Wer hat das Fahrradöl gemopst?

Es war Herbst im kleinen Städtchen Schmuddelfing. Der Himmel war grau, es regnete die meiste Zeit, und die Leute verkrochen sich in ihren Häusern. Nur die Kinder sah man mit bunten Gummistiefeln durch die Pfützen hüpfen.

Bei so einem Wetter fühlten sich die Olchis auf ihrem Müllberg so richtig krötig.

»Zieh die Hörhörner ein!«, hörte man das eine Olchi-Kind rufen.

Es pfefferte dem anderen Olchi-Kind einen fetten Matschknödel an die Knubbelnase.

»Beim Hühnerich! Was für ein Wetterchen!«, freute sich Olchi-Mama.

Sie stand vor der Olchi-Höhle und rührte in einem verbeulten Topf.

Es hatte den ganzen Vormittag geregnet, und auf dem Müllberg standen die herrlichsten Schlammpfützen.

Schlamm brauchten nicht nur die Olchi-Kinder zum Knödelwerfen. Den brauchte Olchi-Mama auch für ihre Schmuddelbrühe.

Heute wollte sie ein neues Rezept ausprobieren. Schlammsuppe mit Turnschuhsohlen, dazu eingelegte Socken und Fahrradöl.

Platsch!, landete ein Matschknödel in ihrem Kochtopf.

»Matschknödel sind eine gute Idee, Kinderchen«, rief Olchi-Mama fröhlich. »Ihr könnt mir ruhig noch mehr reinwerfen!«

Olchi-Opa hockte wie immer auf seinem alten Ofen und kaute an seiner Knochenpfeife.

»Und jetzt ein feines Fläschchen Fahrradöl«, seufzte er. »Das hab ich mir verdient!«

Er öffnete die Ofenklappe, hinter der er seinen geheimen Fahrradöl-Vorrat versteckt hatte, und zog ein … leeres Fläschchen heraus.

»Mistiger Grätenfurz! Wer war an meinem Geheimversteck? Wer hat mein Fahrradöl gemopst?«

Olchi-Mama zeigte auf ihren Kochtopf.

»Ich hab ein paar Tropfen in die Suppe getan.«

»Und wo ist der Rest?«, rief Olchi-Opa verärgert.

»Mein Grammofon musste geölt werden«, sagte Olchi-Oma. »Wenn es eiert, klingt die Musik nicht gut.«

Olchi-Papa kam pfeifend aus der Garage. »Und ich hab Öl für meine Erfindung gebraucht. Hab für Feuerstuhl einen Rückenkrauler gebastelt. Ohne Öl läuft der nicht.«

Feuerstuhl war der Flugdrache der Olchis. Er hielt drüben in der Garage seinen fünfstündigen Mittagsschlaf. Kleine Schwefelwölkchen dampften aus seiner Nase.

Olchi-Opa knallte verärgert die Ofenklappe zu.

»Reg dich doch nicht auf«, sagte Olchi-Mama. »Dann suchen wir eben alle zusammen ein neues Fläschchen für dich.«

»Immer diese Hektik«, brummte Olchi-Oma und kletterte aus ihrer Hängematte. »Kann man hier nicht für einen Moment seine Ruhe haben?«

Die neue Maschine

»Hallo, Olchis!«, hörten sie eine bekannte Stimme.

Professor Brausewein kam über den Müllberg gestapft. Er war ein genialer Erfinder und hatte sein Labor drüben in Gammelsberg in einem alten Eisenbahnwaggon.

Was wollte er von ihnen?

»Wie schön, dass du kommst!«, rief ihm Olchi-Papa zu. »Ich hab einen Rückenkrauler für Feuerstuhl gebastelt, willst du ihn mal sehen?«

»Später gern«, sagte Brausewein. »Ich wollte euch erst mal was zeigen. Ich hab meine Zeitmaschine dabei!«

»Die kennen wir doch schon!«, riefen die Olchi-Kinder. »Damit waren wir bei den Dinosauriern, hast du das vergessen?«

»Natürlich nicht«, sagte der Professor. »Aber ich habe sie überarbeitet, und ihr werdet staunen! Sie steht auf dem Autoanhänger. Kommt und helft mir!«

 

Mit ihren starken Armen hoben die Olchi-Kinder die Zeitmaschine vom Hänger und trugen sie über den Müllberg. Der Professor wedelte nervös mit den Händen. »Vorsicht! Sie ist sehr empfindlich. Wir können sie auch rollen. Sie hat Räder!«

Doch die Olchi-Kinder fanden, dass Tragen schneller geht. Es stand ja überall Müll im Weg.

Vor der Höhle setzten sie das Ungetüm ab.

Die Zeitmaschine bestand aus einer schweren, flachen Wanne, an der ein Steuerpult befestigt war. Eine Menge Kabel hingen daran, und das Ganze sah ziemlich kompliziert aus. Neugierig lief Olchi-Papa um die Maschine herum.

»Und was ist jetzt neu daran?«

Der Professor zeigte auf einen kleinen Globus, der an die Wanne geschraubt war. Neben dem Globus war ein kleiner Kasten.

»Das ist ein programmierbarer Kalender«, erklärte Brausewein. »Damit kann ich einstellen, in welches Jahr die Reise gehen soll. Und der Zeiger am Globus bestimmt das Ziel.«

»Lausiger Mückenfurz«, rief Olchi-Opa beeindruckt. »Wenn das geht, dann will ich mal wieder nach London! Vor 250 Jahren hab ich dort gewohnt und als Ratten-Retter gearbeitet. Hab ich euch das schon mal erzählt?«

Die anderen Olchis stöhnten. Sie hatten Opas Geschichten mindestens hundert Mal gehört.

»Ich will 250 Jahre zurück nach London!«, rief Olchi-Opa aufgeregt, und schon hüpfte er mit einem Satz in die Wanne der Zeitmaschine. »Geht das, Professor? Los, schick mich da hin! Es reicht, wenn du mich morgen wieder zurückholst.«

»Wir wollen auch mitkommen!«, riefen die Olchi-Kinder. »Wir wollen wieder Mister Paddock besuchen!«

Mister Paddock, den Olchi-Detektiv, hatten sie erst kürzlich einmal besucht. Sie waren mit Feuerstuhl nach London geflogen und hatten dort herrlich krötigen Fischgräten-Tee getrunken.

»Ihr wisst doch gar nicht, ob Mister Paddock vor 250 Jahren schon in London war«, überlegte Olchi-Mama.

Aber die Olchi-Kinder waren bereits in der Wanne und riefen ungeduldig: »Schalt das Ding ein, Brauseweinchen!«

Der Professor schob seine Brille zurecht.

»Jetzt mal langsam«, sagte er. »Ich überlege gerade: Olchi-Opa war also vor 250 Jahren schon mal in London. Wenn ich ihn wieder dorthin schicke, dann ist er ja sozusagen doppelt dort! Er könnte sich dort selber treffen! Was passiert, wenn er sich selber trifft?«

»Das kann ich dir sagen«, rief Olchi-Opa lachend. »Wenn ich mir über den Weg laufe, dann gebe ich mir den guten Rat: Fahrradöl immer sofort austrinken! Sonst süffeln es die anderen weg!«

»Ist doch witzig!«, riefen die Olchi-Kinder. »Wir werden schon sehen, was dann passiert!«

»Na gut, von mir aus«, sagte Brausewein. »Es ist in jedem Fall ein interessantes Experiment. Wenn ihr wollt, können wir es versuchen.«

Er überreichte den Olchi-Kindern ein kleines schwarzes Kästchen.

»Passt gut drauf auf«, sagte er. »Das ist ein Zeithandy. Damit könnt ihr mich jederzeit anrufen. Ihr müsst nur auf den blauen Knopf drücken!«

»Und das Ding funktioniert tatsächlich in der Vergangenheit? Auch 250 Jahre weit weg?«, fragte Olchi-Papa und wunderte sich wieder, was für ein genialer Erfinder dieser Professor doch war.

»Das hoff ich doch«, sagte Brausewein. »Aber bitte passt auf. Es darf auf keinen Fall nass werden!«

Er programmierte den Kalender der Zeitmaschine auf die Jahreszahl 1750.

»Das wären jetzt ungefähr 250 Jahre«, sagte er. »Ist das okay für euch?«

»Total okay! Ich freu mich schon!«, rief Olchi-Opa. »Damals war alles so schön verratzt und müllig dort!«

»Du kannst uns gern ein paar Ratten mitbringen«, meinte Olchi-Papa.

»Und pass gut auf die Kinder auf, Opa«, sagte Olchi-Mama.

Olchi-Opa lachte. »Keine Sorge. Im alten London kenn ich mich aus wie in meiner Stinkersocke.«

Olchi-Baby dreht am Zeiger