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Randolf Unruh

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Bildhinweis:

Alko (2), Bad Köningshofen (1), Bürstner (30, 32 unten rechts, 34, 62, 68 unten links, 70, 79), Camperclean (1), Carthago (17), CIVD (6), Concorde (2), Custom Bus (1), Dethleffs (6), Dometic (1), DWR Zelte (1), Eura Mobil (28, 29, 31 oben links/unten rechts, 32 unten links, 80), Fiat Professional (6), Ford (4), Forster (1), Goldschmitt (1), Hobby (Titel, 5), Hymer (17, 23, 30, 68 unten rechts, 72, 91 unten), Intercaravaning (2), Knaus (2), La Strada (3), Malibu (2), Mercedes-Benz Vans (17), Leading Campings (3), Niesmann + Bischoff (1), Pössl (2), Renault (1), Sunlight (2), Terracamper (2), Thule (1), Truma (4), Vario Mobil (1), Volkswagen Nutzfahrzeuge (16), Weinsberg (1), Westfalia (1), Thomas Albrecht (6), Martin Frühschütz (131), Randolf Unruh (19)

Alle Angaben ohne Gewähr!

Lektorat: Thomas Albrecht

Satz und Gestaltung: Huwer-Design, Hürth

Printed in Germany

ISBN: 978-3-95843-717-3

eISBN: 978-3-95843-746-3

Inhalt

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Vorwort - Urlaub ohne Grenzen

1 Reisemobil-Bauarten - Villa oder Reihenhaus auf Rädern?

2 Aufbautechnik - Immer an der Wand lang

3 Basisfahrzeug richtig aussuchen - Die passende Plattform für Ihr Reisemobil

4 Der richtige Grundriss - Planung wie am Reißbrett

5 Einrichtung + Ausstattung - Mehr als eine Geschmacksfrage

6 Bordtechnik - Keine Bange vor Wasser, Gas und Strom

7 Reisemobile kaufen - Autohandel mal ganz anders

8 Gebrauchtfahrzeuge - Das Reisemobil fürs halbe Geld

9 Unterwegs im Reisemobil - Auf großer Fahrt

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Urlaub ohne Grenzen

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Reisemobile sind beliebt wie nie zuvor: In Deutschland wurden 2017 rund 40.000 motorisierte rollende Ferienwohnungen neu zugelassen. Damit hat sich die Zahl der Neuzulassungen in wenigen Jahren verdoppelt. Die Ursachen sind vielfältig: Fitte Senioren liegen nicht auf der faulen Haut, sie gehen neugierig auf Entdeckungsreise durch Deutschland und Europa. Das Geld sitzt lockerer: Wenn die Zinsen unterhalb der Inflationsrate liegen und dafür auch noch Steuern zu zahlen sind, tut man sich besser etwas Gutes, als dem Kapitalschwund zuzuschauen. Außerdem ist Camping modern: Gut ausgestattete Stellplätze und moderne Campingplätze sind einladend wie nie zuvor - viel einladender als manches Flugreiseziel, das politische Unsicherheiten von der Liste der Traumurlaube gestrichen haben.

Und dann wäre da noch der Wunsch nach maximaler Flexibilität. Losziehen, wenn man Lust darauf hat. Im Urlaub der Sonne hinterherfahren, abseits der Hauptrouten Entdeckungen machen. Aufstehen, essen und ausruhen nach Lust und Laune, neue Bekanntschaften mit Gleichgesinnten schließen. Und das alles mit dem eigenen Haus auf Rädern, mit eigenem Bett und eigenem Bad. Nur: Welches Reisemobil passt eigentlich? Günstig oder teuer? Klein oder groß? Was steckt in so einem Reisemobil wirklich drin, und was ist beim Kauf tatsächlich wichtig? Worin unterscheiden sich die mehr als 100 Marken, was bedeuten die Fachbegriffe? Was Reisemobilroutiniers wissen, das ist für Neulinge ein Buch mit sieben Siegeln. Dieses Buch bricht diese Siegel auf. Viel Spaß bei der Lektüre, viel Erfolg beim Reisemobilkauf - und vor allem danach viel Vergnügen im Urlaub.

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Drei der möglichen Aufbauvarianten: Campingbus, Teilintegrierter, Alkovenmobil.

1 Reisemobil-Bauarten

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Villa oder Reihenhaus auf Rädern?

Hier geht es um Grundsätzliches, die Bauart des Reisemobils. Was darf’s denn sein, ein wendiger Campingbus, ein schnittiger Teilintegrierter, ein Alkovenmobil oder ein wuchtiges integriertes Reisemobil? Und was ist das alles eigentlich?

Sie reagieren wissend, wenn Ihnen der Reisemobilhändler einen „Kastenwagen“ anbietet, obwohl Sie ganz bestimmt nicht in einer leeren rollenden Schachtel urlauben wollen? Sie verkneifen sich das Lächeln, falls Ihnen der Verkäufer einen „Intrigierten“ anpreist, weil Ihnen bewusst ist, dass er ein integriertes Reisemobil meint? Dann gehören Sie bereits zu den Eingeweihten.

Reisemobil ist nicht gleich Reisemobil - zwischen einem kompakten ausgebauten Campingbus und einem mächtigen Integrierten liegt eine ähnliche Differenz wie zwischen Smart und S-Klasse, zwischen Kanu und Kreuzfahrtschiff, zwischen Reihenhaus und Luxusvilla. Das gilt für die Abmessungen, den Preis und erst recht für die Nutzungsmöglichkeiten. Der Kleinwagen passt ebenso perfekt in die City wie der kompakte Campingbus im Alltags- und Freizeitverkehr. Die Mercedes S-Klasse ist ebenso für Fernstrecken und den anspruchsvollen Vielfahrer ausgelegt wie ein Integrierter der Top-Kategorie für die Fernreise.

Die Spannweite ist gewaltig: Einfache Campingbusse und Freizeitfahrzeuge gibt es ab etwa 30.000 Euro, doch die Reisemobilwelt stößt selbst beim zehnfachen Betrag für einen bestens ausgestatteten rollenden Riesen noch nicht an ihre Grenzen. Der Spagat reicht vom Lieferwagen mit einfacher Wohneinrichtung und Schlafmöglichkeit bis hin zum gewaltigen Luxusdampfer auf dem Fahrgestell eines ausgewachsenen Omnibusses oder Lastwagens - mit allen denkbaren Spielarten dazwischen.

So spannend die Welt der automobilen Freizeit durch ihre Vielfalt für den Kenner auch ist, soviel Verwirrung stiftet sie deshalb mitunter bei Neulingen. Mehr als 100 Marken stehen allein in Deutschland im Wettbewerb, unter ihnen herrscht ein Kommen und Gehen. Ihr Angebot verteilt sich auf diverse Aufbau-Kategorien und unterschiedlichste Preisklassen - wer steigt da noch durch? Was zum Beispiel ein „Teilintegrierter“ ist, erschließt sich Reisemobil-Neulingen erst nach längeren Erklärungen und aufwendigen Besuchen bei Händlern und Ausstellungen. Damit Sie gut vorbereitet in Informationsgespräche und konkrete Verhandlungen mit Händlern gehen, hier zunächst einmal die wichtigsten Reisemobilkategorien.

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Jetzt geht’s los: Bereits alltagstaugliche Busse wie der VW Multivan öffnen die Tür zur Freizeit im Mobil.

Freizeitfahrzeuge: die Alleskönner, nicht nur für die Freizeit

Allroundeigenschaften sind das hervorstechende Merkmal ausgebauter Kastenwagen, besser Campingbusse oder Vans genannt, in der untersten Ausbaustufe auch Freizeitfahrzeuge. Ausbau deshalb, weil die blecherne Hülle, die Karosserie des Basisfahrzeugs, weitgehend unangetastet bleibt. Sie wird nur innen ausgebaut, mit Fenstern versehen und im Zweifelsfall durch ein Aufstell- oder seltener ein Hochdach zur Erweiterung des Lebensraums ergänzt. Im Unterschied zum Aufbau, bei dem eine komplett neue Karosserie auf ein Transporter-Fahrgestell gepflanzt wird. Morgens ins Büro, Parken in der Tiefgarage, mit einer Sammlung Kinder zum Schwimmkurs, Großeinkauf in Baumarkt und Möbelhaus, Fahrt ins Theater, zum Wochenendausflug oder in den Jahresurlaub - mit einem Freizeitfahrzeug oder Campingbus sind Sie alltags und in der Freizeit an 365 Tagen im Jahr immer gut angezogen.

