Christina Grahn-Hommelsheim
und Walter Hommelsheim

Täglich
neu
verliebt

Christina Grahn-Hommelsheim
und Walter Hommelsheim

TÄGLICH
NEU
VERLIEBT

33 Chancen
für eine erfüllte Partnerschaft

Vorwort

von Dr. Stefan Frädrich

Wie viele Beziehungen beginnen romantisch, liebe-, kraft- und hoffnungsvoll und enden in Missverständnissen, Verletztheit, Streit, Kälte, Hass und Trennung? Oder noch schlimmer: in Langeweile, tapferem Ertragen, stillem Leid, gefühlter Hilflosigkeit und innerer Opferhaltung? Keine Frage: Die Sache mit den Beziehungen kann sehr, sehr schön sein. Aber eben auch sehr, sehr hässlich.

Mancher denkt dann vielleicht: Wehret den Anfängen! Aber woran merkt man, wenn die Beziehung abdriftet? Gilt es tatsächlich, auf die vielen kleinen Zeichen aufzupassen, zum Beispiel wenn man einander nicht mehr so verliebt anschaut oder sich manchmal nicht mehr viel zu sagen hat?

Der amerikanische Psychologe John Gottman hat vier Verhaltensweisen ausgemacht, die ziemlich gute Hinweise geben, ob eine Beziehung hält oder nicht. Dafür hat er Paare gefilmt, während sie miteinander redeten, und hinterher die Filme auf sogenannte „microexpressions“ untersucht. Das sind sehr kurze Gesichtsausdrücke, die wir kaum kontrollieren können und die daher ziemlich ehrlich Auskunft darüber geben, was wir wirklich denken. Gottman fand so seine berühmten „vier apokalyptischen Reiter“, die recht treffsicher das baldige Ende einer (Liebes-)Beziehung vorhersagen, vor allem wenn sie häufig und kombiniert auftreten:

1.) Kritik: Wer seinem Schatzi ständig in den Ohren liegt, was es gerade wieder falsch gemacht hat, braucht sich nicht zu wundern, wenn Schatzi irgendwann sagt: „Mir reicht es, ich bin dann mal weg.“

2.) Abwehr bzw. Verteidigung mit Rechtfertigung: Statt für prinzipiell gut gemeinte Hinweise des Partners offen zu sein und sich auch mal zu hinterfragen (man könnte schließlich etwas lernen), wird kategorisch abgeblockt: „Musst du immer so spät heimkommen?“ – „Nein, das mache ich freiwillig.“ Autsch.

3.) Blockade und Rückzug innerhalb der Beziehung: Wer dem anderen absichtlich im Weg steht, ihn ausbremst oder gemeinsamen Kontakt auf ein Minimum herunterfährt, macht sich der aktiven Sabotage schuldig.

4.) Verachtung und Geringschätzung: Wer sein Schatzi für etwas minderbemittelt hält, transportiert diese Haltung natürlich in der Alltagskommunikation ständig mit. Große Überraschung: Irgendwann merkt das Schatzi auch (da kann es noch so doof sein) – und zieht Konsequenzen …

Na, schon eine schmerzhafte Erkenntnis für dich dabei gewesen? Hoffentlich nicht. Und falls doch, keine Panik: Das Schöne an Beziehungen ist ja, dass man sie aktiv gestalten kann – und zwar auch positiv. Vorausgesetzt natürlich, man weiß, was Beziehungen überhaupt brauchen, um intakt zu bleiben oder gar immer besser zu werden. Um sich täglich neu zu verlieben.

Christina und Walter sind für mich hier große Vorbilder: Sie kennen die Geheimnisse gelingender Beziehungen nicht nur aus vielen Jahren professioneller Arbeit bei Paarcoachings, Seminaren und Beratungen – sie leben auch selbst, was sie vermitteln und erleben dadurch, was möglich ist! Vorausgesetzt man weiß nicht nur, was zu tun wäre, sondern tut auch, was man weiß.

Ich habe ihr wundervolles Buch mit großer Freude (und unzähligen Aha-Momenten!) gelesen und empfehle es aus tiefster Überzeugung. Christina und Walter zeigen tatsächlich, wie man sich täglich neu verliebt. Und sie vermitteln ihre Erkenntnisse und Prinzipien so einleuchtend und spielend einfach, dass ich überzeugt bin: Hier ist etwas für JEDE Beziehung dabei – von der Liebesbeziehung über den richtigen Umgang im Job bis hin zur politischen Koalition.

In diesem Sinne: Möge Christinas und Walters Werk eine Strahlkraft entwickeln, die allen Zank und Unfrieden, alles Gezicke und Gepolter dieser Welt für immer zerbröseln lässt!

