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Sascha Erni lebt, fotografiert und schreibt in der Schweiz. Als Freischaffender ist er im Bereich Reportage tätig und beliefert seit 2004 Agenturen, Zeitungs- und Magazinredaktionen mit Bild und Text. Sein erstes Sachbuch, »Mac und iPad für Fotografen«, erschien 2014 im dpunkt.verlag. In seiner Freizeit verfasst er Horror-Stories und pflegt eigene Fotoprojekte, die wohl am ehesten dem Bereich »Kunst« zuzuordnen sind. Seit 2014 ist er Mitglied des »Ambassador«-Programms von Phase One – und damit direkt am Puls der Capture-One-Entwicklung.

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Zu diesem Buch – sowie zu vielen weiteren dpunkt.büchern – können Sie auch das entsprechende E-Book im PDF-Format herunterladen. Werden Sie dazu einfach Mitglied bei dpunkt.plus+:

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Sascha Erni

Praxis Capture One Pro 10

RAW-Entwicklung, Fotobearbeitung, Bildverwaltung

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Sascha Erni

Lektorat: Gabriel Neumann

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

ISBN:

2., überarbeitete und aktualisierte Auflage 2017

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten.

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Inhaltsverzeichnis

1Die Software: Wie funktioniert Capture One?

1.1Konzepte und Funktionsumfang

1.2Welche Version darf es sein?

1.3Die Render-Pipeline aus der Vogelperspektive

1.4Farbverwaltung und ICC/ICM-Profile

1.5Von Paletten, Registerkarten und der Arbeitsumgebung generell

1.6Standardeinstellungen für Kameras

1.7Die Anwendungsvoreinstellungen von Capture One

1.8Was immer geht: die globalen Werkzeuge

2Die Hardware

2.1Die alte Frage: Mac oder PC?

2.2Die richtige Computerausstattung

2.3Capture One auf mehreren Geräten – und im Netzwerk

2.4Grafiktablets und andere Eingabegeräte

2.5ICC zum Zweiten: Weshalb Sie Bildschirme profilieren sollten

3Die Workflow-Pipeline

4Das Bibliothek-Register

4.1Katalog, Sitzungen oder beides?

4.2Standardordner und die Ordnerstruktur

4.3Das EIP-Format

4.4Import und erste Organisation

4.5Benutzersammlungen und Ordner

4.6Filter

4.7Intelligente Alben

4.8Aus der Sitzung in den Katalog – und andersrum

4.9XMP und Metadaten

4.10Sicher ist sicher: Back-up und Integritätsprüfung

4.11Kataloge importieren – aus Lightroom, Media Pro und Aperture

5Das Farben-Register

5.1Basismerkmale: Render-Engine, ICC-Profile und Gradation

5.2Histogramme: einschätzen und verstehen

5.3Der Weißabgleich

5.4Farbbalance

5.5Schwarz & Weiß

5.6Der Farbeditor

6Das Belichtung-Register

6.1Die Basics: Kontrast, Sättigung, Helligkeit, Belichtung

6.2HDR

6.3Gradationskurve und Tonwerte verstehen

6.4Alles klar? Das Klarheit-Werkzeug

6.5Vignetten

7Das Objektiv-Register

7.1Objektivkorrektur und Profile

7.2Verschiebung/Bewegung

7.3Purple Fringing oder violette Farbsäume

7.4LCC-Profile – mehr als nur Objektivkorrektur

8Das Bildaufbau-Register

8.1Zuschneiden, Seitenverhältnisse, Hilfslinien und Raster

8.2Drehung und Spiegelung oder: wie Sie Bilder begradigen

8.3Trapezkorrektur

8.4Überlagerung

9Das Details-Register

9.1Navigator und Fokus-Werkzeug

9.2Schärfung

9.3Rauschreduktion

9.4Single Pixel

9.5Erweiterte Rauschunterdrückung: Details und Korn

9.6Moiré-Reduktion

9.7Von schmutzigen Sensoren und Fleckentfernung

10Das Register für lokale Anpassungen

10.1Anpassungsebenen und die Arbeit mit Masken allgemein

10.2Klon- und Reparaturebenen

11Das Anpassungen-Register

11.1Stile und Voreinstellungen: Konzepte und Unterschiede

11.2Voreinstellungen und Stile sichern, kopieren und anwenden

11.3Ordnung muss sein: So organisieren Sie Stile und Voreinstellungen

12Das Metadaten-Register

12.1Mit Metadaten arbeiten: Zuweisen, Kopieren, Löschen

12.2Die Arbeit mit hierarchischen und flachen Schlüsselwörtern

12.3Kompatibilität der Metadaten mit Drittanwendungen

13Ausgabe- und Stapel-Register

13.1Was sind Rezepte, und wie verwalte ich sie?

13.2Verarbeitungsvorgabe (ohne »n«)

13.3Ausgabeort

13.4Benennung der Abzüge

13.5Stapel: Warteschlange und Verlauf

14Tethered Shooting: verkabeltes Fotografieren mit Capture One

14.1Grundsätzliches und Vorbereitungen

14.2Von Sitzungen und angeschlossenen Kameras

14.3Aufnahmeort, Sammlungen und Benennung – Einstellungen für die Bilddateien

14.4Anpassungen, oder: So vergeben Sie automatisch Stile bei der Aufnahme

14.5Die Arbeit an und mit der Kamera

14.6Capture Pilot, die App nicht nur fürs Studio

15Capture One und Drittsoftware

15.1Bilddatenbanken und DAM

15.2Plug-ins, Photoshop und andere RAW-Entwickler

15.3Scripting oder eher: AppleScripting

Anhang

Die Workflow-Pipeline

Weitere Informationen

Vorwort und Einführung

Vorwort

»Praxis Capture One Pro 10« – dieser Titel ist Programm. Dieses Buch entstand nicht als theoretisches Konstrukt, sondern ist tief in der praktischen Arbeit verwurzelt. In meiner praktischen Arbeit und basierend auf meinen Erfahrungen als Fotomensch, der seit vielen Jahren mit Bildern – und seit nunmehr sieben Jahren mit Capture One – seine Brötchen verdient.

Dieses Buch will nicht alle Details von Capture One auflisten oder Sie durch Dutzende Workshops hetzen. »Praxis Capture One Pro 10« ist auch kein Ersatz für die Bedienungsanleitung und Onlinehilfe, die Phase One zur Verfügung stellt. Und auch wenn man beim Wort »Praxis« auf die Idee kommen könnte – nein, das Buch ist auch keine dicke Tutorial-Sammlung. Weshalb nicht? Weil es sich bei Capture One Pro um ein digitales Produkt handelt, an dem sich jederzeit Werkzeuge ändern können, Funktionalitäten rausfallen oder frische hinzukommen.