Alle diese Fahrzeuge stammen von Transportern ab, Nutzfahrzeugen also. Deshalb ist das Fahrerhaus meist ein wenig nüchterner gestaltet, und der Motor arbeitet häufig etwas vernehmlicher als in einem Pkw. Doch die Wohnlandschaft hinter den Vordersitzen im Fond wiegt diese Nachteile bei weitem auf. Und häufig lassen schon eine elegante oder fröhliche Lackierung und ein munteres Farbdekor rein äußerlich die Verwandtschaft zum gewerblichen Einsatz vergessen.

Ausgebaute Kastenwagen oder Campingbusse teilen sich in drei Gruppen. Den Einstieg in den Urlaub auf Rädern bilden Freizeitfahrzeuge. Sie gibt es bereits auf Basis der aktuellen Generation der Lieferwagen oder Hochdach-Kombis wie VW Caddy, Renault Kangoo und dessen Bruder Mercedes Citan sowie der Zwillinge Citroën Berlingo und Peugeot Partner. Seit jeher versuchen sich findige Ausbauer daran, die rund viereinhalb Meter kurzen Stadtflitzer in flinke Miniatur-Reisemobile zu verwandeln. Postboten, Handwerker, junge Familien und Sportler sind klassenlos mit weitgehend identischen Autos unterwegs. Im Alltag mit Platz für eine Familie, sind sie auf Reisen meistens ein Fall für maximal zwei Urlauber, und auch sie müssen sich angesichts knapper Bettenmaße mögen. Die Preise beginnen für den Werksmodell VW Caddy Beach bei etwa 24.000 Euro, wer einen Komplettcamper mit Aufstelldach und vollwertiger Ausstattung einschließlich einfacher Küchenzeile ordert, landet schnell bei deutlich über 30.000 Euro. Einbausätze mit einem Umfang ganz nach Wahl gibt es dagegen für wenige tausend Euro. Besonders günstig einsteigen können Interessenten mit einem Gebrauchtwagen als Basis, denn einfache Ausbauten lassen sich auch nachträglich installieren.

So ein Lieferwagen oder Hochdachkombi schafft durch seine höhere Karosserie im Vergleich zum klassischen Kombi mehr Luft- und Lebensraum. Eine Klappsitzbank, die sich mit ausgetüfteltem Mechanismus in ein schlankes Doppelbett verwandelt, alternativ dazu ein Bett aus zusammengeschobenen Matratzenteilen, auf Wunsch eine Miniaturküche mit Wasseranlage und Kocher, Ablagekästen und/oder Stautaschen, dazu eine Innenleuchte und Vorhänge rundum - schon verwandelt sich ein schlichter Lieferwagen mit relativ geringem Aufwand in ein kleines mobiles Wochenendhaus. Wer an der geöffneten Heckklappe zusätzlich ein Heckzelt befestigt, erhält bereits einen erstaunlich großen Lebensraum. Dies auf einer Grundfläche, die das Maß eines VW Golf kaum überschreitet. Mit dem VW Caddy Beach gibt es sogar ein Modell ab Werk - ein fahrendes Zweimannzelt mit festem Dach, ein knapp bemessendes Domizil für Sportler und Naturfreunde. Doch die Möglichkeiten eines solchen Bonsai-Reisemobils sind begrenzt, das gilt vor alle für Bewegungsfreiheit und Stauraum. Das wahre Leben auf Rädern beginnt deshalb fast immer eine Klasse darüber in Freizeitfahrzeugen und Campingbussen auf der Basis der beliebten Transporter VW Transporter T6, Mercedes Vito/V-Klasse, der Zwillinge Ford Transit Custom und Tourneo Custom, der praktisch baugleichen Drillinge Citroën Jumpy, Peugeot Expert und Toyota Proace und der ebenfalls nahezu identischen Vierlinge Renault Trafic, Opel Vivaro, Nissan NV300 und Fiat Talento. Sie sehen an der Zusammenstellung: Bei Transportern wird über Marken- und Konzerngrenzen hinweg gern zusammengearbeitet. Hier gibt es in Serienausstattung zwei Schlafplätze, bei einer breiten Sitzbank und etwas Toleranz kann es sich auch eine Familie mit Kind gemütlich machen. Mit einem Aufstelldach und Liegeeinrichtung darin kommt ein knapp geschnittenes Doppelbett hinzu. Die Preisspanne ist groß und hängt vom Basismodell und dessen Ausstattung ab. Etwa 40.000 Euro sind im Minimum anzulegen, nach oben gibt es durch Motorisierung und Ausstattung kaum Grenzen.

