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Für Heinz

Emilly A. Thompson

ZUKUNFT IST GESTERN

Roman

© 2018 Emilly A. Thompson

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

Umschlagsgestaltung: die ideenwerkstatt

ISBN Taschenbuch: 978-3-7469-1567-8

ISBN Hardcover: 978-3-7469-1568-5

ISBN e-Book: 978-3-7469-1572-2

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar

Prolog

Die Gegenwart ist das, was wir im Moment erleben und danach agieren, spontan im Hier und im Jetzt. Wird in diesem Moment unser Wirken von irgendetwas beeinflusst, handeln wir dann eher rational oder emotional? Hat dieser Augenblick einen Einfluss auf die Zukunft?

Generell schon, wenn wir z. B. spontan die Straße überqueren, in diesem Moment von einem Auto angefahren werden, im Krankenhaus landen und uns dort, dann unvermittelt in den Chefarzt verlieben.

Zack, nimmt unser Weg eine neue ungeahnte Richtung ein. Oder das Haus steht in Flammen und der äußerst attraktive Feuerwehrmann hat uns mit seinen starken Armen gerade aus der Flammenhölle befreit und Amors Pfeil auf uns geschossen. Natürlich könnten wir jetzt sagen, nein, nein lieber Chefarzt, du gehörst nicht in meine Zukunft. Und du, du starker Feuermann kannst den Liebespfeil auch wieder einpacken. Denn meine Zukunft habe ich schon gestern geplant oder war es bereits vorgestern. Das weiß ich auch nicht mehr so genau. Doch ihr seid hier nicht vorgesehen, fertig.

Zugegeben, dies sind auch eher unrealistische Beispiele. Aber projizieren wir es auf unsere nächste Umgebung. Zum Beispiel auf die neue Begegnung in der Firma oder die aufregende Bekanntschaft auf einer abenteuerlichen Reise, im Sportcenter, Gemüsemarkt oder auf einem Konzert. Da finden wir uns doch schon eher wieder, oder? Wann hat was denn nun Einfluss auf unser Handeln? Ist es vielleicht die Vergangenheit und welche Vergangenheit? Gestern, vorgestern oder gar Kindheitserinnerungen oder Erfahrungen aus vorheriger Beziehungen.

Und wie stark werden wir dabei von unseren Lebensumständen, momentanen Begebenheiten, Menschen oder anderen Phänomen fremd gesteuert. Und nicht zu vergessen sind die Emotionen, unsere Gefühle, welche hier gleichermaßen ihren Anspruch erheben, an jenen Entscheidungen doch bitte einmal Teil zu haben. Dies alles nimmt bei jedem von uns natürlich einen anders großen Raum ein.

Oder ist nicht doch alles schon vorgeplant und wir sind nur eine winzig kleine Fußnote in der Evolution? Dann nennen wir das doch ganz einfach Schicksal, Zufall oder Glück. So rennen wir indes weiterhin blind durch die Gegend, da wir das Unvermeidliche ja doch nicht ändern können, oder?

Doch gehen wir einmal davon aus, dass wir durchaus einen Einfluss auf unser Leben haben und das Schicksal und das Glück hier und da mal den Finger erheben.

Was wäre also, wenn wir zu einer früheren Zeit einen anderen Weg eingeschlagen hätten? Hierbei spielen festgelegte Ziele eine nicht unerhebliche Rolle.

Doch Ziele verändern sich mit der eigenen Veränderung, wollen wir das? In der Regel schon, sonst wären aus vielen kleinen Jungs heute Polizisten, Piloten, Fußballspieler oder gar Feuerwehrmänner geworden.

Auch sind nicht alle Mädchen zu Krankenschwestern, Tierärztinnen, Popstars oder gar Prinzessinnen herangewachsen, obwohl sie als Kind ein klares Ziel vor Augen hatten. Und wieso will denn keiner Büchsenmacher, Glasbläser oder forensischer Anthropologe werden? So ist es doch gut, dass sich bei einigen von uns die Ziele durch die Kraft des Vorstellungsvermögens, während der Entwicklung und den Einfluss Dritter doch immer wieder verändern.

Sonst wären ja auch letztere Berufszweige heute schon ausgestorben. Wenn sich also alles gut und richtig anfühlt, dann ergibt so eine Zieländerung doch irgendwie einen Sinn, oder?

Also wann beginnt nun unsere Zukunft?

1 Kleinstadt

Halb sieben, aus der Musikanlage ertönt ein fetziger Hard-Rock-Sound, nebst kreischender E-Gitarren. Verschreckt ziehe ich mein Kopfkissen über die Stirn und drücke es fest mit beiden Händen auf meine Ohren.

Der Sound dringt dumpf und leise an mein Ohr.

Langsam ziehe ich mein Kopfkissen von meinem Gesicht. Draußen ist es noch dunkel. Im Display meines Weckers sehe ich verschwommen die Uhrzeit, zwei Minuten nach halb sieben. Krampfhaft versuche ich, meine Gedanken zu sortieren. Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren. Mein Körper fühlt sich schlaff, aufgedunsen und träge an. Egal welcher Tag heute ist, ich werde nicht aufstehen. Wie eine Robbe am Sandstrand versuche ich, meinen Körper auf die Seite zu rollen.

Der Schweiß bricht aus jeder Pore, ich schaffe es nicht, mich umzudrehen. Das kann doch nur ein gruseliger Alptraum sein.

3 Jahre zuvor……

Gitarrensolos überfluten das überdimensionale Open-Air-Gelände. Die Luft ist lau und durch die Nebelmaschinen geheimnisvoll und mystisch. Die Masse tobt im Gleichklang des Heavy-Metal-Sounds. Auf der Bühne rockt die Band mit nackten Oberkörpern und völlig verschwitzten Haaren. Durch heftiges Springen versuche ich, meinen Horizont zu erweitern. Zwei Jungs neben mir sehen diese verzweifelte Aktion, und der eine schreit mich an:

»Willst Du hoch?« Durch eifriges Kopfnicken signalisiere ich ein deutliches Ja.

Im nächsten Moment sitze ich schon auf seinen Schultern. Es ist der Wahnsinn. Durch meine hektischen Bewegungen auf seinen Schultern kippt er plötzlich nach hinten. Die Menschenmasse um mich herum fängt mich auf. Dann werde ich auf dem Rücken durch viele ausgestreckte Hände über den Köpfen Richtung Bühne transportiert. Yes, Bodysurfing, das wollte ich schon immer mal erleben. Wie auf einer Wolke schwebe ich zur Bühne. Der Sound wird noch lauter, nur noch ein winziges Stück. Doch kurz vor der Bühne öffnet sich die Menschenmenge, und ich knalle unsanft zu Boden.

Schlagartig bin ich wach!

Aus meiner Super-HiFi-Anlage knallt noch immer der Hard-Rock-Sound in voller Lautstärke. Mein Arm schmerzt. Jetzt bin ich schon wieder aus dem Bett gefallen. Was ist denn nur los?

Die Musik soll mich doch nur wecken und nicht niederstrecken. Dringend muss ich hier etwas ändern.