Viel Spaß mit einem fantastischen Buch wünscht dir von ganzem Herzen

Dein
Dr. Stefan Frädrich

Inhaltsverzeichnis

INTRO

 01. Chance: Wo stehen wir gerade?

Kraftquellen im Alltag I

 02. Chance: Der ultimative Magnet: Dankbarkeit

 03. Chance: Einander wieder Zuhören – Herzzeit

 04. Chance: Inseln im Alltag

 05. Chance: Lasst Raum zwischen euch

Kompass ausrichten

 06. Chance: Wünsch dir was!

 07. Chance: Wie tickt dein Partner?

 08. Chance: Eine gemeinsame Vision finden

Kommunikation

 09. Chance: Verständlicher kommunizieren

 10. Chance: Klarheit schaffen – die Skala

 11. Chance: Das freundliche Nein

Konflikte im Alltag

 12. Chance: Raus aus der Sackgasse

 13. Chance: Das Leben nehmen, wie es ist

 14. Chance: Mein Partner, mein liebster Knöpfe-Drücker

 15. Chance: Mein Partner könnte Recht haben

 16. Chance: Was ist eigentlich wirklich los?

 17. Chance: Was tun, wenn der Kontakt abgebrochen ist?

 18. Chance: Eifersucht verstehen und heilen

 19. Chance: Vergleichen ist das Ende des Glücks

Selbstverantwortung

 20. Chance: Glaubenssätze verwandeln

 21. Chance: Bleib du selbst

Schatten der Vergangenheit

 22. Chance: Wiederkehrende Konflikte

 23. Chance: Sicherheitsabstand in der Partnerschaft

 24. Chance: Was ich dir noch nie erzählt habe

 25. Chance: Aus Fehlern lernen

Sexualität

 26. Chance: Frust im Bett

 27. Chance: Im eigenen Körper sein

 28. Chance: Langsamkeit als Schlüssel zur Ekstase

 29. Chance: Mein Partner möchte keinen Sex mehr

Kraftquellen im Alltag II

 30. Chance: Großzügigkeit mit den Macken des Anderen entwickeln

 31. Chance: Gemeinsame Schnittmenge entwickeln

 32. Chance: Die Freude fördern

 33. Chance: Anker werfen

INTRO

 

Glücklich und erfüllt in einer langjährigen, lebendigen Partnerschaft zu leben gehört zu den großen Wünschen der meisten Menschen. Doch die Wirklichkeit sieht bei vielen Paaren anders aus, wie wir in unsrer täglichen Arbeit als Paar-Coaches immer wieder erleben. Intime Beziehungen können die Quelle größten Glücks sein – und der Ort größter Herausforderungen.

Partnerschaft ist unser beider Lebensthema. Wir beide, Christina und Walter, haben in unseren früheren Beziehungen viel Gutes erlebt und viele Fehler gemacht – und wir haben daraus gelernt. Wir haben erkannt, dass wir Menschen Schöpfer sind und unser Leben maßgeblich miterschaffen. Inzwischen sind wir seit vielen Jahren zusammen und spüren trotzdem immer wieder Schmetterlinge im Bauch, wenn wir einander begegnen. Es gelingt uns, in einer Offenheit und tiefen Liebe miteinander zu leben, die wir uns früher nicht hätten träumen lassen. Und das nicht nur zu Sternstunden, sondern mit großer alltäglicher Zuverlässigkeit. Wir erleben uns (fast) täglich neu verliebt – in uns selbst, in einander, in das Leben.

In diesem Buch wollen wir dir erzählen, was uns dabei geholfen hat und weiterhin hilft. Wir wollen dich mitnehmen auf eine Reise zu dir selbst, in all die Möglichkeiten deiner Beziehung zu dir selbst und zu deinem/deiner Liebsten. Wir möchten dich ermutigen, dich für die Möglichkeit zu öffnen, dass Paare ein Leben lang glücklich und beschwingt miteinander leben können, auch wenn das Leben Herausforderungen bringt. Geht es nicht genau darum im Leben: Zu lernen, auf den Wellen des Lebens zu surfen, und es nicht zu ernst zu nehmen, wenn es mal nicht so ganz gelingt?

Auch wir beide erleben immer wieder Höhen und Tiefen, sowohl in unserer Beziehung zu uns selbst als auch in unserer Beziehung miteinander. Das Leben ist bunt und vielfältig und manche Wellen wirbeln uns gehörig durcheinander. In diesen Momenten fühlen auch wir uns nicht leicht und verliebt, sondern eher getrennt und allein. Doch wir wollen keine dieser Wellen missen, weil sie uns immer weiter mehr zu uns selbst bringen und in unser volles Potential. Das können wir heute sagen, weil wir wissen, wie wir den Kopf wieder über Wasser bekommen. Und weil uns bewusst ist, dass es im Leben letztlich nicht darauf ankommt, welchen beruflichen Erfolg man hat. Niemand denkt auf dem Sterbebett noch darüber nach, was er noch alles hätte an materiellem Reichtum erschaffen können oder in die Aktien investieren sollen.