Handlichkeit ist ein wesentliches Merkmal dieser Modelle. In den Versionen mit kurzem Radstand - es gibt auch längere Ausführungen - bleiben sie unter fünf Meter Länge, mit dem serienmäßigen Dach und meist sogar mit einem zusätzlichen Aufstelldach unter zwei Meter Höhe. Somit passen Freizeitfahrzeug und Campingbus in viele Garagen, Parkhäuser und Waschanlagen und sind nahezu uneingeschränkt alltagstauglich.

Moment, wie hieß der Begriff - Freizeitfahrzeug? So ist’s, auch wenn’s ein wenig irreführend klingt: Diese Modelle eignen sich nicht nur für den Alltag, sondern mit einer flexiblen Gestaltung des Innenraums zusätzlich für die aktive Freizeitgestaltung. Damit liegen sie noch sehr nahe an Großraumlimousinen und klassischen Vans. Deshalb gibt es Freizeitfahrzeuge in aller Regel bereits direkt vom Autohersteller, auch wenn drinnen häufig Spezialfirmen Hand angelegt haben. Begründer dieser Fahrzeugkategorie war ursprünglich der VW Multivan. 1985 geboren, hat er über viele Jahre hinweg als Kreuzung von Großraumlimousine und Freizeitfahrzeug seinem Namen alle Ehre gemacht. Heute konzentriert sich der Multivan auf die Aufgabe als Großraumlimousine, von Sonderausstattungen mit „Gute-Nacht-Paket“ und Bettverlängerungen oder Sondervarianten wie dem Geländegänger Panamericana und dem Multivan Freestyle abgesehen. Die Rolle als Alleskönner hat bei VW heute der California Beach übernommen. Mit dieser Bezeichnung reiht er sich bereits in der Campingbusfamilie ein.

Typisch für diese Freizeitfahrzeuge, die genauso gut auch Alltagsfahrzeuge sind: Es gibt drehbare Vordersitze oder dahinter häufig ein oder zwei Plätze gegen die Fahrtrichtung, es gibt eine dreisitzige Klappsitzbank mit einer Verlängerung und obendrein mittendrin einen Klapptisch. Dazu kommen eine separate Innenleuchte, auf Wunsch eine Kühlbox und eine Standheizung, dazu Verdunkelungsvorhänge - fertig ist ein vielseitiges Mobil für Alltag und Freizeit sowie häufig auch Beruf, garagentauglich und doch geräumig. Wer mehr vorhat oder im Laufe der Zeit Geschmack an der neuen Freizeitgestaltung entwickelt, wählt ein Freizeitfahrzeug mit Aufstelldach, das ergibt auf dem Parkplatz bequeme Stehhöhe und eine zusätzliche Liegefläche im Oberstübchen. Man besorgt sich bei spezialisierten Ausbauern vielleicht noch Schränke, eine herausnehmbare Box mit Kocher und Wasseranlage, eine transportable Toilette - fertig ist der kompakte und funktionelle Campingbus für zwei Personen oder auch mehr. Auf der Grundfläche einer Mittelklasselimousine steht auf diese Weise bereits eine beachtliche Wohnqualität und andererseits erstaunlich viel Platz zur Verfügung.

Gleichzeitig gibt es auch viel Auto fürs Geld, gesellt sich doch zum großen und flexiblen Raumangebot echte automobile Qualität: Das Fahrverhalten der meisten dieser Freizeitfahrzeuge ist einem Pkw sehr ähnlich. Und auch die fast durchweg verwendeten Dieselmotoren haben es in sich: Wer im gehobenen Leistungsbereich ab etwa 100 kW (136 PS) einsteigt, hat genug Mumm für zügiges Vorankommen im Pkw-Tempo bei gleichzeitig moderatem Verbrauch. Wer bei der Anschaffung Geld sparen will: Mehrere Ausbauer fertigen Freizeitfahrzeuge und Campingbusse auch auf Basis gebrauchter Transporter - da rückt das mobile Freizeitvergnügen auf einmal schon viel näher. Und der weitere Ausbau zum ansehnlichen Campingbus kann schließlich Schritt für Schritt schonend und passend für jeden Geldbeutel ablaufen.

Doch Obacht, Basisfahrzeug ist nicht gleich Basisfahrzeug: Zunehmend unterscheiden Transporterhersteller bei Optik und Interieur zwischen Pkw- und Nutzfahrzeugvarianten, siehe zum Beispiel VW T6 und Mercedes Vito/V-Klasse. Hinschauen und hinhören lohnt sich. Das schlichtere Cockpit aus der Transporterbaureihe kann funktionell sogar Vorteile mitbringen. Gewerbliche Fahrzeuge sind eher auf Ablagen denn auf schmückendes Beiwerk ausgerichtet, verzichten auf raumgreifende Mittelkonsolen, die im Bus den Durchgang auf die Beifahrerseite und nach hinten verengen. Aber wenn wegen weniger Dämmung Motoren lauter lärmen und Türen scheppernd ins Schloss fallen, dann macht das einen Unterschied. Gleiches trifft auf Innenverkleidungen zu.

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Kompakt-Campingbusse wie der Mercedes Marco Polo verbinden automobile Klasse mit Freizeitvergnügen.

Kompakt-Campingbusse: die rollenden Einzimmer-Appartements

Auf diese Punkte gilt es auch bei den vollwertigen Kompakt-Campingbussen zu achten. Autohersteller wie VW und Mercedes spendieren höherwertige Basismodelle. Ausbauer verzichten häufig darauf, weil ihnen aufgrund überschaubarer Stückzahlen sonst die Preise aus dem Ruder laufen. Sie trumpfen dafür mit Individualität auf. Schlafplätze gibt es jeweils zwei im Erdgeschoss und Oberstübchen. Sie sind knapp bemessen, großzügig ist deshalb die Verteilung einer oben und einer unten, oder Eltern unten, Kinder oben. Kompakt-Campingbusse, auch als Campervans bezeichnet, sind nicht billig: Für einen gut ausgestatteten und kräftig motorisierten Bus von Autoherstellern sind mindestens 50.000 bis 60.000 Euro fällig, deutlich mehr auszugeben ist kein Problem. Ausbauer liegen bei einer vergleichbaren Ausstattung in der Regel allenfalls in der Grundausstattung deutlich darunter, sie müssen schließlich das Basisfahrzeug teuer einkaufen, das häufiger schlichter ausgestattet ist als die Werksbusse.

Die Hülle der Kompakt-Campingbusse entspricht jener der Freizeitfahrzeuge. Damit ist sie auch nicht größer und völlig alltagstauglich. Allerdings erweitert ein Aufstelldach den Innenraum und das Bettenangebot. Der Deckel aus isoliertem Kunststoff oder Aluminium (VW California) öffnet in der Regel vorne und schafft auf diese Weise Stehhöhe vor der üblichen Klappsitzbank im Heck. Nach etwas Schieben, Klappen oder Falten kommt oben unter dem Dach zudem ein weiteres Bett zum Vorschein. In der Regel ist es mit einer Breite von etwa 1,10 bis 1,20 Meter nicht sehr üppig bemessen. Aber Besitzer von Campingbussen sind gewisse Einschränkungen gewohnt und nehmen sie zugunsten von Alltagstauglichkeit in Kauf. Denn in die Garage passt ein ausgebauter Transporter mit Aufstelldach meist immer noch. Auch dient das Oberstübchen gerne als mobiles Kinderzimmer für die Nacht, während es sich die Eltern auf der umgeklappten Sitzbank gemütlich machen - die meist ebenfalls schmale Maße bietet.

Leicht eingeschränkt alltagstauglich sind Kompakt-Campingbusse mit Hochdach - sie müssen vor der Garage draußen bleiben, wie der Hund vor der Metzgerei. Entsprechend knapp ist das Angebot. Mit Ausnahme des Ford Transit Nugget - er ragt bereits mit Aufstelldach über die Zwei-Meter-Marke - beschränkt es sich auf Varianten kleinerer Ausbaubetriebe. Sie trumpfen mit vergleichsweise viel Bewegungsfreiheit und erhöhter Wintertauglichkeit durch Isolierung und Möbeleinbauten auf.

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Bestseller unter den automobilen Lebenskünstlern: Die Familie des VW California, im Jahr 2017 mehr als 15.000 Einheiten.

Klarer Marktführer unter den Campingbussen dieser Kategorie ist der VW California, seit etwa 30 Jahren unangefochten der Hit in dieser Klasse. Unter Einrechnung seines Vorgängers Westfalia Joker sind es sogar schon rund vier Jahrzehnte.

Die übliche Aufteilung mit Küchen- und Schrankzeile links, Klappsitzbank im Heck und einem Stauraum dahinter hat sich in Campingbussen als besonders geräumig bewährt. Alternativ gibt es einige Busse mit Heckküche (Paradebeispiel: Ford Nugget) oder individuellen Zuschnitten, findigen Ausbauern fehlt es nicht an Ideen. Wer viel Platz benötigt und weniger Wert auf Handlichkeit legt, kann bei einigen Anbietern Ausführungen mit langem Radstand wählen, dann wächst der Lebensraum, jedoch nimmt die Beweglichkeit ab. So mancher Ausbauer quetscht dann sogar einen kleinen und teils abgeteilten Toilettenraum hinten ins Heck, denn das Campingklo im Küchenblock zur Benutzung im Wohnraum ist nicht jedermanns Sache.

Zweiflammkocher, Kühlschrank oder Kühlbox, Kleiderschrank und Ablagen für die Küchenutensilien, ein Platz für die transportable Toilette, dazu der Gepäckraum im Heck - so sieht das Mobiliar meist aus. Die Sitzgruppe für vier, seltener auch fünf Personen setzt sich aus der Bank sowie den drehbaren Vordersitzen zusammen. Dazwischen wird der Tisch aufgeklappt oder eingehängt - fertig ist das fahrende Einzimmer-Appartement. Der schnelle Sprint ins Wochenende - nirgendwo fällt er leichter als mit einem flotten Campingbus.

Im Alltag entpuppt sich das Mobil wiederum als komplett nutzbare Limousine. Dank meist weniger als zwei Meter Höhe muss ein Campingbus vor Garagen meist ebenso wenig stehen bleiben wie vor den Einfahrten von Parkhäusern und Tiefgaragen. Wer auf Fenster aus Echtglas anstelle von isolierten aber nicht ganz kratzfesten Kunststoffscheiben setzt, kann sogar in die Waschanlage einfahren. Und da verschiebbare Sitzbänke und große Ladeluken zum Standard gehören, entpuppen sich Campingbusse bei Bedarf überdies als praktische Transporter. Die neue Waschmaschine ist damit ebenso fix transportiert wie das Regal zur Selbstmontage oder der Rasenmäher.

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Zahlreiche Ausbauer bieten individuelle Campingbusse mit einfallsreichen Lösungen an.

Dächer spielen bei dieser Art Mobile eine wichtige Rolle. Eine ganze Auswahl an Varianten erlaubt den Zuschnitt des Mobils auf die persönlichen Ansprüche, auch wenn’s dann mit der Garage nichts mehr ist. Schnittige halbhohe Dächer erweitern den Lebensraum und haben zudem Platz für Schränke; das Bett im Oberdeck entfällt in diesem Fall allerdings. Hochdächer bedeuten eine gute Winterisolation, die der Zeltbalg eines geöffneten Aufstelldachs naturgemäß nicht vermittelt. Auch steht unter dem Hochdach weiterer Platz für Gepäck zur Verfügung.

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Ford Nugget, ein weiterer Klassiker der Campingbusse. Er wird gerne mit geräumigem Hochdach geordert.

Komfort-Campingbusse: alles drin und dran