Diesem Buch liegt die Version 10 von Capture One Pro zugrunde. Die Vorschläge und Gedankenhilfen sind aber allgemein konzipiert: Es spielt keine große Rolle, ob Sie noch die Version 8 oder eine neuere Version wie z. B. 10.2 oder 11 verwenden.

Mit Version 8 hatte sich Phase One dazu entschieden, auf ein so genanntes »Rolling Release Model« umzusatteln, und blieb auch mit den Versionen 9 und 10 diesem Ansatz treu. Das heißt, dass während der Lebenszeit der gerade aktuellen Version massive Änderungen an Capture One vorgenommen wurden – und noch weitere Änderungen hinzukommen werden. Eine einfache Zusammenstellung von Schritt-für-Schritt-Anleitungen wäre also schnell veraltet. Das Web ist ein besseres Medium für solche tagesaktuellen Inhalte – und Phase One deckt diesen Bereich zumindest auf Englisch hervorragend mit ihrem Blog und YouTube-Kanal ab.

Was will das Buch sein? Und weshalb sollten Sie es lesen?

Capture One ist eine über Jahre gewachsene Fotoanwendung. Es braucht Zeit, manchmal sehr viel Zeit, um die Zusammenhänge zu verstehen und so das Beste aus Capture One herauszuholen. Bei mir selbst hat sich der Knoten erst nach gut einem Jahr gelöst, ich kenne Kollegen, die zwar seit Version 4 mit dabei sind, aber noch immer mit manchen Konzepten hadern und zwischendurch in die metaphorische Tischplatte beißen, weil Capture One nicht so funktioniert, wie sie es erwarten würden.

Und genau hier werde ich ansetzen: Konzentriert auf einigen Hundert Seiten finden Sie Hinweise, Beispiele und Erklärungen, die Ihnen helfen, diese Einarbeitungs- und Lernzeit dramatisch zu verkürzen. Sie sollen Capture One verstehen, nicht nur bedienen können. »Praxis Capture One Pro 10« ersetzt nicht das Lernen, nicht die Übung, nicht Ihre eigene Arbeit mit der sich ständig wandelnden Software. Und auch wenn ich in den vielen Praxisbeispielen sehr konkret Funktionsnamen und Position von Knöpfen und Schaltern beschreibe – es geht um das Denken dahinter. Wie gehe ich an eine Aufgabe heran? Wie funktioniert ein bestimmtes Werkzeug, wann setze ich es am sinnvollsten in meinem Workflow ein?

Das Buch wendet sich auch an Umsteiger – besonders an diejenigen Fotografinnen und Fotografen, die nach Apples Entscheidung, Aperture einzustellen, auf der Suche nach einer Alternative sind. Wenn Sie zu dieser Gruppe gehören, werden Sie grundlegende Konzepte wie die nicht destruktive Bildbearbeitung und das Erstellen von »Abzügen« bereits kennen. Aber auch wenn Capture One in Grundzügen vergleichbar mit Aperture ist und seit geraumer Zeit einen robusten Import Ihrer bestehenden Aperture- oder Lightroom-Bibliothek anbietet, arbeiten die Programme sehr verschieden. An vielen Stellen dieses Buches werden wir solche Unterschiede aufzeigen und Lösungen kennenlernen, damit Ihr Wechsel so reibungslos wie möglich vonstatten geht.

Mit den beschriebenen Konzepten wird der Zugang und die Vertiefung mit Capture One vereinfacht und beschleunigt, weil Sie Hintergründe und Herangehensweisen nicht durch Erraten, abgeschickte Supportanfragen oder Experimente aus der manchmal etwas störrischen Software kitzeln müssen. Das habe ich bereits für Sie erledigt, über die letzten sieben Jahre.

Kurz und bündig: »Praxis Capture One Pro 10« ist keine Anleitung. Es ist ein Lehr- und Arbeitsmittel für den Umgang mit der Software. Und, wie ich hoffe, eines, das nicht all zu trocken und besserwisserisch daherkommt. Ob ich dieses Ziel erreicht habe? Sagen Sie es mir.

Lichtensteig, im März 2017

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Sascha Erni

Twitter: @nggalai

E-Mail: rb@nggalai.com

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Danksagung

Ich bedanke mich herzlich bei meinem Lektor, Herr Gabriel Neumann, und allen Mitarbeitern beim dpunkt.verlag für die Geduld und die tolle Zusammenarbeit. Die erste Auflage dieses Buches entstand, meinem Brötchenberuf als Schreiberling und Fotograf geschuldet, über einen sehr langen Zeitraum. Und darüber, wie lange die Überarbeitung für die nun vorliegende Auflage dauerte, breite ich lieber das Mäntelchen des Schweigens. Nicht jeder Verlag wäre hier so flexibel, nicht jeder Lektor so engagiert und gleichzeitig unkompliziert geblieben.

Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Phase One, besonders bei Tobias Kreusler, Gitte Maj Nielsen, James Johnson und David Grover. Ohne den engen, freundlichen Kontakt und die Einblicke in die Entwicklung von Capture One auch während nichtöffentlichen Betaphasen wäre dieses Buchprojekt nur schwer umzusetzen gewesen.

Einen besonders herzlichen Dank, inklusive einer Entschuldigung, schicke ich an diejenigen, die mich während der Recherche- und Schreibarbeit ertragen mussten. Ihr wisst, wer ihr seid. Was ihr geleistet habt, könnt ihr jedoch kaum ermessen. Merci beaucoup.

Zum Aufbau dieses Buches

Im Buch werden Sie immer wieder solche Seitenanmerkungen wie diese, sogenannte »Marginalien«, sehen. Sie sollen Ihnen helfen, gesuchte Informationen schneller (wieder) zu finden, oder beim Stöbern mit einem Blick zu erfassen: Ja, das Teilkapitel klingt interessant, da lese ich mich ein.

»Praxis Capture One Pro 10« besteht aus 15 Kapiteln und einem Anhang. Sie können das Buch von vorne bis hinten durchlesen, es ist aber so konzipiert, dass Sie genau dort einsteigen können, wo Ihnen der Capture-One-Schuh gerade am meisten drückt. Querverweise führen Sie dann zu verwandten Themen oder zu Kapiteln, die angesprochene Methoden, Werkzeuge und Probleme vertiefen.

