ROUTINE FÜR KREATIVE:
Wie du sie findest und dabei deinen kreativen Geist schärfst
POTENTIAL FÜR KREATIVE:
Wie du Risiken mutig eingehst und eine bemerkenswerte Karriere machst
WIRKUNG FÜR KREATIVE:
Wie du sie stärkst und Bedeutung auf dem Markt gewinnst
WIE DU SIE FINDEST UND DABEI DEINEN KREATIVEN GEIST SCHÄRFST
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Alle in diesem Buch beschriebenen Personen und Ereignisse sind fiktiv.
Jede Ähnlichkeit zu lebenden oder toten realen Personen ist rein zufällig und vom Autor nicht beabsichtigt.
Text copyright © 2013 by Behance
„Awakening to Conscious Computing“ copyright © 2013 by Linda Stone
„Scheduling in Time for Creative Thinking“ copyright © 2013 by Cal Newport
Alle Rechte vorbehalten.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.
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IMPRESSUM:
Übersetzung: Klaus Gröner
Gestaltung/Layout Titel: Detlef Chen - Frischware.net
Gestaltung/Satz Innenteil: Nadine Leutsch - wayan-design.de
Lektorat: Vanessa Cher Zimmerer
'Blyss' ist eine Marke der Omondi UG
Copyright 2017 der deutschsprachigen Ausgabe by Blyss Verlag,
Erlangen in der Omondi UG, Faust-von-Stromberg-Str. 15, 91056 Erlangen
Printed in Germany
www.blyss.press
„Deutsche Erstausgabe © Blyss Verlag“
www.blyss.press
Erhältlich als:
Buch - ISBN: 978-3-96154-077-8
eBook - ISBN: 978-3-96154-021-1
Hörbuch (DL) - ISBN: 978-3-96154-007-5
Hörbuch (MP3-CD) - ISBN: 978-3-96154-063-1
FÜR DIE SCHÖPFERISCH TÄTIGEN
Die Welt der Kreativen hat sich viel zu lang auf die Entwicklung von Ideen konzentriert – zulasten deren Verwirklichung. Doch wie schon der legendäre Erfinder Thomas Edison in seinem berühmten Ausspruch sagte: „Erfinden ist 1 Prozent Inspiration und 99 Prozent Transpiration.“ Um große Ideen umzusetzen, müssen wir tagtäglich handeln, ausprobieren, scheitern, verbessern und lernen an Herausforderungen zu wachsen.
99U ist Behances Versuch, diesen „fehlenden Lehrplan“ zur Umsetzung von Ideen zu liefern. Über unsere mit dem Webby Award ausgezeichnete Website, öffentlich zugängliche Veranstaltungen und Bestsellerbücher teilen wir die pragmatischen, handlungsorientierten Erkenntnisse führender Forscher und visionärer Kreativer.
Mit 99U wollen wir dir keine zusätzlichen Ideen vermitteln – wir wollen dich dazu befähigen, deine bereits vorhandenen zu verwirklichen.
Die Welt, in der wir heutzutage arbeiten, ist nicht die Welt von Michelangelo, Marie Curie oder Ernest Hemingway, nicht einmal die von Paul Rand. Sie ist eine neue Welt, angetrieben und ruhelos von der immer rasanteren Einführung neuer Technologien – eine Welt in der die metaphysische Eingangstür stets geöffnet ist und jeder einem etwas einflüstern kann. „Ein Zimmer für sich allein“ heißt nicht mehr, dass man ganz allein ist.
Kreative Köpfe reagieren äußerst feinfühlig auf das Summen und Surren ihrer Umwelt. Wir kämpfen gegenwärtig zu allen Tages- und Nachtzeiten mit einer ununterbrochenen Flut an Gezwitscher, Geklingel und Warnhinweisen. Da uns all diese dringenden Anforderungen ständig in wechselnde Richtungen zerren, wird es zunehmend schwieriger, den nötigen Freiraum für Kreativität zu finden.