Was letztendlich wirklich zählt, was uns als die sozialen Wesen, die wir sind, wirklich glücklich macht, ist eine gute, wertschätzende Beziehung zu uns selbst und zu den Menschen, die uns nahestehen. Und der Mensch, mit dem wir am nächsten sind, ist in der Regel unser Partner.

Viele Menschen meinen nach wie vor, eine Partnerschaft müsse einfach so von alleine gut funktionieren. Das mag für Menschen passen, die damit zufrieden sind, so zu leben wie unsere Eltern- und Großeltern-Generation, die oft jahrelang die Zähne zusammengebissen und sich mit ihrer Einsamkeit arrangiert haben.

Doch immer mehr Menschen reicht das nicht mehr aus. Genau wie wir meinen sie, das Leben ist viel zu kurz, um es in einer lauwarmen Beziehung zu verbringen. Die verbreitete Lösung lautet dann, sich einen anderen Partner zu suchen – es war halt nur noch nicht der oder die Richtige – nur um dann nach einer Weile auch in der neuen Partnerschaft wieder an demselben Punkt zu landen.

Wir empfehlen jedoch, in einer Liebesbeziehung von Anfang an aktiv dafür zu sorgen, dass die Freude und Begeisterung auf demselben Stand bleibt wie in der ersten Verliebtheit – oder, falls das bei dir und euch schon eine Weile her ist, wieder dahin zurückkehrt. Wie Dr. Hans Jellouscheck, ein bekannter Paartherapeut schon sagte: „Partnerschaft wird von ganz alleine schlechter, dafür brauchst du nichts zu tun. Doch du kannst eine Menge dafür tun, dass sie sich deutlich verbessert.“

Es genügt schon, dir und deiner Beziehung jeden Tag zehn Minuten ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken, um die Verbindung und Nähe aufrecht zu erhalten oder wiederherzustellen, wenn sie mal verloren geht. Wir sind davon überzeugt: Wenn beide Teile bereit sind, ihrer Partnerschaft Energie zuzuwenden, kann man auch in dieser schnelllebigen Zeit gemeinsam glücklich und zufrieden alt werden.

In unseren Seminaren und Coachings hören wir an dieser Stelle oft: „Ich würde mich ja gerne entwickeln, aber mein Partner/meine Partnerin macht nicht mit.“ „Ich würde mich ja verändern, aber er/sie lässt nicht mit sich reden.“ Wie du vielleicht aus eigener Erfahrung weißt, ändern solche Schuldzuweisungen jedoch nichts, außer dass sich beide schlecht fühlen und sich unter Umständen noch mehr zurückziehen. Eine Beziehung ist ein System, welches von allen Beteiligten gestaltet wird, und jeder trägt eine gewisse Verantwortung daran, wenn es nicht rund läuft. Wenn mich mein Gegenüber nervt, hat es meistens auch etwas mit mir selbst und meiner Vergangenheit oder Prägung zu tun. Die gute Nachricht lautet: Wenn einer der beiden sich verändert und bewusster mit seinem Leben umgeht, wirkt sich das unweigerlich auch auf den Partner aus. Was natürlich auch manchmal zu der Erkenntnis führen kann, dass es besser ist, getrennte Wege zu gehen. Wenn du dir darüber klar wirst, wie du leben willst, und das eindeutig und liebevoll kommunizierst, ordnen sich die Dinge.

Täglich neu verliebt! ist ein Praxisbuch, mit dem du deinen Beziehungsthemen allein auf die Spur kommen und sie ändern kannst, oder mit dem ihr als Paar gemeinsam klärende und inspirierende Wachstumsschritte machen könnt. In 33 Kapiteln werden Themen dargestellt, die wir in unserer eigenen Paarbeziehung und als Paar-Coaches als Schlüsselpunkte erleben. Wir stellen Informationen und Gedanken zum Thema vor, machen jeweils Vorschläge für Übungen, die ihr alleine und gemeinsam durchführen könnt, und erzählen dann persönlich – Christina aus weiblicher und Walter aus männlicher Sicht –, was wir zu diesem Thema erlebt und wie wir daraus gelernt haben.