Um Ihnen den Einstieg ins Buch zu vereinfachen und einen Überblick zu geben, was Sie überhaupt erwartet, fassen wir die einzelnen Kapitel kurz zusammen.

Kapitel 1: Die Software

Wie funktioniert Capture One? So ganz grundsätzlich? Was ist Capture One eigentlich genau, und wo greifen Sie besser zu Programmen wie Photoshop oder Photoline? Was gilt es bei der Wahl der Softwareversion zu beachten, und wie ist die Benutzeroberfläche aufgebaut? Diese und weitere grundlegende Fragen klären wir im ersten Kapitel des Buches.

Kapitel 2: Die Hardware

In diesem Kapitel besprechen wir die Bedeutung der richtigen Rechnerzusammenstellung, um die Arbeit in Capture One zu beschleunigen und so angenehm wie möglich zu gestalten – von Grafikkarte bis Wacom-Tablet. Wir lernen die Möglichkeiten kennen, mit Capture One im Netzwerk zu arbeiten, oder was es zu beachten gibt, falls Sie mit mehreren Geräten arbeiten müssen – z. B. auf einem Laptop unterwegs und an der Workstation im Atelier.

Kapitel 3: Die Workflow-Pipeline

Kapitel 1 und 2 stellen so etwas wie ein erweitertes Vorwort dar – es geht dort um Begriffsklärung und nötiges Vorwissen, um in Capture One zu arbeiten. Mit Kapitel 3 gehen wir nun ans Eingemachte: Die »Workflow-Pipeline« ist ein Konzept, mit dem wir uns durch das Buch – und Capture One – hangeln werden. Viele Kapitel haben eine grafische Übersicht vorangestellt, die zeigt, wo sich Ihre Bilder, und damit Sie selbst, gerade im Arbeitsablauf befinden. Wie »fließen« Ihre Fotos durch den RAW-Konverter, auf welche Art und Weise sind Werkzeuge miteinander verknüpft?

Kapitel 4: Das Bibliothek-Register

Capture One arbeitet mit dem Konzept von »Registern«, einer Zusammenstellung von Werkzeugen in Registerkarten. In den Kapiteln 4 bis 15 gehen wir diese Karten durch und besprechen die einzelnen Werkzeuge. In Kapitel 4 lernen Sie den Unterschied zwischen Bibliothek und Sitzung kennen und lernen, mit Filtern und intelligenten Alben umzugehen. Vor allem aber werden Sie das Rüstzeug bekommen, für sich individuell zu entscheiden: Was genau brauche ich in Sachen »Bildverwaltung«, und wie bekomme ich das mit Capture One hin? Falls Sie ein Umsteiger von Aperture oder Lightroom sind, finden Sie in diesem Kapitel auch Tipps für den Wechsel zu Capture One Pro.

Kapitel 5: Das Farben-Register

Farbe – wohl einer der Gründe, dass Capture One sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit besonders bei Studiofotografen erfreut. Der RAW-Konverter arbeitet in Sachen »Farbe« etwas anders, als Sie es vielleicht von Apples Aperture oder Adobes Lightroom gewohnt sind. In Kapitel 5 besprechen wir die grundlegenden Farbkonzepte und betrachten die verschiedenen Möglichkeiten, in Capture One mit Farben zu arbeiten: Weißpunkt, aber auch der Farbeditor und das Farbbalance-Werkzeug spielen eine große Rolle in der gesamten Workflow-Pipeline. Wir lernen die verschiedenen Histogramme und deren Bedeutungen kennen – und nicht zu letzt beschäftigen wir uns mit der Schwarzweißfotografie.

Kapitel 6: Das Belichtungs-Register

Neben der Farbfrage ist der zweite Kernpunkt jedes RAW-Konverters: Wie geht er mit den Tonwerten Ihrer Bilder um? Sie werden lernen, wie Sie effektiv und bequem Belichtungsfehler korrigieren – oder kreativ damit arbeiten. Wir lernen den Zusammenhang zwischen Gradation und Tonwertkurven kennen, besprechen das HDR-Werkzeug und, als Vorarbeit zu Kapitel 9, machen erste Schritte im Bereich »knackigere Bilder«.

Kapitel 7: Das Objektiv-Register

In diesem Kapitel dreht sich alles um das Korrigieren von Objektivfehlern wie Kissen- und Tonnenverzerrungen, chromatische Aberrationen und violetten Farbsäumen. Sie lernen aber auch, wie Sie mithilfe der sogenannten LCC-Profile verstaubte Sensoren sauber bekommen – bzw. den Staub aus Ihren Bildern entfernen.

Kapitel 8: Das Bildaufbau-Register

Im Idealfall gestalten Sie den Bildaufbau Ihrer Fotos direkt an der Kamera. »Out of cam«, »direkt aus der Kamera«, wie es so schön heißt. Oft sind aber Anpassungen nötig: Das Weitwinkelobjektiv hat doch zu stark verzeichnet, der Kunde wünscht die Bilder in einem anderen Seitenformat, der Horizont ist doch ein wenig schief … Diese Punkte und mehr besprechen wir in Kapitel 8.

Kapitel 9: Das Details-Register

Um das »richtige« Schärfen von Bildern fürs Web und den Druck ranken sich viele Legenden und Gerüchte – und jeder Fotograf, jede Fotografin ist in der Hinsicht wohl anderer Meinung als die Person daneben. In diesem Kapitel besprechen wir die Sache aus Sicht von Capture One: Was macht die »Schärfung«-Funktion, und wie arbeitet sie mit den Werkzeugen fürs Entrauschen von Bildern zusammen? Wie kann ich kreativ schärfen, und wo kommen die Regler für »Klarheit« und »Struktur« ins Spiel? Sie lernen hier ebenfalls die Filmkorn-Simulation von Capture One Pro kennen: Denn diese Funktion hat mehr zu bieten als auf analog getrimmte »Looks«.

Kapitel 10: Das Register für lokale Anpassungen

Viele der Werkzeuge von Capture One können lokal verwendet werden: Sie erstellen, wie in Photoshop, eine zusätzliche Ebene und zeichnen die gewünschten Anpassungen direkt ins Bild. In diesem Kapitel lernen Sie die Möglichkeiten und Einschränkungen dieser lokalen Anpassungen kennen und werden sehen: Besonders mit den Werkzeugen für Klonen und Reparatur wird die Übergabe an Photoshop vielleicht doch seltener nötig, als Sie es gewohnt sind.

