Patric Pedrazzoli

Das Wunder der Heilung

Giger Verlag

1. Auflage 2015

© Giger Verlag GmbH, CH-8852 Altendorf

Telefon 0041 55 442 68 48

www.gigerverlag.ch

Lektorat: Monika Rohde

Foto: Stefan Maurer, www.maust.ch

Umschlaggestaltung:

Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich

Layout und Satz: Roland Poferl Print-Design, Köln

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015

ISBN 978-3-905958-54-8

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort von Pascal Voggenhuber

Einführung

TEIL I – ALLES IST MÖGLICH

Indien, ein Land voller Wunder!

Die Kumbh Mela in Haridwar

Naga Babas und Yogis

Versöhnung mit meiner Familie

Die Reise an die Quelle des Ganges

Meine Heimreise, Kulturschock Schweiz

Eine sehr schwierige Zeit

Reise zu den Meistern Indiens

Meine Eltern und mein Bruder besuchen mich in Indien

Das Regenbogenhaus

Die Buchhandlung Weyermann

Der Meister hat gerufen

Krankheit und Tod meiner Mutter

Die »Quelle«

Heilbehandlungen und Ausbildungen bei großen Heilern dieser Welt

Einige Erlebnisse

TEIL II – LEBENSPHILOSOPHIEN

Wunder geschehen im Hier und Jetzt

Kann Heilung ohne Heiler geschehen?

Negatives und positives Denken

Beruf und Berufung

Partnerschaft, Beziehungen und Familie

Rollen des Lebens

L(i)ebe

Angst und Sorgen, Hoffnung und Zweifel

Sorgen

Hoffnung und Zweifel

Stress

Gesundheit und Ernährung

Humor – glücklich – glückselig

Geld – Ruhm – Erfolg

Frei sein vom Wollen

Karma

Wie wirklich ist unsere Wirklichkeit?

Einfügen ins Schicksal und vertrauen

Zeit und Raum sind relativ

Bewusstseinsebenen

Verantwortung für dein Leben übernehmen

Brauchen wir einen Meister oder eine Meisterin?

Nachwort

Dank

Über den Autor

Weitere Bücher

Vorwort

von Pascal Voggenhuber

Als mich Patric fragte, ob ich das Vorwort für sein erstes Buch schreiben könnte, habe ich mich enorm gefreut und für mich war klar, dass ich das gern mache. Ich habe mir lange überlegt, was ich schreiben könnte, und worüber ich dem Leser von Patrics Buch berichten möchte. Doch bald habe ich alles verworfen und mir einfach vorgenommen, aus dem Herzen zu schreiben. Das passt aus meiner Sicht auch am besten zu Patric, denn er war anfangs hauptsächlich mein Veranstalter diverser Seminare, die ich bei ihm in Bern in der Quelle geben durfte.

Doch es dauerte nicht lange, da wurde aus dem Veranstalter ein wahrer Freund. Obschon ich der Referent war, habe ich immer Patrics Art bewundert, wie er mit Menschen umging. Für mich war erstaunlich, dass er trotz der Hektik und der vielen Arbeit immer ruhig und freundlich blieb, ich habe mich ein paarmal gefragt, wie er das wohl macht. Damals wusste ich noch nicht, dass er selber als Heiler tätig ist, und dank seiner bescheidenen Art hat es auch noch länger gedauert, bis ich das erfahren habe. Doch vom ersten Moment an fühlte ich mich einfach immer sehr wohl bei ihm und wir hatten eine Menge Spaß. Trotzdem spürte ich sofort die tiefe Weisheit Patrics.

Später haben wir angefangen, zusammen Heilerabende zu geben, diese waren immer ein besonderes Erlebnis; ich schätze seinen Humor, aber auch seine Ernsthaftigkeit bei der Sache. Ich durfte viele seiner Heilbehandlungen miterleben und war oft überrascht, wie schnell es den Menschen besser ging und wie bescheiden Patric dennoch blieb. Was mir an Patric besonders gefällt, ist, dass er dennoch ein Mensch geblieben ist, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Kein abgehobenes spirituelles Getue, wenn man ihn so anschaut, würde man nie darauf kommen, dass er Heiler ist und dass er viel Zeit zum Beispiel in Indien bei Meistern, Yogis und Heilern verbracht hat. Patric hat mir nicht nur beruflich viele Tore geöffnet und mir für meine mediale Arbeit bei ihm in der Quelle eine wunderbare Plattform gegeben, sondern ich habe auch privat sehr viel von ihm bekommen.

Ich habe große Achtung vor dir und wünsche dir so sehr, dass viele Menschen von dir erfahren, dass viele Menschen dein »Licht« erkennen können und dass du es weitergeben kannst. Ich habe ihm immer mal wieder gesagt, er sollte selbst mehr auftreten und weniger nur als Veranstalter fungieren, weil er wirklich eine ganz besondere Gabe hat. Ich hatte manchmal das Gefühl, allein ein Gespräch mit ihm, bei dem er nicht einmal viel gesagt hat, kann sehr heilend sein. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich 2014 im Krankenhaus war, weil ich meine Beine nicht mehr spürte. Als ich das Krankenhaus verließ, waren die Symptome noch da und ich rief Patric an, weil wir bald eine Veranstaltung zusammen hatten. Ich wusste nicht, ob ich sie halten konnte, weil mein Körper noch nicht so wollte wie ich. Sofort empfahl er mir einen Heiler in meiner Gegend, der mir auch half, durch dessen Hilfe die Symptome besser wurden.

Aber bereits die Gespräche mit ihm hatten auf mich eine heilende Wirkung. Das hört sich vielleicht verrückt an, doch ich kann es nicht anders erklären. Jedenfalls war ich an dem Abend des gemeinsamen Events mit ihm auf der Bühne und die Veranstaltung lief gut. Als er Klienten aus dem Publikum heilte und ich neben ihm stand, fühlte ich, wie auch ich Heilung bekam und meine Symptome fast verschwanden. Daraufhin bat ich ihn nochmals, mehr aus seiner Gabe zu machen und bin sehr dankbar, dass es heute dieses Buch gibt.

Ich bin mir sicher, dass dir das Buch eine neue Sichtweise zeigen kann oder vieles, was du selbst schon erkannt hast, bestätigen. Ich wünsche dir von Herzen alles Gute und viel Spaß beim Lesen.

In Freundschaft

Pascal Voggenhuber

Einführung

Güte in den Worten erzeugt Vertrauen,

Güte beim Denken erzeugt Tiefe,

Güte beim Verschenken erzeugt Liebe.

LAOTSE

Liebe Leserin, lieber Leser. Danke, dass du mein Buch liest oder lesen möchtest. Gerne möchte ich mit dir einiges aus meinem Leben teilen, das mir beim Schreiben bereits mit großen und kleinen Wundern bereichert schien. Alles, was ich hier geschrieben habe, ist wahr, diese Wunder gibt es wirklich auf der Erde oder besser gesagt, dies ist nur ein kleiner Teil der Wunder, die es gibt, denn es gibt viel mehr auf dieser Welt, was wir nicht sehen und erklären können.

Ich nehme dich mit auf eine äußere und innere Reise in dich hinein und um dich herum. Tauche für einige Stunden in diese Welt mit mir ein und erlebe gleich selbst die Wunder in und um dich herum. Versuche, während du dieses Buch liest, für einige Stunden dein gesamtes angelerntes oder angelesenes Wissen loszulassen. Sei neu in jedem Moment und spüre während des Lesens, was mit dir passiert. Bleibe vollkommen bei dir und sei neutral, so können viele Wunder passieren, denn dann bist du nicht voreingenommen.

Am Schluss des Buches kannst du selbst entscheiden, was du für dich mitnehmen möchtest und was nicht. Ich freue mich, mit dir zusammen jetzt auf diese Reise und durch dieses Abenteuer zu gehen.

Der Reisende ins Innere findet alles,

was er sucht, in sich selbst,

das ist die höchste Form des Reisenden.

LAOTSE

Viel Freude dabei

Patric

TEIL I

ALLES IST MÖGLICH

Indien, ein Land voller Wunder!

Ich war im Flieger nach Bombay in Indien. Neben mir saß ein Mann, der mir von einem Meister in Indien berichtete, zu dem er für drei Wochen zum Meditieren fährt. Als er mir erzählte, wie er miterlebt hatte, dass Leute im Rollstuhl durch die Berührung des Meisters aufstanden und wieder laufen konnten, krebskranke Leute im Endstadium zu ihm kamen und nach einiger Zeit gesund wieder nach Hause gingen, dachte ich im ersten Augenblick: Gibt es das wirklich auf dieser Welt? Das ist unmöglich. Doch er schilderte mir weiter seine Erlebnisse, und berichtete mir auch von Materialisationen (etwas, das vorher nicht da war, kann ein Yogi aus dem Nichts holen) und vielem mehr. Mehr zu diesen Wundern erzähle ich später.

Ich war gerade 21 Jahre alt geworden und mit meiner Malerlehre fertig. Ich war allein unterwegs, mein guter Freund Rene, mit dem ich die Ausbildung gemacht hatte, hatte mich dazu überredet, mit ihm zusammen nach Indien, respektive nach Goa, zu reisen, um da unseren Abschluss zu feiern und Party zu machen. Acht Wochen vor unserer Abreise meinte er plötzlich, er möchte lieber nach Amerika und komme nicht mit nach Indien. Ich war ziemlich enttäuscht darüber und wusste nun nicht, was ich machen sollte. Weil ich mich aber so auf diese Reise gefreut hatte, erklärte mein Bruder Marco, er käme mit, wenn ich das möchte. Da ich das erste Mal geplant hatte, längere Zeit ins Ausland zu gehen und Angst hatte, allein diese Reise anzutreten, nahm ich sein Angebot gern an. Langsam aber spürte ich immer stärker, nachdem wir bereits unsere Impfungen gemacht hatten und nun die Flüge buchen wollten, dass mein Bruder nur wegen mir mitkommen würde, aber eigentlich überhaupt kein Interesse an Goa, geschweige denn an Indien hatte.

Da nahm ich all meinen Mut zusammen und meinte: »Marco, ich danke dir für deine große Hilfe, aber bitte bleibe hier. Wenn ich allein nicht klarkomme in Indien, kannst du ja sofort nachkommen und mit mir reisen.« Er zögerte ein wenig und fand schließlich, dass diese Idee eine gute Lösung für uns beide wäre. Indien rief mich zu sich, ich kann das nicht beschreiben, doch es wurde immer lauter in mir.

Fünf Dinge wollte ich auf dieser Reise finden und umsetzen. Erstens, ich wollte mich finden. Mein Vater meinte zwar: »Was willst du finden, du stehst doch vor mir?« Ich jedoch fühlte mich schon lange nicht mehr als das, was ich vorgab zu sein. Zweitens wollte ich bei einem indischen Guru, einem Heiler, einem Meister, eine Medizin finden für alle Krankheiten. Meine Großmutter war ein Museum an Krankheiten und musste jeden Tag viele verschiedene Medikamente nehmen (eines für Diabetes, eines gegen Rheuma, eines für den Magen, weil sie die Medikamente nicht so vertragen hat, eines zur Blutverdünnung usw.). Ich wollte ihr einfach helfen, wieder gesund zu werden. Drittens wollte ich Vegetarier werden, denn kurz vor meiner Abreise sah ich zwei, drei Dokumentationen über die katastrophalen Tiertransporte und die setzten mir arg zu. Ich war damals noch ein Fleischkannibale, ein Essen ohne Fleisch war für mich kein Essen. So konnte ich zum Beispiel schon um sieben Uhr morgens zu McDonalds gehen und einen Hamburger essen, das war für mich kein Problem. Ich dachte damals noch, wenn man kein Fleisch isst, wird man verhungern. Viertens wollte ich mich versöhnen mit all meinen schlechten Taten und Handlungen, und zwar sowohl mit denen, die ich je begangen hatte, als auch mit denen, die mir angetan worden waren. (Es klingt schlimmer als es war, jedoch ist es etwas sehr Wirkungsvolles.)

Die Erzählungen meines Flugnachbarn über diesen Meister in Indien klangen noch lange in mir nach. Schon in meiner Kindheit im Religionsunterricht haben mich alle Geschichten mit und über Jesus, vor allem die Heilungen – Blinde sehend gemacht, gelähmte Leute zum Laufen gebracht und Tote erweckt – sehr fasziniert. Aber auch die Auferstehung und die Geschichten, bei denen er übers Wasser lief, Fische, Brot und sonstige Dinge materialisiert hat, sowie Geschichten über die Propheten und Engel haben mich sehr berührt, obwohl ich nicht religiös aufgewachsen bin und wir auch nicht zur Kirche gingen oder sonst etwas mit der Bibel zu tun hatten.

Kaum in Bombay gelandet, flog ich gleich weiter nach Goa und nahm dort mit einem Pärchen aus Frankreich ein Taxi zu meinem Hotel. Dort angekommen, wusste ich nichts mit mir anzufangen. Da ich damals kaum Englisch sprach, konnte ich auch nicht so einfach Kontakt zu anderen Touristen knüpfen. Also ging ich ins Bett und schlief bald ein. In der Nacht erwachte ich und stellte plötzlich für mich fest, dass ich allein in Goa/​Indien war. Bei dem Gedanken stiegen massive Ängste in mir hoch wie noch selten in meinem Leben. Was mache ich hier, was will ich hier, wem muss ich etwas beweisen? Ich hatte solche Ängste, dass ich beschloss, gleich am nächsten Morgen ein Taxi zum Flughafen zu nehmen, um von dort zurück in die Schweiz zu Mami und Papi zu fliegen, zurück in mein geborgenes Zuhause.

Am nächsten Morgen beim Frühstücken, es war ein sehr schöner strahlender Morgen, saß neben mir ein Slowake mit Namen Roland, der zu meinem Glück Deutsch sprach. Er erzählte mir sogleich, wie hier alles so läuft, was wie wo ist, und nahm mich auch gleich mit auf seinem Motorrad, einer Enfield, und zeigte mir ein wenig Goa. So verlor ich meine Angst und gewann einen guten Freund. Danke, Roland, an dieser Stelle, dank dir bin ich nicht gleich wieder nach Hause gereist.

In den nächsten fünf Wochen in Goa feierte ich ausgiebig meine bestandene Lehrabschlussprüfung. Während der ganzen Zeit dort hörte ich immer wieder sehr viele Leute über die Kumbh Mela reden, dem größten spirituellen Festival der Welt, das unmittelbar im Norden Indiens, in Haridwar (dem Tor zum Himmel), demnächst beginnen würde. Ich dachte mir, da fahren so viele hin, dann mache ich das doch auch. Doch ich fuhr nicht wegen dem Spirituellen dorthin, sondern weil bei den Zeremonien auch oft Gras konsumiert werden konnte. Damals hatte ich noch eher Angst vor allem Spirituellen und den Esoterikern. Obendrein hatten mich viele Leute vor meiner Indienreise gewarnt vor den dortigen Sekten, den Ashrams (klosterähnliche Institutionen, in denen oft ein Guru oder Meister lebt und dort seine Schüler unterrichtet), vor dem Meditieren und vor dem Yoga, das sei alles spiritueller Humbug. Ich kannte ja nur die üblichen Räubergeschichten über die Hare Krishnas, die Jugendliche verschleppen sollten (was eher Geschichten sind, die nichts mit der Wahrheit zu tun haben, wie ich später herausfand).

Nun gut, ich reiste mit dem Flugzeug weiter in den Norden, nach Delhi und danach mit dem Zug nach Haridwar und Rishikesh, an den Fuß des Himalayas.

Die Kumbh Mela in Haridwar

In Rishikesh angekommen, schaute ich sofort nach einer Unterkunft. Leider war das Swiss Cottage schon ausgebucht, das wäre eine gute Adresse als Übernachtungsmöglichkeit gewesen. Ich suchte noch ein wenig weiter, jedoch war wegen der Kumbh Mela überall alles ausgebucht. Zur Kumbh Mela kamen in diesem Jahr (1998) etwa 25 bis 35 Millionen Pilger, verteilt auf circa drei Monate, aus allen Ländern dieser Welt sowie aus verschiedenen Kulturen und Religionen nach Haridwar, um während eines Bades an gewissen, astrologisch bestimmten Tagen im Heiligen Fluss Ganges die Seelen reinzuwaschen.

Ich entschloss mich daher, die nächsten Tage auf dem Dach des Swiss Cottage zu übernachten, bis ein Zimmer frei würde. Dort traf ich einen Spanier, der mir erzählte, dass er nicht weit weg seinen Schlafplatz hätte, in einem kleinen Ashram, und dort wäre noch ein Zimmer frei. Meine Alarmglocke bimmelte und ich dachte, dort haust bestimmt eine Sekte. Nun gut, auf dem Dach zu übernachten, bei einer Wetterlage, die nach Regen aussah, schien mir auch nicht gerade rosig zu sein. Der Spanier schien sehr freundlich und liebenswürdig, daher sagte ich ihm, dass ich mir gern das freie Zimmer bei ihm im Ashram unverbindlich anschauen möchte.

Vor dem Tor des kleinen Ashrams spürte ich in und um mich herum eine gewaltige Energie, so etwas hatte ich noch nie erlebt. Eigenartig, dachte ich. Am Tor begrüßte mich freundlich ein kleiner Mann, er war der Hüter des Ashrams. Er gefiel mir auf Anhieb, er war mir sehr sympathisch und hatte ein schelmisches Lachen. Ja, er kam mir vor wie Yoda (er sah auch wirklich ein wenig so aus), der Jedi-Meister aus den Filmen Krieg der Sterne. Als ich diese Filme zum ersten Mal sah, wollte ich immer so einen Meister haben wie Yoda, den Meister von Luke. Der lehrte ihn die Kontrolle der Energie der Macht zu benutzen, z. B. um mit den Gedanken große Felsen vom Boden zu heben. Da ich den Namen des Ashram-Hüters nicht aussprechen konnte, sagte ich einfach Yogi zu ihm. Er zeigte mir das letzte freie Zimmer im Ashram, zufälligerweise war es ein Zimmer, das man nur durch den Yogaraum erreichen konnte. Als er mir dann sagte, dass das Zimmer ungefähr 50 Rappen pro Nacht kostete, sagte ich sofort zu, na, das war ja wohl ein Schnäppchen. Da ich immer noch etwas Angst vor dem ganzen Sektenzeugs hatte, nahm ich mir vor, dort nur zu schlafen und tagsüber mit den Leuten im Swiss Cottage herumzuhängen. Daher verließ ich in den ersten Tagen jeden Morgen, nachdem die Gruppe mit dem Yoga fertig war, mein Zimmer, ich wollte sie ja nicht stören und wusste eigentlich auch nicht, was die Sektenbrüder da im Yogaraum machten.

Tagsüber bis spät in die Nacht war ich dann bei den Leuten im Swiss Cottage. Dort wohnte ein Schweizer mit Namen Pati und ein Deutscher, dem ich den Namen Hanuman gab. Wir kochten oft zusammen indisches Essen, aßen gemeinsam und philosophierten den ganzen Tag über Gott und die Welt. Abends saßen wir bis spät in die Nacht hinein am Lagerfeuer und philosophierten weiter. Irgendetwas in diesen Gesprächen muss mich geweckt haben. Plötzlich euphorisch geworden, nahm ich alles auf wie ein völlig ausgetrockneter Schwamm. Immer tiefer gingen unsere Gespräche, immer mehr Themen kamen auf. Was ist der Sinn des Lebens? Was machen wir hier? Was kommt nach dem Tod? Und so weiter und so fort.

Eines Abends fragte mich dann ein spanisches Pärchen, ob ich am kommenden Morgen im Ashram mit zum Yoga kommen möchte, sie gingen seit einiger Zeit dorthin und es gefalle ihnen sehr gut. Yoga, dieses Sektenzeug? Ich war noch skeptisch, fand aber, dass sie ganz vernünftige Leute waren und ich doch keine Angst haben müsste, mit ihnen zu gehen.

Also sagte ich zu und am Morgen danach trat ich früh aus meinem Schlafzimmer direkt in den Yogaraum, um mitzumachen. Yogi gab das Yoga. Ich setzte mich und versuchte, die vorgegebenen Übungen zu machen. Alle anderen konnten es recht gut, nur ich fühlte mich wie eingerostet und konnte nicht einmal meine Zehen berühren. Vermutlich hatte ich wohl die letzten Jahre zu viel Zeit auf dem Sofa verbracht. Nach dem Yoga fühlte ich mich sehr gut, so, als ob ich Bäume ausreißen könnte. Ich beschloss daher, ab jetzt jeden Tag zum Yoga zu gehen, um mich zu entrosten, und erst danach mit Pati und Hanumann weiter zu philosophieren über das Leben und den Tod, über Gott und die Welt.

Eines Morgens blieb ich nach dem Yoga noch länger im Ashram und Yogi saß neben mir. Einer der Schüler hatte mir erzählt, das Yogi auch Handlesen könne, daher streckte ich ihm spontan meine Hand zu. Er schaute meine Linien an und erzählte mir dann einiges über mein Leben. Es war sehr spannend, was dieser kleine unscheinbare Mensch alles über mich wusste, nur dadurch, dass er sich meine Hand ansah. Er zeigte mir ein M in meiner Hand und sagte, das wäre ein magisches M. Ich fand das alles sehr spannend, wusste aber nicht, was das bedeutet und nahm daher spontan seine Hand und sah das gleiche M bei ihm. Plötzlich flossen aus meinem Mund die Worte: »O, you are my master« (oh, du bist mein Meister). Sogleich antwortete er: »Yes, I am and I give you your spiritual name.« (Ja, das bin ich und ich gebe dir deinen spirituellen Namen.) Ich hatte den Eindruck, als ob er das schon seit dem ersten Tag meiner Ankunft gewusst hätte und so lange geduldig gewartet hatte, bis ich ihn zu meinem Meister erkor. Nun hatte ich einen Meister (Yoda, meinen Jedi-Meister), wusste aber eigentlich noch gar nicht wofür.

In der kommenden Nacht wachte ich plötzlich halb auf und halb im Schlaf tanzten große farbige Mandalas vor meinen Augen, beschrieben mit Sanskritwörtern (Kraftbilder mit Inschriften indischer Yogis), das dauerte etwa eine Stunde und danach schlief ich wieder ein. Am nächsten Morgen konnte ich mich an keines der Bilder erinnern oder es verstehen, aber es kam mir wie eine Einweihung vor, nur in und für was? Ich entschloss mich dann, mit dem Meditieren anzufangen, obwohl ich keine Ahnung hatte, wie das geht. Ich setzte mich einfach abends hin und dachte über Themen wie Freunde und Freundinnen, Lehrer, Verwandte, Erlebnisse usw. nach, schaute mir in Gedanken alles an, was war positiv, was konnte ich davon mitnehmen, und was war negativ und was konnte ich davon verzeihen und loslassen. Nach jedem Thema atmete ich tief ein und aus und es fühlte sich jedes Mal so an, als würde Ballast abgeworfen; mehr oder weniger Ballast je nach Thema. Ich nahm mir vor, sobald ich diese Themen abgeschlossen hätte, würde ich zum Abschluss ein heiliges Bad zur spirituellen Reinigung im Ganges nehmen.

Naga Babas und Yogis

Innerhalb der Kumbh Mela badeten an astrologisch bestimmten Tagen Hunderttausende oder Millionen Pilger im Heiligen Fluss Ganges. Heute war wieder so ein Tag und ich beschloss, nach Haridwar zu fahren, das circa 24 Kilometer von Rishikesh entfernt liegt. In Haridwar angekommen, lief ich lange durch die Straßen und nahm die verschiedensten Eindrücke von Pilgern auf. Da kamen ganze Familien in ihren schönsten Kleidern bis hin zu Bettlern, Familien mit Kranken, einige im Rollstuhl oder auf Liegen, ganz alte Leuten saßen auch auf dem Boden und das alles auf engstem Raum.

Auf einmal fühlte ich eine gewaltige Energie in mir und ich begann zu laufen, so viel Power auf einmal hatte ich noch nie gespürt. Ich lief parallel zu einer abgesperrten Zone, die mit einem Zaun und Tausenden von Polizisten vom normalen Publikum abgesperrt war. Plötzlich sah ich sie zu Tausenden: die Naga Babas (das heißt: mit nichts als einem Lendenschurz und heiliger Asche bekleidete Sadhus, heilige indische Mönche, die während der ganzen Kumbh Mela zugegen sind und aus den entlegensten Orten Indiens zusammenkommen), die Meister und Yogis, die zum Teil seit Jahrzehnten nicht aus ihren Höhlen oder aus dem Himalaya gekommen waren. Die seit Jahrzehnten am Meditieren waren, abgeschieden von allen Menschen und der Zivilisation, manche wie Tiere, manche ganz edel aussehend, doch ein Leuchten ging von ihnen allen aus. Einige hatten Rastahaare bis zum Boden, manche hatten zur Feier des speziellen Baderituals im Ganges die Haare geschnitten. Sie alle kamen, ohne dass man sie gerufen hätte, sie waren nur einem inneren Ruf gefolgt, an diesem Tag ihre Höhlen zu verlassen, um zu baden und sich spirituell zu reinigen, um danach wieder zurückzukehren. Das war ein wahnsinniges Erlebnis und ein gewaltiges Energiebeben in mir.

Manche Yogis waren absichtlich verkrüppelt, um symbolisch das Leid der Menschheit und der Erde zu tragen und manche aus anderen spirituellen Gründen. Wieder andere hatten ein Bein hochgebunden, und dies seit Jahrzehnten. Ich dachte noch, wie kann man sich so etwas antun und warum? Einige, so schien es, liefen gar nicht mehr auf dem Boden, sondern schwebten leicht darüber. Es gab alles, was man sich nur vorstellen kann, und auch was jenseits jeder Vorstellung ist. Doch da waren sie. Yogis mit unermesslichen Kräften und speziellen Fähigkeiten, den Siddhi (Fähigkeiten wie, sich an anderen Orten zu materialisieren, an verschiedenen Orten gleichzeitig zu sein, übers Wasser zu laufen, Knochenbrüche und unheilbare Krankheiten durch eine Berührung zu heilen und vieles Unglaubliche mehr). Da würden wir im Westen von Wundern sprechen und von Dingen, die unmöglich sind. Ich sage euch, diese Kräfte gibt es wirklich, auch wenn ich das damals noch nicht glauben konnte. Der Zug der Yogis hatte mich so in den Bann gezogen, ich war wie hypnotisiert, setzte mich nieder und schaute stundenlang zu, mich faszinierte dieser Anblick.

Am Abend fuhr ich, überflutet von Eindrücken, zurück nach Rishikesh in meinen kleinen Ashram, um alles Erlebte und Erfahrene zu verdauen. Die Eindrücke waren gigantisch für mich. So vieles, von dem ich geglaubt hatte, dass es nicht möglich sei, hatte ich heute gesehen und erlebt. Das Erlebte setzte wiederum eine gigantische Transformation bei mir in Gang. Es zerstörte mein bisheriges Bild vom Leben und der Welt. Es war sehr intensiv und gleichzeitig auch sehr sanft und liebevoll, trotzdem musste ich es erst einmal verarbeiten.

Versöhnung mit meiner Familie

Ich war nun bald einen Monat in Rishikesh und Ostern stand vor der Tür. Ich ging weiterhin morgens zu Yogi ins Yoga, tagsüber zum Philosophieren ins Swiss Cottage und abends vor dem Schlafen meditierte ich. Es kam der Gründonnerstag, ich meditierte über meine Mutter und versöhnte mich wie immer am Ende der Meditation mit ihr. Danach schlief ich ein. Am nächsten Morgen wachte ich auf und machte einen Spaziergang. Gegen Mittag überkam es mich dann, mir wurde schlecht und ich bekam Fieber. Irgendetwas musste raus und wurde innerlich verbrannt und aufgelöst. Am Abend ging es mir schon ein wenig besser und ich konnte im Bett über meinen Vater meditieren. Da hatte sich so einiges bei mir angestaut, da unser Verhältnis nicht immer das Beste war, eigentlich ganz normal bei einem pubertierenden Jungen, dass es da nicht einfach ist zwischen Vater und Sohn, aber ich konnte auch da viel loslassen.

Am nächsten Morgen erwachte ich wiederum ganz frisch, jedoch holte mich auch an diesem Tag die Meditation des Vorabends ein und ich bekam wieder hohes Fieber, so hoch, dass ich am Abend kaum im Sitzen meditieren konnte. Während ich also im Schneidersitz dasaß, kippte ich immer wieder seitlich auf meine Rippen. Ich meditierte an dem Abend über Gott, ihn hatte ich bisher vergessen. In der Schule hatte ich noch öfter an ihn gedacht, auch war er mir über die spannenden Geschichten von Jesus immer sehr nahe gewesen. Danach kamen die Zeiten, in denen die Mädchen und der Ausgang viel wichtiger wurden, sodass ich ihn nach und nach vergessen hatte. Auch mit ihm machte ich zum Schluss mein Versöhnungsritual, danach schlief ich ein.

In der Nacht erwachte ich mit den schlimmsten Bauchkrämpfen, die ich je hatte, und das über Stunden. Mein Körper litt Höllenquallen, doch innerlich fühlte ich mich immer freier und unberührter gegenüber meinem Körper. Ich spürte ihn zwar, merkte jedoch ganz genau, dass mein Wesen und der Körper nicht dasselbe sind, sondern dass ich in diesem Körper wohne, aber ansonsten vollkommen losgelöst von ihm bin.

Meine Freunde aus dem Swiss Cottage hörten von meinem Leid, machten sich Sorgen und kamen vorbei. Als sie mich sahen, wollten sie mich sofort ins Spital bringen, aber ich beruhigte sie und konnte sie davon überzeugen, dass dieser Zustand bald vorbei sein würde, das fühlte ich ganz stark. Hier ist anzufügen, dass sich in mir in diesem Monat in Indien sehr viel getan hatte. Ich war am Erwachen aus dem langen Schlaf der Unbewusstheit und der Illusionen. Meine Intuition erwachte, meine Hellsichtigkeit, mein Hellfühlen und auch mein Hellhören wurden langsam geweckt. Es war alles also vollkommen natürlich.

Es war Ostersonntag und am Ostermontag gab es wieder einen astrologisch vorbestimmten spirituellen Badetag mit rituellen Waschungen bei der Kumbh Mela. Dorthin