Dieses Buch ist auf verschiedene Weise nutzbar. Da die Kapitel nicht aufeinander aufbauen, kannst du es wie einen Ratgeber verwenden und einfach mit dem Thema einsteigen, dass dich oder euch gerade bewegt. Du kannst es jedoch auch wie einen Kurs verstehen und die Kapitel nacheinander durcharbeiten.

Falls ihr dieses Buch als Paar gemeinsam lesen wollt, möchten wir euch ermuntern, miteinander eine Verbindlichkeit einzugehen. Ihr könnt euch zum Beispiel von Herzen versprechen, die nächsten vier bis acht Wochen jeden Tag oder jeden zweiten Tag ein Kapitel vorzunehmen und euch ganz darauf zu konzentrieren, dem Wachstum eurer Liebe für diese Zeit eine hohe Priorität einzuräumen. Aus unserer Erfahrung können wir euch versprechen, dass es Wirkung zeigen wird, denn die Energie geht dorthin, wo wir unsere Aufmerksamkeit hinlenken. Allein diese Zeit in dich und euch zu investieren ist mehr, als viele Paare bewusst in ihre Beziehung hineingeben. Solange ihr liebevoll miteinander bleibt, wird euch dieses Buch näher zueinander bringen. Ihr werdet euch neu kennenlernen, mehr voneinander erfahren, euer Herz für einander öffnen und mehr seelischen und körperlichen Kontakt erleben.

Jede der beschriebenen Übungen ist eine Chance und hat für uns funktioniert. Einige der Übungen sind nährend, andere sind durchaus auch herausfordernd und als solche mit Sternen gekennzeichnet. Je mehr Sterne, umso intensiver die Übung. Wenn ein kleiner Buddha auftaucht, ist eine Meditation zu diesem Thema auf unserer Website www.taeglich-neu-verliebt.de erhältlich.

Wir sind sicher, dass es naturgegeben in dir angelegt ist, eine glückliche und erfüllte Partnerschaft zu leben. Wenn es uns beiden gelingt, die wir uns in der Vergangenheit oft für beziehungsunfähig gehalten haben, kannst du es auch!

Und vergiss dabei nicht: Es darf leicht gehen, sich leicht anfühlen und Spaß machen! Stell dich mutig und beharrlich den Herausforderungen – und nimm sie nicht zu ernst. Diese Haltung hilft uns beiden immer wieder, die Klippen des Zusammenlebens zu umschiffen und gleichzeitig die Reise zu genießen.

Verliebe dich täglich neu – in dich selbst, in deinen Partner und in das Leben. Liebe das Leben, und es wird dich zurück lieben. Finde die neugierige Begeisterung eines Entdeckers in dir, der den richtigen Weg sucht, und du wirst ihn finden.

Bevor es jetzt los geht noch ein Wort zur Sprache: Da es in diesem Buch ja unter anderem darum geht, sowohl die weibliche als auch die männliche Perspektive einzubeziehen, haben wir uns entschieden, immer mal abwechselnd von dem Partner und der Partnerin zu sprechen. Natürlich sind in der Regel immer beide gemeint.

Wir wünschen dir und euch nun viel Freude und viele gute Erkenntnisse!

Christina und Walter

P.S. Unser Tipp: Begleitend zu diesem Buch ist auch ein Arbeitsbuch entstanden, in dem du deine persönlichen Ergebnisse aus den Übungen aufschreiben kannst. Falls du das Buch mit deinem Partner liest, wäre es sinnvoll, dass du ein Arbeitsbuch für dich führst – und eines dein Partner führt.

Das Arbeitsbuch kannst du gratis unter www.taeglich-neu-verliebt.de als pdf-Datei herunterladen und ausdrucken.

01. Chance: Wo stehen wir gerade?

Zu Anfang möchten wir dich und euch dazu einladen, erst einmal Inventur zu machen: Wo stehst du, wo steht ihr zum Thema Beziehung? Was läuft gut, was wünschst du dir anders? Wir möchten dich ermutigen, dir als allererstes Zeit zu nehmen, die positiven Aspekte eurer Beziehung zu erkennen, zu benennen und zu feiern. Aus ihnen können Leichtigkeit und Freude in euren Alltag fließen und sie können euch Kraft geben, auch schwierige Zeiten gemeinsam durchzustehen. Vermutlich gibt es jedoch auch Bereiche in eurer Beziehung, in denen es hakt. Wir kennen jedenfalls keine Beziehung, in der es keine Herausforderungen gibt. Auch hier ist es wichtig, diese zu erkennen und zu benennen, um sich gezielt weiter entwickeln zu können.