Kapitel 11: Das Anpassungen-Register

Ähnlicher Name, ganz andere Funktion – ein Name wie »Stil- und Vorlagenverwaltung« wäre wohl weniger irreführend. In Kapitel 11 besprechen wir den Aufbau von Voreinstellungen, »Presets« und Bildstilen. Sie werden lernen, wie Sie effizient einzelne Anpassungen auf andere Bilder kopieren – oder gleich den umfassenden »Look« auf eine ganze Serie anwenden können.

Kapitel 12: Das Metadaten-Register

In unserer digitalisierten Zeit spielen Metadaten – auch Metainformationen genannt – eine immer größere Rolle. Wo wurde ein Bild aufgenommen, was zeigt es, wie gut ist es, wer ist darin zu sehen …? Solche Informationen möchte man heute nicht mehr missen. In diesem Kapitel lernen Sie die verschiedenen Sorten von Metadaten kennen, mit denen Capture One arbeitet – und wie Sie damit arbeiten können. Wir besprechen Fallstricke und Probleme beim Austausch solcher Metainformationen mit Drittanwendungen und werden Ansätze kennenlernen, wie Sie Ihr eigenes, persönliches Metadaten-Konzept erarbeiten – denn nur so werden Sie mit dem Katalog von Capture One wirklich Ordnung in Ihr Bilderarchiv bekommen.

Kapitel 13: Ausgabe- und Stapel-Register

Dieses Kapitel fasst zwei Register zusammen. Als RAW-Konverter muss Capture One sogenannte »Abzüge« erstellen, wenn Sie ein bearbeitetes Bild weitergeben oder in einer anderen Applikation verwenden möchten. Das geschieht über das Ausgabe-Register, das Stapel-Register listet die ausgegebenen Abzüge auf. Sie werden lernen, mit mehreren Ausgabe-»Rezepten« zu arbeiten und so ein Bild gleich in mehreren Versionen auszugeben, aber auch, was es mit den verschiedenen Methoden der Ausgabeschärfung auf sich hat und wie Sie zielgerichtet mit dem Proof-Modus umgehen können.

Kapitel 14: Tethered Shooting: verkabeltes Fotografieren mit Capture One

Capture One ist von Grund auf dafür gebaut, dass Sie mit angeschlossener Kamera direkt auf den Rechner fotografieren – diese Funktionalität dürfte der Hauptgrund sein, dass es Capture One überhaupt gibt; Dinge wie Katalog, Klonpinsel oder gar die Ausgabeschärfung kamen erst viel später hinzu. Das verkabelte Fotografieren übt man am besten vor Ort, mit der Kamera in der Hand – ein Text kann noch so ausführlich sein, er wird die konkrete Arbeit am lebenden Objekt nicht ersetzen können. Kapitel 14 ist entsprechend theoretisch gehalten: Wie bereiten Sie sich bzw. Ihre Kamera und Ihren Rechner aufs Verkabeln vor? Wo werden Bilder abgelegt, wie steht es um die Bildbenennung? Und was hat die iOS-App »Capture Pilot« mit der Sache zu tun?

Kapitel 15: Capture One und Drittsoftware

Kein Mensch ist eine Insel, und nur wenige Applikationen können für sich alleine existieren. In diesem Kapitel besprechen wir die Zusammenarbeit von Capture One mit anderen Programmen wie Bilddatenbanken/DAM (Digital Asset Management), Bildbearbeitungen und deren Plug-ins, und wie Sie die Bilder nach getaner »externer« Arbeit wieder in Ihre Capture-One-Bibliothek bekommen.

Der Anhang beinhaltet neben einem ausführlichen Index eine Übersicht über weiterführende Informationen und eine Literaturliste – denn »Praxis Capture One Pro« erhebt nicht den Anspruch, vollumfänglich und vollständig zu sein. Wie im Vorwort gesagt, verändert sich Software zu schnell, als dass ein gedrucktes Buch (oder E-Book) tagesaktuell sein könnte. Im Anhang finden Sie entsprechend Tipps und Verweise auf lesenswerte digitale Informationsquellen wie Blogs und Videokanäle.

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Die Software: Wie funktioniert Capture One?

Capture One Pro ist die aktuelle Version eines RAW-Entwicklers, der sich über ein Jahrzehnt lang im Studioalltag bewährt hat. Was als Kompagnon für die Phase-One-eigenen digitalen Mittelformatrückteile anfing, mauserte sich über die Jahre zu einer universell einsetzbaren Software für alle möglichen Kameras und Einsatzbereiche. Dennoch ist Capture One mit seinen »gewachsenen« Schwerpunkten und Spezialitäten eine für viele Fotografen ungewohnte Arbeitsumgebung. In diesem Kapitel besprechen wir die wichtigsten Konzepte von Capture One, die sich als Stolpersteine für Umsteiger und Neueinsteiger erweisen können. Wir fangen mit einer Geschichtsstunde an. Wenn Sie bereits mit Capture One vertraut sind, können Sie dieses Teilkapitel mit gutem Gewissen überspringen: Kapitel 1.2 wendet sich an Leser, die noch keine Kaufentscheidung getroffen haben, Kapitel 1.1 an solche, die Capture One erst vom Hörensagen her kennen.

Capture One ist kein zweites (oder drittes) Lightroom oder Aperture.

Capture One war ursprünglich nicht als All-in-one-Lösung gedacht. Im Studioumfeld, aber auch in Medien- und Verlagshäusern, gehen Bilder fast immer durch Photoshop und eine Layoutsoftware. Capture One wollte ursprünglich zwei Dinge erreichen: die bestmögliche Bildqualität aus den Rohdaten der hauseigenen Phase-One-Kameras kitzeln und dabei im Studio den Fotografen möglichst wenig in die Quere kommen.

Heute sieht die Sache ein wenig anders aus. Zwar zeigt Capture One Pro noch immer seine größten Stärken im professionellen Studioalltag, aber bereits vor mehreren Versionen wurde die Zielgruppe markant erweitert, indem immer neue, zusätzliche Kameras unterstützt wurden. Der Funktionsumfang bewegte sich weg von der Kombination aus reiner Rohdaten-Entwicklung und dem Bieten eines Studio-Workflows hin zu immer weiteren Bildbearbeitungsfunktionen wie kreatives Nachschärfen, selektive Bearbeitung und Fleckenentfernung – alles Dinge, die üblicherweise in Photoshop erledigt wurden. Mit der Version 7 führte Phase One zusätzlich einen Katalogmodus ein, der zwar auch in der aktuellen Version noch nicht ganz mit den Möglichkeiten »richtiger« DAM-Lösungen (Digital Asset Management) mithalten kann, aber durchaus die Anforderungen vieler Fotografen und Fotografinnen befriedigt.

