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Stefan Wolle

Der große Plan

Stefan Wolle

Der große Plan

Alltag und Herrschaft
in der DDR (1949–1961)

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet
diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
www.dnb.de abrufbar.

1. Auflage, Dezember 2013 (entspricht der 1. Druck-Auflage von August 2013)

Inhalt

Prolog Vom Wiegenfest zur Totenfeier

Ein Wendepunkt in der Geschichte Europas • Auf dem Gabentisch der Republik • Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen • Manifestation der Jugend • Proklamation des neuen Staates • Gelöbnis der Jugend • »Wann wir schreiten Seit an Seit« • »Fackeln, Fackeln, nichts als Fackeln« • Begeisterte Zustimmung

Erster Teil Die Geburt eines Staates

Kapitel 1 Das Orakel

Die Traumata der Geburt • Die Wünsche der guten Feen

Kapitel 2 Die Russen

Der Schritt auf den roten Teppich • Halb Menschenbild, halb wildes Tier • Die Rückkehr der Madonna • »Über die ›Russen‹ und über uns« • Ex oriente lux

Kapitel 3 Die Partei

Das Lied von der großen Mutter • »… wir müssen alles in der Hand haben« • Die Partei neuen Typus • Parteisäuberungen • Wahlen in der DDR

Kapitel 4 Das Primat der Ideologie

Der Geist aus der Flasche • Im Trödelladen der Geschichte • Die Logik der Zirkelschlüsse • Die Waffen der Dialektik

Kapitel 5 Das nationale Dilemma

Die Hymne • Ein Provisorium für ein Jahr • Deutschlandtreffen • Kuchen und Schlagsahne für die Ostjugend • Aufbruch für die Westjugend • »Herrnburger Bericht« • Eine Chance für die Einheit? • Kampf um Helgoland

Kapitel 6 Theorie und Praxis der Planwirtschaft

Der Fünfjahrplan • HO-Geschäfte • Aufschwung Ost • Markenfreie Restaurants • Die Zeit der Erfolge • Preissenkungen • Entwicklung der Verbraucherpreise bis 1955 • Schwierigkeiten der Zwangsbewirtschaftung

Zweiter Teil Signaturen der Zeit

Kapitel 1 Die Diktatur des Herzens

Die antimoderne Revolution • Schriftsteller als Ingenieure der Seele • Der große Gesang • Das Zeitalter des totalitären Kitsches • »Ich verlange die Todesstrafe für meinen Vater«

Kapitel 2 Das humanistische Erbe

Goethe ist unser • Das Abzeichen für gutes Wissen • Boogie-Woogie kontra Matthäus-Passion

Kapitel 3 Der Frieden

Kleine weiße Friedenstaube

Kapitel 4 Die Jugend

Das Pfingstwunder • Erziehung durch Kunst • »Hör zu, Jugendfreund!«

Kapitel 5 Wissen ist Macht

Im Namen der Wahrheit • Die Arbeiter-und-Bauern-Fakultäten • Die Evolution des Rückgrats • Die FDJ an der Universität • Am Steuerrad der Geschichte

Kapitel 6 Kleinbürgertum und Bürokratismus

Der ewige Kleinbürger • Bürokratismus

Kapitel 7 Der Hass

Die Berührung der Gegensätze • Erziehung zum Hass • Der Fall Otto Krahmann

Kapitel 8 Der Verrat

Das Jahrhundert des Verrats • Entlarvung der Tito-Clique • Republikanische Union versus Großneonisches Reich

Dritter Teil Die Teilung der Welt

Kapitel 1 Die Zwei-Lager-Theorie

Kominformtagung im Riesengebirge • Die Zwei-Lager-Theorie als deutsches Wimmelbild • Antiamerikanismus • Rettung des deutschen Weihnachtsfestes

Kapitel 2 Das bessere Deutschland

Die bösen alten Männer • Entnazifizierung • Wer Nazi war, entscheiden wir

Kapitel 3 Die große Friedensoffensive

Material für die Wandzeitung • China ist jung, rote Sonne grüßt Mao Tse-tung • Der große Steuermann • Fernöstliche Produkte im Einzelhandel • Korea • Deutschland und der Krieg in Korea

Kapitel 4 Weltfestspiele

»Im August, im August blüh’n die Rosen«

Vierter Teil Unterdrückung und Aufruhr

Kapitel 1 Aufbau des Sozialismus

Die 2. Parteikonferenz der SED • Kollektivierung der Landwirtschaft • Aufbau nationaler Streitkräfte • Kirchenkampf

Kapitel 2 Der Neue Kurs

Stalins Tod • Befehlsausgabe im Kreml • Ulbricht am Ende? • Der Neue Kurs

Kapitel 3 Brennpunkt Stalinallee

»Hau ruck! Hau ruck! Wir packen zu, und die Häuser erblühn!« • Der Weltgeist im Biergarten • Der Funke im Pulverfass • Der Zug der Bauarbeiter

Kapitel 4 Der Aufstand

Flächenbrand in der DDR • Unruhe auf dem Lande • Die Partei schlägt zurück • Nachwehen und Machtkämpfe • Die SED-These vom faschistischen Putschversuch

Kapitel 5 Die DDR nach dem Aufstand

Kritische Geister dringend gesucht • »Voran im neuen Kurs« • Einzelhandel • Sozialistisches Nachtleben

Fünfter Teil Tauwetter und Kalter Krieg

Kapitel 1 Frühlingsstürme

Ehrenburgs Essay • Tauwetter • Der Nachterstedter Brief

Kapitel 2 Der XX. Parteitag der KPdSU

Störung der Nachtruhe • »Walter, so geht das nicht« • Stalinismus ohne Stalin? • »Ziegenbart wird in vierzehn Tagen nicht mehr auf seinem Posten sein«

Kapitel 3 Arbeiterproteste

Das Gespenst des 17. Juni 1953 • Streikwelle im Oktober 1956

Kapitel 4 Revolte im Hörsaal

Die Kaderschmiede • Die Ost-Berliner Studenten Anfang 1956 • Protestversammlungen der Berliner Studenten • Der 6. November 1956 • Situation an der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität • Die Abrechnung

Sechster Teil Auf der Straße des Sieges

Kapitel 1 Der neue Mensch

Vorwärts im Rückwärtsgang • Verschärfung des Klassenkampfes • Die sozialistische Persönlichkeit • Reglementierung der Studenten • Das einheitliche sozialistische Bildungswesen • Halbstarke • Nietenhosen • Jazz • Klassenkampf auf dem Tanzparkett • »Opium des Volkes« • Jugendweihe • Weltliche Sakramente • Sozialistische Namensgebung • Sozialistische Eheschließung • Friedensweihnacht

Kapitel 2 Tempo – Technik – 1000 Tage

Aufbruch ins Weltall • Kleiderordnung • Gutes Benehmen im Sozialismus

Kapitel 3 Versorgungskrise

Abschaffung der Lebensmittelkarten • Neue Rationierungen • Flora und Jolanthe • Die Stunde des Fischkochs • Obst- und Gemüseversorgung

Kapitel 4 Sozialistischer Frühling auf dem Lande

Dorfgeschichten als Weltgeschichte • Kollektivierung

Kapitel 5 Der Weg zum Mauerbau

Republikflucht • Kontrolle der Reisewege • Grenzgänger • Der 13. August 1961

Epilog Ende und Anfang

Anhang

Anmerkungen

Abkürzungen

Personenregister

PrologVom Wiegenfest zur Totenfeier

Ein Wendepunkt in der Geschichte Europas

Der Oktober in Berlin hat gewöhnlich noch einige schöne Tage. Welche Unwetter sich am politischen Horizont auch immer zusammenbrauen – der Himmel über Berlin ist in diesen Tagen fast immer strahlend blau, der Wind treibt weiße Wolkenfetzen vor sich her, und eine freundliche Sonne lässt die Bäume der Parkanlagen und Alleen in der bunten Pracht des Herbstes erstrahlen. Ein Wetter wie geschaffen für Volksfeste mit Bierzelten, Blasmusik und Bratwurstbuden. Die DDR hätte sich für ihren Geburtstag kein besseres Datum wünschen können als jenen 7. Oktober, an dem alle Jahre wieder die Gründung der Republik gefeiert wurde.

Bereits am 21. April 1950, also nur wenige Monate nach der Staatsgründung, erhob die Volkskammer den 7. Oktober zum Tag der Republik.1 Seit 1975 war offiziell vom Nationalfeiertag die Rede, wollte doch der ostdeutsche Teilstaat so gern eine eigenständige Nation sein. Doch weder der sperrige Name noch die reichlich abgehobene Idee von der sozialistischen Nation wurden in der Bevölkerung wirklich populär.

Überhaupt liebte die DDR Gedenkjahre, Jubiläen und runde Geburtstage. Die Beschwörung der Historie verlieh dem seiner selbst unsicheren Staatswesen den Anschein von Würde und Achtbarkeit. So wie sich Hans Christian Andersens kleine Seejungfrau eine Seele wünschte oder die Holzpuppe Burattino mit der langen Lügennase ein richtiger Junge sein wollte, so dürstete die DDR nach Geschichtlichkeit. Sie sah sich als das »bessere Deutschland«, als den »ersten Friedensstaat auf deutschem Boden«,2 als »Krönung des jahrhundertelangen Kampfes der Besten des deutschen Volkes für den gesellschaftlichen Fortschritt«.3

Selbst als Josef Stalin von seinen Nachfolgern längst in den Orkus des Vergessens geschleudert worden war, zitierte die offizielle SED-Parteigeschichte immer wieder aus dem Telegramm des Generalissimus vom 13. Oktober 1949: »Die Bildung der Deutschen Demokratischen friedliebenden Republik ist ein Wendepunkt in der Geschichte Europas,«4 Das hörten die DDR-Oberen gern. Doch sie wollten noch mehr. Ohne einen Schatten von Selbstzweifel erklärte sich die SED zum Bestandteil eines säkularen Heilsprozesses von naturgesetzlicher Wirkungskraft. In der von Georg Wilhelm Friedrich Hegel und in dessen Nachfolge von Karl Marx postulierten Entwicklung der Menschheit vom Niederen zum Höheren sahen sie sich ganz oben und im weiteren Steigflug begriffen. Die objektive historische Gesetzmäßigkeit trat als Surrogat an die Stelle der demokratischen Zustimmung, die das eigene Volk der SED vom ersten bis zum letzten Tag verweigerte.

So rollten erbarmungslos historisierende Großinszenierungen über das Land. Die Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 fiel in das Goethe-Jahr, das den »demokratischen Neubeginn« in die humanistische Tradition der deutschen Klassik stellen sollte. Im selben Jahr wurde der 70. Geburtstag Stalins gefeiert. Diese seltsame Kombination von Humanismus und Terror wurde von den Weihrauchschwenkern der Parteidiktatur durchaus nicht als Gegensatz gesehen, sondern vom Staatsdichter Johannes R. Becher als »Versöhnung von Macht und Geist« gepriesen.5

Das Jahr 1953 zelebrierte die DDR als Karl-Marx-Jahr. Es bescherte den überraschten Einwohnern von Chemnitz einen neuen Namenspatron, obwohl der bärtige Prophet aus Trier mit der sächsischen Industriestadt nicht das Geringste zu tun hatte. Ein damals kursierendes Gerücht besagte, die regionalen Instanzen hätten eilig Chemnitz zur Umbenennung ausgewählt, um Leipzig dieses Schicksal zu ersparen.

In unregelmäßigen Intervallen folgten weitere Großjubiläen. 1955 wurde unter der patriotischen Losung »Wir sind ein Volk« ein Schiller-Jahr veranstaltet, nicht ahnend, dass diese Parole 34 Jahre später auf den Straßen von Leipzig skandiert werden sollte. 1967 wurde der 50. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution begangen. Für Monate stand jede Neueröffnung im Zeichen des Roten Oktobers. Just am Revolutionsfeiertag, dem 7. November 1967, wurde unter ausdrücklicher Berufung auf die legendären Schüsse des Panzerkreuzers »Aurora« das erste Goldbroiler-Restaurant in Ost-Berlin eröffnet.6 Niemand fand das lächerlich, weder die Politprominenz, die zu diesem Anlass aufgeboten wurde, noch die Liebhaber des leckeren Brathühnchens. 1984 folgte das Luther-Jahr, 1985 die Johann-Sebastian-Bach-Ehrung, und für 1989 war ein Thomas-Müntzer-Jubiläum in Angriff genommen worden, bei dessen Eröffnung am 19. Januar 1989 Erich Honecker die denkwürdige Prognose abgab, die Mauer werde noch fünfzig oder hundert Jahre stehen.7 Je mehr die Gesellschaft ihre Zukunftsperspektiven verlor, desto liebevoller wurde die geschichtliche Erinnerung zelebriert.

So reihte sich ein Jubiläum an das andere, doch am liebsten feierte die DDR sich selbst. Anlässlich der runden Jahrestage überschlugen sich die »gesellschaftlichen Aktivitäten«, wie dies in der Sprache der Kampfprogramme und Rechenschaftsberichte hieß. Die Werktätigen in Stadt und Land erbrachten – wollte man den Staatsmedien glauben – großartige Leistungen, die sie der Republik auf den Gabentisch legten. Die Schulkinder bastelten Papierblumen, schnitten Friedenstauben aus weißem Zeichenpapier und klebten den Festschmuck an die Fenster der Klassenzimmer. Mit Girlanden und Fähnchen schmückten sie die Wandzeitungen, an denen mit Reißzwecken die Erfolgsmeldungen und Selbstverpflichtungen befestigt waren.

Bereits zum 10. Jahrestag der DDR eröffnete Walter Ulbricht im Berliner Zeughaus eine opulente Ausstellung über die Geschichte und »das herrliche Morgen unseres großen Siebenjahrplans«.8 Damals tauchte erstmals auf den Plakaten und Losungen das große X – das römische Zahlzeichen für zehn – auf. Wie Kaiser, Könige, Päpste und kommunistische Parteitage bezeichnete man die Jahrestage der DDR mit römischen Ziffern. Das signalisierte Reputation und altes Herkommen. Zum 20. Jahrestag wurde das Land mit den zwei Kreuzen des römischen Zahlzeichens regelrecht überschwemmt. Am 7. Oktober 1969 projizierten Flakscheinwerfer die zwei Kreuze an den nächtlichen Himmel über Berlin. »Warum wird man den dreißigsten Jahrestag ausfallen lassen?«, fragten nach dem Großereignis die ewigen Witzbolde. »Weil man dann drei Kreuze machen müsste«, lautete die despektierliche Antwort. Sei es aus Furcht vor der Lächerlichkeit oder aus Sparsamkeit: Tatsächlich ging man 1979 zu der raumsparenden arabischen Bezifferung über und behielt es weitere zehn Jahre so bei.

Auf dem Gabentisch der Republik

Im Oktober 1989 war es wieder mal so weit. Auch zum 40. Republikgeburtstag enttäuschten die meteorologischen Erwartungen nicht. Der Herbst war sogar noch milder als gewöhnlich und versprach schöne Feiertage. Wie jedes Jahr füllten sich die Zeitungsspalten und Fernsehberichte mit Meldungen über Planerfüllungen und -übererfüllungen zu Ehren der Republik. Dabei ergoss sich wie stets eine Flut von unüberprüfbaren und beziehungslosen Zahlen über den Leser. So vermeldete die 17. Konferenz der Initiatoren, Neuerer und Rationalisatoren des Bezirks Gera im Oktober 1989: »Die geplante Nettoproduktion konnte mit 62,3 Millionen Mark und die industrielle Warenproduktion um 118,7 Millionen Mark überboten werden. … Zusätzlich bereitgestellt sind unter anderem 4028 Wohnraumleuchten, 1150 Heißluftkämme, 20 000 Straßenschuhe, 254 000 Quadratmeter Gewebe für Kleider und Blusen.«9 So ging es Tag für Tag und Zeitungsseite um Zeitungsseite. Selbst wenn die Zahlen formal gestimmt haben sollten, sagten sie nichts über die Qualität, die Preise oder die Verfügbarkeit der Waren im Einzelhandel aus. So wurde am 2. Oktober 1989 die Produktion von 40 000 zusätzlichen Farbfernsehern durch den VEB Robotron-Elektronik Radeberg gefeiert. Die Geräte waren maßlos überteuert, technisch veraltet und nur für das Farbsystem der DDR brauchbar. Wer sich damals noch so einen Fernsehapparat aus der volkseigenen Produktion gekauft hatte, dürfte sich schon einige Monate später kräftig geärgert haben.

Für Freitag, den 6. Oktober 1989, waren Pionierkleidung und für die größeren Schüler ab 14 Jahren das FDJ-Hemd angeordnet. Nach der letzten Schulstunde fand ein Fahnenappell statt, und der Schulleiter oder der Sekretär der Parteileitung hielt eine Rede. Richtschnur war ihm dabei die aktuelle Ausgabe des Zentralorgans »Neues Deutschland«. In den Ansprachen dieser Tage wurde stets an den schweren Anfang erinnert, es wurden die großartigen Erfolge beschworen, die man der Partei der Arbeiterklasse und ihrer Führung verdankte, dann wurde das Menschenrecht auf Arbeit, soziale Sicherheit und Bildung hervorgehoben – eine rhetorische Pflichtübung, die seit der Eröffnung der Menschenrechtskampagne des US-Präsidenten Jimmy Carter nicht fehlen durfte. Es folgte der obligatorische Seitenhieb auf die angebliche Hetze des Klassenfeindes, der einen propagandistischen Großangriff gegen die DDR begonnen habe. Dann wurde die Flagge gehisst, und der Redner schickte die Schüler in ein ereignisreiches Wochenende. Längst waren die Pioniere und FDJler in Zehnergruppen eingeteilt, die sich zu bestimmten Stellzeiten an festgelegten Punkten einzufinden hatten, um dann unter der Aufsicht von Pionierleitern und Lehrern die Kulisse für das große Jubelfest zu bilden.

Auch die allgemeine Beflaggung war rechtzeitig angeordnet worden und wurde wie stets brav befolgt. In den Straßen entlang der sogenannten Protokollstrecke und rund um die Paradestraßen gingen die Leiter der Hausgemeinschaftsleitungen von Tür zu Tür, um säumige Bürger zu ermahnen, die Fahne aus dem Fenster zu hängen. Sämtliche Geschäfte und Dienststellen hatten ohnehin pflichtgemäß geflaggt. Die S-Bahn-Züge, Straßenbahnen und Busse waren mit kleinen metallenen Fähnchen geschmückt. Rechts die Staatsflagge, links das rote Banner der Arbeiterbewegung. Denn hohe Gäste aus aller Welt hatten sich angekündigt, um gemeinsam mit den Menschen der DDR den Feiertag zu begehen, unter anderen der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Michail Sergejewitsch Gorbatschow.

Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen

Es war also alles wie immer, und doch war alles ganz anders. Rings um die DDR war die Welt in Bewegung geraten. Zwei russische Vokabeln waren damals in aller Munde: Perestroika und Glasnost – also Umbau und Mitsprache. Unter diesen beiden Schlagworten hatte die seit Februar 1985 im Amt befindliche Führung unter Michail Gorbatschow begonnen, das Riesenreich an Haupt und Gliedern zu reformieren. Die SED-Führung unter Erich Honecker stellte sich zwar quer, doch bis in die Kreise höherer Funktionäre hinein waren viele der Meinung, dass auch ihr Staat einer solchen Generalüberholung bedürfe. Gleichzeitig gab es berechtigte Ängste, ein solcher Umbau könnte zum Einsturz des Staatssozialismus führen. Dunkel ahnte wohl mancher, dass das brüchige Bauwerk nur noch durch die Tapeten zusammengehalten wurde, und sträubte sich selbst gegen einen Tapetenwechsel. Das berühmte Gleichnis von Ideologiepapst Kurt Hager, man müsse nicht seine Wohnung tapezieren, nur weil der Nachbar dies tue, war insofern von bemerkenswerter Klarsicht.

Seit Monaten schon kamen die Funktionäre und Amtsträger der SED mit besorgten Gesichtern von den zentralen Anleitungen zurück. Ihnen fehlten die alte Selbstgewissheit, die klare Orientierung, selbst das Feindbild. Teils hämisch grinsend, teils von ehrlicher Hoffnung auf Veränderung erfüllt, hielt man ihnen Zitate unter die Nase wie: »Das Volk braucht die Demokratie wie die Luft zum Atmen.«10 Gorbatschow hatte dies am 27. Januar 1987 in seinem Schlusswort auf dem Plenum des Zentralkomitees der KPdSU gesagt. Es half nichts, dass das »Neue Deutschland« in seinem Bericht das Zitat unterschlug, es wurde zum geflügelten Wort. Als die DDR-Führung kritische sowjetische Filme und einige deutschsprachige Publikationen aus der UdSSR mit einem Einfuhrverbot belegte, war die heile Welt der Diktatur endgültig aus den Fugen.

Auch sonst hatte sich im Laufe der achtziger Jahre einiges geändert. Aus zaghaften Anfängen hatte sich eine Art politische Opposition entwickelt. Unter dem schützenden Dach der Kirche agierten kleine Gruppen, die hier und da recht kühn die Nase aus der Deckung steckten. Das war neu und aufregend. »Toll, was die sich trauen«, meinten viele, scheuten aber den Schritt aus dem umfriedeten Raum der allgemeinen Anpassung in eine politische Aktivität voller Risiken. Zu lange war die Untertänigkeit eingeübt worden, zu oft hatte sich ängstliches Abwarten als klug erwiesen.

Die Gesellschaft der DDR war in Bewegungslosigkeit erstarrt, die man auch im Westen mit Stabilität verwechselte. Der oft Rosa Luxemburg zugeschriebene Sinnspruch »Wer sich nicht bewegt, spürt seine Ketten nicht« traf auf den Einzelnen wie auf die ganze Gesellschaft zu. Noch konnte sich niemand in Ost oder West einen wirklichen Umbruch, geschweige denn den Fall der Mauer oder die Wiedervereinigung vorstellen. Zu fest gefügt war die Zweiteilung der Welt in feindliche Militärblöcke, unaufhebbar schien die Teilung Deutschlands, und unverrückbar für alle Zeiten stand in Berlin die Mauer.

Es waren die Ausreisewilligen – also gerade jene, die keine Hoffnung mehr auf irgendeine Veränderung hatten –, die zum Treibsatz der revolutionären Dynamik wurden. Die Nachrichten von der Öffnung der Grenze zwischen Ungarn und Österreich setzten eine Entwicklung in Gang, die zur Lawine wurde. Die einen versuchten auf gut Glück, irgendwie über die Grenze zu kommen, andere umlagerten die bundesdeutsche Botschaft in Budapest, und viele, die nach Ungarn nicht mehr durchgekommen waren, kletterten über den Zaun der Botschaft in Prag. Jeden Abend flimmerten dramatische Fernsehbilder in die Wohnzimmer der DDR. Junge Menschen, teilweise Familien mit kleinen Kindern, flohen vor dem Staat, in dem sie aufgewachsen waren, wie vor einer Naturkatastrophe. Die DDR gab nach und gestattete die Ausreise. Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher reiste nach Prag und verkündete den Wartenden, dass ihre Ausreise genehmigt sei. »Wie ein hochinfektiöser Holzsplitter steckte der Schrei der Tausenden Ausreisewilligen zum Balkon der Prager Botschaft, auf dem der bundesdeutsche Außenminister Freiheit verkündet hatte, im Gehör des müden und kranken Leibes, dessen vierzigster Geburtstag in ein paar Tagen gefeiert werden mußte«, schrieb der Schriftsteller Uwe Tellkamp in seinem Roman »Der Turm«.11 Am Dresdner Hauptbahnhof versuchten Tausende, in die Züge mit den Flüchtlingen aus Prag zu kommen, die aus unerfindlichen Gründen durch die DDR geleitet wurden. Erstmals seit Jahrzehnten kam es in der verschlafenen DDR zur offenen Konfrontation zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Doch als wäre nichts geschehen, tönten die Jubelchöre der Staatspropaganda. Sie sangen das Lied von der unverbrüchlichen Einheit von Volk und Partei, der steten Aufwärtsentwicklung der blühenden Republik und dem Glück der Menschen in der Geborgenheit des Sozialismus.

Manifestation der Jugend

Im Herbst 1989 machte ein Witz die Runde: »Die USA, Großbritannien und die DDR haben sich entschlossen, gemeinsam die Titanic zu heben. Die USA interessieren sich für den Schrott, England als ehemaliger Schiffseigner für das Geschmeide und die Wertpapiere in den Tresoren – und die DDR für die Bordkapelle, die bis zum Schluss gespielt hat.« Als beim Untergang der Titanic das Meerwasser bereits die Maschinenräume flutete und der Ozeanriese sich zu neigen begann, spielte auf dem Deck immer noch die Musik. Der Kapitän hatte es so befohlen, um die Passagiere in Sicherheit zu wiegen. So wurde die Kapelle der Titanic zur Metapher für Betrug und Selbstbetrug der Herrschenden angesichts der nahenden Katastrophe.

Das groteske Schauspiel der Selbstbeweihräucherung der SED-Führung angesichts der letalen Krise erreichte am Abend des 6. Oktober 1989 seinen Höhepunkt. Mit einem nächtlichen Fackelzug Unter den Linden im Zentrum der Hauptstadt Berlin organisierte die vergreiste SED-Führung ihre eigene Apotheose.

Bereits am 21. Juni 1989 hatte dem Sekretariat des ZK der SED eine »Konzeption des Zentralrates der FDJ für den traditionellen Fackelzug … aus Anlaß des 40. Jahrestages der Gründung der DDR« vorgelegen.12 FDJ-Chef Eberhard Aurich trug der Führungsspitze der Partei in Anwesenheit von Erich Honecker seine konzeptionellen Gedanken vor: »Der Fackelzug der FDJ 1989 ist abschließender Höhepunkt des ›FDJ-Aufgebotes DDR 40‹.« Er »steht unter dessen Losung: All unsere Liebe und Treue und unsere Tat gehören unserem sozialistischen Vaterland, der DDR! Stärken und schützen wir es mit unseren Taten!«13 Ausdrücklich erwähnte Aurich dann die »Erneuerung des Gelöbnisses der Jugend von 1949«, womit die Jugend »ihre feste Entschlossenheit zur Stärkung und zum Schutz des Sozialismus in der DDR bekunden« solle.14 Natürlich wusste Aurich, dass dieses Gelöbnis vor vierzig Jahren der damalige FDJ-Chef Erich Honecker vorgetragen hatte. Nun wollte er in die Fußstapfen des Generalsekretärs des ZK der SED treten und den Treueschwur der Jugend vortragen. Diese Ehre war nicht gering, vielleicht sogar eine Option auf die Zukunft. Hatten doch auch Erich Honecker und sein Kronprinz Egon Krenz in der Jugendorganisation ihre ersten Sporen verdient, die sie für größere Aufgaben prädestinierten. Ob die versammelten Funktionäre im Juni 1989 an die Liebe und Treue der Jugend glaubten, sei dahingestellt – wurde doch, wie der ebenfalls anwesende Günter Schabowski in seinen Erinnerungen vielfach bezeugt, in der Endphase der DDR innerhalb der SED-Führung kein offenes Wort mehr gesprochen.

Der Rest war Organisation – und wenn der Apparat der SED über eine Fähigkeit verfügte, so war es die perfekte Inszenierung von Massenveranstaltungen. Bis ins Detail wurden die Abläufe festgelegt. 21 Hundertschaften FDJ-Ordnungsgruppen und drei weitere Hundertschaften zur besonderen Verfügung der Zentrale sollten den Aufmarsch absichern.15 Hinzu kamen 4154 Ordnungsgruppenmitglieder in den Marschblöcken. Alle zusammen sollten den »störungsfreien Ablauf in den Formierungs-, Aufmarsch- und Auflösungsräumen« garantieren.16 Zusätzlich standen Ordnungsgruppen bereit, um die »Schutz- und Sicherheitsorgane bei der Vorbeugung und Abwehr von Gefahren und Störungen zu unterstützen und bei entsprechender Aufgabenstellung als Reserve zu handeln«.17 Auf Messtischblättern vom Zentrum Ost-Berlins wurden wie im Generalstab mit farbigen Stiften die Leitstellen, Aufmarschräume, Kontrollpunkte und Absperrungen eingetragen.

Auch die Verpflegung der anreisenden FDJ-Kolonnen erforderte das Augenmerk der Leitung, wenn sie auch deutlich bescheidener ausfiel als bei früheren Anlässen. »Die bereitgestellten Warenfonds für den Fackelzug erfolgen im Rahmen der Warenfonds der Hauptstadt der DDR in gesonderten Abpackungen im Rahmen der Kaltverpflegung.«18 Bereitgestellt wurden 12 Tonnen Teegemisch, 0,3 Tonnen Jojo-Kekse, 6 Tonnen Kakaowaffeln, 0,9 Tonnen Erfrischungswaffeln, 0,4 Tonnen Fruchtschnitte Honig, 0,3 Tonnen Bon-Riegel, 0,1 Tonnen Schoko-Münzen, 0,3 Tonnen Schnittbrot sowie 147 000 Fettbrötchen. Das Ministerium für Glas und Keramik war beauflagt worden, Tragetaschen, Toilettenpapier, Papierhandtücher, Pappteller, Servietten sowie Trinkbecher für Heiß- und Kaltgetränke zu liefern. Keine leichte Aufgabe angesichts der ständigen Engpässe gerade bei solchen Dauermangelwaren wie Toilettenpapier und Papierservietten. Die stark überzuckerte Tagesration der Umzugsteilnehmer führte in den Tagen rund um das Großjubiläum dann auch zu einem schweren Einbruch bei der Süßwarenversorgung der Republik. Es war in den Tagen des Zusammenbruchs der DDR kaum möglich, an einem Bahnhofskiosk oder in der Kaufhalle Süßigkeiten zu bekommen. Die Waffeln und Schokotaler aus Ersatzstoffen hatte die Partei als letzte Kampfreserve in die verlorene Schlacht um den Sozialismus geworfen.

So verlief, abgesehen von den Versorgungsschwierigkeiten am 6. Oktober 1989, alles nach Plan. Die Marschkolonnen waren pünktlich und vollzählig angetreten. Die Ausgabe der Verpflegungsbeutel, Winkelemente und Fackeln erfolgte reibungslos. Bei den Pechfackeln handelte es sich um Spezialanfertigungen mit langer Brenndauer und einem Tropfschutz über der Halterung. Ordnung und Sicherheit wurden ernst genommen, das galt nicht zuletzt auch für den Feuerschutz. Niemand sollte sich an diesem Abend die Finger verbrennen.

So war alles bereit, um in einer Art gigantischer Totenbeschwörung den Geist des Aufbruchs von 1949 wieder zum Leben zu erwecken. Die Protagonisten von damals kamen noch einmal zusammen, um den Staffelstab an die kommende Generation weiterzugeben. Selbst der Ort des Geschehens war derselbe, jenes oft als Forum Fridericianum bezeichnete Ensemble klassizistischer Bauten am östlichen Eingang der Parademeile Unter den Linden. Die Szene aus der DEFA-Wochenschau vom Oktober 1949 wurde regelrecht nachgestellt. Noch einmal griff die Festregie zu dem düsteren Ritual des Fackelzugs, noch einmal marschierten die jubelnden Kolonnen in ihren blauen Blusen an der Tribüne vor der Humboldt-Universität vorbei. An der Spitze des Zuges trugen FDJler eine originalgetreue Nachbildung des Transparents von 1949. Eingerahmt von zwei Emblemen der FDJ stand dort der schlichte Satz: »Es lebe die Deutsche Demokratische Republik«.

Die Schalmeienkapelle spielte das »Lied vom kleinen Trompeter«, ein Lieblingsstück Erich Honeckers. Die Marschmusik, die Hochrufe der Jugend, die im Fackelschein und Rauch verschwimmende Kulisse der klassizistischen Fassaden – das alles mag Balsam auf die wunden Seelen der alten Männer und Frauen gewesen sein, die an diesem Abend auf der Tribüne standen. Erich Honeckers wächsern-bleiches Gesicht wirkte seltsam erregt im kalten Licht der Fernsehscheinwerfer. Angeblich war Honecker ungehalten darüber, dass selbst die disziplinierten Blauhemdkolonnen »Gorbi, Gorbi!« riefen und den Generalsekretär des ZK der KPdSU hochleben ließen. So war die Parole »Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen« nicht gemeint. Gorbatschow wandte sich fragend an den neben ihm stehenden polnischen Parteichef Mieczysław Rakowski und wollte wissen, was denn die Jugendlichen da riefen. »Es sieht ganz so aus, als wollten sie ein zweites Mal durch die Sowjetunion befreit werden«, erwiderte Rakowski seiner eigenen Schilderung zufolge.19 Es war zu spüren, dass auf der Holztribüne trotz der »begeisternden Manifestation der Jugend« keine unbeschwerte Freude herrschte. Ob die Parteiführer hinter dem Sicherheitskordon der Stasi an diesem Abend ahnten, dass sie einer Abschiedsvorstellung beiwohnten, wird man wohl nie erfahren. Am nächsten Abend fanden in Berlin, Leipzig, Potsdam, Plauen und anderen Städten Demonstrationen gegen das SED-Regime statt. Die Lawine, die das System unter sich begraben sollte, war längst losgetreten. Die sentimentale Wiederholung des Wiegenfestes von 1949 war unter der Hand zur Totenfeier geworden. Die Protagonisten der traurigen Komödie waren zum Ort ihres Aufbruchs zurückgekehrt, um die eigene Leichenfeier zu zelebrieren. Zwölf Tage nach dem Treuegelöbnis der Massen trat Erich Honecker zurück. Drei Wochen später fiel die Mauer, und übers Jahr verabschiedete sich das ostdeutsche Staatsgebilde aus der Geschichte.

Auf seltsame Weise schließt sich der Kreis von Anfang und Ende des ostdeutschen Staatswesens. Prolog und Epilog der vierzigjährigen Geschichte fallen an diesem Ort zusammen. Es vollendete sich der Weg oder der Irrweg einer Generation, die so stolz auf das Erreichte war und zum Schluss vor einem Scherbenhaufen stand, die Welt nicht mehr verstand und teils in greisenhaftem Starrsinn verharrend ihrem Untergang zuschaute.

Worin bestand für die Führungsgruppe der SED die Faszination jener Fackelnacht vom 11. Oktober 1949, als alles viel schwerer und gleichzeitig viel leichter war als vierzig Jahre später?

Proklamation des neuen Staates

Schon seit 11 Uhr lief an jenem Tag über Großlautsprecheranlagen eine Direktübertragung des Berliner Rundfunks aus dem Festsaal des Hauses der Deutschen Wirtschaftskommission. Hier im ehemaligen Reichsluftfahrtministerium, nur wenige Schritte von der Sektorengrenze entfernt, hatten sich die Abgeordneten der Provisorischen Länderkammer versammelt, die von den Landtagen und dem Berliner Abgeordnetenhaus delegiert worden waren. Die fünf Landtage der Ostzone bestimmten insgesamt 34 Abgeordnete, hinzu kamen sieben Berliner Vertreter. Die neue Länderkammer wählte einen Präsidenten und ein Präsidium, in dem alle Parteien paritätisch vertreten waren. Natürlich erfolgten alle Wahlen ohne Gegenkandidaten und ohne Diskussion. Das Ergebnis war in allen Fällen einstimmig. Somit hatte sich wenigstens formal neben der Provisorischen Volkskammer eine zweite parlamentarische Kammer konstituiert. Beide Kammern traten nun zusammen und wählten auf Vorschlag des CDU-Abgeordneten Otto Nuschke den Präsidenten der Deutschen Demokratischen Republik, Wilhelm Pieck. Wie nicht anders zu erwarten, erfolgte auch diese Wahl einstimmig.

»Jubelnder Beifall durchtönt in diesem Augenblick das Hohe Haus. Und wir wissen, dass Millionen, die diese Stunde am Lautsprecher mit uns erleben, in diesen Beifall einfallen werden«, verkündete der Reporter mit ehrfurchtsvoll gesenkter Stimme.20

Es folgten Erklärungen des neu gewählten Präsidenten und des Volkskammerpräsidenten. Dann machte sich die Führungsspitze auf den Weg zur Demonstration. »Der Präsident verlässt den Raum«, setzte der Rundfunksprecher fort, »die Bevölkerung erwartet ihn hier vor den Toren und die Straße hinunter bis zum August-Bebel-Platz, von wo aus Wilhelm Pieck als Präsident der Deutschen Demokratischen Republik zu allen Deutschen sprechen wird.«21

Bereits am Vormittag des 11. Oktober 1949 rüstete sich Ost-Berlin zur großen Manifestation der Jugend. Es sollte ein ganz großer Tag werden. »Die Straßen der Innenstadt haben ein festliches Kleid angelegt«, vermeldete die »Tägliche Rundschau« bereits in der Morgenausgabe.22 Dabei hatten die Arbeitskolonnen der Stadtwirtschaft ihre Verschönerungsarbeiten noch gar nicht begonnen. Das offizielle deutschsprachige Presseorgan der sowjetischen Besatzungsmacht schrieb in einer seltsamen Mischung aus Bericht und Weisung: »… große Transparente an den Häuserfronten, besonders ›Unter den Linden‹ und am Kundgebungsplatz, weisen auf die Bedeutung des heutigen Tages hin. Großlautsprecheranlagen werden eingesetzt, damit die Teilnehmer die Vorgänge auf dem Platz verfolgen können.«23

Dabei hatte die Tonqualität der Beschallung in der Vergangenheit durchaus zu wünschen gelassen. In einem Leserbrief an das »Neue Deutschland« vom 18. Mai 1949 beschwerte sich eine bekennende Dauerteilnehmerin solcher Umzüge darüber, dass der Ton aus den Anlagen schwer zu verstehen sei. Erna H. schrieb: »Ich habe schon viele mächtige Demonstrationen des fortschrittlichen Berlin mitgemacht. Gleich mir folgen die Werktätigen immer wieder dem Ruf, auf öffentlichen Kundgebungen den Willen zum Frieden zum Ausdruck zu bringen. Man scheut stundenlange Anmärsche nicht, aber immer wieder zeigt sich dann, wenn auch der Mitmarschierende am Höhepunkt teilhaben will, das gleiche: Von dem, was er hören will, hört er kein Wort. Die Reden verwehen im Winde, die Lautsprecher versagen. … Wer nicht direkt neben dem Sprecher stand, was für Hunderttausende wohl ein Kunststück sein dürfte, der muß die Reden am nächsten Tag in der Zeitung lesen. Die Deutschen waren doch immer so stolz auf ihre Fachleute. Läßt sich dieser technische Mißstand nicht endlich beheben?«24

Verantwortlich für die Vorbereitung der Demonstration war der »demokratische Magistrat von Groß-Berlin«, das heißt, die von der SED dominierte Verwaltung des Ostsektors.25 Arbeiter der Stadtwerke fuhren mit ihren dreirädrigen Kleintransportern durch die Straßen, um an den Laternenpfählen die roten Fahnen der Arbeiterbewegung und die schwarz-rot-goldenen Banner des neuen Staates zu befestigen. Stammten die überall vorhandenen praktischen Halterungen eigentlich aus der Nazizeit oder sogar aus noch früheren Perioden deutscher Festkultur? Wie dem auch immer sei, wenigstens in der reibungslosen Organisation von Großereignissen sollten die neuen Herren ihren Vorgängern in nichts nachstehen. Fahnenstoff, den man in den Geschäften, wenn überhaupt, nur auf Marken bekam, war für diesen Zweck jedenfalls reichlich vorhanden.

Die Kinder hatten schulfrei bekommen, waren aber angewiesen worden, sich pünktlich auf dem Schulhof zu versammeln. Die Funktionäre der SED und der FDJ erklärten die Bedeutung der geschichtlichen Stunde. Ein Staat des Friedens sei nun entstanden, der den Spaltern in Bonn entgegentreten würde. Die Einheit Deutschlands wurde beschworen und die Freundschaft zur großen ruhmreichen Sowjetunion betont. Danach wurden die Schüler in Arbeitskolonnen eingeteilt. Sie sollten unter der Leitung der Lehrer an den Schulgebäuden Losungen befestigen, selbstgemalte Bilder und Friedenstauben an die Fensterscheiben kleben oder mit herbstlichem Laub die Porträts von Josef Stalin schmücken. Bilder der neuen Staatsmänner Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl und Walter Ulbricht waren noch nicht angeliefert worden.

Auch die Betriebe in Ost-Berlin stellten schon am Nachmittag die Arbeit ein, und die Belegschaften wurden aufgefordert, sich geschlossen zur Demonstration zu begeben. Die Stellplätze und die für die abendliche Manifestation vorgesehenen Straßenzüge wurden ab 14.30 Uhr von der Volkspolizei abgesperrt. Dies erforderte keinen übermäßigen Aufwand. Der Straßenverkehr hatte längst noch nicht den Vorkriegsstand erreicht. Die klapprigen Lastkraftwagen mit den teilweise auf abenteuerliche Weise anmontierten Holzgasgeneratoren, die wieder allgegenwärtigen Pferdefuhrwerke und die wenigen schwarzen Limousinen der Behörden mussten auf die Seitenstraßen ausweichen. Allein die stets überfüllten, schmutzig gelben Kästen der Straßenbahnen rasselten funkensprühend und laut klingelnd durch die abgesperrten Straßen, die sich allmählich mit ersten Gruppen von Kundgebungsteilnehmern füllten.

Morgens hatten in den Ost-Berliner Zeitungen die Sammelpunkte für die Großdemonstration gestanden.26 Für den Stadtbezirk Mitte gab es drei Stellplätze: den Rosenthaler Platz, die Hannoversche Straße, Ecke Friedrichstraße und den Dönhoffplatz. In Mitte befanden sich die Behörden und Verwaltungen, deren Mitarbeiter einigermaßen vollzählig zum Aufmarsch erwartet werden durften. Von den drei Sammelpunkten aus sollten die Marschblocks zwischen 15.25 und 16.30 Uhr in Richtung August-Bebel-Platz losmarschieren. Der Bezirk Prenzlauer Berg formierte sich am Senefelder Platz, der Bezirk Weißensee am Antonplatz und der Bezirk Köpenick im Köllnischen Park. Die Bewohner von Wedding und Reinickendorf sollten ab 16.30 Uhr von der Chausseestraße, Ecke Kesselstraße losziehen. Die traditionsreichen Stätten der Berliner Arbeiterbewegung lagen damals im französischen Sektor. Auf den »Roten Wedding« setzte man große Hoffnungen. Als Sammelpunkt für die »Bezirke des britischen und amerikanischen Sektors« war der Gendarmenmarkt vorgesehen. Eine Abmarschzeit war nicht angegeben. Möglicherweise rechnete man mit einer nur mäßigen Beteiligung aus den bürgerlichen Vierteln des alten Westens. Dennoch galt der Grundsatz, dass ganz Berlin trotz der Trennung in Sektoren als Hauptstadt des neuen Staats zu gelten habe.

An verschiedenen Stellen, so zum Beispiel im Umkreis des Gebäudes der Deutschen Wirtschaftskommission, des ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums in der Leipziger Straße und am Alexanderplatz, hatten Holzbuden geöffnet. Dort gab es markenfreie Bockwurst für vier Ostmark, dazu ein Brötchen für 20 Pfennig und Senf in beliebiger Menge. Mancher Kunde am Wurststand wird an den Nachkriegsschlager von Bully Buhlan gedacht haben: »Ich hab so großen Appetit auf Würstchen mit Salat«. In den Hungerjahren erfreute sich der Schlager gesamtdeutscher Popularität. Darin hieß es:

»Es braucht kein Schweinebraten sein,
Und auch kein Stammgericht,
Nicht Hühnchen und auch kein Fasan.
Das lockt mich alles nicht.

Für dreißig Pfennig
Nicht Eier mit Spinat,
Auch keine Erbsen bürgerlich
Nur Würstchen mit Salat.«

Die Bockwurst war vielleicht die eigentliche Sensation des Tages. Selbst der »Täglichen Rundschau«, die sich sonst nicht gerade durch eine lebensnahe Berichterstattung auszeichnete, schien die Verpflegungsfrage erwähnenswert. »Bockwürste gehen heute reißend weg. Man gönnt sich was«, schrieb die Zeitung launig.27

Seit 16 Uhr füllten sich der Platz gegenüber der Humboldt-Universität und die umliegenden Straßenzüge mit Kundgebungsteilnehmern. Um 17.40 Uhr erklang begleitet von einem Blasorchester das Weltjugendlied. »Jugend aller Nationen, uns vereint gleicher Sinn, gleicher Mut!/Wo auch immer wir wohnen, unser Glück auf dem Frieden beruht.« Und immer wieder der mitreißende Refrain: »Unser Lied die Ländergrenzen überfliegt: Freundschaft siegt! Freundschaft siegt!« Das Lied gehörte seit dem Weltjugendtreffen in Budapest im Sommer 1949 zum Repertoire der FDJ-Aufmärsche. Es folgte das Arbeiterkampflied »Wann wir schreiten Seit an Seit/und die alten Lieder singen/und die Wälder widerklingen,/fühlen wir, es muss gelingen:/Mit uns zieht die neue Zeit,/mit uns zieht die neue Zeit!« Das bei den Sozialdemokraten viel gesungene Lied war offenbar eine Reverenz an die Einheit der Arbeiterklasse.

Dann erschien Wilhelm Pieck, stehend in offener Horch-Limousine, begleitet von einer Abteilung Motorradfahrer der Deutschen Volkspolizei. Der Reporter der West-Berliner Zeitung »Der Tag« fühlte sich durch diesen Auftritt an Adolf Hitler erinnert.28 Jedenfalls bewegte sich das neue Staatswesen bereits im Moment seiner Gründung völlig in den herkömmlichen Bahnen staatlicher Präsentation. Friedrich Ebert, der Oberbürgermeister von Groß-Berlin, ging dem heranrollenden Fahrzeug entgegen, gefolgt von »zwei Jungpionierinnen, zwei Mädels«, wie sich der Reporter des Deutschen Demokratischen Rundfunks ausdrückte. Sie überreichten Wilhelm Pieck »zwei riesige Sträuße Chrysanthemen«.29 Dann bestiegen Pieck und Ebert unter dem Jubel der spalierstehenden Menge die Tribüne vor der Humboldt-Universität. Nach der Begrüßung durch Friedrich Ebert ergriff der neu gewählte Arbeiterpräsident das Wort. Er gab sich betont parteiübergreifend, volkstümlich und patriotisch. »Berliner! Liebe Freunde«, begann er. »Es stehen dem deutschen Volke und seiner Regierung große Aufgaben bevor, und wir sind alle fest davon überzeugt, daß sie in engstem Einvernehmen mit dem schaffenden deutschen Volke erfüllt werden können. An der Spitze des schaffenden deutschen Volkes steht die deutsche Jugend, die durch ihre ganze Arbeit der letzten Jahre bewiesen hat, daß sie das Gebot der Stunde begriffen hat, daß durch die Jugend der Garant geschaffen werden muß, die großen nationalen, demokratischen und wirtschaftlichen Aufgaben zu erfüllen.« Seine bemerkenswert kurze Rede setzte er mit einem eindeutigen Bekenntnis zur Einheit fort: »Wir sind fest davon überzeugt, daß es uns gelingen wird, das große Band vom Osten nach dem Westen unter den werktätigen Massen zu spannen und so die große Nationale Front des demokratischen Deutschland zu schaffen, mit deren Kraft ihr die Spaltung Deutschlands beseitigen und das einige demokratische und friedliche Deutschland schaffen werdet.«30 Kein Bekenntnis zur Sowjetunion, keine Huldigung an Stalin, kein Wort über die künftige Sozial- und Wirtschaftsordnung, schon gar keine Verkündigung des Sozialismus, keine Angriffe auf die Sozialdemokratie, nur an einer Stelle der allgemeine Verweis auf »Spalter und Kriegshetzer«. Mochte sich die Jacke anziehen, wer immer es wollte. Einheit, Demokratie und Frieden so weit das Auge blickte und dazu das gütige Lächeln des weißhaarigen freundlichen alten Mannes, dessen füllige Erscheinung geeignet war, Vertrauen zu erwecken. Wer es denn glauben wollte, was der großväterlich gütige Mann da sagte, konnte sich durch diese Rede erhoben fühlen, und viele taten es.

Gelöbnis der Jugend

Schließlich kam Erich Honeckers große Stunde. Mit schriller, sich überschlagender Stimme, die Endungen auf saarländische Art vernuschelnd, trug der Vorsitzende des Zentralrats der Freien Deutschen Jugend das »Gelöbnis der deutschen Jugend an die Deutsche Demokratische Republik« vor:

»Wir, die deutsche Jugend, geloben der Deutschen Demokratischen Republik Treue, weil sie der Jugend Frieden und ein besseres Leben bringen will und bringen wird!

Wir geloben der Deutschen Demokratischen Republik Treue, weil in ihr die Selbstbestimmung des deutschen Volkes zum erstenmal im ganzen Umfang hergestellt sein wird!

Wir geloben der Deutschen Demokratischen Republik Treue, weil sie das wahre Haus des Volkes ist und sein wird! Wir geloben, dieses unser aller Haus zu hüten und vor den Anschlägen der Kriegsbrandstifter und Zerstörer unserer Einheit zu schützen!

Wir geloben, unablässig an der Vervollkommnung unserer nützlichen Fähigkeiten und an der Vertiefung unseres Wissens zu arbeiten! Wir wollen Baumeister sein an unserem neuen Haus der friedlichen Arbeit und der kämpferischen Humanität! Wir grüßen aus tiefsten Herzen das Neue, unsere strahlende Zukunft!

Es lebe die deutsche Jugend im Bund mit der friedliebenden Jugend aller Länder! Es lebe die Deutsche Demokratische Republik, ihr Präsident und ihre Regierung in einer friedlichen Welt.«31

Die politische Aussage dieses Gelöbnisses lässt sich an Verschwommenheit kaum überbieten. Doch es hat rhetorisch wie inhaltlich durchaus einen roten Faden. Wie eine Beschwörungsformel kehrt der Begriff Treue immer wieder. Die Verbindung zwischen Führer und Masse wurde durch einen rein emotionalen und in diesem Falle einseitigen Begriff hergestellt – gelobten doch die Menschen mit heißen Herzen dem Staat die Treue. Es war keine Rede davon, dass sich Volk und Staat gegenseitig die Treue schwören würden oder gar der Staat gegenüber dem Volk zu irgendetwas verpflichtet sei. Das Gelöbnis stellte ein Gefolgschaftsverhältnis her, das der Führung uneingeschränkten Gehorsam einräumte. In dem in der Nachkriegszeit angesiedelten Berliner Studentenroman »Hörsaal 92« sagt der Hauptheld: »Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt. Jahrelang hat man mich und meine Freunde an der Nase herumgeführt. Wem sollen wir denn nun glauben? Nein, so schnell vertraut man nicht wieder, wenn man einmal so betrogen worden ist wie wir.«32 Wo war die gesunde Skepsis, die selbst in dem 1961 in der DDR erschienenen Roman als typisch für die Kriegsgeneration unterstellt wird?

War denn niemand unter den Hunderttausenden, dem es kalt den Rücken herunterlief, als vier Jahre nach den Treueschwüren auf Adolf Hitler schon wieder einer Führung auf Treu und Glauben die Gefolgschaft geschworen wurde? Wären nicht jenseits aller Ideologie und Politik ein wenig Zurückhaltung, ein bisschen Abwarten, ein Moment gesunden Zweifelns angebracht gewesen? Und fiel bei der Lektüre der Zeitung am nächsten Morgen niemandem auf, dass jeder der Aussagesätze des Gelöbnisses mit einem Ausrufezeichen endete, welches den Regeln der deutschen Grammatik zufolge eigentlich der Befehlsform vorbehalten ist?

»Wann wir schreiten Seit an Seit«

Es wurde früh dunkel an jenem Herbsttag. Bereits gegen fünf Uhr nachmittags hing die Abendsonne flach über dem Brandenburger Tor, und die dort am hohen Mast hängende rote Fahne warf einen langen Schatten. Die letzten Strahlen der goldenen Oktobersonne ließen die rußgeschwärzten Steinfiguren auf den Brandmauern der Ruinen noch einmal aufleuchten. Dann verschwand die Sonne hinter den toten Fassaden des Lindenforums.

»Inzwischen hat sich die Dämmerung über den Platz gelegt, der jetzt von 22 großen Scheinwerfern … erhellt ist«, beschrieb der Rundfunkreporter die Szenerie.33 Es war jetzt gegen sechs Uhr abends, die rechte Stunde, die Fackeln zu entzünden. »Ein breiter Demonstrationszug der Freien Deutschen Jugend in Reihen zu 16 in ihren blauen Hemden, mit blauen, schwarz-rot-goldenen und weißen Fahnen des Weltjugendbundes marschiert jetzt an der Tribüne vorbei. … Sie tragen die Fahnen mit erhobenen Armen … und bringen Hochrufe auf den Arbeiterpräsidenten Wilhelm Pieck auf …«34 An dieser Stelle stockt der wortgewandte Rundfunksprecher und weiß einen Augenblick nicht mehr, ob man Hochrufe auf- oder ausbringt. Doch er fängt sich schnell und setzt mit vor Begeisterung zitternder Stimme fort: »Und jetzt – so weit das Auge sehen kann, bis hinters Brandenburger Tor ein einziger Strom von leuchtenden Friedensfackeln! Vor dem großen FDGB-Mal, unweit der Ehrentribüne, sind die Züge noch geteilt, dann, kurz vor der Ehrentribüne, fließen sie zu einer gewaltigen, breiten Demonstration zusammen.«35 Mit FDGB-Mal meinte der Radioreporter das während des Krieges zum Schutz vor Bombenschäden mit einer Ziegelmauer überbaute Reiterdenkmal Friedrichs des Großen.36 Der fest gemauerte Splitterschutz wurde in der Nachkriegszeit mit einer zusätzlichen Hülle aus Sperrholz umgeben. Darauf wurden Losungen des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes geschrieben. »Über die Gewerkschaftseinheit zur Einheit Deutschlands«, stand auf der gegen Osten gerichteten Seite des provisorischen Bauwerks. Auf der linken Seite war zu lesen: »FDGB – Ein Helfer im Kampf um die Verbesserung Deiner Lebensverhältnisse« sowie »Für friedlichen Aufbau zum Wohle der Hauptstadt Berlin«. So hatte man auf einfache Art das Monument des ungeliebten Preußenkönigs zum FDGB-Mal umfunktioniert.

Werner Bräunig schilderte in seinem in den sechziger Jahren geschriebenen, aber erst 2007 vollständig veröffentlichten Roman »Rummelplatz« die widersprüchlichen Gefühle eines Demonstrationsteilnehmers, Es waren die Funktionäre des Jugendverbandes, die den Heimkehrer in ihre Reihen aufnahmen und ihm den richtigen Weg wiesen. Dieser Weg führte ihn in den sächsischen Uranbergbau und im Oktober 1949 als Mitglied einer Delegation der FDJ nach Berlin.