Dein wichtigster Gegenspieler auf dem Weg zu einer erfüllten Beziehung ist übrigens nicht dein Partner, sondern der unbewusste Teil in dir, der sich manchmal fürchtet, die Wirklichkeit so anzunehmen, wie sie ist. Sich Anderen zu öffnen und zu der eigenen Verletzlichkeit zu stehen erfordert Mut. Es fühlt sich oft erst mal sicherer und bequemer an, sich die Welt schön oder schlecht zu denken oder sich als Opfer zu betrachten. Gedanken wie „Ich kann ja doch nichts ändern“ oder „Eigentlich sollte mein Partner dieses Buch lesen“ stammen aus genau diesem Opferdenken. Doch es wird dich nicht weiterbringen, wenn du es dir einfach auf dem mehr oder weniger kuscheligen Beifahrersitz deiner Beziehung bequem machst und die Schuld an all den unguten Dingen in eurer Beziehung deinem Partner anlastest. Raffe dich lieber auf, setze dich mutig und freudig auf den Fahrersitz und ans Steuer deines Lebens und gib deiner Beziehung dort eine neue Richtung, wo es dir wichtig ist.
In deinem eigenen Interesse empfehlen wir daher, die unten stehenden Fragen sehr selbstehrlich zu beantworten. Klarheit bringt Erleichterung, denn ob es dir gefällt oder nicht: dein Beziehungserleben ist nun mal gerade so wie es ist. Um einen neuen Weg zu finden, müssen wir wissen, wo wir stehen. Ehrlichkeit gegenüber dir selbst und gegenüber deiner Partnerin ist daher einer der wichtigsten Schlüssel zum erfolgreichen Einsatz dieses Buches.

Solo-Übung: Standortbestimmung

Verschaffe dir mit den folgenden Fragen einen Überblick über deine Beziehung.

 Wo läuft meine Beziehung richtig gut?

 Was fehlt dir gerade in deiner Beziehung? Was war richtig gut und ist es heute nicht mehr?

 Welches ist das wichtigste Thema, das dich momentan beschäftigt?

 Nenne deine fünf wichtigsten Stärken

 Nenne deine fünf wichtigsten Schwächen

 Welche fünf Stärken deiner Partnerin nimmst du wahr?

 Welche fünf Schwächen deines Partners nimmst du wahr?

 Was sind für dich in Beziehung generell No go’s? Was geht gar nicht?

 Wie wünschst du dir Beziehung? Was ist dir in Beziehung wichtig?

 Wie viel davon ist in deiner Beziehung schon erfüllt?

 Wie möchtest du mit deiner Partnerin umgehen, kommunizieren, miteinander sein. Welche gemeinsame Beziehungskultur wünschst du dir? Lebst du das von deiner Seite aus schon?

Duo-Übung: Liebevoller Austausch

Wenn ihr dieses Buch gemeinsam lest und durcharbeitet, empfehlen wir nach jeder Übung, die der Selbstklärung dient, einander zu erzählen, was ihr herausgefunden habt. Dabei ist es wichtig, einander aufmerksam und wohlwollend zuzuhören. Wir empfehlen euch, die Erkenntnisse des anderen nicht direkt zu kommentieren oder gar zu analysieren. Geht behutsam und liebevoll mit dem um, was ihr einander offenbart und wartet ab, wann der andere bereit ist, zu hören, wie seine Erkenntnisse auf den Zuhörer gewirkt haben.

Christinas Sichtweise:

In das Leben und die Liebe verliebt zu sein war nicht immer meine Stärke, obwohl ich schon lange spüre, dass das der eigentliche Sinn des Lebens ist. Dankbarkeit und Wertschätzung zu spüren ist wie ein Muskel, den ich im Laufe der Jahre immer bewusster trainiert habe. Im Grunde geht es darum, worauf ich meinen Fokus richte. Ist das Glas halbvoll oder halbleer?

Ich war früher eher eine Vertreterin des halbleeren Glases. Doch irgendwann bemerkte ich, dass ich mir mein Leben und vor allem meine Partnerschaften dadurch systematisch schlecht redete. Damit machte ich es mir und meinem Partner oft unnötig schwer. Ich sah und schätzte auch des Anderen Bemühungen gar nicht so richtig, weil mein Fokus eher auf dem Negativem lag.

Die innere Bestandaufnahme hat mir geholfen, mit einem anderen Blick auf mein Leben zu schauen. Ich begann, mir wichtige Fragen zu stellen und vor allem mal zu schauen, was in meinem Leben schon alles gut ist. Dadurch stellte ich fest, dass gar nicht alle Bereiche meines Lebens Handlungsbedarf hatten und vieles schon auf einem guten Weg war. In den Bereichen, in denen noch Luft nach oben war und immer auch mal wieder ist, erkenne ich genau das durch dieses Tool sehr schnell.