Auf der Basis dieser herausfordernden neuen Gegebenheiten sammelt 99U in Routine für Kreative Erkenntnisse rund um die vier Kernkompetenzen, über die man verfügen sollte, um erfolgreich zu sein:
1. Aufbau einer felsenfesten Alltagsroutine,
2. Beherrschung der Arbeitsmittel (bevor sie dich beherrschen),
3. Konzentration in einer Welt voller Ablenkungen und
4. Schärfung des kreativen Geistes.
Jedem dieser vier Kernbereiche ist ein Kapitel gewidmet. Hierzu haben wir einige erfahrene Meinungsführer und Kreative eingeladen, ihr Wissen mit uns zu teilen – Seth Godin, Stefan Sagmeister, Tony Schwartz, Gretchen Rubin, Dan Ariely, Linda Stone, Steven Pressfield und andere –. Unser Ziel war es, die Probleme und Herausforderungen der neuen Arbeitswelt aus so vielen Blickwinkeln wie möglich zu beleuchten.
Da jeder von uns über seine ganz eigene Kombination aus Stärken, Schwächen und Gespür verfügt, lässt sich kein einzelner Ansatz verordnen, der für jeden passt. Die genau für dich richtige Lösung wird immer eine persönliche sein – eine spezifische Kombination von Strategien, die auf deinen eigenen Arbeitsanforderungen, deinen Gewohnheiten und deinen Vorlieben basiert.
Anstatt ein universal gültiges Produktivitätssystem zu präsentieren, stellen wir also eine Auswahl der besten Methoden bereit, mit denen sich tolle Arbeit leisten lässt. Wir hoffen, dass dir diese gesammelten Erkenntnisse helfen, deine Denkweise umzustellen, deine Arbeitsabläufe neu zu justieren und mehr fantastische Ideen umzusetzen.
– Jocelyn K. Glei, Chefredakteurin, 99U
VORWORT: UMRÜSTUNG FÜR EIN NEUES ZEITALTER DER ARBEIT
Scott Belsky, Gründer von Behance
EINE FELSENFESTE ROUTINE AUFBAUEN
DAS FUNDAMENT FÜR EINE EFFEKTIVE ROUTINE LEGEN
Mark McGuinness
DIE MACHT DER HÄUFIGKEIT NUTZEN
Gretchen Rubin
DEINE KREATIVEN METHODEN VERFEINERN
Fragen & Antworten mit Seth Godin
ERNEUERUNGEN IN DEINEN ARBEITSTAG EINBAUEN
Tony Schwartz
RAUM FÜRS ALLEINSEIN SCHAFFEN
Leo Babauta
KONZENTRATION IN EINER WELT VOLLER ABLENKUNG FINDEN
ZEIT FÜR KREATIVES DENKEN EINPLANEN
Cal Newport
MULTITASKING AUS UNSEREM REPERTOIRE STREICHEN
Christian Jarrett
UNSERE ZWÄNGE VERSTEHEN
Fragen & Antworten mit Dan Ariely
LERNEN, INMITTEN DES CHAOS KREATIV ZU SEIN
Erin Rooney Doland
AUF DICH SELBST EINSTELLEN
Scott Belsky
DEINE ARBEITSMITTEL BEHERRSCHEN
E-MAILS BEDEUTUNG VERLEIHEN
Aaron Dignan
SOZIALE MEDIEN AUFMERKSAM NUTZEN
Lori Deschene
NOCH MAL ÜBER DAUERVERNETZUNG NACHDENKEN
Fragen & Antworten mit Tiffany Shlain
ERWACHEN ZU EINER BEWUSSTEN COMPUTERNUTZUNG
Linda Stone
UNSERE SELBSTACHTUNG WIEDEREINFORDERN
James Victore
DEINEN KREATIVEN GEIST SCHÄRFEN
FÜR DICH UND NUR FÜR DICH ERSCHAFFEN
Todd Henry
DEINEN GEIST TRAINIEREN, UM SICH FÜR NEUE ERKENNTNISSE BEREITZUMACHEN
Scott McDowell
DEINEN GEIST ZUR KREATIVITÄT ÜBERLISTEN
Fragen & Antworten mit Stefan Sagmeister
SICH VOM PERFEKTIONISMUS VERABSCHIEDEN
Elizabeth Grace Saunders
SICH LÖSEN
Mark McGuinness
AUSKLANG: EIN AUFRUF ZUM HANDELN
WIE PROFESSIONELL KANNST DU WERDEN?