Auch wenn Capture One heute ein breites Publikum anspricht, sollten Sie die Ursprünge der Software im Hinterkopf behalten – besonders dann, wenn Sie als Umsteiger von Lightroom oder Aperture andere Ansätze gewohnt sind, sei es in der Bildverwaltung oder dem auf den ersten Blick verwirrenden Umgang mit Farbprofilen.

Aufnahmesitzungen und konsequentes Farbmanagement bildeten lange Zeit die Grundlage des Capture-One-Konzeptes.

Der wichtigste traditionelle Schwerpunkt, der noch heute in die Art und Weise hineinspielt, wie sich Capture One bedienen lässt, zeigt sich im Namen: Capture One, also frei übersetzt »Aufnahmesitzung Eins«. Was heißt das? Im Studio wurden – und werden – Kameras meistens direkt mit dem Computer verbunden, man fotografiert also »auf den Rechner«. Die Speicherkarten dienen in solchen Situationen nur als Back-up. Die Vorteile dieser Arbeitsweise liegen auf der Hand:

  1. 1. In einem Team muss der Mediengestalter nicht darauf warten, dass die Speicherkarte gewechselt wird, bis er mit dem ersten groben Entwickeln der Rohdaten beginnen kann – jedes Bild ist sofort am Mac oder PC verfügbar.
  2. 2. Sitzt die Projektleiterin oder eine Kundin neben dem Tisch, kann sie sofort ihr Feedback zu Bildgestaltung oder Lichtsetzung abgeben, nicht erst, wenn das Model sich wieder auf die Heimreise gemacht hat.
  3. 3. Die Zwischenschritte – Karte raus, Karte ins Lesegerät, Bilder auf den Rechner laden – entfallen. Bei im Studiobereich üblichen sehr großen Bilddateien lässt sich so ordentlich Zeit sparen.

Der Fokus auf Aufnahmesitzungen führte zu Konzepten wie demjenigen der Sitzungsordner-Struktur (siehe Kapitel 4.1), der Verwaltung von Bildern und Steuerdaten außerhalb einer Datenbank, dem EIP-Format (siehe Kapitel 4.3) – kurz, einer sehr dateizentrischen Herangehensweise. Der Katalogmodus kam als Ergänzung zu diesem Grundkonzept hinzu – anders als Aperture und Lightroom, bei denen die Kataloge das zentrale Element der gesamten Software darstellten und im Falle von Lightroom noch immer darstellen.

Zum Studioalltag gehört auch die konsequente Umsetzung von Farbmanagement-Richtlinien gemäß des ICC/ICM-Ansatzes: Wer mit Kameras für fünfstellige Beträge Mode und Schmuck fotografiert, macht dies vorwiegend für den Magazin- und Plakatdruck. Capture One muss entsprechend gut mit verschiedenen Farbmodellen wie RGB und CMYK umgehen können, bereits beim Entwickeln der Rohdaten vor Überschreitungen des Farbumfangs von Ausgabemedien warnen und bei Bedarf auch ohne Drittsoftware Material für die Druckvorstufe liefern können. Lightroom hat diesen Medienbruch auch im Jahr 2017 noch nicht vollständig überbrückt – denn es ist nicht Teil von Adobes Grundkonzept. Bei Capture One ist das der Dreh- und Angelpunkt. Solche Funktionalitäten beschäftigen vor allem professionelle Fotografen, aber auch wenn Sie die Fotografie bloß als Hobby betreiben sollten, werden Sie die Vorzüge einer auf den professionellen Alltag optimierten Linie zu schätzen lernen – selbst wenn sie sich Ihnen nicht sofort erschließen sollten, werden sie Ihnen mit steigenden Ansprüchen das Leben erleichtern.

1.1Konzepte und Funktionsumfang

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Das Grundkonzept von Capture One: Entwickeln von Rohdaten und nicht destruktive Bearbeitung der Bilder

Egal, was Sie mit Ihren Bildern in Capture One anstellen – die Original-RAW-Dateien werden nicht in Mitleidenschaft gezogen. Capture One sichert für jedes Bild Entwicklungseinstellungen, sozusagen ein Protokoll der Arbeitsschritte, die Sie am Foto vorgenommen haben. Um diese Bearbeitungsschritte in einem »fertigen« Bild zu sehen, weitergeben oder veröffentlichen zu können, müssen Sie die Bilder ausgeben. Im klassischen Sinne erstellen Sie also einen Abzug Ihres Foto-Negativs; Capture One nennt diesen Schritt Verarbeitung (vgl. Kapitel 13, »Die Ausgabe«).

HINWEIS

Der Vergleich mit der analogen Zeit müsste eigentlich weiter gefasst werden: Sie erstellen mit Capture One nicht einfach einen Abzug von einem entwickelten Negativ, Sie behalten den belichteten Filmstreifen bei und können ihn beliebig oft neu und unterschiedlich entwickeln. Da dies mit echtem Filmmaterial nicht möglich ist, haben sich im digitalen Bereich die vereinfachenden Begriffe »Negativ« und »Abzug« durchgesetzt. Diese Nomenklatur werden wir in diesem Buch durchgängig verwenden.

Nicht destruktive Bildbearbeitung heißt auch, dass Bilder nur bei Bedarf als fertige Datei vorliegen.

Die »fertigen« Bilder existieren innerhalb von Capture One nur als Original plus Entwicklungseinstellungen. Diese Steuerdaten liegen entweder als Teil eines Katalogs oder als sogenannte »Sidecars« (»Seitenwagen«-Dateien) vor. Wenn Sie irgendwann Phase-One-Produkten den Rücken kehren wollen, müssen diese Entwicklungsschritte zuerst in Abzüge »gebacken« werden, sonst gehen Ihre Bearbeitungen verloren. Dasselbe gilt für den Fall, dass z. B. durch einen Computerfehler oder Diebstahl zwar die Original-RAW-Dateien im Back-up erhalten bleiben, aber die Entwicklungseinstellungen verloren gingen oder korrumpiert wurden. Viele Fotografen erstellen deswegen als Teil ihres üblichen Arbeitsablaufs von jedem fertig bearbeiteten Bild einen Abzug, je nach Qualitätsanspruch als JPEG-Datei oder 16-Bit-TIFF-Datei.

Capture One ist heute RAW-Entwickler und Bildbearbeitung in einem. Je mehr Arbeiten Sie in Capture One erledigen, umso weniger Aufwand machen nachträgliche Korrekturen am fertigen Bild.

Capture One ist im Kern zwar immer noch »nur« ein Entwickler für Rohdaten. Mit steigenden Versionsnummern kamen jedoch viele Funktionen hinzu, die früher Bildbearbeitungsprogrammen wie Photoshop vorbehalten waren. Mit Capture One Pro erledigen Sie heute viele Dinge direkt auf RAW-Ebene:

… und einiges mehr. Die Erledigung solcher Arbeitsschritte auf RAW-Ebene hat einen entscheidenden Vorteil: Sie können solche Entwicklungsschritte verketten, ohne dass die Bildqualität des Endergebnisses sinken würde. Sie müssen – rein auf die Bildqualität bezogen – nicht darauf achten, in welcher Reihenfolge Sie die Bearbeitungsschritte vornehmen. Es ist z. B. egal, ob Sie ein Bild zuerst entrauschen und nachschärfen, dann den Weißpunkt anpassen und eine Objektiventzerrung vornehmen – oder andersherum. Capture One verrechnet die Einstellungen immer mit den Rohdaten der Originaldatei. Das heißt auch, dass Sie problemlos nachträglich punktuelle Änderungen an den Entwicklungseinstellungen vornehmen können.

Praxisbeispiel: Schwarzweißbilder im RAW-Entwickler

Sie möchten eine Schwarzweißversion Ihres Bildes erzeugen und verwenden dafür, wie bisher gewohnt, die Applikation SilverEfex von Nik/Google. Sie bearbeiten die Farbversion so gut wie möglich in Capture One und erstellen die Schwarzweißversion mit einem TIFF-Abzug in SilverEfex. Sie setzen dort eine Vignette, zupfen an der Tonwertkurve herum und wählen einen Farbfilter. Sie sind zufrieden und sichern das Ergebnis, …

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Hoppla!

… nur um dann im Netz festzustellen, dass Sie Flecken im Himmel übersehen haben. Also entfernen Sie den Schmutz mit Capture One in der Farbversion und fangen mit der Schwarzweiß-Konvertierung in SilverEfex von vorne an. Und dann merken Sie, dass es noch weitere Flecken gibt oder dass das Bild doch nicht richtig entzerrt war, oder Sie stören sich nach ein paar Tagen doch noch am verwendeten Sepia-Filter und so weiter und so fort.

Praxisbeispiel: Schwarzweißbearbeitung in Capture One

Sie werden in diesem Buch viele Praxisbeispiele finden – dieses erste Beispiel soll Ihnen auch einen groben Überblick darüber geben, wie die Arbeit in Capture One, ganz generell, aus der »Vogelperspektive« aussieht, vom Öffnen eines Bildes bis zur Ausgabe. Die einzelnen Schritte werden im Verlauf des Buches im Detail besprochen.

Wir haben gesehen: Wenn Sie auf Drittprogramme setzen, um Ihre Schwarzweiß-Konvertierungen zu gestalten, kann es schnell sehr mühsam werden. Erledigen Sie die Konvertierung in Capture One, sparen Sie viel Zeit und Aufwand: Sie korrigieren etwaige Fehler einfach nachträglich, ohne Qualitätsabstriche oder doppelte Arbeit.

  1. 1. Importieren Sie Ihre Bilder in einen Capture-One-Katalog (vgl. Kapitel 4).
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  1. 2. Nehmen Sie nun dieselben Arbeiten an Ihrem Bild vor, die Sie auch vor einer Übergabe an z. B. SilverEfex vornehmen würden: Dinge wie Beschnitt (vgl. Kapitel 8.1), eine Belichtungskorrektur (vgl. Kapitel 6) oder ein erstes kreatives Schärfen (vgl. Kapitel 9).
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  1. 3. Aktivieren Sie nun im Farbe-Register den Schwarzweiß-Modus. Das Bild wird jetzt entsättigt dargestellt – sozusagen »neutral«, bereit für Ihre Bearbeitung.
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  1. 4. Gestalten Sie das Bild mit den Schwarzweiß-Werkzeugen von Capture One (vgl. Kapitel 5.5). In unserem Beispielbild werden Ihnen Sensorflecken ins Auge stechen – Staub, der auch in der vorbereiteten Farbversion vorhanden war, aber erst durch Ihre Bearbeitung sichtbar wurde.
  2. 5. Greifen Sie nun zum Fleckentfernung-Werkzeug (vgl. Kapitel 9.7). Stempeln Sie mit der Option »Staub« die Flecken aus dem Bild.
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  1. 6. Fertig! Erzeugen Sie zum Schluss einen JPEG-Abzug übers Ausgabe-Register (vgl. Kapitel 13). Sollten Sie später weitere Flecken im Abzug entdecken – kein Problem, zurück zu Punkt 5. Punkte 1–4 entfallen.
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Es ergibt also Sinn, so viel wie möglich im RAW-Entwickler zu erledigen. Sie können alternativ natürlich auch in Photoshop mit Ebenen (»Layer«) arbeiten, um Einzelschritte nachträglich anzupassen oder rückgängig zu machen. Das kann aber schnell zu sehr großen Dateien und damit auch einer trägeren Verarbeitung führen. Manche Schritte lassen sich auch mit Ebenen in Photoshop nicht nachträglich korrigieren – z. B. das Entrauschen oder die Objektiventzerrung in Capture One. Sobald Sie einen Abzug in Photoshop weiter bearbeiten, sind alle Schritte bis zu diesem Punkt fix im Bild und können nur noch mit mehr oder weniger sichtbarer Qualitätsminderung korrigiert werden – oder Sie fangen von vorne an.

Aber welche Teile der alltäglichen Fotoarbeit kann man denn zurzeit nicht mit Capture One Pro erledigen? Die Liste bleibt überschaubar:

HINWEIS

Mit der kleinen Sony-Version von Capture One ergeben sich weitere Einschränkungen, die wir im nächsten Kapitel ansprechen werden. »Capture One Express for Sony« arbeitet genau gleich wie Capture One Pro, bietet aber nicht alle Funktionen an. An der Art und Weise, wie Capture One mit Ihren Rohdaten umgeht, ändert sich aber nichts: Die Originaldateien werden nicht verändert, fertige Bilder müssen als Abzüge ausgegeben werden, je mehr Sie in Capture One erledigen, desto geringer wird ein etwaiger Korrekturaufwand am »fertigen« Bild.