Besonders wertvoll finde ich es, mir jeweils die Stärken und Schwächen bewusst zu machen. Ich habe dadurch erkannt, dass Walter und ich uns da in manchen Bereichen super ergänzen – des einen Stärke puffert des anderen Schwäche ab. Es bringt einfach so viel mehr Klarheit für mich selbst und für das miteinander, wenn wir genau wissen, wie wir sind, wie wir miteinander sein und welchen Weg wir gemeinsam einschlagen wollen. Der gemeinsame Austausch darüber, bringt Nähe und Vertrauen.

So ist mein Glas im Laufe der Jahre unmerklich halbvoll geworden und die Leichtigkeit, die in jedem von uns schlummert, ist zurückgekehrt. Wenn ich morgens aufwache, kann ich seit Jahren voller Freude sagen, dass ich dankbar bin, auf dieser Erde sein zu dürfen und mit diesem Mann gemeinsam in den Tag zu starten. Jeder Tag bringt viel Abwechslung und Freude mit sich, weil wir uns dafür öffnen, weil wir es für möglich halten und beide neugierig, interessiert und vor allem offen für die Geschenke des Lebens sind. Ich spüre ein Prickeln und eine Freude in meinem Bauch und Herzen, die sich anfühlt, als wäre ich verliebt. Damit meine ich nicht die rosarote Brille, mit der wir durchs Leben schweben, wenn wir gerade einen neuen Menschen in unser Leben gezogen haben, der uns Hoffnung auf mehr Glück und Freude macht. Ich meine vielmehr ein tiefes und beglückendes, warmes Gefühl in meinem Herzen, das für mich die Liebe ist.

Walters Sichtweise:

Meine Begeisterungsfähigkeit ist der stärkste Motor in meinem Leben. Ich bin schnell Feuer und Flamme für neue Projekte und Aufgaben, und bin mir sicher, dass ich sie zum Erfolg führen kann. In diesen kreativen Momenten spüre ich eine große Dankbarkeit für mein Leben und genau diese Energie fördert meine Projekte.

In meinen Beziehungen funktionierte diese Dynamik jedoch überhaupt nicht. Sobald die anfängliche Begeisterung dem Alltag wich, wanderte meine Aufmerksamkeit zu anderen Projekten. Mit der Aufmerksamkeit zog ich auch die Energie aus der Beziehung. Im Nachhinein ist mir klar, wie sehr genau das dazu beitrug, dass ich immer weniger Freude in unserem Miteinander empfand und unglücklicher wurde.

Christina und ich gehen einen anderen und neuen Weg miteinander. Wir nehmen uns Zeit für Kontakt mit Herz und Körper und fördern die Liebe. Wir haben uns viele hilfreiche Tools überlegt und kleine Rituale erschaffen, die uns immer wieder an das erinnern, was wir zwar wissen, aber schnell aus den Augen verlieren: Energie folgt der Aufmerksamkeit. Eine Beziehung hat so viel Energie, wie wir ihr Aufmerksamkeit schenken.

An dieser Stelle möchte ich besonders die in Beziehungen oft überforderten Männer motivieren, neue Wege zu finden, sich immer wieder neu auf ihre Partnerin einzulassen. Ich kann euch aus meiner Erfahrung nur sagen: Es ist manchmal nicht leicht, es kostet ein bisschen Einsatz und Überwindung der alt eingefahrenen Verhaltensmuster, aber es lohnt sich! Ich berichte in diesem Buch sehr offen über meine Erfahrungen und zeige mich mit meinen Macken und Fehlern, um euch ebenfalls zu Offenheit zu ermutigen, denn diese Ehrlichkeit mir selbst und Christina gegenüber war und ist die Tür in eine neue Tiefe von Beziehung.

Kraftquellen im Alltag I

02. Chance: Der ultimative Magnet: Dankbarkeit

Dankbarkeit ist nicht nur in Beziehungen eine der wirksamsten Kräfte, um etwas im Gang zu halten. Das, wofür ich dankbar bin, bekommt Energie von mir und wird genährt. Auf diese Weise kreiere ich mehr davon. Es ist, als würde ich eine Energie-Taschenlampe darauf richten und das Objekt meiner Dankbarkeit mit positiver Energie aufladen. Wertschätzung hat etwas Magisches, etwas Magnetisches. Das, wofür du dankbar bist, scheint dann viel lieber bei dir zu bleiben.

Natürlich gehst du auch achtsamer mit einem Menschen oder einer Sache um, wenn du dir ihres Wertes bewusst bist. Genauso ist es auch in der Partnerschaft. Wir alle wissen, wie gut es sich anfühlt, gesehen und geschätzt zu werden und halten uns gerne bei Menschen auf, die uns mit echter Dankbarkeit begegnen.

