmacht. Sie het nid uufggluegt, sich nume chli am Chini gchratzet und de wiiterprüetet über ihrem tunkelblaue Buech.

All paar Wuchen isch si soo am Chuchitisch ghocket, het alles Wichtige, wo passiert gsii isch, im Chopf inn püschelet und i das Buech iegschribe. Es Reisli, alli zäme – Stanserhorn. E halbi Chue vom Nievergelt. E Plomben unde linggs. Vier Winterpneu. Es siidigs Bluusli und e Jupe. Meischtens aber het si ihri Bräschten uufnotiert, e langi Liischte hets scho ghaa, zhinderschthind im Buech und immer gliich: wenn si wäge was zum Tokter isch, und öppis zu der Diagnose. Di schlimme Sache het si understriche, root, mit Lineal.

Mängisch, wenn si wider gschaffet het a dere Liischte, ischs mer gsii, das Buech wärd schnäller voll vo hinden als vo voore. – Uf jede Fall, das han i gseh, s isch nid so eifach gsii, das Züüg is Buech iezschriibe. Vo wohäär au immer. D Mueter het mi tuuret, wenn si ghirnet het und Wöörter gsuecht, wos allem aa nid git.

I ha de Schuelsack gnoo, es töörets Öpfelringli uf e Finger gsteckt, mi schnäll vertrückt. Hälfe han i sowisoo nid chönne. Und komplizierter han is au nid welle mache.

Vom Tisch häär isch kei Mux meh choo. Nume s Bleistift het me ghöört; s het gchratzet, ggiibset – wie ame d Chriide vo der Meierhans, wenn si a der Tafele Französisch gschribe het. Mit dene frömde Wörtli isch es s Gliich wie mit de Bräschte, han i dänkt, wie söll das einen au verstoh.

Won i äntlich zmitts im Imparfait gsii bi, hets gglüütet a der Tüüre. D Mueter isch go luege – und de nümmen ufechoo. Dänk wider einisch s Hildi. Wenn me meint, es sigi alles z kompliziert, isch öppis mit em Hildi. All paar Tääg gits öppis z nätsche, irgendöppis Überflüssigs, wo tout de suite use mues. Für das bruucht s Hildi öis, sit em de Maa vom Grüscht gheit isch.

I bi zum Zimmer uus, ha d Stäägen abe gglost. D Mueter han i gar nie ghöört, s Hildi het eleigge gfutteret. He nu so de. Mich het das Büechli intressiert. I ha scho mängisch tänkt, i chönnti jo mol luege, was das isch, wo d Mueter um s Verwoorge nid cha schriibe. Und wil s Hildi nid het welle hören a der Tüüre, han is de halt gmacht.

Öppe drüümol han i gglääse, was de Tokter Moser uf der nöischte Röntgenuufnahm gseht. Ii hätt au nid gwüsst, wie schriibe, dass es einen au verstoht. I ha jo nid emol verstande, was er meint. – Unden a dem Chuderwälsch isch no anders gstande. Öppis wäge Gläser und wie vil dass drinne seig. Wie mans nimmt, het d Mueter gschribe ghaa, mit Uusruefzeiche. Nume – wie mes nimmt, das het de Tokter allem aa nid gwüsst.

Won i wider i mim Imparfait inn ghocket bi, isch d Mueter d Stäägen ufechoo. Am liebschte hätt i si grad gfrogt. Dass si trotz der Therapie nid rächt het chönne lauffe, han i sälber gseh; aber was e Röntgetokter z sääge het zu Gläser, het mi choge wundergnoo.

Für settigs, wo für mich no z hööch gsi isch, hets zum Glück de Grossvatter ggää. De Wäber. De Chüngelzüchter. De Freiziithöörlidieb. Äär het immer alles gwüsst. Vilicht hets gar nid immer gstumme, aber immer het ers soo erklärt, dass i bim erschte Mol scho gstige bi.

Mornderigs han i es Glas iipackt, bi abeggange, um drüü Hüüser und ei Mischtstock ume. S Glas han i am Brunne vor em Huus halb gfüllt und de uf s Brunnerändli gstellt.

«Wenn d das jetz aaluegsch», han i gseit, wo de Grossvatter näb mer gstanden isch. «Fallt der öppis uuf?»

«Es halb volls Glas. – Und jetz?»

«Halb läär, Grossvatter. Isch es nid halb läär?»

«Halb voll, halb läär. – Wer verzellt der settigs Löölizüüg?»

«De Tokter – also nei – de Tokter Hirt! Er git is Gschicht. Und ebe, äär het gseit, es chääm drufaa.»

«Natürlich chunnts drufaa. Es chunnt drufaa, öb me son e Habakuk wett glauben oder nid. – Was lehre dir au i der Schuel!»

De Grossvatter het d Brülle vüregnoo, mit em Zipfel vo sim Wäbichittel putzt. Aaggluegt het er mi, i ha nid gwüsst, ischs wäg em Tokter oder wäge mir.

«I der Pause», han i gmacht, «am Morgen i der Pause het ers gseit, de Hirt.»

«Wottsch es wüsse?», het de Grossvatter gseit und s Glas i d Finger gnoo. «Wenn ds wottsch wüsse, nimm e Schluck. – Gsehsch. Jetzt ischs halb läär, scho meh als halb. Und wenn ds de wider füllsch, de isch es schnäll halb voll. Esoo isch das.»

I ha s Glas bim Brunnen under d Röhre ghaa, bis s halb voll gsi isch. De han is häregstellt und voorenabe ggluegt. – Das chönnt mer emel scho uufschriibe, han i tänkt. Dass es einen au verstoht. Daas chönnt ii jo no! – Nenei, es mues no öppis anders sii.

«Aber, Grossvatter», han i gseit, «jetz hock mol ab. – Wenn das Glas – i meine, nähm mer aa, s stöhi eifach nume doo. Also ohni Füllen oder Lääre. – Säg, was isch es de?»

«De ischs es Glück! – Es Glück, dass öppis dinnen isch! – Uf daas chunnts aa!»