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Lionel Davidson

Das Geheimnis der Menora

Roman


Ins Deutsche übertragen von Dörte und
 Frieder Middelhauve


Edel eBooks


Copyright © 1966 by Lionel Davidson

Copyright first German edition © 1993 by Goldmann/Bertelsmann Group

Ins Deutsche übertragen von Dörte und Frieder Middelhauve

Trotz intensiver Recherche war es dem Verlag nicht möglich, den Rechteinhaber der Übersetzung zu identifizieren bzw. einen Kontakt herzustellen. Wir bitten den Übersetzer bzw. seinen Nachfolger, sich ggf. beim Verlag zu melden.

The publication of this work has been arranged by Michael Meller Literary Agency GmbH, Munich.
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1

Ich hielt es in Barot nicht aus, und in Jerusalem war es auch nicht besser. Mit Agrot konnte man nicht Zusammenleben, er flitzte zwischen beiden Orten hin und her wie eine Katze auf heißen Steinen. Ich war nun schon eine Woche über meine Zeit geblieben, aber ich konnte mich nicht losreißen. Und auch wenn ich versuchte, an all das zu denken, was ich anderswo zu tun hatte, brachte ich es nicht fertig.

Die Sitzung der Rabbiner hatte Montag stattgefunden, und am Mittwoch kam Uri aus London. Er hatte einen Auftrag erledigt, den Agrot hitzig gefordert und die Archäologische Abteilung schließlich befürwortet hatte. Uri brachte eine persönliche, auf Band mitgeschnittene Mitteilung des Rabbi von Bogoritze aus London. Die Bogoritze-Gemeinde, eine kleine Sekte, war so strenggläubig, daß sie das Britische Oberrabbinat als krypto-heidnische Institution ansah. Sie war bekannt für ihre Unterstützung von Arbeiten, die sich mit der mythologischen Überlieferung des Judentums befaßten, und dafür, daß sie finanziell bestens ausgestattet war. Die Botschaft ihres Rabbiners war ausschließlich für das Ohr des Vorsitzenden des Komitees bestimmt. In der Wohnung in Rehavia hörten wir sie uns einige Male an. Die Frömmigkeit kam sehr deutlich zum Ausdruck.

»Er erwähnt kein Geld«, sagte Agrot.

»Hören Sie das Versprechen in seiner Stimme nicht?«

»Die haben doch welches, oder?«

»Sie und ich«, erwiderte Uri, »sollten das besitzen, was die besitzen. Denen gehört halb Stamford Hill. Leider können sie nicht darüber verfügen – sie haben sich für eine große neue Yeshivah, eine Talmudhochschule bei Epping verschuldet. Aber wer weiß? Spiel es noch einmal ab. Ich liebe das Tremolo in der Stimme des alten Knaben.«

Wir spielten es noch einmal ab. Wir hörten es viele Male, mit wechselndem Enthusiasmus, während wir zu Abend aßen und den Arrak austranken. Als ich mit Uri ging, hatte sich Agrot so hineingesteigert, daß er von der puren Macht des Bogoritze-Rebbe vollkommen überzeugt war.

»So«, sagte Uri, als wir zum King David zurückkehrten, »du hast dich hier amüsiert, was? Ich habe schon immer vermutet, daß wir einen Mann aus dir machen können. Wenn ich morgen bei den Rabbinern fertig bin, bringst du mich nach Barot. Vielleicht weht deine Hose noch immer in Jordanien als Flagge.«

Aber ich fuhr nicht mit ihm nach Barot. Ich fuhr nach Tel Aviv. Ich hatte sie seit einer Woche nicht gesehen – sie war zum Dienst zurückgekehrt –, aber sie hatte angerufen und gesagt, sie nähme Urlaub, um ein längeres Wochenende zu haben. Shimson hatte unglücklicherweise ebenfalls am Wochenende frei, aber erst ab Freitag. Ich fuhr Donnerstag hin.

Der böswillige Mr. Benjamini war dank göttlicher Fügung nicht da, und wir konnten uns unbeobachtet hineinschleichen, um einen Nachmittag in Shimshons Bett zu verbringen. Das Auge Gottes deckten wir umsichtig mit einem Gebetsschal zu.

»Ich glaube, es ist verkehrt«, sagte sie.

»Glaubst du, Liebes?«

»Aber es fühlt sich nicht verkehrt an«, sagte sie verwundert und zog mit einem Fingernagel über meine Brust.

»Dann ist es doch in Ordnung.«

»Ich meine, ich bin nicht verworfen. Das weißt du.«

»Natürlich.«

»Und es hat nichts mit Shimshon zu tun.«

Sie hatte sich über mich gebeugt, und die Erwähnung des abwesenden Rübezahl schien mir unter den gegebenen Umständen etwas unpassend.

»Weißt du, warum Shimshon kommt?« fragte sie mit einem heimlichen kleinen Lächeln.

»Nein. Warum?« Die schienen ihm in letzter Zeit ganz schön oft freizugeben, dachte ich tadelnd.

»Wir verloben uns offiziell. Ich wollte es plötzlich so.«

»Ich hoffe, daß ihr sehr glücklich werdet.«

»Das werden wir. Das weiß ich. Ich liebe ihn wirklich.«

Dieses Thema schien uns irgendwie nicht weiterzubringen. Deshalb setzte ich ihr die Lieutenantmütze auf, und das stachelte mich plötzlich zu wilden Exzessen an. Wir mußten uns eine Weile ausruhen.

Uri flog am Abend zurück. Ich rief ihn am Flughafen an.

»Also, ich glaube ernsthaft, daß alles gut läuft, alter Knabe. Sie waren von dem Bogoritzer schwer beeindruckt, und auch davon, daß das Diplomatische Korps jetzt irgendwie damit zu tun hat. Ein oder zwei abfällige Bemerkungen fielen in dieser Richtung.«

»Ist das schlecht?«

»Nein, das ist gut. Vielleicht gibt es irgendwelche Aufregung, aber die Bogoritzer können das auf tausend Wegen mitgekriegt haben, nicht nur von uns. Und ich muß ja nicht nur deshalb hergekommen sein. Im weiteren Sinn ist es hilfreich. Je mehr Leute davon wissen, ganz im stillen, desto geringer ist die Gefahr eines kleinen – du weißt schon.«

»Hast du eine Ahnung, wann die ihre Entscheidung treffen wollen?«

»Auf jeden Fall nicht vor dem Sabbat. Frühestens Sonntag. Wann fliegst du zurück?«

»Hm. Vielleicht wollen die noch mal mit mir sprechen.«

»Ich verstehe. Also, halt die Ohren steif. Schalom.«

»Schalom.«

Sie wartete vor der Telefonzelle.

»Haben wir gewonnen?« fragte sie, als sie mein Gesicht sah.

Ich korrigierte rasch den Gesichtsausdruck. »Noch nicht«, antwortete ich. Es hatte keinen Sinn, der Vorsehung zu danken.

Der alte Knabe erkannte mich ohne den Streiml nicht, also ging ich nach nebenan und setzte ihn auf.

»Hallo, Bocher!« rief er erfreut. »Haben Sie bei Ihren Studien Mishmar Zin berücksichtigt?«

»Ja, danke«, sagte ich.

»Merkwürdigerweise lesen wir auch in dieser Woche von einem mysteriösen Ort.«

Die Wochen waren verstrichen. Von der Lesung aus dem Pentateuch war, vier Wochen nach Vayislach, das 48. Kapitel der Genesis, Vay’chi, fast zu Ende.

»Und was finden wir in Vay’chi? Jakob nimmt Abschied von seinen Söhnen. Er prophezeit Juda die Zukunft. Nicht wird das Zeichen von Juda weichen, sagt er, noch der Herrscherstab von seinen Füßen, bis der Mensch Shiloh erreicht. Ad kee-yavoh Shiloh. Was bedeutet das? Die Christen lesen es als ›bis Shiloh kommt‹, und glauben, es sei von einem Messias die Rede. Rashi, Onkelos, Saadyeh und viele andere, sehen denselben Sinn. Und die Targum lesen, wie wir wissen, Shiloh als Shaleh, den poetischen Frieden. Eine andere Lehre sieht darin den wirklichen Ort, Shiloh. Wir müssen uns also fragen ...«

»Idiot, sei still!« rief seine Frau, die gerade ins Zimmer trat. »Sie müssen ihn entschuldigen. Er lebt nur für die Synagoge. Sie haben sich also gut erholt?« sagte sie und lächelte mich an. Nur gelegentlich warf sie mißtrauische Blicke auf den Streiml.

»Ja, danke.«

»Und Sie haben gehört, was mit unserer Shana passieren wird?«

»Ja, ja. Ich war sehr erfreut.«

»Es kommt natürlich nicht unerwartet. Er ist ein guter Mann. Er redet vielleicht nicht sehr viel ...«

»Wir essen heute abend nicht hier«, sagte Shoshana und kam schnell herein. Sie war in der Küche gewesen, und die Wände waren dünn.

»Nicht? Aber Liebling, wir hatten uns doch gefreut ...«

»Der Professor muß in der Stadt arbeiten und möchte, daß ich ihm assistiere. Vielleicht müssen wir die ganze Nacht wegbleiben ...«

»Die ganze Nacht studieren?«

»Glauben Sie nicht, Herr Professor?«

»Nun, möglicherweise schon«, sagte ich. »Das heißt, wenn es Sie nicht ...«

»Überhaupt nicht. Meine Eltern sind einverstanden. Das Studium kommt vor dem Vergnügen.«

»Das Studium ist ein Vergnügen«, sagte der alte Knabe, indem er eine stehende Redewendung in der Familie benutzte.

»Natürlich«, sagte Shoshana. »Ich bin soweit.«

Wir gingen ins Sheraton und studierten die ganze Nacht.

2

Das Verlobungsfest fand am Freitag abend statt, damit Miriam und Avner noch vor dem Sabbat eine Transportmöglichkeit aus En Gedi bekamen. Shimshon hatte einen Freund mitgebracht, einen strammen, rotbemützten Lieutenant. Der Freund war ein fröhlicher Kerl, und auch Shimshon, der jetzt seine finster brütende Art verloren hatte, hatte sich sehr gemacht. Er riß sogar Witze darüber, daß ich zuviel trank, als der Sakramentswein und später der Sekt, Marke »President«, am Tisch herumging. Er hatte den Arm um Shoshana gelegt und gab sogar ein paar gut gewählte Verse aus dem Buch der Sprüche als Antwort auf den Toast ihres Bruders von sich.

»Eine züchtige Frau«, deklamierte Shimshon errötend und schloß sie in den Arm, »ist schwer zu finden. Denn ihr Wert ist höher als der von Rubinen.«

»Hört, hört«, sagte ich.

Avner wiederholte es, erhob sein Glas und verdeckte damit einen tödlichen Blitz aus Miriams Augen, der mich treffen sollte.

Der Alte, den diese angenehme Wendung des Gesprächs beflügelte, steuerte nun selbst ein paar passende Zitate bei. Als im Verlauf des Fests mehrere Gespräche parallel geführt wurden, schien er wieder zum Vay’chi zurückzufinden.

»Der Herrscherstab zu seinen Füßen. Was können wir daraus entnehmen? Auch Nicht wird das Zeichen von Juda weichen. Ibn Esra steht auf dem Standpunkt ...«

»Und zum Schluß, was geschah dann? Hat die Botschaft die Sache in die Hand genommen, die Rechtsabteilung?«

»Wir haben uns gefragt: Wem schreibt er bloß? Er sitzt für sich allein stundenlang da und schreibt und schreibt. Und wenn die Post kommt, wer ist zuerst da? Jetzt sehe ich, daß er seine Zeit nicht vergeudet hat, der Hund! Diese stillen Wasser ...«

»Nehmen Sie Gebäck zum Wein, Professor. Wie kann man trinken, ohne zu essen? Sehen Sie sie an – wie glücklich sie ist!«

»Genau, wenn wir es als Herrscherstab interpretieren, haben wir die gleichen Schwierigkeiten. Er hat bereits das Zepter erwähnt. Es ist also etwas Mystisches, etwas Heiliges, das Juda zu Füßen liegt ...«

»Alles, was ich sagen kann, ist, daß dieser Kerl verdammtes Glück gehabt hat. Ich wäre nicht ruhig geblieben. Diese Schweine mit ihren großen Autos – mir wäre es egal gewesen, was es kostet. Ich hätte mir den besten Anwalt der Stadt genommen – Ärger, Ärger, sicher hat man Ärger. Wegen so etwas würde ich den Ärger auf mich nehmen. Es wundert mich, daß Ihre Botschaft sich nicht ...«

»Ein weiter Weg von En Gedi! Ich sagte, es ist ein weiter Weg – du hast nicht vergessen, wie es dort ist? Und die Höhle von Shulamit, erinnerst du dich? Wie? Ha-ha? Wie? Auf die Höhle von Shulamit. Ich sagte, auf die – und auf dich natürlich. Auf deine Gesundheit. Daß du immer die Kraft behalten mögest ...«

»Wir müssen uns also fragen, wenn nicht der Messias, dann vielleicht ein Gegenstand, ein heiliger Gegenstand? Und daher, wenn wir die Interpretation von Shiloh als Shaleh, Frieden, mit berücksichtigen, bleibt uns die Frage – was gibt Juda auf, wenn Frieden ...«

Es war ein nettes Fest. Niemand war betrunken.

In dieser Nacht schlief ich allein im Sheraton.

Als am Samstag abend der Sabbat vorüber war, brachen alle auf, auch Shoshana. Sie kam zu mir ins Sheraton.

»Hast du daran gedacht, deine Einheit anzurufen?« fragte ich.

»Ja, habe ich.«

»Was hast du ihnen gesagt?«

»Daß ich im Bett bleiben muß.«

»Stimmt sogar«, sagte ich. Wir blieben beide im Bett, mit einer Flasche President. Wir mußten ihren neuen Familienstand feiern.

Sonntag war ein gräßlicher Tag. Ich versuchte, Agrot anzurufen, erreichte ihn aber nicht. Daher rief ich bei ein paar anderen an und erreichte schließlich den Anwalt. Er sagte, ja, soweit er wisse, solle die Entscheidung heute verkündet werden. Er hielt sich bereit, um zum Heikhal-Shelomo zu fahren. Nein, er glaubte nicht, daß ich helfen könne. Aber er glaubte auch nicht, daß meine Anwesenheit schaden würde, also brach ich auf.

Wir nahmen den Streiml mit, gaben ihn in einer großen Plastiktüte bei dem Arzt ab und bedankten uns. Dann irrten wir umher und suchten Agrot. Er war nirgendwo zu finden, und ich konnte nicht in den Heikhal-Shelomo. Abends fuhren wir nach Tel Aviv zurück, gingen ins Sheraton und trafen ihn dort an. Über ein Glas Brandy gebeugt, saß er da, und wir sahen auf den ersten Blick, wie die Entscheidung ausgefallen war.

Er hatte Notizen mitgebracht, die er aus seiner Brusttasche entfaltete und herüberreichte. Es waren zwei Blätter. Auf dem ersten stand:

Der Beschluß lautet, daß die Wahrscheinlichkeit, daß ein heiliger Gegenstand – und das war alles, was wir zu entscheiden hatten – unter den Gebäuden in einem fortgeschrittenen Bauabschnitt in Barot zu finden ist, als gering angesehen werden muß. Eine Minderheit ist der Meinung, daß ein Kunstwerk heiligen Charakters dort deponiert wurde und daß seine Überreste immer noch vorhanden seien. Das einhellige Urteil lautet, daß diese Reste, wenn vorhanden, nicht mehr den heiligen Charakter des ursprünglichen Artefakts haben können und daß dieser heilige Charakter nur dem Kunstwerk, nicht jedoch dem Material innewohnen könne, aus dem es hergestellt ist.

»Oh, mein Gott. Es tut mir leid.«

»Blättern Sie um«, sagte Agrot. »Ein Versicherungsschein.«

Ich blätterte um. Auf dem zweiten Blatt hieß es:

Das Komitee hält es jedoch für angemessen, die Verantwortlichen für die Bauarbeiten darauf hinzuweisen, daß das Kashrut-Zertifikat für die Planierung nur unter der Bedingung ausgestellt wird, daß eine bestimmte Mikwe auf dem Gelände versetzt wird. Ein angemessener Verwendungszweck für den Ort wäre ein Andachtsraum, eine Bet ha-Midrash oder ein Studiensaal.

Ich inhalierte tief und stieß den Rauch aus.

»Teitleman«, sagte ich, »hat natürlich enorm viel für einen Andachtsraum und eine Bet ha-Midrash übrig.«

»Das kann man nie wissen«, sagte Agrot müde. »Ich würde die Voraussage wagen, daß es in den nächsten Jahren im Camphire eine Menge Rabbiner als Gäste geben wird. Besondere Gäste. Echte Gäste. Und er, Teitleman, wird wachsendes Interesse für religiöse Dinge zeigen. Ich habe heute etwas anderes erfahren – etwas, das nichts mit unserer Sache zu tun hat. Es scheint, als plane er den Bau eines preiswerten Wohnkomplexes für religiöse Jugendliche. Ein gemeinnütziges Projekt, das vom Rabbinat verwaltet werden soll. Er geht davon aus, daß er das Startkapital zinsfrei zur Verfügung stellen kann, falls er keine unerwarteten Ausgaben hat.«

Eine Flasche President schien in dieser Nacht nicht angebracht. Es gab nichts zu feiern. Ich war niedergeschlagen und trank statt dessen lieber kernigen Stock.

»Mach dir nichts draus. Wenn sie dort liegt, kann sie wenigstens niemand wegnehmen.«

»Stimmt.«

»Und sie liegt schon so lange dort.«

»Stimmt auch.«

»Glaubst du, daß man sie je finden wird?«

»Glaubst du, daß es jemals einen Zustand poetischen Friedens geben wird?«

»Was für einen Zustand?«

»Poetischen Friedens.«

»Ich glaube«, antwortete sie und schob die Flasche weg, »wir sollten das Thema wechseln. In unserer letzten Nacht.«

Wir wechselten das Thema.

Hinterher sagte sie: »Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich weiß, es ist schlimm. Aber mir kommt es nicht schlimm vor.« Nachdenklich zog sie mit den silbernen Fingernägeln wieder Furchen auf meiner Brust. »Mir kommt es so vor, als hätte es nichts mit Shimshon zu tun. Es hat mit niemandem etwas zu tun, außer mit dir und mir. Es ist – etwas ganz Persönliches, nicht?«

»Irgendwie schon«, sagte ich.

»Und du glaubst nicht, daß es unrecht ist?«

Doch. Es kam mir zweifellos unrecht vor. Aber heute lag viel Falsches in der Luft. Und mit den größeren Kalibern schien die Almogi nicht umgehen zu können.

»Nicht besonders«, sagte ich.

»Es war nett, nicht wahr?«

»Es war wundervoll.«

»Sehe ich dich wieder, Caspar?«

»Natürlich.«

»Aber es wird so etwas nicht mehr geben.«

»Nicht?«

»Nein«, sagte sie und nickte ernsthaft.

Plötzlich lächelte ich sie an, dieses Geschenk des Himmels. Aber ich dachte an etwas anderes.

Ich dachte, daß Shimshon über kurz oder lang auf den Gedanken kommen würde, daß ihn jemand übers Ohr gehauen hatte. Ich übersetzte ihr das.

Sie sagte: »Ich finde nicht, daß es sehr nett ist, jetzt davon anzufangen.«

»Gut.«

»Aber falls du dir Sorgen machst: Da ist noch Judo.«

»Judo?«

»Ja. Sehr anstrengend.«

»Oh. Ah.«

»Worüber lächelst du?«

»Über dich.«

»Weil ich Shimshon heirate und du abreist?« Aber sie lächelte selbst, ein trauriges kleines Lächeln.

»Nein. Weil ich dich liebe.«

»Glaubst du?«

»Ich glaube schon.«

»Dann liebe ich dich auch«, sagte sie sanft. Ich lächelte sie an. »Jetzt sag mir, was du wirklich denkst.«

»Ich glaube, wir sind Reisende, Liebling«, sagte ich.

»Was bedeutet das?«

»Das bedeutet, wir sind auf der Durchreise. Wir sind vergänglich. Wir bewegen uns weiter. Man darf alles nicht so ernst nehmen, jedenfalls das meiste. Dann kann es sehr nett sein.«

»Nichts ist ernst?«

»Oh, doch. Manchmal kann jemand in der Eile eine bedeutungsvolle Erinnerung hinterlassen. Nicht sehr oft, aber manchmal.«

»Reden wir nicht von Liebe?«

»Wir reden von allen möglichen Dingen. Wir reden ungeheuer viel, findest du nicht?«

»Ja. Laß uns jetzt schlafen.«

»Bald«, sagte ich. Plötzlich bewunderte ich sie.

Am nächsten Morgen verabschiedete ich mich von ihr. Ich zahlte die Rechnung, buchte einen Standby-Flug auf einer Caravelle nach Brüssel. Dann – ich fühlte mich mehr denn je wie ein Durchreisender – machte ich mich nach Lod auf. Am Telefon sprach ich mit Agrot, und er wartete am Flughafen. Auch Tanja war dort. »Wir vergewissern uns lieber, daß Sie wirklich abreisen«, sagte er, nachdem wir eine Weile schwerfällig Konversation gemacht hatten. Er ging, um nachzusehen.

»Jetzt wenden Sie sich also ruhigeren Zeiten zu«, sagte Tanja.

»Sozusagen.«

»Natürlich! Ihr neuer Ruf. Ich habe gehört, Silberstein hat all Ihre Bücher besorgt.«

»Ja.« Uri hatte eine Menge Neuigkeiten verbreitet.

»Ich wünsche Ihnen alles Gute. Es klingt wunderbar, toll, eine wirklich interessante Herausforderung. Es tut Ihnen sicher leid, daß Sie hier Ihre Zeit verschwendet haben. All der Ärger und die Aufregung, und es kam nichts dabei heraus.«

»Nun, ich weiß nicht«, sagte ich. »Wir wissen, wo sie ist. Vielleicht eines Tages ...«

»Ein langer Weg.«

»Es ist ein langer Weg nach Shiloh.«

»Wohin?«

»Alles klar. Kommen Sie. Sie haben einen Platz erhalten«, sagte Agrot, der zurückgekehrt war. »Sie müssen schnell machen. Beeilen Sie sich. Schalom. Schalom.«

»Schalom«, sagte Tanja und küßte mich.

»Schalom.«

»Schalom. Schalom.«

Und weg war ich. Eine Stunde später, so seltsam, wie das bei Flugreisen immer ist, bei denen die unmittelbare Vergangenheit noch schneller verschwindet als die Landschaft unter uns, spürte ich schon, wie weit weg alles war, weit weg, in einer anderen Zeit; mit all den Gesichtern darin eingeschlossen, die weiterhin ihren Weg gingen: Himmelwasser und Teitleman, und der böswillige Mr. Benjamini und der rotäugige Shimshon ...

Ich war schon mit der Zukunft beschäftigt, der interessanten Herausforderung, von der Tanja in längst vergangener Zeit gesprochen hatte. Die Universität von Beds wartete. Und Lady Longlegs. Es gab genügend Herausforderungen, bis Shiloh kam. Das Beruhigende an diesem Gedanken wurde durch einen weiteren verstärkt, der ein warmes, wohliges Gefühl in mir weckte, während die Caravelle dahinbrummte. Vielleicht war es gar nicht so weit hin bis Shiloh. In einer vergänglichen Welt gehörten Teitlemans Werke zum Vergänglichsten.

PROLOG

Erklärung des Endes von allem Anfang an

Was noch nicht geschehen ist
(Jesaja 46.10)

Ich kam im Norden heraus, wohlgemerkt, im Norden, und wandte mich nordwärts: mit zehn Männern, zwanzig Lasttieren und dreißig Tagesrationen.

Wir aßen spärlich, und jeder hoffte, mit einem Rest seines Proviants zurückzukehren. Zweifellos hatten alle noch das frühere Mal in Erinnerung, als sogar Vogeldung als Nahrung gehandelt werden mußte – zehn Schekel für ein Viertel, wie die Geschichte überliefert und wie betont werden muß.

Wir marschierten nachts, die Fracht gleichmäßig aufgeteilt: Jedes Tier trug hundert Kilogramm, bei einer Gesamtlast von zweitausend Kilo, alles in Barren, ein geheimes Gut.

Was den Rest betraf, so trugen die Unteroffiziere das OEED und die Feldwebel die Ausrüstung. Die gemeinen Soldaten trugen das Werkzeug: Schaufeln, Hacken und Brechstangen.

Nach einhundertfünf Kilometern, wohlgemerkt, erreichten wir den Ort und vergruben das OEED. Aus Gründen strengster Geheimhaltung nahmen an dieser Operation nur die gemeinen Soldaten und ich selbst teil. Andere Zeugen gab es nicht. Und hier liegt es: In einer Tiefe von, genau gesagt, zwei Metern, gut verschnürt, bedeckt mit einer Schicht blauer Marmorbrocken und mit Holzbohlen gesichert: Die Vorkehrungen entsprachen den gesondert erteilten schriftlichen Anordnungen.

Die Barren liegen anderswo; ohne dergleichen Vorkehrungen wurden sie, entsprechend den gesondert erteilten Anordnungen, auf verschiedene Orte verteilt.

Nach all der Mühe kehrten wir um, genauer gesagt: ich, zwei Offiziere, zwei Unteroffiziere, zwei Feldwebel und vier gemeine Soldaten. Bei der ersten Rast riefen die Offiziere und Unteroffiziere die Soldaten paarweise beiseite und erwürgten sie.

Beim nächsten Halt, während der Fütterung der Tiere, wurden die beiden Feldwebel getrennt zur Arbeit geschickt und von den zwei Unteroffizieren gemeinsam erwürgt. All dies geschah vorschriftsmäßig mit Stricken, und das Begräbnis fand mit allen dazugehörenden Ehren statt.

Nachts im Lager, während sie schliefen, waren die beiden Unteroffiziere an der Reihe. Die Offiziere, die dies zu zweit erledigten, töteten sie mit Messern; alles geschah den Vorschriften entsprechend, mitsamt Begräbnis und dazugehörenden Ehren.

Die beiden Offiziere waren vereidigt. Sie trifft keinerlei Schuld.

Sobald die Arbeit getan war, brachen wir das Lager ab und marschierten weiter. Gegen Mitternacht jedoch wurden wir im Dunkeln überrascht und zum Anhalten gezwungen: Ein berittener Trupp, ein größerer Trupp war aufgetaucht. Ihr Anführer – ein Hauptmann, wie unsere eigenen Offiziere feststellten – war eindeutig vom Nordkommando und legte uns ordnungsgemäß unterschriebene Befehle vor, mit denen wir ersucht wurden, ihn zu seinem Hauptquartier zu begleiten.

Sollte ich falsch gehandelt haben, dann aus Gründen mangelnder Kenntnisse und um die Sicherheit zu gewährleisten. Niemand hatte mich davon unterrichtet, daß das Nordkommando an diesem Unternehmen beteiligt war, und ich konnte mir wahrhaftig keinen Grund denken, warum dieses Kommando beteiligt sein sollte. Der junge Offizier konnte mir auch keinen nennen. Überdies lauteten seine Anweisungen, unser ganzes Unternehmen, die Fracht und die Männer, seien dem Nordkommando zu übergeben, was inzwischen gar nicht mehr möglich war, dabei war doch alles genau den Vorschriften gemäß ausgeführt worden.

Deshalb weigerte ich mich, die Autorität des jungen Offiziers anzuerkennen, und wurde unverzüglich unter Arrest gestellt. Und so marschierten wir weiter, bis wir um zwei Uhr nachts eine Biwakstelle zwischen Felsen erreichten, wo wir das Lager aufschlugen.

Der junge Offizier verhielt sich äußerst korrekt, ihn trifft keine Schuld. Er verlangte nicht von mir, bei den gemeinen Soldaten zu schlafen, obwohl er natürlich Wachen für mich aufstellte. Die Wachen ihrerseits erwiesen mir allen Respekt und gestatteten mir, während der Nacht hinter einen Felsen zu gehen, wo die Tiere lagen, um meine Notdurft zu verrichten. Ich kletterte hinauf und entkam.

Sie schlugen sogleich Alarm und verfolgten mich, doch meine genaue Kenntnis dieses schwierigen Geländes ermöglichte mir, ihnen zu entkommen. Im Schutze der Dunkelheit verfolgte ich eine ganz einfache Strategie: ich stieg wieder hinab, jagte die Tiere in eine Richtung und machte mich selbst in die andere davon.

Die Verfolgung wurde ordnungsgemäß durchgeführt, niemand ist dafür zu tadeln. Von einem hochgelegenen Versteck aus beobachtete ich das Geschehen. Gegen Mittag wurde die Verfolgung abgeblasen, die Männer kehrten zurück, brachen das Lager ab und machten sich auf den Weg.

Ich hatte weder Nahrung noch Wasser.

Ich wartete die Dunkelheit ab, ehe ich mich rührte.

Die Strapazen hatten mich geschwächt, ich stürzte und brach mir den Arm. Der gesplitterte Knochen trat durch das Fleisch.

Ich hatte Fieber, und mein Zustand verschlechterte sich. Ich sah keinerlei Möglichkeit zurückzukehren, also wandte ich mich in Richtung der Wasserstelle, wo die Leute mich kannten.

In geschwächtem Zustand stieg ich hinab, voller Angst, angegriffen zu werden. Sie hatten Wachtposten aufgestellt, aus Furcht vor Partisanen.

Ich blieb liegen, bis ich mich sicher fühlte, und betrat heimlich die Siedlung. Ich bewegte mich auf ein Licht zu und sah zu meiner Freude, daß es die alte Parfümerie war. Der Wachposten dort achtete auf den Kessel.

Er kannte mich von früher, ein guter Kerl, nicht ungebildet, und genau der Richtige. Ich beschwor ihn, mich einzulassen, und er ließ mich ein. Wenn ich etwas Ungesetzliches getan habe, so trifft ihn keine Schuld.

Er hat gesagt, ich sollte es aufschreiben, an dem Tag, an dem er stirbt, damit sie es erfahren. Es war vier Tage, nachdem er gekommen ist, am 22. März, da ist er gestorben. Er hat gesagt, er würde mir sagen, was ich tun soll, wenn ich ihn beerdige, hat er aber nie getan. Er phantasierte, und so habe ich ihn nachts in den Blütenkorb gelegt und oben hinter der Quelle begraben.

Ich sagte ›Friede deiner Seele‹ und ›Gott sei dir gnädig‹. Er war ein guter Mensch, ein Priester.

Er ließ nicht zu, daß ich Hilfe holte, als sein Arm zu stinken anfing, er verbot mir, es irgend jemandem zu erzählen, aber ich sagte es dem Priester, der bei mir das Blumenöl holt, und der hat gesagt, ich hätte, als ich ihn beerdigte, die richtigen Worte gesprochen, und das hoffe ich sehr, allerdings ist er kein richtiger Priester.

Ich habe, was er geschrieben hat, ein zweites Mal abgeschrieben, ich habe mein Bestes getan. Er hat gesagt, er würde mir sagen, was ich damit tun soll. Ich habe eins zu den Curtains gebracht, zweihundert Meter hoch, zu dem Felsen, den man von hier aus nicht sehen kann, dem abgewandten. Es liegt im ersten Loch, wenn man vom Gipfel herunterkommt. Das zweite habe ich weiter unten, am Fuß des Abhangs versteckt, unter dem Weg, den man geht.

I Narren und Toren

Nichtiger Gottesdienst
(Jeremias 10.8)

1

Als ich ankam, war niemand da, niemand außer Birkett und seiner Frau, was ich als besondere Strafe empfand. Er aß Trauben und eine Selleriestange und unterbrach sich nicht, als er mich sah, sondern nickte nur und fuhr fort, langsam und bedächtig zu kauen. Er trug einen schwarzen Rollkragenpullover aus irgendeinem dünnen Material, wahrscheinlich Nylon, der ihm gemeinsam mit seinen eng zusammenstehenden Augen, von denen eines größer war als das andere, und den hohen, dämonisch wirkenden Wangenknochen das Aussehen eines verrückten alten Ballettänzers verlieh.

Seine Frau war am selben kleinen Eichentisch mit einer ähnlichen Mahlzeit beschäftigt gewesen; nun nahm sie ihren Teller hoch, sagte: »Entschuldigen Sie mich einen Moment«, und verließ damit den Raum. Er kaute weiter und nickte, um anzudeuten, daß sein Mund bald leer sein würde, und so war es. Er beendete seine Mahlzeit nicht; er hatte nur den Mundvoll fertiggegessen und saß nun ganz unbeteiligt da.

Ich sagte: »Ich fürchte, ich komme zu früh.«

Er widersprach mir nicht, sondern sah mich nur auf seine ernste, leicht überspannte Art an und sagte: »Dadurch haben wir die Gelegenheit, miteinander zu reden.«

»Wir müssen Ihnen gratulieren«, sagte seine Frau, die zurückkam, mit ihrem dünnen, verkniffenen Lächeln auf dem Gesicht.

»Natürlich«, sagte Birkett würdevoll. »Das wollte ich schon seit längerem.«

»Dr. Laing ist ein junger Mann, dessen man schwer habhaft wird. Iß zu Ende, Liebling. Sie trinken doch sicher einen Schluck, Dr. Laing?«

Dies war eher eine Feststellung als eine Frage, mit der sie auf ihre seltsam zweideutige Art auf ein paar meiner besonderen Charakterzüge anzuspielen schien, wie zum Beispiel Zügellosigkeit, Gier und Opportunismus.

Ich lehnte mich, bereits entnervt, zurück. Mir fiel auf, wie sie meine Schuhe betrachtete. Die Wildlederschuhe waren mir für die exzentrischen Leute, die heute abend hier zu erwarten waren, passend erschienen. Außerdem trug ich ein kariertes Flanellhemd und eine alte Tweedjacke; ganz der nüchterne Laing. Ich hätte nicht gewaltiger danebengreifen können, wenn ich in Frack und Zylinder erschienen wäre. Ihre Art von Nüchternheit war dermaßen ausgefeilt, daß alles andere, die Wildlederschuhe einbezogen, wie schrille Affektiertheit wirken mußte. Unter dem Tisch sah ich Birketts schmale, elegante Füße in schwarzen Turnschuhen in zweifellos entspannter Yoga-Stellung nebeneinanderstehen. Die Beine darüber steckten in gebleichten Jeans. Seine Frau trug ein Gymnastiktrikot, braune Strümpfe und Sandalen. Ihre massige Gestalt durchquerte in diesem Aufzug den Raum, brachte mir einen Drink und schaffte es gleichzeitig anzudeuten, es handele sich dabei um eine Art medizinische Notversorgung für jemanden, der ohne das Zeug nicht leben kann.

Sie gab mir ein Glas, das ungefähr zehn Zentiliter Whisky ohne Wasser oder Soda enthielt, nur die pure Substanz. Sie war wirklich ein ziemlich widerwärtiges Weib.

»Ich hoffe, Sie mögen ihn so.«

»Danke sehr.«

»Ich meine mich zu erinnern, daß Sie auch rauchen. Die Zigaretten sind möglicherweise etwas trocken. Bei uns finden sie keine Verwendung.« Mit einer Porzellandose kam sie vom Büffet zurück.

»Dann ziehen sie besser durch.«

»Ziehen besser durch«, wiederholte sie und setzte sich mit verkniffenem, mißtrauischem Lächeln hin, während sie den Scherz auf Fallen und Doppelsinnigkeiten abklopfte. Ich zündete eine Zigarette an und beschloß, das Scherzen zu lassen. Hier war es gefährlich, Scherze zu machen. Es war gefährlich, überhaupt etwas zu sagen. Ich nippte am Whisky und spürte, wie ich nervös wurde; mein Schädel brummte noch leicht vom morgendlichen Kater.

»Sie machen eine turbulente Zeit durch, Dr. Laing.«

»Nun, die Leute sind außerordentlich liebenswürdig.«

»Zu Erfolgreichen ist man immer liebenswürdig.«

»Da haben Sie sicher recht«, sagte ich. Es war besser, das hier hervorzuheben.

»Ihr Erfolg ist in hohem Maße verdient«, sagte sie barsch. »Das steht außer Frage. Dennoch überrascht es, daß man einem Mann Ihres Alters die Professur angeboten hat.«

»Es gibt nicht viele in dieser Disziplin.«

»Mag sein«, sagte sie vorsichtig. »Möglicherweise erfreut sich diese Disziplin derzeit auch einer gewissen modebedingten Aufmerksamkeit und zusätzlich scheinbar nahezu unbegrenzter Geldmittel. Dies alles zu erwähnen bedeutet natürlich nicht, Ihre Leistung schmälern zu wollen.«

Natürlich war das ihre Absicht. Sie hatte gesehen, wie meine Deckung ins Wanken geriet, und war blitzartig vorgestoßen; eine geübte und erfahrene Kämpferin. Sie war wirklich gut, dieses Biest. Die Euphorie der letzten Wochen verflog im Nu. Ich trank noch einen Schluck Whisky und spürte direkt, wie sie verschwand.

Lächelnd saß sie da, die Hände im Schoß. Nun war sie im richtigen Fahrwasser und läutete prompt die nächste Runde ein.

»Bestimmt tat der Abschied dennoch weh.«

»Ja. Nach drei Jahren.«

»Die anerkannten Disziplinen einer alten Universität hinter sich zu lassen, um etwas ganz – Neues anzufangen?«

»O ja, natürlich. Ganz sicher.«

Hier war nichts zu holen, sie spürte es. Gierig fuhr sie fort. »Wir haben kürzlich Ihren Aufsatz gelesen, worin Sie Professor Gordon von Brandeis unterstützen.«

»Sie meinen den über die Hethiter-Kreter.«

»Äußerst brillant und eigenwillig formuliert (›effekthascherisch, marktschreierisch‹).« – »Soweit ich Sie verstanden habe, stehen Sie auf dem Standpunkt, daß die kretische und die hellenische Kultur gemeinsamen Ursprungs mit jener der Nordsemiten sind.«

»Nun, Gordon sieht das so. Ich vermochte lediglich ein paar Erkenntnisse über mein auserwähltes Volk hinzuzufügen.«

»Ihr auserwähltes Volk?«

»Die Nordsemiten.«

»Ah, so. Das sind Juden, nicht wahr?«

»Juden, vorjüdische Völker, Syrer, Phönizier, diese Gruppe.«

»Ah, diese Gruppe«, sagte sie mit einem äußerst milden Lächeln. »Nun, ich muß gestehen, daß ich Ihrer schmissigen und unterhaltsamen Darstellung (›Clown! Possenreißer!‹) weit besser folgen konnte als der sehr anspruchsvollen Arbeit von Professor Gordon. Obwohl diese Meinung, soweit ich gehört habe, nicht allgemein anerkannt ist.«

»Nein. Das heißt, die Stellungnahmen sind alle recht zurückhaltend, wissen Sie? Die Dummheit kommt früh genug ans Tageslicht. Von Neulingen wie mir wird einfach erwartet, daß sie durch die Weltgeschichte reisen und wilde Vermutungen anstellen. Hin und wieder könnte sich dann eine davon als berechtigt erweisen.«

Diese Bescheidenheit besänftigte und verärgerte sie in ungefähr gleichem Maße. Ihre Hände bewegten sich ruhelos auf dem Schoß. Sie wollte eine Herausforderung, und alles, was ich ihr darbot, war meine schmale, wendige Schulter; eine zu kleine Zielscheibe.

Sie sagte: »Vielleicht sollten wir jetzt nicht darüber diskutieren. Ich weiß, daß Birkett mit Ihnen darüber sprechen möchte.«

Birkett sprach im Augenblick mit niemandem; außer vielleicht mit sich selbst. Fasziniert beobachtete ich ein kaninchenhaftes Zucken seiner Oberlippe, nicht ganz im Takt mit seinen Kaumuskeln. Dies konnten sowohl vorgeschriebene Übungen aus dem Bhagavadgita als auch unwillkürlich ablaufende Stoffwechselvorgänge sein. Falls er etwas von dem Gerede mitbekommen hatte, das da vonstatten ging – was zweifelhaft war –, dann war ihm dessen unterschwellige Feindseligkeit sicherlich entgangen. Ein komischer Vogel, entnervend spleenig, sein Gesicht eine einzigartige Mischung aus überarbeitetem John Stuart Mill und Picasso auf dem Totenbett – alles in allem ein höflicher, sanfter und leidenschaftsloser Mann, außer in seinen Ansichten, von denen er selbstverständlich leben mußte. Er hatte es noch nicht zum Lehrstuhl für Englische Literatur gebracht, nach dem seine Frau so dürstete, und er würde es wohl auch nie schaffen. Ein entschieden seltsamer Vogel inmitten eines Klüngels zweifellos ebenfalls seltsamer Vögel, für die ich heute abend die Schuhe, Hemd und Jackett trug.

Er war fertig mit seinem Essen, trank ein Glas Wasser, ging hinaus, während er sich kräftig räusperte, und fing im Nebenraum an zu pinkeln. Offenbar tat er dies gleich hinter der Tür, er pinkelte endlos, exakt in die Mitte der Schüssel. Wir saßen da und lauschten, wobei das Gesicht seiner Frau völlig ausdruckslos blieb. Alles war hörbar in bester gesundheitlicher Ordnung.

»Und was genau«, fragte sie gedehnt, »werden Sie jetzt als nächstes tun?«

Ich erklärte ihr, was ich als nächstes tun würde.

»Ach, ja. Ich hörte, daß Sie auf Schwierigkeiten gestoßen sind.«

»Erwartete Schwierigkeiten. Eine Menge von dem Zeug wird nicht mehr aufgelegt, und ich muß es ausfindig machen.«

Der Lärm hinter mir hielt unvermindert an. Ich begann mir Sorgen zu machen, der erstaunliche kleine Teufel könnte sich selbst aus purer Unachtsamkeit ganz und gar davonpinkeln.

»Wann werden Sie sich also in Beds niederlassen?«

»Ende Januar.«

»Aber das ist doch erst in zwei Monaten?«

»Ja. Ich werde nicht ständig hier sein. Ich werde eine kleine Rundreise zu den privaten Bibliotheken unternehmen.«

Hinter mir kam Birkett zu meiner Erleichterung zu einem zögernden, melodischen Finale und ein paar Sekunden später zum endgültigen Schluß.

»Das wird wohl für einige Zeit Ihr letzter Ausflug sein, nehme ich an?«

»Das denke ich auch.«

»Ich kann mir vorstellen, daß Sie das in gewisser Hinsicht vermissen werden. Ein Mann Ihres Temperaments ist gern draußen an der Front.«

»Man kann nicht alles tun.«

»Sicher nicht. Nicht, ohne zu pfuschen, und das dürfen Sie nicht riskieren. Ich nehme an, Sie werden sich eine Frist von drei oder vier Jahren setzen, in denen Sie die Abteilung aufbauen werden.«

»Ungefähr so lange.«

»Ich bin sicher, Sie werden sich Ihre gute Nase bis dahin erhalten.«

Man konnte sie nie wirklich abwehren. Sie schlug ständig zu, suchte ununterbrochen nach Angriffspunkten für ihre Aggression; sehr gut im Clinch, verfügte sie über erstklassige Schlagkraft in beiden Fäusten. Wenn sie einen einmal in der Ecke hatte, konnte man nur noch hoffen, ihre Hiebe abzudämpfen, wenn sie zuschlug. Jetzt landete sie präzise Haken.

»Ich erinnere mich, irgendwo gelesen zu haben, daß es auf Ihrem Forschungsgebiet zwei unterschiedliche Typen gibt, den intuitiven und den deduktiven, wobei der erste früh und sozusagen sprunghaft aktiviert wird und der zweite viel später, zu einem kritischen Zeitpunkt der Wissenserlangung. Ähnlich wie bei einem Atompilz«, witzelte sie.

»Oder bei einem Komposthaufen«, ich lächelte zurück, um ihr zu zeigen, wie lässig wir ausgeschlafenen Jungs mit dieser Frage nach wissenschaftlichem Spürsinn, seiner Periodizität und Dauer umzugehen wußten. Sie hatte das ganz sicher bei irgend jemandem gelesen, das Miststück, wahrscheinlich bei mir.

Der Wasserhahn pfiff, als Birkett sich die Hände wusch, und einen Augenblick später trat er wieder ein – nicht im geringsten dünner geworden, wie ich überrascht feststellte. Seine Frau stand auf und ging hinaus – um, wie ich schon erschrocken glaubte, ihr eigenes Pinkelritual zu absolvieren. Doch das blieb aus. Den Geräuschen nach zu urteilen, holte sie für die erwarteten Gäste Gläser, und kurz darauf, um neun, nicht um halb neun, wie ich gedacht hatte, trafen sie nach und nach ein.

2

Gegen zehn, nachdem ich die Mixtur verdünnt und nachgefüllt hatte, zeigte der Whisky seine belebende Wirkung, und die Partygäste waren freundlich, zurückhaltend oder interessant, ganz, wie es die Situation erfordert; alles wie gehabt in diesem turbulenten Monat. Diese Leute entsprachen nicht im geringsten meinen Erwartungen. Mit erstaunlicher Aufmerksamkeit hatten die Birketts Leute eingeladen, die ich mochte oder gern kennenlernen wollte und die zugleich auch mich mochten oder kennenlernen wollten; ein eher seltenes Zusammentreffen. Den Ruf eines Wunderkindes zu haben birgt ein gewisses Risiko. Diese Leute hier schienen richtig nett zu sein. Keiner von ihnen war übermäßig unsympathisch. Die Stimmung im Raum war wohltuend entspannt. Ich drehte mich um, taxierte die Runde, und mein Blick fiel auf eine wohlproportionierte, ansehnliche junge Blondine, die mich betrachtete.

»Nun, Professor Laing, wie geht's uns so?«

»Sehr gut, Lady Liz. Ich bin aber augenblicklich nicht im Dienst.« Ein plötzlicher Schmerz, die Erinnerung an vergangene Leidenschaft durchfuhr mich.

»Auf jeden Fall freue ich mich, Sie noch auf den Beinen zu sehen. Ich hörte, man hat Sie gestern betrunken gemacht.«

Sie besaß das Talent, mit ihrer kehligen Stimme gerade das Ohr des Zuhörers zu erreichen, und sonst niemanden.

»Man hat es versucht.«

»Ich war nicht eingeladen.«

»Niemand war eingeladen. Es waren nur ein paar Leute, die irgendwann einmal unter mir gearbeitet haben.«

Diese Bemerkung registrierte sie mit dem schwachen Heben einer Augenbraue. Die Klassifizierung schloß sie keineswegs aus.

Sie sagte: »Dann bin sicher auch ich unter Ihrer Würde.« Auch diese Bemerkung war rein privater Natur, wie ihre Augenbraue verriet.

Ich antwortete: »Das können Sie jederzeit herausfinden.«

»Ich würde nach Bedford umziehen müssen, nicht wahr?«

»Sehr idyllisch dort.«

»Ziemlich überlaufen, wie ich hörte.«

»Ich denke, wir könnten noch eine Freiwillige dazwischenschieben.«

»Vermutlich hätte ich Konkurrenz.«

Zwischen uns funkte es, zwischen dieser aufregenden jungen Lady und mir, was wir genossen, bis eine schafsgesichtige wachsame Freundin von ihr sie, wie ein Lehrer seinen Zögling, auf ihr unschickliches Benehmen hinwies. Sie hatte prompt die Tonart gewechselt. Das war bereits ein paar Minuten her, und ich hatte ihre Freundin seither nicht mehr gesehen. Etwas in ihren letzten Worten hatte mir das Gefühl gegeben, der veränderte Tonfall könne nicht nur an ihrer schafsgesichtigen Freundin liegen.

Ich fragte: »Was tun Sie hier?«

»Ich studiere bei Birkett.«

»Fleißig, wie ich hoffe.«

»Ich führe ein ausgewogenes Leben.«

»Das dachte ich mir.«

»Sie auch, wie ich höre.«

Das hatte ihr sicher das Schafsgesicht erzählt. Der Verdruß legte sich, übrig blieb nur schieres Verlangen.

Ich fragte: »Haben Sie am Sonntag schon was vor?«

»Ja.«

»Etwas Wichtiges?«

»Ziemlich wichtig.«

»Das klingt relativ.«

»Alles ist relativ, Herr Professor.«

»Sind Sie zu Hause, wenn ich um vier anrufe?«

»Möglich.«

»Caspar!«

Ich fuhr herum. Das ist, nebenbei gesagt, mein Vorname. Es gibt nur einen Menschen, der ihn nach orientalischem Basar klingen lassen kann; noch dazu ein Mensch, der durchaus fähig war, aus dem, was sich zu einem ordentlichen Zweier zu entwickeln schien, einen stilvollen Dreier zu machen.

Ich sagte ohne Begeisterung: »Hallo, Uri.«

Er war spät dran, hatte es aber geschafft, sich auf dem Weg ein Glas zu sichern, das er in der schimmernden, behandschuhten Hand hielt. Sein melancholisches Lächeln strahlte mild, und seine hervortretende Gesichtsnarbe stand ihm gut.

»Geschäftlich hier?«

»Nur, um meine Wertschätzung auszudrücken.«

»Wem?« Er hatte die Augen noch keinen Moment von dem Mädchen abgewandt.

»Dir natürlich.« Seine Stimme war sehr dunkel, und seine Züge blieben unbeweglich wie die eines tragischen Clowns; eines weltgewandten, ausgezeichnet gekleideten, tragischen Clowns. Sein Haar war zurückgebürstet und duftete schwach nach Haarwasser. »Ich bin ehemaliger Student von Birkett. Er weiß, wie sehr ich dich schätze.«

»Ja, schon gut. Elizabeth, das ist Uri Namir, Krieger, Büchernarr und Langweiler.«

»Wie reizend«, sagte Uri ungerührt.

»Uri ist ein Held. Aus dem israelischen Unabhängigkeitskrieg. Uri ist Israeli.«

»Hallo.«

»Und das ist Elizabeth Longrigg.«

»Bin entzückt.«

»Lady Elizabeth Longrigg.«

»Außerordentlich entzückt.« Sein Interesse stieg noch um eine Nuance, falls das möglich war. »Sind Sie das wirklich? Eine Lady?«

»Jederzeit«, erwiderte Elizabeth. Sie betrachtete seinen Handschuh mit unverhohlenem Interesse. Dieses Mädchen brachte mein Blut schon wieder ungeheuer in Wallung. Mich faszinierte die Art und Weise, wie sie alles mit unverhohlenem Interesse betrachtete, was sie nun mal unverhohlen interessierte.

Brüsk sagte ich: »Uri, wir müssen noch miteinander reden, bevor du gehst.«

»Wissen Sie«, sagte Uri, »Sie sind die erste Lady, der ich begegne – die erste wirklich adlige Dame. Ungewöhnlich, nicht wahr? Schließlich bin ich schon seit ein paar Jahren hier. Im Ausland denkt man, England sei voller Lords und Ladies. Ich erzähle allen, daß mir noch nie ein echter Lord oder eine Lady begegnet sei. Und jetzt treffe ich doch eine.«

»Was tun Sie in London, Mr. Namir?«

»Ich arbeite an der Botschaft.«

Ich sagte: »Er ist auf der Suche nach Büchern für einen anderen bekannten Krieger, Büchernarren und Langweiler.«

»Ach, das. Das war nur einmal der Fall. Hören Sie nicht auf ihn, Lady Longlegs.« Er hatte ihren Namen ganz sicher von Anfang an richtig verstanden; er beherrschte diesen Trick, der Schuft, die Konversation auf zwei Ebenen gleichzeitig zu führen, um sein Interesse an einem Thema zu signalisieren, das gerade nicht Gegenstand des Gesprächs war.

»Bei welcher Gelegenheit war das?« Sie lächelte ihn an.

»Oh, mir wurde mal die Aufgabe übertragen, für Ben Gurion einige Bücher aufzustöbern. Er ist ein großer Büchernarr und war damals auf Stippvisite hier.«

Ich sagte: »Ist das nicht auch heute noch deine Aufgabe?«

Er wollte gerade etwas anderes sagen, brach aber abrupt ab und sagte statt dessen: »Ja, stimmt. Da fällt mir ein, Caspar, ich muß mit dir reden.«

»Ich muß sowieso jetzt los«, sagte Elizabeth.

Ich sagte: »Warten Sie ...«

»Ich muß weg. Nur für einen Augenblick.«

»Ich möchte Sie Wiedersehen.«

»Gut.«

Sie wandte sich ab und ging davon.

»Die ist verrückt nach dir«, sagte Uri.

»Weißt du, allmählich wirst du zum allgegenwärtigen Ärgernis.«

»Die ist verrückt, nach etwas ganz Bestimmtem«, stellte Uri fest.

Elizabeth war schon an der Tür, wo sie sich angeregt mit einem Philosophiedozenten unterhielt, der sich dort aufgebaut hatte.

»Du bist hier wirklich zu beneiden«, sagte Uri. »Hier herrschen traumhafte Verhältnisse. Als Professor, mein Gott – da stehen dir die jungen Dinger doch scharenweise zur Verfügung. Wann machst du dich auf?«

Ich erzählte es ihm.

»Und wie sieht dein Zeitplan aus?«

Auch das sagte ich ihm.

»Und du hast niemanden, der dir hilft, das Zeug zu finden?«

»Ich hab' denen geschrieben, was ich suche. Wenn Leute verfügbar sind, werden sie mir helfen.«

»Ich meine Leute mit Ahnung.«

»Dazu wird der Etat nicht reichen.«

»Was, genau, suchst du?«

Er hatte gute Grundkenntnisse auf literarischem Gebiet, daher erklärte ich es ihm. Ich mußte in den letzten Tagen zuviel getrunken haben, denn ich hörte das Echo meiner eigenen Stimme.

»Und in welchen Bibliotheken rechnest du dir die besten Chancen aus?«

Während ich sprach, wurde mir bewußt, daß es nicht am Widerhall meiner Stimme lag. Ich hatte ihm das alles bereits erzählt. Ich hatte es ihm – wann? – am Montag erzählt. Heute hatten wir Donnerstag. Anläßlich eines anderen Empfangs hatte ich ihm davon berichtet. Und er hatte mir gesagt, er stöbere nach ein paar Büchern für Ben Gurion. Deshalb hatte ich angenommen, er sei heute abend geschäftlich unterwegs. Er betrachtete mich kritisch, den gebürsteten Kopf zurückgelehnt, genau wie beim ersten Mal, und beobachtete, wie bei mir der Groschen fiel.

Ich sagte: »Uri, haben wir das alles nicht schon durchgekaut?«

»Ich habe etwas außerordentlich Interessantes für dich, Caspar.«

»Bücher?«

»Es wäre mir sehr lieb, wenn du dir den Sonntag freihalten könntest. Den kommenden Sonntag.«

»Da bin ich leider beschäftigt.«

»Muß das sein, Caspar?«

»Leider ja.«

»So beschäftigt, daß du dich trotzdem mit Lady Lulu verabreden kannst?«

Der Dreckskerl hatte gelauscht.

Er sagte: »Caspar, tu's nicht, triff für Sonntag keine Verabredungen. Halt dir den Tag bitte frei. Ich rufe dich an. Irgendwann im Laufe des Tages.«

»Tu das«, sagte ich und sah mich um.

»Sie ist weg«, sagte Uri.

»Was?«

»Vor ein paar Minuten gegangen. Sie hat gewinkt. Sie hat gesehen, daß du beschäftigt bist.«

Er ging ein paar Minuten später, und innerhalb der nächsten halben Stunde verabschiedeten sich auch die meisten anderen. Ich blieb noch. Birkett hatte mich untergehakt, und ich redete von griechischen und hebräischen Höllen.

3

Am nächsten Morgen saß ich in die Betrachtung eines Glases versunken, in dem ein paar Alka Seltzer zischten. Mir ging es gar nicht gut. Das hatte ich nun davon. Ich hatte zuviel getrunken. Und zwar mehr als alle anderen, gestern nacht und die Nächte zuvor. Das hatte seinen Grund, dachte ich, während ich den Tabletten beim Zischen, Hüpfen und Schäumen zusah.