Warum ist Dankbarkeit und Wertschätzung dann so selten? Es liegt an unserem eingebauten Energiesparprogramm. Die menschliche Aufmerksamkeit ist darauf trainiert, das Besondere wahrzunehmen, denn das muss neu eingeschätzt werden. Was häufiger auftaucht, erscheint uns zunehmend als „normal“, wir meinen zu wissen, womit wir zu rechnen haben und achten nicht mehr so darauf. So schenken wir auch in Paarbeziehungen den Dingen, die die wir für einander tun, im Laufe der Zeit immer weniger Beachtung. Erst wenn etwas wegfällt und der Partner es nicht mehr tut, fällt es uns wieder auf.

Um den Werteverfall in deiner Beziehung zu vermeiden, richte deine Taschenlampe auf das, was dein Partner Gutes und Positives für dich macht. Dies tut nicht nur deinem Partner gut, sondern auch dir wird bewusster, wieviel er bereit ist, für dich zu geben. Auf diese Weise verändern wir den Fokus hin zum Positiven und kreieren alleine dadurch mehr davon.
Vielleicht geht er arbeiten und du kümmerst dich um die drei Kinder. Statt zu erwarten, dass er deinen Vollzeit Job als Mutter wertschätzt, könntest du ihm einfach auch mal sagen, wie gut du es findest, dass er jeden Tag in die Firma geht und das Rad finanziell am Laufen hält. Es ist gut möglich, dass er dann auch bemerkt, was du für ihn tust.

Beginne dich täglich für all das was dein Partner macht, zu bedanken, ohne zu erwarten, dass er gleiches tut. Schau auf die Dinge die er gut macht. Richte deinen Fokus auf das Gute. Vielleicht fällt dir das am Anfang schwer, weil du wie die meisten in unserer Kultur mit wenig Wertschätzung aufgewachsen bist. Doch heute hast du es in der Hand, auf das zu schauen, was gut läuft und dankbar euer beider Stärken wahrzunehmen.

Solo-Übung:
Bemerke, wenn deine Partnerin etwas für dich tut

Schreibe heute mal auf, was deine Partnerin an Aufgaben in eurer Beziehung übernommen hat. Was leistet sie am Tag, auch für euch? Schreibe auch die Dinge auf, die du für normal hältst. Es geht darum, weder beim anderen, noch bei sich selbst alles als üblich zu sehen, sondern zu bemerken, dass es noch immer etwas Besonderes ist und sich der andere nach bestem Vermögen bemüht.

 Was gefällt dir an den Eigenschaften deiner Partnerin?

 Was gefällt dir an ihrem Verhalten?

 Was schätzt du in eurem gemeinsamen Leben?

 Was davon möchtest du ihr mal sagen, wofür kannst du dich heute bei ihr bedanken? Beginne heute damit es zu tun!

Duo-Übung: Mit den Augen des Herzens anschauen

Nehmt euch heute Zeit, einander mit den Augen der Liebe und des Herzens zu sehen. Setzt euch dazu mit Papier und Stiften voreinander. Ihr könnt euch Absatz für Absatz die Anleitung vorlesen und dann das Buch hinlegen und die inneren Schritte nachvollziehen.

Den ersten Teil der Übung macht jeder für sich:
Schließe zunächst die Augen und komm ganz bei dir selbst an. Spüre deinen Atem.

Geh nun mit deiner Aufmerksamkeit in die Mitte deiner Brust und spüre dein Herz, dein emotionales Zentrum. Angenommen, dein Herz wäre eine Hand: Ist diese Hand gerade geöffnet oder geschlossen? Wenn sie sich geschlossen anfühlt: Kannst du sie ein Stück weit entspannen und öffnen? Öffne nun dein Herz für den Anderen und schaut euch mit dem Herzen an.

Lass die Liebe aus deinem Herzen zu deinem Gegenüber fließen und öffne die Augen. Schau deinem Partner für eine Minute in die Augen und spüre dein Herz.

Schreibe nun mindestens 20 positive Eigenschaften deines Partners auf. Folgende Fragen können dir dabei helfen:

 Was magst du an deinem Partner?

 Was kann er gut?

 Welche positiven Eigenschaften hat er?

 Was kann er einfach besser als du?

 Wo liegen seine Fähigkeiten?

 Was liebst du an seinem Körper?

 Welche Eigenschaften an dir selbst, die du nicht gut findest, toleriert und akzeptiert er?

Zum Abschluss lest euch die Liste vor, die ihr gefunden habt.

Ritual für die Partnerschaft: Die fünf Guten

Zeigt euch am Ende des Tages auf, was heute gut war an diesem Tag. Wir nennen diese kleine Übung „die fünf Guten“. Was waren heute deine fünf Guten? Erzählt es einander.

Wenn ihr Spaß daran habt, könnt ihr diese Übung auch steigern, hin zu acht Guten, zehn Guten, usw.. Auf diese Weise trainiert ihr spielerisch und gemeinsam, den Fokus auf die schönen Dinge zu richten. Egal wie schief ein Tag lief, es gibt immer mindestens fünf Gute!

Christinas Sichtweise:

Ich komme aus einer Familie, in der alles für sehr selbstverständlich genommen wurde. Das Klima war sehr unterkühlt und fordernd. Niemand kam je auf die Idee, sich zu bedanken. Je mehr ich tat, umso mehr wurde von mir gefordert. Geführt wurde mit Druck und Manipulation. Als ich dann später meine eigene Firma und Mitarbeiter hatte, merkte ich schnell, dass diese Art, mit Menschen umzugehen, bei allen zur gleichen Reaktion führte: Frust, Widerstand, und wenig Lust, die zu erledigenden Aufgaben auszuführen. Als ich zunehmend eine Kultur der Wertschätzung einführte, wurde die Stimmung besser und alle hatten mehr Freude an der Arbeit und am Miteinander. So ist es auch in der Partnerschaft und jeder Art von Beziehung.

Ich bedanke mich unglaublich gerne, weil es in mir ein schönes Gefühl hervorruft und mir all das bewusst macht, was gut ist in meinem Leben. Es ist, als würde ich das, wofür ich dankbar bin, auf diese Weise noch mal erleben und ihm dadurch mehr Gewicht verleihen.

Ich mache sehr gerne mit Walter ein Dankbarkeitsritual. Ich führe dann alles auf, was er so täglich für mich und uns tut, und danke ihm aufrichtig dafür. Anfangs war das für ihn ungewohnt und fremd und deshalb ein bisschen unangenehm, aber er hielt durch und mag es mittlerweile, glaube ich, auch ganz gerne.

Ich liebe es auch, abends im Bett noch mal mit ihm gemeinsam auf den Tag zurückzuschauen, und fünf Dinge zu finden, für die jeder von uns heute dankbar sein kann. Dieses gemeinsame Abendritual zeigt noch einmal all das Schöne des Tages auf und lässt uns viel angenehmer in den Schlaf sinken. Egal wie doof manchmal ein Tag gewesen sein mag, es finden sich immer „fünf Gute“ und durch die Fokussierung auf das Positive wird es in uns versöhnlich und ruhig.

Walters Sichtweise:

Ich habe erst durch Christina gelernt, wie wichtig Dankbarkeit ist. Als wir zusammenkamen, hat sie immer wieder die Aufmerksamkeit auf die positiven Dinge gerichtet, die ich für sie tat. Das war manchmal nur eine Kleinigkeit, wie zum Beispiel, dass ich eingekauft oder das Eis bezahlt hatte, und doch fühlte es sich gut an, dass sie es bemerkte. Es fühlte sich für mich an, als würde sie mich sehen, ganz bewusst meine positive Seite beleuchten und damit auch ihre Liebe zum Ausdruck bringen. Mehr und mehr ist mir dadurch auch aufgefallen, was sie für mich tut und ich habe mir angewöhnt, das ebenfalls zum Ausdruck zu bringen.

Ich höre immer wieder von Männern, dass ihnen von ihren Partnerinnen die Anerkennung und Dankbarkeit für ihr Tun fehlt. Dieser Dank ist wie Öl für unseren männlichen Macher-Motor, er motiviert uns. Eine gute Möglichkeit, die Ölquelle in Gang zu setzen ist, selbst anzufangen, für alltägliche Dinge dankbar zu sein.

Ich gehe zum Beispiel einfach ungern einkaufen. Das ewige Herumsuchen nach der richtigen Biobanane finde ich anstrengend, und meistens muss man dann doch noch mal in einen anderen öden Supermarkt, so dass sich das Ganze endlos zieht. Ich empfinde das als Zeitverschwendung – obwohl es natürlich toll ist, einen vollen Kühlschrank zu haben.

Christina geht sehr gerne einkaufen. Sie schlendert durch die Gänge und liebt es, hochwertige und gesunde Lebensmittel auszusuchen, mag es jedoch gar nicht, wenn es einfach selbstverständlich an ihr hängen bleibt. Seit ich wahrnehme, dass sie wieder eingekauft hat und ihr dafür danke, fühlt sie sich nicht wie die Dienstmagd, und sieht auch die Aufgaben, die ich in dieser Zeit übernehme.