Die nächste Katastrophe folgt auf dem Fuß. Es ist viertel nach sieben. Wie lange war ich den schon auf dem Rock-Konzert? Normalerweise müsste der Super-Wecker doch schon um halb sieben starten. Oh Mann, jetzt war ich auch noch zu spät, und außerdem ist es heute Montag, schlimmer geht immer. Schießt es durch meinen Kopf.

Seit Jahren folge ich nun diesem, meinem Erziehungs- und Aufwachritual. Sonst komme ich morgens, unter der Woche, nicht aus dem Bett. Demzufolge startet eine Kette von unsäglich stressbeladenen Aktionen, die sich dann wie ein schöner stressiger, roter Faden durch den Tag zieht. Jetzt hatte ich extra meinen Wecker mit der Musikanlage gekoppelt. Durch das Wecken, mit nervenzerfetzenden Gitarrensolos, sollte mich dies aus meinen süßen Träumen reißen. Doch mein Unterbewusstsein machte damit gerade, was es wollte.

An den Wochenenden ist dies natürlich anders. Sanfte Gesänge in Begleitung von Klavier und Geige küssen mich dann sanft aus meinen Träumen. Hier habe ich mich im Traum gewiss noch nie auf dem Flügel eines attraktiven Pianospielers im kleinen Schwarzen geräkelt.

Mittlerweile habe ich den Wecker abgeschaltet und höre im Radio die News zum Tage. Die Kaffeemaschine läuft, ganz wichtig, Kaffee gehört neben Schokolade zu meinen Grundnahrungsmitteln. Ich habe mal versucht den Kaffee durch Tee zu ersetzen, soll ja gesünder sein.

Spätestens als ich mein Büro betrat, wollten mich die bis dahin getroffenen Menschen, schon in einen schallisolierten und abgedunkelten Raum wegschließen. Mit Schokolade verhält es sich übrigens gleichermaßen.

Also wer mich kennt, achtet immer fein darauf, dass diese beiden Grundnahrungsmittel immer und in ausreichender Menge vorhanden sind.

Außerdem ist wissenschaftlich bewiesen, dass Schokolade das Belohnungszentrum in unserem Gehirn befriedigt, und ich denke schon, dass ich öfters belohnt werden muss.

Leider wurde hier nicht berücksichtigt, dass der -und ich meine der normale- Gebrauch dieser

“Droge“ zu körperlichen Mutationen führt. Das heißt jetzt nicht, dass ich übermäßig dick wäre, aber ich bediene eine Konfektionsgröße 42, Tendenz zu 44. Ja, mein Gewicht geht in den letzten Jahren leider immer weiter nach oben.

Dafür ist bestimmt mein Belohnungszentrum verantwortlich, aber auch die Tatsache, dass ich vor drei Jahren mit dem Badminton aufgehört habe, weil ich meinem Exfreund nicht ständig über die Füße laufen wollte, ja blöd!

Ich weiß, dass ich hier etwas ändern muss und habe daher fest entschlossen, dass ich mich heute auf dem Weg nach Hause bei dem Gym anmelden werde, welches sieben Meilen vor meiner Haustür liegt.

Es ist halb acht, Badezimmer erledigt, das geht auch immer ganz fix, Zähne putzen, duschen, Haare wasche ich zweimal pro Woche oder manchmal nur am Wochenende.

Ich habe lange, schöne, kastanienbraune Haare, dass macht das Frisieren einfach. Kämmen, Gummi rein, perfekter Pferdeschwanz, langweilig aber praktisch. Mit dem Schminken habe ich es auch nicht so, eine bisschen Creme fürs Gesicht, und gut ist das.

Mein Kleiderschrank ist auch eher übersichtlich, die Entscheidung, ob Hose oder Rock, mache ich vom Wetter abhängig, oder ob es ein Wochenende war, dann kneift die Hose schon mal eher. Dazu noch eine Bluse, ein Sakko, sportliche Schuhe und ein paar unaufgeregte Accessoires.

Ich bin da eher der konservative Typ, unauffällig, klassisch oder auch mal sportlich. Jetzt noch einen Kaffee in der Küche und einen Kaffee in den To-Go-Becher und die Schokolade nicht vergessen.

Ein Blick aus dem Küchenfenster und die ernste Lage wird deutlich. Mein Haus liegt in einer Sackgasse am Rande von Janesville. Die Nachbarn sind Familien mit null bis drei Kindern.

Wenn ich morgens bis viertel nach sieben mein Haus verlasse, ist alles noch sehr ruhig und friedlich. Die Welt fängt hier immer erst ab halb acht an. Jetzt war es genau halb acht, und die Nachbarskinder drehen schon ihre ersten Runden mit dem Fahrrad und sammeln sich zur gemeinsamen Abfahrt Richtung Schule. Mein Haus befindet sich am Ende der Sackgasse und ist diesbezüglich bestens für das morgendliche Ritual geeignet. Im Minutentakt und unter lautem Geklingel sammeln sich die Kids mit ihren Fahrrädchen und fahren solange im Kreis, bis auch der letzte Biker eingetroffen ist. Mit lautem Geschrei starten sie dann ihre gemeinsame Anfahrt zur ca. 2,5 Meilen entfernten Schule. Dies sind aber nur die älteren Schüler, die kleineren laufen die Straße hinunter bis zur Hauptstraße und fahren von dort mit dem Schulbus.

Hier ist ebenfalls besondere Aufmerksamkeit gefordert, weil sie irgendwie meist noch im Halbschlaf sind und etwas unkoordiniert über den Fußweg stolpern. Die armen Kleinen, ich kann das total gut nachvollziehen, wahrscheinlich kriegen die noch nicht mal einen Kaffee!

Somit heute Morgen erste Zeitverzögerung wegen Einfahrtversperrung von kreischenden Zweiradhalbstarken in Schuluniform.

Die zweite Zeitverzögerung folgt wegen taumelnder, schlaftrunkener Knirpse auch in Schuluniform und mit riesigen Containern auf dem Rücken, die nun zum Schulbus schlafwandeln.

Dritte Zeitverzögerung der Schulbus. Hier steht schon ein Ordnungshüter an der Bushaltestelle. Mit seiner Riesenkelle in der Hand hält er schon mein Auto an, damit die kleinen, containerbeladenen Träumerle auch ohne Schaden in den Bus kommen.

Der Ordnungshüter ist übrigens John, und wann immer ich hier zum Halten komme, kriege ich auch noch seinen überflüssigen Kommentar um die Ohren. Als er mich heute Morgen kommen sieht, schleicht er äußerst theatralisch auf mich zu. Mit der Trillerpfeife und hocherhobener Kelle stoppt er mich vorschriftsmäßig. Ganz langsam umkreist er nun mein Fahrzeug, grinst mich breit an und sagt:

»Na Charly, heute wieder etwas spät dran?«, und grinst weiter. Das habe ich heute Morgen auch noch gebraucht. Schnell beiße ich in meinen Schokoriegel und nehme einen ordentlichen Schluck Kaffee, das beruhigt.

Durch die geschlossene Fahrerscheibe brülle ich ihn an, da ich mal wieder die Handkurbel des alten Chevys nicht finden kann. Habe mit dem Kaffee und dem Riegel sowieso schon alle Hände voll zu tun.

»Ich wünsche dir auch einen schönen Tag, John. Und immer schön auf die Kleinen achten!«

Ansonsten ist hier von sieben bis halb acht alles in einer herrlichen Ruhe. Maximal die Vögelchen brüllen einen an, und in der schönen Morgendämmerung erscheint diese Straße noch aufgeräumter, als sie es ja sonst auch schon ist.

Hier achtet jeder auf sein gepflegtes Anwesen, daher ist auch zu erklären, warum jedes Straßenmitglied oft mit einer Heckenschere, Blumenspritze oder Schubkarre bekleidet ist. An den Wochenenden finden oft Rennen mit dem Sitzrasenmäher statt. Der Startschuss wird dann von einem Straßenbewohner, durch hektisches Ziehen an den Rasenmäher-Starterkordeln, ausgelöst.

Von da an ertönen aus den Vorgärten die kreischenden Geräusche dieser kleinen Monster. Wenn anschließend alle richtig gut drauf sind, gibt es danach, so zum späten Nachmittag, ein Barbecue für alle, welches die Damen des Hauses während der Rasenmäher-Olympiade vorbereiten. Der Hausherr trägt dabei ein kleinkariertes Hemd, Ärmel hochgekrempelt und eine Baseballkappe auf dem Kopf, manchmal mit dem Schirm im Nacken.

Logisch nehme ich an diesen Ritualen auch teil. Natürlich habe ich zwar keinen Sitzrasenmäher, ich mache aber den besten Schokoladenkuchen unter der Sonne. Die Männer bedienen den XXL-Grill, in der einen Hand die Grillzange und in der anderen Hand eine Büchse Bier. Die Damen tragen ihre liebevoll zubereiteten Speisen auf die Tische und arrangieren die Pappteller und sonstiges Zubehör auf die dafür bereitgestellten Bänke. Aus der Musikanlage ertönen Country Songs, echte Cowboyidylle und voll das Klischee! Ich liebe es!

Überhaupt sind wir hier alle wie eine große Familie. Wir achten uns, sind für einander da, und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, jemals woanders zu sein als hier in der Straße mit der Sackgasse am Rande von Janesville in Wisconsin.

Die meisten Kinder kenne ich von Geburt an. Auch dies ist sicher ein Grund, warum mich die Kleinen nicht nerven, wenn sie in der Sackgasse ihrem unbändigen Spieltrieb freien Lauf lassen oder gar in meinem Garten Verstecken spielen. Ich bin irgendwie wie eine Tante oder große Schwester für sie. Nur John nervt ein wenig. Ob der tatsächlich glaubt, dass ich hier alles platt fahre nur, weil er nicht mit seiner Dienstuniform seine Autorität spielen lässt. Okay, runterfahren, der macht auch nur seinen Job. Einige Nachbarn haben damals erlebt, wie mein Vater uns verließ und haben uns immer zur Seite gestanden.

Als dann meine liebe Mom noch verstarb, unerwartet und viel zu früh, waren sie eine Riesenstütze für mich. Hier ist die Welt, inklusive Eheritual, noch in Ordnung, soweit ich weiß!

Dadurch, dass meine Beziehungen immer nur drei Jahre hielten, bin ich auch noch kinderlos. Ich hätte schon gerne ein Kind, aber dazu fehlt leider noch immer der geeignete Erzeuger. Ich habe keine Torschlusspanik, es wäre aber schön, wenn hier mal irgendwann etwas passiert, da ich auch stramm auf die vierzig zueile.

Mein Name ich Charlotte. Freunde, Familie und die meisten meiner Kollegen nennen mich Charly.

Ich lebe am Rande einer Kleinstadt in einem kleinen Vorort von Janesville, unweit von Madison in Wisconsin. Als ich noch sehr klein war, sind meine Eltern hierhergezogen. Zwei Jahre später kaufte mein Vater dann dieses Haus, indem ich auch heute noch lebe.

Als ein klassisches Einzelkind überhäuften mich meine Eltern mit Liebe und materiellen Annehmlichkeiten. Manchmal hätte ich gerne noch eine Schwester oder Bruder gehabt. Dazu kam es aber leider nie. Im Alter von zehn Jahren verließ mein Vater dann meine Mutter. Fortan fing sie an, mich noch extremer zu verwöhnen. Ständig bekam ich neue Klamotten, sie fuhr mit mir in Vergnügungsparks und versuchte, mir jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

Eine heile Welt mit Vater, Mutter, Geschwistern und einem Hund wäre mir allerdings lieber gewesen. Die Besuchskontakte mit meinem Vater waren eher spärlich, er hatte mittlerweile eine neue Familie, und mit meinen zwei Stiefschwestern konnte ich nichts anfangen. Somit telefonieren wir heute zu den traditionellen Tagen wie Weihnachten und Geburtstagen, wünschen uns immer das Allerbeste und gehen unserer Wege.

Dies klingt sicher eher alles sehr emotionslos, ist es auch. Die Situation war für meine Mom damals nicht leicht, doch sie hat sich schnell damit arrangiert. Sie erklärte mir einmal, dass dies das Normalste der Welt sei. Dass sich Eltern auch mal trennen würden, ich dennoch ja beide Elternteile hätte. Na ja, wie man es nimmt. Vierte Zeitverzögerung, Super-Stau bis zum Highway.

Sonst brauch ich hier nur sechs Minuten, doch heute parkten die wohl schon alle hier. Die Firma, in der ich nun seit fünfzehn Jahren arbeite, befindet sich in Madison, 31 Meilen von Janesville entfernt, und ich beginne dort zwischen acht und halb neun. Meine Arbeitszeit ist flexibel und das ist auch gut so.

Jetzt war es bereits kurz vor acht, und ich war noch nicht mal kurz vor der Auffahrt zum Highway und bei Billy‘s Donut-World, meiner Lieblings Donut-Bude, um meinen Schokohaushalt auszugleichen. Die Kette von unsäglich stressbeladenen Aktionen hatte begonnen, zuzüglich Rushhour etc. Somit verfiel ich wieder in die Gedanken meiner verkorksten oder auch ziemlich normalen Kindheit. Generell bin ich schon der Meinung, dass das Ritual Ehe längst reformiert gehört. Diese Versprechen für immer und ewig, in guten und schlechten Zeiten und so weiter und so weiter. Das birgt doch ab einem bestimmten Moment nur noch Probleme in sich.

In diesem Moment, wenn man heiratet, schweben wir doch alle in guten Zeiten (Zwangsehen sind hier natürlich ausgeschlossen). Dass es mal schlechte Zeiten geben wird, nimmt unser Gehirn doch gedanklich gar nicht wahr, jedenfalls nicht zu dieser Zeit. Dann kommen die schlechten Zeiten, das gehört ja auch dazu. Wie viele schlechte Zeiten können dann kompensiert werden, und wie gehen die Partner damit um, und arbeiten immer beide daran, dass es wieder besser wird oder bleibt einer auf der Strecke.

Mein Vater hat damals eine andere Frau getroffen, ja, der Klassiker. Die Liebe war schon längst in einem anderen Level angekommen, ich will ja nicht sagen, dass sich meine Eltern nicht mehr geliebt haben, aber dies war so eine Art Gewohnheitszuneigung. Man verbringt jeden Tag miteinander, dann sind die Schmetterlinge im Bauch weg, dennoch freut sich jeder auf den Anderen. Wenn wir 75 plus wären, dann wäre dies ja auch vollkommen in Ordnung.

Aber in dieser Blüte unserer Hormone braucht es später schon ganz viel Einfallsreichtum, um dieses Prickeln zu kompensieren. Dann werden wir bequem, es ist ja auch ziemlich anstrengend, immer an der Beziehung hart zu arbeiten. Irgendwann huscht uns dann ein anderes Wesen über die Füße, und wir drehen komplett durch.

Ich weiß, dies klingt jetzt alles sehr überzogen und erweckt den Anschein, dass ich eine frustrierte und verlassene Ziege bin. Da steckt vielleicht sogar ein wenig Wahrheit drin, verlassen von meinem Vater und vor drei Jahren verlassen von meinem Freund. Frustriert eher nicht, aber ich bin das Produkt meiner Erfahrungen und den dazugehörigen Umständen. Es gibt Ausnahmen, meine Tante nämlich, dazu komme ich aber noch.

All diese und auch andere Erlebnisse, die ich von Freunden und Menschen in meinem Leben erfahren habe, bringen mich dazu, einfach einmal dieses altertümliche Ritual Ehe auf einen gedanklichen Prüfstand zu stellen, und ich hätte da auch einen Vorschlag.

Die Ehe muss ja nicht zwangsläufig abgeschafft werden. Man könnte sie ja vertraglich zeitlich begrenzen. Zum Beispiel wir binden uns mal per Vertrag für sieben oder zehn Jahre. Danach endet diese Vereinbarung mit dreimonatiger Kündigungsmöglichkeit zum Vertragsende oder verlängert sich nun von Jahr zu Jahr. Was könnte dies denn mit uns machen?

Ich könnte mir vorstellen, dass wir nun mit der Situation anders umgehen. Immer mit dem Gedanken, dass der Partner ja in sieben oder zehn Jahren einfach den Vertrag kündigen kann. Ja, man könnte sich auch einfach scheiden lassen, aber wir wissen ja um diese Komplexität eines Scheidungsrituals und dass da jede Menge Geld für so einen Scheidungsanwalt verbraten wird. Dann müssen auch noch Trennungsjahre herhalten. Ganz ehrlich, in wie vielen Fällen hat das denn funktioniert. Ist doch vergebene Zeit und wieder sinnlos rausgeschmissenes Geld.

Wenn man nun so eine Vertragslaufzeit vereinbart, könnte ja zum Beispiel auch nur für fünf Jahre geschlossen werden, dann sind die Fakten doch klar. Ich denke, jeder würde respektvoller mit dem Partner umgehen, und die Toleranz würde ein stärkeres Gewicht erfahren. Denn wenn man ja im Hinterstübchen weiß, dass es ein Vertragsende gibt, könnte es doch sein, dass wir unseren Vertragspartner anders schätzen. Okay, aber genug davon, wollte dies ja nur mal anregen, in einer Zeit, wo sehr viele Rituale auch den Prüfstand gestellt werden, würde ich dieses Eheritual auch mal mit dazu nehmen.

Während der Scheidung meiner Eltern wurde auch immer wieder diskutiert, wo ich leben sollte, ich wurde auch gefragt, aber wie soll ein 10-jähriges Kind so etwas entscheiden. Ich war ein Papa-Kind und vergötterte meinen Vater, meine Mutter liebte ich aber genauso, und sie vermittelte mir die Wärme und Stärke, die ich brauchte. Für ein Kind ist es die moralische Höchststrafe. Ich entschied mich für Mom, auch aus dem Grund heraus, dass ich meine Umgebung nicht verlassen wollte.

Mein Vater zog in einen anderen Bundesstaat, und das machte die Situation noch komplizierter. Am Anfang wurde ich dann mit einen Namensschild um den Hals, in den Flieger gesetzt, um meinen Vater zu besuchen. Das war natürlich abenteuerlich, brachte aber irgendwann keinen Spaß mehr, und somit wurden die Abstände der Besuchsrhythmen immer größer. Ich überlegte immer während des Fluges, was ich zu Hause jetzt mit meiner Mom alles hätte tun können. Die Freundinnen, die ich nicht treffen konnte oder gar Geburtstage von Freundinnen, die nun ohne mich stattfanden. Ich hätte sogar mehr für die Schule machen wollen, nur um nicht wieder stundenlang durch Amerika zu reisen und dann meinen Vater doch nicht für mich haben zu können.

HUHU hört mich da draußen Jemand…. Es ist ARLAMSTUFE DUNKELROT, wenn dein Kind eher Schulaufgaben macht, als im Flieger zu sitzen und um die Welt zu reisen. Und das auch meist noch an den Wochenenden! Es ist vielleicht egoistisch, das so zu sehen. Aber was ist denn bitte so schön daran, zwei Tage mit einer Familie zu leben, deren Menschen, ausgenommen meinem Vater, kaum etwas mit dir anfangen können. Und dann dir noch regelmäßig das Gefühl geben, dass es doch besser wäre, wenn du wieder weg bist.

Es fehlte mir an jeglicher Freude bei diesen Veranstaltungen. Seine beiden neuen Töchter standen immer im Vordergrund, ich war ja auch die Ältere, die sich einordnen konnte und Rücksicht nehmen musste. Was war denn mit mir und meinen Gefühlen, alle trampelten schonungslos darauf herum.

Das war wirklich übel, was wollte ich hier? Nach zwei Jahren flehte ich meine Mutter an, meinen Vater nicht mehr besuchen zu müssen. Er könnte doch auch öfters zu uns kommen. Er kam damals noch zweimal, und dann hatte er dauernd Vorwände, weshalb er nicht kommen könne. Ich vermisste ihn, aber dies legte sich auch mit der Zeit.

Vielleicht ist aber auch unsere monogame Einstellung nicht mehr zeitgemäß. Das soll jetzt nicht heißen, dass jeder von uns ungehemmt durch die Lande zieht und sich hoffnungslos vervielfältigen sollte. Aber hier könnte doch auch einmal ein kritisches Auge auf die derzeitige Situation geworfen werden. Wenn zum Beispiel ein Seitensprung und woher kommt der Name Seitensprung den eigentlich?

Wenn also um so einen Seitensprung nicht mehr so ein Drama verursacht werden würde, und wir alle wissen ja, warum Männer oder Frauen das tun, dann wären meine Eltern vielleicht zusammengeblieben! Wann hat überhaupt irgendwann mal jemand entschieden, dass der Homosapiens ein monogam lebendes Individuum ist.

Bei unseren tierischen Mitbewohnern gibt es doch ganz erfolgreiche, andere Beispiele! Es ist sicher ziemlich profan, hier Vergleiche zu ziehen! Doch wenn ich das mal auf meine letzte Beziehung projiziere, ergibt sich folgender Schluss. Dieser Kuh, mit der mein Freund oder Ehemann so einen Seitensprung begangen hätte, der hätte ich erstmal Chilipulver in ihre Körperlotion gemischt, da kriegt doch der Ausspruch, »mir wird so heiß, wenn ich dich berühre«, eine ganz neue Bedeutung.

Und was ich in einem solchen Fall mit meinem Partner anstellen würde? Da fallen mir auch einige sehr unappetitliche Sachen ein, worauf ich jetzt eher nicht eingehen will!

Okay, wir sind dann wohl noch nicht soweit, was die Reform der Monogamie angeht. Meine Beziehungen haben es leider nie über drei Jahre hinaus geschafft.

Nun könnten so geschulte und professionelle Analytiker hier mal psychologisch oder wissenschaftlich rangehen und versuchen zu ergründen, woran das nun gelegen haben könnte. Um es aber auf den Punkt zu bringen: wenn man mal herausgefunden hat, dass die Unveränderbarkeit eines Menschen unveränderbar ist und auch das stete Bemühen um diese schier unveränderbare Situation überhaupt so gar keinen Sinn ergibt, dann sind eben mal drei Jahre vorbei.

Vordringlich ist dann nur noch zu prüfen, ob wir mit diesen unveränderbaren Situationen umgehen können oder nicht. Akut erliegen wir dann der nächsten Fehleinschätzung oder Desorientierung. Jetzt will keiner aufgeben, drei Jahre bereits in die Beziehung investiert, da kann man die Flinte doch nicht einfach ins Korn werfen. Also noch so ein Jahr und der klägliche Versuch, es noch irgendwie gemeinsam zu schaffen. Nein, es wird weiterhin versucht, dem Anderen seine Macken abzugewöhnen.

Bloß, dass es jetzt noch vorwurfsvoller und respektloser wird. Achtung, falscher Ehrgeiz am falschen Platz oder anders ausgedrückt bei dieser “Olympischen Disziplin“ bleibst du zweiter Sieger.

(The second is the loser oft the first!)

Und da haben wir doch die Erklärung, warum so eine vertragliche Ehelaufzeit schon wieder sinnvoll sein könnte. Man könnte ja noch überlegen, ob so ein Vertrag an gewissen Bedingungen geknüpft wird und darüber hinaus mit entsprechend Klauseln versehen wird. So zum Beispiel:

Sollte der Vertragspartner trotz vereinbarter Bedingungen die Obliegenheit verletzt haben, tritt Klausel 007 in Kraft und die Vereinbarung wird rückwirkend aufgehoben.

Heißt: hat Er oder Sie, aber sagen wir mal Er, zum wiederholten Mal den Klodeckel nach dem Geschäft nicht geschlossen, (in diesem Fall vielleicht auf zehnmal begrenzt) tritt Klausel 007 in

Kraft. Dann bräuchten wir uns doch nicht mehr um die Veränderbarkeit des anderen zu bemühen, das machen die dann schön von selbst, weil wir doch die Ehe erhalten wollen, oder nicht?!

REVOLUTIONÄR! Endlich, zehn vor neun und ich habe Billy´s Donut-World erreicht. Hier arbeitet Dorothee auch schon, solange ich denken kann und winkt mir durch die große Fensterscheibe schon zu, als ich auf den Parkplatz biege.

Dorothee ist 41 Jahre alt, hat zwei Kinder aus erster Ehe und managet ihr Leben als alleinerziehende Mutter exzellent. Ihr Ehemann hat sie vor einigen Jahren sitzen lassen; der Klassiker, wegen einer anderen Frau. Da sage ich nur Laufzeitvertrag! Sie hat zwei Mädchen, Zwillinge, Chloe und Sofia, 17 Jahre alt. Es sind wirklich toll erzogene Girls, sie arbeiten in den Ferien oft im Donut-Laden mit und gehen in die elfte Klasse der High School. Beide wollen studieren und sparen dafür jeden Cent. Als ich den Laden betrete, ruft Dorothee schon:

»Guten Morgen Herzchen, Du bist aber spät dran, einen Schoko-Donut und ein Käffchen, wie immer?« »Selbstverständlich Süße!«, antworte ich und setzte mich an den kleinen Tisch am Fenster. Diese Zeit nehme ich mir immer auf meinem Weg zur Firma. Hier erfahre ich in zehn Minuten die aktuellen News aus Janesville, Zwillingsgeschichten und Chef-Allüren.

Dorthee hätte gerne ihren eigenen Donut-Laden. Die Chancen stehen tatsächlich gut, diesen hier einmal zu übernehmen, denn ihr Chef, Bill, ist schon 78 Jahre alt und redet seit gefühlten zehn Jahren davon, endlich mal in den Ruhestand zu gehen. Es wäre auch mal an der Zeit. Nicht nur wegen seines Alters, sondern auch, weil der Laden mal dringend “entstaubt“ werden müsste. Nicht, dass es dort schmutzig wäre nein, die Möbel, die Ansichten über Umgang mit Gästen als auch das manuelle Kassensystem könnten mal eine Überholung gebrauchen. Auch die Fotos von Donuts aus den siebziger Jahren auf blassgelbem Papier regen nicht unbedingt den Appetit an. Da die abgelichteten Donuts, ob mit Schokoladenguss, Himbeerüberzug oder bunten Streuseln, alle eher einen Grauton haben und sich nur dadurch unterscheiden, dass es hellgrau oder anthrazit ist. Ganz speziell sieht der Donut mit Eierlikör aus. Mmmh, gelber Donut auf gelben Grund. Doch solange Bill, genannt “Catweazle“, hier noch das Regiment führt, können alle froh sein, dass es wenigstens schon elektrisches Licht gibt und nicht täglich die Kerzen angemacht werden.

Den Namen Catweazle habe ich ihm gegeben. Catweazle stammt aus einer Serie im Fernsehen aus den 70ern. Ich habe damals zwar nicht alles verstanden, was der so machte, fand ihn aber äußerst putzig. Später habe ich dann mal gelesen, dass Catweazle ein schrulliger Hexenmeister mit einem spitzen Ziegenbart war, der eigentlich im Jahr um die 1060 lebte. Dann mischte er eines Tages aus verschiedenen Kräutern einen Zaubertrank, mit dem er fliegen wollte. Dazu kam es aber nicht, weil er vor den bösen Normannen fliehen musste. Aus lauter Verzweiflung und Panik im Nacken trank er von seinem selbst gebrautem Zaubertrank und sprang dann in einen Fluss, während er noch einen Zauberspruch rief. Als er wieder auftauchte, befand er sich in einem stinkenden Tümpel und war in den 70er Jahren angekommen.

Von nun an wurde Catweazle mit den elektrischen Errungenschaften der neuen Zivilisation konfrontiert, die er alle für Magie hielt. So ist Bill irgendwie auch, optisch als auch in seinem doch sehr verkrusteten und manchmal schusseligen Verhalten.

Wenn das Licht nicht geht, dreht Bill immer wieder am Schalter, flüstert irgendwas und meint, dass es nun gleich wieder funktioniert. Klappt natürlich nicht, Dorothee wechselt dann irgendwann die Birne, und alles ist wieder gut.

Ansonsten ist Bill ein ganz verträgliches Kerlchen, der so ein bisschen das Problem hat, noch seine Tassen im Stübchen zu finden. Nein, er ist nicht vergesslich, aber was er nicht will, das will er nicht. Wann immer Dorothee ihn anspricht, zwecks notwendiger und wirklich längst überfälliger Veränderungen, die dann noch finanziell belastend sind, wird er schlagartig schwerhörig und tut so, als könnte er nicht bis drei zählen. Ja, den haben wir schon durchschaut unseren “Catweazle“. Daher bleibt Dorothee nichts anderes übrig, als diese Situation auszusitzen und weiterhin ihren Humor zu behalten.

Einmal in der Woche kommt, circa fünf Minuten nach mir, Larry in den Donut-Laden. Larry ist ein Trucker, der auf seiner Route ebenfalls gerne seinen Stopp bei Dorothee macht.

»Hi Larry«, ruft Dorothee dann immer. »Kaffee heute mal groß, stark und heiß?«

Larry trinkt seinen Kaffee immer groß, stark und heiß und antwortet deshalb:

»Okay Doro, ausnahmsweise nehme ich ihn heute mal groß, stark und heiß!«

Beide lächeln sich dann immer so verschmitzt an. Zufällig stehen sie beide auf ihre kleinen Scherze. Und wenn ich es nicht besser wüsste, stehen die auch aufeinander oder anders ausgedrückt, da geht doch was! Auffällig ist ebenfalls, dass Dorothee immer an diesem Tag, wenn Larry kommt, sich besonders aufgehübscht hat. Dafür habe ich eine Weile gebraucht, um dies wahrzunehmen, da bin ich wahrhaftig nicht der Schnellmerker. Doch als ich diesen unterschwelligen Flirt immerhin mal mitgekriegt habe, habe ich das mal analysiert.

Vor vier Wochen habe ich dann, nachdem Larry wieder weg war, Dorothee daraufhin angesprochen. Sie hat erstmal direkt alles abgewunken und gesagt:

»Neeein, Larry doch nicht, und außerdem fange ich nichts mit Kunden an.« Dabei lief ihr Gesicht schön rot an, ich musste lachen und antworte:

»Ja nee ist klar und außerdem was heißt denn hier mit Kunden nichts anfangen! Du hast doch hier kein Einzelhandelsunternehmen mit 200 Angestellten, oder ist Larry ein täglicher Donut-Großabnehmer?« Dorothee schmunzelte und sagte:

»Du nun wieder, dir kann ich aber auch nichts vormachen. Ja, ich freue mich immer, wenn Larry kommt, aber ich will jetzt nichts anfangen, auch wegen Chloe und Sofia nicht«.

Danach haben wir noch eine halbe Stunde über Larry gesprochen. Ich glaube, es tat ihr gut, dies Mal von ihrer Seele zu reden. Die Zeit verflog, und als ich dann wieder in mein Auto stieg, ging die Kette von unsäglich stressbeladenen Aktionen zuzüglich Rush-Hour so richtig los. Egal in dem Moment war mir Dorothee wichtiger.

Heute war ich wieder nicht in meiner Zeit, ich verließ nach einem Schoko-Donut und mit einem Donut in der Tüte nebst Kaffeebecher, “Catweazles-Donut-Stübchen“ gegen viertel nach neun. Beim Hinausgehen rief ich Dorothee noch zu:

»Bis morgen Süße und denk dran, morgen kommt, -Groß, Stark und Heiß- auch wieder!«

Sie schaute vom Tresen hoch und warf mit einer zerknüllten Papiertüte hinter mir her. Dabei rollte sie die Augen mit einem leichten Grinsen und tiefem Seufzer, Richtung Decke

»Und liebe Grüße an Catweazle!« Da flog die zweite zerknüllte Papiertüte und landete an der großen Fensterscheibe.

»Wurftechnik Süße, du musst an deiner Wurftechnik arbeiten!«, rief ich ohne mich noch einmal zu ihr um zu drehen. Ich freute mich für sie.

Im Auto angekommen platzierte ich den Kaffeebecher in der Halterung, startete den Motor und biss schon mal in den Donut. Seit den letzten Tagen hörte ich immer so ein merkwürdiges Geräusch aus dem Motorblock kommend, und überhaupt sprang mein alter Chevy nicht mehr so einwandfrei an.

Das Fahrzeug hatte ich von meiner Mom geerbt. Hier steckt schon meine ganze Kindheit drin. Noch schöner allerdings empfinde ich den Geruch. Wann immer ich in dieses Auto steige, überkommt mich eine unendliche Wärme, und ich bildete mir ein, das Parfüm meiner Mom noch immer zu riechen, was nach dieser Zeit sicher nicht mehr möglich ist. Aber dennoch, es fühlte sich immer so an, als würde mir meine Mom eine warme Decke überlegen, neben mir auf dem Beifahrersitz Platz nehmen und immer darauf achten, dass mir nichts passiert. Nein, dafür braucht es keine Therapie.

Ich umgebe mich einfach immer gerne mit Dingen, die mich an meine Mom erinnern, und es fühlt sich schön an. Einen Menschen zu verlieren, ist immer eine sehr traurige Geschichte, und jeder geht anders damit um, wenn eine Mutter stirbt, stirbt man selbst ein bisschen mit, es ist ganz anders. Ich halte ihr Andenken in Ehren, dazu gehört auch ihr alter Chevy. Der Chevy ist nun 38 Jahre alt und hat geschätzte 280.000 Meilen auf dem gut erhaltenen, blass blauen Blech. Und ich würde ihn gerne an meine noch nicht vorhandene Tochter vererben, so! Diese Geräusche machen mir allerdings große Sorgen, und ich werde direkt, in der Firma angekommen, die Werkstatt anrufen, um einen Termin zu vereinbaren, sicher ist sicher.

Der gute Mann von der Autowerkstatt heißt Frank, deshalb heißt auch die Werkstatt “Franky‘s. Garage“. Meine Mom war schon, mit der ersten Inspektion vor 37 Jahren, in Franky´s Garage. Frank hat ein Ohr für Veränderungen, und es wurde ihm bereits in die Wiege gelegt, sensibel mit negativen Veränderungen umzugehen, oder verständlicher ausgedrückt: Was hat denn das Kleine, wenn es weint? Noch exakter formuliert, wenn er mich kommen hört, macht er bereits eine Ferndiagnose, und während ich auf den Parkplatz rolle, schreibt er schon den Reparaturauftrag. Wir wollen hier nicht unerwähnt lassen, dass die Kosten für diese Unternehmungen mittlerweile einen Mittelklassewagen gekostet haben. Das ist mir vollkommen egal, ich werde diesen himmelblauen Chevy meiner Mom niemals verschrotten, Ende der Diskussion.

Kurz vor dem Highway fahre ich an dem Fitnesscenter vorbei, hier werde ich mich heute auf dem Weg nach Hause anmelden, um endlich wieder auf meine Wohlfühlkonfektionsgröße von 36 bis 38 zu gelangen.

Es kann ja auch eigentlich nicht so schwer sein. Zwei bis dreimal pro Woche den Körper zu stählen und alles unter Anleitung eines autorisierten Personal-Trainers. Das müsste doch in zwei bis drei Monaten zu schaffen sein. Dachte ich - und esse den Rest von meinem Donut.

Eine Meile später biege ich auf den Highway Richtung Norden und Richtung Madison. Die Geräusche aus dem Motorblock sind weniger geworden, oder ich nehme sie nicht mehr so wahr, oder ich habe sie verdrängt. Selbstverständlich stand ich wieder im Stau. Neben mir stand ein Kombi, indem ein Mann und eine Frau saßen. Diese waren in wilden Diskussionen verstrickt. An ihren Gesichtern konnte ich erkennen, dass dieses Gespräch eher nicht freundlicher Natur war.

In der anderen Spur starrten ein Männchen und ein Weibchen tonlos vor sich hin, während sich auf der Rückbank zwei Halbwüchsige mit zwei Wischlappen verkloppten. Im Rückspiegel sang eine Enddreißigerin lauthals zur Musik aus dem Radio, na also geht doch. Den anderen empfehle ich mal einen Laufzeitvertrag, nur so.

Nach zwanzig Meilen und einer gefühlten Stunde fahre ich vom Highway ab, es geht über gut ausgebaute Landstraßen Richtung Madison und zur Firma. An der ersten roten Signalanlage hält ein silberner Sportwagen. Der Typ in dem Auto hatte seine Fensterscheibe einen kleinen Spalt geöffnet und trat demonstrativ schon mal auf seinem Gaspedal rum. Dabei schaute er zu mir rüber und grinste auch noch arrogant. Der hatte seinen Hormonspiegel heute Morgen wohl schon auf Geschlechterkampf eingestellt, oder?

Das sind meistens Herren im etwas jugendlicheren Alter oder mit Fahrzeugen unterm Hintern, wo man annehmen dürfte, dass diese um einige Pferdestärken höher bestückt sind als meiner, was ja auch nicht so schwer ist. Nun ist wohl sein Ziel, beim Umschalten der Signalanlage auf grün, als erster vom Start zu kommen. Da ich ebenfalls eine kleine Grundaggression in mir spüre, werde ich ihm den Gefallen doch mal tun. Um dem anderen Geschlecht noch das Gefühl zu geben, dass ich sowieso keine Chance habe, weil ich erstens eine Frau bin und zweitens einen alten himmelblauen Chevy fahre, setzte ich gleich mal noch einen drauf.

Gelangweilt tue ich so, als wäre mir das total egal, feile einen Fingernagel oder krame im Handschuhfach, natürlich immer ein Auge auf die Signalanlage, Brille putzen kommt da auch gut. Ja, ich trage eine Brille, aber nur zum Lesen.

So, jetzt aber Konzentration, die Signalanlage schaltet auf gelb, ich trete mein Gaspedal durch und sehe im Rückspiegel einen verblüfft schauenden Jüngling mit viel Pferdestärke unter der Haube. Selbstredend hat der den Start verpennt, gewonnen.

Ja, ich weiß, das ist vorsintflutlich und stark pubertär oder auch extrem unreif. Nennt es, wie ihr wollt. Ich hatte Spaß. Gewiss habe ich die Geschwindigkeitsbegrenzungen beachtet, da ich eine rücksichtsvolle Bürgerin bin und die Diskussionen mit den Ordnungshütern gerne vermeide.

Als ich an der nächsten Signalanlage bei rot ankomme, schaue ich nach links, um zu sehen, wie mein Opfer so aussieht. Den Fahrer kann ich leider nicht so gut erkennen, da die Scheiben leicht getönt sind, ich sehe nur durch das leicht geöffnete Fenster, dass es sich um einen schwarzhaarigen Mann handelt. Das reicht erstmal zur ersten Einschätzung. Dann lässt er seine Beifahrerscheibe doch halb herunter. Mit einem fetten, breiten Grinsen schaut er zu mir rüber und streckte mir den hochgehaltenen Daumen entgegen, während er die Autoscheibe nun ganz herunterlässt und ruft:

»Respekt Lady, das hätte ich Ihrem alten Eisenhaufen wirklich nicht zugetraut, ich meine das Auto natürlich, und nochmal lasse ich Sie nicht gewinnen!«

Ich bin erschüttert, was denkt der sich denn eigentlich, mein Auto einen alten Eisenhaufen zu nennen, und was heißt denn hier gewinnen lassen? Jetzt nur cool bleiben. Ich drehe meine Musik so laut, dass mich die Bässe fast aus dem Autodach katapultieren und brülle bei halb geöffneten Fenster, da ich meine Kurbel wiedergefunden habe, zurück:

»Ich versteh kein Wort«, während aus der Musikanlage eine Hard-Rock-Band in voller Lautstärke ihr Bestes gibt. Ich schaue nach vorn, die Signalanlage war längst auf grün gewechselt, und der Schnösel in seinem silbergrauen Sportwagen war auch schon weg.

Mist, jetzt nur nicht ärgern, gehört zum Spiel, und ich versuche, entspannt zu bleiben. Schokolade wäre jetzt gut, habe leider keine mehr. Als ich so über den Schnösel nachdenke, musste ich mir auch noch eingestehen, dass der richtig gut aussah.

Irgendwie erinnert er mich spontan an einen kanadischen Schauspieler. Na ja, wenigstens ein Trost, dass er nicht wie ein mumifizierter Krottenmolch ausgesehen hat, das wäre ja wirklich schlimm gewesen.

Da fällt mir ein, ich brauche noch Sportklamotten, das Badmintonhöschen passt bestimmt auch nicht mehr. Also muss ich heute mal früher gehen, sonst schaffe ich die Werkstatt nicht mehr. So werde ich dann als erstes in der großen Shoppingmall in Madison ein Sportgeschäft aufsuchen, um mich komplett neu einzukleiden.

Dann weiter zu Franky´s und das Auto mal checken lassen. Das fiese Geräusch aus dem Motorblock war auch schon wieder merklich stärker geworden, vielleicht hätte ich doch auf das Autorennen heute verzichten sollen. Im Anschluss weiter auf direktem Weg zum Fitnesscenter, zwecks Einweisung, Trainingsplan und was es sonst noch so braucht. Zum Supermarkt müsste ich heute auch noch, da ich keine Schokolade mehr habe und der Kaffeevorrat sich überdies dem Ende neigt.

Das war der Plan!

2 Firma

Um fünf vor zehn bog in ich dann schließlich in den Gewerbepark von Madison-West. Hier befinden sich viele Firmen und Gewerbe-Objekte. Die Firma ist ein Tochterunternehmen eines großen Produktions-Konzernes und beschäftigt sich mit der Konstruktion komplexer Bauteile für Übertragungswagen inklusive der entsprechenden Software.

Nach Abschluss meines Studiums für Medientechnik habe ich hier vor fünfzehn Jahren begonnen und in allen Abteilungen mitgearbeitet. Heute bin ich für das Controlling sowie für das gesamte Personalwesen zuständig. Hier arbeiten derzeit 124 Mitarbeiter, und ich habe es in den vielen Jahren in die fünfte Etage geschafft. Das heißt, ich sitze in der gleichen Etage wie unser Chef Douglas.

Ich arbeite wirklich gerne hier, mein Chef schätzt mich sehr, und ich kenne alle Kollegen, sowie ihre Familien und deren Befindlichkeiten.

Ja, zu mir kommen eben alle mit ihren Wünschen und Problemen. Somit habe ich über die Jahre viel von meinen Kollegen erfahren, und mit einigen bin ich heute sogar befreundet. Unser Firmengelände ist durch eine Einfahrtsschranke geschützt. Hier steht Terry, unser Schrankenwärter, und trägt dafür Sorge, dass nur autorisierte und eingeladene Gäste das Firmengelände befahren dürfen. Als er mich kommen sieht oder hört, da die Geräusche aus meinem Auto nun bereits über die gesamte Zufahrtsstrasse hallen, schiebt er seine Fensterscheibe zurück, beugt sich leicht hinaus und begrüßt mich mit den Worten:

»Guten Morgen Charly, na, wieder perfekt in der Zeit heute?«, und lacht laut. »Dein Auto klingt nicht gut, da solltest Du aber dringend mal eine Werkstatt aufsuchen!« Ich antworte durch die geöffnete Autoscheibe:

»Ja, ich weiß, werde gleich bei Franky´s anrufen, ich hoffe, es ist nicht so schlimm. Wie geht es Patty, und hat Lexi denn nun ihr Hochzeitskleid?«

Terry ist 58 und in zweiter Ehe mit seiner Frau Patty verheiratet. Seine Tochter aus erster Ehe heißt Lexi und wird dieses Jahr 32 Jahre. In vier Wochen will sie Simon heiraten. Simon hat sie vor zwei Jahren auf einem Klassentreffen wiederentdeckt. Das Bizarre an der Geschichte ist, dass Patty nur zwei Jahre älter ist als Lexi und Patty die Schwester von Simon ist. Also heiratet Lexi in vier Wochen den Schwager von ihrem Vater Terry! Na, da sag ich doch mal “Laufzeitvertrag“! Terry antwortet und macht dabei eine abfällige Handbewegung.

»Nein, natürlich hat sie noch kein Brautkleid, sie hat mal wieder die Ruhe weg, ich wünschte, Lexi hätte ein paar schöne Eigenschaften von dir, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, ….. «

»Jetzt hör schon auf Terry«, unterbreche ich ihn. »Deine Tochter wird das schon machen, wahrscheinlich kauft sie ihr Kleid zwei Stunden vor der Hochzeit, und das nennt man dann Spontanität, und das ist auch eine schöne Eigenschaft.« Terry schmunzelt, öffnet die Schranke und sagt:

»Du hast wahrscheinlich recht, ich rege mich immer umsonst auf. Ich wünsche dir einen entspannten Tag, Charlileinchen.«

»Ich dir auch Terrybärchen, fahre heute etwas früher nach Hause, Werkstatt und so, du weißt schon, bis nachher!« Terry ist so ein herzensguter Mensch, mit seinen Frauen hat er es allerdings nicht immer leicht.

Kurz nach zehn fahre ich auf meinen Parkplatz, den man mir vor fünf Jahren ehrenhalber verliehen hat. Es ist eine Firmentradition, dass Mitarbeiter der fünften Etage und Mitarbeiter wegen besonderer Verdienste einen eigenen Stellplatz in direkter Nähe des Eingangs erhalten.

Die Annehmlichkeit beinhaltet auch einen Anspruch auf einen Firmenmittelklassewagen, den ich aus gegebenem Anlass immer abgelehnt habe. Direkt gegenüber der festen Parkplätze befinden sich noch weitere zehn Besucherparkplätze, der Rest des gemeinen Volkes darf dann wild parken. Und dies ist immer eine sportliche Veranstaltung, da hier noch 14 weitere Firmen im Komplex untergebracht sind und sich somit noch weitere, circa 500, Parkplätze in dem Gewerbebereich befinden. Platzmangel herrscht hier also keiner.

Am Eingang der großen Glasfront des Firmenkomplexes hängen die ersten Hinweisschilder der einzelnen Firmen und deren Wegbeschreibung nebst Etagenplan.

Für ganz Orientierungslose befindet sich direkt nach Betreten des Haupteinganges, in gegenüberliegender Blickrichtung, der Empfang. Diesen kann man nun wirklich nicht mehr übersehen, da hier durch viel Beleuchtung und kleine, im Boden angebrachte Leuchtdioden der direkte Weg dorthin markiert ist. Ähnlich wie in einem Flugzeug wo die Notausgänge durch Lichtleisten im Boden, nach Absturz, markiert sind.

Wer das nun noch immer nicht kapiert hat, wird von Tiffany, der Empfangsdame, durch schrilles, aber bestimmtes Kommandieren in die richtige Richtung gebracht. Tiffany arbeitet seit acht Jahren hier und ist die Nichte von meinem Chef Douglas. Tiffany sieht auch aus, wie eine Tiffany eben. Sie ist feingliedrig und hat eine Konfektionsgröße von gefühlten 32.

Unweigerlich ziehe ich Vergleiche zu meiner Körperfülle und denke, dass durch irgendeinen Unterdruck in meinem Auto meine Körperhülle sich um das Doppelte aufgepustet haben muss, ähnlich wie bei einem Langstreckenflug in einer Höhe von 10.000 Metern. Ihr Gesicht gleicht dem Gesicht einer Porzellanpuppe, und ich frage mich oft, wenn ich sie sehe, wie lange diese Perfektion der Bemalung in der Maske wohl braucht. Steht die morgens um drei schon auf, oder hat sie sogar einen Visagisten, der sie in der dritten Tiefschlafphase bereits in diesen Zustand bringt. Und dann die Frisur, ein Kunstwerk in drei Akten, jede Strähne sitzt exakt auf ihrem Platz, und das tut sie auch noch, wenn ich das Haus wieder verlasse. Die Kleidung wirkt wie ein dünner Schleier, der ihren makellosen Körper zart bedeckt. Und ob Sommer oder Winter, der Ausschnitt ihrer Bluse geht immer nahtlos in den Gürtel über. Dies entspricht so absolut gar nicht der Kleiderordnung und Philosophie unserer Firma. Da hat man wohl alle Augen zugedrückt, da sie ja die Nichte eines Chefs ist. Und wenn sie alle die Augen zudrücken, sieht man den Ausschnitt ja auch nicht mehr, so. Ich versuche, dies nicht zu beachten, da ich immer das Gefühl habe, ein leichtes Kratzen im Hals zu verspüren und sich spontan eine Mandelentzündung bemerkbar macht.

Obwohl ich noch keine Kinder habe, machen sich Mutterinstinkte in mir breit. Ich habe das Bedürfnis, sie zu füttern und möchte sie sofort mit einer kuscheligen, warmen Decke umhüllen. Da die Klimaanlage immer auf vollen Touren läuft, sind es gleichmäßige achtzehn Grad in der Empfangshalle, egal welche Temperaturen draußen herrschen. Ich laufe an ihr vorbei, Richtung Aufzug und rufe ihr zu:

»Guten Morgen Tiffany, schicke Frisur heute!« Sie schaut auf, kichert leise und antwortet: