Sammelband 7 Mystery Thriller - Der Sommer der Geheimnisse

Alfred Bekker and Ann Murdoch

Published by Alfred Bekker präsentiert, 2019.

Inhaltsverzeichnis

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Sammelband 7 Mystery Thriller: Der Sommer der Geheimnisse

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Tod auf dem Drahtseil

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Das Haus der stummen Schreie

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Kaltes Grauen

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Steinerne Rache

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Dämonen-Dschungel

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Galopp in die Hölle

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Höllensumpf

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Verhängnisvolle Beschwörungen

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Sammelband 7 Mystery Thriller: Der Sommer der Geheimnisse

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Thriller um Liebe und Geheimnis

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Der Umfang dieses Buchs entspricht 625 Taschenbuchseiten.

Dunkle Geheimnisse, übernatürliche Bedrohungen, mysteriöse Begebenheiten - und eine Liebe, die sich dem Grauen widersetzt. Darum geht in den packenden romantischen Spannungsromanen dieses Buches.

Dieses Buch enthält folgende Romane:

Ann Murdoch: Tod auf dem Drahtseil

Alfred Bekker: Kaltes Grauen

Ann Murdoch: Steinerne Rache

Alfred Bekker: Dämonen-Dschungel

Ann Murdoch: Galopp in die Hölle

Alfred Bekker: Höllensumpf

Ann Murdoch: Verhängnisvolle Beschwörungen

Ein Zirkus kommt in eine Stadt und kampiert auf einem verfluchten Platz. Ist das der Grund, dass sich plötzlich die Unglückfälle häufen? Oder ist hier ein verbrecherischer Geist am Werk? Der Ermittler verliebt sich in eine Frau, die ein Geheimnis umgibt...

Alfred Bekker schreibt Fantasy, Science Fiction, Krimis, historische Romane sowie Kinder- und Jugendbücher. Seine Bücher um DAS REICH DER ELBEN, die DRACHENERDE-SAGA,die GORIAN-Trilogie und seine Romane um die HALBLINGE VON ATHRANOR machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er war Mitautor von Spannungsserien wie Jerry Cotton, Kommissar X und Ren Dhark.

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Authors

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

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Tod auf dem Drahtseil

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von Ann Murdoch

Der Umfang dieses Buchs entspricht 98 Taschenbuchseiten.

Ein Zirkus kommt in eine Stadt und kampiert auf einem verfluchten Platz. Ist das der Grund, dass sich plötzlich die Unglückfälle häufen? Oder ist hier ein verbrecherischer Geist am Werk? Der Ermittler verliebt sich in eine Frau, die ein Geheimnis umgibt...

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

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Sei freundlich da oben, Pat, vergiss das Lächeln nicht“, rief Trainer Angus McNeill zum Trapez hinauf. „Und zähl mit, sobald Stuart anfängt zu schwingen. Du weißt, dass es auf Sekundenbruchteile ankommt.“

Pat Lionheart zog eine Grimasse und streckte Angus die Zunge heraus. „Das weiß ich doch“, rief sie hinunter. „Ich bin schließlich oft genug im Netz gelandet.“

„Und du wirst da auch wieder landen, wenn du nicht alles richtig machst“, konterte McNeill, doch seine Stimme klang versöhnlich und freundlich, als er die junge Artistin betrachtete.

Patricia Lionheart hatte hart gearbeitet, um als eine der wenigen Frauen in der Welt den dreieinhalbfachen Salto in der Luft zu schaffen. Nicht immer war es ohne Tränen und Verletzungen abgegangen, aber mittlerweile klappte der Sprung bei drei von vier Versuchen. Die Sechsundzwanzigjährige kämpfte zäh und verbissen um ihren Erfolg, wie fast alle, die vom Zirkus besessen waren. Und Angus McNeill hatte es nicht bereut, die junge Frau, über deren Herkunft man so gut wie nichts wusste, in die Truppe aufgenommen zu haben.

Die Truppe, das waren die „Flying Generations“ mit ihm, Angus McNeill, der lange Jahre selbst am Trapez gearbeitet hatte, seinem Sohn Stuart und dessen Frau Eve und wieder um deren Sohn Nicholas, der allerdings noch Anfänger war. Stuart war der Fänger, und er machte seine Sache seit Jahren wirklich gut. Und doch war jeder neue Akt auf dem Trapez eine Herausforderung und ein Abenteuer zugleich. Vor allem jetzt, da es endlich soweit kam, dass Pat ihren dreieinhalbfachen vor Publikum springen wollte. Denn dies hier war der letzte Tag ihres Aufenthaltes in Stirling, und noch in der Nacht nach der letzten Vorstellung würde der ganze Zirkus weiterfahren nach Dumbarton, kurz vor der Mündung des Flusses Clyde  gelegen. Es war eine malerische, alte Stadt mit viel Geschichte und einer modernen Bevölkerung, die hoffentlich empfänglich sein würde für das Programm, das der First National Circus zu bieten hatte.

Der Name des Zirkus war natürlich frei erfunden und reichlich angeberisch, aber bisher hatte niemand Einspruch erhoben. Und so hatte Cedric O'Malley, der Direktor und Besitzer des Zirkus, bisher keine Veranlassung gehabt den Namen zu ändern, auch wenn er ziemlich hochtrabend klang.

Cedric kam jetzt in die Hauptmanege, wo die Flying Generations noch immer probten, und unwillkürlich hielt er den Atem an, als Pat zum dreieinhalbfachen Salto ansetzte. Hände klatschen gegeneinander, Talkum staubte auf, und ein unterdrückter Schrei kam von oben, als die junge Frau vom Fänger nicht richtig aufgefangen werden konnte. Dann ließ sich Pat ins das Netz fallen, wo sie gleich darauf ein wenig zur Ruhe kam. Schließlich rieb sie sich über die Schulter, wo sie augenscheinlich Schmerzen hatte. Trotzdem kam sie auf die übliche Art, mit einem Überschlag über die Netzkante, auf den Erdboden hinab.

„Das ging voll daneben“, klagte sie. „Ich habe ein Gefühl, als wäre meine Schulter aus dem Gelenk gerissen.“

Trotz der gespannten Aufmerksamkeit, die Cedric dem Sprung der jungen Frau geschenkt hatte, wirkte er ein wenig gehetzt. Der Zeitplan war eng.

„Ich gebe euch noch eine Viertelstunde“, sagte er zu Angus McNeill und schaute dann Pat aufmerksam an. „Bist du soweit in Ordnung? Kannst du heute Abend auftreten?“

„Natürlich kann ich“, schimpfte sie. „Das muss nur ein bisschen massiert werden, und ein wenig von dieser Salbe, die Colin zusammenmixt, muss drauf, dann wird das schon wieder.“

Der Blick von Angus war noch skeptisch, doch andererseits wusste er genauso gut wie Pat, dass sie sich mittlerweile zum Zugpferd der Flying Generations entwickelt hatte, und ein Auftritt ohne sie eigentlich gar nicht in Frage kam.

Cedric O’Malley, ein schlanker, älterer Mann undefinierbaren Alters, das irgendwo zwischen fünfzig und siebzig liegen mochte, griff Pat sanft unter das Kinn. „Du machst das schon, mein Kleines, ja?“, fragte er freundlich.

Sie nickte, sie war nicht wehleidig, und wegen einer Lappalie würde sie niemals eine Vorstellung schmeißen. Die Zirkusluft lag ihr im Blut, obwohl sie von Hause wirklich keine Verbindung zum Zirkus gehabt hatte. Aber irgendwann war der Tag gekommen, an dem es sie gepackt hatte, und nach mehr als einem heftigen Streit mit ihrem Vater war sie einfach gegangen, hatte ihren Namen geändert und lebte seitdem im und für den Zirkus. Um diese Position zu erreichen, der Star der Flying Generations zu sein, hatte sie mehr als hart arbeiten müssen; war ganz klein angefangen als Tierpflegerin, oder vielmehr Mädchen für alles, hatte Fragen gestellt, gelernt, geübt, bis schließlich der große Tag gekommen war, an dem sie sich einfach in die Trapeztruppe hineindrängte und darauf bestand, dass man ihr zusah und beurteilte, was sie konnte.

Angus McNeill hatte ihr zunächst die Hölle heiß gemacht, dann jedoch seinen Sohn Stuart angewiesen sie zu fangen, wenn sie es denn schaffen sollte, bis dorthin zu fliegen - und zehn Minuten später war er begeistert gewesen. Pat hatte, vom Boden aus, jede Figur, jeden Bruchteil von Sekunden instinktiv erfasst und war in der Lage gewesen, sich selbst in die Springerin hineinzuversetzen.

Angus schaute jetzt Pat hinterher, die mit raschen Schritten dem Ausgang entgegenlief, um sich ein wenig die Schulter massieren zu lassen. Im Grunde war dieses Training vorbei, vor allem, da auch die Zeit drängte, denn die nächsten, die die große Manege zum Training benutzten, waren die Dompteure mit den Raubtieren. Und dafür mussten zunächst einmal die großen Schutzgitter rund um die Manege aufgestellt werden, wie auch der Gitterlaufgang, von den Käfigen in die Arena. Das alles kostete Zeit.

Als Pat hinausging, umgab sie der vertraute Geruch des Zirkus. Sie atmete tief ein, hier fühlte sie sich zuhause, das hier war ihre Welt.

Sie ging zielsicher durch die abgestellten Wohnwagen zu einem bestimmten hin und klopfte an dessen Tür. Colin Frazier, der Weißclown öffnete, schaute Pat an und grinste dann verständnisvoll.

„Ist es wieder einmal soweit?“, fragte er.

Pat nickte. „Stuart hat irgendwie den Arm beim Fangen verdreht, glaube ich, und die ganze Schulter tut mir weh.“

„Na, komm herein, Kleine. Eigentlich wäre es ja die Aufgabe von Angus, dir die Schulter zu massieren...“

„Aber du machst das doch viel besser“, schmeichelte sie.

Colin war ein alter Mann von fast siebzig Jahren, und der Zirkus war sein Leben, er war Weißclown, solange er denken konnte. Aber wie in fast jedem Zirkus war es so, dass außerhalb der Vorstellungen eigentlich jeder jedem half. Und irgendwann hatte Pat festgestellt, dass Colin heilende Hände besitzen musste, denn nach jeder Massage bei ihm fühlte sie sich wie neugeboren. So auch jetzt.

Colin machte keine langen Umstände, setzte Pat in einen Stuhl und begann fachmännisch und sehr wirkungsvoll die Schulter zu massieren, so dass Pat nach kurzer Zeit wie in Kätzchen schnurrte, als die Schmerzen nachließen.

„Du bist ein wahrer Zauberer“, lobte sie, umarmte den alten Mann und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

Der grinste nur. „Kein Zauberer, mein Mädchen, nur ein alter Clown, der in seinem langen Leben viel aufgeschnappt hat...“

„...und jetzt der Retter in der Not ist“, vollendete sie den Satz, warf ihm noch einmal eine Kusshand zu und lief dann hinaus.

Aus dem Hauptzelt mit der großen Manege hörte sie das Fauchen der Löwen, dazwischen die lauten Befehle von Alexej, dem russischen Dompteur; ein wenig rechts von ihr, auf einer freien Fläche, übte Belinda mit den Pferden die hohe Schule, drüben probten die Springer mit den Katapulten und winkten ihr aus der Luft zu.

Pat warf einen Blick auf die Uhr, noch ungefähr zwei Stunden bis zur Öffnung der Kassen, da konnte sie noch etwas essen und sich ein wenig ausruhen. Heute würde es ihre Aufgabe sein, am Eingang die Karten zu verkaufen. Jeder im Zirkus hatte mehrere Aufgaben, anders war es nicht zu schaffen, denn Personal war teuer.

Pat ging hinüber zum Küchenzelt. Viele der Artisten kochten in ihren Wohnwagen selbst, doch wer keine Lust oder Zeit dazu hatte, ging in die zentrale Küche, wo man zu jeder Zeit etwas Warmes zu essen bekommen konnte, denn die Essenszeiten waren äußerst unterschiedlich. Und es war das, was Pat als Hochleistungsartistin brauchte, vielleicht nicht so wohlschmeckend, wie es hätte sein können, aber kalorienreich und nahrhaft. Und seit einigen Jahren kannte sie auch gar nichts anderes mehr, man gewöhnte sich an alles, fand sie. Seit sie von ihrem Vater fortgegangen war und im Zirkus lebte, gehörte das Essen im Küchenzelt zu ihren täglichen Gewohnheiten.

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Später in der Vorstellung stand sie hoch oben auf dem Trapez, schaute zu Stuart hinüber und fühlte Eve an ihrer Seite stehen.

Die beiden Frauen, die zu Anfang enge Freundinnen gewesen waren, hatten sich seit einiger Zeit auseinander dividiert, aber der Grund dafür war Pat noch nicht ganz klar geworden. Sie hatte Eve doch nie etwas getan. Aber jetzt, da Pat gleich zu ihren Paradesprung ansetzen würde, gab Eve ihr in alter freundschaftlicher Manier einen Klaps auf den Rücken. Beide Frauen wussten, dass Eve es in diesem Leben nicht mehr schaffen würde, jemals eine solche Sensation am Trapez zu bringen, und so zitterte Eve, die vier Jahre alter war als Pat, doch mit der jüngeren mit.

„Mach es gut! Du kannst es!“, flüsterte Eve, und für einen Augenblick schienen alle Streitigkeiten zwischen ihnen beiden vergessen.

Stuart setzte zum Schwingen an, und Pat zählte mit, wie sie es schon unzählige Male getan hatte. Es war ihr gar nicht mehr bewusst, dass Hunderte Menschen auf den Sitzen unten auf sie starrten, das hatte sie noch nie weiter interessiert. Ihr war es immer nur ein Anliegen gewesen, auf dem Trapez zu stehen und zu fliegen.

„Jetzt!“, flüsterte sie unhörbar und begann selbst sich an der Schaukel in Schwingung zu versetzen, immer höher hinauf, bis fast unter das Zeltdach; dann gab sie sich noch einmal einen unhörbaren Befehl, ließ schließlich die Stange los und zwang ihren Körper in die vollkommene Drehung, bis sie genau im richtigen Moment auseinander schnellte wie eine Schlange, die Arme ausstreckte, und ohne etwas zu sehen in die ausgestreckten Hände von Stuart fiel. Es klatschte, wie üblich, Talkum staubte auf, und unten aus dem Zuschauerraum klang begeisterter Beifall auf.

Es war Routine zurückzuspringen an die eigene Schaukel, und doch spürte Pat sofort, dass etwas nicht stimmte. In ihrer Schulter tobte wieder ein wütender Schmerz, und es fiel ihr schwer, wieder auf dem Haltebalken zum Stehen zu kommen. Doch Gott sei Dank war damit die Show für diesen Abend zuende.

Wie alle anderen ließ auch Pat sich ins Netz fallen, und außer Eve und Stuart sah niemand die Tränen, die ihr über die Wangen liefen, als sie die Schmerzen auch weiterhin tapfer verschluckte, während sie zu ihrem eigenen Wohnwagen lief. Eve rief noch etwas hinter ihr her, doch das hörte die Frau nicht mehr, sie wollte allein sein, bis die tobenden Schmerzen nachließen. Es waren die ersten Anzeichen, wie sie sehr wohl wusste, die darauf hindeuteten, dass sie nicht mehr allzu lange fliegen konnte. Die Knochen und Gelenke machten solche Belastungen nur eine begrenzte Zeit mit, und bei Pat schien es früher anzufangen. Das würde ihr das Herz brechen, dachte sie.

Colin, der Clown, schaute ihr hinterher, ihn konnte sie nicht täuschen mit ihrer aufgesetzten Haltung. Aber er hatte jetzt zu tun, und so konnte er ihr nicht nachlaufen und sie trösten oder ihr helfen.

Irgendwann an diesem Abend war auch die letzte Vorstellung zuende und der letzte Besucher gegangen. Doch statt dass wohltuende Ruhe einkehrte, brach hektische Betriebsamkeit aus.

Im Schein hastig aufgestellter Lampen wurde das Hauptzelt abgebaut, wurden die Käfige mit den Tieren versandsicher gemacht, und kurz vor Morgengrauen setzte sich die lange Schlange des Trosses in Bewegung – auf zu einem neuen Standplatz, zu neuem Publikum – auf nach Dumbarton!

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Die große Freifläche befand sich am Ufer des Clyde, und mehr als ein Artist wunderte sich darüber, dass dieses Gelände noch nicht bebaut war, denn es schien als Land mitten in der Stadt ein regelrechter Leckerbissen. Aber ernsthafte Gedanken machte sich niemand darüber, dafür kamen sie einfach an zu viele Plätze, bei denen sich Fragen aufwerfen konnten, wenn man das denn unbedingt tun wollte.

Um die Mittagszeit herum hatte man die Käfigwagen mit den Tieren platziert, die Wohnwagen waren in einem regelrechten Park aufgestellt, durch den unsichtbare Straßen führten, und alle Artisten wie auch die Hilfskräfte waren rechtschaffen müde.

Doch schon am Abend würde die erste Vorstellung stattfinden, und mehr als ein bis zwei Stunden Schlaf waren für niemanden drin. Die Tiere mussten getränkt und gefüttert werden, die Proben würden ebenfalls noch stattfinden müssen, und so griff ein Rädchen ins andere. Der Zirkus war ein perfektes Beispiel dafür, wie man Hand in Hand arbeitete, Leerlauf vermied, und jeder nicht nur an seinem Platz stand, sondern auch dort einspringen konnte, wo er gerade gebraucht wurde.

Doch zunächst einmal musste das große Zelt aufgebaut werden, und jeweils drei Männer standen an den Trossen, die das Zeltdach aufrichteten und auf Spannung brachten. Es war Knochenarbeit, und die Kräfte aller wurden bis zum Letzten gebraucht.

Dann aber ertönte ein peitschender Knall, einige Männer schrien auf, und urplötzlich geriet das ganze Gebilde ins Wanken. Eine der fast armdicken Haltetrossen war gerissen. Männer purzelten übereinander, als die Spannung mit einem Ruck nachließ, und die gerissene Trosse schlang  sich wie eine tödliche Peitsche durch die Luft.

Die warnenden Rufe kamen zu spät, die Trosse traf einen der Männer quer über den Körper, dass er zurückgeschleudert wurde und blutig verletzt liegenblieb. Das fast aufgerichtete Zelt blähte sich auf wie ein Ballon und sackte dann wieder zusammen.

Unter den neugierigen Zuschauern aus der Stadt machte sich Panik breit. Aber die Leute liefen nicht kopflos davon, sondern blieben trotz ihrer Angst weiterhin neugierig stehen, standen jetzt aber in einer kleinen Gruppe etwas abseits.

„Das ist wieder der Fluch!“, klang eine Stimme aus der Menge auf. „Der Fluch hat wieder zugeschlagen.“

Von den Artisten achtete zunächst niemand auf dieses Gerede, stattdessen kümmerten sich drei Leute um den Verletzten, während andere eine neue Trosse spannten und das Zelt endlich mit vereinten Kräften aufstellen wollten, um es dann zu verankern.

Unterdessen schaute Alexej, der Dompteur, gewohnheitsmäßig nach seinen Raubtieren, einer gemischten Löwengruppe, und bemerkte plötzlich mit großem Schreck, dass zwei der Käfigtüren offenstanden. Es grenzte an ein Wunder, dass die Tiere noch nicht hinausgelaufen waren; und er beeilte sich, die Käfige wieder zu verriegeln, damit kein Unglück passieren konnte. Wütend nahm er sich vor, nachher ein ernstes Wort mit den Helfern zu reden, dass so etwas nicht wieder vorkam, es konnte hier um Menschenleben gehen. Löwen waren schließlich keine Schmusekätzchen, auch wenn sie in der Manege bereitwillig auf ihren Dompteur reagierten.

Unterdessen war Cedric am Hauptzelt eingetroffen, begutachtete die weiteren Arbeiten und sorgte dafür, dass der Verletzte ins Krankenhaus kam. Mit wenigen gezielten Worten brachte er Ruhe in das Chaos, und die Aufregung unter dem Personal legte sich schnell.

Dann aber schritt Cedric zu den Neugierigen hinüber und versuchte mit den Leuten zu sprechen, um den schlechten Eindruck gleich wieder abzubauen.

„Das war ein Unglücksfall, wie er immer wieder mal vorkommen kann“, begann er. „Ich hoffe, niemand von Ihnen lässt sich davon beeindrucken. Unfälle gibt es schließlich überall. Ich will wirklich hoffen, Sie alle heute Abend in der Premiere zu sehen.“

Doch jetzt trat ein älterer Mann aus der Gruppe hervor und schaute den Zirkusdirektor ein wenig ängstlich an. „Es ist der alte Fluch, Sir“, verkündete er. „Die Hexe Isabella hat wieder zugeschlagen.“

Einige Leute stimmten ihm zu und bekreuzigten sich. Cedric fluchte innerlich leise und hoffte, dass niemand außer ihm es gehört haben mochte, denn viele der Artisten waren schrecklich abergläubisch, und wenn sie etwas von einem Fluch hörten, würden sie darauf bestehen, sofort wieder abzureisen. Aber hier vor den Leuten beherrschte er sich und setzte ein freundliches Lächeln auf. Dann versuchte er die Wogen zu beschwichtigen.

„Wie interessant. Erzählen Sie mir von dem Fluch“, bat er und drängte die Leute ein bisschen zur Seite. Es war vermutlich die einzige Taktik, um das Gerede zum Stillschweigen zu bringen, denn eine Ablehnung seinerseits hätte erst recht das Getuschel aufflammen lassen.

„Im siebzehnten Jahrhundert wurden hier Hexen verbrannt“, erklärte ein Mann mittleren Alters, der auf den ersten Blick einen ganz vernünftigen Eindruck machte. „Und seit der letzten Verbrennung hat es auf diesen Platz nichts mehr gegeben, was sich halten konnte, kein Haus, kein Geschäft, keine Gaukler. Und da muss etwas dran sein, oder glauben Sie vielleicht, die Stadt ließe sich so gutes Bauland entgehen?“

Cedric schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Aber es ist eine Tatsache, dass wir jetzt hier unser Quartier aufgeschlagen haben und noch heute Abend unsere Premiere geben. Und ich lade Sie alle herzlich dazu ein. Wir lassen uns nicht einfach von einem Fluch vertreiben.“

Es mochten wohl noch ein Dutzend Leute sein, die um den Direktor herumstanden, und Cedric zögerte jetzt nicht mehr und gab jedem von ihnen eine Freikarte, die beste Werbung, die er sich vorstellen konnte. Und das sollte die Bedenken wohl zerstreuen.

Auch unter den Artisten legte sich die Unruhe im Laufe des Tages, nachdem es keine weiteren Zwischenfälle mehr gab. Bald darauf liefen schon die ersten Proben, und niemand dachte an einen Fluch. Hier gab es die ganz normale Aufregung vor einer Premiere in einer neuen Stadt, und es herrschte die übliche Hektik.

Die Premiere am Abend würde darüber entscheiden, ob die Leute zufrieden waren und ob es sich lohnte, das Gastspiel vielleicht sogar auszudehnen.

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Die Kapelle spielte einen Tusch, der Scheinwerfer richtete sich auf Cedric, der direkt vor dem Vorhang stand, als Zirkusdirektor im glitzernden Frack, funkelnd und unwirklich anzusehen, und jetzt langsam in die Mitte der Manege schritt. Ein strahlendes Lächeln zeichnete sich in seinem Gesicht ab, als er die folgende Attraktion ankündigte.

„Und nun, mein sehr verehrtes Publikum, meine Damen und Herren, liebe Kinder, habe ich die große Ehre Ihnen eine einzigartige Sensation anzukündigen. Begrüßen sie mit mir die Flying Generations, die einzige Truppe in diesem Lande, in dem eine Frau den dreieinhalbfachen Salto springt, den Salto mortale.“ Theatralisch streckte er den Arm aus, der Vorhang öffnete sich, während rauschender Beifall aufklang und die Trapeztruppe hereinschritt.

Wider alle Befürchtungen Cedrics war die Premiere doch ausverkauft, es schien genug Leute zu geben, denen der Fluch egal war, oder die gar nicht daran glaubten.

Jetzt standen die Flying Generations im Rampenlicht, legten ihre glitzernden Umhänge aus blauem und silbernem Stoff ab, und begannen mit anmutigen Bewegungen an den Seilen hochzuklettern.

Das Programm begann mit den standardmäßigen Sprüngen, die zwar häufig spektakulär aussahen, aber meist nicht besonders schwierig waren.

Aber endlich klang ein Trommelwirbel auf, atemlose Stille breitete sich aus, und die Spannung unter den Zuschauern trieb einem Höhepunkt zu. Auch in Pat breitete sich Spannung aus, aber das war reine Konzentration auf den nächsten Sprung. Drüben an der Schaukel machte Stuart ihr ein Zeichen, verhakte sich mit seinen Beinen in den Seilen seiner Schaukel, und begann kopfüber zu schwingen. Pat zählte mit, dann begann auch sie nach ihrer Schaukel zu greifen. Genau zum richtigen Zeitpunkt ließ sie los und begann sich in der Luft zu drehen, streckte dann den Körper, gleich darauf klatschten ihre Hände in die von Stuart und tobender Beifall brandete aus den Zuschauerrängen auf. Pat hatte befürchtet, dass sich ihre Verletzung an der Schulter als schlimmer erweisen würde, doch wie durch ein Wunder war am Morgen kein Schmerz mehr dagewesen. Und so war sie jetzt erleichtert, dass alles gut geklappt hatte. Sie sprang zurück auf den schmalen Holm, auf dem Eve stand und wartete. Pat hob wie zum Triumph einen Arm, weit mehr als nur eine Geste gegenüber dem Publikum.

„Gut gemacht“, stellte Eve fest.

„Danke“, sagte Pat. „Und jetzt du!“

Für Eve kam jetzt der Sprung, vor dem sie immer ein wenig Angst hatte, ein geschraubter Salto, bei dem es, wie immer am Trapez, auf Sekundenbruchteile ankam, um den Fänger nicht zu verfehlen.

Pat fieberte innerlich mit, denn sie kannte die Nervosität von Eve vor diesem Sprung. Aber irgendetwas schien plötzlich nicht mehr zu stimmen, so als wären die Abstände zwischen Flieger und Fänger nicht mehr in Ordnung. Normalerweise war es ein vertrauter Blick für Pat und alle anderen, die Abmessungen des Trapezes stimmten immer auf den Millimeter genau, dafür sorgte schon Angus, der mit Argusaugen darüber wachte. Doch Pat hatte jetzt das Gefühl, dass irgendetwas ganz und gar falsch war, und dass gleich ein Unglück passieren musste. Sie wollte Eve zurückhalten, doch das ging natürlich nicht mehr, die junge Frau befand sich längst in der Luft, und in weniger als einer Sekunde würde sie in die Hände von Stuart fallen.

Pat hielt sich unbewusst krampfhaft an dem Stahlträger fest, der dem Gebilde Halt gab und hoffte, dass ihr Gefühl sie getrogen hatte.

Aber da passierte es auch schon. Es sah für Pat aus, als würde Eve nicht in gerade Linie zu Stuart hinüberfliegen, sondern so, als wäre die Flugbahn schräg.

Eve verfehlte Stuart.

Nun, da ist ja noch das Netz, beruhigte sich Pat selbst, doch im gleichen Augenblick sah sie, dass Eve auch das Netz nicht richtig traf, sie schlug auf die straff gespannte Kante auf, schrie spitz und hoch auf und fiel dann mit einem seltsamen Geräusch zu Boden in die Manege. Blut färbte das Sägemehl rot, und ein allgemeiner Aufschrei aus dem Publikum hallte durch die Luft.

Im gleichen Moment ließ Stuart sich von seiner Schaukel ins Netz fallen und schwang sich sofort auf den Boden, wo er sich über seine Frau beugte. Pat tat es ihm nach und war gleich darauf ebenfalls bei Eve. Sie war bewusstlos, aus einer Wunde am Kopf und aus dem Mundwinkel sickerte Blut, ebenso aus einem Ohr. Stuart war kreidebleich, und Pat zitterte am ganzen Körper.

Das Publikum versuchte sich dorthin zu drängen, um mehr zu sehen – eine sensationslüsterne Meute.

Cedric stand längst schon am Mikrofon und versuchte, die Menschen zu beruhigen. Sofort, als er sah, dass der Sprung danebenging, hatte er jemanden abgebrüllt einen Krankenwagen zu rufen, und jetzt bemühte er sich verzweifelt darum, unter dem Publikum keine Panik aufkommen zu lassen. Ein Mann aus dem Publikum stellte sich als Arzt vor und unternahm erste Ansätze zur Hilfe. Zwei Helfer kamen auch schon mit einer Trage und betteten Eve nach den Anweisungen des Arztes vorsichtig darauf, um die Frau aus der Manege, fort von den lüsternen Augen, zu bringen.

Gott sei Dank war der Krankenwagen schnell zur Stelle, und Eve wurde in rasender Fahrt weggebracht. Stuart hatte sich mit in den Wagen hineingedrängt. Aber Pat stand jetzt allein, verloren, zitternd und bleich auf dem Platz und starrte dem Wagen hinterher, bis Angus kam und sie in die Arme nahm.

„Mach jetzt ja nicht schlapp, hörst du? So was kann passieren, das weißt du doch. Vielleicht war Eve unkonzentriert, vielleicht hat sie sich auch verzählt. Das darf aber keine Auswirkungen auf dich haben.“

Pat schüttelte den Kopf. „Irgendetwas stimmte da nicht, es sah aus, als wäre sie schief geflogen.“

„So ein Unsinn“, brummte Angus. „Man kann über meine Schwiegertochter sagen, was man will – sie ist manchmal sicher ein wenig zickig und vielleicht sogar herrschsüchtig, aber solche Fehler macht sie seit ihren Anfangstagen nicht mehr.“

Pat zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht. Jetzt können wir nur hoffen und beten.“

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Nein, Mutter, ich bleibe die Woche über in der Stadt. Es ist mir einfach zu anstrengend jeden Abend hier herauszufahren, ich brauche dazu fast eine Stunde. Und da ich nicht immer pünktlich Feierabend habe, wie du weißt...“

„Keith, du musst dich nicht vor mir rechtfertigen“, unterbrach Lady Marjorie Anne Frances Lithgow ihren Sohn mit einem nachsichtigen Lächeln. „Ich wollte doch nur wissen, ob du heute Abend zum Essen zuhause bist.“

Lady Marjorie, die Herrin auf Glencarrick Castle, war eine hochgewachsene, schlanke Frau von herber Schönheit, gesegnet mit hoher Intelligenz und gesundem Wortwitz, sowie einer fast unerschöpflichen Geduld. Seit dem Tode ihres Mannes lebte sie allein im Schloss und umsorgte zusammen mit dem Personal ihren Sohn Keith. Der war, obwohl er es aus finanziellen Gründen nicht nötig hatte, in einem geordneten Beruf tätig. Einer Neigung folgend, war er schon in jungen Jahren zur Polizei gegangen und hatte es mittlerweile zum Inspector gebracht. Im täglichen Leben legte er wenig Wert darauf als „Seine Lordschaft“ angesprochen zu werden, bediente sich stattdessen des Familiennamens Lamont. Nicht einmal alle seine Mitarbeiter wussten, dass er adelig war.

Es war Montag früh, der Tag nach dem Unglück im Zirkus, von dem Keith Lamont noch gar nichts wusste. Doch eine unbestimmte Ahnung sagte ihm, dass diese Woche anstrengend und aufreibend würde, und so hatte er nicht vor, jeden Abend nach Glencarrick Castle nach Hause zu fahren, sondern würde in seinem Appartement in der Stadt bleiben. Dadurch war er auch unabhängig von bestimmten Essenszeiten und konnte sich ganz seiner Arbeit widmen, die nicht immer mit einem Acht-Stunden-Tag beendet war.

Es tat ihm leid, dass seine Mutter jetzt die ganze Woche allein bleiben würde. Anderseits hatte er sie schon oft genug gebeten auch mal allein unter die Leute zu gehen oder sich einen Freund zu suchen, doch Lady Marjorie hatte immer wieder lachend abgelehnt. Sie hatte ihren Mann Gregory sehr geliebt und war nicht der Meinung, dass man ein solches Glück zweimal im Leben haben könnte.

Und so fühlte sie sich wohl auf Glencarrick Castle, hatte sich einen bemerkenswerten Rosengarten angelegt, den sie mit Liebe und Hingabe pflegte, und versuchte sich seit neuestem in der Malerei, wobei sie recht gute Bilder zustande brachte, die sie selbst allerdings als amateurhaft bezeichnete.

Keith drückte seiner Mutter jetzt einen Kuss auf die Wange und schaute sie bewundernd an. „Eine neue Bluse?“, fragte er.

Die Lady trug eine leuchtend blaue Bluse von raffiniertem Schnitt, die sehr gut mit ihrer Augenfarbe harmonierte und regelrecht auf die Figur zugeschnitten war.

Sie blickte nun an sich herunter. „Ach nein, ich habe dieses alte Schätzchen mal wieder aus dem Schrank geholt, sie mag wohl zehn Jahre alt sein, aber sie ist wieder modern.“

Keith lachte. „Wenn alle Frauen so sparsam wären wie du, würde die Wirtschaft am Boden liegen“, bemerkte er.

„Nun mach schon, dass du wegkommst, deine Arbeit ruft.“ Lady Marjorie gab ihrem Sohn spielerisch einen Klaps auf den Rücken und schaute ihm dann nach, wie er das Schloss verließ.

Der einunddreißigjährige Earl of Lithgow war, ebenso wie seine Mutter, schlank und hochgewachsen, besaß leuchtend blonde, fast weiße Haare und strahlend blaue Augen. Lady Marjorie hatte sich schon oft gewundert, dass er noch keine Frau fürs Leben gefunden hatte, aber ihr Sohn war sehr wählerisch. Und nach einer Beziehung, die nach mehr als zwei Jahren in die Brüche gegangen war, hatte er sich nicht mehr um eine neue Frau bemüht. Gelegentlich sprach ihn seine Mutter schon einmal darauf an und schlug ihm diese oder jene Frau vor, die er sich doch einmal näher ansehen sollte, aber Keith wehrte lachend alles ab und schob dann seine Arbeit vor.

„Keine Frau würde es auf Dauer mit einem Polizisten aushalten“, so meinte er.

Einer Leidenschaft jedoch, die er sich von dem normalen Gehalt eines Polizisten nicht hätte leisten können, hatte er nachgegeben, er fuhr einen amerikanischen Sportwagen, einen Stingray, ein älteres Modell, das schon fast als Oldtimer galt. Und diesen Wagen hütete er wie seinen Augapfel; aber davon abgesehen lebte er bescheiden und hatte auch keine Allüren oder pochte gar auf seinen Status. Die Kollegen arbeiteten gern mit ihm zusammen, denn er hatte vollendete Manieren und einen guten Stil.

Als er an diesem Montagmorgen in seinem Büro ankam, wartete der Chief-Superintendent Buchanan schon auf ihn.

„Ich möchte, dass Sie diesen Fall übernehmen und sehen, was daran ist“, sagte er zu Keith und reichte dem Inspector eine dünne Akte. Erst auf den fragenden Blick des jüngeren Mannes räusperte er sich. „Das Ganze erscheint mir ein wenig dubios. Es hat einen Unfall im Zirkus gegeben, und der Constable, der den Fall übernommen hatte, stellte fest, dass eine Haltetrosse des Trapezes nicht richtig verankert war. Es könnte sich hierbei durchaus um Mord handeln, aber es kann ebenso gut sein, dass sich eine Nachlässigkeit beim Aufbau eingeschlichen hat.“

Lamont seufzte. „Sir, auf meinem Tisch liegen eine Vergewaltigung und zwei Morde, sowie...“

„Ich weiß, Lamont, ich weiß.“

Keith öffnete ärgerlich den Ordner und betrachtete das einzelne Blatt, das darin lag. „Ich wusste nicht einmal, dass ein Zirkus in der Stadt ist“, sagte er dann nachdenklich. „Wo lagert er denn?“

„Auf dem Richtplatz am Clyde.“

Der Kopf von Keith ruckte hoch, aber Buchanan winkte ab. „Jetzt kommen Sie mir bitte nicht mit den Geistergeschichten. Ich will davon nichts hören. Wenn es überhaupt einen Fluch gibt, dann ist es der, dass wir verflucht sind, uns mit solchen Dingen herumzuschlagen.“

„Sir, bei allem Respekt“, begann Keith, wurde aber wieder rüde unterbrochen.

„Wenn Sie unbedingt an einen Fluch glauben wollen, Lamont, dann tun Sie das in Ihrer Freizeit. In Ihrem Bericht will ich nichts davon lesen, ist das klar?“

Keith nickte ergeben, in diesem Punkt war mit seinem Chef nicht zu reden. Wie konnte ein Schotte nur so phantasielos sein? Der junge Mann wusste längst, dass es in diesem Leben mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gab, als er oder jemand anderes erklären konnte.

So schaute er seinen Chef nur resigniert an. „Ja, Sir!“

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Es war wie eine Stadt für sich, eine eigene Welt, in der Außenstehende keinen Zutritt hatten.

Keith, der seit frühester Jugend den Zirkus faszinierend fand, tauchte ein, in diese Welt und freute sich, dass er zum ersten Mal ein wenig hinter die Kulissen sehen konnte. Er hatte seine Assistentin Janet Fitzpatrick mitgenommen, eine meist unauffällige junge Frau, sehr tüchtig, aber hoffnungslos verliebt in ihren Chef. Und was Lamont absolut nicht erwartet hätte – auch sie konnte sich total für den Zirkus begeistern. Schon auf der Fahrt dorthin erzählte sie freudestrahlend von ihren Erlebnissen damit und stellte Mutmaßungen darüber an, wen und was sie nun alles entdecken konnte. Keith sah sich genötigt, sie ein bisschen zu bremsen.

„Janet, wir sind dienstlich hier. Es hat einen schweren Unfall gegeben, und es besteht die Möglichkeit, dass es sich um einen Mordversuch handelte, sonst würden nicht wir eingeschaltet.“

„Ist ja schon gut, Chef, ich werde mich ein bisschen zurückhalten“, maulte sie.

Lamont lächelte, er konnte die Begeisterung ja verstehen, denn auch er selbst freute sich darauf. Aber dennoch wussten beide, dass erst der Dienst kam, und dann vielleicht noch ein wenig Vergnügen.

Der erste Weg der beiden führte sie zu Cedric O’Malley, logischerweise war er der erste Ansprechpartner.

Cedric hatte gerade die neusten Nachrichten über Eve aus dem Krankenhaus bekommen, und es sah für die junge Frau nicht sehr gut aus. Es war unwahrscheinlich, dass sie jemals wieder auf das Trapez steigen konnte. Ein Schädelbasisbruch, einige gebrochene Rippen und ein Splitter in der Wirbelsäule würden das unmöglich machen. Sie konnte von Glück sagen, dass sie nicht gelähmt blieb.

Und so wirkte der Direktor nervös und besorgt, was aber auch zum Teil daran lag, dass er den Bericht des ermittelnden Polizeibeamten natürlich kannte, nach dem das Trapez nicht ordnungsgemäß befestigt war.

Der Wohnwagen Cedrics machte einen guten Eindruck. Er war peinlich genau aufgeräumt, alles stand oder lag an seinem Platz, und es gab eigentlich nichts Überflüssiges. Nur wenige Fotos zeugten von den großen Erfolgen, auf die Cedric zu Recht hätte hinweisen können.

Janet setzte sich auf einen Stuhl und zückte einen Notizblock, während Keith sich Cedric gegenüber am Schreibtisch niederließ.

„Was können Sie mir über das Unglück erzählen?“, war seine erste Frage.

Cedric zuckte die Achseln. „Was soll ich groß sagen? Die Vorstellung war eigentlich wie immer. Ich habe die Flying Generations angesagt, und die Show begann. Pat schaffte ihren dreieinhalbfachen – eine großartige Frau, muss ich Ihnen sagen - tja, und dann ist Eve abgestürzt. Bei einem Routinesprung, den sie sicher schon Hunderte Male gemacht hat. Jedenfalls ist er mehr oder weniger Routine.“

„Wie soll ich das verstehen?“, hakte Keith nach.

„Nun, Eve war immer etwas nervös vor dem geschraubten Salto, doch sie beherrscht ihn im Schlaf. Aber diesmal verfehlte sie Stuart, ihren Mann, den Fänger, und ich kann mir das nicht erklären – sie stürzte einfach ab.“

Cedric war bleich geworden, als er die Bilder vor seinem geistigen Auge noch einmal sah.

„Und Sie haben nach diesem Vorfall die Vorstellung nicht abgebrochen?“, forschte Lamont nach.

„Natürlich nicht“, beharrte O'Malley. „Können Sie sich vorstellen, was passiert wäre, wenn ich das getan hätte? Die Leute wären in Panik ausgebrochen. Und dass die ansteckend ist, muss ich Ihnen vielleicht nicht erklären.“

„Ja, ich glaube, ich verstehe auch Ihr Motto: Show must go on“, gab Keith zu. „Und seien die Umstände noch so schwierig.“

Cedric nickte nervös. „Genauso ist es gewesen, Inspector. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie der Constable zu der Ansicht kommt, dass das Trapez nicht richtig befestigt war. Angus McNeill achtet immer darauf, dass alles hundertprozentig in Ordnung ist. Er würde nie zulassen, dass jemand auf das Trapez steigt, wenn auch nur die geringste Kleinigkeit nicht stimmt.“

„Nun“, meinte Keith, „niemand will ihm unterstellen – oder Ihnen – dass das Trapez nicht richtig aufgebaut wurde. Man könnte es später manipuliert haben.“

„Aber das würde ja bedeuten...“ Jetzt wurde Cedric womöglich noch bleicher. „Das wäre ja versuchter Mord“, flüsterte er dann.

Der Inspector nickte. „Ja. Und deshalb werde ich mit allen Mitgliedern der Flying Generations reden müssen. Und auch mit vielen anderen. Jedem, der auch nur die Möglichkeit hatte an das Trapez heranzukommen.“

Cedric lachte nervös auf. „Das ist buchstäblich jeder hier im Zirkus, mich eingeschlossen.“

„Das habe ich befürchtet. Gibt es jemanden hier, der die Flying Generations oder einzelne Mitglieder der Truppe nicht mag? Gibt es Hass oder Neid, die soweit gehen könnten...“

„...dass jemand einen Mordversuch wagt?“, fuhr Cedric auf. „Nein, das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Natürlich gibt es hier Neid und Missgunst. Die Gruppe wird sehr gut bezahlt, überdurchschnittlich sogar, aber sie bieten auch etwas für das Geld. Aber nein, ich glaube, niemand würde so etwas wagen.“

„Seien Sie vorsichtig mit dem Wort Niemand Mr. O'Malley. Oder würden Sie für alle Ihre Leute hier die Hände ins Feuer legen?“

Cedric wurde nachdenklich. „Nein, ich glaube, das könnte ich nicht. Denn ich weiß aus Erfahrung, dass Menschen unberechenbar sind.“

„Nun, damit wären wir doch in einem Punkt schon einmal einig. Und nun würde ich gerne mit den Mitgliedern der Truppe reden. Ach, wie ist übrigens das Verhältnis zwischen Eve und ihrem Mann? Gibt es da vielleicht Spannungen?

„Sie meinen, dass er sie absichtlich nicht gefangen hat?“, empörte sich Cedric. „Nein, auf keinen Fall. Die beiden sind ein Herz und eine Seele, Stuart würde sich für Eve von Big Ben stürzen, wenn sie das wollte. Er liebt sie abgöttisch. Und sie hat auch nur Augen für ihn.“

„Wie schön, dass es solche Liebe noch gibt“, murmelte Janet, aber Lamont winkte ab. „Wo finde ich die Truppe jetzt?“

Cedric kratzte sich am Kopf. „Stuart und Angus sind mit dem Jungen im Krankenhaus bei Eve. So ist eigentlich nur Pat hier, Patricia Lionheart, die Frau mit dem dreieinhalbfachen Salto.“

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Die Wohnwagen waren wie in unsichtbaren Straßen aufgestellt, gemäß der im Zirkus herrschenden Hierarchie, die ein Außenstehender nicht verstehen konnte. Aber es war nicht weit bis zum Wagen von Pat, die auf das Klopfen an der Tür gleich öffnete. Natürlich wusste mittlerweile jedermann im Zirkus von der gelockerten Trosse, und so war es für Pat natürlich auch keine Überraschung, dass die Polizei bei ihr auftauchte.

Doch mit einem Mann, der so gut aussah und eine so phantastische Ausstrahlung hatte, hätte die junge Frau nicht gerechnet.

Aber andersherum war es ebenso.

Janet schaute verwirrt von ihrem Chef zu der Artistin, während die beiden sich anstarrten und auf den ersten Blick Sympathie aufkam, Sympathie, die für jeden sichtbar und fast greifbar war. Dann lächelte Pat den Inspector an, und für ihn war es, als ginge an diesem Tag zum zweiten Mal die Sonne auf.

„Kommen Sie herein. Es war mir schon klar, dass die Polizei aufkreuzt. Ich bin Pat Lionheart.“

Keith reichte ihr die Hand. „Ich bin Inspector Keith Lamont, das ist meine Kollegin Janet Fitzpatrick. Ich hoffe, wir werden Sie nicht lange stören.“

„Sie stören nicht, Inspector. Da der Rest der Truppe im Krankenhaus ist, kann ich außer einigen Gymnastikübungen sowieso kein Training machen.“

Keith fühlte sich auf Anhieb wohl im Wohnwagen von Pat. Denn obwohl auch der mit der Standardausstattung eingerichtet war, hatte sie es doch verstanden, ihm eine frauliche Note zu geben. Außerdem lag ein leichter Duft von einem guten Parfum in der Luft, der zu Pat passte wie ein maßgeschneidertes Kleid, und der bewies, welch einen guten Geschmack sie besaß.

Die junge Frau bot ihren Besuchern Sitzplätze an und schaute dann fragend.

„Würden Sie mir ein paar Fragen beantworten?“, begann Keith, während Janet den unvermeidlichen Notizblock in der Hand hielt und den Stift zückte.

„Ja, natürlich, ich habe nichts zu verbergen. Und ich denke, es war ein Unfall. Alles andere kann nur absurd sein.“

Pat erzählte den ganzen Vorfall noch einmal aus ihrer Sicht, vermied es aber, darauf hinzuweisen, welch ein ungutes Gefühl sie gehabt hatte. Sie fand, das gehörte einfach nicht hierher.

Ihre Erzählung war dann auch nicht sehr aufschlussreich, denn im Grunde hatte auch sie nichts Ungewöhnliches bemerkt, und so stießen alle Fragen Lamonts ins Leere.

Schließlich verabschiedete er sich von Pat, hielt aber ihre Hand ein wenig länger in der seinen als nötig und schaute ihr tief in die Augen.

„Ich hoffe, dass wir uns bald noch einmal wiedersehen“, sagte er. „Und dann vielleicht unter anderen Umständen, es muss ja nicht glich dienstlich sein.“

Janet warf Pat einen bitterbösen Blick zu, obwohl die ja nun wirklich nichts dafür konnte, dass ihr Chef sich auf den ersten Blick in die junge Frau verguckt hatte. Aber sie war noch niemals auf diese Weise von Lamont angesehen  worden, und im Grunde machte sie sich auch wenig Hoffnung, dass es jemals dazu kommen würde. Aber es änderte nichts daran, dass sie ihren Chef heimlich und intensiv liebte.

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Keith war sich ein wenig unschlüssig, wen er als nächstes befragen sollte, entschied sich dann aber dafür, erst einmal auf dem Gelände herumzulaufen, sich umzusehen und vielleicht Leute in ein Gespräch zu verwickeln, so dass sich bestimmt bessere Möglichkeiten ergaben, als wenn er stur nach einem Schema vorgegangen wäre.

Wie magisch angezogen gingen Keith und Janet auf den Weißclown Colin zu, der in einer ruhigen Ecke jonglierte und ein ausgesprochen abweisendes Gesicht machte, als er die Besucher sah.

„Fremde sind hier nicht zugelassen“, knurrte er. „Die Tierschau ist da drüben, hier haben Sie keinen Zutritt.“

Notgedrungen zog Keith seinen Ausweis hervor und hielt ihn dem Mann unter die Nase.

„Und was will die Polizei hier? Das mit Eve war ein Unfall nichts weiter. Unfälle passieren eben.“

„Nun, wir sind da anderer Ansicht. Und ich hätte Ihnen ein paar Fragen zu stellen.“

„Nun gut, dann stellen Sie Ihre Fragen, und dann verschwinden Sie wieder.“ Es war offensichtlich, dass Colin keine großen Sympathien für die Polizei hatte. Aber Lamont nahm das hin, das fahrende Volk, wie die Zirkusleute häufig noch genannt wurden, hatte seine eigenen Gesetze, und die Polizei war allgemein nicht gerne gesehen.

Keith lächelte plötzlich. „Mir scheint, Sie haben keine großen Sympathien für die Polizei, nein?“

„Ich wüsste auch nicht, warum.“

„Vielleicht, weil es doch immer heißt, die Polizei, dein Freund und Helfer?“

Colin lachte auf. „Was ist das denn? Ein Bulle mit Humor, etwas sehr Seltenes. Also gut, fragen Sie. Aber meine Freunde suche ich mir immer noch selbst aus.“

Der Inspector freute sich, hatte er doch einen kleinen Sieg errungen, und sich zumindest ein wenig Achtung verschafft.

„Fangen wir doch damit an, dass Sie mir Ihren Namen verraten.“

Janet war von dem Clown fasziniert, wie Keith lächelnd feststellte, denn während des ganzen Gesprächs hatte er nicht einmal aufgehört zu jonglieren, aber auch nicht einen seiner Bälle verloren. Es störte den Inspector auch nicht, dass er weitermachte, Keith wusste, dass ein Clown seine Konzentration sehr wohl auf mehrere Dinge gleichzeitig richten konnte.

„Ich bin Colin McLaughlin.“

„Sind Sie schon lange bei diesem Zirkus?“

„Fast vier Jahre.“

„Und Sie sind zufrieden hier?“

„Mit diesem Engagement? Ja.“

„Und mit der Bezahlung?“

„Im großen und ganzen auch“, erwiderte Colin. „Cedric handelt gute Verträge aus, hart aber fair.“

„Also kommen wir zu gestern Abend“, kam Keith nun auf den Punkt.

„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich stand hinter dem Vorhang, habe aber nicht viel von der Nummer gesehen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand hier von uns mutwillig eine Trosse lockern würde. Also kann es sich wirklich nur um einen Unfall handeln.“

In diesem Augenblick wurde Colin unterbrochen von einer Frau, die mit tänzelnden Schritten vorbeiging und spöttisch auflachte, als sie die Worte hörte. Sie sah aus wie eine echte Zigeunerin, langes schwarzes Haar wallte über ihren Rücken, die traumhafte Figur steckte in einem engen Trikot, große runde Ohrringe baumelten von den Ohren herab, und die dunklen Augen blitzten spöttisch auf.

Keith hielt inne und wandte sich blitzschnell zu der Frau um. „Mir scheint, Sie haben etwas dazu zu sagen, also scheuen Sie sich nicht.“

„Du meine Güte, jeder hier weiß doch, dass Pat und Stuart ein Verhältnis haben. Da wundert es mich gar nicht, dass...“

„Moira, halt den Mund“, kam der scharfe Befehl des Clowns.

„Warum sollte ich das tun? Willst du sie vielleicht schützen, weil du väterliche Gefühle ihr gegenüber hast.“

„Das ist Unsinn. Und es ist auch Unsinn, dass sie und Stuart ein Verhältnis haben. Ich glaube eher, du hast das Gerücht in die Welt gesetzt, weil du bei Stuart abgeblitzt bist. Tut mir leid, Inspector, glauben Sie ihr kein Wort, sie ist nur eifersüchtig. Stuart schaut keine andere Frau als Eve an. Und Pat hat es nicht nötig, sich mit einem verheirateten Mann abzugeben, sie könnte an jedem Finger zehn haben, wenn sie nur wollte.“

Für Keith war es faszinierend, auf diese Weise ungewollt, aber sehr willkommen, festzustellen, welche Animositäten unter den Artisten herrschten. Und jetzt hatte er natürlich neue Anhaltspunkte, deren Wahrheitsgehalt er erst einmal herausfinden musste.

Moira ging lachend weiter, und Lamont nahm sich vor, später noch einmal mit ihr zu sprechen. Doch zuerst würde er noch einmal mit Pat reden müssen, ein Gedanke, der ihm gar nicht so unangenehm war, wenn er auch ein ungutes Gefühl dabei hatte, die Wahrheit über das Gerücht herauszufinden. Konnte es wirklich sein, dass Pat sich mit dem Mann einer anderen Frau eingelassen hatte? Dann hätte sie auf jeden Fall ein Motiv, einen Anschlag auf Eve zu unternehmen. Auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, dass diese zarte junge Frau etwas damit zu tun haben könnte.

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Das ist einfach absurd“, empörte sich Pat. „Absoluter Unsinn. Wer immer das aufgebracht hat, kann nicht ganz gescheit sein. Stuart und ich ein Verhältnis? Niemals!“, beteuerte sie und fing gleich drauf an zu lachen. „Das ist so ein haarsträubender Unsinn, dass es kein normaler Mensch glauben würde. Stuart würde niemals eine andere Frau auch nur ansehen. Er ist so sehr in Eve verliebt, dass es schon fast an Besessenheit grenzt.“

„Dann will ich meine Frage anders formulieren“, sagte Keith. „Hatten Sie Differenzen mit Eve McNeill?“

Pat zögerte einen Augenblick, nickte dann aber. „Ja, ein wenig schon. Sie nimmt es mir übel, dass Angus mich vorgezogen hat für den dreieinhalbfachen Salto. Angus weiß, dass Eve ihn niemals schaffen kann, das ist einfach nicht möglich. Aber eine Trapeznummer braucht einen Star. Und so baute er mich auf. Das ist allerdings kein Grund, mir etwas darauf einzubilden.“

„Glauben Sie auch, dass Mrs. McNeill den Salto mortale nicht schaffen kann?“

Pat zögerte mit der Antwort, zuckte dann aber mit den Schultern. „Ich bin mir nicht sicher. Und ich will mir darüber auch kein Urteil erlauben, das weiß Angus vermutlich besser.“

Keith seufzte. „Ihnen ist klar, dass Sie im Augenblick für mich die Tatverdächtige Nummer eins sind?“