1.2Welche Version darf es sein?

Dieses Kapitel wendet sich an diejenigen, die sich noch unsicher sind, zu welcher Version von Capture One sie greifen sollen. Die Entscheidung wird Ihnen nicht unbedingt schwerfallen, aber wenn Sie verstehen, weshalb Sie zu einer der beiden Versionen und einem der beiden Lizenzmodelle greifen sollten, haben Sie die besten Voraussetzungen, das Maximale aus Capture One herauszuholen.

1.2.1Eine Frage der Lizenz

Seit Version 8 bietet Phase One ein neues Lizenzmodell an: Capture One Pro lässt sich jetzt wahlweise auch abonnieren. Anders als es Adobe mit seinem CC-Modell tut, geschieht dies aber nicht in einer ausgebauten Cloud-Umgebung inklusive Online-Speicherplatz, sondern bezieht sich tatsächlich nur auf die Art und Weise, wie man die Nutzung von Capture One bezahlen möchte. Die erste Frage, die sich Ihnen stellt, ist also: Möchten Sie die Software »mieten« oder Capture One Pro »kaufen«? Beide Modelle haben ihre Vor- und Nachteile.

Das Abonnement-Modell

Mit »Capture One Pro Subscription« erwerben Sie während der Laufzeit des Abos das Nutzungsrecht der jeweils aktuellen Version. Capture One Pro 10, 11, 12 … egal. Sie zahlen die laufende Gebühr und bekommen Zugriff aufs aktuelle Capture One. Eine ständige Online-Verbindung ist nicht nötig, einmal pro Monat reicht, um die Gültigkeit des Abonnements mit den Lizenzservern von Phase One abzugleichen.

Vorteil Abonnement-Modell: Kostenkontrolle

Ein Vorteil des Abo-Modells ist die Kostenkontrolle – Capture One Pro ist nicht die günstigste Software auf dem Markt, es kann sich je nach Anzahl benötigter Lizenzen finanziell lohnen, die Investition mit dreimonatlichen Gebühren zu tätigen statt auf einen Rutsch viel Geld auszugeben. Eine Standardlizenz für zehn Arbeitsplätze kostet fast doppelt so viel wie ein Jahres-Abo für dieselbe Anzahl Arbeitsplätze – und ist sofort fällig. Besonders für kleinere Agenturen ein wichtiger Punkt.

Für unschlüssige Einzelkämpfer ist das Abo-Modell ebenfalls interessant: Sie wählen ein Abonnement für drei Monate und erneuern es vielleicht nach Ablauf um weitere drei Monate. Sollte sich dann zeigen, dass ein anderer RAW-Konverter doch besser zu Ihren Kameras oder Ihrer Arbeitsweise passt, kündigen Sie das Abonnement und haben die Differenz zur Standard-Lizenz gespart.

Nachteil Abo-Modell: Vendor-Lock-in und Upgrade-Zwang

Also ist das Abo-Modell ohne Vorbehalte zu empfehlen? Nicht unbedingt – denn es hat auch entscheidende Nachteile. Als Erstes fällt man in den »Vendor-Lock-in«, also ist auch dann an Capture One gebunden, wenn man eigentlich auf eine andere Software wechseln möchte. Weder Entwicklungseinstellungen noch das Katalogformat von Capture One werden von anderen Produkten verstanden. Kündigen Sie das Abonnement, müssen Sie sämtliche Bilder verarbeiten bzw. Abzüge erstellen sowie die Kataloge in Ihrer bevorzugten Software nachbauen – Sie können nicht einfach eine alte Version von Capture One auf dem Rechner behalten, um bei Bedarf doch noch kurz einen Abzug zu erstellen, der Lizenzserver wird das verhindern. Bemerken Sie z. B. nach einem Jahr, dass eine besonders gelungene Bildserie verloren ging und nur als Capture-One-Back-up im Archiv liegt, müssen Sie wieder ein Abonnement über drei Monate buchen, um die Serie mit Anpassungen exportieren zu können. Oder Sie halten sich an die unbearbeiteten Originale und müssen diese mit Ihrem gegenwärtigen RAW-Entwickler neu bearbeiten.

Ein anderer Nachteil sind mögliche zukünftige Systemvoraussetzungen. Seit Version 10 beispielsweise benötigt Capture One in der Mac-Version zwingend macOS 10.11 oder neuer. Nutzer, die an 10.10 oder älter festhalten möchten (oder müssen), können Capture One Pro nicht verwenden. Sollten zukünftige Versionen ähnliche Vorgaben machen – vielleicht eine bestimmte minimale Grafikausstattung oder Betriebssystemversion – sind Sie entweder gezwungen, Ihre Rechner zu aktualisieren oder ganz auszutauschen. Sie können nicht längere Zeit an einer noch lauffähigen früheren Version von Capture One festhalten.

Die Standard-Lizenz

Phase One plant nicht, komplett auf das Abonnement-Modell zu wechseln. Die gewohnten Standard-Lizenzen mit Upgrade-Möglichkeiten werden auch in Zukunft angeboten werden. Auch hier gibt es Vor- und Nachteile.

Nachteil Standard-Lizenz: Kostenfalle

Zuerst genannt sei die Kostenfrage. Wie oben beim Abo-Modell gesagt ist Capture One Pro recht teuer, selbst Upgrade-Preise kosten oft mehr als eine Standard-Lizenz bei der Konkurrenz. Über die Jahre kommt da ganz schön was zusammen, sodass es sich lohnt, hier im wahrsten Sinne des Wortes Bilanz zu ziehen. Das gilt besonders wiederum, falls Sie Lizenzen für mehrere Arbeitsplätze benötigen.

Vorteil Standard-Lizenz: Unabhängigkeit

Andererseits machen Sie sich mit dem Kauf von Standard-Lizenzen von der Entwicklung von Capture One unabhängig. Sie sind mit Version 10 zufrieden und haben kein Interesse an zukünftigen Versionen? Version 11 läuft nicht mehr auf Ihrem Rechner? Sie möchten den Softwareanbieter wechseln, aber Capture One für Ihr Archiv behalten? Alles kein Problem, Sie haben Ihre ewigwährende Nutzungslizenz (»perpetual license« im Phase-One-Jargon) bezahlt. Das gilt für Freelancer gleich wie für Studios – oft hat man seine Abläufe über Jahre optimiert, Hard- und Software darauf ausgerichtet und will oder kann nicht sofort auf eine neue Softwareversion wechseln.

WICHTIG

»Abo oder Standard-Lizenz?« Es gibt keine allgemein gültige Antwort auf diese Frage, keine Variante ist generell besser oder schlechter als die andere. Entscheiden Sie nicht aus dem Bauch heraus – betrachten Sie Ihre Arbeitsabläufe, die verwendete Hard- und Software, prüfen Sie Ihre Geldmittel, kalkulieren Sie die anfallenden Lizenzkosten für beide Varianten über die nächsten zwei bis drei Jahre. Wie oft haben Sie in der Vergangenheit Upgrades übersprungen, wie oft sind Sie sofort umgestiegen?

Bleiben Sie in diesem Schritt sachlich und realistisch. Im Anschluss darf dann gerne auch besagter Bauch mitentscheiden.

1.2.2Eine Frage der Version

Capture One Pro und Capture One Express/Pro for Sony – die Auswahl der »richtigen« Version fällt leicht.

Die Frage, zu welcher Ausführung man greifen soll, gestaltet sich seit Capture One 8 denkbar einfach, denn anders als bei früheren Versionen gibt es seither für die meisten Anwender nur noch eine Variante: Capture One Pro.

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Beim ersten Start von Capture One wählen Sie die gewünschte Version aus. Die heruntergeladene Software ist immer dieselbe, je nach Version werden mehr oder weniger Funktionen aktiviert.

Ein Spezialfall stellt sich für Nutzer von Sony-Kameras wie der A7-Reihe. Phase One bietet eine kostenlose, abgespeckte Version von Capture One Pro an. »Capture One Express for Sony« funktioniert, nicht sehr überraschend, ausschließlich mit den unterstützten Sony-Kameras. So fehlt z. B. der Sitzungsmodus, und die Ebeneneffekte sind nur eingeschränkt verfügbar. Verkabeltes Fotografieren (vgl. Kapitel 14) ist nicht möglich, Soft-Proofing wird nicht unterstützt und so weiter. Dem gegenüber steht »Capture One Pro for Sony«: Diese Version bietet den vollständigen Funktionsumfang von Capture One Pro, funktioniert allerdings wie die Express nur mit Sony-Kameras bzw. deren Dateien. Dafür ist diese Sony-Pro-Version deutlich preisgünstiger als die »volle« Pro-Version.

Die »kleine« Sony-Version lässt sich also gut mit den »alten« Express-Versionen vergleichen, und wie zu Zeiten von Capture One 6 und 7 gibt es auch kostengünstige Upgrade-Angebote auf die Vollversion – Capture One Pro.

TIPP

Für die meisten Anwender stellt sich die Frage nach der »richtigen« Version nicht – Capture One Pro, fertig. Sony-Nutzern steht mit den Spezialversionen die Option offen, günstig einen alternativen RAW-Entwickler neben ihrer gewohnten Software wie z. B. Lightroom zu verwenden oder Capture One ausgiebig zu testen, länger als es mit den Demoversionen möglich ist. Nutzen Sie diese Möglichkeit!

Der Vollständigkeit halber seien noch zwei weitere Versionen von Capture One erwähnt: die »DB«-Version sowie die »Cultural Heritage«-Ausgabe. Diese Spezialversionen sind auf ihren konkreten Einsatz optimiert. »DB« steht für »Digital Backs« und ist diejenige Version von Capture One, die mit den Mittelformatrückteilen von Phase One und Mamiya Leaf ausgeliefert wird. Diese Versionen sind kostenlos, aber funktionieren ähnlich wie die Sony-Version nur mit genau diesen Kameras. Der Funktionsumfang ist identisch mit Capture One Pro.

Die »Cultural Heritage«-Version von Capture One ist für die Repro-Fotografie optimiert und richtet sich an Museen und Archive. Funktional unterscheidet sie sich nicht von der Pro-Version, bietet aber erweiterten Support durch Phase-One-Mitarbeiter und je nach Dienstleistungsvertrag gebündelte Hardware und Zusatzsoftware. Diese Version ist, wie die DB, nicht im freien Handel erhältlich und wird entsprechend hier im Buch nicht weiter zur Sprache kommen.

1.3Die Render-Pipeline aus der Vogelperspektive

Capture One arbeitet prinzipiell wie jeder andere RAW-Entwickler: Die Originaldaten werden gelesen, interpretiert und in ein für Menschen erkennbares Bild übergeführt. Wie genau Ihre Bilder durch die verschiedenen Module von Capture One wandern – das, was wir die Workflow-Pipeline nennen werden –, besprechen wir in Kapitel 3. Für den Moment interessiert uns mehr eine grundsätzliche Frage:

Das Erzeugen eines Bildes aus seinen Rohdaten nennen wir in diesem Buch »Rendern«.

Wie bestimmt Capture One eigentlich, welche exakte Haarfarbe mein Model hatte oder genau welches Grün bei Sonnenaufgang auf der Wiese leuchtete?

In diesem Kapitel werden Sie den Aufbau der Render-Pipeline kennen- und so Capture One besser verstehen lernen.

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Die Render-Pipeline verkettet verschiedene Abläufe mithilfe von Farbprofilen (grün) und Geräteprofilen (grau).

Ihre Bilder fließen also durch ein System aus aneinandergereihten Farbdefinitionen: Um die Daten aus der Kamera zu interpretieren und in ein für uns Menschen sichtbares Bild umzuwandeln, benötigt Capture One zwingend zwei verschiedene Arten von Profilen. Einerseits muss das Programm Eigenheiten der Hardware, z. B. Objektivverzeichnungen bzw. deren Korrekturen oder Sensor-Spezialitäten, kennen. Diese Informationen liegen in Geräteprofilen vor. Andererseits muss Capture One am Ende Farbwerte liefern und, bei Bedarf, an die Darstellung am Bildschirm oder im Ausgabemedium anpassen können. Capture One setzt dazu auf Farbprofile gemäß den Vorgaben der ICC.

Das International Color Consortium, kurz ICC, wurde 1993 von Apple, Agfa, Adobe, Kodak, Microsoft, Silicon Graphics, Sun und Taligent gegründet. Das Ziel war es, einen systemübergreifenden, offenen Standard für den digitalen Umgang mit Farben zu schaffen. Seit 2010 sind diese Vorgaben ISO-Norm. Die ICC definiert das Format, in dem Profile beschrieben werden müssen, aber nicht, wie die genaue Farbbestimmung geschehen soll – also mit welchen Algorithmen und Methoden.