Steven Pressfield
DANKSAGUNG
ÜBER 99U
ÜBER DIE HERAUSGEBERIN
ANMERKUNGEN
INDEX
BEREITE DICH AUF EINE HOCHKONZENTRIERTE DOSIS AN ERKENNTNISSEN VOR, DIE SICH ALS ERHELLEND UND ZUGLEICH ALS UNBEQUEM ERWEISEN WERDEN. DAS WAR JEDENFALLS LETZTLICH MEINE EIGENE ERFAHRUNG. DIE VORABPRÜFUNG DES MANUSKRIPTS ZU ROUTINE FÜR KREATIVE WECKTE IN MIR GRAVIERENDE BEDENKEN HINSICHTLICH MEINER PRODUKTIVITÄT UND MEINER AUFMERKSAMKEIT.
Diese neuen Gesichtspunkte trafen mich gänzlich unvorbereitet – ich musste erkennen, dass ein Großteil meiner wertvollen Energie unbewusst von schlechten Angewohnheiten aufgezehrt wurde. Meine Alltagsgepflogenheiten hatten mich an einen Punkt gebracht, an dem ich komplett meiner Umwelt ausgeliefert war – und nicht mehr meinen Zielen und eigentlichen Wünschen.
Ganz offensichtlich war es mehr als überfällig, dass ich in einer sich rasant verändernden Arbeitsumgebung mein Zeit-Management auf den Prüfstand stellte. Allein in den letzten paar Jahren hatte sich so viel verändert: Mein Kalender und meine Dokumente befinden sich jetzt alle in der Cloud. Ich verfüge über mehr Geräte, Apps, Warnhinweise und Hilfsprogramme als je zuvor. Und mit der neuen Möglichkeit, überall zu arbeiten, hat sich unbeabsichtigt auch das Ergebnis meiner Arbeit verändert. Ich habe im größten Trubel hart gearbeitet, aber niemals Bilanz gezogen. Wenn du ohne jegliche Auszeit immer weiterspielst, entgleitet dir das Spiel.
Natürlich muss sich jeder große Anführer seinen Dämonen stellen, um sie bezwingen zu können. Das war mir schon immer klar, aber ich war mir der unmittelbaren Problematik nicht bewusst. Denn die Dämonen sind heutzutage heimtückischer. Sie stecken in alltäglichen Störungen, in kleinen Dingen, die uns die Fähigkeit rauben, Großes zu vollbringen.
Ich habe einen Großteil meiner Karriere damit zugebracht, mich in der Kreativindustrie für starke Geschäftsmethoden einzusetzen. Während meiner Reisen für Behance und der Recherche für mein Buch Making Ideas Happen habe ich mit unzähligen Kreativköpfen und Kreativteams über ihre Projekte und Karrieren gesprochen. Zusammen mit Entwicklern, Autoren und Unternehmern aller Art habe ich mich für die Arbeitsweise des tatkräftigen Anpackens einzusetzen versucht sowie für die Managementfähigkeiten, derer es zur Realisierung von Ideen bedarf. Mein Mantra lautete immer: „Es geht nicht um Ideen, es geht darum, sie umzusetzen.“
Ich werde auf Konferenzen und in Firmen oft gebeten, über „Kreativität“ zu sprechen. Ich reagiere darauf immer mit der Einleitungsfrage: „Haben Sie Ideen?“ Die Antwort darauf lautet in fast allen Fällen: „Ja, aber …“, gefolgt von einer ganzen Reihe von Hindernissen, wie zum Beispiel: „… wir arbeiten in einer großen Firma und da ist es schwer, neue Ideen zu verfolgen“, „… wir werden mit Alltagskram zugeschüttet und kommen kaum dazu, uns um etwas Neues zu kümmern“ oder „… unsere Führungsspitze fordert zwar Innovationen ein, steht uns dann aber immer im Weg“.
Wenn die Leute über Kreativität sprechen wollen, suchen sie in Wirklichkeit immer nur Hilfe bei der Umsetzung. Sie suchen Mittel und Wege, effizienter zu handeln. Wenn das eigentliche Problem erst einmal klar wird, wird die Schuld immer schnell dem eigenen Umfeld zugeschrieben. Die Firma ist entweder zu groß oder zu klein. Das Management vermasselt alles. Oder die „Arbeitsabläufe“ stehen im Weg.
Es wird Zeit, dass wir aufhören, das Umfeld verantwortlich zu machen, und dass wir anfangen, die Verantwortung selbst zu übernehmen. Natürlich ist kein Arbeitsplatz perfekt, aber die schwierigsten Herausforderungen sind viel grundlegender und persönlicher. Unsere individuellen Vorgehensweisen bestimmen letztlich, was wir tun und wie gut wir es tun. Es sind insbesondere drei Faktoren, die unsere Fähigkeit bestimmen, Ideen umzusetzen: unsere Routine (oder der Mangel daran); unsere Neigung, proaktiv statt reaktiv zu arbeiten; und unser Talent, unsere Arbeitsgewohnheiten im Laufe der Zeit zu optimieren.
Ich frage große Teams oft, wann sie zuletzt ein Meeting hatten, in dem sie ihre Arbeitsabläufe besprochen haben. Neben der gelegentlichen Erwähnung eines jährlichen inoffiziellen Treffens höre ich normalerweise – nichts. Warum? Weil alle viel zu beschäftigt mit irgendetwas sind. Kurz innezuhalten hilft ein bisschen was daran zu ändern, wie irgendetwas getan wird. Ich habe noch nie einen Mannschaftssport gesehen, bei dem nicht die Köpfe zusammengesteckt werden. Wir aber arbeiten Monate – wenn nicht gar Jahre – mit unseren Kunden und Kollegen so vor uns hin, ohne einmal einen Schritt zurückzugehen, Bilanz zu ziehen und unsere Methoden zu verbessern.
Als Individuen sind wir sogar noch schlimmer dran. Wir haben niemals inoffizielle Treffen mit uns selbst. Nur selten unterbrechen wir das, was wir tun, um darüber nachzudenken, wie wir es tun. Und es auch nachzubessern. Das größte Problem an allen Routinen ist, dass man sie nicht bemerkt. Schlechte Gewohnheiten schleichen sich ein, weil wir uns natürlich an die Veränderungen der Arbeitswelt anpassen. Am Schluss ist unsere Arbeit aber schutzlos unserem Umfeld ausgeliefert.
Das größte Problem stellen heutzutage „rückschrittliche Arbeitsabläufe“ dar. Wir haben begonnen, in unserem Leben die vielen Posteingänge um uns herum abzuarbeiten. Wir versuchen, uns irgendwie über Wasser zu halten, indem wir auf die neuesten Sachen reagieren und antworten: E-Mails, Textnachrichten, Tweets und so weiter.
Durch unsere permanente Vernetzung untereinander sind wir zunehmend reaktiv auf die eingehenden Dinge geworden. Wir senden jedoch nicht proaktiv aus, was uns am wichtigsten ist. Informiert und vernetzt sein wird dann zum Nachteil, wenn diese Flut den Raum zum Denken und Handeln verdrängt.
Wie man in den folgenden Ausführungen sehen wird, haben die Erleichterungen und modernen Wunderdinge der Arbeit durchaus ihren Preis. Um im neuen Zeitalter der Arbeit Erfolg zu haben, müssen wir die Normen und sogenannten Effizienzen hinterfragen, die sich in unseren Alltag gedrängt haben.
Wir müssen unsere Arbeitsabläufe komplett überdenken. Paradoxerweise trägt man sowohl das Problem als auch die Lösung seiner tagtäglichen Herausforderungen in sich. Ganz egal, wo man arbeitet oder welch schrecklich hierarchisches System einem die Arbeit vermiest, dein Kopf und deine Kraft sind deine – und nur deine. Du kannst deinen Alltag und das Potenzial deiner Arbeit den Belastungen deiner Umwelt unterordnen. Oder du kannst deine Arbeitsmethoden auf den Prüfstand stellen und sie eigenverantwortlich korrigieren.
Dieses Buch liefert viele tiefe Einsichten in die Optimierung deiner Alltagsrhythmen. Wahrscheinlich findest du heraus, dass deine Arbeitsgewohnheiten eher dazu tendieren, die Bedürfnisse deiner Umwelt zu befriedigen, anstatt deinen Wünschen zu entsprechen. Nutze dieses Buch als eine Gelegenheit zur Neubewertung. Gönn dir eine Pause in deinem unablässigen Tun und denke darüber nach, wie du das tust, was du tust.
Nur wenn du das Kommando über deinen Alltag übernimmst, kannst du das beeinflussen, was dir am wichtigsten ist. Ich kann nur dringend empfehlen, eine bessere Routine zu entwickeln, indem du aus ihr ausbrichst. Orientierung findest du, indem du dich über die Dauerkakophonie erhebst und deine kreative Kompetenz schärfst. Hinterfrage, was wirklich zählt, wenn es darum geht, Ideen in die Tat umzusetzen.
WIE MAN SEINER TÄGLICHEN ARBEIT STRUKTUR, RHYTHMUS UND EINEN SINN GIBT
WOODY ALLEN SAGTE EINMAL, DASS DABEI SEIN 80 PROZENT DES ERFOLGS AUSMACHT. ALS JEMAND, DER ALS AUTOR UND REGISSEUR FÜNFZIG FILME IN FAST EBENSO VIELEN JAHREN VORWEISEN KANN, WEISS ALLEN EINDEUTIG ETWAS ÜBER DIESE LEISTUNG. WIE, WANN UND WO MAN DABEI IST, IST DER WICHTIGSTE EINZELFAKTOR BEI DER UMSETZUNG VON IDEEN.
Das ist der Grund, warum so viele kreative Visionäre an ihren täglichen Routinen hängen. Die Choreografin Twyla Tharp steht jeden Tag bei Morgengrauen auf und ruft sich ein Taxi, um ins Fitnessstudio zu fahren – ein Ritual, das sie als ihren „Triggermoment“ bezeichnet. Der Maler Ross Bleckner liest die Zeitung, meditiert und geht dann um acht Uhr morgens in sein Atelier, um in der friedlichen Ruhe des frühen Morgens arbeiten zu können. Der Schriftsteller Ernest Hemingway schrieb jeden Tag fünfhundert Wörter, komme, was da wolle.
Wahrhaft große kreative Errungenschaften erfordern hunderte, wenn nicht tausende Arbeitsstunden. Wir müssen diesen Stunden tagtäglich Raum geben. Routinen helfen uns dabei, indem sie uns sagen, wie viel verfügbare Zeit wir zu erwarten haben. Sie stimmen unseren Workflow auf unsere Energielevel ab und sie versetzen unseren Geist in einen vertrauten Schaffensrhythmus.
Am Ende des Tages – und das heißt letztlich, von Anfang an – geht es bei der Entwicklung von Routinen um Beharrlichkeit und Konsequenz. Warte nicht auf die Inspiration, gib ihr einen Rahmen.
WENN MAN IN SEINEM LEBEN ETWAS SINNVOLLES ERSCHAFFEN WILL, MUSS MAN ZWISCHEN DEN ANFORDERUNGEN DER WELT UND DEN EIGENEN ZIELEN EINEN TRENNSTRICH ZIEHEN. JA, WIR ALLE MÜSSEN UNSERE RECHNUNGEN BEZAHLEN UND UNSERE VERPFLICHTUNGEN ERFÜLLEN. ABER FÜR DIE MEISTEN VON UNS EXISTIERT IN UNSEREN LEBEN EINE GROSSE GRAUZONE ZWISCHEN DEM, WAS MAN MUSS, UND DEM, WAS MAN WILL. WENN MAN NICHT AUFPASST, WIRD DIESE GRAUZONE MIT E-MAILS, MEETINGS UND DEN WÜNSCHEN ANDERER ZUGESCHÜTTET, SODASS KEIN PLATZ MEHR FÜR DIE ARBEIT BLEIBT, DIE DU SELBST ALS WICHTIG ERACHTEST.
Ein großartiger Roman, ein atemberaubendes Design, eine bahnbrechende Software, eine revolutionäre Firma – Errungenschaften wie diese erfordern Zeit, Verstand, Geschicklichkeit und Beharrlichkeit. Leider kommen einem diese Bemühungen niemals so wichtig vor wie die vier E-Mails vom Kunden X oder vom Kollegen Y, die allein in der letzten halben Stunde reinkamen. Bestimmt könnten diese E-Mails ein paar Stunden, wenn nicht gar Tage warten.
Niemand mag das Gefühl, dass ein anderer – ungeduldig – auf Antwort wartet. Zu Tagesbeginn sieht man sich dem überquellenden Postfach, einer Reihe von Nachrichten auf dem Anrufbeantworter und der Liste mit den nächsten Schritten aus dem letzten Meeting gegenüber. Die Versuchung ist groß, erst einmal „den Schreibtisch freizukriegen“, bevor man sich an seine eigentliche Arbeit macht. Wenn man erst mal auf dem aktuellen Stand ist, so sagt man sich, ist es viel einfacher, sich zu konzentrieren.
Das Problem bei dieser Einstellung ist, dass man den wichtigsten Teil des Tages den Prioritäten anderer Leute widmet. Bis man dann dazu kommt, mit seiner eigenen Arbeit anzufangen, könnte es schon Nachmittag sein. Die Energien schwinden und das Denken verlangsamt sich.
„Na ja, vielleicht wird’s ja morgen besser“, sagt man sich.
Doch morgen lauern schon neue E-Mails, Telefonnachrichten und Punkte auf der To-do-Liste. Wenn man so weitermacht, verbringt man den Großteil seiner Zeit mit reaktiver Arbeit, indem man die hereinkommenden Bedürfnisse und Fragen anderer Leute versorgt. Und so wird man niemals etwas wirklich Wertvolles erschaffen.
Die einzig wirklich wichtige Veränderung in täglichen Arbeitsgewohnheiten ist folgende Regel: „erst die Kreativarbeit, dann die Reaktivarbeit“. Das heißt, sich jeden Tag einen großen Brocken Zeit für die priorisierte kreative Arbeit abzuzwacken – ohne Telefonate und E-Mails.
Ich war einmal ein frustrierter Autor. Doch dieser Übergang zur Regel machte mich zu einem produktiven Autor. Heutzutage beginne ich meinen Arbeitstag mit mehreren Stunden Schreiben. Ich lege keine Meetings auf den Vormittag, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Was auch immer sonst passiert, kann ich so meine wichtigste Arbeit erledigen – und rückwirkend betrachtet waren alle meine größten Erfolge ein Ergebnis dieser einfachen kleinen Veränderung.
Es gab noch keinen einzigen Tag, an dem nicht eine Reihe von Leuten auf eine Rückmeldung von mir gewartet hätten. Trotzdem setzte ich mich hin, um einen Artikel, einen Blogpost oder ein Buchkapitel zu schreiben.
Das war noch nie einfach und ist es bis heute nicht, besonders wenn Telefonnachrichten mit den Worten beginnen: „Ich habe Ihnen schon vor zwei Stunden eine E-Mail geschrieben …!“
Qua Definition steht diese Einstellung dem Kern der Erwartungen anderer entgegen. Und dem Druck, den sie einem auferlegen. Es bedarf großer Willenskraft, die Welt auch nur für eine Stunde auszublenden. Man fühlt sich unwohl dabei und manchmal werden Leute sauer. Aber lieber enttäuscht man ein paar Leute mit Kleinigkeiten, als dass man seine Träume zugunsten eines leeren Postfachs aufgibt. Denn sonst opfert man sein Potenzial der Illusion von Professionalität.
Klar, es ist ja schön und gut zu sagen, ich bleib standhaft und ignoriere die lästigen Anfragen, aber wie schafft man das jeden Tag?
Beginne im Rhythmus deiner Energielevel. Bestimmte Tageszeiten sind aufgrund des Tagesrhythmus von Eifer und geistiger Wachsamkeit besonders für konzentrierte Kreativität geeignet. Achte darauf, wann am Tag du offenbar die meiste Energie hast, und widme dich in diesen wertvollen Phasen deiner wichtigsten Kreativarbeit. Leg niemals ein Meeting in diese Zeit, wenn irgendwie möglich. Und verschwende nichts davon für administrative Tätigkeiten!
Verwende Kreativitätsauslöser. Verwende dieselben Werkzeuge, dieselbe Umgebung, sogar dieselbe Hintergrundmusik, um sie zu assoziativen Auslösern zu machen. Sie helfen, dich in deine Kreativzone zu führen. So funktioniert das bei Stephen King: